19.9.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 359/11


Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 1. August 2022 (Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal da Relação de Évora — Portugal) — Strafverfahren gegen TL

(Rechtssache C-242/22 PPU) (1)

(Vorlage zur Vorabentscheidung - Eilvorabentscheidungsverfahren - Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen - Richtlinie 2010/64/EU - Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen - Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 - Begriff „wesentliche Unterlagen“ - Richtlinie 2012/13/EU - Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren - Art. 3 Abs. 1 Buchst. d - Anwendungsbereich - Fehlende Umsetzung in nationales Recht - Unmittelbare Wirkung - Charta der Grundrechte der Europäischen Union - Art. 47 und Art. 48 Abs. 2 - Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - Art. 6 - Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung - Verstoß gegen die Bewährungsauflagen - Unterbliebene Übersetzung wesentlicher Unterlagen und Fehlen eines Dolmetschers bei ihrer Erstellung - Widerruf der Strafaussetzung - Keine Übersetzung der den Widerruf betreffenden Verfahrenshandlungen - Folgen für die Gültigkeit des Widerrufs - Mit relativer Nichtigkeit geahndeter Verfahrensmangel)

(2022/C 359/13)

Verfahrenssprache: Portugiesisch

Vorlegendes Gericht

Tribunal da Relação de Évora

Parteien des Ausgangsverfahrens

TL

Beteiligter: Ministério Público

Tenor

Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren sowie Art. 3 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren in Verbindung mit Art. 47 und Art. 48 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem Grundsatz der Effektivität sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, nach der die Verletzung der in diesen Richtlinienbestimmungen vorgesehenen Rechte von dem durch diese Rechte Begünstigten innerhalb einer bestimmten Ausschlussfrist geltend gemacht werden muss, entgegenstehen, wenn diese Frist zu laufen beginnt, noch bevor der Betroffene in einer Sprache, die er spricht oder versteht, zum einen über Bestehen und Umfang seines Rechts auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen und zum anderen über Existenz und Inhalt der fraglichen wesentlichen Unterlagen sowie die mit ihnen verbundenen Wirkungen unterrichtet wurde.


(1)  ABl. C 257 vom 4.7.2022.