URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
23. November 2023 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2011/95/EU – Normen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus – Vater in Belgien geborener, als Flüchtlinge anerkannter minderjähriger Kinder – Vater der kein ‚Familienangehöriger‘ im Sinne von Art. 2 Buchst. j dieser Richtlinie ist – Antrag des Vaters auf Gewährung abgeleiteten internationalen Schutzes – Ablehnung – Keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, dem Betroffenen einen Anspruch auf diesen Schutz zuzuerkennen, wenn er die Voraussetzungen für die Gewährung nicht selbst erfüllt – Art. 23 Abs. 2 dieser Richtlinie – Unanwendbarkeit“
In der Rechtssache C‑374/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d’État (Staatsrat, Belgien) mit Entscheidung vom 18. Mai 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juni 2022, in dem Verfahren
XXX
gegen
Commissaire général aux réfugiés et aux apatrides
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter F. Biltgen, N. Wahl und J. Passer (Berichterstatter) sowie der Richterin M. L. Arastey Sahún,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
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von XXX, vertreten durch S. Janssens, Avocate, |
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der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs, C. Pochet und M. Van Regemorter als Bevollmächtigte, |
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der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Azéma und J. Hottiaux als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. April 2023
folgendes
Urteil
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Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Buchst. j und Art. 23 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011, L 337, S. 9). |
2 |
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen XXX, einem in Belgien wohnhaften guineischen Staatsangehörigen, und dem Commissaire général aux réfugiés et aux apatrides (Generalkommissar für Flüchtlinge und Staatenlose, Belgien), wegen der Entscheidung, mit der dieser den von XXX in diesem Mitgliedstaat gestellten Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt hat. |
Rechtlicher Rahmen
3 |
In den Erwägungsgründen 18, 19 und 38 der Richtlinie 2011/95 heißt es:
…
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In Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie heißt es: „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck …
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Art. 3 („Günstigere Normen“) der Richtlinie 2011/95 sieht vor: „Die Mitgliedstaaten können günstigere Normen zur Entscheidung darüber, wer als Flüchtling oder Person gilt, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, und zur Bestimmung des Inhalts des internationalen Schutzes erlassen oder beibehalten, sofern sie mit dieser Richtlinie vereinbar sind.“ |
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Art. 23 („Wahrung des Familienverbands“) der Richtlinie bestimmt: „(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Familienverband aufrechterhalten werden kann. (2) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Familienangehörigen der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die selbst nicht die Voraussetzungen für die Gewährung dieses Schutzes erfüllen, gemäß den nationalen Verfahren Anspruch auf die in den Artikeln 24 bis 35 genannten Leistungen haben, soweit dies mit der persönlichen Rechtsstellung des Familienangehörigen vereinbar ist. (3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Familienangehörige aufgrund der Kapitel III und V von der Gewährung internationalen Schutzes ausgeschlossen ist oder ausgeschlossen wäre. (4) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 können die Mitgliedstaaten aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung die dort aufgeführten Leistungen verweigern, einschränken oder entziehen. (5) Die Mitgliedstaaten können entscheiden, dass dieser Artikel auch für andere enge Verwandte gilt, die zum Zeitpunkt des Verlassens des Herkunftslandes innerhalb des Familienverbands lebten und zu diesem Zeitpunkt vollständig oder größtenteils von der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, abhängig waren.“ |
7 |
Die in den Art. 24 bis 35 der Richtlinie 2011/95 aufgeführten Leistungen beziehen sich auf das Aufenthaltsrecht, die Reisedokumente, den Zugang zur Beschäftigung, den Zugang zu Bildung und zu Verfahren für die Anerkennung von Befähigungsnachweisen, Sozialhilfeleistungen, die medizinische Versorgung, unbegleitete Minderjährige, den Zugang zu Wohnraum, die Freizügigkeit innerhalb eines Mitgliedstaats, den Zugang zu Integrationsmaßnahmen sowie schließlich die Rückkehr. |
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
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XXX, ein guineischer Staatsangehöriger, kam 2007 nach Belgien. Er stellte einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der abgelehnt wurde, danach zwei weitere Anträge in den Jahren 2010 und 2011, die die zuständigen belgischen Behörden unberücksichtigt ließen. |
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Am 29. Januar 2019 stellte er einen vierten Antrag auf internationalen Schutz. Zur Begründung seines Antrags gab er an, er sei Vater zweier 2016 und 2018 in Belgien geborener Kinder, die dort ebenso wie ihre Mutter als Flüchtlinge anerkannt worden seien. |
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Nachdem dieser vierte Antrag als unzulässig abgelehnt worden war, reichte XXX beim Conseil du contentieux des étrangers (Rat für Ausländerstreitsachen, Belgien) eine Beschwerde ein, die dieser mit Entscheidung vom 17. April 2020 zurückwies. |
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Das mit der Kassationsbeschwerde gegen diese Entscheidung befasste vorlegende Gericht hat Zweifel, ob Art. 23 der Richtlinie 2011/95, wie von XXX geltend gemacht, auf dessen Situation Anwendung finde, da sich aus Art. 2 Buchst. j dieser Richtlinie ergebe, dass die Familienangehörigen einer internationalen Schutz genießenden Person unter diese Richtlinie fielen, „sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat“. Gemäß den Ausführungen von XXX habe seine Familie noch nicht im Herkunftsland bestanden, sondern sei erst in Belgien gegründet worden. Dies ist Gegenstand der ersten und der zweiten Vorlagefrage. |
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Für den Fall, dass Art. 23 der Richtlinie 2011/95 anwendbar sein sollte, weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens geltend mache, Art. 23 der Richtlinie 2011/95 habe mangels gültiger Umsetzung in belgisches Recht unmittelbare Wirkung und das Königreich Belgien sei deshalb verpflichtet, ihm internationalen Schutz zu gewähren. Das vorlegende Gericht hegt zwar Zweifel an der Stichhaltigkeit dieses Vorbringens, da Art. 23 lediglich die Gewährung der in den Art. 24 bis 35 dieser Richtlinie genannten Leistungen erwähne und eine etwaige unmittelbare Wirkung von Art. 23 höchstens diese Gewährung zur Folge haben könne. Da es im vorliegenden Fall in letzter Instanz entscheide, sei es aber verpflichtet, insoweit den Gerichtshof zu befragen. Aufgrund dieser Erwägungen stellt das vorlegende Gericht die dritte und die vierte Vorlagefrage. Es weist im Übrigen darauf hin, dass es ihm angebracht erscheine, dem Gerichtshof eine fünfte Frage vorzulegen, deren Formulierung vom Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens vorgeschlagen worden sei. |
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Zwar hegt das vorlegende Gericht auch Zweifel an der Stichhaltigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers des Ausgangsverfahrens, wonach das Kindeswohl und die Achtung des Familienlebens es erforderlich machten, einem Vater von in Belgien als Flüchtlinge anerkannten und dort geborenen Kindern selbst dann gemäß Art. 23 der Richtlinie internationalen Schutz zu gewähren, wenn der Vater die Voraussetzungen für die Gewährung dieses Schutzes nicht erfülle. Diese Ziele könnten nämlich auch durch die Erteilung eines unbefristeten Aufenthaltstitels erreicht werden, der dem Vater einen rechtmäßigen Aufenthalt in Belgien erlaube. Dennoch hält das vorlegende Gericht im Hinblick darauf, dass es in letzter Instanz entscheidet, auch insoweit eine Befragung des Gerichtshofs für geboten. Daher hat das vorlegende Gericht beschlossen, den Gerichtshof mit der sechsten Vorlagefrage zu befassen, deren Wortlaut ebenfalls vom Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens angeregt wurde. |
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Unter diesen Umständen hat der Conseil d’État (Staatsrat, Belgien) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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Zu den Vorlagefragen
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Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das durch Art. 267 AEUV geschaffene Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen. Die Rechtfertigung der Vorlage zur Vorabentscheidung liegt nicht in der Abgabe von Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen, sondern darin, dass die Vorlage für die tatsächliche Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 267 AEUV ergibt, muss die beantragte Vorabentscheidung „erforderlich“ sein, um dem vorlegenden Gericht den „Erlass seines Urteils“ in der bei ihm anhängigen Rechtssache zu ermöglichen (Urteil vom 26. März 2020, Miasto Łowicz und Prokurator Generalny, C‑558/18 und C‑563/18, EU:C:2020:234, Rn. 43 bis 45 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Der Gerichtshof hat daher wiederholt darauf hingewiesen, dass sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Aufbau von Art. 267 AEUV folgt, dass das Vorabentscheidungsverfahren insbesondere voraussetzt, dass bei den nationalen Gerichten tatsächlich ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sie eine Entscheidung erlassen müssen, bei der das Urteil des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren berücksichtigt werden kann (Urteil vom 26. März 2020, Miasto Łowicz und Prokurator Generalny, C‑558/18 und C‑563/18, EU:C:2020:234, Rn. 46 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Aus den Angaben in der Vorlageentscheidung und den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass das vorlegende Gericht im Ausgangsverfahren mit einer Beschwerde gegen eine Entscheidung befasst ist, durch die dem Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens die Gewährung des von ihm beantragten internationalen Schutzes versagt worden ist. Aus dieser Entscheidung und den Akten ergibt sich hingegen weder, dass der Beschwerdeführer konkret eine oder mehrere der Leistungen gemäß den Art. 24 bis 35 der Richtlinie 2011/95, auf die Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie verweist, beantragt hätte, noch, dass mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Entscheidung solche Leistungen verweigert würden. |
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Anstatt konkret eine der Leistungen gemäß den Art. 24 bis 35 der Richtlinie 2011/95 bei der nationalen Behörde zu beantragen, die ihm diese Leistung gewähren oder verweigern könnte, und danach bei den zuständigen nationalen Gerichten gegen eine etwaige Verweigerung vorzugehen und dabei die Gründe anzugeben, aus denen er diese Leistung oder Leistungen seiner Meinung nach gemäß der Richtlinie 2011/95 und insbesondere gemäß Art. 23 der Richtlinie erhalten müsste, hat sich der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens nämlich dafür entschieden, die Gewährung internationalen Schutzes zu beantragen, und behauptet, allein dadurch könne dem geltend gemachten Umstand abgeholfen werden, dass Art. 23 nicht korrekt in nationales Recht umgesetzt worden sei. |
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Wie der Conseil du contentieux des étrangers (Rat für Ausländerstreitsachen) in seiner beim vorlegenden Gericht angefochtenen Entscheidung vom 17. April 2020 im Wesentlichen und zutreffend ausgeführt hat, kann dem Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens, dessen Familie nicht bereits im Herkunftsland bestand, unabhängig von den Fragen, ob er gegebenenfalls und ungeachtet des Wortlauts von Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. j der Richtlinie die Gewährung von Leistungen im Sinne von Art. 23 beantragen könnte und ob diese Bestimmung korrekt in nationales Recht umgesetzt wurde, jedenfalls kein internationaler Schutz gewährt werden, weil er selbst nicht die Voraussetzungen erfüllt, von denen das Unionsrecht die Gewährung eines solchen Schutzes abhängig macht. |
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Der Gerichtshof hat nämlich entschieden, dass die Richtlinie 2011/95 eine Erstreckung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus auf die Familienangehörigen, die selbst nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung dieser Eigenschaft oder dieses Status erfüllen, kraft Ableitung von einer Person, der diese Eigenschaft oder dieser Status zuerkannt worden ist, nicht vorsieht. Insoweit geht aus Art. 23 der Richtlinie hervor, dass diese den Mitgliedstaaten nur aufgibt, ihr nationales Recht so anzupassen, dass diese Familienangehörigen gemäß den nationalen Verfahren Anspruch auf bestimmte Leistungen haben, die der Wahrung des Familienverbands dienen, wie z. B. die Ausstellung eines Aufenthaltstitels und der Zugang zu Beschäftigung oder Bildung, soweit dies mit der persönlichen Rechtsstellung dieser Familienangehörigen vereinbar ist (Urteile vom 4. Oktober 2018, Ahmedbekova, C‑652/16, EU:C:2018:801, Rn. 68, und vom 9. November 2021, Bundesrepublik Deutschland [Wahrung des Familienverbands], C‑91/20, EU:C:2021:898, Rn. 36). |
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Zwar ist es einem Mitgliedstaat nach dem Unionsrecht nicht verwehrt, gemäß günstigeren nationalen Rechtsvorschriften im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 2011/95 kraft Ableitung und zur Wahrung des Familienverbands die Flüchtlingseigenschaft den „Familienangehörigen“ einer Person zuzuerkennen, die einen solchen Schutz genießt, jedoch nur, sofern dies mit der Richtlinie vereinbar ist. |
22 |
Von dieser Möglichkeit der Mitgliedstaaten hat allerdings, wie aus dem Vorabentscheidungsersuchen und den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervorgeht, der belgische Gesetzgeber für Familienangehörige einer internationalen Schutz genießenden Person, die selbst nicht die Voraussetzungen für die Gewährung dieses Schutzes erfüllen, keinen Gebrauch gemacht. |
23 |
Im Übrigen ergibt sich aus den Rn. 12 und 13 des vorliegenden Urteils, dass das vorlegende Gericht selbst Zweifel in Bezug auf die Möglichkeit hegt, ein Recht auf internationalen Schutz, wie es im Ausgangsverfahren begehrt wird, auf Art. 23 der Richtlinie 2011/95 zu stützen, dass es sich aber für verpflichtet hält, den Gerichtshof hierzu zu befragen, da es im vorliegenden Fall in letzter Instanz entscheidet. |
24 |
Unter diesen Umständen und angesichts der in den Rn. 15 und 16 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung sowie des Gegenstands des Ausgangsrechtsstreits, wie er in den Rn. 17 und 18 des vorliegenden Urteils dargestellt ist, bedarf es einer Beantwortung der Vorlagefragen nur, soweit es in diesen darum geht, ob eine Person, die sich in der Lage des Beschwerdeführers des Ausgangsverfahrens befindet, einen Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes hat. Im Übrigen ist das Vorabentscheidungsersuchen unzulässig. |
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Nach alledem und insbesondere angesichts der in den Rn. 20 bis 22 des vorliegenden Urteils angesprochenen Aspekte sind die Vorlagefragen dahin zu beantworten, dass Art. 23 der Richtlinie 2011/95 dahin auszulegen ist, dass er die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, dem Elternteil eines in einem Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannten Kindes einen Anspruch auf internationalen Schutz in diesem Mitgliedstaat zu gewähren. |
Kosten
26 |
Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt: |
Art. 23 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes |
ist dahin auszulegen, dass |
er die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, dem Elternteil eines in einem Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannten Kindes einen Anspruch auf internationalen Schutz in diesem Mitgliedstaat zuzuerkennen. |
Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.