URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

15. Dezember 2022 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Verordnung (EG) Nr. 1210/2003 – Spezifische Beschränkungen in den wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zu Irak – Art. 4 – Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen, die Personen, Einrichtungen und Organisationen gehören, die mit dem Regime des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein in Verbindung stehen – Art. 6 – Transfer an die Nachfolgeregelungen des Entwicklungsfonds für Irak – Eigentum an den eingefrorenen Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen“

In den verbundenen Rechtssachen C‑753/21 und C‑754/21

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich) mit Entscheidungen vom 2. Dezember 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Dezember 2021, in den Verfahren

Instrubel NV

gegen

Montana Management Inc.,

BNP Paribas Securities Services (C‑753/21)

und

Montana Management Inc.

gegen

Heerema Zwijndrecht BV,

BNP Paribas Securities Services (C‑754/21)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan (Berichterstatter) sowie der Richter N. Piçarra und N. Jääskinen,

Generalanwalt: N. Emiliou,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Instrubel NV und der Heerema Zwijndrecht BV, vertreten durch S. Bonifassi und F. Boucard, Avocats,

der Montana Management Inc., vertreten durch D. Célice und B. Périer, Avocats,

der BNP Paribas Securities Services, vertreten durch J. Martinet, Avocat,

der französischen Regierung, vertreten durch R. Bénard und J.‑L. Carré als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch J.‑F. Brakeland und M. Carpus Carcea als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 4 Abs. 2 bis 4 und von Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1210/2003 des Rates vom 7. Juli 2003 über bestimmte spezifische Beschränkungen in den wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zu Irak und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2465/1996 (ABl. 2003, L 169, S. 6) in der zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 85/2013 des Rates vom 31. Januar 2013 (ABl. 2013, L 32, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1210/2003).

2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen der Instrubel NV auf der einen und der Montana Management Inc. und der BNP Paribas Securities Services (im Folgenden: BNP Paribas) auf der anderen Seite (C‑753/21) sowie zwischen der Montana Management auf der einen und der Heerema Zwijndrecht BV (im Folgenden: Heerema) und BNP Paribas auf der anderen Seite (C‑754/21) über die Gültigkeit der Sicherungsmaßnahmen und Pfändungen von Instrubel und Heerema auf eingefrorene Vermögenswerte wegen Forderungen dieser Unternehmen gegen den irakischen Staat.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

3

Nach Ziffer 12 der Resolution 1483 (2003), die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 22. Mai 2003 verabschiedet hat, „nimmt [Letzterer] Kenntnis von der Einrichtung eines Entwicklungsfonds für Irak, der von der Zentralbank Iraks zu halten ist“.

4

Ziffer 14 dieser Resolution bestimmt:

„… der Entwicklungsfonds für Irak [wird] auf transparente Weise für die Deckung des humanitären Bedarfs des irakischen Volkes, für den wirtschaftlichen Wiederaufbau und die Instandsetzung der Infrastruktur Iraks, für die weitere Abrüstung Iraks und zur Deckung der Kosten der irakischen Zivilverwaltung sowie für andere dem Volk Iraks zugute kommende Zwecke verwendet werden …“

5

In Ziffer 23 dieser Resolution heißt es,

„dass alle Mitgliedstaaten,

a)

in denen sich Gelder oder andere finanzielle Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen der früheren Regierung Iraks oder seiner staatlichen Organe, Unternehmen oder Einrichtungen befinden, die zum Zeitpunkt der Verabschiedung dieser Resolution außerhalb Iraks belegen sind, oder

b)

in denen sich Gelder oder andere finanzielle Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen befinden, die von Saddam Hussein oder anderen hohen Amtsträgern des ehemaligen irakischen Regimes und ihren unmittelbaren Familienangehörigen, einschließlich Einrichtungen, die in ihrem Eigentum stehen oder direkt oder indirekt von ihnen oder von in ihrem Namen oder auf ihre Anweisung handelnden Personen kontrolliert werden, außerhalb Iraks verbracht oder von ihnen erworben wurden,

diese Gelder oder anderen finanziellen Vermögenswerte oder wirtschaftlichen Ressourcen unverzüglich einfrieren und, sofern diese Gelder oder anderen finanziellen Vermögenswerte oder wirtschaftlichen Ressourcen nicht selbst Gegenstand eines vorherigen Pfandrechts oder einer vorherigen Entscheidung eines Gerichts, einer Verwaltungsstelle oder eines Schiedsgerichts sind, sofort ihre Übertragung an den Entwicklungsfonds für Irak veranlassen, mit der Maßgabe, dass Ansprüche von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Stellen auf diese übertragenen Gelder oder anderen finanziellen Vermögenswerte, sofern sie nicht anderweitig geregelt werden, der international anerkannten, repräsentativen Regierung Iraks vorgelegt werden können …“

6

Am 15. Dezember 2010 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 1956 (2010), die in Ziffer 5 vorsieht:

„[Der Sicherheitsrat] verfügt, dass die gesamten Einnahmen aus dem Entwicklungsfonds für Irak auf das Konto oder die Konten der Nachfolgeregelungen der Regierung Iraks übertragen werden und dass der Entwicklungsfonds spätestens am 30. Juni 2011 aufgelöst wird, und verlangt eine schriftliche Bestätigung an den Rat, sobald die Übertragung und die Auflösung abgeschlossen sind.“

Unionsrecht

Verordnung Nr. 1210/2003

7

Der fünfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1210/2003 lautet:

„Damit die Mitgliedstaaten den Transfer der eingefrorenen Gelder, wirtschaftlichen Ressourcen und Erlöse aus wirtschaftlichen Ressourcen in den Entwicklungsfonds für Irak veranlassen können, sollte vorgesehen werden, dass die betreffenden Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen freigegeben werden.“

8

In Art. 1 Nrn. 4 und 5 dieser Verordnung heißt es:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

4.

‚Einfrieren von Geldern‘ die Verhinderung jeglicher Form von Bewegung, Transfer, Veränderung oder Handel mit Geldern, wodurch das Volumen, die Beträge, die Belegenheit, das Eigentum, der Besitz, die Eigenschaften oder die Zweckbestimmung der Gelder verändert oder sonstige Veränderungen bewirkt werden und somit eine Nutzung der Mittel einschließlich der Vermögensverwaltung ermöglicht wird;

5.

‚Einfrieren wirtschaftlicher Ressourcen‘ die Verhinderung ihrer Verwendung für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen, einschließlich von – aber nicht beschränkt auf – den Verkauf, das Vermieten oder das Verpfänden dieser Ressourcen.“

9

Art. 4 Abs. 2 bis 4 dieser Verordnung bestimmt:

„(2)   Alle Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Eigentum der folgenden vom Sanktionsausschuss benannten und in Anhang IV aufgeführten Personen stehen oder sich in deren Besitz befinden, werden eingefroren:

a)

des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein;

b)

hoher Amtsträger seines Regimes;

c)

ihrer unmittelbaren Familienangehörigen oder

d)

juristischer Personen, Einrichtungen oder Organisationen, die den unter den Buchstaben a), b) und c) genannten Personen oder in ihrem Namen oder auf ihre Anweisung handelnden natürlichen oder juristischen Personen gehören oder von diesen direkt oder indirekt kontrolliert werden.

(3)   Den in Anhang IV aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen dürfen Gelder weder direkt noch indirekt zur Verfügung gestellt werden noch sonstwie zugute kommen.

(4)   Den in Anhang IV aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen dürfen wirtschaftliche Ressourcen, durch die diese Personen, Gruppen oder Organisationen Gelder, Waren oder Dienstleistungen erwerben könnten, weder direkt noch indirekt zur Verfügung gestellt werden noch sonstwie zugute kommen.“

10

Art. 6 der Verordnung Nr. 1210/2003 bestimmt:

„(1)   Abweichend von Artikel 4 können die auf den Websites in Anhang V angegebenen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Freigabe eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, wenn alle nachstehenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

die Gelder oder die wirtschaftlichen Ressourcen waren bereits vor dem 22. Mai 2003 Gegenstand eines Pfandrechts oder einer Entscheidung, die von einem Gericht, einer Verwaltungsstelle oder einem Schiedsgericht begründet bzw. erlassen wurden;

b)

die Gelder oder die wirtschaftlichen Ressourcen werden ausschließlich für die Erfüllung von Forderungen verwendet, die durch ein solches Pfandrecht gesichert sind oder durch eine solche Entscheidung als gültig anerkannt wurden, wobei die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften, die die Rechte der solche Forderungen geltend machenden Personen begründen, einzuhalten sind;

c)

die Erfüllung der Forderung stellt keinen Verstoß gegen die Verordnung [EWG] Nr. 3541/92 des Rates [vom 7. Dezember 1992 zum Verbot der Erfüllung irakischer Ansprüche in Bezug auf Verträge und Geschäfte, deren Durchführung durch die Resolution 661 (1990) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und mit ihr in Verbindung stehende Resolutionen berührt wurde (ABl. 1992, L 361, S. 1)] dar;

d)

die Anerkennung des Pfandrechts oder der Entscheidung steht nicht im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung des betreffenden Mitgliedstaats.

(2)   In allen anderen Fällen dürfen die gemäß Artikel 4 eingefrorenen Gelder, wirtschaftlichen Ressourcen und Einnahmen aus wirtschaftlichen Ressourcen nur zum Zweck ihres Transfers an die Nachfolgeregelungen des Entwicklungsfonds für Irak, die die irakische Regierung gemäß den in den Resolutionen 1483 (2003) und 1956 (2010) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen festgelegten Bedingungen eingeführt hat, freigegeben werden.“

11

Die Gesellschaft Montana Management wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 785/2006 der Kommission vom 23. Mai 2006 zur Änderung der Verordnung Nr. 1210/2003 (ABl. 2006, L 138, S. 7) in die Liste in Anhang IV der Verordnung Nr. 1210/2003 mit den in Art. 4 Abs. 2 bis 4 der letzteren Verordnung aufgeführten natürlichen und juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen, die mit dem Regime des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein in Verbindung standen, aufgenommen.

Verordnung (EG) Nr. 1799/2003

12

Der vierte Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1799/2003 des Rates vom 13. Oktober 2003 zur Änderung der Verordnung Nr. 1210/2003 (ABl. 2003, L 264, S. 12) lautet:

„Gemäß der Resolution 1483 (2003) bildet das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen die erste Phase eines Prozesses, an dessen Ende die Überführung der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen in den Entwicklungsfonds für den Irak steht. Sie sieht außerdem vor, dass Gelder und wirtschaftliche Ressourcen, die bereits vor dem 22. Mai 2003 Gegenstand eines Zurückbehaltungsrechts oder einer Gerichtsentscheidung sind, von diesem Prozess ausgenommen werden. Daher sollten keine Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen, die ausdrücklich nicht zur Überführung in diesen Fonds bestimmt sind, aufrecht erhalten werden.“

Französisches Recht

13

In Art. R. 523-3 des Code des procédures civiles d’exécution (Zivilvollstreckungsordnung) heißt es:

„Die Sicherungspfändung ist hinfällig, wenn sie nicht innerhalb von acht Tagen dem Schuldner durch einen Rechtsakt des Gerichtsvollziehers angezeigt wird.

Dieser Rechtsakt ist nichtig, wenn er nicht Folgendes enthält:

2)

Eine Kopie des Pfändungsprotokolls und die Wiedergabe der Drittschuldnererklärung, falls dem Drittschuldner der Rechtsakt elektronisch zugestellt wurde;

3)

Den deutlich sichtbaren Hinweis auf das Recht des Schuldners, bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Rechtsgültigkeit der Pfändung beim Vollstreckungsrichter seines Wohnsitzortes die Aufhebung dieser Pfändung zu beantragen;

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Rechtssache C‑753/21

14

Im Anschluss an zwei Schiedssprüche vom 6. Februar 1996 bzw. 22. März 2003, die inzwischen rechtskräftig geworden waren und dem irakischen Staat auferlegten, eine Summe an Instrubel, eine Gesellschaft niederländischen Rechts, zu zahlen, erließ das Tribunal de grande instance de Paris (Regionalgericht Paris, Frankreich) am 20. März 2013 zwei Vollstreckbarerklärungen.

15

Am 20. Januar 2014 ließ Instrubel zur Vollstreckung dieser beiden Schiedssprüche bei BNP Paribas Sicherungspfändungen „gegen die Republik Irak und ihre Organisationen, deren Gelder aufgrund von UNO-Resolutionen im Eigentum des Irak stehen, nämlich gegen das Unternehmen Montana [Management]“ vornehmen. Diese Pfändungen wurden am 28. Juli 2014 dem irakischen Staat angezeigt, der sie nicht angefochten hat.

16

Am 26. Dezember 2017 erhob Montana Management beim Vollstreckungsrichter des Tribunal de grande instance de Bobigny (Regionalgericht Bobigny, Frankreich) Klage gegen Instrubel und beantragte die Aufhebung der Pfändungen, wobei sie sich sowohl auf die Hinfälligkeit als auch auf die Nichtigkeit dieser Pfändungen berief, da ihr diese nicht angezeigt worden seien, obwohl sie Eigentümerin der von den Pfändungen erfassten Gelder sei.

17

Mit Urteil vom 24. Juli 2018 stellte dieser Vollstreckungsrichter die Hinfälligkeit der Pfändungen fest und ordnete deren Aufhebung an. Da in den Pfändungsprotokollen der irakische Staat und seine Organisationen, insbesondere Montana Management, als Schuldner benannt wurden, ging der Vollstreckungsrichter nämlich davon aus, dass Montana Management als Schuldnerin im Sinne von Art. R. 523-3 der Zivilvollstreckungsordnung anzusehen sei. Daher müssten die Protokolle der Montana Management angezeigt werden, andernfalls seien die Pfändungen hinfällig und ihre Aufhebung müsse angeordnet werden. Mit Urteil vom 24. Oktober 2019 bestätigte die Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) dieses Urteil.

18

Instrubel legte Kassationsbeschwerde bei der Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich), dem vorlegenden Gericht, ein und machte geltend, dass eine Sicherungsmaßnahme nur dem Schuldner anzuzeigen sei, der in dem der Pfändung zugrundeliegenden Vollstreckungstitel genannt sei, was hier geschehen sei, da der Vollstreckungstitel als Schuldner den irakischen Staat benenne und diesem Staat zugestellt worden sei.

19

In diesem Zusammenhang fragt sich das vorlegende Gericht, in wessen Eigentum die Vermögenswerte stehen, in Bezug auf die Sicherungsmaßnahmen angeordnet wurden. Diese Sicherungsmaßnahmen seien nämlich nach französischem Recht nur dann ordnungsgemäß und wirksam, wenn die von diesen Maßnahmen betroffenen Vermögenswerte dem Schuldner gehörten, der im Vollstreckungstitel genannt sei, hier dem irakischen Staat.

20

Im vorliegenden Fall seien diese Vermögenswerte aufgrund der Benennung von Montana Management durch die Verordnung Nr. 1210/2003 eingefroren. Im Übrigen habe das Einfrieren der Vermögenswerte nach dieser Verordnung den Zweck, sie an die Nachfolgeregelungen des Entwicklungsfonds für Irak (im Folgenden: Entwicklungsfonds) zu übertragen, was zur Folge habe, dass das Eigentum an diesen Vermögenswerten auf den irakischen Staat übergehe.

21

Das vorlegende Gericht fragt sich daher, ob die eingefrorenen Vermögenswerte bis zur Entscheidung der zuständigen nationalen Behörde über die Übertragung im Eigentum der durch diese Verordnung benannten Personen, hier der Montana Management, verbleiben oder ob die eingefrorenen Gelder ab Inkrafttreten dieser Verordnung diesem Entwicklungsfonds, d. h. dem irakischen Staat gehören, da es in Anbetracht der in dieser Verordnung vorgesehenen Übertragung nicht vorgesehen sei, dass die eingefrorenen Vermögenswerte wieder Teil des Vermögens der durch diese Verordnung benannten Personen werden.

22

Unter diesen Umständen hat die Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Sind Art. 4 Abs. 2, 3 und 4 sowie Art. 6 der Verordnung Nr. 1210/2003 dahin auszulegen, dass

die eingefrorenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen bis zur Entscheidung über die Übertragung an den Entwicklungsfonds im Eigentum der natürlichen und juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen verbleiben, die mit dem Regime des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein in Verbindung stehen und gegen die sich das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen richtet?

Oder stehen diese eingefrorenen Gelder ab dem Inkrafttreten der Verordnung, mit der in den Anhängen III und IV die natürlichen und juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen benannt werden, die mit dem Regime des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein in Verbindung stehen und gegen die sich das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen richtet, im Eigentum des Entwicklungsfonds?

(2)

Wenn die erste Frage dahin beantwortet wird, dass die eingefrorenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen im Eigentum des Entwicklungsfonds stehen, sind dann Art. 4 Abs. 2, 3 und 4 sowie Art. 6 der Verordnung Nr. 1210/2003 dahin auszulegen, dass sie der Vornahme einer Maßnahme ohne Zuweisungswirkung, wie einer gerichtlich bestellten Sicherheit oder einer Sicherungspfändung nach der französischen Zivilvollstreckungsordnung, in Bezug auf eingefrorene Vermögenswerte ohne vorherige Genehmigung der zuständigen nationalen Behörde entgegenstehen? Oder sind diese Bestimmungen dahin auszulegen, dass danach eine Genehmigung dieser nationalen Behörde erst bei der Freigabe der eingefrorenen Gelder erforderlich ist?

Rechtssache C‑754/21

23

Mit Urteil des Gerechtshof 's-Gravenhage (Berufungsgericht Den Haag, Niederlande) vom 31. Oktober 2000, das durch Beschluss des Präsidenten des Tribunal de grande instance de Paris (Regionalgericht Paris) vom 31. August 2011 in Frankreich für vollstreckbar erklärt wurde, wurden der irakische Staat und die Zentralbank Iraks gesamtschuldnerisch zur Zahlung eines bestimmten Betrags an Heerema, eine Gesellschaft niederländischen Rechts, verurteilt.

24

Am 28. Juli 2011 ließ Heerema bei BNP Paribas Sicherungspfändungen an von Montana Management gehaltenen Wertpapieren vornehmen. Diese Sicherungspfändungen wurden im Juni und September 2014 in eine Pfändung bei einem Drittschuldner und eine Pfändung zur Veräußerung umgewandelt.

25

Am 12. Dezember 2014 erhob Montana Management beim Vollstreckungsrichter des Tribunal de grande instance de Bobigny (Regionalgericht Bobigny) Klage gegen Heerema auf Feststellung der Nichtigkeit und Hinfälligkeit der Pfändungen und auf Anordnung von deren Aufhebung.

26

Mit Urteil vom 12. Mai 2015 wies dieser Richter die Klage von Montana Management aus verfahrensrechtlichen Gründen ab. Mit Urteil vom 28. Februar 2019 hob die Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris) dieses Urteil auf und erklärte die Pfändung zur Veräußerung und die Pfändung beim Drittschuldner für gültig, weil bei den eingefrorenen Geldern eine Eigentumsvermutung zugunsten des irakischen Staats bestehe.

27

Mit ihrer Kassationsbeschwerde beim vorlegenden Gericht wendet sich Montana Management erstens gegen die Vermutung, dass die eingefrorenen Gelder dem irakischen Staat gehörten. Diese Gelder blieben bis zur Entscheidung über die Übertragung an den Entwicklungsfonds in ihrem Eigentum, da das Einfrieren von Geldern eine vorübergehende Maßnahme bedeute, die das Eigentumsrecht nicht berühre.

28

Zweitens macht Montana Management geltend, Heerema hätte die vorherige Genehmigung der zuständigen nationalen Behörde gemäß Art. 6 der Verordnung Nr. 1210/2003 einholen müssen, da die Zustellung der Umwandlungsmaßnahme die sofortige Zuweisung der Forderung an den Gläubiger zur Folge habe.

29

Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob die eingefrorenen Vermögenswerte bis zur Entscheidung der zuständigen nationalen Behörde über die Übertragung an den Entwicklungsfonds im Eigentum der vom Einfrieren betroffenen juristischen Personen verbleiben oder ob sie ab dem Inkrafttreten der Verordnung, mit der diese Personen benannt wurden, dem Fonds gehören.

30

Sollten die eingefrorenen Vermögenswerte diesem Fond ab Inkrafttreten der Verordnung gehören, mit der im vorliegenden Fall Montana Management in die Liste der Gesellschaften aufgenommen wurde, gegen die sich das fragliche Einfrieren richtet, stelle sich die Frage nach der Gültigkeit der Pfändungen, da es an einer vorherigen Genehmigung der nationalen Behörde für die Freigabe der eingefrorenen Vermögenswerte fehlt.

31

Unter diesen Umständen hat die Cour de cassation (Kassationsgerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Sind Art. 4 Abs. 2, 3 und 4 sowie Art. 6 der Verordnung Nr. 1210/2003 dahin auszulegen, dass

die eingefrorenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen bis zur Entscheidung über die Übertragung an den Entwicklungsfonds im Eigentum der natürlichen und juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen verbleiben, die mit dem Regime des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein in Verbindung stehen und gegen die sich das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen richtet?

Oder stehen diese eingefrorenen Gelder ab dem Inkrafttreten der Verordnung, mit der in den Anhängen III und IV die natürlichen und juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen benannt werden, die mit dem Regime des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein in Verbindung stehen und gegen die sich das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen richtet, im Eigentum des Entwicklungsfonds?

2.

Wenn die erste Frage dahin beantwortet wird, dass die eingefrorenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen im Eigentum des Entwicklungsfonds stehen, sind dann die Art. 4 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1210/2003 dahin auszulegen, dass die Durchführung einer Pfändung von eingefrorenen Vermögenswerten eine vorherige Genehmigung der zuständigen nationalen Behörde voraussetzt? Oder sind diese Bestimmungen dahin auszulegen, dass danach eine Genehmigung dieser nationalen Behörde erst bei der Freigabe der eingefrorenen Gelder erforderlich ist?

Zum Verfahren vor dem Gerichtshof

32

Durch Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 20. Januar 2022 sind die Rechtssachen C‑753/21 und C‑754/21 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamem Urteil verbunden worden.

Zu den Anträgen auf Eröffnung des mündlichen Verfahrens

33

Mit Anträgen vom 25. Juli und 7. November 2022 haben Instrubel und Heerema gemäß Art. 83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Eröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt und geltend gemacht, dass es bestimmte neue Tatsachen gebe, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs seien.

34

Diese neuen Tatsachen bestünden erstens in der Streichung des Namens von Montana Management von der Liste der Personen und Organisationen, deren Vermögenswerte einzufrieren seien; diese Streichung sei erst nach Einreichung der schriftlichen Erklärungen durch die Parteien und Beteiligten im Sinne von Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union erfolgt.

35

Sollte der Gerichtshof nämlich auf die ersten Fragen in den Rechtssachen C‑753/21 und C‑754/21 antworten, dass die eingefrorenen Vermögenswerte bis zur Entscheidung über die Übertragung an den Entwicklungsfonds im Eigentum der Organisationen verblieben, gegen die sich die Maßnahme des Einfrierens richte, würde dies aufgrund dieser Streichung bedeuten, dass diese Vermögenswerte, die noch immer nicht an diesen Entwicklungsfonds übertragen worden seien, dieser Gesellschaft zurückerstattet würden. Eine solche Folge liefe aber den mit der Verordnung Nr. 1210/2003 verfolgten Zielen zuwider.

36

Zweitens werde die Eröffnung des mündlichen Verfahrens mit dem Umstand begründet, dass Montana Management nach dem Tod ihres Präsidenten und gesetzlichen Vertreters im Jahr 2020 nicht mehr prozessfähig sei.

37

Drittens sei es erforderlich, die Bedeutung des Décret no 2015-1134 du 11 septembre 2015 relatif aux modalités de transfert de fonds et de ressources économiques aux mécanismes successeurs du Fonds de développement pour l’Iraq (Dekret Nr. 2015-1134 vom 11. September 2015 über die Modalitäten der Übertragung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen an die Nachfolgeregelungen des Entwicklungsfonds für Irak) und des Urteils des Tribunal judiciaire de Grasse (Erstinstanzliches ordentliches Gericht Grasse, Frankreich) vom 12. Januar 2021 für die Vorabentscheidung des Gerichtshofs zu erörtern.

38

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach Art. 83 seiner Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Eröffnung oder Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen kann, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält, wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.

39

Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts auf der Grundlage der Vorabentscheidungsersuchen und der schriftlichen Erklärungen der Ansicht, dass er über alle für die Bearbeitung des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens erforderlichen Angaben verfügt und dass die von Instrubel und Heerema in ihren Anträgen vom 25. Juli und 7. November 2022 angeführten Tatsachen, deren Bedeutung für die Ausgangsverfahren vom vorlegenden Gericht zu beurteilen ist, keine neuen Tatsachen darstellen, die von entscheidender Bedeutung für die Vorabentscheidung des Gerichtshofs sind.

40

Folglich besteht kein Anlass, das mündliche Verfahren zu eröffnen.

Zu den Vorlagefragen

Zu den ersten Fragen in den Rechtssachen C‑753/21 und C‑754/21

41

Mit seinen ersten Fragen in den vorliegenden Rechtssachen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 4 Abs. 2 bis 4 und Art. 6 der Verordnung Nr. 1210/2003 dahin auszulegen sind, dass die eingefrorenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen bis zur Entscheidung über die Übertragung an den Entwicklungsfonds im Eigentum der natürlichen und juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen verbleiben, die mit dem Regime des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein in Verbindung stehen und gegen die sich dieses Einfrieren richtet, oder ob diese Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen ab Inkrafttreten der Verordnung, mit der die Personen, Einrichtungen und Organisationen benannt werden, gegen die sich das Einfrieren richtet, dem Entwicklungsfonds gehören.

42

Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1210/2003 sieht das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen vor, die im Eigentum der vom Sanktionsausschuss benannten und in Anhang IV dieser Verordnung aufgeführten Personen stehen oder sich in deren Besitz befinden.

43

Art. 6 Abs. 1 der Verordnung sieht Ausnahmen vor, die unter den in diesem Absatz aufgeführten Bedingungen die Genehmigung der Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder und wirtschaftlicher Ressourcen durch die zuständigen Behörden ermöglichen. Abs. 2 dieses Artikels bestimmt, dass in allen Fällen, die nicht in Abs. 1 genannt sind, Gelder und wirtschaftliche Ressourcen nur zum Zweck ihres Transfers an den Entwicklungsfonds freigegeben werden dürfen. Dieser Transfer hat zur Folge, dass der irakische Staat Eigentümer der übertragenen Vermögenswerte wird.

44

Die Gesamtschau von Art. 4 Abs. 2 und Verbindung mit Art. 6 dieser Verordnung lässt somit zwei unterschiedliche Etappen erkennen, nämlich zum einen das Einfrieren der Vermögenswerte und zum anderen der Transfer dieser Vermögenswerte an den Entwicklungsfonds.

45

Insbesondere sieht Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1210/2003 im Einklang mit Ziffer 23 der Resolution 1483 (2003) vor, dass die zuständigen nationalen Behörden die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder und wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen können, die bereits vor dem 22. Mai 2003 Gegenstand eines Pfandrechts oder einer Entscheidung waren, die von einem Gericht, einer Verwaltungsstelle oder einem Schiedsgericht begründet bzw. erlassen wurden. Anders ausgedrückt und wie sich auch aus dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1799/2003 ergibt, könnte der Umstand, dass die eingefrorenen Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen Gegenstand eines solchen Pfandrechts oder einer solchen Entscheidung sein sollten, ausreichen, um das Einfrieren dieser Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen aufzuheben, damit ihre Freigabe ermöglicht wird und sie somit von der Pflicht zur Übertragung an den Entwicklungsfonds ausgenommen werden.

46

Würde die Übertragung an den Entwicklungsfonds zum Zeitpunkt des Einfrierens automatisch erfolgen, würde Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1210/2003 jede praktische Wirksamkeit genommen.

47

Diese Schlussfolgerung wird durch Ziffer 23 der Resolution 1483 (2003) nicht entkräftet. Denn diese Bestimmung sieht zwar eine sofortige Übertragung der Vermögenswerte an den Entwicklungsfonds vor, doch macht schon sein Wortlaut diese Übertragung davon abhängig, dass sie nicht selbst Gegenstand eines vorherigen Pfandrechts oder einer vorherigen Entscheidung eines Gerichts, einer Verwaltungsstelle oder eines Schiedsgerichts sind, was den Aufschub oder die Nichtigerklärung dieser Übertragung nach sich ziehen kann.

48

Außerdem lässt der fünfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1210/2003 ebenfalls die beiden in Rn. 44 des vorliegenden Urteils genannten Etappen erkennen, da er zum einen bestimmt, dass die Mitgliedstaaten nach dem Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen die Übertragung dieser Vermögenswerte an den Entwicklungsfonds veranlassen, und zum anderen, dass vorgesehen werden sollte, dass die betreffenden Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen freigegeben werden, damit sie diesen Transfer veranlassen können. Somit erfolgt der Transfer als aktive Maßnahme seitens der Mitgliedstaaten nach dem Einfrieren und geschieht erst nach der Freigabe gemäß den hierfür in dieser Verordnung vorgesehenen Modalitäten.

49

Folglich zeigt schon allein das Vorliegen von Bestimmungen über das Verfahren des Transfers an den Entwicklungsfonds, dass ein solcher Transfer nicht automatisch durch das bloße Einfrieren der betreffenden Vermögenswerte erfolgt. Auch wenn der Transfer im Rahmen der Verordnung Nr. 1210/2003 verpflichtend ist, geschieht er gleichwohl erst nach dem Einfrieren und stellt im Verhältnis dazu eine eigene Etappe dar.

50

Was insbesondere den Begriff „Einfrieren“ betrifft, wie er in Art. 1 Nrn. 4 und 5 dieser Verordnung definiert ist, und die Frage, ob das Einfrieren als solches zu einer Veränderung des Eigentums an den eingefrorenen Vermögenswerten führen kann, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Maßnahme des Einfrierens eine Sicherungsmaßnahme ist, die nicht darauf abzielt, die Personen, gegen die sich die Maßnahme richtet, zu enteignen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 358), da diese befristeter und reversibler Natur ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2015, Ezz u. a./Rat, C‑220/14 P, EU:C:2015:147, Rn. 113).

51

Folglich wirkt sich die Maßnahme des Einfrierens allein nicht auf das Eigentum an den eingefrorenen Vermögenswerten aus.

52

Insoweit ist klarzustellen, dass der Umstand, dass die Verordnung Nr. 1210/2003 eine Übertragung der eingefrorenen Vermögenswerte auf den Entwicklungsfonds bezweckt, in Bezug auf die dieser Übertragung vorangehende Etappe keine andere Auslegung des Begriffs „Einfrieren“ bedingt als jene, die im Rahmen anderer Verordnungen über restriktive Maßnahmen vorgenommen wurde, die eine solche Übertragung nicht vorsehen, zumal dieser Begriff in den meisten dieser Verordnungen übereinstimmend definiert wird.

53

Nach alledem ist auf die ersten Fragen in den Rechtssachen C‑753/21 und C‑754/21 zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 bis 4 und Art. 6 der Verordnung Nr. 1210/2003 dahin auszulegen sind, dass die eingefrorenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen bis zur Entscheidung über die Übertragung an den Entwicklungsfonds im Eigentum der natürlichen und juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen verbleiben, die mit dem Regime des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein in Verbindung stehen und gegen die sich das Einfrieren richtet.

Zu den zweiten Fragen in den Rechtssachen C‑753/21 und C‑754/21

54

In Anbetracht der Antwort auf die ersten Fragen in den vorliegenden Rechtssachen sind die zweiten Fragen nicht zu beantworten.

Kosten

55

Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren Teil der bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 4 Abs. 2 bis 4 und Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1210/2003 des Rates vom 7. Juli 2003 über bestimmte spezifische Beschränkungen in den wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zu Irak und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2465/1996 in der zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 85/2013 des Rates vom 31. Januar 2013 geänderten Fassung

 

sind dahin auszulegen, dass

 

die eingefrorenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen bis zur Entscheidung über die Übertragung an die Nachfolgeregelungen des Entwicklungsfonds für Irak im Eigentum der natürlichen und juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen verbleiben, die mit dem Regime des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein in Verbindung stehen und gegen die sich das Einfrieren richtet.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.