URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

7. September 2023 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Postdienste in der Europäischen Union – Richtlinie 97/67/EG – Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich und Abs. 3 – Art. 22 – Unternehmen des Postsektors – Beitrag zu den betrieblichen Aufwendungen der Regulierungsbehörde des Postsektors – Verpflichtung – Finanzielle Belastung, die ausschließlich von den Marktteilnehmern ohne Unterscheidung nach der Art der bereitgestellten Dienste übernommen wird – Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung“

In der Rechtssache C‑226/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 22. März 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 31. März 2022, in den Verfahren

Nexive Commerce Srl,

Nexive Scarl,

Nexive Services Srl,

Nexive Network Srl,

Nexive SpA,

General Logistics Systems Enterprise Srl,

General Logistics Systems Italy SpA

gegen

Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni,

Presidenza del Consiglio dei Ministri,

Ministero dell’Economia e delle Finanze,

Ministero dello Sviluppo economico

und

BRT SpA

gegen

Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni,

Presidenza del Consiglio dei Ministri,

Ministero dell’Economia e delle Finanze

und

AICAI – Associazione Italiana Corrieri Aerei Internazionali,

DHL Express (Italy) Srl,

TNT Global Express Srl,

United Parcel Service Italia Srl,

Fedex Express Italy Srl,

Federal Express Europe Inc. Filiale Italiana

gegen

Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni,

Presidenza del Consiglio dei Ministri,

Ministero dell’Economia e delle Finanze,

Ministero dello Sviluppo economico,

Beteiligte:

Nexive SpA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias (Berichterstatter), M. Ilešič, I. Jarukaitis und Z. Csehi,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der BRT SpA, vertreten durch E. Fumagalli, A. Manzi und L. Scambiato, Avvocati,

der AICAI – Associazione Italiana Corrieri Aerei Internazionali, der DHL Express (Italy) Srl, der TNT Global Express Srl, der Federal Express Europe Inc. Filiale Italiana, der United Parcel Service Italia Srl, vertreten durch M. Giordano, Avvocato,

der General Logistics Systems Enterprise Srl und der General Logistics Systems Italy SpA, vertreten durch M. Giordano, Avvocato,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von E. De Bonis und B. G. Fiduccia, Avvocati dello Stato,

der belgischen Regierung, vertreten durch P. Cottin und J.‑C. Halleux als Bevollmächtigte,

der griechischen Regierung, vertreten durch V. Baroutas und K. Boskovits als Bevollmächtigte,

der litauischen Regierung, vertreten durch K. Dieninis und S. Grigonis als Bevollmächtigte,

der portugiesischen Regierung, vertreten durch P. Barros da Costa, A. Pimenta, und M. J. Ramos als Bevollmächtigte im Beistand von S. Gonçalves do Cabo, Advogado,

der norwegischen Regierung, vertreten durch I. Collett, V. Hauan und L. Tvedt als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Malferrari und M. Mataija als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. März 2023

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 Abs. 2 und 3 sowie von Art. 22 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14) in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 (ABl. 2008, L 52, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 97/67) sowie der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung.

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Nexive Commerce Srl und weiteren Wirtschaftsteilnehmern, die Kurierdienste erbringen (im Folgenden: Nexive Commerce u. a.), sowie der Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni (Aufsichts- und Regulierungsbehörde für das Kommunikationswesen, Italien) (im Folgenden: AGCOM), der Presidenza del Consiglio dei Ministri (Präsidium des Ministerrats, Italien), dem Ministero dell’Economia e delle Finanze (Wirtschafts- und Finanzministerium, Italien) und dem Ministero dello Sviluppo economico (Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, Italien) über die Beschlüsse Nrn. 182/17/CONS, 427/17/CONS und 528/18/CONS, mit denen die AGCOM Höhe und Zahlungsmodalitäten für den Beitrag zur Finanzierung ihrer Betriebskosten, der von im Bereich der Postdienste tätigen Einrichtungen geschuldet wird, für die Jahre 2017 bis 2019 festsetzte (im Folgenden: streitige Beschlüsse).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 97/67

3

Im 39. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/67 heißt es:

„Im Interesse des reibungslosen Funktionierens des Universaldienstes und eines ungestörten Wettbewerbs im nichtreservierten Bereich müssen Regulierungs- und Betriebsfunktionen getrennt werden. Kein Postbetreiber darf Richter in eigener Sache sein. Die Mitgliedstaaten müssen deshalb den Status einer oder mehrerer [nationaler] Regulierungsbehörden [(im Folgenden: NRB)] festlegen, die sowohl Behörden als auch unabhängige, zu diesem Zweck benannte Stellen sein können.“

4

Art. 1 der Richtlinie 97/67 bestimmt:

„Diese Richtlinie enthält gemeinsame Vorschriften für

die Einrichtung unabhängiger [NRB] in den Mitgliedstaaten.“

5

Art. 9 der Richtlinie 97/67 sieht vor:

„(1)   Für Dienste, die nicht zum Universaldienst gehören, können die Mitgliedstaaten Allgemeingenehmigungen einführen, soweit diese erforderlich sind, um die Erfüllung der Grundanforderungen zu gewährleisten.

(2)   Für Dienste, die zum Universaldienst gehören, können die Mitgliedstaaten Genehmigungsverfahren einschließlich Einzelgenehmigungen einführen, soweit diese erforderlich sind, um die Erfüllung der Grundanforderungen zu gewährleisten und die Bereitstellung des Universaldienstes zu gewährleisten.

Die Bewilligung der Genehmigungen kann

mit Universaldienstverpflichtungen verknüpft werden;

erforderlichenfalls und in begründeten Fällen Anforderungen in Bezug auf Qualität, Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit der betreffenden Dienste vorsehen;

gegebenenfalls an die Verpflichtung gebunden sein, einen finanziellen Beitrag zu den in Artikel 7 aufgeführten Ausgleichsmechanismen zu leisten, wenn die Erbringung des Universaldienstes dem/den gemäß Artikel 4 benannten Universaldiensteanbieter(n) Nettokosten verursacht und für ihn/sie eine unverhältnismäßige Belastung darstellt;

gegebenenfalls an die Verpflichtung gebunden sein, einen finanziellen Beitrag zu den betrieblichen Aufwendungen der in Artikel 22 genannten [NRB] zu leisten;

gegebenenfalls von den in den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Arbeitsbedingungen abhängig gemacht werden oder eine Verpflichtung zu deren Einhaltung auferlegen.

Die im ersten Gedankenstrich und in Artikel 3 genannten Verpflichtungen und Anforderungen können nur benannten Universaldiensteanbietern auferlegt werden.

(3)   Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Verfahren, Verpflichtungen und Auflagen müssen transparent, zugänglich, nichtdiskriminierend, verhältnismäßig, präzise und eindeutig sein, vorab der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und auf objektiven Kriterien beruhen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gründe für die völlige oder teilweise Verweigerung oder Zurücknahme einer Genehmigung dem Antragsteller mitgeteilt werden; sie legen ein Rechtsbehelfsverfahren fest.“

6

In Art. 22 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 97/67 heißt es:

„(1)   Jeder Mitgliedstaat bestimmt eine oder mehrere [NRB] für den Postsektor, die von den Postbetreibern rechtlich getrennt und betrieblich unabhängig sind. Mitgliedstaaten, die weiterhin an Postdiensteanbietern beteiligt sind oder diese kontrollieren, müssen eine wirksame strukturelle Trennung der Regulierungsfunktionen von den Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle sicherstellen.

(2)   Aufgabe der [NRB] ist insbesondere die Gewährleistung der Einhaltung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen, vor allem durch die Einrichtung von Überwachungs- und Regulierungsverfahren zur Sicherstellung der Erbringung des Universaldienstes. Sie können auch beauftragt werden, die Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften im Postsektor zu überwachen.

…“

Richtlinie 2008/6

7

Im 47. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/6 heißt es:

„Die [NRB] werden wahrscheinlich weiterhin eine zentrale Rolle spielen, vor allem in den Mitgliedstaaten, in denen der Übergang zum Wettbewerb noch nicht abgeschlossen ist. Nach dem Grundsatz der Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen sollten die Mitgliedstaaten die Unabhängigkeit der [NRB] garantieren, um die Unparteilichkeit ihrer Beschlüsse sicherzustellen. Die Anforderung der Unabhängigkeit berührt weder die institutionelle Autonomie und die verfassungsmäßigen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten noch den Grundsatz der Neutralität im Hinblick auf die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten nach Artikel 295 des Vertrags. Die [NRB] sollten in Bezug auf Personal, Fachwissen und finanzielle Ausstattung über alle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel verfügen.“

Genehmigungsrichtlinie

8

Die zum 21. Dezember 2020 durch Art. 125 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung) (ABl. 2018, L 321, S. 36, im Folgenden: Kodex für die elektronische Kommunikation) aufgehobene Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 21) bestimmte in Art. 12 („Verwaltungsabgaben“) Abs. 1:

„Verwaltungsabgaben, die von Unternehmen verlangt werden, die aufgrund einer Allgemeingenehmigung einen Dienst oder ein Netz bereitstellen oder denen ein Nutzungsrecht gewährt wurde,

a)

dienen insgesamt lediglich zur Deckung der administrativen Kosten für die Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung von Allgemeingenehmigungen und Nutzungsrechten sowie der in Artikel 6 Absatz 2 genannten besonderen Verpflichtungen, die die Kosten für internationale Zusammenarbeit, Harmonisierung und Normung, Marktanalyse, Überwachung der Einhaltung und andere Marktkontrollmechanismen sowie für Regulierungstätigkeiten zur Ausarbeitung und Durchsetzung des abgeleiteten Rechts und von Verwaltungsbeschlüssen, beispielsweise von Beschlüssen über den Zugang und die Zusammenschaltung, einschließen können, und

b)

werden den einzelnen Unternehmen in einer objektiven, verhältnismäßigen und transparenten Weise auferlegt, bei der die zusätzlichen Verwaltungskosten und zugehörigen Aufwendungen auf ein Mindestmaß reduziert werden.“

Kodex für die elektronische Kommunikation

9

Art. 16 („Verwaltungsabgaben“) Abs. 1 des Kodex für die elektronische Kommunikation lautet:

„Verwaltungsabgaben, die von Unternehmen verlangt werden, die aufgrund einer Allgemeingenehmigung elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste bereitstellen oder denen ein Nutzungsrecht gewährt wurde,

a)

dienen insgesamt lediglich zur Deckung der administrativen Kosten für die Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der Allgemeingenehmigungsregelung und Nutzungsrechten sowie der in Artikel 13 Absatz 2 genannten besonderen Verpflichtungen, die die Kosten für internationale Zusammenarbeit, Harmonisierung und Normung, Marktanalyse, Überwachung der Einhaltung und andere Marktkontrollmechanismen sowie für Regulierungstätigkeiten zur Ausarbeitung und Durchsetzung des abgeleiteten Rechts und von Verwaltungsbeschlüssen, beispielsweise von Beschlüssen über den Zugang und die Zusammenschaltung, einschließen können, und

b)

werden den einzelnen Unternehmen in einer objektiven, verhältnismäßigen und transparenten Weise auferlegt, bei der die zusätzlichen Verwaltungskosten und zugehörigen Aufwendungen auf ein Mindestmaß reduziert werden.

Bei Unternehmen, deren Umsatz unter einer bestimmten Schwelle liegt oder deren Tätigkeit einen bestimmten Mindestmarktanteil nicht erreicht oder sich nur auf ein sehr begrenztes Gebiet erstreckt, können die Mitgliedstaaten von der Erhebung von Verwaltungsabgaben absehen.“

Italienisches Recht

10

Die Richtlinie 97/67 wurde durch das Decreto legislativo n. 261 – Attuazione della direttiva 97/67/CE concernente regole comuni per lo sviluppo del mercato interno dei servizi postali comunitari e per il miglioramento della qualità del servicio (Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 261 zur Umsetzung der Richtlinie 97/67/EG über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität) vom 22. Juli 1999 (GURI Nr. 182 vom 5. August 1999) in italienisches Recht umgesetzt. Nach dessen Art. 2 Abs. 1 ist die NRB für den Postsektor das Kommunikationsministerium.

11

Diese Bestimmung wurde durch Art. 1 des Decreto legislativo n. 58 – Attuazione della direttiva 2008/6/CE che modifica la direttiva 97/67/CE, per quanto riguarda il pieno completamento del mercato interno dei servizi postali della Comunità (Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 58 zur Umsetzung der Richtlinie 2008/6/EG zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft) vom 31. März 2011 (GURI Nr. 98 vom 29. April 2011) geändert.

12

Aus Art. 2 Abs. 1 dieses Gesetzesvertretenden Dekrets ergibt sich, dass die Nationale Regulierungsagentur für die Regulierung des Postsektors als NRB für diesen Sektor im Sinne von Art. 22 der Richtlinie 97/67 benannt wurde. Nach Art. 2 Abs. 12 des Gesetzesvertretenden Dekrets wurden die zugehörigen, zuvor vom zuständigen Ministerium ausgeübten Funktionen „mit den entsprechenden personellen, finanziellen und funktionellen Mitteln“ auf diese Agentur übertragen. Hinsichtlich der Betriebskosten der Agentur war vorgesehen, dass sie teils durch einen speziellen, im Haushalt des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung enthaltenen Fonds und teils durch einen Beitrag finanziert werden, der von allen Wirtschaftsteilnehmern des Sektors zu entrichten ist.

13

Die Zuständigkeiten der in der vorstehenden Randnummer bezeichneten Agentur wurden durch Art. 21 Abs. 13 und 14 des Decreto-Legge n. 201 – Disposizioni urgenti per la crescita, l’equità e il consolidamento dei conti pubblici (Gesetzesdekret Nr. 201 – Dringlichkeitsmaßnahmen für wirtschaftliches Wachstum, Fairness und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte) vom 6. Dezember 2011 (GURI Nr. 284 vom 6. Dezember 2011), das in das Gesetz Nr. 214 vom 22. Dezember 2011 umgewandelt wurde, auf die AGCOM übertragen.

14

In Art. 1 Abs. 65 und 66 der Legge n. 266 – Disposizioni per la formazione del bilancio annuale e pluriennale dello Stato (legge finanziaria 2006) (Gesetz Nr. 266 zur Aufstellung des jährlichen und mehrjährigen Staatshaushalts [Haushaltsgesetz 2006]) vom 23. Dezember 2005 (GURI Nr. 302 vom 29. Dezember 2005, im Folgenden: Gesetz Nr. 266/2005) heißt es:

„(65)   Ab dem Jahr 2007 werden die Betriebskosten … der Aufsichtsbehörde für das Kommunikationswesen …, soweit sie nicht aus Mitteln des Staatshaushalts gedeckt sind, von den ihrer Zuständigkeit unterliegenden Marktteilnehmern nach den in den geltenden Vorschriften vorgesehenen Modalitäten finanziert, wobei die Höhe des unmittelbar an die Behörden entrichteten Beitrags durch Beschluss der jeweiligen Behörde unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenzen festgelegt wird …

(66)   Ab der ersten Anwendung im Jahr 2006 wird die Höhe des Beitrags zulasten der im Kommunikationssektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer … auf 1,5 Promille der Einkünfte, die im letzten Haushalt vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes angegeben wurden, festgesetzt. Für die folgenden Jahre können gegebenenfalls Änderungen der Höhe und der Modalitäten des Beitrags von der [AGCOM] gemäß Abs. 65 bis zu einer Höchstgrenze von 2 Promille der Einkünfte, die im letzten Haushalt vor Erlass des Beschlusses angegeben wurden, vorgenommen werden.“

15

Art. 65 des Decreto-Legge n. 50 convertito con modificazioni dalla L. 21 giugno 2017, n. 96 – Disposizioni urgenti in materia finanziaria, iniziative a favore degli enti territoriali, ulteriori interventi per le zone colpite da eventi sismici e misure per lo sviluppo (Gesetzesdekret Nr. 50, mit Änderungen umgewandelt in das Gesetz Nr. 96 vom 21. Juni 2017 – Finanzielle Dringlichkeitsmaßnahmen, Initiativen zugunsten der Gebietskörperschaften, weitere Initiativen für von Erdbeben betroffene Gebiete und Maßnahmen zur Entwicklung) vom 24. April 2017 (GURI Nr. 95 vom 24. April 2017) (im Folgenden: Gesetzesdekret Nr. 50/2017) bestimmt:

„Ab dem Jahr 2017 werden die Betriebskosten der [AGCOM] im Zusammenhang mit den Aufgaben der [NRB] für den Postsektor ausschließlich nach den in Art. 1 Abs. 65 und 66 Satz 2 des Gesetzes [Nr. 266/2005] vorgesehenen Modalitäten unter Bezugnahme auf die von den Postbetreibern erzielten Einkünfte gedeckt. …“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

16

Mit den streitigen Beschlüssen legte die AGCOM die Zahlungspflichtigen und die Berechnungsmodalitäten für den in Art. 1 Abs. 65 und 66 des Gesetzes Nr. 266/2005 bezeichneten Beitrag für die Jahre 2017 bis 2019 fest.

17

Aus den Beschlüssen ergibt sich, dass den Beitrag „der Universaldiensteanbieter und die Inhaber einer Lizenz oder Allgemeingenehmigung“ im Sinne des Gesetzesdekrets zur Umsetzung der Richtlinie 97/67 schulden. Sodann werden in den Beschlüssen die von den beitragspflichtigen Unternehmen erzielten Einnahmen als Beitragsbemessungsgrundlage bestimmt. Schließlich wurde der anwendbare Satz für die Jahre 2017 und 2018 auf 1,4 Promille und für das Jahr 2019 auf 1,35 Promille festgesetzt. Die Anwendung dieses Satzes würde es nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ermöglichen, sämtliche jährlichen Ausgaben abzudecken, die die AGCOM für die Marktregulierung in diesen Jahren jeweils vorgesehen hatte.

18

Nexive Commerce u. a., bei denen es sich hauptsächlich um Unternehmen handelt, die auf dem italienischen Markt Kurierdienste erbringen, erhoben beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium, Italien) Klagen auf Nichtigerklärung der streitigen Beschlüsse.

19

Nachdem diese Klagen im ersten Rechtszug abgewiesen worden waren, legten Nexive Commerce u. a. beim vorlegenden Gericht Berufung gegen die in Rede stehenden Urteile ein. Zur Begründung ihrer Berufungen machen sie erstens geltend, Art. 9 Abs. 2 und Art. 22 der Richtlinie 97/67 lasse sich entnehmen, dass die betrieblichen Aufwendungen der Behörde, die ihren Funktionen im Postsektor zuzurechnen seien, gemeinsam von den Marktteilnehmern und dem Staatshaushalt zu finanzieren seien. Zweitens dürften den Marktteilnehmern nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie nur die „betrieblichen Aufwendungen“, d. h. nur die mit der Regulierung der zum Universaldienst gehörenden Postdienste eng zusammenhängenden direkten Kosten, auferlegt werden. Drittens seien die streitigen Beschlüsse insoweit nicht mit Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie vereinbar, als sie nicht auf einer konkreten Beurteilung beruhten und weder die Einkommenssituation der beitragspflichtigen Wirtschaftsteilnehmer noch die Marktlage noch den Umstand berücksichtigten, dass die Tätigkeit bestimmter Unternehmen keinerlei regulatorische Eingriffe erfordere.

20

Die AGCOM macht beim vorlegenden Gericht ihrerseits erstens geltend, dass die im vorliegenden Fall anwendbaren Bestimmungen keinerlei Kofinanzierung verlangten und dass der vom Staat abgedeckte Teil der betrieblichen Aufwendungen der Behörde für jedes der zu betrachtenden Jahre null betragen könne. Das System beruhe hingegen auf der Notwendigkeit, die erforderliche Unabhängigkeit und Autonomie der NRB gegenüber der Regierung zu gewährleisten. Das in Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 97/67 aufgestellte Erfordernis der betrieblichen Unabhängigkeit der NRB von den regulierten Wirtschaftsteilnehmern beziehe sich nicht auf die Finanzierung dieser Behörden, sondern auf die Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Zweitens habe sich der Gerichtshof zum Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 97/67 dahin geäußert, dass sich die für einen Mitgliedstaat bestehende Möglichkeit, die Bewilligung der von ihm erteilten Genehmigungen mit der Verpflichtung zu verknüpfen, sich an der Finanzierung der betrieblichen Aufwendungen der zuständigen NRB zu beteiligen, auf Genehmigungen für Postdienste beziehe, die sowohl zu Universaldiensten als auch zu Kurierdiensten gehörten. Drittens seien die durch die „Querschnitts-“Dienste angefallenen und von den NRB getragenen Kosten unter den Begriff der „betrieblichen Aufwendungen“ im Sinne von Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie zu fassen.

21

Unter diesen Umständen hat der Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Sind Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich und Art. 9 Abs. 3 sowie Art. 22 der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der einschlägigen Regelung im italienischen Recht (nach Art. 1 Abs. 65 und 66 des Gesetzes Nr. 266/2005 und Art. 65 des Gesetzesdekrets Nr. 50/2017) entgegenstehen, die es gestattet, die Verpflichtung zur Leistung eines finanziellen Beitrags zu den betrieblichen Aufwendungen der NRB des Postsektors ausschließlich den Anbietern des Postsektors aufzuerlegen, einschließlich derjenigen, die keine zum Universaldienst gehörenden Postdienste erbringen, so dass zugelassen wird, dass jede Form der öffentlichen Kofinanzierung zulasten des Staatshaushalts ausgeschlossen werden kann?

2.

Sind Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich und Art. 22 der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen, dass sie gestatten, zu den betrieblichen Aufwendungen, die von den Postdiensteanbietern finanziert werden können, auch die Kosten für die Regulierungstätigkeit für Postdienste zu zählen, die nicht zum Universaldienst gehören, sowie die Kosten für Verwaltungseinrichtungen und politische Einrichtungen (sogenannte „Querschnitts“-Einrichtungen), deren Tätigkeiten, auch wenn sie nicht unmittelbar auf die Regulierung der Märkte für Postdienste ausgerichtet sind, jedoch der Ausübung aller institutionellen Zuständigkeiten der AGCOM dienen, so dass sie folglich mittelbar oder teilweise (anteilig) dem Bereich der Postdienste zugeordnet werden können?

3.

Stehen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung, Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich und Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 sowie Art. 22 der Richtlinie 97/67 einer nationalen Regelung wie der italienischen (nach Art. 1 Abs. 65 und 66 des Gesetzes Nr. 266/2005 und Art. 65 des Gesetzesdekrets Nr. 50/2017) entgegen, die vorschreibt, die Verpflichtung, einen Beitrag zur Finanzierung der NRB des Postsektors zu leisten, den Anbietern des Postsektors aufzuerlegen, ohne Möglichkeit, zwischen der Lage der Anbieter von Kurierdiensten und der der Anbieter von Universaldienstleistungen zu unterscheiden, und daher ohne Möglichkeit, die unterschiedliche Intensität der Regulierungstätigkeit der NRB in Bezug auf die verschiedenen Arten von Postdiensten zu berücksichtigen?

Zu den Vorlagefragen

22

Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 gestattet den Mitgliedstaaten, die Bewilligung von Genehmigungen an Wirtschaftsteilnehmer des Postsektors „gegebenenfalls an die Verpflichtung [zu binden], einen finanziellen Beitrag zu den betrieblichen Aufwendungen“ der NRB dieses Sektors „zu leisten“. Alle vorliegenden Fragen beziehen sich in der Sache auf die Tragweite dieser Verpflichtung, einen finanziellen Beitrag zu den „betrieblichen Aufwendungen“ der NRB des Sektors zu leisten. Dieser zuletzt genannte Begriff ist Gegenstand der zweiten Vorlagefrage, die daher an erster Stelle zu prüfen ist.

Zur zweiten Frage

23

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 in Verbindung mit deren Art. 22 dahin auszulegen ist, dass der in der zuerst genannten Bestimmung enthaltene Begriff „betriebliche Aufwendungen“ erstens die Kosten einschließt, die von den NRB des Postsektors für ihre Regulierungstätigkeiten für Postdienste, die nicht zum Universaldienst gehören, aufgewendet werden, sowie zweitens die Kosten, die durch Tätigkeiten der NRB entstehen, die, obgleich sie nicht unmittelbar mit ihrer Regulierungsfunktion zusammenhängen, der Erfüllung der institutionellen Zuständigkeiten dieser Behörden insgesamt dienen, also die Kosten, die den NRB durch ihre verwaltenden und institutionellen, vorbereitenden oder für die Erfüllung ihrer Regulierungsfunktion erforderlichen Tätigkeiten (im Folgenden: Querschnittskosten) entstehen.

24

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass sich die Verpflichtung, die die Mitgliedstaaten nach dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 einführen können, auf die Finanzierung der betrieblichen Aufwendungen der in Art. 22 der Richtlinie bezeichneten NRB beziehen, d. h. der Behörde, die jeder Mitgliedstaat für den Postsektor zu bestimmen hat, insbesondere um die Einhaltung der Richtlinie 97/67 zu gewährleisten.

25

Der Begriff der „betrieblichen Aufwendungen“ wird in der Richtlinie allerdings nicht definiert. Insbesondere ist Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie in dieser Hinsicht sehr allgemein formuliert. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass sich aus dem Rückgriff auf die verschiedenen Sprachfassungen der Richtlinie, wie der Generalanwalt in Nr. 31 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nichts ableiten lässt, was die Auslegung dieses Begriffs erhellt.

26

Wenn eine Frage des vorlegenden Gerichts nicht allein anhand des Wortlauts der Vorschrift einer Richtlinie beantwortet werden kann, sind nach der Rechtsprechung zur Auslegung dieser Vorschrift auch ihr Kontext sowie der allgemeine Aufbau und die Ziele dieser Richtlinie zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. November 2019, Haqbin,C‑233/18, EU:C:2019:956, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27

Was im Einzelnen den ersten Teil der zweiten Frage betrifft, hatte der Gerichtshof bereits Gelegenheit zu der Klarstellung, dass die den NRB des Postsektors obliegenden Tätigkeiten den gesamten Postsektor betreffen und nicht nur die zum Universaldienst gehörenden Dienste. Da die Tätigkeiten der NRB, die – wie sich Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 97/67 entnehmen lässt – damit betraut sind, die Einhaltung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen und der Wettbewerbsvorschriften im Postsektor zu gewährleisten, den gesamten Postsektor und nicht nur die zum Universaldienst gehörenden Dienste betreffen und da die Rolle dieser Behörden und die ihnen übertragenen Aufgaben nach der Intention des Unionsgesetzgebers allen Akteuren des Postsektors zugutekommen müssen, ist Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 folglich dahin auszulegen, dass sämtliche Postdiensteanbieter im Gegenzug verpflichtet werden können, einen Beitrag zur Finanzierung der Tätigkeiten dieser Behörden zu leisten (Urteil vom 16. November 2016, DHL Express [Austria], C‑2/15, EU:C:2016:880, Rn. 29, 31 und 32).

28

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die Straßentransport‑, Speditions- oder Kurierdienstunternehmen, die Dienste der Abholung, des Sortierens, des Transports und der Zustellung von Postsendungen erbringen, „Postdiensteanbieter“ im Sinne dieser Richtlinie, es sei denn, ihre Tätigkeit beschränkt sich auf den Transport der Postsendungen (Urteil vom 31. Mai 2018, Confetra u. a., C‑259/16 und C‑260/16, EU:C:2018:370, Rn. 41). Kurierdienste unterscheiden sich zwar vom postalischen Universaldienst durch einen Mehrwert für die Kunden, für den diese bereitwillig mehr zahlen. Mangels gegenteiliger Angaben und unter Berücksichtigung der in Rede stehenden Verpflichtung kann Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie allerdings nicht dahin ausgelegt werden, dass er die Betreiber dieser Dienste von seinem persönlichen Anwendungsbereich ausnimmt (vgl. Urteil vom 15. Juni 2017, Ilves Jakelu,C‑368/15, EU:C:2017:462, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

Unter Zugrundelegung dieser Gesamtkonzeption der Aufgaben, die den NRB des Postsektors übertragen sind, und der Vorteile, die sämtliche Wirtschaftsteilnehmer dieses Sektors daraus ziehen können, ist somit davon auszugehen, dass der Begriff „betriebliche Aufwendungen“ dahin auszulegen ist, dass er in die Kosten, die von den Postdiensteanbietern finanziert werden können, die Kosten einschließt, die von den für diesen Sektor zuständigen NRB für ihre Aufgaben der Regulierung der zum Universaldienst gehörenden Dienste aufgewendet werden, sowie die Kosten für nicht dazu gehörende Dienste.

30

Zum zweiten Teil der zweiten Frage ist zum einen darauf hinzuweisen, dass sich in Anbetracht der Feststellung in Rn. 25 des vorliegenden Urteils weder aus dem Kontext noch aus dem allgemeinen Aufbau der Richtlinie 97/67 Anhaltspunkte ergeben, die die Tragweite des in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich dieser Richtlinie enthaltenen Begriffs „betriebliche Aufwendungen“ in dem Sinne zu beschränken vermögen, dass dieser Begriff die Querschnittskosten nicht umfasste.

31

Die Auslegung dieses Begriffs kann, wie der Generalanwalt in den Nrn. 34 bis 41 seiner Schlussanträge ausführt, im Übrigen nicht an die Auslegung des im Rechtsrahmen für elektronische Kommunikation genannten Begriffs „Verwaltungskosten“, der in der Vorlageentscheidung angeführt wird, angelehnt werden.

32

Art. 16 des Kodex für die elektronische Kommunikation benennt die mit der Regulierung des Marktes für elektronische Kommunikation zusammenhängenden Kosten, die über Verwaltungsabgaben gedeckt werden können, die von Unternehmen verlangt werden, die elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste bereitstellen. Konkret dienen die in Art. 16 Abs. 1 Buchst. a des Kodex genannten Abgaben danach insgesamt lediglich zur Deckung der administrativen Kosten für die Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der Allgemeingenehmigungsregelung und Nutzungsrechte sowie der besonderen Verpflichtungen, die von Unternehmen verlangt werden können und die die Kosten für internationale Zusammenarbeit, Harmonisierung und Normung, Marktanalyse, Überwachung der Einhaltung und andere Marktkontrollmechanismen sowie für Regulierungstätigkeiten zur Ausarbeitung und Durchsetzung des abgeleiteten Rechts und von Verwaltungsbeschlüssen, beispielsweise von Beschlüssen über den Zugang und die Zusammenschaltung, einschließen können.

33

Bezogen auf Art. 12 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie, dessen Tragweite im Wesentlichen mit der des ihm nachfolgenden Art. 16 Abs. 1 Buchst. a des Kodex für die elektronische Kommunikation identisch ist, hat der Gerichtshof entschieden, dass der zuerst genannte Artikel einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach im Sektor der Telekommunikation tätige Unternehmen eine Abgabe zur Deckung sämtlicher vom Staat nicht getragenen Kosten der für den Sektor zuständigen NRB schulden, unter der Voraussetzung, dass diese Abgabe lediglich der Deckung der Kosten im Zusammenhang mit den in dieser Bestimmung angeführten Tätigkeiten dient und dass die Gesamtheit der Einnahmen aus dieser Abgabe nicht die Gesamtheit der Kosten übersteigt, die für diese Tätigkeiten anfallen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Vodafone Omnitel u. a.,C‑228/12 bis C‑232/12 und C‑254/12 bis C‑258/12, EU:C:2013:495, Rn. 43, sowie Beschluss vom 17. Oktober 2013, Sky Italia,C‑376/12, EU:C:2013:701, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34

Zum einen ist Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie aber – im Gegensatz zu den in den beiden vorstehenden Randnummern angeführten Bestimmungen, die genau die Kosten aufzählen, die von den Abgaben gedeckt werden können, die von den in den betreffenden Sektoren tätigen Unternehmen verlangt werden – allgemein formuliert, ohne einen Unterschied nach Ursprung oder Art derjenigen Kosten zu machen, die durch den Betrieb der NRB anfallen.

35

Zum anderen steht diese wörtliche Auslegung im Einklang mit dem Ziel, das von der Richtlinie 2008/6, aus der der aktuelle Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 hervorgegangen ist, verfolgt wird, nämlich sicherzustellen, dass die NRB „in Bezug auf Personal, Fachwissen und finanzielle Ausstattung über alle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel“ verfügen.

36

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 in Verbindung mit deren Art. 22 dahin auszulegen ist, dass der in der zuerst genannten Bestimmung enthaltene Begriff „betriebliche Aufwendungen“ erstens die Kosten einschließt, die von den NRB des Postsektors für ihre Regulierungstätigkeiten für Postdienste, die nicht zum Universaldienst gehören, aufgewendet werden, sowie zweitens die Kosten, die durch die Tätigkeiten der NRB entstehen, die, obgleich sie nicht unmittelbar mit ihrer Regulierungsaufgabe zusammenhängen, der Erfüllung ihrer Funktion der Regulierung des Postsektors dienen.

Zur ersten Frage

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Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich und Abs. 3 der Richtlinie 97/67 in Verbindung mit deren Art. 22 dahin auszulegen ist, dass er einem System der Finanzierung der für den Postsektor zuständigen NRB entgegensteht, das sich ausschließlich und unter Ausschluss jeglicher Finanzierung aus Haushaltsmitteln auf Beiträge stützt, die nach Art. 9 der Richtlinie den in diesem Sektor tätigen Wirtschaftsteilnehmern auferlegt werden.

38

Erstens kann insoweit aus der bloßen Verwendung des Ausdrucks „einen … Beitrag … zu leisten“ in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 nicht abgeleitet werden, dass diese Bestimmung lediglich die Möglichkeit vorsieht, von den Wirtschaftsteilnehmern des Postsektors eine bloße Beteiligung an der Finanzierung der Kosten der NRB dieses Sektors zu verlangen. Denn auch wenn der Ausdruck „einen … Beitrag … zu leisten“ dahin verstanden werden kann, dass er sich auf die Handlung bezieht, sich an einem gemeinsamen Werk zu beteiligen, bedeutet dies gleichwohl nicht, dass Finanzmittel aus dem Staatshaushalt eingesetzt werden. Im Gegenteil: Unter Berücksichtigung der sehr allgemeinen Formulierung der Bestimmung ist daraus abzuleiten, dass den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Festlegung der Quellen, aus denen das System für die Finanzierung der NRB des Postsektors gespeist wird, ein weites Ermessen zuerkannt wird.

39

Wie der Generalanwalt in Nr. 53 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausführt, lässt Art. 9 der Richtlinie 97/67 den Mitgliedstaaten nämlich die Wahl zwischen einem Finanzierungssystem, das sich ausschließlich auf den Wirtschaftsteilnehmern des Postsektors auferlegte Abgaben stützt, einem öffentlichen Finanzierungssystem aus dem Staatshaushalt und schließlich einem gemischten System der Kofinanzierung der NRB des Postsektors sowohl durch die Beiträge der Wirtschaftsteilnehmer dieses Sektors als auch durch den Haushalt des betreffenden Mitgliedstaats. Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie beschränkt sich insoweit auf die Klarstellung, dass die in Abs. 2 dieses Artikels bezeichneten Verpflichtungen transparent, zugänglich, nicht diskriminierend, verhältnismäßig, präzise und eindeutig sind, vorab der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und auf objektiven Kriterien beruhen.

40

Zweitens ist zu dem Kontext, in den sich die in der vorstehenden Randnummer angeführte Bestimmung einfügt, festzustellen, dass Art. 1 der Richtlinie 97/67 trotz der Angabe, dass sie gemeinsame Vorschriften u. a. für die Einrichtung der NRB des betreffenden Sektors enthält, keine weiteren Angaben zu den Regeln für deren Finanzierung liefert.

41

In der Richtlinie 97/67 findet sich keine Bestimmung, mit der sich die in Rn. 39 des vorliegenden Urteils gezogene Schlussfolgerung bzw. konkret die Vereinbarkeit eines Systems der Finanzierung der für den Postsektor zuständigen NRB, das sich ausschließlich aus Beiträgen der Wirtschaftsteilnehmer dieses Sektors speist, mit dieser Richtlinie in Frage stellen ließe.

42

Art. 22 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zwar, von den Postdiensteanbietern betrieblich unabhängige NRB zu bestimmen. Wie der Generalanwalt in Nr. 58 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist allerdings festzustellen, dass die Art und die Quelle der Finanzierung einer NRB als solche nicht entscheidend sind, soweit diese tatsächlich über die finanziellen Mittel verfügt, die es ihr ermöglichen, ihre Aufgaben zu erfüllen und sich unzulässiger Einflussnahme sowohl durch Marktteilnehmer als auch durch staatliche Behörden zu entziehen.

43

Schließlich steht drittens das in Rn. 35 des vorliegenden Urteils angeführte, von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 verfolgte Ziel einer Auslegung dieses Artikels dahin, dass er den Mitgliedstaaten gestattet, sich für eine Art und Weise der Finanzierung der NRB des Postsektors zu entscheiden, die ausschließlich aus Beiträgen der Wirtschaftsteilnehmer dieses Sektors gespeist wird, unter der Voraussetzung nicht entgegen, dass gewährleistet ist, dass die NRB über die für ihr ordnungsgemäßes Funktionieren notwendigen finanziellen Ressourcen verfügen und damit über die rechtlichen Mittel, die es ihnen ermöglichen, die Zahlung von den Wirtschaftsteilnehmern einzufordern.

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Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich und Abs. 3 der Richtlinie 97/67 in Verbindung mit deren Art. 22 dahin auszulegen ist, dass er der Entscheidung eines Mitgliedstaats für einen Finanzierungsmechanismus der für den Postsektor zuständigen NRB nicht entgegensteht, der sich ausschließlich und unter Ausschluss jeglicher Finanzierung aus dem öffentlichen Haushalt aus Beiträgen speist, die gemäß Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie von den Wirtschaftsteilnehmern dieses Sektors verlangt werden, soweit dieses System gewährleistet, dass die betreffende NRB tatsächlich über die für ihr ordnungsgemäßes Funktionieren und die unabhängige Erfüllung ihrer Aufgaben der Regulierung des Postsektors notwendigen finanziellen Ressourcen oder die rechtlichen Mittel verfügt, die es ihr ermöglichen, diese Ressourcen zu erhalten.

Zur dritten Frage

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Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das Unionsrecht, insbesondere die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung sowie Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen sind, dass sie es verwehren, allen Wirtschaftsteilnehmern des Postsektors einschließlich Kurierdienstunternehmen unterschiedslos eine Beitragspflicht aufzuerlegen, ohne dass der mutmaßlich variierende Intensitätsgrad der Regulierungstätigkeit der NRB, dem sie in Abhängigkeit davon unterliegen, ob die von ihnen erbrachten Leistungen zum Universaldienst gehören, berücksichtigt wird.

46

Hierzu ist festzustellen, dass die Richtlinie 97/67 keine bestimmte Berechnungsmethode für die Höhe des in Rede stehenden Beitrags vorsieht. Eine derartige, gemäß Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie auferlegte Beitragspflicht muss jedoch, wie in Rn. 39 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, gemäß Abs. 3 dieses Artikels nicht nur transparent, zugänglich, präzise und eindeutig sein sowie vorab der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und auf objektiven Kriterien beruhen, sondern auch die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit beachten.

47

Zu, erstens, der Verhältnismäßigkeit einer gemäß Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie unterschiedslos allen Wirtschaftsteilnehmern des Postsektors auferlegten Beitragspflicht ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller relevanten rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu prüfen, ob eine solche Pflicht geeignet ist, die Erreichung der verfolgten Ziele zu gewährleisten, und nicht über das hierfür Erforderliche hinausgeht. Der Gerichtshof hat ihm jedoch hierfür alle Anhaltspunkte für die Auslegung des Unionsrechts zu geben, anhand deren es entscheiden kann (Urteil vom 31. Mai 2018, Confetra u. a.,C‑259/16 und C‑260/16, EU:C:2018:370, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48

Was zum einen die Eignung einer solchen Pflicht betrifft, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Regelung nur dann geeignet ist, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Urteil vom 31. Mai 2018, Confetra u. a.,C‑259/16 und C‑260/16, EU:C:2018:370, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

In der vorliegenden Rechtssache ist allerdings unstreitig, dass die in Rede stehende Maßnahme, die darin besteht, unterschiedslos allen Wirtschaftsteilnehmern des Postsektors die gleiche Finanzierungspflicht und insbesondere den gleichen Beitragssatz aufzuerlegen, ohne dass dem angesichts der von jedem Wirtschaftsteilnehmer erbrachten Dienste variierenden Intensitätsgrad der Regulierungstätigkeit der NRB Rechnung getragen wird, geeignet ist, die Verwirklichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und dass die nationalen Rechtsvorschriften ein solches Ziel in kohärenter Weise verfolgen. Da das Ziel dieser nationalen Maßnahme im Wesentlichen darin liegt, der betreffenden NRB eine möglichst breite Finanzierung zu garantieren, die ihr eine unabhängige Erfüllung ihrer Aufgaben ermöglicht, muss diese Maßnahme im Übrigen grundsätzlich als geeignet angesehen werden, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten.

50

Zum anderen kann diese Maßnahme nicht schon deshalb als über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinausgehend angesehen werden, weil der – gegebenenfalls höhere – Intensitätsgrad der Tätigkeit der NRB im Bereich von zum Universaldienst gehörenden Diensten für die Berechnung des streitigen Beitrags nicht berücksichtigt wird.

51

Die Regulierung des Universaldiensts schließt zwar, wie die Europäische Kommission in ihren Erklärungen ausführt, das Ergreifen besonderer Maßnahmen und in bestimmten Zusammenhängen eine intensive Überwachung seitens der betreffenden NRB ein. Gleichwohl unterscheidet sich diese Tätigkeit nicht von den übrigen Tätigkeiten einer solchen NRB zur Regulierung des betreffenden Marktes insgesamt und muss daher im Gesamtzusammenhang der Liberalisierung des Postsektors betrachtet werden. In Anbetracht der Entwicklung dieses Sektors kann hierbei nicht ausgeschlossen werden, dass die verschiedenen Wirtschaftsteilnehmer möglicherweise zunehmend ähnliche Tätigkeiten ausüben und dass, wie die portugiesische Regierung in ihren Erklärungen ausführt, eine Austauschbarkeit der Postdienste vorliegt.

52

Somit können der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich und Abs. 3 der Richtlinie 97/67 unter Berücksichtigung des in Rn. 38 des vorliegenden Urteils angesprochenen Ermessens nicht dahin ausgelegt werden, dass die Höhe des einem Wirtschaftsteilnehmer auferlegten Beitrags und die tatsächlich von der betreffenden NRB aufgrund ihrer Regulierungstätigkeit gegenüber diesem Wirtschaftsteilnehmer entstandenen Kosten genau miteinander korrelieren müssten.

53

Zu, zweitens, dem Diskriminierungsverbot entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt, vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich zu behandeln, es sei denn, dass eine solche Differenzierung objektiv gerechtfertigt ist (Urteil vom 7. März 2017, RPO,C‑390/15, EU:C:2017:174, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54

Auch wenn sich Kurierdienste, wie in Rn. 28 des vorliegenden Urteils ausgeführt, durch ihren Mehrwert für die Kunden vom Universaldienst unterscheiden, kann daraus aber nicht abgeleitet werden, dass sich die Anbieter derartiger Dienste im Hinblick auf ihre etwaige Pflicht, gemäß Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 Beiträge zur Finanzierung der Kosten der NRB des Postsektors zu leisten, in einer Situation befinden, die eine unterschiedliche Behandlung gegenüber den übrigen Wirtschaftsteilnehmern dieses Sektors rechtfertigen würde.

55

Dies gilt in Anbetracht der in Rn. 51 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen allgemeiner für Wirtschaftsteilnehmer, die keine zum Universaldienst gehörenden Dienste bereitstellen und deren Situation für sich genommen keine unterschiedliche Behandlung gegenüber derjenigen rechtfertigt, die Anbietern vorbehalten ist, die solche Dienste bereitstellen. In Anbetracht der Vorteile, die sämtliche Wirtschaftsteilnehmer des Postsektors aus der Gesamttätigkeit einer solchen NRB ziehen, ist nämlich davon auszugehen, dass sie sich grundsätzlich und unabhängig von der Art der Dienste, die der jeweilige Wirtschaftsteilnehmer bereitstellt, in vergleichbaren Situationen befinden.

56

In jedem Fall ist hervorzuheben, dass die Vergleichbarkeit von zwei Sachverhalten u. a. anhand des Ziels der Maßnahme zu beurteilen ist, die eine Unterscheidung zwischen ihnen einführt oder sie, im Gegenteil, identisch behandelt (vgl. entsprechend Urteil vom 1. März 2011, Association belge des Consommateurs Test-Achats u. a.,C‑236/09, EU:C:2011:100, Rn. 29).

57

In Anbetracht des mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahme verfolgten Ziels, wie es in Rn. 49 des vorliegenden Urteils herausgearbeitet wurde, ist davon auszugehen, dass sich Anbieter, die keine zum Universaldienst gehörenden Dienste bereitstellen, und solche, bei denen dies der Fall ist, in einer vergleichbaren Situation befinden.

58

Daher ist unter dem Vorbehalt einer Gesamtwürdigung aller relevanten rechtlichen und tatsächlichen Umstände, die dem vorlegenden Gericht obliegt, nicht davon auszugehen, dass eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstößt.

59

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass das Unionsrecht und insbesondere die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung sowie Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die allen Wirtschaftsteilnehmern des Postsektors unterschiedslos eine Beitragspflicht auferlegt, ohne die Intensität der in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Arten von Postdiensten ausgeübten Regulierungs- und Überwachungstätigkeiten der NRB zu berücksichtigen und ohne insoweit zwischen Anbietern des Universaldiensts und Kurierdienstanbietern zu differenzieren, um der NRB des Postsektors eine Finanzierung zu garantieren, die ihr eine unabhängige Erfüllung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Regulierung dieses Sektors ermöglicht, soweit die den Anbietern von dieser Regelung auferlegte Pflicht im Übrigen transparent, zugänglich, präzise und eindeutig ist, vorab der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird und auf objektiven Kriterien beruht.

Kosten

60

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich und Abs. 3 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 22 der Richtlinie 97/67 in geänderter Fassung

ist dahin auszulegen, dass

er der Entscheidung eines Mitgliedstaats für einen Finanzierungsmechanismus der für den Postsektor zuständigen nationalen Regulierungsbehörde nicht entgegensteht, der sich ausschließlich und unter Ausschluss jeglicher Finanzierung aus dem öffentlichen Haushalt aus Beiträgen speist, die gemäß Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie in geänderter Fassung von den Wirtschaftsteilnehmern dieses Sektors verlangt werden, soweit dieses System gewährleistet, dass die betreffende nationale Regulierungsbehörde tatsächlich über die für ihr ordnungsgemäßes Funktionieren und die unabhängige Erfüllung ihrer Aufgaben der Regulierung des Postsektors notwendigen finanziellen Ressourcen oder die rechtlichen Mittel verfügt, die es ihr ermöglichen, diese Ressourcen zu erhalten.

 

2.

Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 in der durch die Richtlinie 2008/6 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 22 der Richtlinie 97/67 in geänderter Fassung

ist dahin auszulegen, dass

der in der zuerst genannten Bestimmung enthaltene Begriff „betriebliche Aufwendungen“ erstens die Kosten einschließt, die von den NRB des Postsektors für ihre Regulierungstätigkeiten für Postdienste, die nicht zum Universaldienst gehören, aufgewendet werden, sowie zweitens die Kosten, die durch die Tätigkeiten der NRB entstehen, die, obgleich sie nicht unmittelbar mit ihrer Regulierungsaufgabe zusammenhängen, der Erfüllung ihrer Funktion der Regulierung des Postsektors dienen.

 

3.

Das Unionsrecht und insbesondere die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung sowie Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 in der durch die Richtlinie 2008/6 geänderten Fassung

sind dahin auszulegen, dass

sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die allen Wirtschaftsteilnehmern des Postsektors unterschiedslos eine Beitragspflicht auferlegt, ohne die Intensität der in Abhängigkeit der unterschiedlichen Arten von Postdiensten ausgeübten Regulierungs- und Überwachungstätigkeiten der nationalen Regulierungsbehörde zu berücksichtigen und ohne insoweit zwischen Anbietern des Universaldiensts und Kurierdienstanbietern zu differenzieren, um der nationalen Regulierungsbehörde des Postsektors eine Finanzierung zu garantieren, die ihr eine unabhängige Erfüllung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Regulierung dieses Sektors ermöglicht, soweit die den Anbietern von dieser Regelung auferlegte Pflicht im Übrigen transparent, zugänglich, präzise und eindeutig ist, vorab der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird und auf objektiven Kriterien beruht.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.