Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 9. Februar 2023 – Druvnieks

(Rechtssache C‑668/21) ( 1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums – Gemeinsame Regeln – Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 – Art. 60 – Umgehungsklausel – Begriff ‚künstlich geschaffene Voraussetzungen‘ – Ablehnung eines Beihilfeantrags angesichts der Situation eines Unternehmens, das denselben Eigentümer hat wie das Unternehmen, das die betreffende Beihilfe beantragt“

Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Finanzierung durch den ELER – Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums – Gemeinsame Regeln – Umgehungsklausel – Künstlich geschaffene Voraussetzungen – Begriff – Im nationalen Recht vorgesehene Voraussetzungen für die Ablehnung eines Antrags auf Beihilfe, die nicht vom Antragsteller erfüllt werden, sondern von einem anderen Unternehmen, das denselben Eigentümer hat wie der Antragsteller – Antragsteller, der die landwirtschaftliche Tätigkeit dieses anderen Unternehmens übernommen hat – Einbeziehung – Voraussetzungen

(Verordnung Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 60)

(vgl. Rn. 26-28, 31-39, 42-45 und Tenor)

Tenor

1. 

Art. 60 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates

ist dahin auszulegen, dass

eine Situation, in der die im nationalen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Ablehnung eines Antrags auf eine Beihilfe im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) nicht vom Antragsteller erfüllt werden, sondern von einem anderen Unternehmen, das denselben Eigentümer hat wie der Antragsteller und dessen landwirtschaftliche Tätigkeit der Antragsteller übernommen hat, unter den Begriff „künstlich geschaffene Voraussetzungen“ im Sinne dieses Artikels fallen kann, sofern sich zum einen aus der Gesamtheit der objektiven Umstände ergibt, dass trotz der formalen Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen das mit den sektorbezogenen Agrarvorschriften verfolgte Ziel nicht erreicht wurde und zum anderen die Absicht festgestellt wurde, aus den Rechtsvorschriften der Europäischen Union einen Vorteil zu erlangen, indem die dafür erforderlichen Voraussetzungen künstlich geschaffen werden.

2. 

Art. 60 der Verordnung Nr. 1306/2013 ist dahin auszulegen, dass er anwendbar ist, obwohl weder gegen die Person, die die betreffende Beihilfe beantragt hat, noch gegen ihren Eigentümer eine verwaltungsrechtliche Sanktion verhängt wurde.


( 1 ) ABl. C 37 vom 24.1.2022.