Rechtssache C‑680/21

UL
und
SA Royal Antwerp Football Club

gegen

Union royale belge des sociétés de football association ASBL (URBSFA)

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal de première instance francophone de Bruxelles)

Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 21. Dezember 2023

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Wettbewerb – Binnenmarkt – Von internationalen und nationalen Sportverbänden eingeführte Regelung – Profifußball – Privatrechtliche Einrichtungen, die mit Regelungs‑, Überwachungs- und Sanktionsbefugnissen ausgestattet sind – Regeln, mit denen den Profifußballklubs aufgegeben wird, auf eine Mindestzahl von sogenannten ‚lokal ausgebildeten‘ Spielern zurückzugreifen – Art. 101 Abs. 1 AEUV – Beschluss einer Unternehmensvereinigung, der den Wettbewerb beeinträchtigt – Begriffe wettbewerbswidriger ‚Zweck‘ und wettbewerbswidrige ‚Wirkung‘ – Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV – Voraussetzungen – Art. 45 AEUV – Mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit – Behinderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Rechtfertigung – Voraussetzungen – Beweislast“

  1. Zur Vorabentscheidung vorgelegte Fragen – Anrufung des Gerichtshofs – Vereinbarkeit der Vorlageentscheidung mit dem nationalen Gerichtsorganisations- und Verfahrensrecht – Keine Befugnis des Gerichtshofs zur Nachprüfung

    (Art. 267 AEUV; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 97 Abs. 2)

    (vgl. Rn. 28-30)

  2. Zur Vorabentscheidung vorgelegte Fragen – Zulässigkeit – Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung und Erheblichkeit der gestellten Fragen – Beurteilung durch das nationale Gericht – Vermutung der Erheblichkeit der vorgelegten Fragen

    (Art. 267 AEUV)

    (vgl. Rn. 35-37)

  3. Kartelle – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Kriterien – Kartelle, die sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken

    (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

    (vgl. Rn. 43, 44, 83, 84)

  4. Recht der Europäischen Union – Anwendungsbereich – Ausübung des Sports als wirtschaftliche Tätigkeit – Einbeziehung – Regeln, die allein aus nicht wirtschaftlichen Gründen aufgestellt wurden und sich auf Fragen beziehen, die ausschließlich den Sport betreffen – Nichteinbeziehung – Von Sportverbänden eingeführte Regeln, die den Profifußballklubs vorschreiben, eine Mindestzahl lokal ausgebildeter Spieler aufzustellen – Regeln, die sich unmittelbar auf die Bedingungen für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit auswirken – Einbeziehung

    (Art. 45, 101, 102 und 165 AEUV)

    (vgl. Rn. 53-62, 69)

  5. Recht der Europäischen Union – Anwendungsbereich – Ausübung des Sports als wirtschaftliche Tätigkeit – Einbeziehung – Von Sportverbänden eingeführte Regeln, die den Profifußballklubs vorschreiben, eine Mindestzahl lokal ausgebildeter Spieler aufzustellen – Beschränkung – Rechtfertigung – Berücksichtigung der Besonderheiten der sportlichen Tätigkeit

    (Art. 45, 101 und 165 AEUV)

    (vgl. Rn. 64-68, 70-74)

  6. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen – Begriff – Von Sportverbänden eingeführte Regeln, die den Profifußballklubs vorschreiben, eine Mindestzahl lokal ausgebildeter Spieler aufzustellen – Einbeziehung

    (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

    (vgl. Rn. 81, 82)

  7. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Unterscheidung zwischen bezweckten und bewirkten Beschränkungen – Bezweckte Beschränkung – Hinreichende Beeinträchtigung – Hinreichende Feststellung

    (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

    (vgl. Rn. 86, 88-90)

  8. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Inhalt und Ziele eines Kartells sowie wirtschaftlicher und rechtlicher Entwicklungszusammenhang, in dem es steht – Unterscheidung zwischen bezweckten und bewirkten Beschränkungen – Absicht der Parteien einer Vereinbarung, den Wettbewerb einzuschränken – Kein notwendiges Kriterium – Bezweckte Zuwiderhandlung – Hinreichende Beeinträchtigung – Beurteilungskriterien – Erfordernis, die Auswirkungen des wettbewerbswidrigen Verhaltens auf den Wettbewerb zu prüfen – Fehlen

    (Art. 101 AEUV)

    (vgl. Rn. 92-98)

  9. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Unterscheidung zwischen bezweckten und bewirkten Beschränkungen – Bewirkte Beschränkung – Prüfung der Wettbewerbssituation bei Wegdenken der streitigen Vereinbarung

    (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

    (vgl. Rn. 99, 100)

  10. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen – Von Sportverbänden eingeführte Regeln, die den Profifußballklubs vorschreiben, eine Mindestzahl lokal ausgebildeter Spieler aufzustellen – Bezweckte Beschränkung – Überprüfung durch das vorlegende Gericht

    (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

    (vgl. Rn. 101-112, Tenor 1)

  11. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen – Von Sportverbänden eingeführte Regeln, die den Profifußballklubs vorschreiben, eine Mindestzahl lokal ausgebildeter Spieler aufzustellen – Rechtfertigung mittels legitimer Ziele des Allgemeininteresses – Voraussetzung – Keine bezweckte Beschränkung –Freistellung – Voraussetzungen

    (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

    (vgl. Rn. 113-117)

  12. Kartelle – Verbot – Freistellung – Voraussetzungen – Verbesserung der Warenerzeugung oder ‑verteilung oder Beitrag zum technischen oder wirtschaftlichen Fortschritt – Spürbare objektive Vorteile, die geeignet sind, die mit der Vereinbarung verbundenen Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen – Unerlässlichkeit oder Erforderlichkeit des fraglichen Verhaltens – Keine Ausschaltung jedes wirksamen Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren oder Dienstleistungen – Beweislast – Kumulativer Charakter der Voraussetzungen für die Freistellung

    (Art. 101 Abs. 3 AEUV)

    (vgl. Rn. 118-135, Tenor 2)

  13. Freizügigkeit – Arbeitnehmer – Beschränkungen – Von Sportverbänden eingeführte Regeln, die den Profifußballklubs vorschreiben, eine Mindestzahl lokal ausgebildeter Spieler aufzustellen – Unzulässigkeit – Rechtfertigung – Überprüfung durch das vorlegende Gericht

    (Art. 45 AEUV)

    (vgl. Rn. 136-150, Tenor 3)

Zusammenfassung

Die Union des associations européennes de football (UEFA) ist ein privatrechtlicher Verein mit Sitz in der Schweiz, dessen Hauptaufgaben in der Überwachung und Kontrolle der Entwicklung aller Formen des Fußballs in Europa bestehen. Der UEFA unterstehen die verschiedenen nationalen Fußballverbände in Europa, die in ihrem Land für die Organisation des Fußballsports verantwortlich sind. Für Belgien ist dies die Union royale belge des sociétés de football association ASBL (URBSFA). Die Mitgliedsverbände der UEFA sind verpflichtet, deren Statuten, Reglemente und Beschlüsse zu befolgen und sicherzustellen, dass sie in dem Land, dem sie angehören, von den ihnen unterstellten Profiligen, Klubs und Spielern eingehalten werden.

Im Jahr 2005 verabschiedete die UEFA Regeln, wonach Profifußballklubs, die an den von ihr organisierten internationalen Interklub-Fußballwettkämpfen teilnehmen, in den Spielbogen eine Höchstzahl von 25 Spielern eintragen müssen, von denen mindestens acht „lokal ausgebildete Spieler“ sein müssen, d. h. Spieler, die, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, mindestens drei Jahre von ihrem Klub oder einem anderen Klub, der demselben nationalen Fußballverband angehört, ausgebildet wurden (im Folgenden: Regeln über „lokal ausgebildete Spieler“). Von diesen acht Spielern müssen mindestens vier von dem Klub, der sie benennt, ausgebildet worden sein. Im Jahr 2011 nahm die URBSFA in ihr Reglement Regeln über „lokal ausgebildete Spieler“ auf; als solche galten Spieler, die, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, mindestens drei Jahre von einem belgischen Club ausgebildet wurden.

UL ist ein Fußballprofi, der die Staatsangehörigkeit eines Drittlands sowie die belgische Staatsangehörigkeit besitzt. Er ist in Belgien erwerbstätig und arbeitete dort zunächst für Royal Antwerp, einen in Belgien ansässigen Profifußballklub, und dann für einen anderen belgischen Profifußballklub.

Da UL und Royal Antwerp der Ansicht waren, dass die Regeln über „lokal ausgebildete Spieler“ gegen Bestimmungen des AEU-Vertrags verstoßen, stellten sie bei der Cour Belge d’arbitrage pour le Sport (Belgischer Schiedsgerichtshof für den Sport, CBAS) Anträge auf Ersatz des durch diese Regeln entstandenen Schadens. Nach der Zurückweisung dieser Anträge erhoben UL und Royal Antwerp beim Tribunal de première instance francophone de Bruxelles (französischsprachiges Gericht Erster Instanz Brüssel, Belgien), dem vorlegenden Gericht, Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs.

In diesem Kontext beschloss das vorlegende Gericht, den Gerichtshof um Vorabentscheidung über verschiedene Fragen zu ersuchen, die im Wesentlichen dahin gehen, ob die von der UEFA und der URBSFA aufgestellten Regeln über „lokal ausgebildete Spieler“ als „Vereinbarung zwischen Unternehmen“, als „Beschluss einer Unternehmensvereinigung“ oder als „abgestimmte Verhaltensweise“ im Sinne von Art. 101 AEUV eingestuft werden können. Ferner möchte es wissen, ob die von der URBSFA aufgestellten Regeln mit der durch Art. 45 AEUV gewährleisteten Freizügigkeit der Arbeitnehmer vereinbar sind.

Mit ihrem Urteil, das am gleichen Tag verkündet wird wie zwei weitere Urteile ( 1 ) zur Anwendung des Wirtschaftsrechts der Union auf die von internationalen Sportverbänden geschaffenen Regeln, äußert sich die Große Kammer des Gerichtshofs zur Anwendung der Art. 45 und 101 AEUV auf die von Sportverbänden erlassenen Regeln in Bezug auf die Zusammensetzung der Mannschaften, die Beteiligung der Spieler an ihnen sowie deren Ausbildung.

Würdigung durch den Gerichtshof

Einleitend stellt der Gerichtshof erstens fest, dass die Regeln über „lokal ausgebildete Spieler“ in den Anwendungsbereich der Art. 45 und 101 AEUV fallen. Insoweit weist er darauf hin, dass die Ausübung eines Sports, soweit sie eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, unter die für eine solche Tätigkeit geltenden Bestimmungen des Unionsrechts fällt, abgesehen von einigen Sonderregeln, die ausschließlich aus nicht wirtschaftlichen Gründen aufgestellt wurden und sich allein auf Fragen beziehen, die nur den Sport als solchen betreffen. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln, ob sie nun von der UEFA oder der URBSFA stammen, fallen aber nicht unter eine solche Ausnahme, da sie wirtschaftliche Tätigkeiten betreffen. Außerdem wirken sich diese Regeln, auch wenn sie sich nicht ausdrücklich auf die Arbeitsbedingungen der Spieler erstrecken, unmittelbar auf deren Arbeit aus, da sie die Zusammensetzung der Mannschaften, die an Interklub-Fußballwettkämpfen teilnehmen können, und folglich die Teilnahme der Spieler selbst an diesen Wettkämpfen bestimmten Voraussetzungen – deren Nichterfüllung mit Sanktionen bewehrt ist – unterwerfen.

Zweitens führt der Gerichtshof zu den Konsequenzen, die an Art. 165 AEUV – der sowohl die Ziele nennt, die der Tätigkeit der Union im Bereich des Sports zugewiesen sind, als auch die Mittel, die eingesetzt werden können, um zur Erreichung dieser Ziele beizutragen – geknüpft werden können, aus, dass diese Bestimmung keine Sonderregel darstellt, die den Sport ganz oder teilweise von allen anderen Bestimmungen des Primärrechts der Union, die auf ihn angewandt werden könnten, ausnimmt oder die dazu verpflichten würde, ihn im Rahmen dieser Anwendung besonders zu behandeln. Überdies können die nicht zu leugnenden Besonderheiten, die für die sportliche Tätigkeit charakteristisch sind, je nach ihrer Relevanz neben anderen Gesichtspunkten bei der Anwendung der Art. 45 und 101 AEUV berücksichtigt werden, wobei ihre Berücksichtigung jedoch nur im Rahmen und unter Beachtung der in diesen Bestimmungen jeweils vorgesehenen Voraussetzungen und Anwendungskriterien erfolgen kann.

Im Licht dieser Erwägungen wendet sich der Gerichtshof in einem ersten Schritt der Frage zu, ob die von der UEFA und der URBSFA aufgestellten Regeln über „lokal ausgebildete Spieler“ mit Art. 101 AEUV vereinbar sind.

Hierzu legt er zunächst dar, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln als „Beschluss einer Unternehmensvereinigung“ einzustufen sind, da sie von der UEFA und der URBSFA stammen, die Unternehmensvereinigungen sind, und da sie sich unmittelbar auf die Bedingungen für die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit der ihnen unmittelbar oder mittelbar angehörenden Unternehmen auswirken.

Sodann stellt der Gerichtshof in Bezug auf die Frage, ob diese Regeln einen wettbewerbswidrigen Zweck haben, erstens fest, dass mit ihnen den Profifußballklubs, die an Interklub-Fußballwettkämpfen dieser Verbände teilnehmen, unter Androhung von Sanktionen vorgeschrieben wird, in den Spielbogen eine Mindestzahl „lokal ausgebildeter Spieler“ einzutragen. Damit beschränken sie schon ihrem Wesen nach die Möglichkeit für die Klubs, in den Spielbogen Spieler einzutragen, die diese Anforderungen nicht erfüllen. Zweitens geht hinsichtlich des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts, in den sich diese Regeln einfügen, aus den Besonderheiten des Profifußballs, insbesondere seiner Bedeutung in sozialer, kultureller und medialer Hinsicht, sowie der Tatsache, dass er auf Offenheit und sportlicher Leistung beruht, hervor, dass es legitim ist, wenn Verbände wie die UEFA und die URBSFA u. a. Regeln für die Organisation der Wettkämpfe in dieser Disziplin, ihren ordnungsgemäßen Ablauf und die Teilnahme der Sportler an ihnen erlassen und insbesondere festlegen, unter welchen Voraussetzungen die Profifußballklubs Mannschaften für die Teilnahme an Interklub-Wettkämpfen in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich aufstellen können. Was drittens das Ziel betrifft, das mit den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln erreicht werden soll, beschränken oder kontrollieren sie einen der wesentlichen Parameter des Wettbewerbs, und zwar die Verpflichtung talentierter Spieler – unabhängig davon, von welchem Klub und an welchem Ort sie ausgebildet wurden –, die es ihrer Mannschaft ermöglichen können, bei der Begegnung mit der gegnerischen Mannschaft den Sieg davonzutragen. Diese Beschränkung kann sich auf den Wettbewerb auswirken, den sich die Klubs nicht nur auf dem „vorgelagerten Markt oder Beschaffungsmarkt“, den aus wirtschaftlicher Sicht die Verpflichtung der Spieler ausmacht, liefern können, sondern auch auf dem „nachgeordneten Markt“, den aus demselben Blickwinkel die Interklub-Fußballwettkämpfe bilden.

Gleichwohl ist es Sache des vorlegenden Gerichts, im Licht dieser Erwägungen und unter Berücksichtigung aller von den Parteien unterbreiteten Argumente und Beweise zu klären, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln schon ihrer Natur nach eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs aufweisen, um davon ausgehen zu können, dass sie eine Einschränkung des Wettbewerbs „bezwecken“. Sollte dies zu verneinen sein, wird das vorlegende Gericht anschließend zu klären haben, ob davon ausgegangen werden kann, dass diese Regeln tatsächlich oder potenziell eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt bewirken.

Schließlich weist der Gerichtshof in Bezug auf die Frage, ob diese Regeln gerechtfertigt sein oder in den Genuss einer Freistellung kommen können, darauf hin, dass bestimmte Verhaltensweisen wie ethische oder standesrechtliche Regeln eines Verbands, auch wenn ihnen eine Beschränkung des Wettbewerbs inhärent ist, unter Umständen nicht unter das in Art. 101 Abs. 1 AEUV aufgestellte Verbot fallen, sofern sie durch die Verfolgung legitimer Ziele des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, die als solche keinen wettbewerbswidrigen Charakter haben, und die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der hierfür eingesetzten Mittel gebührend belegt wurden.

Diese Rechtsprechung kann jedoch nicht auf Verhaltensweisen angewandt werden, die eine so starke Beeinträchtigung des Wettbewerbs aufweisen, dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass sie dessen Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung „bezwecken“, unbeschadet einer etwaigen Freistellung gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV, sofern die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, was die Partei nachzuweisen hat, die sich auf eine solche Freistellung beruft.

Hinsichtlich dieser Freistellung weist der Gerichtshof darauf hin, dass sie nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn das betreffende Verhalten es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ermöglicht, Effizienzvorteile zu erzielen, wenn die Nutzer an dem sich aus diesen Vorteilen ergebenden Gewinn angemessen beteiligt werden, wenn keine Beschränkungen auferlegt werden, die für die Erzielung solcher Vorteile nicht unerlässlich sind, und wenn nicht jeglicher wirksame Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren oder Dienstleistungen ausgeschaltet wird. Falls das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass die Regeln über lokal ausgebildete Spieler eine Einschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, wird es zu beurteilen haben, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

In einem zweiten Schritt stellt der Gerichtshof zu der Frage, ob die Regeln der URBSFA über „lokal ausgebildete Spieler“ mit Art. 45 AEUV vereinbar sind, fest, dass diese Regeln auf den ersten Blick die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigen. Sie beruhen nämlich auf einer Anknüpfung „nationalen“ Charakters, indem sie zum einen festlegen, dass als „lokal ausgebildete Spieler“ diejenigen gelten, die von einem „belgischen“ Klub ausgebildet wurden. Zum anderen schreiben sie den Profifußballklubs, die an den von der URBSFA ausgerichteten Interklub-Fußballwettkämpfen teilnehmen wollen, vor, eine Mindestzahl von Spielern, die die Voraussetzungen für eine solche Einstufung erfüllen, in die Liste ihrer Spieler aufzunehmen und auf dem Spielbogen einzutragen. Sie sind daher geeignet, Profifußballspieler zu benachteiligen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als ihres Herkunftsmitgliedstaats, und zwar in Belgien, eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen und die nicht die nach diesen Regeln erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Insoweit können sie zu einer mittelbaren Diskriminierung zulasten der aus einem anderen Mitgliedstaat kommenden Spieler führen, da die Gefahr besteht, dass sie sich hauptsächlich zu Ungunsten dieser Spieler auswirken.

Zum Vorliegen einer etwaigen Rechtfertigung führt der Gerichtshof aus, dass Maßnahmen nicht staatlichen Ursprungs auch dann zulässig sein können, wenn sie eine im AEU-Vertrag verankerte Verkehrsfreiheit beschränken, sofern zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind, deren Nachweis dem Urheber dieser Maßnahmen obliegt. Erstens muss mit ihrem Erlass ein legitimes Ziel des Allgemeininteresses verfolgt werden, das mit dem AEU-Vertrag vereinbar und demnach anderer als rein wirtschaftlicher Natur ist, und zweitens müssen sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren, was bedeutet, dass sie geeignet sein müssen, die Erreichung dieses Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zu dessen Erreichung erforderlich ist.

Im vorliegenden Fall stellt das Ziel, das darin besteht, die Rekrutierung und Ausbildung junger Profifußballspieler zu fördern, ein legitimes Ziel des Allgemeininteresses dar. Bei der Beurteilung, ob die fraglichen Regeln geeignet sind, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten, ist u. a. zu berücksichtigen, dass die Regeln, indem sie alle jungen Spieler, die von irgendeinem Klub, der dem betreffenden nationalen Fußballverband angehört, ausgebildet wurden, auf dieselbe Stufe stellen, für einige dieser Klubs, insbesondere für diejenigen, die mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestattet sind, möglicherweise keine tatsächlichen und erheblichen Anreize darstellen, junge Spieler zu rekrutieren, um sie selbst auszubilden. Im Gegenteil wird eine solche Politik der Rekrutierung und Ausbildung auf dieselbe Stufe gestellt wie die Rekrutierung junger Spieler, die bereits von irgendeinem anderen, ebenfalls diesem Verband angeschlossenen Klub ausgebildet wurden, unabhängig davon, wo sich dieser andere Klub im räumlichen Zuständigkeitsbereich des Verbands befindet. Es ist aber gerade die lokale Investition in die Ausbildung der jungen Spieler, insbesondere wenn sie von kleinen Klubs, gegebenenfalls in Partnerschaft mit anderen Klubs derselben Region und möglicherweise grenzüberschreitend, geleistet wird, die zur Erfüllung der sozialen und erzieherischen Funktion des Sports beiträgt.

Letztlich wird allerdings allein das vorlegende Gericht darüber zu befinden haben, ob die Regeln der URBSFA in Anbetracht der von den Parteien vorgelegten Argumente und Beweise die vorstehend aufgeführten Voraussetzungen erfüllen.


( 1 ) Urteile vom 21. Dezember 2023, International Skating Union/Commission (C‑124/21 P), und vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company (C‑333/21).