URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)
27. April 2023 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Markenrecht – Richtlinie 89/104/EWG – Richtlinie (EU) 2015/2436 – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Verordnung (EU) 2017/1001 – Ausschließliche Rechte des Markeninhabers – Marke, die mehreren Personen zusteht – Mehrheitsvoraussetzungen, die unter den gemeinsamen Inhabern für die Erteilung und Entziehung einer Lizenz an ihrer Marke erforderlich sind“
In der Rechtssache C‑686/21
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien) mit Entscheidung vom 29. Oktober 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 15. November 2021, in den Verfahren
VW
gegen
SW,
CQ,
ET,
Legea Srl
und
Legea Srl
gegen
VW
SW,
CQ,
ET
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Gratsias sowie der Richter M. Ilešič (Berichterstatter) und I. Jarukaitis,
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
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von VW, vertreten durch F. Rampone, Avvocato, |
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der Legea Srl, vertreten durch G. Biancamano, Avvocato, |
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von SW, CQ, ET, vertreten durch R. Bocchini, Avvocato, |
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der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten, |
– |
der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Messina und P. Němečková als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Dezember 2022
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2015, L 336, S. 1) und der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1). |
2 |
Es ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen VW auf der einen und SW, CQ, ET und der Legea Srl auf der anderen Seite sowie zwischen Legea auf der einen und VW, SW, CQ und ET auf der anderen Seite wegen der angeblich rechtswidrigen Benutzung von Marken, die aus dem Zeichen „Legea“ bestehen. |
Rechtlicher Rahmen
Verordnungen über die Unionsmarke
3 |
Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 422/2004 des Rates vom 19. Februar 2004 (ABl. 2004, L 70, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 40/94) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1), die am 13. April 2009 in Kraft trat, aufgehoben und ersetzt. Die letztgenannte Verordnung wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 durch die Verordnung 2017/1001 aufgehoben und ersetzt. |
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Art. 5 („Inhaber von Gemeinschaftsmarken“) der Verordnung Nr. 40/94 bestimmte: „Inhaber von Gemeinschaftsmarken können alle natürlichen oder juristischen Personen, einschließlich Körperschaften des öffentlichen Rechts[,] sein.“ |
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Art. 9 („Recht aus der Gemeinschaftsmarke“) der Verordnung sah in Abs. 1 vor: „Die Gemeinschaftsmarke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
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Art. 16 („Gleichstellung der Gemeinschaftsmarke mit der nationalen Marke“) der Verordnung Nr. 40/94 lautete: „(1) Soweit in den Artikeln 17 bis 24 nichts Anderes bestimmt ist, wird die Gemeinschaftsmarke als Gegenstand des Vermögens im Ganzen und für das gesamte Gebiet der Gemeinschaft wie eine nationale Marke behandelt, die in dem Mitgliedstaat eingetragen ist, in dem nach dem Gemeinschaftsmarkenregister
(2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vor, so ist der nach Absatz 1 maßgebende Mitgliedstaat der Staat, in dem das [Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)] seinen Sitz hat. (3) Sind mehrere Personen als gemeinsame Inhaber in das Gemeinschaftsmarkenregister eingetragen, so ist für die Anwendung des Absatzes 1 der zuerst genannte gemeinsame Inhaber maßgebend; liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für diesen Inhaber nicht vor, so ist der jeweils nächstgenannte gemeinsame Inhaber maßgebend. Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für keinen der gemeinsamen Inhaber vor, so ist Absatz 2 anzuwenden.“ |
7 |
Art. 21 („Insolvenzverfahren“) der Verordnung Nr. 40/94 bestimmte in den Abs. 1 und 2: „(1) Eine Gemeinschaftsmarke kann nur dann von einem Insolvenzverfahren erfasst werden, wenn dieses in dem Mitgliedstaat eröffnet wird, in dessen Hoheitsgebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner Interessen hat. … (2) Absatz 1 ist im Fall der Mitinhaberschaft an einer Gemeinschaftsmarke auf den Anteil des Mitinhabers entsprechend anzuwenden.“ |
8 |
Art. 22 („Lizenz“) der Verordnung Nr. 40/94 sah in den Abs. 1 und 2 vor: „(1) Die Gemeinschaftsmarke kann für alle oder einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und für das gesamte Gebiet oder einen Teil der Gemeinschaft Gegenstand von Lizenzen sein. Eine Lizenz kann ausschließlich oder nicht ausschließlich sein. (2) Gegen einen Lizenznehmer, der hinsichtlich der Dauer der Lizenz, der von der Eintragung erfassten Form, in der die Marke verwendet werden darf, der Art der Waren oder Dienstleistungen, für die die Lizenz erteilt wurde, des Gebiets, in dem die Marke angebracht werden darf, oder der Qualität der vom Lizenznehmer hergestellten Waren oder erbrachten Dienstleistungen gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstößt, kann der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke die Rechte aus der Gemeinschaftsmarke geltend machen.“ |
9 |
Diese Bestimmungen der Art. 5, 9, 16, 21 und 22 der Verordnung Nr. 40/94 ähneln den entsprechenden Bestimmungen der Art. 5, 9, 19, 24 und 25 der Verordnung 2017/1001. |
Richtlinien zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken
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Die Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, berichtigt im ABl. 1989, L 159, S. 60) wurde mit Wirkung vom 28. November 2008 durch die Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2008, L 299, S. 25) aufgehoben und ersetzt. Die letztgenannte Richtlinie wurde, gemäß Art. 55 der Richtlinie 2015/2436 mit Wirkung vom 15. Januar 2019, durch diese Richtlinie aufgehoben und ersetzt. |
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In den Erwägungsgründen 3 und 6 der Ersten Richtlinie 89/104 hieß es: „Es erscheint gegenwärtig nicht notwendig, die Markenrechte der Mitgliedstaaten vollständig anzugleichen. Es ist ausreichend, wenn sich die Angleichung auf diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften beschränkt, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken. … Diese Richtlinie schließt nicht aus, dass auf die Marken andere Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als die des Markenrechts, wie die Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb, über die zivilrechtliche Haftung oder den Verbraucherschutz, Anwendung finden.“ |
12 |
Art. 5 („Rechte aus der Marke“) der Ersten Richtlinie 89/104 sah in Abs. 1 vor: „Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
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Art. 8 („Lizenz“) dieser Richtlinie bestimmte: „(1) Die Marke kann für alle oder einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und für das gesamte Gebiet oder einen Teil des Gebiets eines Mitgliedstaats Gegenstand von Lizenzen sein. Eine Lizenz kann ausschließlich oder nicht ausschließlich sein. (2) Gegen einen Lizenznehmer, der hinsichtlich der Dauer der Lizenz, der von der Eintragung erfassten Form, in der die Marke verwendet werden darf, der Art der Waren oder Dienstleistungen, für die die Lizenz erteilt wurde, des Gebietes, in dem die Marke angebracht werden darf, oder der Qualität der vom Lizenznehmer hergestellten Waren oder erbrachten Dienstleistungen gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstößt, kann der Inhaber einer Marke die Rechte aus der Marke geltend machen.“ |
14 |
Diese Bestimmungen der Art. 5 und 8 der Ersten Richtlinie 89/104 ähneln den entsprechenden Bestimmungen der Art. 10 und 25 der Richtlinie 2015/2436. |
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
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VW, SW, CQ und ET sind zu gleichen Teilen gemeinsame Inhaber der nationalen Marke und der Unionsmarke LEGEA, die für Sportartikel eingetragen sind (im Folgenden zusammen: in Rede stehende Marken). |
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Im Laufe des Jahres 1993 beschlossen VW, SW, CQ und ET, Legea eine ausschließliche unentgeltliche Lizenz auf unbestimmte Zeit zur Benutzung der Marken zu erteilen, deren gemeinsame Inhaber sie sind (im Folgenden: Lizenzvereinbarung). |
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Ende 2006 widersprach VW der Fortführung dieser Lizenzvereinbarung. |
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Am 16. November 2009 erhob Legea beim Tribunale di Napoli (Gericht Neapel, Italien) Klage auf Nichtigerklärung von für VW eingetragene Marken, die das Zeichen „Legea“ enthalten. VW beantragte im Wege der Widerklage, zum einen die für Legea eingetragenen Marken für nichtig zu erklären und zum anderen festzustellen, dass die Benutzung der in Rede stehenden Marken durch diese Gesellschaft rechtswidrig ist. |
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Mit Urteil vom 11. Juni 2014 stellte das Tribunale di Napoli (Gericht Neapel) fest, dass Legea mit Zustimmung aller gemeinsamen Inhaber die in Rede stehenden Marken bis zum 31. Dezember 2006 rechtmäßig benutzt habe. Dagegen sei die Benutzung nach diesem Datum rechtswidrig gewesen, da VW der Fortführung der Lizenzvereinbarung widersprochen habe. |
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Mit Urteil vom 11. April 2016 änderte die Corte d’appello di Napoli (Berufungsgericht Neapel, Italien) dieses Urteil teilweise ab. Da die Einstimmigkeit der gemeinsamen Inhaber für die Erteilung einer Markenlizenz an einen Dritten nicht erforderlich sei, hat dieses Gericht festgestellt, dass der Wille von drei der vier gemeinsamen Inhaber der in Rede stehenden Marken ausreiche, um die Lizenzvereinbarung ungeachtet des Widerspruchs von VW über den 31. Dezember 2006 hinaus fortzuführen. |
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Das vorlegende Gericht, bei dem Rechtsmittel gegen dieses Urteil vom 11. April 2016 anhängig sind, fragt danach, wie das ausschließliche Recht, das die Mitinhaber einer Marke gemeinsam haben, im Hinblick auf die Bestimmungen des Unionsrechts individuell ausgeübt werden kann, und bezieht sich insoweit auf Art. 10 der Richtlinie 2015/2436 sowie auf die Art. 9 und 25 der Verordnung 2017/1001. |
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Unter diesen Umständen hat die Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtsgerichtshof, Italien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens
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SW, CQ und ET halten die erste Vorlagefrage für unzulässig, da die Lizenzvereinbarung von den gemeinsamen Inhabern der in Rede stehenden Marken einstimmig geschlossen worden sei und es daher unerheblich sei, ob eine Mehrheit ausreichend gewesen sei, um diesen Beschluss zu fassen. Legea macht geltend, das Vorabentscheidungsersuchen sei unzulässig, da die Voraussetzungen für die Willensbildung der gemeinsamen Inhaber einer Marke sowohl für die Erteilung einer Lizenz zur Benutzung durch einen Dritten als auch für ihre Entziehung im Unionsrecht nicht geregelt seien. |
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Es ist darauf hinzuweisen, dass in einem Verfahren nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, allein das nationale Gericht für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits sowie die Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts zuständig ist. Ebenso ist es ausschließlich Sache des mit dem Rechtsstreit befassten und die Verantwortung für die abschließende richterliche Entscheidung tragenden nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelheiten des Rechtsstreits sowohl die Notwendigkeit als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen (Urteil vom 6. Oktober 2022, Contship Italia, C‑433/21 und C‑434/21, EU:C:2022:760, Rn. 23). |
25 |
Die Zurückweisung des Ersuchens eines nationalen Gerichts ist dem Gerichtshof daher nur dann möglich, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 3. Juni 2021, BalevBio, C‑76/20, EU:C:2021:441, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
26 |
Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht den rechtlichen und tatsächlichen Kontext und die Gründe, aus denen es Zweifel bezüglich der Auslegung bestimmter Vorschriften des Unionsrechts hat, die es für den Erlass seines Urteils für erforderlich hält, hinreichend klar dargelegt. Es ist nicht offensichtlich, dass die erbetene Auslegung in keinem Zusammenhang mit dem Ausgangsrechtsstreit steht oder dass das aufgeworfene Problem hypothetischer Natur ist. |
27 |
Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen von Legea nicht in Frage gestellt, da die Frage, ob das Unionsrecht regelt, wie die gemeinsamen Inhaber einer Marke den Beschluss über die Erteilung einer Lizenz zur Benutzung der Marke zu fassen haben, zur materiellen Prüfung der Vorlagefragen gehört. Darüber hinaus ist die erste Vorlagefrage entgegen dem Vorbringen von SW, CQ und ET für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erheblich, da es, wenn die Mehrheit der gemeinsamen Inhaber für den Beschluss über die Erteilung einer Lizenz zur Benutzung einer Marke ausreicht, jedenfalls ohne Folgen bleiben könnte, dass ein eine Minderheit darstellender gemeinsamer Inhaber die von ihm ursprünglich gegebene Zustimmung zur Erteilung dieser Lizenz widerruft. |
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Das Vorabentscheidungsersuchen ist demnach zulässig. |
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
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Zunächst ist festzustellen, dass der Ausgangsrechtsstreit aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten des Sachverhalts in Bezug auf Unionsmarken unter die Verordnung Nr. 40/94 und in Bezug auf nationale Marken unter die Erste Richtlinie 89/104 fällt. Die Bestimmungen der Art. 9 und 25 der Verordnung 2017/1001 sowie von Art. 10 der Richtlinie 2015/2436, auf die sich das vorlegende Gericht bezieht, entsprechen denen, die in den Art. 9 und 22 der Verordnung Nr. 40/94 bzw. in Art. 5 der Ersten Richtlinie 89/104 enthalten waren. Daher sind die Vorlagefragen unter Bezugnahme auf diese Bestimmungen umzuformulieren. |
30 |
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Erste Richtlinie 89/104 und die Verordnung Nr. 40/94 dahin auszulegen sind, dass die Erteilung oder Entziehung einer Lizenz zur Benutzung einer in Mitinhaberschaft stehenden nationalen oder Unionsmarke einen einstimmigen Beschluss der gemeinsamen Inhaber erfordert, oder dahin, dass sie einen mehrheitlich gefassten Beschluss der Inhaber erfordert. |
31 |
Nach Art. 5 der Ersten Richtlinie 89/104 und Art. 9 der Verordnung Nr. 40/94 gewährt die Marke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Nach Art. 5 dieser Verordnung können alle natürlichen oder juristischen Personen, einschließlich Körperschaften des öffentlichen Rechts, Inhaber von Unionsmarken sein. |
32 |
Außerdem ergibt sich aus Art. 8 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104 und Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94, dass sowohl die nationale Marke als auch die Unionsmarke für alle oder einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen sind, Gegenstand von ausschließlichen oder nicht ausschließlichen Lizenzen sein können. |
33 |
Aus Art. 16 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94, die sich auf „gemeinsame Inhaber“ bzw. „Mitinhaber“ einer Unionsmarke beziehen, ergibt sich, dass eine solche Marke mehreren Personen zustehen kann. |
34 |
Zwar bezieht sich die Erste Richtlinie 89/104, wie der Generalanwalt in den Nrn. 47 und 48 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, nicht auf die Mitinhaberschaft an einer nationalen Marke, doch bedeutet diese fehlende Bezugnahme nicht, dass die Mitinhaberschaft an einer solchen Marke ausgeschlossen ist, sondern dass sie sich nach dem nationalen Recht richtet, das regelt, wie die gemeinsamen Inhaber die Rechte aus der Marke, einschließlich des Rechts, über die Erteilung oder die Entziehung einer Lizenz zur Benutzung der Marke zu entscheiden, ausüben können. |
35 |
Im Übrigen soll die Erste Richtlinie 89/104, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 6 ergibt, zwar die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken angleichen, um Unterschiede zu beseitigen, durch die der freie Warenverkehr und der freie Dienstleistungsverkehr behindert werden können, sie bezweckt jedoch keine vollständige Angleichung dieser Rechtsvorschriften (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 2002, Robelco, C‑23/01, EU:C:2002:706, Rn. 33). |
36 |
Was die Verordnung Nr. 40/94 anbelangt, erkennt sie zwar die Möglichkeit der Mitinhaberschaft an einer Unionsmarke an, enthält aber keine Bestimmung, die die Voraussetzungen regelt, unter denen die gemeinsamen Inhaber einer solchen Marke die Rechte aus der Marke, einschließlich des Rechts, über die Erteilung oder Entziehung einer Lizenz zur Benutzung zu entscheiden, ausüben können. |
37 |
Aus Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 ergibt sich, dass die Unionsmarke als Gegenstand des Vermögens wie eine nationale Marke behandelt wird, die in dem Mitgliedstaat eingetragen ist, der nach den in diesem Artikel vorgesehenen Regeln bestimmt wird. Folglich richten sich die Modalitäten, die für den Beschluss der gemeinsamen Inhaber einer Unionsmarke über die Erteilung oder Entziehung einer Lizenz zur Benutzung der Marke gelten, nach dem Recht dieses Mitgliedstaats, wenn eine diese Modalitäten regelnde Bestimmung in der Verordnung Nr. 40/94 fehlt. |
38 |
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Erste Richtlinie 89/104 und die Verordnung Nr. 40/94 dahin auszulegen sind, dass die Frage, ob die Erteilung oder Entziehung einer Lizenz zur Benutzung einer in Mitinhaberschaft stehenden nationalen oder Unionsmarke einen einstimmigen oder einen mehrheitlich gefassten Beschluss der gemeinsamen Inhaber erfordert, dem anwendbaren nationalen Recht unterliegt. |
Zur zweiten Frage
39 |
In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden. |
Kosten
40 |
Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt: |
Die Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken und die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke |
sind dahin auszulegen, dass |
die Frage, ob die Erteilung oder Entziehung einer Lizenz zur Benutzung einer in Mitinhaberschaft stehenden nationalen oder Unionsmarke einen einstimmigen oder einen mehrheitlich gefassten Beschluss der gemeinsamen Inhaber erfordert, dem anwendbaren nationalen Recht unterliegt. |
Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.