Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ATHANASIOS RANTOS(1)

vom 5. Oktober 2023

Rechtssache C298/22

Banco BPN/BIC Português, SA,

Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA – Niederlassung Portugal,

Banco Português de Investimento SA (BPI),

Banco Espírito Santo SA, in Liquidation,

Banco Santander Totta SA,

Barclays Bank Plc,

Caixa Económica Montepio Geral – Caixa Económica Bancária, SA,

Caixa Geral de Depósitos, SA,

Unión de Créditos Inmobiliários, SA, Establecimiento Financiero de Crédito – Niederlassung Portugal,

Caixa Central de Crédito Agrícola Mútuo CRL,

Banco Comercial Português SA

gegen

Autoridade da Concorrência,

Beteiligter:

Ministério Público

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal da Concorrência, Regulação e Supervisão [Gericht für Wettbewerb, Regulierung und Aufsicht, Portugal])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Wettbewerb – Kartelle – Art. 101 AEUV – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Informationsaustausch zwischen Kreditinstituten – Informationen über Geschäftsbedingungen und Produktionswerte“






I.      Einleitung

1.        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 101 Abs. 1 AEUV und die Voraussetzungen, unter denen ein Informationsaustausch zwischen konkurrierenden Unternehmen als „bezweckte Wettbewerbsbeschränkung“ eingestuft werden kann.

2.        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen mehreren Bankinstituten und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Autoridade da Concorrência (Wettbewerbsbehörde, Portugal, im Folgenden: AdC), aufgrund einer Entscheidung der AdC, gegen diese Bankinstitute wegen einer Zuwiderhandlung gegen nationale wettbewerbsrechtliche Bestimmungen und gegen Art. 101 AEUV, die in der Beteiligung an einer abgestimmten Verhaltensweise in Form einer informellen Koordinierung zwischen Wettbewerbern im Wege eines Austauschs sensibler und strategischer Informationen bestanden habe, eine Geldbuße zu verhängen.

3.        Die Besonderheit der vorliegenden Rechtssache besteht darin, dass die AdC, ohne das Bestehen eines Kartells festgestellt zu haben, einen „autonomen“ Informationsaustausch als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft hat. Dieser rechtlichen Einordnung treten die Bankinstitute entgegen. Ihrer Auffassung nach weist der Informationsaustausch nicht die für eine solche Einstufung erforderliche hinreichende Schädlichkeit auf, und daher seien nicht nur sein Zweck, sondern auch seine Wirkungen zu berücksichtigen. Da das vorlegende Gericht der Ansicht war, dass es in der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Präzedenzfälle mit sachdienlichen Hinweisen für die Entscheidung des vorliegenden Falls gebe, hat es den Gerichtshof hierzu um Orientierung gebeten.

4.        Diese Rechtssache liefert dem Gerichtshof einen Anlass, seine Rechtsprechung zur Untersuchung des Informationsaustauschs zwischen Wettbewerbern im Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 AEUV zu vertiefen. Der Gerichtshof wird daher die Gelegenheit haben, sich erneut mit dem Begriff der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung auseinanderzusetzen, der, obwohl er seit Langem diskutiert wird, noch erhebliche begriffliche Unklarheiten aufweist bzw. Auslegungsfragen aufwirft.

II.    Rechtlicher Rahmen

5.        Das vorlegende Gericht bezieht sich auf die Lei n.° 19/2012 que aprova o novo regime da concorrência (Gesetz Nr. 19/2012 zur Schaffung einer neuen Wettbewerbsordnung) vom 8. Mai 2012 (im Folgenden: portugiesisches Wettbewerbsgesetz)(2), mit dem die Lei n.° 18/2003 que aprova o regime jurídico da concorrência (Gesetz Nr. 18/2003 zur Schaffung einer Wettbewerbsrechtsordnung) vom 11. Juni 2003(3) ersetzt wurde. Art. 9 („Vereinbarungen, abgestimmte Verhaltensweisen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen“) des portugiesischen Wettbewerbsgesetzes übernimmt (ebenso wie der frühere Art. 4 [„Verbotene Verhaltensweisen“] der Lei n.° 18/2003) im Wesentlichen den Inhalt von Art. 101 AEUV.

III. Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

6.        Am 9. September 2019 erließ die AdC eine Entscheidung, mit der sie gegen die Klägerinnen des Ausgangsrechtsstreits eine Geldbuße verhängte, da diese unter Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und inhaltsgleiche nationale Bestimmungen an einem autonomen Informationsaustausch („standalone“)(4) teilgenommen hätten.

7.        Die AdC ging dabei davon aus, dass der in Rede stehende Informationsaustausch eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstelle, was sie von der Untersuchung der eventuellen Wirkungen auf den Markt entbinde. Die Behörde warf im Übrigen den betroffenen Unternehmen keine Beteiligung an einer anderen Form einer wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweise vor, mit der der Informationsaustausch in Verbindung hätte stehen können, wie eine Vereinbarung über Preise oder die Aufteilung von Märkten.

8.        Mit der Begründung, dass der Informationsaustausch für sich genommen nicht als hinreichend schädlich angesehen werden könne, als dass eine Prüfung seiner Wirkungen nicht notwendig erscheine, erhoben die Klägerinnen des Ausgangsrechtsstreits gegen diese Entscheidung vor dem vorlegenden Gericht, dem Tribunal da Concorrência, Regulação e Supervisão (Gericht für Wettbewerb, Regulierung und Aufsicht, Portugal), Klage. Insoweit habe die AdC insbesondere nicht den wirtschaftlichen, rechtlichen und regulatorischen Kontext berücksichtigt, in dem dieser Austausch stattgefunden habe, der aber zwingend hätte berücksichtigt werden müssen, bevor auf das Vorliegen einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung hätte geschlossen werden können.

9.        Am 28. April 2022 erließ das vorlegende Gericht ein Zwischenurteil mit einer Länge von fast 2 000 Seiten, in dem es diejenigen Sachverhaltselemente in der Entscheidung der AdC bezeichnete, die als erwiesen anzusehen seien. In seinem Ersuchen um Vorabentscheidung fasste das Gericht dieses Urteil zusammen, wobei es dessen Sachverhaltsbeschreibung in fünf Untertitel aufteilte, die der Art der ausgetauschten Informationen, der Form der Koordinierung, dem Zweck, dem rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext sowie dem angeblichen Bestehen wettbewerbsfördernder Wirkungen gewidmet sind.

10.      Was erstens die Art der ausgetauschten Informationen anbelange, so hätten diese Informationen die Märkte für Hypothekenkredite, für Verbraucherkredite und für Unternehmenskredite betroffen. Zwei Arten von Informationen seien über diese Märkte ausgetauscht worden, nämlich:

–        die aktuellen und künftigen „Geschäftsbedingungen“, d. h. die Aufstellungen mit den Kreditaufschlägen (spread), die Kreditwürdigkeit der Kunden und die Risikoparameter, die zum Zeitpunkt des Austauschs nicht in gleichem Maß umfassend und systematisiert öffentlich zugänglich waren;

–        die „Produktionsmengen“, d. h. die den betreffenden Einheiten zugeordneten Kennzahlen der während des Vormonats gewährten Kredite. Diese Daten seien aufgeschlüsselt kommuniziert worden und hätten weder zum Zeitpunkt des Austauschs noch später über eine andere Quelle in dieser Form zur Verfügung gestanden.

11.      Was zweitens die Dauer und die Form des Informationsaustauschs betreffe, so habe dieser zwischen Mai 2002 und März 2013 stattgefunden. Er sei über institutionalisierte bilaterale oder multilaterale Kontakte per Telefon oder E‑Mail erfolgt, und zwar mit Wissen der Vorgesetzten.

12.      Drittens folgert das vorlegende Gericht in Bezug auf den Zweck des Austauschs, der den betreffenden Banken ermöglicht habe, detaillierte, systematisierte, aktualisierte und genaue Daten über die Angebote der Wettbewerber zu erhalten, dass der Austausch im Hinblick auf eine Reduzierung des Risikos kommerziellen Drucks die Unsicherheit im Zusammenhang mit dem jeweiligen strategischen Verhalten habe verringern sollen.

13.      Was viertens den rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext des Austauschs anbelange, so hätten im Lauf des Jahres 2013 die sechs größten Kreditinstitute in Portugal, die alle am Informationsaustausch beteiligt gewesen seien, 83 % aller Bankaktiva dieses Sektors insgesamt auf nationaler Ebene verwaltet. Seit Mitte des Jahres 2008 seien im Gegensatz zur Entwicklung des Euribor, dem Index, der die Interbank-Zinsen innerhalb der Eurozone abbilde und stark gesunken sei, die Spannen der Kreditzinsen der Finanzinstitute für neue Hypothekenkredite wesentlich angestiegen, was den Rückgang der Zinssätze für die Endkunden abgeschwächt habe(5). Ebenfalls unter der Überschrift „Rechtlicher und wirtschaftlicher Kontext“ wird in der Zusammenfassung des Zwischenurteils festgestellt, dass der streitgegenständliche Informationsaustausch regelmäßig und in einem geschlossenen Kreis stattgefunden habe. Ferner habe der Austausch nicht öffentliche oder schwer zugängliche bzw. systematisierbare Informationen betroffen. Diese Informationen hätten sich nämlich von denjenigen unterschieden, die die Kreditinstitute gemäß ihren Verpflichtungen zur Information der Verbraucher zur Verfügung stellten.

14.      Fünftens heißt es in dieser Zusammenfassung in Bezug auf das Bestehen von wettbewerbsfördernden oder zumindest ambivalenten Wirkungen, dass es die fraglichen Banken nicht vermocht hätten, Folgendes nachzuweisen oder zu benennen: i) Effizienzgewinne durch den Informationsaustausch; ii) dass diese Effizienzgewinne an die Verbraucher weitergegeben worden seien; sowie iii) dass diese Wettbewerbsbeschränkungen unerlässlich seien.

15.      Obwohl das vorlegende Gericht selbst feststellt, dass der fragliche Austausch dazu beitragen könne, den kommerziellen Druck und die Unsicherheit im Zusammenhang mit dem strategischen Verhalten der Wettbewerber auf dem Markt zu verringern, was zu einer den Wettbewerb beschränkenden informellen Koordinierung führen könnte, ist es schließlich gleichwohl der Ansicht, dass das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen dadurch gerechtfertigt sei, dass es für den vorliegenden Fall keine Präzedenzfälle in der Rechtsprechung des Gerichtshofs gebe.

16.      Vor diesem Hintergrund hat das Tribunal da Concorrência, Regulação e Supervisão (Gericht für Wettbewerb, Regulierung und Aufsicht) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Steht Art. 101 AEUV der Einstufung eines vertieften monatlichen Informationsaustauschs zwischen Wettbewerbern über Geschäftsbedingungen (z. B. aktuelle und künftige Kreditspannen und Risikovariablen) und (monatliche, individualisierte und aufgeschlüsselte) Produktionszahlen betreffend das Angebot von Hypotheken‑, Unternehmens- und Verbraucherkrediten, der im Privatkundenbanksektor im Rahmen eines konzentrierten Marktes mit Marktzutrittsschranken regelmäßig und auf Gegenseitigkeitsbasis stattfindet und so die Transparenz künstlich erhöht und die mit dem strategischen Verhalten der Wettbewerber verbundene Unsicherheit verringert hat, als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung entgegen?

2.      Falls diese Frage bejaht wird: Steht Art. 101 AEUV dieser Einstufung entgegen, wenn keine sich aus diesem Informationsaustausch ergebenden Effizienzgewinne bzw. ambivalenten oder wettbewerbsfördernden Wirkungen festgestellt wurden oder ermittelt werden konnten?

17.      Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die AdC und das Ministério Público (Staatsanwaltschaft, Portugal) haben schriftliche Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht. Die portugiesische, die griechische, die italienische und die ungarische Regierung, die Europäische Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde haben ebenfalls schriftliche Erklärungen eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2023 haben die Klägerinnen, die AdC, die portugiesische und die griechische Regierung sowie die EFTA-Überwachungsbehörde und die Kommission mündliche Erklärungen abgegeben.

IV.    Würdigung

A.      Vorbemerkungen

18.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass beinahe sämtliche Klägerinnen einen Großteil ihrer schriftlichen Erklärungen dem Bestreiten der Darstellung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Geschehens durch das vorlegende Gericht gewidmet haben und sogar geltend gemacht haben, dass der Gerichtshof die Pflicht habe, den von diesem Gericht beschriebenen Sachverhalt abzuändern, um dem vorlegenden Gericht eine zweckdienliche Antwort zu geben(6).

19.      Insoweit ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass es im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabenverteilung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, nicht Sache des Gerichtshofs, sondern des nationalen Gerichts ist, den Sachverhalt festzustellen, der Anlass zu dem Rechtsstreit gegeben hat(7). Der Gerichtshof, dem lediglich die Aufgabe zukommt, über die Auslegung oder die Gültigkeit eines Rechtstexts der Union zu entscheiden, hat folglich weder die Korrektheit des von diesem Gericht dargestellten tatsächlichen Rahmens zu prüfen noch über die Begründetheit des Vorbringens einzelner Beteiligter zu entscheiden, mit dem bestritten wird, dass der durch das vorlegende Gericht in seinem Ersuchen beschriebene Sachverhalt zutrifft.

20.      Die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts, die der Gerichtshof in dem vom vorlegenden Gericht beschriebenen Sachverhalt vorzunehmen hat, begründet allerdings keine Vermutung dafür, dass es sich bei diesem Sachverhalt tatsächlich um denjenigen handelt, der im Ausgangsrechtsstreit in Rede steht. Somit ist es ist daher letztlich immer Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob es sich bei der Sachverhaltsbeschreibung, die es dem Gerichtshof übermittelt hat, tatsächlich um die Situation handelt, die im Ausgangsverfahren in Rede steht.

21.      Dieses Ergebnis vermag durch die den nationalen Gerichten obliegende und von den Klägerinnen in Bezug genommene Verpflichtung, den Sachverhalt, zu dem die Vorlagefragen gehören, genau zu beschreiben, nicht in Frage gestellt werden. Eine solche Verpflichtung dient dem Gerichtshof zwar dazu, sich zu vergewissern, dass das Vorabentscheidungsersuchen nicht unzulässig ist. Für die Unzulässigkeit eines Ersuchens ist nach ständiger Rechtsprechung jedoch Voraussetzung, dass die erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, dass das Problem hypothetischer Natur ist oder der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind(8).

22.       Über die von den Klägerinnen vorgetragenen Einwände in Bezug auf den vom vorlegenden Gericht beschriebenen Sachverhalt braucht daher nicht entschieden werden. Das Gleiche gilt für die Ersuchen der Klägerinnen um Umformulierung der Vorlagefragen, mit denen diese den Gerichtshof auffordern, den durch das vorlegende Gericht beschriebenen Sachverhalt zu (über‑)prüfen und neu zu bewerten, da diese Rolle ausschließlich dem vorlegenden Gericht zukommt.

23.      Schließlich ist zu beachten, dass die Formulierung der Fragen durch das vorlegende Gericht darauf hinzudeuten scheint, dass die zweite Vorlagefrage nur dann beantwortet zu werden braucht, wenn die erste Vorlagefrage bejaht wird. Ich bin der Ansicht, dass in einem Fall wie demjenigen im Ausgangsrechtsstreit, in dem das Hauptproblem darin besteht, festzustellen, ob ein Informationsaustausch mit den hier festgestellten Eigenschaften eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellt, die in diesen beiden Vorlagefragen angesprochenen Aspekte gemeinsam behandelt werden sollten. Bedeutung wird den behaupteten Effizienzgewinnen bzw. wettbewerbsfördernden Wirkungen, auf die sich die zweite Vorlagefrage bezieht, daher im Rahmen der Prüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts zukommen, in dem der Informationsaustausch daraufhin zu beurteilen ist, ob er eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellt.

B.      Zur ersten und zur zweiten Vorlagefrage

24.      Die beiden Vorlagefragen des vorlegenden Gerichts betreffen die rechtliche Einordnung eines Informationsaustauschs mit den in den Nrn. 10 bis 14 der vorliegenden Schlussanträge beschriebenen Eigenschaften als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung.

25.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Rolle des Gerichtshofs im Verfahren nach Art. 267 AEUV, der auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, auf die Auslegung derjenigen Bestimmungen des Unionsrechts beschränkt, zu denen ihm Fragen vorgelegt werden, hier Art. 101 Abs. 1 AEUV. Folglich ist es nicht Sache des Gerichtshofs, sondern des vorlegenden Gerichts, abschließend zu beurteilen, ob die fragliche Vereinbarung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens und seines wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts Wettbewerbsbeschränkungen bezweckt(9). Der Gerichtshof kann jedoch bei seiner Entscheidung im Vorabentscheidungsverfahren auf der Grundlage der ihm vorliegenden Akten bestimmte Punkte klarstellen, um dem nationalen Gericht eine Richtschnur für seine Auslegung zu geben, damit es den Rechtsstreit entscheiden kann(10).

26.      Vor der Prüfung dieser Fragen erscheint es mir sinnvoll, die Bedeutung des Begriffs „bezweckte Beschränkung“ in Erinnerung zu rufen sowie einige Klarstellungen vorzunehmen, wie er auf einen Informationsaustausch Anwendung findet.

1.      Zum Begriff der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung

a)      Zu den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten allgemeinen Grundsätzen

27.      Um unter das Verbot gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV zu fallen, müssen Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen eine spürbare Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts „bezwecken oder bewirken“(11). Insoweit sind der wettbewerbswidrige Zweck und die wettbewerbswidrige Wirkung einer Vereinbarung keine kumulativen, sondern alternative Voraussetzungen bei der Prüfung, ob diese Vereinbarung unter das Verbot von Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt. So weist der durch die Konjunktion „oder“ gekennzeichnete alternative Charakter dieser Voraussetzung darauf hin, zunächst den eigentlichen Zweck der Vereinbarung heranzuziehen(12).

28.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs beeinträchtigen bestimmte Arten der Koordinierung zwischen Unternehmen den Wettbewerb so stark, dass eine Prüfung ihrer Wirkungen nicht notwendig erscheint. Diese Rechtsprechung liegt darin begründet, dass bestimmte Formen der Koordinierung zwischen Unternehmen schon ihrem Wesen nach als schädlich für das gute Funktionieren des Wettbewerbs angesehen werden können(13).

29.      Bei der Prüfung der Frage, ob Vereinbarungen zwischen Unternehmen oder Beschlüsse einer Unternehmensvereinigung eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lassen, um als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV angesehen zu werden, ist auf den Inhalt ihrer Bestimmungen, auf die mit ihnen verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie stehen, abzustellen(14).

30.      Gleichwohl ist der Begriff der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung eng auszulegen. Lässt somit die Prüfung einer Koordinierung zwischen Unternehmen keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, so sind ihre Auswirkungen zu untersuchen, und es müssen, damit sie von dem Verbot erfasst werden, Merkmale vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich eingeschränkt worden ist(15).

31.      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es in materiell-rechtlicher Hinsicht keinen Unterschied macht, ob das Verhalten von Unternehmen infolge einer Prüfung seiner Wirkungen oder seines Zwecks als wettbewerbsbeschränkend eingestuft wird, da sich das Verbot gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV auf beide Fälle erstreckt. Die Zweiteilung in Zweck/Wirkung ist nämlich vor allem ein verfahrensbezogenes Instrument, das die Wettbewerbsbehörde hinsichtlich der je nach den Umständen des Einzelfalls nach Art. 101 Abs. 1 AEUV vorzunehmenden Prüfung und der vorzuhaltenden Ressourcen anleiten soll(16).

b)      Zur Notwendigkeit „belastbarer und solider Erfahrungswerte“, um eine Verhaltensweise als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung einzustufen

32.      Zu den vom vorlegenden Gericht im Rahmen seiner ersten Vorlagefrage aufgeworfenen Problemkreisen gehört die Frage nach der Notwendigkeit belastbarer und solider Erfahrungswerte im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs, um einen „autonomen“ Informationsaustausch wie den im Ausgangsfall als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung einstufen zu können. Mit anderen Worten möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es notwendigerweise einen Präzedenzfall braucht, um festzustellen, dass eine bestimmte Art von Verhalten eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellt.

33.      Diese Frage ist zu verneinen.

34.      Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass sich aus dem Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV und vor allem aus dem Wort „insbesondere“ ergibt, dass diese Bestimmung keine abschließende Liste der Vereinbarungen enthält, die eine Einschränkung des Wettbewerbs „bezwecken“ oder „bewirken“. Andere Arten von Vereinbarungen können somit als „bezweckte“ Einschränkung eingestuft werden, wenn eine solche Einstufung im Einklang mit den sich auf der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen erfolgt(17).

35.      Als Zweites ist festzustellen, dass der Gerichtshof in mehreren seiner Urteile – darunter insbesondere den Urteilen vom 11. September 2014, CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, im Folgenden: Urteil CB/Kommission), und vom 2. April 2020, Budapest Bank u. a. (C‑228/18, EU:C:2020:265, im Folgenden: Urteil Budapest Bank) – zwar die Notwendigkeit des Vorhandenseins hinreichend belastbarer und solider Erfahrungswerte betont hat, damit eine Vereinbarung schon ihrem Wesen nach als schädlich für das gute Funktionieren des Wettbewerbs angesehen und daher als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden kann(18), jedoch nicht ohne deutlich zu machen, dass eine fehlende Feststellung der Kommission, dass eine bestimmte Art von Vereinbarung eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, für sich genommen einer solchen Einstufung für die Zukunft im Anschluss an eine individuelle und ausführliche Prüfung der strittigen Praktiken nicht entgegensteht(19). Jede andere Auslegung würde an der Anwendung einer Bestimmung des Vertrags hindern, die so formuliert ist, dass sie neue Arten von Wettbewerbsbeschränkungen erfasst, die künftig in Erscheinung treten könnten.

36.      Daher ist das Vorbringen einiger Klägerinnen zurückzuweisen, wonach das Vorhandensein solider und belastbarer Erfahrungswerte eine Bedingung dafür sei, dass eine Verhaltensweise als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung angesehen werden könne, und daher die nationalen Gerichte oder Wettbewerbsbehörden zwingend das Vorhandensein eines Präzedenzfalls nachweisen müssten, um ein Marktverhalten als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung einzustufen(20).

37.      Als Drittes ist darauf hinzuweisen, dass das wesentliche rechtliche Kriterium bei der Ermittlung, ob eine Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV enthält, in der Feststellung liegt, dass eine solche Vereinbarung oder Verhaltensweise in sich selbst eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt, die die Annahme rechtfertigt, dass eine Prüfung ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht erforderlich ist(21).

38.      Vereinbarungen oder Verhaltensweisen, die Verhalten oder Verhaltensmustern ähneln, bei denen die Beeinträchtigung des Wettbewerbs aufgrund von Erfahrungswerten zweifelsfrei feststeht, werden dieses Kriterium grundsätzlich leichter erfüllen. Denn das Vorhandensein belastbarer und solider Erfahrungswerte hinsichtlich der Schädlichkeit einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise „verstärkt“ die Wahrscheinlichkeit, dass eine Verhaltensweise, die die gleichen Eigenschaften wie eine andere, zuvor als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestufte Verhaltensweise aufweist, ebenfalls schädlich ist(22). Wie ich in Nr. 344 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, hindert das Fehlen von Präzedenzfällen jedoch die Wettbewerbsbehörden nicht daran, Vereinbarungen als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung einzustufen, bei denen sich im Anschluss an eine individuelle und ausführliche Prüfung zeigt, dass sie wettbewerbsschädlich sind.

39.      Der Umstand, dass eine von einer Wettbewerbsbehörde verfolgte Vereinbarung nicht in sämtlichen Eigenschaften einer Verhaltensweise gleicht, die zuvor als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft worden ist, ist im Übrigen nicht damit gleichbedeutend, dass insoweit keine hinreichend belastbaren und soliden Erfahrungswerte vorhanden sind. Eine absolute Übereinstimmung aller Eigenschaften solcher Vereinbarungen (auch hinsichtlich der betroffenen Märkte), für die sich offenbar einige Klägerinnen auszusprechen scheinen, würde den Anwendungsbereich des Begriffs der bezweckten Beschränkung in ungerechtfertigter Weise einschränken und den Wettbewerbsbehörden die Anwendung dieses Begriffs beträchtlich erschweren.

40.      Können Verhaltensweisen, für die es keine Präzedenzfälle gibt, als bezweckte Beschränkungen angesehen werden, so hat sich diese Einordnung wegen des Gebots, den Begriff der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung restriktiv auszulegen, gleichwohl auf Fälle zu beschränken, in denen der wettbewerbswidrige Charakter einer Vereinbarung oder einer Verhaltensweise offen zutage tritt oder in denen es für die in Rede stehenden Verhaltensweisen keine andere glaubhafte Erklärung als eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung gibt(23).

c)      Zur Berücksichtigung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts bei der Beurteilung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung und ihrer Abgrenzung von der Prüfung der wettbewerbsbeschränkenden Wirkung

41.      Ein zweiter wichtiger Problemkreis in der vorliegenden Rechtssache ist die Berücksichtigung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts bei der Beurteilung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung sowie die Unterscheidung zwischen der Berücksichtigung des Kontexts und der Prüfung der Wirkungen bei der Beurteilung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung.

42.      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Berücksichtigung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts bei der Untersuchung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung hauptsächlich darauf abzielt, die ursprüngliche Feststellung des wettbewerbswidrigen Zwecks einer bestimmten Verhaltensweise, die auf der Grundlage anderer für diese Verhaltensweise kennzeichnender Merkmale vorgenommen wurde, zu bestätigen oder zu entkräften.

43.      Insoweit ist zu beachten, dass der Gerichtshof sich in seinem Urteil Budapester Bank auf die Schlussanträge des Generalanwalts Bobek bezogen hat, nach denen für die Feststellung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung eine zweistufige Prüfung vorzunehmen ist(24). Es ist danach Sache der Wettbewerbsbehörden, in einem ersten Schritt festzustellen, ob die betreffende Vereinbarung im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Ziele in eine bestimmte Kategorie von Vereinbarungen fällt, die angesichts belastbarer und solider Erfahrungswerte (oder bei fehlenden Erfahrungswerten offenkundig) wettbewerbsschädlich sind(25). In einem zweiten Schritt haben die Behörden eine „Kontrolle der Tatsachengrundlage“ vorzunehmen, um zu prüfen, ob besondere Umstände des rechtlichen oder wirtschaftlichen Kontexts der betreffenden Vereinbarung dazu führen könnten, ihre vermutete Schädlichkeit in Zweifel zu ziehen(26).

44.      Die Prüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts zielt darauf ab, das Risiko „falscher positiver Ergebnisse“ zu vermeiden; diese können sich aus einer formalen Prüfung einer Vereinbarung ergeben, die losgelöst von der „wirtschaftlichen Realität“ sowie dem rechtlichen und regulatorischen Umfeld stattfindet, in das sie sich einfügt. Der Zweck der Vereinbarung ist nämlich nicht abstrakt zu prüfen, sondern konkret im Hinblick auf die tatsächlichen Bedingungen für ein Funktionieren des Marktes, und zwar unter Berücksichtigung aller relevanten Merkmale(27). In diesem Ansatz spiegelt sich vor allem die Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Übergang von einer weiten und formalen Auslegung des Begriffs der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung hin zu einer engeren, auf den Sinn und Zweck sowie den Praxisbezug abstellenden Auslegung dieses Begriffs(28).

45.      Zweitens ist die Prüfung des wirtschaftlichen Kontexts, in den sich die Verhaltensweise einfügt, nicht mit einer Prüfung der Auswirkungen zu verwechseln, die, um das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung festzustellen, eine zusätzliche Beweislast und eine detailliertere Prüfung der Wirkungen der Vereinbarung auf den Markt beinhaltet. Die Zweiteilung zwischen bezweckter und bewirkter Beschränkung wäre andernfalls bedeutungslos.

46.      Diese Unterscheidung mag zwar in der Theorie relativ einfach erscheinen, ihre praktische Umsetzung ist jedoch deutlich komplexer. Die Berücksichtigung des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts, in den sich eine Vereinbarung einfügt, kann nämlich in bestimmten Fällen verwischen, wo die Prüfung der Vereinbarung im Hinblick auf ihren Zweck endet bzw. wo diese Prüfung im Hinblick auf ihre Wirkungen auf den Handel anfängt. Dass der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung die Auffassung vertritt, dass bei der Beurteilung der Auswirkungen von Vereinbarungen oder Verhaltensweisen im Hinblick auf Art. 101 AEUV ebenso wie bei der Feststellung einer bezweckten Beschränkung der konkrete Rahmen zu berücksichtigen ist, in den sich die Vereinbarung einfügt, nämlich der wirtschaftliche und rechtliche Zusammenhang, in dem die betreffenden Unternehmen tätig sind, die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Marktes(29), mag ebenfalls zur Verwirrung beitragen.

47.      Im Wesentlichen besteht der Unterschied zwischen den beiden Kategorien von Wettbewerbsbeschränkungen in der Intensität, mit der sie geprüft werden. In Fällen, in denen der wettbewerbswidrige Zweck ohne Weiteres erkennbar ist, sollte sich die Prüfung des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts, in den sich die Verhaltensweise einfügt, daher auf das beschränken, was unbedingt erforderlich ist, um den Verdacht der Beeinträchtigung des Wettbewerbs und des wettbewerbswidrigen Zwecks, die sich aus einer Analyse des Inhalts und der Ziele der in Rede stehenden Vereinbarung ergeben, zu erhärten oder zu entkräften(30). Eine solche Prüfung kann das Fehlen der tatsächlichen Feststellung eines wettbewerbswidrigen Zwecks grundsätzlich nicht durch den Nachweis der möglichen Wirkungen der betreffenden Maßnahmen ausgleichen(31).

48.      Wie unter Nr. 28 dieser Schlussanträge ausgeführt, kann folglich nur dann auf einen wettbewerbswidrigen Zweck einer Vereinbarung geschlossen werden, wenn diese ohne eine Prüfung ihrer Wirkungen die Feststellung erlaubt, dass sie geeignet ist, den Wettbewerb zu beschränken. Daher muss von der Prüfung des wettbewerbswidrigen Zwecks einer Vereinbarung nur dann zur Prüfung der wettbewerbswidrigen Wirkungen dieser Vereinbarung übergegangen werden, wenn es sich trotz einer Analyse all ihrer relevanten inhärenten Merkmale und Begleitumstände als unmöglich erweist, festzustellen, dass sie geeignet ist, den Wettbewerb zu beschränken(32). Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn die Prüfung des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts (im Rahmen des ersten Prüfungsschritts) zu Zweifeln hinsichtlich des festgestellten besonders schädlichen Charakters einer Vereinbarung führen würde oder zumindest zweideutige Wirkungen erkennen ließe.

49.      Drittens sind, wie der Gerichtshof im Urteil HSBC(33) kürzlich festgestellt hat, bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung eine bezweckte Beschränkung darstellt, als Bestandteile des Kontexts dieser Vereinbarung auch deren wettbewerbsfördernde Wirkungen gebührend zu berücksichtigen, wenn sich die Parteien der Vereinbarung darauf berufen. Diese Wirkungen können nämlich unter Umständen die Gesamtbeurteilung der Frage, ob die betreffende Absprache den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, und folglich die Einstufung als „bezweckte Beschränkung“ in Zweifel ziehen(34). Die bloße, nicht mit Belegen untermauerte Behauptung, dass die streitigen Vereinbarungen wettbewerbsfördernde Wirkungen gehabt haben, reicht allerdings nicht aus, um deren Einstufung als „bezweckte Beschränkung“ ausschließen zu können(35). Daher müssen die wettbewerbsfördernden Wirkungen, sofern sie erwiesen, relevant und allein auf die betreffende Vereinbarung zurückzuführen sind, hinreichend erheblich sein, um begründete Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass der betreffende Vergleich den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt und dass er daher eine bezweckte Beschränkung darstellt(36).

50.      Viertens ist klarzustellen, dass sich, auch wenn die Berücksichtigung der behaupteten Effizienzgewinne oder wettbewerbsfördernden Wirkungen Teil des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts ist, in dem der Informationsaustausch zu würdigen ist, dieser Prüfungsschritt von dem Prüfungsschritt nach Art. 101 Abs. 3 AEUV unterscheidet, mit dem im Anschluss an die Feststellung einer Wettbewerbsbeschränkung geprüft werden soll, ob die Kriterien für eine Freistellung vorliegen(37). Mit der Berücksichtigung der wettbewerbsfördernden Wirkungen soll nämlich keineswegs die Einstufung als Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgeschlossen werden. Sie dient lediglich dazu, die objektive Schwere des betreffenden Verhaltens zu ermitteln und folglich die Modalitäten des Nachweises zu bestimmen(38).

2.      Zur Anwendung des Begriffs der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung auf einen Informationsaustausch

51.      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, dass die Begriffe „Vereinbarung“, „Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen“ und „abgestimmte Verhaltensweise“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV in subjektiver Hinsicht Formen der Kollusion erfassen, die in ihrer Art übereinstimmen und sich nur in ihrer Intensität und ihren Ausdrucksformen unterscheiden(39). Daher gelten die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelten Kriterien für die Beurteilung, ob ein Verhalten eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt wird, unabhängig davon, ob es sich um eine Vereinbarung, einen Beschluss oder eine abgestimmte Verhaltensweise handelt(40).

52.      Ferner hat der Gerichtshof in Bezug auf die Definition einer abgestimmten Verhaltensweise entschieden, dass es sich dabei um eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen handelt, die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinn gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt(41). Im Übrigen steht seit dem Urteil vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission (40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, EU:C:1975:174, Rn. 288), fest, dass der Informationsaustausch eine selbständige Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellen kann.

53.      Aus Art. 101 Abs. 1 AEUV ergibt sich, dass der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise über die Abstimmung zwischen den betreffenden Unternehmen hinaus ein dieser entsprechendes Marktverhalten und einen ursächlichen Zusammenhang zwischen beiden voraussetzt. Allerdings hat der Gerichtshof entschieden, dass vorbehaltlich des den betroffenen Unternehmen obliegenden Gegenbeweises die Vermutung gilt, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen(42).

54.      Danach gilt ein Informationsaustausch, der die Unsicherheit über die Funktionsweise des relevanten Markts verringert oder beseitigt und damit den Wettbewerb zwischen Unternehmen einschränkt, als mit Art. 101 Abs. 1 AEUV unvereinbar(43). Die Vorschriften des AEU-Vertrags betreffend den Wettbewerb beinhalten nämlich ein Selbständigkeitspostulat der Wirtschaftsteilnehmer. Es ist zwar richtig, dass dieses Selbständigkeitspostulat nicht das Recht der Unternehmen beseitigt, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Wettbewerber mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die bezweckt oder bewirkt, das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Wettbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht(44).

55.      Obwohl der Gerichtshof mehrfach Veranlassung hatte, die Vereinbarkeit eines Informationsaustauschs mit Art. 101 Abs. 1 AEUV zu prüfen, hat er bislang jedoch noch nicht eindeutig geklärt, ob die für ihn maßgeblichen Kriterien, insbesondere dasjenige der Verringerung oder Beseitigung der Unsicherheit über die Funktionsweise des Markts, sich ganz allgemein auf den Begriff der Beschränkung beziehen, ob sie lediglich eine bezweckte Beschränkung erfassen oder ob sie auch die Feststellung eines wettbewerbswidrigen Zwecks ermöglichen(45). Dass das eben genannte Kriterium gleichermaßen der Feststellung einer bezweckten wie einer bewirkten Wettbewerbsbeschränkungen dient, ist indes nicht überraschend. Wie in Nr. 31 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, hat die Unterscheidung zwischen bezweckten und bewirkten Wettbewerbsbeschränkungen in erster Linie beweisrechtliche Bedeutung.

56.      In einigen Urteilen, in denen der Begriff der bezweckten Beschränkung im Zusammenhang mit einem Informationsaustausch erwähnt wurde, hat der Gerichtshof allerdings den Versuch unternommen, die Umstände näher zu erläutern, unter denen die Einstufung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung vorgenommen werden sollte. Insbesondere hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Informationsaustausch einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, wenn er geeignet ist, die Unsicherheiten unter den Beteiligten hinsichtlich des Zeitpunkts, des Ausmaßes und der Modalitäten der von dem betreffenden Unternehmen vorzunehmenden Anpassung auszuräumen(46), und sich demnach möglicherweise unmittelbar auf die Geschäftsstrategie der Wettbewerber auswirkt oder den normalen Wettbewerb auf dem Markt beeinträchtigt(47). Dies trifft vor allem dann zu, wenn der Informationsaustausch aus wettbewerblicher Sicht besonders sensible Parameter wie künftige Preise oder einen Bestandteil dieser Preise betrifft, wie dies in den Urteilen T‑Mobile und Dole oder kürzlich im Urteil HSBC der Fall war.

57.      Betrifft ein Informationsaustausch jedoch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht weniger sensible Parameter oder geht der wettbewerbswidrige Zweck aus der Prüfung des Inhalts, der Ziele sowie des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts, in den sich dieser Austausch einfügt, nicht eindeutig hervor, so ist nach dem Gerichtshof eine Prüfung der Wirkungen vorzunehmen. Diese Lösung wurde beispielsweise in der Rechtssache ASNEF gewählt, in der der Gerichtshof die Auffassung vertreten hat, dass der Austausch bestimmter Daten zwischen Bankinstituten im Hinblick auf seinen Merkmale keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckte und daher seine Wirkungen zu prüfen waren(48). In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof ferner festgestellt, dass die zwischen den fraglichen Banken ausgetauschten Dateien aufgrund bestimmter Maßnahmen dieser Banken zur Geheimhaltung sensibler Daten nicht dazu geeignet waren, die jeweilige Stellung von Wettbewerbern auf dem Markt oder ihre Geschäftsstrategie preiszugeben(49).

58.      Vor diesem Hintergrund ist Folgendes anzumerken.

59.      Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern als wettbewerbsbeschränkend angesehen werden kann. Tatsächlich ist der Informationsaustausch ein gemeinsames Merkmal mehrerer dem Wettbewerb geöffneter Märkte. Ferner besagt die Wirtschaftstheorie, dass die Transparenz zwischen Wirtschaftsteilnehmern zu einer Intensivierung des Wettbewerbs beitragen, die Behebung von Informationsasymmetrien ermöglichen und verschiedene Arten von Effizienzgewinnen hervorbringen kann, wodurch die Märkte effizienter werden(50).

60.      Als Zweites geht aus der in Nr. 54 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass in Bezug auf den Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern die Verringerung oder Beseitigung der Unsicherheit hinsichtlich des strategischen Verhaltens eines Wettbewerbers auf dem Markt das entscheidende Kriterium für die Beurteilung darstellt, ob ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV vorliegt.

61.      Die Beurteilung anhand des genannten Kriteriums hängt daher eng mit der Art der zwischen Wettbewerbern ausgetauschten Informationen zusammen. Tatsächlich kann nur der Austausch strategischer (bzw. wirtschaftlich sensibler) Informationen die Unsicherheit auf dem Markt verringern und sich auf die autonome Willensbildung der Beteiligten auswirken und dadurch den Wettbewerb einschränken. Trotz des Fehlens einer genauen Definition des Begriffs der strategischen (bzw. wirtschaftlich sensiblen) Informationen besteht grundsätzlich Einigkeit darüber, dass im Allgemeinen Preis- und Mengeninformationen strategisch am wichtigsten sind, gefolgt von Informationen über die Kosten und die Nachfrage(51). Ob die Daten strategisch brauchbar sind, hängt ferner von einer Reihe weiterer Faktoren ab, wie dem Konzentrationsgrad des in Rede stehenden Marktes, dem aggregierten oder aufgeschlüsselten Zustand der Informationen und der Häufigkeit des Austauschs(52).

62.      Als Drittes führt die Tatsache, dass ein Informationsaustausch, bei dem es um strategische Daten geht, die die Unsicherheit auf dem Markt verringern, nicht automatisch zu einer Einstufung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung, auch wenn dieser Informationsaustausch möglicherweise unter Art. 101 Abs.1 AEUV fällt.

63.      Aufgrund des Gebots, den Begriff der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung restriktiv auszulegen, kann diese Einstufung nur bei einem Informationsaustausch erfolgen, bei dem aufgrund seiner Eigenschaften und ohne dass eine Prüfung der Wirkungen notwendig erscheint, klar und zweifelsfrei feststeht, dass das Kriterium der Verringerung oder Beseitigung der Unsicherheit auf dem Markt erfüllt ist, so dass er sich unmittelbar auf die Geschäftsstrategie der Wettbewerber auswirken kann, indem er ihnen ermöglicht, ihr Marktverhalten anzupassen. Dieses Kriterium wird daher, wie ich in Nr. 56 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, sofern es in dem Informationsaustausch um für den Wettbewerb entscheidende Parameter geht, wie die Kapazitäten oder die künftigen Preise, als erfüllt anzusehen sein.

64.      Daher ist festzustellen, dass ein Informationsaustausch eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellen kann, wenn sich aus der Prüfung seines Inhalts, seiner Ziele und des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts, in den er sich einfügt, ergibt, dass dieser Austausch eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt. Ferner vermag der Umstand, dass dieser Austausch in dem Sinne „autonom“ ist, dass er nicht mit der Feststellung eines Kartells verbunden ist, die Feststellung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung nicht in Frage zu stellen, sofern der Austausch einen ausreichenden Grad der Beeinträchtigung aufweist(53).

3.      Zur Würdigung der Einstufung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung im vorliegenden Fall

a)      Vorbemerkungen

65.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, dass der fragliche Austausch angesichts seiner in den Nrn. 10 bis 14 der vorliegenden Schlussanträge beschriebenen Eigenschaften aktuelle und künftige Daten betraf, die aus wettbewerbsrechtlicher Sicht strategisch waren und es den Klägerinnen ermöglicht hätten, genaue Informationen über die Angebote ihrer Wettbewerberinnen zu erhalten, um so die mit dem strategischen Verhalten verbundene Unsicherheit zu verringern und sich durch eine informelle Koordinierung anzupassen.

66.      Diese Beschreibung wird jedoch von den Klägerinnen bestritten, die entgegen der AdC und dem vorlegenden Gericht der Ansicht sind, dass die Eigenschaften der ausgetauschten Informationen eine solche Koordinierung auf dem Markt nicht zuließen(54).

67.      Allerdings ist es zum einen nicht Sache des Gerichtshofs, die Korrektheit der Sachverhaltsschilderung des vorlegenden Gerichts zu prüfen(55) und zum anderen Aufgabe des vorlegenden Gerichts, aufgrund der Gesamtheit aller relevanten Merkmale des Sachverhalts im Ausgangsrechtsstreit und des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts, in den dieser sich einfügt, abschließend zu beurteilen, ob der fragliche Informationsaustausch Wettbewerbsbeschränkungen bezweckte(56).

68.      Nach diesen Klarstellungen schlage ich vor, das ich in einem ersten Schritt den Teil des Informationsaustauschs, der die Geschäftsbedingungen für die eingegangenen Kreditverpflichtungen (insbesondere diejenigen über Kreditaufschläge) betrifft, in einem zweiten Schritt den Austausch über die Produktionsmengen und in einem dritten und letzten Schritt die Voraussetzungen prüfe, unter denen die gemeinsame Prüfung dieser beiden Arten von Informationen im Rahmen ein und desselben Austauschs der Verfolgung eines wettbewerbswidrigen Zwecks dienen könnte.

b)      Zu den Informationen über die Geschäftsbedingungen

1)      Zum Inhalt der ausgetauschten Informationen

69.      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, dass die „Kreditaufschläge“, über die die Banken Informationen ausgetauscht haben, einen wesentlichen Preisbestandteil bilden(57). Im Übrigen geht aus der Entscheidung hervor, dass die Klägerinnen dadurch, dass sie zwischen Wettbewerbern einen Bestandteil des Preises, den sie verlangen wollten, ausgetauscht haben, dazu beigetragen haben, die Transparenz auf dem Markt zu erhöhen, indem sie die Unsicherheit in Verbindung mit ihrer aktuellen oder künftigen Strategie verringert haben, wodurch alle beteiligten Banken diese Informationen bei der Festlegung ihrer Geschäftsstrategie nutzen und sich dank einer informellen Koordinierung jederzeit anpassen konnten.

70.      Zunächst ist jedoch festzustellen, dass aus der in Nr. 56 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, dass ein Austausch mit solchen Eigenschaften als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden kann. Entgegen dem Standpunkt einiger Klägerinnen ist daher festzustellen, dass hinreichend belastbare und solide Erfahrungswerte vorhanden sind, um einen solchen Austausch über künftige Preise (oder einige ihrer Faktoren) insbesondere angesichts seines besonders hohen Risikos kollusiven Zusammenwirkens als an sich wettbewerbswidrig anzusehen, so dass er als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden kann.

71.      Des Weiteren ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern im Licht des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des Vertrags zu beurteilen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Markt betreiben will(58). Der Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern über bestimmende Preisfaktoren widerspricht auf eklatante Weise diesem Selbständigkeitspostulat, insbesondere wenn diese Informationen künftige Absichten im Preisbereich betreffen, was es den Unternehmen ermöglicht, die Entwicklung der Geschäftsstrategien eines Wettbewerbers vorherzusehen und sich ihr anzupassen, wodurch der Wettbewerbsdruck auf dem Markt verringert wird.

72.      Die Informationen in Bezug auf die Kreditaufschläge sind darüber hinaus – abgesehen von ihrer Vertraulichkeit zum Zeitpunkt des Austauschs – besonders relevant für die Festlegung der Kreditangebote, die die Banken ihren Kunden unterbreiten. So verfügen die Bankinstute ungeachtet der Tatsache, dass der Bankenmarkt stark reglementiert ist, über einen Entscheidungsspielraum bei der Festsetzung der Kreditaufschläge, der eine strategische Differenzierung der einzelnen Banken gewährleistet und daher einen Schlüsselparameter im Wettbewerb zwischen diesen Instituten bildet(59).

73.      Der Inhalt dieses Austauschs weist daher für sich genommen eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf und kann schon seinem Wesen nach als schädlich für das gute Funktionieren des Wettbewerbs angesehen werden; dies würde genügen, um das Bestehen eines Verhaltens zu bejahen, das den Wettbewerbsprozess auf den relevanten Märkten beeinträchtigt(60).

74.      Entgegen der von einigen Klägerinnen vertretenen Ansicht ist es im Übrigen nicht erforderlich, dass eine abgestimmte Verhaltensweise sich auf alle Wettbewerbsparameter erstreckt. Einen wettbewerbswidrigen Zweck kann eine solche Verhaltensweise auch dann haben, wenn sie nur einzelne Parameter betrifft, wie z. B. den Kreditaufschlag(61). Die Tatsache, dass der Endpreis weitere Bestandteile beinhaltet, die möglicherweise nicht (alle) Gegenstand eines Informationsaustauschs waren, vermag die Feststellung des Bestehens einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung nicht zu erschüttern.

75.      Der strategische und wirtschaftlich sensible Charakter der ausgetauschten Daten wäre im Übrigen selbst dann nicht fraglich, wenn sich herausstellen sollte, wie dies mehrere Klägerinnen geltend machen, dass ein bestimmter Austausch weder die von den Banken praktizierten Endpreise noch die den Kunden tatsächlich gewährten Kreditspannen betraf, sondern vielmehr eine Spanne von Richtzinsen, die als Ausgangspunkt für individuelle Verhandlungen mit jedem Kunden entsprechend seinem spezifischen Risikoprofil verwendet wurden. Die Offenlegung solcher Daten kann nämlich ausreichen, um strategische Absichten in Bezug auf ein künftiges Verhalten im Preisbereich zu offenbaren und so ein kollusives Zusammenwirken zwischen konkurrierenden Unternehmen zu erleichtern(62).

2)      Zum mit dem Informationsaustausch verfolgten Ziel

76.      Wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, ist für die Feststellung, ob eine Vereinbarung oder ein Informationsaustausch unter das in Art. 101 Abs. 1 AEUV genannte Verbot fällt, insbesondere auf die objektiven Ziele abzustellen, die damit erreicht werden sollen(63). Im Übrigen haben diese objektiven Ziele, die aus den in Rede stehenden Praktiken deutlich hervorgehen müssen, nichts mit den subjektiven Absichten zu tun, den Wettbewerb einzuschränken oder nicht, und auch nichts mit den legitimen Zielen, die die betreffenden Unternehmen möglicherweise verfolgen. Anerkanntermaßen kann bei einer Vereinbarung ein wettbewerbsbeschränkender Zweck auch dann angenommen werden, wenn sie weitere – rechtmäßige – Ziele verfolgt(64).

77.      Insoweit war die AdC der Ansicht, dass der Informationsaustausch angesichts der Art der ausgetauschten Informationen keinen anderen Zweck als die Beschränkung des Wettbewerbs haben könne. Diese Feststellung wird von den Klägerinnen bestritten, die vorbringen, dass der Informationsaustausch ein informelles Mittel zur Erleichterung der Benchmarking-Tätigkeit der Banken gewesen sei, indem er es ihnen ermöglicht habe, ihre jeweiligen Angebote zu vergleichen(65) und gleichzeitig die mit einem solchen Vergleich verbundenen Kosten zu verringern. Aufgrund der hieraus möglicherweise resultierenden wettbewerbsfördernden Wirkungen(66) sei das Ziel des Austauschs nicht an sich wettbewerbswidrig gewesen.

78.      Dieses Argument erscheint wenig glaubhaft und ist daher zurückzuweisen.

79.      Zwar kann ein Informationsaustausch tatsächlich Effizienzgewinne generieren und die Unternehmen leistungsfähiger machen, indem er ihnen insbesondere ermöglicht, ihre jeweiligen Verhaltensweisen zu vergleichen und auf diese Weise sowohl ihre interne Effizienz als auch ihre Marktstellung zu verbessern. Dass Initiativen wie das Benchmarking keinen Rückgriff auf für sich genommen wettbewerbswidrige Verhaltensweisen wie den Austausch von Informationen, die aus wettbewerbsrechtlicher Sicht vertraulich und strategisch sind, wie etwa Informationen über Aktionen, die Unternehmen in Bezug auf Preise beabsichtigen, zu rechtfertigen vermögen, versteht sich jedoch von selbst.

80.      Im Übrigen habe ich Schwierigkeiten, der Argumentation der Banken hinsichtlich der Zwecke des fraglichen Informationsaustauschs zu folgen. Tatsächlich stellt sich die Frage nach dem Nutzen eines solchen Informationsaustauschs, da den Klägerinnen zufolge zum einen die ausgetauschten Informationen von den Banken gleichzeitig mit (oder unmittelbar nach) dem fraglichen Austausch veröffentlicht worden sein sollen und zum anderen aufgrund der in den Banken geltenden internen Verfahren diese Informationen für die Änderungen der Kreditspannen angeblich nicht berücksichtigt werden konnten. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Feststellung von der AdC bestritten wird und nicht aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, würde ein solcher Informationsaustausch jeder wirtschaftlichen Logik entbehren. Es stellt sich somit die Frage nach den Beweggründen, die die Klägerinnen dazu veranlasst haben könnten, sich einem aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht unerheblichen Risiko auszusetzen, um Informationen zu erhalten, an denen ihrer Ansicht nach kein echtes wirtschaftliches Interesse besteht.

3)      Zum rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext

81.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen der AdC vorwerfen, sie hätten den wirtschaftlichen, rechtlichen und regulatorischen Kontext des Bankensektors während des Zeitraums der angeblichen Zuwiderhandlung unberücksichtigt gelassen. Bei einer Beurteilung im relevanten rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext wäre der fragliche Austausch den Klägerinnen zufolge tatsächlich wettbewerbsfördernd oder hätten zumindest Zweifel an seiner Schädlichkeit aufkommen müssen, wodurch die Feststellung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung in Frage gestellt geworden wäre(67).

82.      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts, in den sich die Verhaltensweise einfügt, wie ich in Nr. 47 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, in den Fällen, in denen der wettbewerbswidrige Zweck leicht erkennbar ist, wie dies bei einem Austausch von Kreditaufschlägen der Fall zu sein scheint, auf das beschränkt werden sollte, was sich als unbedingt erforderlich erweist, um zu prüfen, ob besondere Umstände die festgestellte Schädlichkeit dieser Praxis in Zweifel zu ziehen vermögen. Demnach müssen allein die Merkmale, die tatsächlich für die Prüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts relevant sind, von einer Wettbewerbsbehörde geprüft werden. Sie ist nicht verpflichtet, Argumente zu prüfen, die rein hypothetisch oder vom rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext losgelöst sind, in den sich der fragliche Informationsaustausch oder das fragliche Verhalten einfügt(68).

83.      Die Klägerinnen wenden sich als Erstes gegen die Beurteilungen der AdC und des vorlegenden Gerichts zum Konzentrationsgrad (und den Marktanteilen) der verschiedenen Teilnehmer während des von diesem Austausch erfassten Zeitraums und bestreiten, dass dieser Austausch in einem „geschlossenen Kreis“ stattgefunden habe.

84.      Obgleich es nicht Sache des Gerichtshofs ist, sich an die Stelle des vorlegenden Gerichts zu setzen, um die von der AdC angewandte Methodik und die Richtigkeit der von ihr durchgeführten Prüfung zu beurteilen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Konzentrationsgrad eines der Merkmale ist, die im Rahmen der Prüfung einer Wettbewerbsbeschränkung relevant sein können(69). Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass bei einer hochgradigen Konzentration auf einem bestimmten Markt der Austausch bestimmter Informationen u. a. je nach Art der ausgetauschten Informationen geeignet sein kann, den Unternehmen Aufschluss über Position und Geschäftsstrategie ihrer Wettbewerber auf dem Markt zu geben, wodurch der Wettbewerb auf diesem Markt verfälscht und die Wahrscheinlichkeit eines kollusiven Zusammenwirkens erhöht oder ein solches erleichtert werden könnte(70).

85.      Neben dem kollusiven Potenzial dieses Austauschs stellt auch die Tatsache, dass er in einem geschlossenen Kreis stattgefunden hat, ein Risiko für den Ausschluss von Banken dar, die nicht an diesem Austausch teilnehmen und daher nicht über die gleichen Daten verfügen, um die aktuellen und künftigen Bedingungen auf dem relevanten Markt zu beurteilen. Ein solcher Austausch innerhalb einer begrenzten Gruppe von Teilnehmern könnte den Markteintritt neuer Wirtschaftsteilnehmer erschweren(71), vor allem wenn dieser Austausch die vom vorlegenden Gericht festgestellten Eigenschaften aufweist(72).

86.      Die Tatsache, dass im Gegensatz zum regelmäßigen Informationsaustausch über die Produktionsmengen der Informationsaustausch in Bezug auf die Aufstellungen mit den Kreditaufschlägen sporadisch erfolgt sein soll, wie die Klägerinnen vortragen, schließt für sich genommen den wettbewerbswidrigen Zweck eines Informationsaustauschs nicht aus. Der Gerichtshof hat nämlich festgestellt, dass eine einzige Kontaktaufnahme je nach Struktur des Marktes ausreichen kann, um es den beteiligten Unternehmen zu ermöglichen, ihr Marktverhalten abzustimmen(73).

87.      Als Zweites bringen die Klägerinnen vor, dass das in Rede stehende Verhalten aufgrund der Eigenschaften des portugiesischen Bankensektors keine Auswirkung auf den Wettbewerb haben könne und damit nicht zu einem kollusiven Verhalten führen könne(74). Insbesondere könnten die Kreditinstitute aufgrund der in den Banken einzuhaltenden internen Verfahren zur Änderung ihres eigenen Angebots nicht unmittelbar auf solche Informationen reagieren.

88.      Hierzu geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass vorbehaltlich des den Beteiligten obliegenden Gegenbeweises(75) die Vermutung gilt, dass die Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Ausrichtung ihres Marktverhaltens berücksichtigen, sofern sie weiterhin auf dem Markt tätig sind(76); dies gilt umso mehr, wenn die Abstimmung regelmäßig und über einen langen Zeitraum erfolgt(77).

89.      Offenbar versuchen die Klägerinnen diese Vermutung dadurch zu widerlegen, dass sie sich auf eine „faktische Unmöglichkeit“ berufen, diese Informationen zu berücksichtigen, um ihr Marktverhalten anzupassen und zu ändern. Selbst wenn man dies als erwiesen ansähe (was der Vorlageentscheidung nicht zu entnehmen ist), würde aber ein solches Argument allein nicht ausreichen, die Feststellung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung auszuräumen.

90.      Erstens ist nämlich Art. 101 AEUV, wie auch die übrigen Wettbewerbsregeln des Vertrags, nicht nur dazu bestimmt, die unmittelbaren Interessen einzelner Wettbewerber oder Verbraucher zu schützen, sondern die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb als solchen. Die Feststellung, dass mit einer abgestimmten Maßnahme ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, setzt daher nicht voraus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit den von den Endverbrauchern gezahlten Preisen festgestellt wird(78). So kann selbst ein Verhalten, das möglicherweise zu einer gewissen Senkung des Preises der betreffenden Waren oder Dienstleistungen führt (oder wettbewerbsneutral wirkt) unter bestimmten Umständen als an sich wettbewerbswidrig angesehen werden(79).

91.      Zweitens ändert die Tatsache, dass die Kreditaufschläge kurze Zeit nach dem fraglichen Austausch veröffentlicht werden sollten, nichts daran, dass es sich um vertrauliche Informationen handelte, die zu dem Zeitpunkt, zu dem sie tatsächlich ausgetauscht wurden, nicht öffentlich zugänglich waren. Im Übrigen geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass diese Informationen die künftigen Preisvorstellungen der betreffenden Banken betrafen und daher strategisch und wettbewerbsrechtlich besonders sensibel waren.

92.      Selbst wenn das von den Klägern vorgebrachte Argument stichhaltig wäre, würde es meiner Ansicht nach nicht ausreichen, um die Feststellung der Zuwiderhandlung in Form einer bezweckten Beschränkung in Frage zu stellen. Es könnte aber bei der Berechnung der Geldbuße berücksichtigt werden und gegebenenfalls zur Herabsetzung der verhängten Geldbuße führen.

93.      Was als Drittes die Argumentation mit den Besonderheiten des Bankensektors anbelangt, so machen die Klägerinnen geltend, dass der Informationsaustausch, indem er die Unsicherheit auf dem Markt verringere, zu Effizienzgewinnen führen und wettbewerbsfördernde Wirkungen haben könne, die den Verbrauchern zugutekämen.

94.      Hierzu ist anzumerken, dass, worauf ich in Nr. 49 der vorliegenden Schlussanträge hingewiesen habe, die von den Klägerinnen angeführten gegebenenfalls bestehenden wettbewerbsfördernden Wirkungen die Feststellung, dass eine bestimmte Vereinbarung eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellt, nicht erschüttert, es sei denn, diese Wirkungen sind erwiesen, relevant, spezifisch und so bedeutsam, dass die Feststellung, dass der Informationsaustausch an sich schädlich für den Wettbewerb ist, in Frage gestellt werden könnte.

95.      Die Klägerinnen beschreiben zwar allgemein und eher theoretisch bestimmte angeblich wettbewerbsfördernde Aspekte, die sich aus dem streitigen Austausch ergeben sollen, scheinen jedoch nicht in der Lage zu sein, diese nachzuweisen. Tatsächlich ergibt sich aus den Akten unter keinem Gesichtspunkt, dass der Austausch eine Verbesserung der Funktionsweise des Marktes oder eine Korrektur seiner Unzulänglichkeiten ermöglicht hätte(80). Aber selbst wenn man unterstellt, dass die fraglichen Banken gewisse Vorteile an ihre Kunden weitergegeben haben, was sich übrigens aus der Vorlageentscheidung nicht ergibt, ließe dies den wettbewerbswidrigen Charakter des in Rede stehenden Verhaltens nicht entfallen(81).

96.      Im Übrigen ist es angesichts des in den Nrn. 71 bis 74 der vorliegenden Schlussanträge beschriebenen besonders sensiblen Charakters der Informationen über die Kreditspannen wenig wahrscheinlich, dass die von den Klägerinnen geltend gemachten wettbewerbsfördernden Aspekte vernünftige Zweifel daran aufkommen lassen können, dass der fragliche Informationsaustausch den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt hat(82).

97.      Die Klägerinnen tragen als Viertes vor, dass die Erhöhung der Kreditaufschläge entgegen den Feststellungen des vorlegenden Gerichts nicht auf dem in Rede stehenden Informationsaustausch beruht habe, sondern auf andere Faktoren im Zusammenhang mit der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2008 und den Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen, die Portugal infolge dieser Krise ergriffen habe, zurückzuführen gewesen sei.

98.      Wegen ähnlicher Gründe wie denen, die ich bereits in Nr. 90 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, bin ich der Ansicht, dass dieses Argument ebenfalls zurückzuweisen ist(83). Aus der Vorlageentscheidung geht im Übrigen zwar hervor, dass der in Frage stehende Austausch sich während der Wirtschaftskrise intensiviert hat. Der Austausch hatte aber bereits im Jahr 2002 begonnen und damit lange vor Beginn der Finanzkrise und den späteren Maßnahmen der im Zuge dieser Krise beteiligten Regulierungsbehörden.

99.      Was als Fünftes das Regelungsumfeld betrifft, in dem der Informationsaustausch stattgefunden hat, so werfen die Klägerinnen dem vorlegenden Gericht vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass der für den Bankensektor in Portugal geltende Rechtsrahmen eine Reihe von Vorschriften enthalte, die ein gewisses Maß an Markttransparenz zur Vermeidung systemischer Krisen gewährleisten sollten. Im Übrigen gehen diese Vorschriften den Klägerinnen zufolge auf das Unionsrecht zum Verbraucherschutz zurück.

100. Meiner Ansicht nach kann auch dieses Argument nicht verfangen, da aus der Vorlageentscheidung klar hervorgeht, dass die von den Klägerinnen ausgetauschten Informationen sich von denen unterschieden, die sie im Rahmen ihrer regulatorischen Verpflichtungen zur Verfügung stellten, und darüber hinaus gingen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vorbringen einiger Klägerinnen keine Vorschrift des Unionsrechts verlangen könnte, dass zwischen den Banken Informationen wie diejenigen über Kreditaufschläge ausgetauscht werden(84).

c)      Zu den Informationen über die Produktionsmengen

101. Ich will hier gar nicht das „klassische Analyseraster“ einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung wiedergeben, das eine Prüfung des Inhalts, der Ziele und des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts, in den sich eine Vereinbarung einfügt, umfasst. Wichtig scheint mir, einige Klarstellungen zum Austausch in Bezug auf die Produktionsmengen vorzunehmen, da einige Beteiligte des Ausgangverfahrens offenbar der Ansicht sind, dass dieser Austausch für sich genommen (und unabhängig von der Prüfung des Austauschs über die Kreditaufschläge) einen wettbewerbswidrigen Zweck haben könnte.

102. Erstens ist anzumerken, dass die Daten über Produktionsmengen grundsätzlich aus wettbewerbsrechtlicher Sicht strategische und sensible Informationen darstellen können, sofern die Eigenschaften der ausgetauschten Informationen und der Kontext dieses Austauschs es ermöglichen, die Unsicherheit über das strategische Verhalten eines Marktteilnehmers zu verringern(85).

103. Zweitens ist festzustellen, dass sich der fragliche Austausch im Gegensatz zu demjenigen über die Kreditaufschläge nicht auf künftige Praktiken bezieht, sondern auf Daten des Vormonats. Obgleich die abschließende Beurteilung des Zeitaspekts dieser Informationen angesichts der besonderen Umstände des betroffenen Bankenmarkts dem vorlegenden Gericht obliegt, ist darauf hinzuweisen, dass der Austausch die Vergangenheit betreffender (oder historischer) Daten grundsätzlich kaum zur Kollusion führen dürfte. Er ist aus wettbewerbsrechtlicher Sicht weniger schädlich, da es wenig wahrscheinlich ist, dass er Hinweise auf das künftige Verhalten von Wettbewerbern liefert oder ein Marktkartell ermöglicht(86).

104. Es gibt insoweit keine festgelegte Schwelle, ab der Daten zu historischen Daten werden, d. h., alt genug sind, um kein Wettbewerbsrisiko mehr darzustellen. Ob es sich bei den Daten wirklich um historische Daten handelt, hängt von den Eigenschaften und Besonderheiten des in Rede stehenden Marktes ab, insbesondere wie häufig in der Branche eine Neuverhandlung von Preisen stattfindet(87). Obgleich dies unwahrscheinlich ist, ist folglich nicht ausgeschlossen, dass ein Austausch über Ereignisse, die in der Vergangenheit liegen, ebenfalls eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 AEUV darstellt. Dies wäre dann der Fall, wenn der Austausch individualisierter neuerer Informationen über strategische Variablen Trends erkennen ließe, deren Kenntnis die Unsicherheit der Beteiligten über ihre künftigen Marktabsichten verringern oder beseitigen könnte; in diesem Fall wäre ein solcher Austausch dem Informationsaustausch über künftige Daten gleichrangig.

105. Drittens ist anerkannt, dass wettbewerbsbeschränkende Wirkungen beim Austausch „echter“ aggregierter Daten, d. h. von Daten, die nur mit hinreichender Schwierigkeit Rückschlüsse auf individuelle unternehmensspezifische Daten zulassen, viel weniger wahrscheinlich sind als beim Austausch unternehmensspezifischer Daten. Die Gefahr, dass strategische Informationen die Unsicherheit auf dem Markt verringern und dadurch den Wettbewerb beschränken könnten, ist höher, wenn diese Informationen aufgeschlüsselt sind(88).

106. Viertens genügt der Umstand, dass die ausgetauschten Informationen über die regulatorischen Verpflichtungen der betreffenden Banken hinausgingen und Daten betrafen, die der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung standen, für sich genommen nicht, um diesem Informationsaustausch einen wettbewerbswidrigen Charakter zuzuschreiben. Es ist darüber hinaus auch erforderlich, dass die ausgetauschten Informationen es ermöglichten, die Unsicherheit auf dem Markt zu verringern oder zu beseitigen (und dies in klarer und eindeutiger Weise, um eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung festzustellen zu können).

107. Daher ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass der Austausch jüngerer und aufgeschlüsselter Daten über Produktionsmengen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten strategischen Charakter haben und sensibel sein kann, insbesondere wenn dieser Austausch in einem hochgradig konzentrierten Markt stattfindet und häufig erfolgt. Die Vorlageentscheidung enthält jedoch keinen Anhaltspunkt, dass dieser Austausch besonders wettbewerbsschädlich gewesen wäre und (für sich genommen) ermöglicht hätte, die strategische Unsicherheit hinsichtlich des künftigen Verhaltens der Marktteilnehmer zu verringern, wie es die enge Auslegung des Begriffs der bezweckten Beschränkung erfordert(89).

d)      Zur gemeinsamen Prüfung der ausgetauschten Informationen

108. Zwar ergibt sich aus der vorstehenden Prüfung, dass der vom vorlegenden Gericht beschriebene Teil des Austauschs, der Kreditaufschläge betrifft, möglicherweise in eine der Kategorien von Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen fällt, die vom Begriff der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung erfasst werden. Was die Daten über die Produktion anbelangt, drängt sich diese Feststellung aber weniger eindeutig auf, wenn deren Austausch isoliert und getrennt geprüft wird.

109. Sowohl aus der ursprünglichen Entscheidung der AdC als auch aus der Vorlageentscheidung geht jedoch hervor, dass das vorlegende Gericht – auch wenn es eine Unterscheidung zwischen den beiden Arten von ausgetauschten Informationen vorgenommen hat – nicht die Auffassung vertreten hat, dass jeder dieser Austauschvorgänge für sich genommen eine Beschränkung bezweckt, sondern der Ansicht war, dass jeder dieser Austauschvorgänge Teil ein und desselben Austauschs gewesen ist, der als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft wurde. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher Austausch, was die ihm inhärente Schädlichkeit in Bezug auf den Wettbewerb anbelangt(90), auf der Grundlage der vom vorlegenden Gericht selbst getroffenen Feststellungen eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellen kann. Dennoch müssen für eine solche rechtliche Einordnung auch zwei weitere Voraussetzungen erfüllt sein, die sich aus den Akten der vorliegenden Rechtssache nicht eindeutig ergeben.

110. Zum einen ist es unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit wichtig, sicherzustellen, dass die Schadenstheorie, auf deren Grundlage eine wettbewerbswidrige Verhaltensweise von einer Wettbewerbsbehörde geahndet wird, eindeutig zur Geltung gebracht wird, und zwar insbesondere, wenn es um den Nachweis des wettbewerbswidrigen Zwecks einer solchen Praxis geht(91).

111. Zum anderen muss eine Wechselwirkung in Bezug auf den Austausch dieser beiden Arten von Informationen, auf die sich die Schadenstheorie einer Wettbewerbsbehörde stützt, unzweideutig aus der von dieser Behörde durchgeführten Prüfung hervorgehen. Um eine Einstufung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung zu stützen, muss diese Prüfung daher einen hinreichend klaren Zusammenhang herstellen, was den Austausch dieser beiden Arten von Informationen angeht, und erläutern, inwiefern ein Austausch mit diesen Eigenschaften jeweils besonders wettbewerbsschädlich ist. Anders ausgedrückt muss die Wettbewerbsbehörde belegen, wie dieser Austausch insgesamt Teil eines offensichtlich wettbewerbswidrigen „Plans“ ist und die Konvergenz des Verhaltens der betroffenen Banken ermöglicht(92).

V.      Ergebnis

112. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Tribunal da Concorrência, Regulação e Supervisão (Gericht für Wettbewerb, Regulierung und Aufsicht, Portugal) wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 101 AEUV ist dahin auszulegen, dass er der Einstufung eines Informationsaustauschs zwischen Wettbewerbern über Geschäftsbedingungen (z. B. aktuelle und künftige Kreditspannen und Risikovariablen) und Produktionszahlen betreffend das Angebot von Hypotheken‑, Unternehmens- und Verbraucherkrediten im Banksektor als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung nicht entgegensteht, wenn eine solche Praxis die Transparenz künstlich erhöht und die Unsicherheit über die Funktionsweise des Markts verringert hat.

2.      Art. 101 AEUV steht dieser Einstufung nicht entgegen, wenn keine sich aus diesem Informationsaustausch ergebenden Effizienzgewinne bzw. ambivalenten oder wettbewerbsfördernden Wirkungen festgestellt wurden oder ermittelt werden konnten.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Diário da República, Serie I, Nr. 89 vom 8. Mai 2012, S. 2404 bis 2427.


3      Diário da República, Serie I-A, Nr. 134 vom 11. Juni 2003, S. 3450 bis 3461.


4      Der Begriff „autonom“ (bzw. „standalone“) wird von der AdC verwendet, um anzudeuten, dass der in Rede stehende Austausch den Gegenstand der Untersuchung bildet und keine Begleiterscheinung eines anderen als problematisch geltenden Verhaltens wie eines Kartells darstellt.


5      Die Kreditaufschläge sind jedoch erneut auf ein höheres Niveau gestiegen als in den vor dem Jahr 2012 liegenden Zeiträumen.


6      Diese Beteiligten argumentieren insbesondere damit, dass der Austausch über die Kreditaufschläge keine Informationen enthalten habe, die als künftig eingestuft werden könnten, da: i) die fraglichen Preisentscheidungen bereits getroffen gewesen und ausgeführt worden seien, ii) die Informationen einen Werktag vor ihrem Inkrafttreten übermittelt worden seien, iii) ein solcher zeitlicher Vorsprung gegenüber dem Zeitpunkt des Inkrafttretens angesichts der in den Banken geltenden internen Verfahren für die Änderung von Kreditspannen jede Form der Anpassung an die erhaltenen Informationen unmöglich machen würde. Die Beteiligten stellen ferner die Einstufung der Informationen über die Produktionsmengen als „aktuelle“ Informationen in Abrede, da diese ihrer Ansicht nach als „die Vergangenheit betreffende“ oder „historische“ Informationen anzusehen seien.


7      Vgl. Urteile vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a. (C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 35), und vom 12. Februar 2009, Cobelfret (C‑138/07, EU:C:2009:82, Rn. 23).


8      Urteil vom 19. April 2007, Asemfo (C‑295/05, EU:C:2007:227, Rn. 31).


9      Vgl. Urteil vom 18. November 2021, Visma Enterprise (C‑306/20, EU:C:2021:935, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung, im Folgenden: Urteil Visma).


10      Vgl. Urteil Visma (Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).


11      Vgl. Urteil Visma (Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).


12      Vgl. Urteil Visma (Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).


13      Vgl. Urteil Visma (Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).


14      Urteil vom 16. Juli 2015, ING Pensii (C‑172/14, EU:C:2015:484, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).


15      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).


16      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:1958, Nr. 30).


17      Urteil vom 2. April 2020, Budapest Bank u. a. (C‑228/18, EU:C:2020:265, Rn. 63).


18      Vgl. Urteil Budapest Bank (Rn. 76) und Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Budapest Bank u. a. (C‑228/18, EU:C:2019:678, Nrn. 63 bis 73).


19      Vgl. Urteile vom 25. März 2021, Sun Pharmaceutical Industries und Ranbaxy (UK)/Kommission (C‑586/16 P, EU:C:2021:241, Rn. 86), und Lundbeck/Kommission (C‑591/16 P, EU:C:2021:243, Rn. 130).


20      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 86 des Urteils vom 25. März 2021, Sun Pharmaceuticals Industries und Ranbaxy (UK)/Kommission (C‑586/16 P, EU:C:2021:241), ausdrücklich das von einigen Klägerinnen in der vorliegenden Rechtssache vorgebrachte Argument zurückgewiesen hat, wonach Rn. 51 des Urteils CB/Kommission von Gerichten oder Behörden verlange, dass sie spezielle „Erfahrungswerte“ nachwiesen, denen zufolge bestimmte Verhaltensweisen als „bezweckte“ Beschränkungen verboten seien. Vgl. in diesem Sinne auch Rn. 66 des Urteils vom 25. März 2021, Sun Pharmaceutical Industries und Ranbaxy (UK)/Kommission (C‑586/16 P, EU:C:2021:241).


21      Vgl. Nrn. 28 und 30 der vorliegenden Schlussanträge.


22      Sofern kein weiteres besonderes Merkmal dieser Verhaltensweise und insbesondere der wirtschaftliche und rechtliche Kontext, in den sie sich einfügt, diese Feststellung in Frage zu stellen vermag. Siehe in diesem Sinne Nrn. 43 und 44 der vorliegenden Schlussanträge.


23      Vgl. Urteil vom 25. März 2021, Lundbeck/Kommission (C‑591/16 P, EU:C:2021:243, Rn. 131).


24      Urteil Budapest Bank (Rn. 76) und Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Budapest Bank u. a. (C‑228/18, EU:C:2019:678, Nrn. 41 bis 43). In Bezug auf die Einstufung eines Austauschs sensibler Geschäftsinformationen als bezweckter Wettbewerbsbeschränkung ist diesem Ansatz auch Generalanwalt Emiliou gefolgt (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Emiliou in der Rechtssache HSBC Holdings u. a./Kommission, C‑883/19 P, EU:C:2022:384, Nrn. 83 und 84).


25      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Budapest Bank u. a. (C‑228/18, EU:C:2019:678, Nr. 42).


26      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Budapest Bank u. a. (C‑228/18, EU:C:2019:678, Nrn. 43, 48 und 49).


27      Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:28, Nr. 158), Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:1958, Nr. 41) und Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Budapest Bank u. a. (C‑228/18, EU:C:2019:678, Nr. 46).


28      Die Rechtsprechung wurde mit der Rechtssache CB/Kommission begründet und in der Folge in einer Reihe von Urteilen des Gerichtshofs bestätigt und verfeinert, u. a. in den Urteilen vom 26. November 2015, Maxima Latvija (C‑345/14, EU:C:2015:784), Budapest Bank, und vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52).


29      Vgl. Urteil Visma (Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).


30      Vgl. Urteil vom 20. Januar 2016, Toshiba Corporation/Kommission (C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 29).


31      Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:1958, Nr. 44).


32      Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:28, Nr. 164).


33      Urteil vom 12. Januar 2023, HSBC Holdings u. a./Kommission (C‑883/19 P, EU:C:2023:11, im Folgenden: Urteil HSBC).


34      Urteil HSBC (Rn. 139 und die dort angeführte Rechtsprechung).


35      Urteil vom 25. März 2021, Lundbeck/Kommission (C‑591/16 P, EU:C:2021:243, Rn. 137).


36      Urteil HSBC (Rn. 197 und die dort angeführte Rechtsprechung).


37      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache International Skating Union/Kommission (C‑124/21 P, EU:C:2022:988, Nr. 93).


38      Vgl. Urteil HSBC (Rn. 140 und die dort angeführte Rechtsprechung).


39      Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a. (C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, im Folgenden: Urteil T‑Mobile).


40      Urteil T‑Mobile (Rn. 24).


41      Vgl. Urteil T‑Mobile (Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).


42      Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission (C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 126 und 127, im Folgenden: Urteil Dole).


43      Urteile vom 28. Mai 1998, Deere/Kommission (C‑7/95 P, EU:C:1998:256, Rn. 90), vom 23. November 2006, ASNEF‑EQUIFAX und Administración del Estado (C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 51, im Folgenden: Urteil ASNEF), T‑Mobile (Rn. 35), und Dole (Rn. 121).


44      Urteil Dole (Rn. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).


45      Von den Klägerinnen, die der Ansicht sind, dass dieses Kriterium nur für die Feststellung einer bewirkten Beschränkung herangezogen werden könne, wird dieser Punkt im Übrigen gegen die Einstufung des streitigen Informationsaustauschs durch die AdC als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung angeführt.


46      Urteile T‑Mobile (Rn. 41), Dole (Rn. 122) und HSBC (Rn. 116).


47      Urteil vom 26. September 2018, Philips und Philips France/Kommission (C‑98/17 P, EU:C:2018:774, Rn. 37).


48      Urteil ASNEF (Rn. 48).


49      Urteil ASNEF (Rn. 59).


50      Vgl. Rn. 57 der Leitlinien der Kommission zur Anwendbarkeit von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (ABl. 2011, C 11, S. 1, im Folgenden: Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit).


.


51      Vgl. Rn. 86 der Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit.


52      Vgl. Rn. 86 und 91 der Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit.


53      Obgleich die Rechtsprechung des Gerichtshofs die Einstufung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung hauptsächlich für den Austausch von Informationen bejaht hat, die im Rahmen eines Kartells stattfanden, verlangt diese Rechtsprechung keineswegs, dass nur dieser Austausch als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden kann.


54      Siehe Nr. 18 der vorliegenden Schlussanträge.


55      Siehe Nrn. 19 bis 21 der vorliegenden Schlussanträge.


56      Siehe Nr. 25 der vorliegenden Schlussanträge.


57      Die Kreditaufschläge stellen einen Preisbestandteil dar, den ein Kunde der Bank für die Finanzierung zahlen wird, und die Marge, die die Bank mit der Gewährung des Kredits erzielt.


58      Siehe Nr. 54 der vorliegenden Schlussanträge.


59      Eine Bank, die Kenntnis von dem Kreditaufschlag ihrer Wettbewerberinnen hat, ist in einer günstigeren Lage, um den endgültigen Angebotspreis oder die Angebotspreise ihrer Wettbewerber genauer zu bestimmen.


60      Gleiches gilt meines Erachtens für den Informationsaustausch über andere Geschäftsbedingungen, wie die Kreditwürdigkeit der Kunden und die Risikoparameter, soweit sie wesentliche Vertragsbestandteile betreffen und eine entscheidende Rolle bei der Preisbildung spielen. Tatsächlich ist ein solcher Informationsaustausch geeignet, ein kollusives Zusammenwirken zwischen den betroffenen Unternehmen zu erleichtern und einen Anreiz hierfür zu geben.


61      Vgl. Urteil HSBC (Rn. 204).


62      Siehe auch Nr. 90 der vorliegenden Schlussanträge zum mit dem Wettbewerbsrecht der Union verfolgten Ziel des Schutzes der Marktstruktur.


63      Urteil T‑Mobile (Rn. 27).


64      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:1958, Nr. 117).


65      Diese Beteiligten bringen hierzu vor, dass die erhaltenen Informationen dazu gedient hätten, die Angebote zu vergleichen und die Vertriebsnetze sämtlicher Banken bei der Vermarktung von Produkten zu unterstützen, wobei jede Bank den Vorteil ihrer Produkte und die Nachteile derjenigen der Wettbewerber hervorgehoben habe.


66      Dieses Argument wird unter den Nrn. 93 bis 96 der vorliegenden Schlussanträge geprüft werden, die der Prüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts gewidmet sind.


67      Siehe hierzu Nr. 25 der vorliegenden Schlussanträge.


68      Folglich kann einer Wettbewerbsbehörde nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie Merkmale, die für die Prüfung des genannten Kontexts nicht von Nutzen sind, nicht geprüft hat.


69      Der Konzentrationsgrad ist allerdings nur eines der Merkmale, die zu berücksichtigen sind, um festzustellen, ob eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt. Er allein erlaubt es nicht, den wettbewerbswidrigen Zweck eines Informationsaustauschs festzustellen. Ungeachtet dieser Klarstellung geht aus den Akten nicht hervor, dass sich die AdC oder das vorlegende Gericht ausschließlich auf dieses Merkmal gestützt hätten, um den fraglichen Austausch als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung einzustufen.


70      Die Rechtsprechung des Gerichtshofs scheint bei der Berücksichtigung des Konzentrationsgrads nicht zwischen einem als bezweckte oder bewirkte Beschränkung eingestuften Informationsaustausch zu unterscheiden. Der Konzentrationsgrad wird somit als einer der zusätzlichen Gesichtspunkte berücksichtigt, anhand dessen eine Wettbewerbsbeschränkung in gleicher Weise festgestellt werden kann, unabhängig davon, wie die Wettbewerbsbeschränkung einzustufen ist. Vgl. in diesem Sinne Urteile ASNEF (Rn. 58) und T‑Mobile (Rn. 34).


71      Urteil ASNEF (Rn. 60).


72      Vom vorlegenden Gericht wird dieser Markt im Rahmen seiner ersten Vorlagefrage nämlich als „konzentrierter Markt mit Marktzutrittsschranken“ dargestellt.


73      Vgl. Urteil T‑Mobile (Rn. 59 und 62).


74      Siehe Fn. 6 der vorliegenden Schlussanträge.


75      So beispielsweise, wenn ein Unternehmen eindeutig erklärt, den Erhalt solcher Informationen zu verweigern. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission (C‑199/92 P, EU:C:1999:358, Rn. 162 und die dort angeführte Rechtsprechung).


76      Vgl. Urteil Dole (Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung).


77      Vgl. Urteil T‑Mobile (Rn. 51).


78      Vgl. Urteile Dole (Rn. 123 bis 125) und HSBC (Rn. 120 und 121).


79      Vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 109 und 110).


80      In seiner zweiten Vorlage hebt das vorlegende Gericht hervor, dass „keine sich aus diesem Informationsaustausch ergebenden Effizienzgewinne bzw. ambivalenten oder wettbewerbsfördernden Wirkungen festgestellt wurden oder ermittelt werden konnten“.


81      So geht aus der in Nr. 90 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung hervor, dass das Wettbewerbsrecht der Union nach ständiger Rechtsprechung nicht nur die unmittelbaren Interessen der Verbraucher schützen soll, sondern auch die Struktur des Marktes.


82      Vgl. in diesem Sinne Urteil HSBC (Rn. 199 bis 205).


83      Selbst unter der Annahme, dass die Erhöhung des Kreditaufschlags nicht auf den in Rede stehenden Informationsaustausch zurückzuführen war, sondern auf exogene Faktoren (wie die Finanzkrise), geht nämlich aus der in Nr. 90 der vorliegenden Schlussanträge angeführten ständigen Rechtsprechung hervor, dass ein unmittelbarer und direkter Zusammenhang zwischen einem bestimmten Verhalten und einer Erhöhung der Endpreise nicht erforderlich ist, damit dieses Verhalten einen wettbewerbswidrigen Zweck hat.


84      Jede andere Interpretation liefe auf ein Einverständnis damit hinaus, dass für den Bankensektor grundsätzlich andere wettbewerbsrechtliche Vorschriften als in anderen Sektoren gelten, was offensichtlich nicht der Fall ist, wie die zahlreichen Fälle belegen, die unlängst von den nationalen Wettbewerbsbehörden und der Kommission verfolgt wurden.


85      Selbst wenn dies der Fall wäre, würde dieses Merkmal, wie ich in Nr. 62 der vorliegenden Schlussanträge erläutert habe, nicht automatisch zur Einstufung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung führen.


86      Vgl. Rn. 90 der Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit.


87      Vgl. Rn. 90 der Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit.


88      Vgl. Rn. 89 der Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit.


89      Siehe Nr. 56 der vorliegenden Schlussanträge.


90      Siehe Nr. 15 der vorliegenden Schlussanträge.


91      Vgl. Urteil Budapest Bank (Rn 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).


92      Vorbehaltlich der insoweit vom vorlegenden Gericht zu treffenden Feststellungen dürfte dieser Zusammenhang in der vorliegenden Rechtssache nachgewiesen worden sein, da aus dem Sachverhalt, den die AdC in ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, hervorzugehen scheint, dass der Austausch über die Produktionsmengen dazu diente, die Aufdeckung von Abweichungen zu erleichtern und die Kollusion zwischen den Klägerinnen zu verstärken.