URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

11. Juli 2024 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freier Kapitalverkehr – Zahlungsdienste im Binnenmarkt – Richtlinie 2007/64/EG – Begriff ‚Zahlungsinstrument‘ – Vollmacht eines Bevollmächtigten, der im Namen des Kontoinhabers handelt – Kopie der Vollmacht mit Apostille – Art. 54 und 59 – Zustimmung zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs – Begriff ‚Authentifizierung‘ – Nicht autorisierte Zahlungsvorgänge – Haftung des Zahlungsdienstleisters für diese Vorgänge – Beweislast“

In der Rechtssache C‑409/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Apelativen sad – Sofia (Berufungsgericht Sofia, Bulgarien) mit Entscheidung vom 9. Juni 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Juni 2022, in dem Verfahren

UA

gegen

„Eurobank Bulgaria“ AD

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter Z. Csehi (Berichterstatter), M. Ilešič, I. Jarukaitis und D. Gratsias,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: R. Stefanova-Kamisheva, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2023,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von UA, vertreten durch V. B. Hambardzhiev und I. S. Velinova, Advokati,

der „Eurobank Bulgaria“ AD, vertreten durch K. S. Chuturkova, Advokat,

der bulgarischen Regierung, vertreten durch T. Mitova, R. Stoyanov und L. Zaharieva als Bevollmächtigte,

der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Očková und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Pucciariello, Avvocato dello Stato,

der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Koleva und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. November 2023

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Nrn. 19 und 23 in Verbindung mit Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen UA, einem italienischen Staatsangehörigen, und der „Eurobank Bulgaria“ AD, einer Bank mit Sitz in Bulgarien (im Folgenden: Eurobank), über Zahlungen von Geldbeträgen, die nicht autorisierten Bankgeschäften mit dem Kontoguthaben des Klägers des Ausgangsverfahrens entsprechen, sowie den Ersatz des durch diese Bankgeschäfte entstandenen materiellen Schadens und die anwendbaren gesetzlichen Verzugszinsen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Der dritte Satz des 33. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2007/64 lautete:

„Klauseln und Bedingungen in einem Vertrag über die Bereitstellung und Nutzung eines Zahlungsinstruments, die eine Erhöhung der Beweislast für den Verbraucher oder eine Verringerung der Beweislast für die kartenausgebende Stelle zur Folge hätten, sollten nichtig sein.“

4

In Art. 2 („Anwendungsbereich“) Abs. 1 der Richtlinie hieß es:

„Diese Richtlinie gilt für Zahlungsdienste, die innerhalb der [Europäischen] Gemeinschaft geleistet werden. …“

5

In Art. 4 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie hieß es:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff

3.

‚Zahlungsdienst‘ jede im Anhang aufgeführte gewerbliche Tätigkeit;

5.

‚Zahlungsvorgang‘ die bzw. der vom Zahler oder Zahlungsempfänger ausgelöste Bereitstellung, Transfer oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger;

16.

‚Zahlungsauftrag‘ jeden Auftrag, den ein Zahler oder Zahlungsempfänger seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs erteilt;

19.

‚Authentifizierung‘ ein Verfahren, mit dessen Hilfe der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, überprüfen kann;

23.

‚Zahlungsinstrument‘ jedes personalisierte Instrument und/oder jeden personalisierten Verfahrensablauf, das bzw. der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und das bzw. der vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen;

…“

6

Art. 54 („Zustimmung und Widerruf der Zustimmung“) der Richtlinie bestimmte:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Zahlungsvorgang nur dann als autorisiert gilt, wenn der Zahler dem Zahlungsvorgang zugestimmt hat. Der Zahler kann einen Zahlungsvorgang entweder vor oder – sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister so vereinbart – nach der Ausführung autorisieren.

(2)   Die Zustimmung zur Ausführung eines oder mehrerer Zahlungsvorgänge wird in der zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister vereinbarten Form erteilt.

Fehlt diese Zustimmung, gilt der Zahlungsvorgang als nicht autorisiert.

(3)   Die Zustimmung kann vom Zahler jederzeit widerrufen werden, jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem nach Artikel 66 die Unwiderruflichkeit eintritt. Auch die Zustimmung zur Ausführung mehrerer Zahlungsvorgänge kann widerrufen werden, so dass jeder nachfolgende Zahlungsvorgang als nicht autorisiert gilt.

(4)   Das Verfahren für die Erteilung der Zustimmung wird zwischen dem Zahler und dem Zahlungsdienstleister vereinbart.“

7

Art. 55 („Begrenzung der Nutzung des Zahlungsinstruments“) Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 lautete:

„In Fällen, in denen die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsinstruments erteilt wird, können der Zahler und der Zahlungsdienstleister Ausgabenobergrenzen für Zahlungsdienste, die durch dieses Zahlungsinstrument ausgeführt werden, vereinbaren.“

8

Art. 58 („Anzeige nicht autorisierter oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungsvorgänge“) der Richtlinie bestimmte:

„Der Zahlungsdienstnutzer kann nur dann eine Korrektur durch den Zahlungsdienstleister erwirken, wenn er unverzüglich nach Feststellung eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs, der zur Entstehung eines Anspruchs – einschließlich eines solchen nach Artikel 75 – geführt hat, jedoch spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung seinen Zahlungsdienstleister hiervon unterrichtet, es sei denn, der Zahlungsdienstleister hat, soweit anwendbar, die Angaben nach Maßgabe des Titels III zu dem betreffenden Zahlungsvorgang nicht mitgeteilt oder zugänglich gemacht.“

9

Art. 59 („Nachweis der Authentifizierung und Ausführung von Zahlungsvorgängen“) der Richtlinie lautete:

„(1)   Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass ein Zahlungsdienstleister für den Fall, dass dessen Zahlungsdienstnutzer bestreitet, einen ausgeführten Zahlungsvorgang autorisiert zu haben, oder geltend macht, dass der Zahlungsvorgang nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurde, nachweisen muss, dass der Zahlungsvorgang authentifiziert war, ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht und nicht durch einen technischen Zusammenbruch oder eine andere Panne beeinträchtigt wurde.

(2)   Bestreitet ein Zahlungsdienstnutzer, einen ausgeführten Zahlungsvorgang autorisiert zu haben, so reicht die vom Zahlungsdienstleister aufgezeichnete Nutzung eines Zahlungsinstruments für sich gesehen nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler entweder den Zahlungsvorgang autorisiert oder aber in betrügerischer Absicht gehandelt oder eine oder mehrere seiner Pflichten nach Artikel 56 vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.“

10

Art. 60 („Haftung des Zahlungsdienstleisters für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge“) der Richtlinie sah vor:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen unbeschadet des Artikels 58 sicher, dass im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs der Zahlungsdienstleister des Zahlers diesem den Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs unverzüglich erstattet und gegebenenfalls das belastete Zahlungskonto wieder auf den Stand bringt, auf dem es sich ohne den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte.

(2)   Eine darüber hinausgehende finanzielle Entschädigung kann nach dem auf den Vertrag zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister anwendbaren Recht festgelegt werden.“

11

Art. 86 („Vollständige Harmonisierung“) der Richtlinie bestimmte:

„(1)   Unbeschadet von Artikel 30 Absatz 2, Artikel 33, Artikel 34 Absatz 2, Artikel 45 Absatz 6, Artikel 47 Absatz 3, Artikel 48 Absatz 3, Artikel 51 Absatz 2, Artikel 52 Absatz 3, Artikel 53 Absatz 2, Artikel 61 Absatz 3 und der Artikel 72 und 88 dürfen die Mitgliedstaaten in den Bereichen, in denen diese Richtlinie harmonisierte Bestimmungen enthält, keine anderen als die in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen beibehalten oder einführen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Zahlungsdienstleister nicht zum Nachteil der Zahlungsdienstnutzer von den diese Richtlinie umsetzenden oder dieser Richtlinie entsprechenden einzelstaatlichen Vorschriften abweichen, es sei denn, dies ist darin ausdrücklich vorgesehen.

Zahlungsdienstleister können jedoch beschließen, Zahlungsdienstnutzern günstigere Konditionen einzuräumen.“

Bulgarisches Recht

12

Art. 51 des Zakon za platezhnite uslugi i platezhnite sistemi ot 2009 g. (Gesetz über Zahlungsdienste und Zahlungssysteme von 2009) (DV Nr. 23 vom 27. März 2009) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: ZPUPS) lautete:

„(1)   Der Zahlungsvorgang ist autorisiert, wenn der Zahler ihn in Auftrag gegeben oder die Zustimmung zu seiner Ausführung erteilt hat. Fehlt diese Zustimmung, gilt der Zahlungsvorgang als nicht autorisiert.

(2)   Der Zahler erteilt die Autorisierung vor der Ausführung des Zahlungsvorgangs oder, wenn der Zahler und sein Zahlungsdienstleister dies vereinbart haben, nach der Ausführung des Vorgangs.“

13

Art. 56 ZPUPS bestimmte:

„(1)   Gibt der Nutzer eines Zahlungsdienstes an, dass er die Ausführung eines Zahlungsvorgangs nicht autorisiert habe oder dass ein Zahlungsvorgang nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sei, trägt der Zahlungsdienstleister die Beweislast dafür, dass der Zahlungsvorgang authentifiziert war, ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht wurde und nicht durch einen technischen Zusammenbruch oder eine andere Panne beeinträchtigt wurde.

(2)   Die Authentifizierung ist ein Verfahren, mit dessen Hilfe der Zahlungsdienstleister die Rechtmäßigkeit der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, überprüfen kann …“

14

Art. 57 Abs. 1 ZPUPS lautete:

„Im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs erstattet der Zahlungsdienstleister des Zahlers diesem unverzüglich den Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs und bringt gegebenenfalls das belastete Zahlungskonto wieder auf den Stand, auf dem es sich vor der Ausführung des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs befand.“

15

Art. 58 Abs. 2 ZPUPS sah vor:

„Der Zahler trägt alle Schäden, die in Verbindung mit nicht autorisierten Zahlungsvorgängen entstanden sind, wenn er sie herbeigeführt hat, indem er in betrügerischer Absicht gehandelt oder eine oder mehrere seiner Pflichten nach Artikel 53 vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. In diesen Fällen trägt der Zahler den Schaden unabhängig von seiner Höhe.“

16

Art. 75 des Zakon za zadalzheniyata i dogovorite (Gesetz über Schuldverhältnisse und Verträge) (DV Nr. 275 vom 22. November 1950) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: ZZD) bestimmt:

„(1)   Die Erfüllung der Verpflichtung muss gegenüber dem Gläubiger oder gegenüber einer Person erfolgen, die durch ihn, durch ein Gericht oder durch Gesetz dazu ermächtigt wurde. Anderenfalls ist sie nur wirksam, wenn der Gläubiger sie bestätigt oder sie genutzt hat.

(2)   Der Schuldner wird frei, wenn er in gutem Glauben eine Verpflichtung gegenüber einer Person erfüllt hat, die aufgrund eindeutiger Umstände zur Annahme der Leistung berechtigt erscheint. Der tatsächliche Gläubiger hat ein Klagerecht gegen denjenigen, der die Leistung empfangen hat. Die Erfüllung gegenüber einem geschäftsunfähigen Gläubiger befreit den Schuldner, wenn sie dem Gläubiger zugutegekommen ist.“

17

Art. 422 Abs. 3 des Targovski zakon (Handelsgesetz) (DV Nr. 48 vom 18. Juni 1991) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung lautet:

„Im Fall des Verlusts, der Zerstörung oder des Diebstahls des ausgestellten Einzahlungsbelegs ist der Einzahler verpflichtet, die Bank unverzüglich schriftlich davon in Kenntnis zu setzen. Die Bank haftet nicht, wenn sie vor Erhalt der Mitteilung gutgläubig einen Betrag an eine Person gezahlt hat, die aufgrund eindeutiger Umstände zur Entgegennahme dieses Betrags berechtigt erscheint“.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

18

Am 22. November 2017 schlossen der Kläger des Ausgangsverfahrens und die Eurobank einen Vertrag über die Eröffnung eines Girokontos, durch den die Eurobank sich verpflichtete, ein unbefristetes Konto auf den Namen des Inhabers zu eröffnen und zu verwalten sowie ihm gegenüber Zahlungsdienste zu erbringen. Der Kläger des Ausgangsverfahrens macht geltend, er habe im Rahmen seiner Investitionsvorhaben insgesamt zwölf Überweisungen auf sein Bankkonto vorgenommen, dem ein Gesamtbetrag von 999860 Euro gutgeschrieben worden sei.

19

Als er sich am 6. Februar 2018 zur Geschäftsstelle der Eurobank begeben habe, um mit seinem Guthaben ein Bankgeschäft durchzuführen, habe ein Angestellter der Bank ihm mitgeteilt, dass sein Kontostand nur noch 16000 Euro betrage, und ihm zu diesem Zweck einen Auszug seines Bankkontos für den Zeitraum von dessen Eröffnung am 22. November 2017 bis zum 6. Februar 2018 vorgelegt. Der Kläger des Ausgangsverfahrens habe daraufhin festgestellt, dass ein gewisser „MK“, der ihm unbekannt sei, von seinem Konto aus Bankgeschäfte mit sechs einzelnen Überweisungsaufträgen über einen Gesamtbetrag von 982000 Euro getätigt habe, und zwar unter Vorlage einer Kopie einer auf den 1. Dezember 2017 datierten Vollmacht, die angeblich von einem italienischen Notar ausgestellt worden sei, der bei der Notarkammer Mailand (Italien) eingetragen sei (im Folgenden: im Ausgangsverfahren fragliche Vollmacht).

20

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass diese Kopie der im Ausgangsverfahren fraglichen Vollmacht nicht vom Kläger des Ausgangsverfahren unterzeichnet worden war.

21

Unter diesen Umständen unterrichtete der Kläger des Ausgangsverfahrens zum einen die Eurobank am 6. März 2018 davon, dass seine Vermögenswerte rechtswidrig an MK übertragen worden seien, und forderte die Rückzahlung des beanstandeten Betrags auf sein Bankkonto. Zum anderen übersandte er der Balgarska narodna banka (BNB, bulgarische Nationalbank) am 8. März 2018 eine Kopie dieser Meldung. Schließlich richtete er an den betreffenden italienischen Notar ein schriftliches Ersuchen um Auskunft über die im Ausgangsverfahren fragliche Vollmacht. Der Notar antwortete, dass er eine Vollmacht auf den Namen von MK, mit der dieser zur Vornahme von Zahlungsvorgängen auf den Bankkonten des Klägers des Ausgangsverfahrens bevollmächtigt werde, weder erstellt noch beglaubigt habe, und fügte hinzu, dass es sich bei der im Ausgangsverfahren fraglichen Vollmacht „sicher um eine ‚Fälschung‘ handele“. Der Notar teilte dem Kläger des Ausgangsverfahrens auch mit, dass er von einem Mitarbeiter der Eurobank am 20. Februar 2018 per E‑Mail ersucht worden sei, die Gültigkeit der im Ausgangsverfahren fraglichen Vollmacht zu bestätigen. In seiner Antwort auf diese E‑Mail habe er darauf hingewiesen, dass diese Vollmacht als „Fälschung“ anzusehen sei, und er habe der Notarkammer Mailand am darauffolgenden Tag die Verwendung einer „gefälschten Vollmacht“ mitgeteilt.

22

Der Kläger des Ausgangsverfahrens macht geltend, die Mitarbeiter der Eurobank hätten grob fahrlässig gehandelt, indem sie MK gestattet hätten, auf die Vorlage einer nicht ordnungsgemäßen Vollmacht hin über das auf seinem Bankkonto verfügbare Guthaben zu verfügen, da der Kläger des Ausgangsverfahrens diese Vollmacht nicht unterzeichnet habe.

23

Die Eurobank trägt vor, dass, als der Kläger des Ausgangsverfahrens sein Girokonto bei einer ihrer Geschäftsstellen eröffnet habe, der Mitarbeiter der Geschäftsstelle am 22. November 2017 zu dem Verständnis gelangt sei, dass der Kläger beabsichtige, das Girokonto durch einen Bevollmächtigten führen zu lassen. Aufgrund der auf diesem Konto erwarteten internationalen Transaktionen und zur Gewährleistung des Fernzugangs sowie der Kontrolle der Bewegungen von Geldbeträgen auf diesem Konto seien dem Kläger des Ausgangsverfahrens Onlinebanking-Dienstleistungen, ein System von Benachrichtigungen mittels Textnachrichten (SMS) und eine Debitkarte angeboten worden, doch habe dieser es abgelehnt, diese Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

24

Die Eurobank bestreitet den vom Kläger des Ausgangsverfahrens vorgetragenen Sachverhalt nicht. Sie weist jedoch darauf hin, dass MK dem betreffenden Bankangestellten zunächst am 15. Dezember 2017 und sodann bei jedem Zahlungsauftrag eine von einem italienischen Notar am 5. Dezember 2017 beglaubigte Kopie einer Vollmacht vom 1. Dezember 2017 vorgelegt habe. Auf dieser Kopie sei eine Apostille angebracht gewesen, die von der zuständigen Behörde, dem Sostituto Procuratore della Repubblica Italiana (Stellvertretender Staatsanwalt der Italienischen Republik), ausgestellt worden sei, und das Ganze sei von einem vereidigten Übersetzer aus dem Italienischen ins Bulgarische übersetzt worden.

25

Die Eurobank räumt ein, dass sie den Notar am 20. Februar 2018 gefragt habe, ob die im Ausgangsverfahren fragliche Vollmacht ordnungsgemäß ausgestellt und in sein Notarregister eingetragen worden sei, ob die notarielle Kopie dieser Vollmacht mit der Vollmacht selbst rechtlich gleichrangig sei und ob es üblich sei, solche Abschriften auszustellen, wobei sie ihm eine gescannte Kopie der fraglichen Vollmacht übersandt habe. Ohne eine genaue und eindeutige Antwort auf die ihm gestellten Fragen zu geben, habe der Notar geantwortet, dass das der Eurobank vorgelegte Dokument eine „Fälschung“ sei.

26

Am 27. Februar 2018 habe die Eurobank per E‑Mail eine schriftliche Anfrage an den Sostituto Procuratore della Repubblica Italiana (Stellvertretender Staatsanwaltschaft der Italienischen Republik) gerichtet, der mit seiner Unterschrift die notarielle Kopie der im Ausgangsverfahren fraglichen Vollmacht mittels einer Apostille authentifiziert hatte. Auf diese Anfrage hin habe die Eurobank die offizielle Bestätigung der Procura di Monza (Staatsanwaltschaft Monza, Italien) erhalten, dass die am 12. Dezember 2017 auf der Kopie dieser Vollmacht angebrachte Apostille gültig sei.

27

Der Sofiyski gradski sad (Stadtgericht Sofia, Bulgarien) gab den Anträgen des Klägers des Ausgangsverfahrens unter Anwendung des ZPUPS statt. Dieses Gericht entschied, dass eine Bank grundsätzlich für nicht autorisierte Vorgänge hafte, es sei denn, deren Ausführung sei aufgrund einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der Pflichten des Kontoinhabers erfolgt; in diesem letzteren Fall erhalte der Kontoinhaber unabhängig vom Betrag der betreffenden Transaktion keine Erstattung. Da die Beklagte des Ausgangsverfahrens ein solches Verhalten des Klägers des Ausgangsverfahrens weder geltend gemacht noch nachgewiesen habe, brauche das Vorbringen der Beklagten des Ausgangsverfahrens zu ihrer eventuellen Gutgläubigkeit nicht geprüft zu werden.

28

Die Eurobank legte gegen das im ersten Rechtszug ergangene Urteil Berufung beim Apelativen sad Sofia (Berufungsgericht Sofia, Bulgarien), dem vorlegenden Gericht, ein.

29

Angesichts von Art. 86 der Richtlinie 2007/64, der festlegt, inwieweit diese Richtlinie eine vollständige Harmonisierung vornimmt, fragt sich das vorlegende Gericht, ob Art. 75 Abs. 2 ZZD in dem Fall, dass der Zahlungsdienstleister gutgläubig gehandelt hat und das ihm vorgelegte Zahlungsinstrument formal ordnungsgemäß war, unter den Umständen des Ausgangsverfahrens angewandt werden kann. Nach dieser Bestimmung wird der Schuldner frei, wenn er in gutem Glauben eine Verpflichtung gegenüber einer Person erfüllt hat, die aufgrund eindeutiger Umstände zur Annahme der Leistung berechtigt erscheint.

30

Des Weiteren stellt das vorlegende Gericht fest, dass es sich bei der im Ausgangsverfahren fraglichen Vollmacht um eine Kopie des Originals der betreffenden Vollmacht handele, wobei die Vollmacht eine notarielle Beglaubigung der Unterschrift des Vollmachtgebers enthalte und auf der Kopie eine Apostille angebracht worden sei. Gemäß Art. 2 des am 5. Oktober 1961 in Den Haag geschlossenen Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation (im Folgenden: Haager Übereinkommen) umfasse die Legalisation eines Dokuments mittels einer Apostille die Förmlichkeit, durch die die Echtheit der Unterschrift und die Eigenschaft, in der der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat, vorliegend der Notar, bestätigt werden.

31

Ferner könne eine solche Vollmacht, da sie den Bevollmächtigten ermächtige, über das Guthaben auf dem betreffenden Bankkonto zu verfügen, als „Zahlungsinstrument“ im Sinne von Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie 2007/64 eingestuft werden, weil diese Vollmacht Teil eines Verfahrens sei, das der Zahlungsdienstnutzer einsetze, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen.

32

Ein Zahlungsvorgang müsse, um autorisiert zu sein, gemäß Art. 54 Abs. 1 der Richtlinie auf der Grundlage der Zustimmung des Zahlers ausgeführt worden sein. Dieses Zustimmungserfordernis setze voraus, dass die Urheberschaft der durch den Zahlungsauftrag bescheinigten Willenserklärung nachgewiesen werde, da dieser Nachweis mit der Authentifizierung des Zahlungsvorgangs zusammenhänge, d. h. einem Verfahren, mit dessen Hilfe der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, überprüfen könne.

33

Zudem liege nach Art. 59 der Richtlinie die Beweislast für die Authentifizierung eines Zahlungsvorgangs bei dem betreffenden Zahlungsdienstleister. Wenn vorliegend die Eurobank beweise, dass sie das fragliche Zahlungsinstrument authentifiziert habe, indem sie die Ordnungsmäßigkeit der im Ausgangsverfahren fraglichen Vollmacht festgestellt habe, sei die Zustimmung des Zahlers nachgewiesen und die mit diesem Instrument getätigten Zahlungsvorgänge würden als „autorisiert“ im Sinne von Art. 54 der Richtlinie angesehen.

34

Unter diesen Umständen hat der Apelativen sad – Sofia (Berufungsgericht Sofia) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Stellt die Vollmacht, mit der der Bevollmächtigte im Namen des Zahlers durch einen Zahlungsauftrag eine Vermögensverfügung vornimmt, ein Zahlungsinstrument im Sinne des Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie 2007/64 dar?

2.

Ist die Apostille, die die zuständige ausländische Behörde nach dem Haager Übereinkommen angebracht hat, Teil des Authentifizierungsverfahrens sowohl für das Zahlungsinstrument als auch für den Zahlungsvorgang im Sinne des Art. 4 Nr. 19 in Verbindung mit Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie?

3.

Kann das nationale Gericht, wenn das Zahlungsinstrument (auch das, das eine dritte Person berechtigt, Verfügungen im Namen des Zahlers zu tätigen) in formaler (äußerlicher) Hinsicht ordnungsgemäß ist, davon ausgehen, dass der Zahlungsvorgang autorisiert ist, d. h., dass der Zahler seiner Ausführung zugestimmt hat?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

35

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen ist, dass eine Vollmacht, mit der der Inhaber eines Bankkontos einen Bevollmächtigten ermächtigt, durch einen Zahlungsauftrag eine Vermögensverfügung auf diesem Konto vorzunehmen, ein „Zahlungsinstrument“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt.

36

Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der Bestimmung der Tragweite einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen ist, sondern auch der Zusammenhang, in den sie sich einfügt, und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil vom 13. Juli 2023, G GmbH, C‑134/22, EU:C:2023:567, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37

Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie 2007/64 definiert den Begriff „Zahlungsinstrument“ im Sinne dieser Richtlinie als „jedes personalisierte Instrument und/oder jeden personalisierten Verfahrensablauf, das bzw. der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und das bzw. der vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen“.

38

Aus ihrem Wortlaut ergibt sich, dass diese Bestimmung zwei Kategorien von Zahlungsinstrumenten unterscheidet. Zum einen gibt es personalisierte Instrumente. Nach der Rechtsprechung kann ein Zahlungsinstrument nur dann als personalisiert angesehen werden, wenn es dem Zahlungsdienstleister ermöglicht, zu überprüfen, dass der Zahlungsauftrag von einem hierzu berechtigten Nutzer erteilt wurde (Urteile vom 9. April 2014, T‑Mobile Austria, C‑616/11, EU:C:2014:242, Rn. 33, und vom 11. November 2020, DenizBank, C‑287/19, EU:C:2020:897, Rn. 70).

39

Zum anderen umfasst der Begriff „Zahlungsinstrument“ auch jeden Verfahrensablauf, der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde.

40

Des Weiteren muss die Umsetzung dieses personalisierten Instruments und/oder dieses Verfahrensablaufs als solche die Erteilung eines Zahlungsauftrags ermöglichen. Insoweit geht aus dem Wortlaut der Art. 55 bis 57 der Richtlinie 2007/64 hervor, dass ein „Zahlungsinstrument“ vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsdienstnutzers ausgegeben und diesem zur Verfügung gestellt wird. Im Übrigen gilt diese Richtlinie nach ihrem Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Nr. 3 und mit Nr. 5 ihres Anhangs für Zahlungsdienste, die jede in diesem Anhang aufgeführte gewerbliche Tätigkeit umfassen, insbesondere die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten und/oder Annahme und Abrechnung von Zahlungsinstrumenten.

41

Vorliegend ist nicht davon auszugehen, dass eine besondere und ausdrückliche Vollmacht des Inhabers eines Bankkontos, die zugunsten eines Bevollmächtigten ausgestellt wird und diesen zur Vornahme von Zahlungsvorgängen auf diesem Konto ermächtigt, so dass sie ausschließlich zwischen dem Inhaber dieses Kontos und seinem Bevollmächtigten eine rechtliche Verbindung begründet – wie die im Ausgangsverfahren fragliche Vollmacht –, für sich genommen die Erteilung eines Zahlungsauftrags im Sinne von Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie 2007/64 bewirken kann.

42

Folglich stellt eine Vollmacht wie die im Ausgangsverfahren fragliche, mit der der Inhaber eines Bankkontos seinen Bevollmächtigten einseitig zur Vornahme von Vermögensverfügungen in seinem Namen ermächtigt, für sich genommen kein „Zahlungsinstrument“ im Sinne von Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie 2007/64 dar.

43

Aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts geht jedoch hervor, dass unter den Umständen des Ausgangsrechtsstreits in den allgemeinen Bedingungen des Vertrags über die Eröffnung eines Girokontos, der am 22. November 2017 zwischen der Eurobank und dem Kläger des Ausgangsverfahrens geschlossen wurde, ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen war, über dieses Konto mittels eines Bevollmächtigten zu verfügen, der durch eine notariell beglaubigte Vollmacht ermächtigt wurde, die die ausdrückliche Erklärung des Willens enthielt, dass über das Guthaben dieses Kontos verfügt werden könne.

44

Vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen zeigt sich daher, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsrechtsstreits die gleichzeitige Verwendung einer solchen Vollmacht und eines Zahlungsauftrags, der von dem in der Vollmacht bestellten Bevollmächtigten erteilt wurde, im Sinne von Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie 2007/64 Teil eines „Verfahrensablaufs“ sein kann, der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen.

45

Folglich ist festzustellen, dass, wie der Generalanwalt in den Nrn. 49 bis 51 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, eine vom Inhaber eines Bankkontos ausgestellte Vollmacht in Verbindung mit einem Zahlungsauftrag, der von dem in dieser Vollmacht bestellten Bevollmächtigten erteilt wurde, im Sinne der vorstehenden Bestimmung Bestandteil des Verfahrensablaufs sein kann, der zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsdienstnutzer zur Erteilung von Zahlungsaufträgen vereinbart wurde.

46

Insoweit ist ferner darauf hinzuweisen, dass eine Vertragsbestimmung, die die Verwendung einer Vollmacht im Rahmen eines Verfahrensablaufs, der ein Zahlungsinstrument darstellt, erlaubt, nicht das hohe Niveau der dem Zahlungsdienstleister obliegenden Kontrolle der Autorisierung des Zahlungsvorgangs verringern darf. Im Rahmen dieser Kontrolle könnte der Zahlungsdienstleister u. a. gehalten sein, anhand der anwendbaren nationalen Vorschriften den Beweiswert der Vollmacht sowie die Identität der Person zu prüfen, die sich als Bevollmächtigter ausgibt, indem sie sich bei der Erteilung eines Zahlungsauftrags auf diese Vollmacht beruft.

47

Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen ist, dass eine Vollmacht, mit der der Inhaber eines Bankkontos einen Bevollmächtigten ermächtigt, durch einen Zahlungsauftrag eine Vermögensverfügung auf diesem Konto vorzunehmen, für sich genommen kein „Zahlungsinstrument“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Jedoch kann ein Verfahrensablauf, der zwischen dem Inhaber dieses Kontos und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und der dem in einer solchen Vollmacht bestellten Bevollmächtigten gestattet, einen Zahlungsauftrag von diesem Konto zu erteilen, als „Zahlungsinstrument“ eingestuft werden.

Zur zweiten und zur dritten Frage

48

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen des Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Aus diesem Blickwinkel obliegt es dem Gerichtshof gegebenenfalls, die ihm gestellten Fragen umzuformulieren (Urteil vom 25. Januar 2024, Parchetul de pe lângă Curtea de Apel Craiova u. a., C‑58/22, EU:C:2024:70, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Des Weiteren kann der Gerichtshof veranlasst sein, unionsrechtliche Vorschriften auszulegen, die das nationale Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat, insbesondere indem er aus der Begründung der Vorlageentscheidung diejenigen Elemente des Unionsrechts herausarbeitet, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Dezember 2023, Nordic Info, C‑128/22, EU:C:2023:951, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

Vorliegend ist darauf hinzuweisen, dass im Wortlaut der zweiten Frage u. a. das Haager Übereinkommen genannt wird, dem die Europäische Union nicht beigetreten ist und das keine Klausel enthält, die dem Gerichtshof eine Zuständigkeit zuweist.

50

Nach ständiger Rechtsprechung erstreckt sich aber die Befugnis zu Auslegungen im Wege der Vorabentscheidung, wie sie sich aus Art. 267 AEUV ergibt, nur auf die Rechtsvorschriften, die zum Unionsrecht gehören. Insbesondere steht in Bezug auf internationale Übereinkünfte fest, dass diejenigen, die von der Union geschlossen worden sind, integrierender Bestandteil der Rechtsordnung der Union sind und daher Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens sein können. Dagegen ist der Gerichtshof grundsätzlich nicht dafür zuständig, im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens internationale Übereinkünfte auszulegen, die zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten geschlossen worden sind (Urteil vom 17. Juli 2014, Qurbani, C‑481/13, EU:C:2014:2101, Rn. 21 und 22 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

51

Nur wenn und soweit die Union die Zuständigkeiten übernommen hat, die zuvor von den Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich einer nicht von der Union geschlossenen internationalen Übereinkunft ausgeübt wurden, und die Bestimmungen dieser Übereinkunft damit für die Union bindend geworden sind, ist der Gerichtshof für die Auslegung einer solchen Übereinkunft zuständig (Urteil vom 17. Juli 2014, Qurbani, C‑481/13, EU:C:2014:2101, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52

Vorliegend enthält, wie der Generalanwalt in Nr. 72 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, das Unionsrecht keine spezielle Bestimmung über die Legalisation einer Vollmacht, die die Verfügung über ein Zahlungskonto ermöglicht. Daher ist der Gerichtshof nicht dafür zuständig, die Regelungen über die Apostille, die eine zuständige ausländische Behörde nach dem Haager Übereinkommen auf einer solchen Vollmacht angebracht hat, unmittelbar auszulegen. Den Gerichtshof hindert jedoch nichts daran, bei der Auslegung der Richtlinie 2007/64 klarzustellen, ob ein Zahlungsvorgang, den der Zahlungsdienstleister auf der Grundlage einer notariellen Vollmacht ausführt, auf der eine Apostille nach dem Haager Übereinkommen angebracht wurde, als autorisiert anzusehen ist.

53

Wie aus Rn. 44 des vorliegenden Urteils hervorgeht, stellt eine Vollmacht wie die im Ausgangsverfahren fragliche nur einen Teil eines Verfahrensablaufs dar, der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen. Aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts geht jedoch hervor, dass es mit seiner zweiten und seiner dritten Frage wissen möchte, unter welchen Voraussetzungen die gleichzeitige Verwendung einer solchen Vollmacht und eines Zahlungsauftrags des Bevollmächtigten die „Zustimmung“ des Inhabers des betreffenden Bankkontos belegen könnte.

54

Folglich ist die Tragweite dieser Fragen auf die Auslegung von Art. 54 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2007/64 auszuweiten, dessen Bestimmungen die Frage der Zustimmung zu einem Zahlungsvorgang regeln. Da das vorlegende Gericht im Rahmen der dritten Frage wissen möchte, ob die formale Ordnungsmäßigkeit des Zahlungsinstruments ausreicht, um die Zustimmung des Zahlers zum Zahlungsvorgang nachzuweisen, ist es zudem erforderlich, Art. 59 Abs. 2 der Richtlinie auszulegen, der eine Regel über das für die Feststellung einer solchen Zustimmung erforderliche Beweismaß aufstellt. Da schließlich, wie in den Rn. 57 bis 59 des vorliegenden Urteils ausgeführt wird, die von diesen Fragen betroffenen Bestimmungen der Richtlinie nach deren Art. 86 Abs. 1 vollständig harmonisiert wurden, ist festzustellen, dass die vorgelegten Fragen auch die letztgenannte Bestimmung betreffen.

55

Infolgedessen ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner zweiten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 59 Abs. 1 und 2 und Art. 86 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen sind, dass in dem Fall, dass ein Zahlungsvorgang auf der Grundlage einer notariellen, mit einer Apostille versehenen Vollmacht des Inhabers des Bankkontos ausgeführt wurde und der Kontoinhaber die Gültigkeit der Vollmacht und damit seine Zustimmung zu diesem Zahlungsvorgang bestreitet, die Tatsache, dass die Vollmacht formal ordnungsgemäß erscheint, ausreicht, um den Zahlungsvorgang als autorisiert anzusehen.

56

Als Erstes ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht der Auffassung zu sein scheint, dass es anhand der Antworten des Gerichtshofs auf die gestellten Fragen für die Zwecke der Beurteilung der Haftung des Zahlungsdienstleisters Schlussfolgerungen in Bezug auf die Anwendung von Art. 75 Abs. 2 ZZD ziehen könne, durch den die allgemeinen Haftungsregelungen für die Ausführung festgelegt werden, die auf dem Grundsatz der Gutgläubigkeit des Schuldners beruhen, wonach der Schuldner frei wird, wenn er in gutem Glauben eine Verpflichtung gegenüber einer Person erfüllt hat, die aufgrund eindeutiger Umstände zur Annahme der Leistung berechtigt erscheint.

57

Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die Regelungen über die Haftung von Zahlungsdienstleistern für nicht autorisierte oder fehlerhaft ausgeführte Zahlungsvorgänge, die in Art. 60 Abs. 1 sowie in den Art. 58 und 59 der Richtlinie 2007/64 vorgesehen sind, gemäß Art. 86 Abs. 1 dieser Richtlinie Gegenstand einer vollständigen Harmonisierung waren. Dies hat zur Folge, dass sowohl eine parallele Haftungsregelung für ein und dasselbe haftungsbegründende Ereignis als auch eine konkurrierende Haftungsregelung, die dem Zahlungsdienstnutzer erlauben würde, diese Haftung auf der Grundlage anderer haftungsbegründender Ereignisse geltend zu machen, mit der Richtlinie 2007/64 unvereinbar sind. Somit darf die in der Richtlinie 2007/64 festgelegte Regelung über die Haftung von Zahlungsdienstleistern für nicht autorisierte oder fehlerhaft ausgeführte Zahlungsvorgänge mit einer im nationalen Recht vorgesehenen alternativen Haftungsregelung, die auf denselben Tatsachen und derselben Grundlage beruht, nur unter der Bedingung konkurrieren, dass diese alternative Haftungsregelung das so harmonisierte System nicht beschädigt und die Ziele und die praktische Wirksamkeit dieser Richtlinie nicht beeinträchtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. März 2023, Beobank, C‑351/21, EU:C:2023:215, Rn. 37 und 38).

58

Wie der Generalanwalt in Nr. 99 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es daher einem Mitgliedstaat nicht möglich, die in der Richtlinie 2007/64 festgelegte harmonisierte Regelung über die Haftung von Zahlungsdienstleistern für nicht autorisierte oder fehlerhaft ausgeführte Zahlungsvorgänge zu lockern, indem auf nationale Vorschriften zurückgegriffen wird, die eine weniger strenge Haftung der Zahlungsdienstleister vorsehen.

59

Dieselbe Schlussfolgerung gilt auch für die in Art. 54 der Richtlinie 2007/64 vorgesehenen Bestimmungen über die Zustimmung und den Widerruf der Zustimmung des Zahlers zum Zahlungsvorgang. Art. 54 der Richtlinie zählt, ebenso wie die Art. 58 bis 60 der Richtlinie, nicht zu den Bestimmungen, für die Art. 86 Abs. 1 der Richtlinie den Mitgliedstaaten einen Handlungsspielraum für ihre Umsetzung einräumt (vgl. entsprechend Urteil vom 2. September 2021, CRCAM, C‑337/20, EU:C:2021:671, Rn. 41).

60

Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass sich aus Art. 59 („Nachweis der Authentifizierung und Ausführung von Zahlungsvorgängen“) Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 ergibt, dass ein Zahlungsdienstleister für den Fall, dass dessen Zahlungsdienstnutzer bestreitet, einen ausgeführten Zahlungsvorgang autorisiert zu haben, oder geltend macht, dass der Zahlungsvorgang nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurde, nachweisen muss, dass der Zahlungsvorgang authentifiziert war, ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht wurde.

61

Außerdem ergibt sich aus Art. 59 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64, dass in dem Fall, dass ein Zahlungsdienstnutzer bestreitet, einen ausgeführten Zahlungsvorgang autorisiert zu haben, die vom Zahlungsdienstleister aufgezeichnete Nutzung eines Zahlungsinstruments für sich gesehen nicht notwendigerweise ausreicht, um nachzuweisen, dass der Zahler den Zahlungsvorgang autorisiert hat.

62

Schließlich geht aus Art. 54 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2007/64 hervor, dass, wenn der Zahler dem Zahlungsvorgang nicht in der zwischen ihm und seinem Zahlungsdienstleister vereinbarten Form zugestimmt hat, der Zahlungsvorgang als nicht autorisiert gilt.

63

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass es dem Zahlungsdienstleister obliegt, den Nachweis zu erbringen, dass der Zahlungsdienstnutzer den Zahlungsvorgang autorisiert hat, indem er diesem Vorgang in der zwischen den Parteien vereinbarten Form zugestimmt hat.

64

Diese Beweislastverteilung zulasten des Zahlungsdienstleisters wird durch dessen Verpflichtung zur Authentifizierung des Zahlungsvorgangs untermauert. Der Begriff „Authentifizierung“ wird in Art. 4 Nr. 19 der Richtlinie 2007/64 nämlich als ein Verfahren definiert, mit dessen Hilfe der Zahlungsdienstleister die „Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale“, überprüfen kann.

65

Zum Begriff „Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments“ ist festzustellen, dass sich aus Art. 55 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 ergibt, dass ein Zahlungsinstrument für die Erteilung der Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs genutzt werden kann.

66

Unter diesen Umständen ergibt sich, wie die Europäische Kommission ausführt, aus einer Gesamtbetrachtung dieser Bestimmungen, dass die Pflicht des Zahlungsdienstleisters zur Authentifizierung eines Zahlungsvorgangs den Zweck hat, die Nutzung des Zahlungsinstruments zu überprüfen, um sicherzugehen, dass der Nutzer dieser Dienste seine Zustimmung zur Ausführung des Zahlungsvorgangs erteilt hat, der damit als autorisiert gelten kann.

67

Vorliegend fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Vorlage einer Kopie der im Ausgangsverfahren fraglichen Vollmacht, auf der die zuständige Behörde eines anderen Vertragsstaats des Haager Übereinkommens eine Apostille angebracht hat und die es daher für formal ordnungsgemäß hält, für sich genommen ausreicht, um festzustellen, dass der Zahlungsdienstleister, um nicht in Haftung genommen zu werden, nachgewiesen hat, dass der fragliche Zahlungsvorgang autorisiert war, d. h., dass der Nutzer dieser Zahlungsdienste seine Zustimmung zu dessen Ausführung erteilt hatte.

68

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Generalanwalt in Nr. 87 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, die harmonisierte Regelung über die Haftung von Zahlungsdienstleistern für nicht autorisierte oder fehlerhaft ausgeführte Zahlungsvorgänge, die in Art. 60 Abs. 1 sowie in den Art. 58 und 59 der Richtlinie 2007/64 vorgesehen ist, auf drei wichtigen und miteinander zusammenhängenden Kriterien beruht, nämlich einer Anzeigepflicht des Zahlungsdienstnutzers, der Beweislastverteilung zulasten des Zahlungsdienstleisters und schließlich, in Ermangelung eines Beweises, der Haftung dieses Dienstleisters je nachdem, ob der fragliche Vorgang nicht autorisiert oder fehlerhaft ausgeführt wurde.

69

Art. 59 der Richtlinie 2007/64 führt in diese harmonisierte Regelung der Haftung wegen nicht autorisierter oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungsvorgänge einen für den Zahlungsdienstnutzer günstigen Beweislastmechanismus ein. Die Beweislast obliegt im Wesentlichen dem Zahlungsdienstleister, der nachweisen muss, dass der Zahlungsvorgang authentifiziert war, ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht wurde. In der Praxis führt die in diesem Art. 59 festgelegte Beweisregelung, sofern die in Art. 58 dieser Richtlinie vorgesehene Anzeige innerhalb der dort vorgesehenen Frist vorgenommen wurde, dazu, dass dieser Dienstleister einer Pflicht zur unverzüglichen Erstattung gemäß Art. 60 Abs. 1 dieser Richtlinie unterliegt (Urteil vom 2. September 2021, CRCAM, C‑337/20, EU:C:2021:671, Rn. 40).

70

Wie in Rn. 63 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ergibt sich aus Art. 54 Abs. 1 und 2 sowie aus Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64, dass es dem Zahlungsdienstleister obliegt, den Nachweis zu erbringen, dass er den fraglichen Zahlungsvorgang tatsächlich authentifiziert hat und dass der Zahlungsdienstnutzer diesem Zahlungsvorgang in der zwischen den Parteien vereinbarten Form zugestimmt hat. Die sich daraus für den Zahlungsdienstleister ergebende Beweislast ist daher, wie der Generalanwalt in Nr. 98 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hoch.

71

Im Übrigen ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 63 seiner Schlussanträge festzustellen, dass eine Vollmacht eine der Rechtshandlungen ist, mit denen ein Zahlungsdienstnutzer seine Zustimmung zur Ausführung von Zahlungsvorgängen von seinem Konto zum Ausdruck bringen kann, die von seinem Bevollmächtigten innerhalb der Grenzen der erteilten Bevollmächtigung in Auftrag gegeben werden. So kann die Überprüfung der formalen Ordnungsmäßigkeit einer solchen Vollmacht gegebenenfalls Teil des Authentifizierungsverfahrens für ein Zahlungsinstrument sein, zu dessen Bestandteilen diese Vollmacht gehört, und damit einer der Gesichtspunkte sein, anhand derer ein Dienstleister nachweisen kann, dass der Nutzer einem von ihm bestrittenen Zahlungsvorgang tatsächlich zugestimmt hat.

72

Wie die bulgarische Regierung und die Kommission zu Recht geltend gemacht haben, sind die Modalitäten des Nachweises, dass der fragliche Zahlungsvorgang im Sinne der Art. 54 und 59 der Richtlinie 2007/64 vom Zahlungsdienstnutzer „autorisiert“ wurde, und insbesondere das Verfahren, mit dem die Echtheit einer Vollmacht überprüft werden kann, in der Tat nicht durch diese Richtlinie harmonisiert, so dass sie dem nationalen Recht unterliegen.

73

Erstens reicht, wie in Rn. 61 des vorliegenden Urteils ausgeführt, gemäß Art. 59 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64 in dem Fall, dass ein Zahlungsdienstnutzer bestreitet, einen ausgeführten Zahlungsvorgang autorisiert zu haben – wie es im Ausgangsverfahren der Fall ist –, die vom Zahlungsdienstleister aufgezeichnete Nutzung eines Zahlungsinstruments für sich gesehen nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler diesen Zahlungsvorgang autorisiert hat.

74

Zweitens ist, da mit der Richtlinie 2007/64, wie in den Rn. 57 bis 59 des vorliegenden Urteils ausgeführt, eine vollständige Harmonisierung der darin geregelten Punkte verfolgt wird, festzustellen, dass die in Art. 54 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehene Voraussetzung, dass die Zustimmung zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs in der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister vereinbarten Form erteilt werden muss, notwendigerweise ein Erfordernis darstellt, das die Mitgliedstaaten umsetzen müssen, ohne von ihm abweichen zu dürfen. In der Systematik dieses Art. 54 spricht im Übrigen nichts dafür, dass der Unionsgesetzgeber, indem er genau diese Voraussetzung festlegte, wonach der fragliche Zahlungsvorgang ohne eine solche Zustimmung als nicht autorisiert gilt, nur darauf abzielte, dass sich die Feststellung der Autorisierung der Zahlung auf die Prüfung der formalen Ordnungsmäßigkeit der für die Erteilung dieser Zustimmung verwendeten Rechthandlungen beschränkt.

75

Drittens stellen die Mitgliedstaaten nach Art. 86 Abs. 3 der Richtlinie 2007/64 sicher, dass die Zahlungsdienstleister nicht zum Nachteil der Zahlungsdienstnutzer von den die Richtlinie umsetzenden oder der Richtlinie entsprechenden einzelstaatlichen Vorschriften abweichen.

76

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass nach dem dritten Satz des 33. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2007/64 alle Klauseln und Bedingungen in einem Vertrag über die Bereitstellung und Nutzung eines Zahlungsinstruments, die eine Verringerung der Beweislast für die kartenausgebende Stelle zur Folge hätten, nichtig sein sollten.

77

In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen kann sich ein Zahlungsdienstleister, um die Last seiner Verpflichtung, die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs nachzuweisen, zu verringern, nicht wirksam darauf berufen, dass die fraglichen Zahlungsvorgänge von einem Bevollmächtigten eingeleitet wurden, der über eine Vollmacht verfügte, auf der die zuständige Behörde eines ausländischen Staates eine Apostille angebracht hat.

78

Daraus folgt, dass, wenn wie im Ausgangsverfahren der Zahlungsdienstnutzer die Echtheit der ihm entgegengehaltenen Vollmacht bestreitet und er abstreitet, die ausgeführten Zahlungsvorgänge autorisiert zu haben, die bloße Überprüfung der formalen Ordnungsmäßigkeit der Vollmacht nicht ausreicht, um nachzuweisen, dass diese Vorgänge autorisiert wurden, und folglich nicht genügt, um den Zahlungsdienstleister von seiner verschärften Haftung zu befreien, ohne dass er nachweist, dass der Zahlungsdienstnutzer nach dem mit ihm für die Erteilung der Zustimmung vereinbarten Verfahren mittels dieser Vollmacht diesen Zahlungsvorgängen ordnungsgemäß zugestimmt hat.

79

Diese Feststellung wird durch die mit der Richtlinie 2007/64 verfolgten Ziele bestätigt. So geht u. a. aus den Erwägungsgründen 1 bis 4 dieser Richtlinie hervor, dass der Unionsgesetzgeber einen Binnenmarkt für Zahlungsdienste schaffen wollte und dass er dazu bestehende nationale Systeme, deren Nebeneinander eine Quelle der Verwirrung war und für einen Mangel an Rechtssicherheit sorgte, durch einen harmonisierten Rechtsrahmen ersetzen wollte, der die Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstnutzern und Zahlungsdienstleistern festlegt (Urteil vom 2. September 2021, CRCAM, C‑337/20, EU:C:2021:671, Rn. 44). Diese Auslegung steht außerdem im Einklang mit den in den Erwägungsgründen 21 und 22 der Richtlinie genannten Zielen, nämlich dem Schutz der Zahlungsdienstnutzer und insbesondere der Verbraucher (vgl. entsprechend Urteil vom 25. Januar 2017, BAWAG, C‑375/15, EU:C:2017:38, Rn. 45).

80

Das Erfordernis der Authentifizierung von Zahlungsinstrumenten, das das Verfahren berücksichtigt, das zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister zur Erteilung der Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers vereinbart wurde, und daher nicht auf die Prüfung der rein formalen Ordnungsmäßigkeit der zur Erteilung dieser Zustimmung verwendeten Rechtshandlungen beschränkt werden kann, ist nämlich zwingend erforderlich, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Zahlungsdienste sicherzustellen, da es ein angemessenes Maß an Rechtssicherheit und Schutz der Zahlungsdienstnutzer gewährleistet.

81

Unter diesen Umständen wird es Sache des vorlegenden Gerichts sein, zu prüfen, ob der betreffende Zahlungsdienstleister unter Berücksichtigung seiner Beweislast nach Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 nachgewiesen hat, dass der Zahlungsdienstnutzer in der mit ihm vereinbarten Form seine Zustimmung zur Ausführung der im Ausgangsverfahren fraglichen Zahlungsvorgänge erteilt hatte.

82

Insoweit scheinen, vorbehaltlich der dem vorlegenden Gericht obliegenden Prüfungen, die Klauseln V.22 und V.25 des zwischen dem betreffenden Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister geschlossenen Rahmenvertrags zu verlangen, dass, wenn eine Verfügung mittels eines Bevollmächtigten erfolgt, dieser das Original der ihm erteilten Vollmacht vorlegt und diese unterzeichnet sein muss, da dieser Zahlungsdienstleister verpflichtet ist, die ihm vorgelegten Vollmachten sowie die Unterschriften, mit denen diese Vollmachten versehen sind, formal zu überprüfen.

83

Vorliegend scheint jedoch die im Ausgangsverfahren fragliche Vollmacht diesen vertraglichen Anforderungen nicht zu entsprechen, da aus der Vorlageentscheidung hervorzugehen scheint, dass die fragliche Vollmacht nur eine Kopie darstellte und nicht die Unterschrift des Vollmachtgebers, d. h. des Nutzers der fraglichen Zahlungsdienste, aufwies, was jedoch vom vorlegenden Gericht festzustellen ist.

84

Des Weiteren entbindet jedenfalls, wie sich aus Rn. 78 des vorliegenden Urteils ergibt, die Vorlage einer besonderen Vollmacht des Inhabers eines Zahlungskontos an einen Bevollmächtigten, die diesen ermächtigt, Zahlungsvorgänge auf einem Bankkonto vorzunehmen, und deren Nutzung in einem Rahmenvertrag vereinbart wurde, den Zahlungsdienstleister nicht von seiner Verpflichtung, die Nutzung eines Zahlungsinstruments und die Authentifizierung eines Zahlungsvorgangs nach dem Verfahren zur Erteilung der Zustimmung, das zwischen dem betreffenden Zahler und diesem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde, zu überprüfen. Daher darf, wie in Rn. 46 des vorliegenden Urteils ausgeführt, eine Vertragsbestimmung, die die Verwendung einer Vollmacht im Rahmen eines Verfahrensablaufs, der ein personalisiertes Zahlungsinstrument darstellt, erlaubt, nicht das hohe Niveau der dem Zahlungsdienstleister obliegenden Kontrolle der Autorisierung des Zahlungsvorgangs verringern.

85

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 61 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64 der Zahler alle Schäden trägt, die in Verbindung mit nicht autorisierten Zahlungsvorgängen entstanden sind, wenn er sie herbeigeführt hat, indem er in betrügerischer Absicht gehandelt oder eine oder mehrere seiner Pflichten nach Art. 56 der Richtlinie vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.

86

Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass sich der Zahlungsdienstleister im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs von seiner Haftung befreien kann, wenn er nachweist, dass der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt oder eine oder mehrere seiner Pflichten nach Art. 56 der Richtlinie vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.

87

Nach alledem ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 59 Abs. 1 und 2 sowie Art. 86 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen sind, dass in dem Fall, dass ein Zahlungsvorgang auf der Grundlage einer notariellen, mit einer Apostille versehenen Vollmacht des Inhabers des Bankkontos ausgeführt wurde und der Kontoinhaber die Gültigkeit der Vollmacht und damit seine Zustimmung zu diesem Zahlungsvorgang bestreitet, die Tatsache, dass die Vollmacht formal ordnungsgemäß ist, nicht ausreicht, um den Zahlungsvorgang als autorisiert anzusehen; der Zahlungsdienstleister muss nachweisen, dass der Zahlungsdienstnutzer sein Einverständnis mit dem fraglichen Zahlungsvorgang mittels dieser Vollmacht gemäß dem mit ihm vereinbarten Verfahren zur Erteilung der Zustimmung ordnungsgemäß zum Ausdruck gebracht hat.

Kosten

88

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG

ist dahin auszulegen, dass

eine Vollmacht, mit der der Inhaber eines Bankkontos einen Bevollmächtigten ermächtigt, durch einen Zahlungsauftrag eine Vermögensverfügung auf diesem Konto vorzunehmen, für sich genommen kein „Zahlungsinstrument“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Jedoch kann ein Verfahrensablauf, der zwischen dem Inhaber dieses Kontos und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und der dem in einer solchen Vollmacht bestellten Bevollmächtigten gestattet, einen Zahlungsauftrag von diesem Konto zu erteilen, als „Zahlungsinstrument“ eingestuft werden.

 

2.

Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 59 Abs. 1 und 2 sowie Art. 86 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64

sind dahin auszulegen, dass

in dem Fall, dass ein Zahlungsvorgang auf der Grundlage einer notariellen, mit einer Apostille versehenen Vollmacht des Inhabers des Bankkontos ausgeführt wurde und der Kontoinhaber die Gültigkeit der Vollmacht und damit seine Zustimmung zu diesem Zahlungsvorgang bestreitet, die Tatsache, dass die Vollmacht formal ordnungsgemäß ist, nicht ausreicht, um den Zahlungsvorgang als autorisiert anzusehen; der Zahlungsdienstleister muss nachweisen, dass der Zahlungsdienstnutzer sein Einverständnis mit dem fraglichen Zahlungsvorgang mittels dieser Vollmacht gemäß dem mit ihm vereinbarten Verfahren zur Erteilung der Zustimmung ordnungsgemäß zum Ausdruck gebracht hat.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Bulgarisch.