URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

31. Januar 2023 ( *1 )

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Art. 107 und 108 AEUV – Umstrukturierungsbeihilfe – Bankensektor – Vorprüfungsphase – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird – Umstrukturierungsplan – Verpflichtungszusagen des betreffenden Mitgliedstaats – Lastenverteilungsmaßnahmen – Umwandlung nachrangiger Forderungen in Eigenkapital – Inhaber von Schuldverschreibungen – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Art. 263 Abs. 4 AEUV – Klagebefugnis – Unmittelbar und individuell betroffene natürliche oder juristische Person – Verletzung der Verfahrensrechte der Beteiligten – Nichteröffnung des förmlichen Prüfverfahrens – Art. 108 Abs. 2 AEUV – Begriff ‚Beteiligte‘ – Verordnung (EU) 2015/1589 – Art. 1 Buchst. h – Begriff ‚Beteiligte‘ – Von der Europäischen Kommission berücksichtigte nationale Maßnahmen – Unzulässigkeit der Klage“

In der Rechtssache C‑284/21 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 3. Mai 2021,

Europäische Kommission, vertreten durch K. Blanck und A. Bouchagiar als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Anthony Braesch, wohnhaft in Luxemburg (Luxemburg),

Trinity Investments DAC mit Sitz in Dublin (Irland),

Bybrook Capital Master Fund LP mit Sitz in Grand Cayman (Kaimaninseln),

Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP mit Sitz in Grand Cayman,

Bybrook Capital Badminton Fund LP mit Sitz in Grand Cayman,

vertreten durch A. Champsaur, Avocate, sowie durch G. Faella, L. Prosperetti und M. Siragusa, Avvocati,

Kläger im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, der Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, E. Regan (Berichterstatter), M. Safjan, P. G. Xuereb und D. Gratsias, der Kammerpräsidentin M. L. Arastey Sahún, der Richter F. Biltgen, I. Jarukaitis, N. Jääskinen und N. Wahl, der Richterin I. Ziemele sowie der Richter J. Passer und M. Gavalec,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2022,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Juni 2022

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 24. Februar 2021, Braesch u. a./Kommission (T‑161/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:102). Mit diesem Urteil hat das Gericht die Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen, die im Rahmen der Klage des Herrn Anthony Braesch, der Trinity Investments DAC, der Bybrook Capital Master Fund LP, der Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP und der Bybrook Capital Badminton Fund LP (im Folgenden: Braesch u. a.) nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 4690 final der Kommission vom 4. Juli 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47677 (2017/N) – Italien – Neue Beihilfe und geänderter Plan zur Umstrukturierung der Banca Monte dei Paschi di Siena (im Folgenden: streitiger Beschluss) erhoben worden war.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EU) 2015/1589

2

In Art. 1 („Definitionen“) der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) heißt es:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

b)

‚bestehende Beihilfen‘

ii)

genehmigte Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat [der Europäischen Union] genehmigt wurden;

c)

‚neue Beihilfen‘ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen;

f)

‚rechtswidrige Beihilfen‘ neue Beihilfen, die unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV eingeführt werden;

g)

‚missbräuchliche Anwendung von Beihilfen‘ Beihilfen, die der Empfänger unter Verstoß gegen einen Beschluss nach … Artikel 4 Absatz 3 … der vorliegenden Verordnung verwendet;

h)

‚Beteiligte‘ Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände.“

3

Art. 4 („Vorläufige Prüfung der Anmeldung und Beschlüsse der Kommission“) Abs. 3 und 4 dieser Verordnung sieht vor:

„(3)   Stellt die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme, insoweit sie in den Anwendungsbereich des Artikels 107 Absatz 1 AEUV fällt, keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt, so beschließt sie, dass die Maßnahme mit dem Binnenmarkt vereinbar ist (im Folgenden ‚Beschluss, keine Einwände zu erheben‘). In dem Beschluss wird angeführt, welche Ausnahmevorschrift des AEU[-Vertrags] zur Anwendung gelangt ist.

(4)   Stellt die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt, so beschließt sie, das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV zu eröffnen (im Folgenden ‚Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens‘).“

4

Art. 6 („Förmliches Prüfverfahren“) Abs. 1 der Verordnung lautet:

„Der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens enthält eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt. Der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten werden in diesem Beschluss zu einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat aufgefordert. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist verlängern.“

5

Art. 9 („Beschlüsse der Kommission über den Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens“) Abs. 4 der Verordnung 2015/1589 bestimmt:

„Die Kommission kann einen Positivbeschluss mit Bedingungen und Auflagen verbinden, die ihr ermöglichen, die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar zu erklären bzw. die Befolgung ihres Beschlusses zu überwachen (im Folgenden ‚mit Bedingungen und Auflagen verbundener Beschluss‘).“

6

Art. 16 („Rückforderung von Beihilfen“) Abs. 1 dieser Verordnung sieht vor:

„In Negativbeschlüssen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern … Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstoßen würde.“

7

Art. 20 („Missbräuchliche Anwendung von Beihilfen“) der Verordnung lautet:

„Unbeschadet des Artikels 28 kann die Kommission bei missbräuchlicher Anwendung von Beihilfen das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 4 Absatz 4 eröffnen. Die Artikel 6 bis 9, 11 und 12 sowie Artikel 13 Absatz 1 und die Artikel 14 bis 17 gelten entsprechend.“

Richtlinie 2014/59/EU

8

In Art. 32 („Voraussetzungen für eine Abwicklung“) Abs. 4 der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190) heißt es:

„Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe a gilt ein Institut als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend, wenn eine oder mehrere der nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

d)

Eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln wird benötigt, es sei denn, die außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln erfolgt zur Abwendung einer schweren Störung der Volkswirtschaft eines Mitgliedstaats und zur Wahrung der Finanzstabilität in Form

iii)

einer Zuführung von Eigenmitteln oder des Kaufs von Kapitalinstrumenten zu Preisen und Bedingungen, die das Institut nicht begünstigen, wenn weder die Voraussetzungen nach Buchstaben a, b oder c dieses Absatzes noch die Voraussetzungen nach Artikel 59 Absatz 3 zu dem Zeitpunkt gegeben sind, in dem die Unterstützung aus öffentlichen Mitteln gewährt wird.

In jedem der in Unterabsatz 1 Buchstabe d Ziffern i, ii, und iii genannten Fälle sind die dort genannten Garantie- oder gleichwertigen Maßnahmen solventen Instituten vorbehalten und nach dem Rechtsrahmen der [Europäischen] Union für staatliche Beihilfen genehmigungspflichtig. Diese Maßnahmen müssen vorbeugend, vorübergehend und geeignet sein, den Folgen schwerer Störungen abzuhelfen; sie dienen nicht dem Ausgleich von Verlusten, die das Institut erlitten hat oder in naher Zukunft voraussichtlich erleiden wird.

Die Unterstützungsmaßnahmen nach Unterabsatz 1 Buchstabe d Ziffer iii beschränken sich auf Kapitalzuführungen zum Schließen von Kapitallücken, die in Stresstests auf der Ebene der Mitgliedstaaten, der Union oder des einheitlichen Aufsichtsmechanismus ([SSM)], bei der Bewertung der Qualität der Vermögenswerte oder vergleichbaren Prüfungen durch die Europäische Zentralbank [(EZB)], die [Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA)] oder einzelstaatliche Behörden, festgestellt und gegebenenfalls durch die zuständige Behörde bestätigt wurden.

…“

Verordnung (EU) Nr. 806/2014

9

In Art. 18 („Abwicklungsverfahren“) Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) heißt es:

„Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe a ist das Unternehmen als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu betrachten, wenn eine oder mehrere der nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

d)

Eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln wird benötigt, es sei denn, diese außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln wird zur Abhilfe bei einer schweren Störung der Volkswirtschaft eines Mitgliedstaats und zur Wahrung der Finanzstabilität in folgender Form gewährt:

iii)

einer Zufuhr von Eigenmitteln oder des Kaufs von Kapitalinstrumenten zu das Unternehmen nicht begünstigenden Preisen und Bedingungen, wenn weder die unter den Buchstaben a, b und c dieses Absatzes genannten Voraussetzungen noch die in Artikel 21 Absatz 1 genannten Voraussetzungen zu dem Zeitpunkt gegeben sind, zu dem die Unterstützung aus öffentlichen Mitteln gewährt wird.

In jedem der in Unterabsatz 1 Buchstabe d Ziffern i, ii und iii genannten Fälle sind die Garantie oder gleichwertige Maßnahmen, die unter diesen Ziffern genannt werden, solventen Unternehmen vorbehalten und bedürfen einer abschließenden Genehmigung nach dem Recht[s]rahmen der Union für staatliche Beihilfen. Diese vorsorglichen und zeitweiligen Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein, um den Folgen schwerer Störungen zu begegnen, und sind nicht zum Ausgleich von Verlusten zu verwenden, die das Unternehmen erlitten hat oder in naher Zukunft voraussichtlich erleiden wird.

Die Unterstützungsmaßnahmen nach Unterabsatz 1 Buchstabe d Ziffer iii beschränken sich auf zum Schließen von Kapitallücken notwendige Zufuhren, die in Stresstests auf der Ebene der Mitgliedstaaten, der Union oder des SSM, bei der Bewertung der Qualität der Vermögenswerte oder vergleichbaren Prüfungen durch die EZB, die EBA oder nationale Behörden festgestellt und gegebenenfalls durch die zuständige Behörde bestätigt wurden.

…“

Bankenmitteilung

10

In der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen ab dem 1. August 2013 auf Maßnahmen zur Stützung von Banken im Kontext der Finanzkrise („Bankenmitteilung“) (ABl. 2013, C 216, S. 1) wird in Rn. 15 ausgeführt:

„In den Krisenmitteilungen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch während der Krise an den allgemeinen Grundsätzen der Beihilfenkontrolle festgehalten wird. Damit etwaige Wettbewerbsverzerrungen zwischen Banken auch über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg begrenzt und moralische Risiken (moral hazard) vermieden werden können, sollte die betreffende Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt werden und der Beihilfeempfänger einen angemessenen Eigenbeitrag zu den Umstrukturierungskosten leisten. Die Bank und deren Kapitaleigner sollten sich so weit wie möglich mit eigenen Mitteln an der Umstrukturierung beteiligen. Die staatliche Unterstützung sollte zu Bedingungen gewährt werden, die eine angemessene Lastenverteilung auf jene gewährleisten, die in die Bank investiert haben.“

11

Teil 3 der Bankenmitteilung betrifft Rekapitalisierungen und Entlastungsmaßnahmen für wertgeminderte Vermögenswerte. Titel 3.1.2 („Beteiligung von Anteilseignern und nachrangigen Gläubigern an den Lasten“) in besagtem Teil 3 enthält folgende Rn. 40 bis 46:

„40.

Staatliche Unterstützung kann ein moralisches Risiko (moral hazard) begründen und die Marktdisziplin untergraben. Um das moralische Risiko zu verringern, sollten Beihilfen nur unter Voraussetzungen gewährt werden, die eine angemessene Beteiligung vorhandener Kapitalgeber an den Lasten einschließen.

41.

Zu einer angemessenen Lastenverteilung gehören, nachdem die Verluste zunächst mit Eigenkapital absorbiert werden, in der Regel Beiträge der Hybridkapitaleigner und der Inhaber nachrangiger Schuldtitel. Hybridkapitaleigner und Inhaber nachrangiger Schuldtitel müssen so weit wie möglich zur Verringerung der Kapitallücke beitragen. Ein solcher Beitrag kann durch Umwandlung des Kapitals des Schuldtitels in hartes Kernkapital … oder durch eine Abschreibung des Kapitalbetrags der Instrumente geleistet werden. Auf jeden Fall muss ein Abfluss von Mitteln an die Inhaber der betreffenden Wertpapiere verhindert werden, soweit dies rechtlich möglich ist.

42.

Die Kommission wird keinen Beitrag der vorrangigen Gläubiger (insbesondere der Inhaber von abgesicherten Einlagen, nicht abgesicherten Einlagen, Anleihen und allen sonstigen vorrangigen Verbindlichkeiten) als obligatorischen Bestandteil der Lastenverteilung nach den Beihilfevorschriften verlangen, weder in Form der Umwandlung der Schuldtitel in Kapital noch in Form ihrer Abschreibung.

43.

Wenn die Eigenkapitalquote der Bank, bei der die Kapitallücke festgestellt wurde, noch über de[n] durch die im [Unions]-Aufsichtsrecht vorgeschriebenen Mindestkapitalanforderungen liegt, dürfte die Bank in der Regel in der Lage sein, insbesondere durch Kapitalbeschaffungsmaßnahmen (siehe Randnummer 35) ihre Eigenkapitalposition selbst wiederherzustellen. Wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt (auch keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen wie Frühinterventionsmaßnahmen oder andere Abhilfemaßnahmen), die von der zuständigen Aufsichts- oder Abwicklungsbehörde bestätigte Kapitallücke zu schließen, müssen nachrangige Schuldtitel in Eigenkapital umgewandelt werden, und zwar grundsätzlich bevor staatliche Beihilfen gewährt werden.

44.

In Fällen, in denen die Bank die aufsichtsrechtlichen Mindestkapitalanforderungen nicht mehr erfüllt, müssen, in der Regel bevor staatliche Beihilfen gewährt werden, nachrangige Schuldtitel umgewandelt oder abgeschrieben werden. Staatliche Beihilfen dür[f]en erst dann gewährt werden, wenn Eigenkapital, Hybridkapital und nachrangige Schuldtitel vollumfänglich zum Ausgleich der Verlust[e] eingesetzt worden sind.

45.

Eine Ausnahme zu den unter den Randnummern 43 und 44 ausgeführten Voraussetzungen ist möglich, wenn die Umsetzung dieser Maßnahmen die Stabilität des Finanzsystems gefährden oder zu unverhältnismäßigen Ergebnissen führen würde. Diese Ausnahme könnte zum Tragen kommen, wenn der Beihilfebetrag im Vergleich zu den risikogewichteten Vermögenswerten der Bank gering ist und die Kapitallücke mittels Kapitalbeschaffungsmaßnahmen (siehe Randnummer 35) erheblich verringert wurde. Das Problem unverhältnismäßiger Ergebnisse oder einer Gefährdung der Finanzstabilität könnte auch gelöst werden, indem die zeitliche Abfolge der Maßnahmen zur Verringerung einer Kapitallücke überdacht wird.

46.

Bei der Umsetzung der Randnummern 43 und 44 dieser Mitteilung muss der Grundsatz eingehalten werden, dass ‚keine Schlechterstellung von Gläubigern‘ … erfolgen darf. Nachrangige Gläubiger dürfen folglich für [ihr] Instrument nicht weniger erhalten als das, was sie erhalten hätten, wenn keine staatliche Beihilfe gewährt worden wäre.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

12

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits stellt sich nach den Rn. 1 bis 14 des angefochtenen Urteils wie folgt dar:

„1

… Herr Anthony Braesch, … Trinity Investments …, … Bybrook Capital Master Fund …, … Bybrook Capital Hazelton Master Fund … und … Bybrook Capital Badminton Fund … sind, was Herrn Anthony Braesch betrifft, ein Vertreter von Inhabern von Anleihen mit der Bezeichnung ‚Floating Rate Equity-Linked Subordinated Hybrid-FRESH‘ 2008 (im Folgenden: FRESH-Anleihen) und im Übrigen Inhaber dieser Anleihen.

2

Im April 2008 nahm die Banca Monte dei Paschi di Siena (im Folgenden: BMPS) eine der J. P. Morgan Securities Ltd (im Folgenden: JPM) vorbehaltene Kapitalerhöhung in Höhe von 950 Mio. Euro vor, in deren Zusammenhang JPM Aktien der BMPS, die ‚FRESH-Aktien‘, zeichnete. Zur gleichen Zeit, am 16. April 2008, schloss JPM mit der BMPS einen Nießbrauchsvertrag, nach dem JPM das (bloße) Eigentum an den Aktien behält, wohingegen der BMPS das Nießbrauchsrecht zusteht, und einen Vertrag über den Tausch von Beteiligungen (im Folgenden: FRESH-Verträge). JPM erhielt die für die Zeichnung der FRESH-Aktien erforderlichen finanziellen Mittel von der Bank of New York Mellon (Luxembourg), ersetzt durch die Mitsubishi UFJ Investor Services & Banking (Luxembourg) SA (im Folgenden: MUFJ), die die FRESH-Anleihen am 16. April 2008 nach luxemburgischem Recht in Höhe von 1 Mrd. Euro ausgab. JPM schloss mit MUFJ einen Tauschvertrag nach luxemburgischem Recht, während MUFJ mit den Inhabern der FRESH-Anleihen einen Treuhandvertrag schloss, der ebenfalls luxemburgischem Recht unterlag. Auf der Grundlage dieser – von [Braesch u. a.] als ‚FRESH‑Instrumente‘ bezeichneten – verschiedenen Verträge werden die Erträge, die JPM von der BMPS gemäß den FRESH-Verträgen erhält, zunächst an MUFJ und danach an die Inhaber der FRESH-Anleihen in Form von Kupons übertragen.

3

Mit Beschluss vom 27. November 2013 genehmigte die … Kommission die von der Italienischen Republik der … BMPS … gewährte Beihilfe zur Umstrukturierung auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans und bestimmter Verpflichtungszusagen. Im Juni 2015 hatte die BMPS die Beihilfe vollständig zurückgezahlt.

4

Am 29. Juli 2016 veröffentlichte die [EBA] die Ergebnisse des 2016 durchgeführten EU-weiten Stresstests, aufgrund dessen im Rahmen eines ungünstigen Stress-Szenarios bei der BMPS eine Unterkapitalisierung festgestellt wurde.

5

Am 23. Dezember 2016 erließen die italienischen Behörden das Decreto-legge n. 237 – Disposizioni urgenti per la tutela del risparmio nel settore creditizio (Decreto-legge Nr. 237 mit dringenden Bestimmungen zum Schutz der Ersparnisse im Kreditsektor) (GURI Nr. 299 vom 23. Dezember 2016), das durch die Legge di conversione (Umwandlungsgesetz) vom 17. Februar 2017 (GURI Nr. 43 vom 21. Februar 2017) in ein Gesetz umgewandelt und geändert wurde (im Folgenden: Decreto-legge 237/2016). Damit wurde der rechtliche Rahmen für die Liquiditätshilfe und vorsorgliche Rekapitalisierungen festgelegt.

6

Auf die Erklärung der [EZB] vom 23. Dezember 2016 hin, dass die BMPS solvent sei, erteilte die Kommission mit Beschluss vom 29. Dezember 2016 auf der Grundlage von seitens der italienischen Behörden abgegebenen Verpflichtungszusagen die vorläufige Genehmigung zur Zahlung einer individuellen Liquiditätshilfe in Höhe von 15 Mrd. Euro an die BMPS. Die italienischen Behörden verpflichteten sich, binnen zwei Monaten nach der Gewährung der Garantien einen Umstrukturierungsplan vorzulegen, sofern die Beihilfe nicht innerhalb dieses Zeitraums zurückgezahlt worden sein sollte.

7

Nachdem der Versuch der BMPS, neues privates Kapital zu beschaffen, nicht zum Erfolg geführt hatte, stellte sie am 30. Dezember 2016 einen Antrag auf Gewährung einer außerordentlichen öffentlichen Finanzierungshilfe in Form einer vorsorglichen Rekapitalisierung gemäß dem Decreto-legge 237/2016.

8

Am 28. Juni 2017 meldeten die italienischen Behörden bei der Kommission unter Beifügung eines neuen Plans zur Umstrukturierung [(im Folgenden: Umstrukturierungsplan)] und neuer Verpflichtungszusagen eine Beihilfe zur Rekapitalisierung der BMPS in Höhe von 5,4 Mrd. Euro an.

9

Am selben Tag übermittelte die EZB der Kommission ein Schreiben, in dem sie angab, dass die BMPS gegenwärtig solvent sei.

10

In dem nach Abschluss der Vorprüfungsphase erlassenen [streitigen] Beschluss … bewertete die Kommission zwei Beihilfemaßnahmen. Die erste Maßnahme (im Folgenden: Maßnahme 1) besteht in der … in Rn. 6 [des angefochtenen Urteils] genannten Liquiditätshilfe in Höhe von 15 Mrd. Euro in Form von staatlichen Garantien für erstrangige Verpflichtungen. Die zweite Maßnahme (im Folgenden: Maßnahme 2) besteht in der … in Rn. 8 [des angefochtenen Urteils] genannten Beihilfe zur vorsorglichen Rekapitalisierung der BMPS in Höhe von 5,4 Mrd. Euro.

11

Nachdem sie die Maßnahmen 1 und 2 als staatliche Beihilfen eingestuft hatte, wies die Kommission darauf hin, dass die Rechtsgrundlage für die Beurteilung ihrer Vereinbarkeit [mit dem Binnenmarkt] Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV über Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats sei. Die Kommission ging davon aus, dass die Maßnahmen 1 und 2 Beihilfen zur Umstrukturierung der BMPS seien, und prüfte ihre Vereinbarkeit auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans unter Zugrundelegung von sechs Mitteilungen zur weltweiten Finanzkrise, insbesondere der … [Bankenmitteilung].

12

Was die Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen im Hinblick auf die [sechs] Mitteilungen zur [Finanzk]rise anbelangt, vertrat die Kommission erstens die Auffassung, dass der Umstrukturierungsplan geeignet sei, die Rentabilität der BMPS langfristig wiederherzustellen. Zweitens führte sie aus, dass die Verteilung der Lasten für die Inhaber von Aktien und nachrangigen Anleihen angemessen sei und die Umstrukturierungskosten und den Betrag der Beihilfe entsprechend den Anforderungen der Bankenmitteilung auf ein Minimum beschränke, und kam zu dem Ergebnis, dass im Umstrukturierungsplan hinreichend Lastenverteilungsmaßnahmen vorgesehen seien. Drittens beinhalte der Umstrukturierungsplan in ausreichendem Umfang Maßnahmen zur Vermeidung übermäßiger Wettbewerbsverzerrungen. Auch eine angemessene Aufsicht über die Durchführung des Umstrukturierungsplans sei gewährleistet. Daher stünden die Beihilfemaßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zur Behebung der Auswirkungen einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Italiens.

13

Sodann prüfte die Kommission die Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen mit den Bestimmungen der Richtlinie [2014/59]. Sie führte aus, die Bedingungen, unter denen die Beihilfemaßnahmen (Maßnahmen 1 und 2) gewährt worden seien, seien mit der Ausnahme im Sinne von Art. 32 Abs. 4 Buchst. d der Richtlinie 2014/59 vereinbar.

14

In dem verfügenden Teil des [streitigen] Beschlusses stellte die Kommission erstens fest, dass die Maßnahmen 1 und 2 staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten, und zweitens, dass diese Maßnahmen die Anforderungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV erfüllten und dass sie aus Gründen der Finanzstabilität mit dem Binnenmarkt vereinbar seien.“

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

13

Mit am 5. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhoben Braesch u. a. Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses oder, hilfsweise, auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses, soweit er die Behandlung der FRESH‑Instrumente betrifft.

14

Für ihre Klage führten sie folgende fünf Klagegründe an: erstens einen Verstoß gegen die Art. 18 und 21 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie eine Verletzung der Begründungspflicht insoweit, als die Kommission rechtswidrig Lastenverteilungsmaßnahmen genehmigt habe, zweitens einen Verstoß gegen die Bankenmitteilung und gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung sowie eine Verletzung der Begründungspflicht insoweit, als die Kommission die Aufhebung der FRESH-Verträge verlangt habe, drittens einen Verstoß gegen den namentlich in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) niedergelegten Grundsatz der Gleichbehandlung insoweit, als mit dem streitigen Beschluss Lastenverteilungsmaßnahmen genehmigt worden seien, die die Inhaber der FRESH-Anleihen diskriminierten, viertens einen Verstoß gegen die namentlich in Art. 17 der Charta verbürgten Eigentumsrechte der Inhaber von FRESH-Anleihen insoweit, als die Kommission die Anwendung von Lastenverteilungsmaßnahmen auf die FRESH‑Instrumente genehmigt habe, und fünftens einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV und gegen Art. 4 Abs. 3 und 4 der Verordnung 2015/1589 sowie eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte insoweit, als die Kommission nicht das förmliche Prüfverfahren eröffnet habe, obwohl ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der mit dem streitigen Beschluss genehmigten Lastenverteilungsmaßnahmen mit dem Unionsrecht bestanden hätten.

15

Mit gesondertem Schriftsatz, der am 16. Mai 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 130 Abs. 1 und 7 der Verfahrensordnung des Gerichts, mit der sie geltend machte, dass die Klage von Braesch u. a. unzulässig sei, weil diese weder ein Rechtsschutzinteresse noch eine Klagebefugnis im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV hätten. Braesch u. a. reichten ihre Stellungnahme zu dieser Einrede am 10. Juli 2018 ein.

16

Die Parteien verhandelten in der Sitzung vom 9. Juli 2020 mündlich und beantworteten die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts.

17

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen. Zunächst hat es in den Rn. 35 bis 41 jenes Urteils festgestellt, dass Braesch u. a. „Beteiligte“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV bzw. Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 seien. Sodann hat es zum einen in den Rn. 43 bis 55 des Urteils ein Rechtsschutzinteresse von Braesch u. a. bejaht, da diese in rechtlich hinreichender Weise dargetan hätten, dass die etwaige Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses ihnen einen Vorteil verschaffen könne. Zum anderen hat es in den Rn. 56 bis 64 des angefochtenen Urteils die Klagebefugnis von Braesch u. a. im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV bejaht, da die in diesem Beschluss erfolgte Genehmigung der Beihilfemaßnahmen im Hinblick auf den Umstrukturierungsplan sie als „Beteiligte“ unmittelbar und individuell betreffe.

Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

18

Die Kommission beantragt mit ihrem Rechtsmittel, der Gerichtshof möge

das angefochtene Urteil aufheben,

über die Klage selbst entscheiden und sie als unzulässig abweisen sowie

Braesch u. a. die Kosten auferlegen.

19

Braesch u. a. beantragen,

das Rechtsmittel zurückzuweisen und

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

20

Die Kommission stützt ihr Rechtsmittel auf einen einzigen Grund, mit dem sie geltend macht, das Gericht habe in den Rn. 35 bis 41 und 58 des angefochtenen Urteils Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 falsch ausgelegt, indem es Braesch u. a. als „Beteiligte“ im Sinne dieser Bestimmungen eingestuft habe.

Vorbringen der Parteien

21

Die Kommission macht geltend, auch wenn der Beteiligtenbegriff im Sinne des Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589, der synonym mit demjenigen des Art. 108 Abs. 2 AEUV sei, zwar eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten erfasse, könne er doch nur Personen einschließen, die dartäten, dass die fragliche staatliche Beihilfe eine konkrete wettbewerbliche Auswirkung auf ihre Situation haben könne, da sonst das Erfordernis bedeutungslos würde, dass eine Person „Beteiligte“ im Sinne dieses Art. 1 Buchst. h sein müsse, damit davon ausgegangen werden könne, dass sie von einem auf der Grundlage des Art. 4 Abs. 3 dieser Verordnung ergangenen Beschlusses unmittelbar und individuell betroffen sei.

22

Zunächst ergebe sich aus der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass dieser nur Personen, die eine derartige Auswirkung dargetan hätten, als Beteiligte anerkannt habe, selbst wenn sie keine unmittelbaren Wettbewerber des Beihilfeempfängers gewesen seien. So seien in den Urteilen vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission (C‑319/07 P, EU:C:2009:435, Rn. 33), und vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex (C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 63), eine Gewerkschaft bzw. Käufer desselben Rohstoffs wie der Beihilfeempfänger wegen der potenziellen Auswirkung der fraglichen Beihilfe auf ihre Wettbewerbsstellung auf dem Markt als Beteiligte angesehen worden.

23

Diese Auslegung werde sodann durch Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 bekräftigt. Den in dieser Bestimmung beispielhaft aufgezählten Beteiligten sei nämlich gemeinsam, dass sich eine Beihilfe auf ihre Situation je nach Fall wettbewerblich günstig oder ungünstig auswirken könne.

24

Schließlich ergebe sich aus der allgemeinen Systematik und den Zielsetzungen der Kontrolle staatlicher Beihilfen, dass die Kommission mit dieser Kontrolle nur als Wettbewerbsbehörde betraut sei und dass sie daher bei Ausübung dieser Befugnis den Mitgliedstaaten, wie der Gerichtshof im Urteil vom 22. September 2020, Österreich/Kommission (C‑594/18 P, EU:C:2020:742), hervorgehoben habe, keine nicht wettbewerbsbezogenen Politiken auferlegen solle. So habe der Gerichtshof im Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci (C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 43, 46 und 47), nach der Feststellung, dass die Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen dem Ziel der Wahrung des Wettbewerbs dienten, geurteilt, dass die Kläger, um von einem Beschluss in diesem Bereich unmittelbar betroffen zu sein, dartun müssten, dass dieser Beschluss sie in eine nachteilige Wettbewerbssituation versetzen könne.

25

Daraus folge, dass der Begriff „Beteiligte“, der im Übrigen in Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 als Personen, „deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können“, definiert sei, keine Personen einschließen könne, die Beschwerdepunkte erheben könnten, die zu der fraglichen staatlichen Beihilfe keinen Bezug hätten, sondern sich auf andere Aspekte der allgemeinen staatlichen Maßnahme zur Durchführung dieser Beihilfe oder sogar auf andere staatliche Maßnahmen in Verbindung mit der staatlichen Beihilfe bezögen.

26

Zahlreiche Personen könnten nämlich gegen eine staatliche Maßnahme zur Durchführung oder in Verbindung mit einer Beihilfe Einwände unter Berufung lediglich auf Belange erheben, die nicht nur keinen Wettbewerbsbezug hätten, sondern auch nichts mit der fraglichen Beihilfe zu tun hätten. Dagegen gehe es den Wettbewerbern des Empfängers einer staatlichen Beihilfe bei ihrem Anliegen gerade um die Gewährung einer solchen Beihilfe an den Empfänger. Um als„Beteiligte“ eingestuft zu werden, müsse sich eine Person daher auf Belange berufen, die irgendwie mit dem Wettbewerb im weiten Sinn zusammenhingen, auch wenn diese Person mit dem Beihilfeempfänger nicht in Wettbewerb stehe.

27

Daraus folge, dass das Gericht im angefochtenen Urteil den Begriff „Beteiligte“ fehlerhaft ausgelegt und angewandt habe, indem es sich auf eine offene Definition dieses Begriffs gestützt habe, die jede Person umfasse, die in der Lage sei, irgendeine potenzielle Auswirkung der Beihilfe oder gar anderer staatlicher Maßnahmen in Verbindung mit dieser Beihilfe darzutun. Das Gericht habe sich sogar auf mittelbare und rein wirtschaftliche Auswirkungen gestützt, die in keinem Zusammenhang mit dem Wettbewerb stünden.

28

So sei es in den Rn. 37 und 41 des angefochtenen Urteils zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der streitige Beschluss auf die Situation von Braesch u. a. konkret auswirken könne, weil der die BMPS betreffende Umstrukturierungsplan die Möglichkeit vorsehe, die FRESH-Verträge aufzuheben, und weil aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit der den FRESH‑Instrumenten zugrunde liegenden vertraglichen Beziehungen der wirtschaftliche Schaden, der sich daraus angesichts des Ausbleibens von Zahlungen aus den an die FRESH-Anleihen gebundenen Kupons auf lange Sicht ergebe, substanziell sei.

29

Die Aufhebung der FRESH-Verträge, so die Kommission, sei nämlich nicht die Folge der staatlichen Beihilfe, die der BMPS gewährt worden sei, sondern der davon zu unterscheidenden Entscheidung der italienischen Behörden, eine Lastenverteilung auf die Anteilsinhaber und die nachrangigen Gläubiger der BMPS anzuordnen, was im Umstrukturierungsplan für die BMPS berücksichtigt worden sei. Selbst wenn die italienischen Behörden beschlossen hätten, die BMPS ohne staatliche Beihilfe umzustrukturieren, hätten sie zur Verringerung der Kapitallücke der BMPS die Lastenverteilungsmaßnahmen anordnen können, einschließlich der Aufhebung der FRESH-Verträge. Diese Maßnahmen seien daher unabhängig von der staatlichen Beihilfe, deren Gewährung an die BMPS die italienischen Behörden beschlossen hätten. Im Übrigen handle es sich bei den aufgehobenen FRESH-Verträgen um den Nießbrauchsvertrag und den Vertrag über den Tausch von Beteiligungen zwischen JPM und der BMPS, wie sie in Rn. 2 des angefochtenen Urteils angeführt seien, während die Inhaber von FRESH-Anleihen keine Parteien dieser Verträge gewesen seien.

30

Folglich seien alle Auswirkungen der Lastenverteilungsmaßnahmen auf die Situation von Braesch u. a. rein wirtschaftlich und mittelbar geartet, und zwar vermittels der den FRESH‑Instrumenten zugrunde liegenden vertraglichen Beziehungen.

31

Daraus folge, dass die Ausführungen in Rn. 40 des angefochtenen Urteils in mindestens vierfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft seien.

32

Erstens stelle das Gericht zu Unrecht fest, dass es unerheblich sei, dass Braesch u. a. nicht die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt in Abrede stellten, obwohl dieser Umstand ausdrücklich bestätige, dass sie nicht die der BMPS gewährten staatlichen Beihilfen als solche, sondern die Lastenverteilungsmaßnahmen beanstandeten, die sich aus einer eigenständigen Entscheidung der italienischen Behörden ergäben, was beweise, dass diese Beihilfen keine wettbewerbliche Auswirkung auf ihre Situation haben könnten.

33

Zweitens habe das Gericht zwar zutreffend festgestellt, dass die Verpflichtungszusagen der italienischen Behörden betreffend den Umstrukturierungsplan und die Lastenverteilung „Teil“ der angemeldeten Beihilfemaßnahmen seien, doch sei diese Feststellung für die Feststellung der Klagebefugnis unerheblich. Zwar beruhe die Genehmigung, die von der Kommission erteilt werde, nach dem Urteil vom 15. Oktober 2015, Iglesias Gutiérrez und Rion Bea (C‑352/14 und C‑353/14, EU:C:2015:691, Rn. 28), auf sämtlichen tatsächlichen Annahmen, die der betreffende Mitgliedstaat – ob in seiner Anmeldung oder in seinen Verpflichtungszusagen – unterbreitet habe, so dass der Mitgliedstaat, wenn er von diesen tatsächlichen Annahmen abweiche, eine Maßnahme durchführe, die sich von der durch die Kommission genehmigten Maßnahme faktisch unterscheide und deshalb von der Genehmigung nicht mehr gedeckt sei. Da aber die Kommission staatliche Beihilfen als Wettbewerbsbehörde kontrolliere, folge daraus gleichwohl nicht, dass jede Person, die irgendwelche Bedenken hinsichtlich einer dieser tatsächlichen Annahmen hege, als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 anzusehen sei.

34

Drittens habe das Gericht zu Unrecht festgestellt, dass die angemeldeten Beihilfemaßnahmen und die von den italienischen Behörden abgegebenen Verpflichtungszusagen, die der Beurteilung durch die Kommission unterlegen hätten, „insofern untrennbar miteinander verbunden seien, als Letztere Voraussetzung für die Vereinbarkeitsfeststellung seien“. Diese Feststellung stehe im Widerspruch zu den Rn. 99 und 100 des Urteils vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a. (C‑526/14, EU:C:2016:570), denen zufolge der Umstand, dass eine staatliche Beihilfemaßnahme den Rn. 40 bis 46 der Bankenmitteilung entspreche, zwar ausreiche, damit die Kommission diese Maßnahme für mit dem Binnenmarkt vereinbar erkläre, hierfür aber nicht notwendig sei. Die Italienische Republik habe sich daher nicht verpflichten müssen, die in der Bankenmitteilung vorgesehenen Lastenverteilungsmaßnahmen zu ergreifen.

35

Viertens habe das Gericht zu Unrecht befunden, dass, da durch den streitigen Beschluss die Durchführung der Beihilfemaßnahmen genehmigt worden sei „und die Zusagen für verbindlich erklärt [worden seien]“, die Situation von Braesch u. a. notwendigerweise durch alle diese Umstände beeinträchtigt worden sei, so dass sie ihre Interessen nur verteidigen könnten, indem sie die Nichtigerklärung dieses Beschlusses in seiner Gesamtheit beantragten. Der streitige Beschluss habe nämlich die Verpflichtungszusagen der italienischen Behörden keineswegs für verbindlich erklärt. Er sei nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 auf der Grundlage der von den italienischen Behörden aus freien Stücken abgegebenen Verpflichtungszusagen, einschließlich der Lastenverteilungsmaßnahmen, erlassen worden. Da der streitige Beschluss kein „mit Bedingungen und Auflagen verbundener Beschluss“ im Sinne von Art. 9 Abs. 4 dieser Verordnung sei, habe er dem Mitgliedstaat oder Dritten keine Bedingungen auferlegt und auch nicht auferlegen können.

36

Braesch u. a. machen geltend, die Kommission weise nicht nach, dass die Auslegung von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 durch das Gericht rechtsfehlerhaft sei.

37

Zunächst sei die Behauptung unbegründet, dass für die Einstufung als „Beteiligter“ nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nachteilige wettbewerbliche Auswirkung der Beihilfe auf die betroffene Person erforderlich sei. Insbesondere habe der Gerichtshof in den Urteilen vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission (C‑319/07 P, EU:C:2009:435), und vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex (C‑83/09 P, EU:C:2011:341), befunden, dass die Klägerinnen in Anbetracht dessen Beteiligte gewesen seien, dass sich die Beihilfe für sie nachteilig ausgewirkt habe. In der Begründung des Gerichtshofs werde in keiner Weise erwähnt, dass diese Auswirkung ihre Wettbewerbsstellung auf dem Markt betreffen müsse.

38

Sodann sei auch das Argument unbegründet, dass Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 den Begriff „Beteiligte“ auf Konkurrenten des Beihilfeempfängers beschränke. Zum einen könne nach dieser Bestimmung ein mit dem Beihilfeempfänger nicht im Wettbewerb stehendes Unternehmen ausdrücklich als Beteiligter angesehen werden, wenn seine Interessen aufgrund der Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt sein könnten. Zum anderen sei nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs – u. a. im Urteil vom 13. Juni 2019, Copebi (C‑505/18, EU:C:2019:500, Rn. 34) – die Auflistung der Kategorien in Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 nur beispielhaft, und der Beteiligtenbegriff gehe über den Beihilfeempfänger oder seine Konkurrenten hinaus, da er eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten erfasse, einschließlich aller Personen, deren Interessen aufgrund der Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt seien.

39

Was schließlich die allgemeine Systematik und die Zielsetzungen der Kontrolle staatlicher Beihilfen betreffe, sei das Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci (C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873 Rn. 43, 46 und 47), nicht einschlägig, da es sich auf die Voraussetzung des Art. 263 Abs. 4 AEUV beziehe, dass derjenige, der Klage gegen eine Handlung erhoben habe, von dieser unmittelbar betroffen sein müsse, und nicht auf den Beteiligtenbegriff des Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589. Auch das Urteil vom 22. September 2020, Österreich/Kommission (C‑594/18 P, EU:C:2020:742), sei nicht einschlägig, da darin die Auslegung des Beteiligtenbegriffs nicht zur Sprache komme. Jedenfalls bestätige jenes Urteil, dass die Kommission über Befugnisse verfüge, aufgrund deren sie nicht nur die Wettbewerbsauswirkung einer Maßnahme, sondern auch die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme insgesamt prüfen könne, und dass die Kommission verschiedene Aspekte ohne jeden Wettbewerbsbezug berücksichtigen könne. Die Kommission habe so in dem streitigen Beschluss die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahmen mit der Richtlinie 2014/59 beurteilt.

40

Was das Vorbringen betreffe, dass Braesch u. a. von dem streitigen Beschluss nur wirtschaftlich beeinträchtigt seien und nur Belange geltend machten, die in keinem Zusammenhang mit dem Wettbewerb stünden, so sei es irreführend. Ihre Rechtsstellung werde nämlich durch die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfen konkret beeinträchtigt, da durch den streitigen Beschluss die Aufhebung ihrer FRESH‑Instrumente für die Italienische Republik und die BMPS verbindlich werde. Braesch u. a. seien zudem das konkrete Ziel der Lastenverteilungsmaßnahmen, die Teil der Verpflichtungszusagen seien und, wie sich aus den Erwägungsgründen 101 bis 110 des streitigen Beschlusses ergebe, gemäß der Bankenmitteilung eine Voraussetzung für die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt darstellten.

41

Das Gericht habe daher keinen Rechtsfehler begangen, als es aus den in Rn. 40 des angefochtenen Urteils angeführten Gründen davon ausgegangen sei, dass Braesch u. a. als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 bzw. Art. 108 Abs. 2 AEUV eingestuft werden könnten, weil sich die in Rede stehenden staatlichen Beihilfemaßnahmen, so wie sie angemeldet und in dem streitigen Beschluss für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden seien, konkret auf ihre Situation auswirken könnten.

42

Die Aufhebung der FRESH‑Instrumente resultiere nämlich nicht aus dem Erlass des Decreto-legge 237/2016 durch die italienischen Behörden. Dieses Gesetzesdekret, das speziell die der Lastenverteilung unterliegenden Kapitalinstrumente der BMPS aufführe, nehme nirgendwo auf die FRESH‑Instrumente Bezug. Aus einer E‑Mail, die die BMPS am 19. September 2017 an Braesch u. a. gerichtet habe, gehe im Übrigen hervor, dass die Kommission verlangt habe, dass die von den italienischen Behörden ergriffenen Maßnahmen auf die FRESH-Verträge angewandt würden. Dies zeige, dass diese Maßnahmen nach italienischem Recht auf die besagten Verträge nicht anwendbar gewesen seien und ohne das Eingreifen der Kommission auf sie nicht angewandt worden wären. Die Kommission selbst sei der Ansicht gewesen, dass diese Maßnahmen aufgrund des durch den streitigen Beschluss verbindlich gewordenen Umstrukturierungsplans anzuwenden seien.

43

Insoweit sei unerheblich, dass die italienischen Behörden, wenn sie beschlossen hätten, die BMPS ohne staatliche Beihilfe umzustrukturieren, die Lastenverteilungsmaßnahmen einschließlich der Aufhebung der FRESH-Verträge gleichwohl hätten vorschreiben können, um die Kapitallücke der BMPS zu verringern. Das ändere nämlich nichts daran, dass die BMPS tatsächlich mittels staatlicher Beihilfen umstrukturiert worden sei und dass die Dekrete zur Festlegung der Lastenverteilungsmaßnahmen unter Verweis auf die Bankenmitteilung erlassen worden seien, was den untrennbaren Zusammenhang zwischen den Beihilfen und den Lastenverteilungsmaßnahmen bestätige.

44

Die Kommission erläutere nicht, weshalb die Schlussfolgerung des Gerichts in Rn. 40 des angefochtenen Urteils, dass sich die in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen, so wie sie angemeldet und in dem streitigen Beschluss für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden seien, konkret auf die Situation von Braesch u. a. auswirken könnten, im Licht der vom Gericht zugrunde gelegten Urteilsgründe unangebracht sei.

45

Erstens zeige der Umstand, dass Braesch u. a. die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt nicht in Abrede stellten, nicht, dass diese Maßnahmen keine wettbewerbliche Auswirkung auf ihre Situation haben könnten, sondern spiegele lediglich die Rechtsprechung des Gerichtshofs – namentlich im Urteil vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex (C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 59) – wider, nach der Personen aufgrund der Verletzung ihrer Verfahrensrechte Beteiligte seien, ohne dass sie auch Fragen nach der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt aufwerfen müssten.

46

Zweitens gehe aus keiner Stelle des angefochtenen Urteils hervor, dass jede Person, die irgendwelche Bedenken hinsichtlich einer der in der Anmeldung oder in den Verpflichtungszusagen unterbreiteten tatsächlichen Annahmen hege, als Beteiligte anzusehen sei. Das Gericht führe in Rn. 41 des angefochtenen Urteils aus, es sei der Umstand, dass sich die in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen, so wie sie angemeldet und in dem streitigen Beschluss für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden seien, auf die Situation von Braesch u. a. konkret auswirken könnten, der es rechtfertige, sie als „Beteiligte“ einzustufen.

47

Drittens sei falsch, dass sich die italienischen Behörden nicht dazu hätten verpflichten müssen, die in der Bankenmitteilung vorgesehenen Lastenverteilungsmaßnahmen zu ergreifen, und dass daher das Gericht zu Unrecht festgestellt habe, dass die betreffenden Verpflichtungszusagen Voraussetzung für die Feststellung der Vereinbarkeit der Beihilfe, die der BMPS gewährt worden sei, mit dem Binnenmarkt seien. Die Kommission selbst räume nämlich die Verbindlichkeit dieser Maßnahmen ein, wenn sie darauf hinweise, dass der Mitgliedstaat, wenn er von den ihr unterbreiteten tatsächlichen Annahmen abweiche, eine Maßnahme durchführe, die sich von der genehmigten Maßnahme faktisch unterscheide und von der Kommissionsgenehmigung nicht gedeckt sei. Der Gerichtshof habe in Rn. 100 des Urteils vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a. (C‑526/14, EU:C:2016:570), nicht anders entschieden, als er zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der betreffende Mitgliedstaat zwar nicht verpflichtet sei, Lastenverteilungsmaßnahmen nach der Bankenmitteilung vorzuschreiben, diese aber vorschreiben müsse, damit die Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar erachtet werde. Jedenfalls seien im vorliegenden Fall solche Maßnahmen, die Teil der von den italienischen Behörden abgegebenen Verpflichtungszusagen seien, eine Vorbedingung für die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt gewesen, wie sich aus den Erwägungsgründen 101 bis 110 des streitigen Beschlusses selbst ergebe.

48

Viertens sei das Argument, die Kommission könne von den Mitgliedstaaten und den Begünstigten angebotene Verpflichtungszusagen nicht in Bedingungen für die Genehmigung einer Beihilfe umwandeln, vom Gerichtshof bereits im Urteil vom 3. April 2014, Kommission/Niederlande und ING Groep (C‑224/12 P, EU:C:2014:213, Rn. 80 und 81), zurückgewiesen worden, wo der Gerichtshof entschieden habe, dass die Verpflichtungszusagen der Mitgliedstaaten im Wesentlichen von der Kommission zur Bedingung für die Feststellung gemacht werden könnten, dass die Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

49

Mit dem vorliegenden Rechtsmittel rügt die Kommission im Wesentlichen einen Rechtsfehler des Gerichts, der darin bestehe, dass es in den Rn. 35 bis 41 und 58 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass Braesch u. a. die Klagebefugnis dafür hätten, mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zu beantragen, mit dem die Kommission festgestellt habe, dass die von der Italienischen Republik nach Art. 108 Abs. 3 AEUV angemeldeten in Rede stehenden Beihilfen „staatliche Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten, die gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar seien.

50

Da dieser Beschluss an den besagten Mitgliedstaat und nicht an Braesch u. a. gerichtet war, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 263 Abs. 4 AEUV zwei Varianten vorsieht, in denen einer natürlichen oder juristischen Person die Klagebefugnis für eine Klage gegen eine nicht an sie gerichtete Unionshandlung zuerkannt wird. Zum einen kann eine derartige Klage erhoben werden, wenn diese Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, klagen, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft (Urteil vom 30. Juni 2022, Danske Slagtermestre/Kommission, C‑99/21 P, EU:C:2022:510, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51

Zu der im angefochtenen Urteil vom Gericht allein geprüften Frage, ob Braesch u. a. von dem streitigen Beschluss im Sinne dieser Bestimmung unmittelbar und individuell betroffen sind, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine Person, die nicht Adressat eines Beschlusses ist, nur dann geltend machen kann, von ihm individuell betroffen zu sein, wenn der Beschluss sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten eines solchen Beschlusses (vgl. u. a. Urteile vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 238, und vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 33).

52

Da die Klage im ersten Rechtszug einen beihilferechtlichen Kommissionsbeschluss betroffen hat, ist auch darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen zwischen der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu ermöglichen, und der in Art. 108 Abs. 2 AEUV geregelten Prüfungsphase zu unterscheiden ist. Nur in dieser Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten des Falles zu verschaffen, sieht der AEU‑Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. u. a. Urteile vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 94, und vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 35).

53

Daraus folgt, wie das Gericht in Rn. 59 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, dass, wenn die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, mit einem Beschluss auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 3 AEUV feststellt, dass eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, die Personen, denen diese Verfahrensgarantien zugutekommen, deren Beachtung nur durchsetzen können, wenn sie die Möglichkeit haben, diesen Beschluss vor dem Unionsrichter anzufechten. Deshalb ist eine Klage auf Nichtigerklärung eines solchen Beschlusses, die von einem Beteiligten im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV erhoben wird, zulässig, wenn der Kläger mit der Erhebung der Klage die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen (vgl. u. a. Urteile vom 19. Mai 1993, Cook/Kommission, C‑198/91, EU:C:1993:197, Rn. 23 bis 26, vom 15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, EU:C:1993:239, Rn. 17 bis 19, und vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 36).

54

Stellt der Kläger dagegen die Begründetheit eines auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 3 AEUV oder nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens getroffenen Beschlusses, mit dem die Beihilfe beurteilt wird, in Frage, so kann der bloße Umstand, dass er als Beteiligter im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV betrachtet werden kann, nicht für die Annahme der Zulässigkeit der Klage ausreichen. Er muss in diesem Fall dartun, dass ihm eine besondere Stellung im Sinne der oben in Rn. 51 angeführten Rechtsprechung zukommt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Marktstellung des Klägers durch die Beihilfe, die Gegenstand des fraglichen Beschlusses ist, spürbar beeinträchtigt wird (vgl. u. a. Urteile vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 97, und vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 37).

55

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der streitige Beschluss am Ende der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV und Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 erlassen wurde und somit, ohne dass das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 4 Abs. 4 dieser Verordnung eröffnet worden wäre. Wie das Gericht in den Rn. 32 und 60 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, steht aber auch fest, dass sich Braesch u. a. mit ihrem fünften Klagegrund, den sie vor dem Gericht für die Nichtigerklärung dieses Beschlusses geltend machten, auf eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 beriefen.

56

Unter diesen Umständen hat das Gericht zur Feststellung, ob Braesch u. a. von dem streitigen Beschluss im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar und individuell betroffen sind, zu Recht ihre Beteiligteneigenschaft im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV geprüft. Wie sich nämlich aus der oben in Rn. 53 angeführten Rechtsprechung ergibt, erfüllt ein Kläger, der diese Eigenschaft besitzt, diese Kriterien, und eine Nichtigkeitsklage von ihm gegen einen Beschluss wie den streitigen zur Wahrung seiner Verfahrensrechte ist somit zulässig.

57

Allerdings ist festzustellen, dass das Gericht in den Rn. 37, 40, 41 und 58 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen hat, als es entschieden hat, dass Braesch u. a. diese Eigenschaft im vorliegenden Fall besäßen.

58

Die Definition des Beteiligtenbegriffs, wie sie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, wurde vom Unionsgesetzgeber in Art. 1 Buchst. h der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1), der Vorgängerbestimmung von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589, kodifiziert. Nach der Definition in dieser Bestimmung sind „Beteiligte“„Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Ja zum Nürburgring/Kommission, C‑647/19 P, EU:C:2021:666, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59

Auch wenn der in Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 definierte Beteiligtenbegriff so insbesondere die Unternehmen, die mit dem Beihilfeempfänger in Wettbewerb stehen, umfasst (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 3. September 2020, Vereniging tot Behoud van Natuurmonumenten in Nederland u. a./Kommission, C‑817/18 P, EU:C:2020:637, Rn. 50, und vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 36), bezieht er sich doch, wie vom Gericht in Rn. 35 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, auf eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 63, und vom 7. April 2022, Solar Ileias Bompaina/Kommission, C‑429/20 P, EU:C:2022:282, Rn. 34).

60

So geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass ein Unternehmen, das kein direkter Wettbewerber des Beihilfeempfängers ist, gleichwohl als „Beteiligter“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 eingestuft werden kann, sofern es geltend macht, dass seine Interessen aufgrund der Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt sein könnten, was verlangt, dass dieses Unternehmen in rechtlich hinreichender Weise dartut, dass sich die Beihilfe auf seine Situation konkret auswirken kann (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 64 und 65, sowie vom 7. April 2022, Solar Ileias Bompaina/Kommission, C‑429/20 P, EU:C:2022:282, Rn. 35). Die Beteiligteneigenschaft setzt daher nicht notwendigerweise ein Wettbewerbsverhältnis voraus (Urteil vom 2. September 2021, Ja zum Nürburgring/Kommission, C‑647/19 P, EU:C:2021:666, Rn. 58).

61

Nachdem das Gericht in Rn. 36 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen diese Rechtsprechung in Erinnerung gerufen hat, hat es in den Rn. 37 bis 41 und 58 jenes Urteils entschieden, dass Braesch u. a. in rechtlich hinreichender Weise dargetan hätten, dass sich die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfen und daher der Erlass des streitigen Beschlusses auf ihre Situation konkret „auswirken können“ (Rn. 37 und 41 des angefochtenen Urteils) und gar „auswirken“ (Rn. 58 des angefochtenen Urteils), so dass sie als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 einzustufen seien.

62

Zu diesem Ergebnis ist das Gericht gelangt, indem es in Rn. 39 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass nach Auffassung von Braesch u. a. der Teil des streitigen Beschlusses, der die Lastenverteilungsmaßnahmen betreffe, ihre Interessen beeinträchtige, da der Umstrukturierungsplan, wie er von der Kommission genehmigt worden sei, die Möglichkeit vorsehe, die FRESH-Verträge aufzuheben, wozu es später zu ihrem Nachteil gekommen sei, und dass aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit der den FRESH‑Instrumenten zugrunde liegenden vertraglichen Beziehungen der wirtschaftliche Schaden, der sich angesichts des Ausbleibens von Zahlungen aus den an ihre FRESH-Anleihen gebundenen Kupons auf lange Sicht ergebe, substanziell sei.

63

Hierzu hat das Gericht in Rn. 40 des angefochtenen Urteils ausgeführt, es sei unerheblich, dass Braesch u. a. die Vereinbarkeit der in Rede stehenden staatlichen Beihilfen mit dem Binnenmarkt im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV als solche nicht in Abrede stellten, da die Verpflichtungszusagen der italienischen Behörden betreffend den Umstrukturierungsplan und die Lastenverteilungsmaßnahmen Teil der angemeldeten Beihilfen seien, so dass sich der streitige Beschluss auf diese Beihilfen und diese Verpflichtungszusagen in ihrer Gesamtheit beziehe. Da, so das Gericht weiter, die genannten Beihilfen und die Verpflichtungszusagen, die der Beurteilung durch die Kommission unterlegen hätten, insofern untrennbar miteinander verbunden seien, als zum einen die Verpflichtungszusagen Voraussetzung für die Vereinbarkeitsfeststellung bezüglich der in Rede stehenden Beihilfen seien und zum anderen durch den streitigen Beschluss die Durchführung dieser Beihilfen genehmigt worden sei sowie die Verpflichtungszusagen für verbindlich erklärt worden seien, werde die Situation von Braesch u. a. notwendigerweise durch alle diese Umstände beeinträchtigt, so dass die Kläger ihre Interessen nur verteidigen könnten, indem sie die Nichtigerklärung dieses Beschlusses in seiner Gesamtheit beantragten.

64

Es ist daran zu erinnern, dass gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 die Kommission, wenn sie am Ende der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV feststellt, dass die angemeldete Maßnahme eine „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt, die keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt, einen Beschluss, keine Einwände zu erheben, erlässt, mit dem sie die Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 3 AEUV feststellt.

65

Im vorliegenden Fall befand die Kommission, wie sich aus dem angefochtenen Urteil, insbesondere seinen Rn. 8 bis 12 und 14 ergibt, in dem streitigen Beschluss nach Abschluss der Vorprüfungsphase, dass der Umstrukturierungsplan und die Verpflichtungszusagen der Italienischen Republik geeignet seien, die Rentabilität der BMPS langfristig wiederherzustellen, und dass durch die in den Verpflichtungszusagen vorgesehenen Lastenverteilungsmaßnahmen betreffend die Inhaber von Aktien und von nachrangigen Anleihen der Betrag der von der Italienischen Republik angemeldeten in Rede stehenden Beihilfen entsprechend der Bankenmitteilung auf das absolute Minimum beschränkt werde, weshalb sie der Auffassung war, dass diese Beihilfen „staatliche Beihilfen“ im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV seien, die aus Gründen der Finanzstabilität nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden könnten.

66

Es ist von vornherein festzustellen, dass Braesch u. a. mit ihrer Klage im ersten Rechtszug, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof mehrfach bestätigt haben und wie sich bereits aus Rn. 63 des vorliegenden Urteils ergibt, weder in Abrede stellen, dass es sich bei den in Rede stehenden Beihilfen um „staatliche Beihilfen“ handelt, noch, dass diese mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, sondern nur, wie sich aus den Rn. 28 bis 32 des angefochtenen Urteils ergibt, bezüglich eines Teils der von der Italienischen Republik mitgeteilten Lastenverteilungsmaßnahmen, die in dem im streitigen Beschluss beschriebenen Umstrukturierungsplan enthalten sind und sich in den Verpflichtungszusagen im Anhang dieses Beschlusses widerspiegeln, in Frage stellen, dass sie mit dem Unionsrecht, insbesondere der Richtlinie 2014/59, der Verordnung Nr. 806/2014, dem in Art. 17 der Charta niedergelegten Eigentumsrecht und mehreren allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, in Einklang stehen.

67

Insoweit steht fest, dass, wie sich aus den Rn. 39 und 58 des angefochtenen Urteils – ohne dass die Kommission dem entgegengetreten wäre – ergibt, die Lastenverteilungsmaßnahmen, auf die der streitige Beschluss Bezug nimmt, die Möglichkeit vorsehen, die FRESH-Verträge zwischen der BMPS und JPM im Rahmen der Umwandlung der nachrangigen BMPS-Titel in Eigenkapital aufzuheben.

68

Das Gericht hat jedoch dadurch, dass es in den Rn. 37, 40, 41 und 58 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass diese Auswirkung auf die Interessen der nachrangigen Gläubiger der BMPS aus den in Rede stehenden staatlichen Beihilfen und somit aus dem streitigen Beschluss resultiere, weil die Lastenverteilungsmaßnahmen, auf die sich dieser Beschluss beziehe, ebenso wie der Umstrukturierungsplan und die Verpflichtungszusagen der italienischen Behörden Teil der angemeldeten Beihilfen seien, so dass die Kommission diese Maßnahmen mit dem Beschluss für verbindlich erklärt habe, die Vorschriften des Unionsrechts, die die Tragweite dieses Beschlusses regeln, verkannt und damit einen Rechtsfehler begangen, dessentwegen das Urteil rechtswidrig ist.

69

Zwar hat der Gerichtshof bereits im Wesentlichen entschieden, dass, wenn in eine angemeldete Beihilfemaßnahme auf Vorschlag des betreffenden Mitgliedstaats von ihm übernommene Verpflichtungen aufgenommen wurden, bei der Prüfung, ob die von der Kommission nach Abschluss der Vorprüfungsphase erteilte Genehmigung zur Durchführung einer solchen Beihilfemaßnahme auch dann noch gilt, wenn geltend gemacht wird, dass dieser Mitgliedstaat diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, davon auszugehen ist, dass diese Verpflichtungen integrierender Bestandteil der genehmigten Maßnahme sind, da sie von der Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der fraglichen staatlichen Beihilfen mit dem Binnenmarkt berücksichtigt wurden, so dass diese Genehmigung nur gilt, sofern die Verpflichtungen beachtet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 2015, Iglesias Gutiérrez und Rion Bea, C‑352/14 und C‑353/14, EU:C:2015:691, Rn. 28).

70

Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass bei derartigen Verpflichtungszusagen anzunehmen wäre, dass sie als solche von der Kommission auferlegt wurden, und dass ihre etwaigen nachteiligen Auswirkungen auf Dritte daher dem von der Kommission erlassenen Beschluss zuzuschreiben wären.

71

In der Tat gab die Kommission mit dem am Ende der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV und Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 ergangenen streitigen Beschluss, um zu beurteilen, ob die in Rede stehenden staatlichen Beihilfen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gaben, der Italienischen Republik nicht die Einzelheiten vor, die sich im Umstrukturierungsplan und in den Verpflichtungszusagen der Italienischen Republik fanden und zu denen u. a. die Lastenverteilungsmaßnahmen betreffend die Inhaber von Aktien und von nachrangigen Anleihen gehörten.

72

Insoweit ist hervorzuheben, dass die Kommission, wie sich bereits aus den Rn. 52 bis 54 und 64 des vorliegenden Urteils ergibt, mit einem Beschluss wie dem streitigen dem betreffenden Mitgliedstaat nichts auferlegen oder verbieten kann, sondern nur berechtigt ist, das Beihilfevorhaben, wie es von diesem Mitgliedstaat angemeldet wurde, durch einen Beschluss, keine Einwände zu erheben, zu genehmigen, indem sie die betreffende Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt. Hegt die Kommission hingegen Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der angemeldeten Beihilfe mit dem Binnenmarkt, ist sie verpflichtet, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 4 Abs. 4 der Verordnung 2015/1589 zu eröffnen.

73

Somit ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Kommission mit dem streitigen Beschluss lediglich der Italienischen Republik die Genehmigung zur Durchführung der in Rede stehenden staatlichen Beihilfen erteilte und dabei von dem tatsächlichen Rahmen Kenntnis nahm, den dieser Mitgliedstaat zuvor in dem Umstrukturierungsplan und in den Verpflichtungszusagen festgelegt hatte, die von ihm nach Art. 108 Abs. 3 AEUV mitgeteilt wurden, um jegliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV auszuräumen.

74

Es war daher Sache der Italienischen Republik, zu prüfen, ob sie in der Lage wäre, die Verpflichtungszusagen einzuhalten, die in die mit diesem Beschluss erteilte Genehmigung aufgenommen wurden. Dabei oblag es ihr insbesondere, sich zu vergewissern, dass diese Verpflichtungszusagen mit ihren einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften und dem einschlägigen Unionsrecht in Einklang stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 2015, Iglesias Gutiérrez und Rion Bea, C‑352/14 und C‑353/14, EU:C:2015:691, Rn. 29).

75

Daraus folgt, dass der streitige Beschluss ein Beschluss ist, mit dem die Verpflichtungszusagen berücksichtigt wurden, die der betreffende Mitgliedstaat in der Phase der Anmeldung der in Rede stehenden staatlichen Beihilfe freiwillig abgegeben hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2013, Ryanair/Kommission, C‑287/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:395, Rn. 67). Selbst wenn die Kommission, wie Braesch u. a. geltend machen, die italienischen Behörden dazu veranlasst haben sollte, die FRESH-Verträge in die angebotenen Maßnahmen aufzunehmen, knüpft dennoch eine so zustande gekommene Einbeziehung jedenfalls an Verpflichtungen an, die von der Italienischen Republik eingegangen wurden und nicht von der Kommission in dem streitigen Beschluss auferlegt wurden.

76

Somit hat die Kommission in ihrer Rechtsmittelschrift und in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Beschluss zur Genehmigung einer staatlichen Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar nach Abschluss der Vorprüfungsphase – wie der streitige Beschluss –, mit dem die Kommission keine Einwände gegen die staatliche Beihilfe erhebt, von einem nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens ergangenen, „mit Bedingungen und Auflagen verbundenen Beschluss“ im Sinne von Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2015/1589 zu unterscheiden ist, mit dem die Kommission selbst ihren Beschluss zur Genehmigung einer staatlichen Beihilfe mit Bedingungen und Auflagen verbindet, die ihr ermöglichen, die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar zu erklären bzw. die Befolgung ihres Beschlusses zu überwachen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2013, Ryanair/Kommission, C‑287/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:395, Rn. 67).

77

Daher kann nicht angenommen werden, dass die Lastenverteilungsmaßnahmen, die im vorliegenden Fall von der Italienischen Republik im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens mitgeteilt wurden, durch den streitigen Beschluss selbst angeordnet wurden, da sich diese Maßnahmen allein aus Handlungen dieses Mitgliedstaats ergeben.

78

So war die Italienische Republik zum einen durch nichts daran gehindert, einen Umstrukturierungsplan und Verpflichtungszusagen mit anderen Maßnahmen anzumelden, selbst wenn die Kommission dann möglicherweise das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 4 Abs. 4 der Verordnung 2015/1589 hätte eröffnen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 43 und 44).

79

Zum anderen wird zwar die Italienische Republik durch den streitigen Beschluss zur Auszahlung der angemeldeten Beihilfen ermächtigt – nicht aber verpflichtet – (vgl. u. a. Urteil vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C., C‑138/09, EU:C:2010:291, Rn. 52 und 53, sowie Beschluss vom 30. Mai 2018, Yanchev, C‑481/17, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:352, Rn. 22 und 23), doch stellt er keinen Rechtstitel dar, auf dessen Grundlage der BMPS Kuponzahlungen an die Inhaber von FRESH-Anleihen untersagt werden könnten. Ein solches Verbot entspringt nicht diesem Beschluss, sondern dem italienischen Recht.

80

Daraus folgt, dass entgegen dem, was das Gericht geurteilt hat, die Lastenverteilungsmaßnahmen, auf die der streitige Beschluss Bezug nimmt, nicht von der Kommission in diesem Beschluss vorgegeben oder für verbindlich erklärt wurden, sondern rein innerstaatliche Maßnahmen darstellen, die von der Italienischen Republik nach Art. 108 Abs. 3 AEUV in eigener Verantwortung angemeldet wurden und von der Kommission als tatsächliches Kriterium bei der Beurteilung berücksichtigt wurden, ob die in Rede stehenden staatlichen Beihilfen nach Abschluss der Vorprüfungsphase bedenkenlos für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden konnten.

81

Daher kann die Aufhebung der FRESH-Verträge, von denen Braesch u. a. geltend machen, dass sie geeignet sei, ihnen als Inhaber der FRESH-Anleihen einen substanziellen wirtschaftlichen Schaden zu verursachen, nicht als zwingende Wirkung des streitigen Beschlusses angesehen werden, da sie keine Folge der Durchführung der in Rede stehenden Beihilfen als solchen ist. Sie ist vielmehr Folge der zwar in einem Sachzusammenhang stehenden, aber rechtlich gesonderten Maßnahmen des Mitgliedstaats, der diese Beihilfen bei der Kommission angemeldet hat. Insoweit ist unerheblich, dass diese Maßnahmen von dem Mitgliedstaat namentlich mit dem Ziel eines die Beihilfen genehmigenden Kommissionsbeschlusses getroffen worden sein mögen und dass sie Gegenstand von Verpflichtungszusagen sein mögen, die in dem entsprechenden Kommissionsbeschluss berücksichtigt wurden.

82

Dieses Ergebnis kann durch das Klagevorbringen von Braesch u. a. nicht in Frage gestellt werden.

83

Als Erstes ist, was ihr Vorbringen zu den Folgen eines Verstoßes gegen die im streitigen Beschluss in Bezug genommenen Lastenverteilungsmaßnahmen betrifft, richtig, dass, wie sich aus Rn. 69 des vorliegenden Urteils ergibt, die von der Kommission in diesem Beschluss erteilte Genehmigung zur Durchführung der in Rede stehenden staatlichen Beihilfen nur gilt, sofern alle Punkte beachtet werden, die von der Kommission in dem Beschluss bei der Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem Binnenmarkt berücksichtigt wurden.

84

Daher würde jeder Verstoß der BMPS gegen die von der Italienischen Republik im Bereich der Lastenverteilung eingegangenen Verpflichtungen – wie z. B. Kuponzahlungen an Inhaber von Finanzinstrumenten, die von diesen Verpflichtungen erfasst werden – eine missbräuchliche Anwendung der in Rede stehenden Beihilfen im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 1 Buchst. g der Verordnung 2015/1589 begründen. Diese Beihilfen würden dann nämlich im Sinne der letztgenannten Bestimmung vom Empfänger unter Verstoß gegen einen Beschluss nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 verwendet, da damit andere Beihilfen als die von der Kommission in dem streitigen Beschluss genehmigten zur Durchführung gelangten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Autonome Provinz Bozen, C‑102/21 und C‑103/21, EU:C:2022:272, Rn. 38).

85

Folglich könnte die Kommission gemäß Art. 20 der Verordnung 2015/1589 in Bezug auf diese Beihilfen das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 4 Abs. 4 dieser Verordnung eröffnen, um der Italienischen Republik die Aufhebung oder die Umgestaltung der missbräuchlich angewandten Beihilfen aufzugeben und um gegebenenfalls gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung, der nach deren Art. 20 für dieses Verfahren entsprechend gilt, die Rückforderung der rechtswidrig gezahlten Beihilfebeträge anzuordnen.

86

Im Übrigen könnten Beihilfen, die durchgeführt würden, ohne den angemeldeten und von der Kommission in dem streitigen Beschluss genehmigten Beihilfen zu entsprechen, auch als „neue Beihilfen“ im Sinne von Art. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 1 Buchst. b der Verordnung 2015/1589 angesehen werden, die, da sie unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV gewährt würden, „rechtswidrige Beihilfen“ im Sinne von Art. 1 Buchst. f dieser Verordnung darstellten, so dass auch die nationalen Gerichte ihre Rückzahlung anordnen könnten (vgl. entsprechend Urteil vom 5. März 2019, Eesti Pagar, C‑349/17, EU:C:2019:172, Rn. 87 bis 89).

87

Wenn die Italienische Republik somit zur Rückforderung der in Rede stehenden Beihilfen verpflichtet sein könnte, dann jedoch nicht deshalb, weil die im Anhang des streitigen Beschlusses enthaltenen Lastenverteilungsmaßnahmen durch diesen Beschluss auferlegt worden wären, da die Kommission, wie oben in Rn. 72 ausgeführt, im Rahmen der Vorprüfungsphase nicht über eine solche Befugnis verfügt, sondern, wie aus den Rn. 84 und 86 des vorliegenden Urteils hervorgeht, deshalb, weil diese Beihilfen nicht mehr den von diesem Mitgliedstaat nach Art. 108 Abs. 3 AEUV angemeldeten Maßnahmen entsprächen und daher nicht mehr von der Genehmigung zur Durchführung gedeckt wären, die von der Kommission in dem streitigen Beschluss nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV erteilt wurde.

88

Als Zweites ist, was das auf die Bankenmitteilung gestützte Vorbringen von Braesch u. a. betrifft, wonach im Wesentlichen die Bankenmitteilung die Vereinbarkeit von allen Banken im Kontext der Finanzkrise gewährten Beihilfen mit dem Binnenmarkt davon abhängig mache, dass Lastenverteilungsmaßnahmen getroffen würden, festzustellen, dass gewiss, worauf Braesch u. a. zu Recht hingewiesen haben und wie sich aus Rn. 12 des angefochtenen Urteils ergibt, die Kommission in den Erwägungsgründen 101 bis 110 des streitigen Beschlusses die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfen mit der Bankenmitteilung prüfte, was geschah, um die Beschränkung des Beihilfenbetrags auf das erforderliche Minimum sicherzustellen, um die Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt gering zu halten und um moralische Risiken zu vermeiden, indem darauf geachtet wurde, dass die Anteilseigner und die nachrangigen Gläubiger der BMPS im Einklang mit den Rn. 40 bis 46 der Bankenmitteilung über eine angemessene Lastenverteilung einen angemessenen Eigenbeitrag zu den Umstrukturierungskosten leisten.

89

Da die Italienische Republik im vorliegenden Fall Lastenverteilungsmaßnahmen mitgeteilt hatte, um von der Kommission die Genehmigung zur Gewährung der in Rede stehenden Beihilfen zu erhalten, war die Kommission zu einer solchen Prüfung im Übrigen verpflichtet.

90

Indem nämlich die Kommission Verhaltensnormen wie diejenigen in der Bankenmitteilung erlässt, um die Kriterien festzulegen, auf deren Grundlage sie die Vereinbarkeit der von den Mitgliedstaaten geplanten Beihilfen mit dem Binnenmarkt zu beurteilen beabsichtigt, und indem sie durch ihre Veröffentlichung ankündigt, dass sie diese Verhaltensnormen von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, beschränkt sie sich selbst in der Ausübung des ihr durch Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV insoweit eingeräumten Ermessens und kann grundsätzlich nicht von diesen Normen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 39 und 40 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

91

Das ändert jedoch nichts daran, dass, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, der Umstand, dass eine staatliche Beihilfe eine Lastenverteilungsmaßnahme vorsieht, die die in der Bankenmitteilung, insbesondere in deren Rn. 44, genannten Kriterien erfüllt, zwar eine grundsätzlich ausreichende Bedingung dafür darstellt, dass die Kommission diese Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt, hierfür aber nicht zwingend notwendig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 99).

92

Durch den Erlass der in der Bankenmitteilung enthaltenen Verhaltensnormen hat sich die Kommission nämlich in der Ausübung ihres Ermessens nur in dem Sinne selbst beschränkt, dass sie, wenn ein Mitgliedstaat bei ihr eine geplante staatliche Beihilfe anmeldet, die diesen Normen entspricht, dieses Vorhaben grundsätzlich genehmigen muss. Die Mitgliedstaaten behalten jedoch die Möglichkeit, bei der Kommission geplante staatliche Beihilfen anzumelden, die nicht den in der Bankenmitteilung vorgesehenen Kriterien entsprechen, und die Kommission kann, wie aus Rn. 45 dieser Mitteilung hervorgeht, solche Vorhaben in Ausnahmefällen genehmigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 43).

93

Die Kommission kann nämlich durch den Erlass von Verhaltensnormen nicht auf die Ausübung des Ermessens, das ihr Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verleiht, verzichten. Der Erlass einer Mitteilung wie der Bankenmitteilung entbindet die Kommission also nicht von ihrer Pflicht, die spezifischen außergewöhnlichen Umstände zu prüfen, auf die sich ein Mitgliedstaat in einem bestimmten Fall bei dem Ersuchen um unmittelbare Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV beruft, und ihre Ablehnung eines solchen Ersuchens zu begründen (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94

Hieraus folgt, dass die Bankenmitteilung keine selbständigen Verpflichtungen zulasten der Mitgliedstaaten begründen kann, sondern sich darauf beschränkt, Voraussetzungen aufzustellen, die gewährleisten sollen, dass staatliche Beihilfen, die Banken im Zusammenhang mit der Finanzkrise gewährt werden, mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, und die von der Kommission bei der Ausübung des weiten Ermessens, über das sie nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verfügt, zu berücksichtigen sind. Die Bankenmitteilung hat daher keine Bindungswirkung gegenüber den Mitgliedstaaten und kann ihnen insbesondere nicht vorschreiben, dass sie Lastenverteilungsmaßnahmen vornehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 44, 45 und 70).

95

Ein Mitgliedstaat muss daher notleidende Banken vor der Gewährung einer staatlichen Beihilfe weder dazu verpflichten, nachrangige Titel in Eigenkapital umzuwandeln oder abzuschreiben, noch dazu, diese Titel vollumfänglich zum Ausgleich der Verluste einzusetzen. In einem solchen Fall kann das Beihilfevorhaben allerdings nicht nach Rn. 15 der Bankenmitteilung als auf das erforderliche Minimum beschränkt angesehen werden, so dass der Mitgliedstaat sowie die Banken, die Empfänger der geplanten staatlichen Beihilfen sein sollen, dann das Risiko eines Beschlusses der Kommission, mit dem diese Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden, tragen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 100).

96

Als Drittes ist zu dem Vorbringen von Braesch u. a., das sie auf die Pflicht der Kommission zur Prüfung der Konformität der von der Italienischen Republik angemeldeten Maßnahmen insgesamt mit dem Unionsrecht stützen, darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter Rechtsprechung das in Art. 108 AEUV vorgesehene Verfahren niemals zu einem Ergebnis führen darf, das zu den besonderen Bestimmungen des Vertrags im Widerspruch stünde (Urteile vom15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, EU:C:1993:239, Rn. 41, vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C‑156/98, EU:C:2000:467, Rn. 78, und vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, EU:C:2008:224, Rn. 50). Somit kann eine Beihilfe, die als solche oder wegen bestimmter Modalitäten gegen Bestimmungen oder allgemeine Grundsätze des Unionsrechts verstößt, nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden (Urteile vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, EU:C:2008:224, Rn. 50, und vom 22. September 2020, Österreich/Kommission, C‑594/18 P, EU:C:2020:742, Rn. 44).

97

Wenn nämlich die Modalitäten einer Beihilfe derart untrennbar mit dem Zweck der Beihilfe verknüpft sind, dass sie nicht für sich allein beurteilt werden können, muss ihre Auswirkung auf die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit der Beihilfe insgesamt zwangsläufig nach dem in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahren beurteilt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. März 1977, Iannelli & Volpi, 74/76, EU:C:1977:51, Rn. 14, und vom 15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, EU:C:1993:239, Rn. 41).

98

So hat der Gerichtshof entschieden, dass eine staatliche Beihilfe für eine wirtschaftliche Tätigkeit im Kernenergiesektor, deren Prüfung ergibt, dass sie gegen Unionsvorschriften im Bereich der Umwelt verstößt, nicht nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann (Urteil vom 22. September 2020, Österreich/Kommission, C‑594/18 P, EU:C:2020:742, Rn. 45). Die wirtschaftliche Tätigkeit im Mittelpunkt des durch eine Beihilfe finanzierten Vorhabens hängt nämlich untrennbar mit dem Beihilfezweck zusammen, so dass sich die Kommission in der Rechtssache, in der jenes Urteil erging, vergewissern musste, dass das Vorhaben zur Finanzierung des in Rede stehenden Kernkraftwerks nicht gegen die genannten Vorschriften des Unionsrechts verstieß.

99

Desgleichen hat der Gerichtshof unter Umständen, unter denen im Wesentlichen ein Mitgliedstaat die tatbestandlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Identität der Personen geändert hatte, die in den Genuss einer bereits bestehenden Beihilferegelung kommen konnten, was einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in Bezug auf bestimmte Wirtschaftsteilnehmer zur Folge gehabt haben soll, ein Argument verworfen, wonach ein solcher Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, der sich aus dieser Änderung der Regelung ergebe, jedenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit der Kommissionsentscheidung führen könne, mit der diese Regelung in ihrer geänderten Fassung genehmigt worden sei (Urteil vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, EU:C:2008:224, Rn. 49 bis 52). Auch solche Modalitäten, die die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit im Rahmen einer Beihilferegelung festlegen, sind nämlich untrennbar mit der Beihilfe als solcher verbunden und gehören somit zu den von der Kommission zu prüfenden und gegebenenfalls zu genehmigenden Punkten, so dass, wenn entsprechende Modalitäten zu einem Verstoß gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts führen, ein von der Kommission erlassener Beschluss, mit dem eine solche Regelung genehmigt wird, zwangsläufig seinerseits rechtswidrig ist.

100

Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall die Kommission die von der Italienischen Republik angemeldeten staatlichen Beihilfen nicht gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären durfte, ohne sich zuvor vergewissert zu haben, dass diese Beihilfen ebenso wie die Rekapitalisierung der BMPS, die sie finanzieren sollten, nicht anderweitig gegen sonstige einschlägige Bestimmungen oder allgemeine Grundsätze des Unionsrechts verstoßen.

101

So steht fest, dass die Kommission in dem streitigen Beschluss, wie sich aus seinen Erwägungsgründen 120 bis 136 ergibt, die Konformität der in Rede stehenden staatlichen Beihilfen mit der Richtlinie 2014/59 überprüfte und im 137. Erwägungsgrund des Beschlusses zu dem Schluss gelangte, dass diese Beihilfen die Voraussetzungen – darunter ihre Genehmigung nach den Art. 107 und 108 AEUV – erfüllten, die in Art. 32 Abs. 4 Buchst. d dieser Richtlinie dafür genannt werden, dass die dort angeführten Formen einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln für ein Kreditinstitut oder eine Wertpapierfirma, die der Abwendung einer schweren Störung der Volkswirtschaft eines Mitgliedstaats und der Wahrung der Finanzstabilität dienen, nicht eine Abwicklung auslösen.

102

Im Rahmen dieser Analyse überprüfte die Kommission u. a. im 132. Erwägungsgrund, aber auch in den Erwägungsgründen 101 bis 110 des streitigen Beschlusses, dass die im Umstrukturierungsplan vorgesehenen Lastenverteilungsmaßnahmen angemessen waren, um den Betrag der gewährten Beihilfe auf das für die Erreichung des Ziels der Rekapitalisierung der BMPS erforderliche Minimum zu beschränken.

103

Dagegen hatte die Kommission nicht zu prüfen, ob diese von der Italienischen Republik beschlossene Lastenverteilung an sich die Rechte verletzte, die Braesch u. a. aus dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht herleiten wollen. Eine solche Verletzung würde sich nämlich, wenn man sie unterstellt, nicht aus der Beihilfe als solcher, ihrem Zweck oder ihren unabtrennbaren Modalitäten ergeben, sondern, wie sich aus Rn. 81 des vorliegenden Urteils ergibt, aus den Maßnahmen, die die Italienische Republik mit dem Ziel eines die Beihilfe nach Abschluss der Vorprüfungsphase genehmigenden Kommissionsbeschlusses getroffen hat.

104

Hält sich ein Dritter aufgrund von Maßnahmen für beeinträchtigt, die von den Behörden eines Mitgliedstaats im Zusammenhang mit der Umstrukturierung eines Unternehmens erlassen werden, verleiht ihm unter diesen Umständen der Umstand, dass sich diese Maßnahmen in den Rahmen eines beihilfebedürftigen Umstrukturierungsplans einfügen und dass folglich dieser Mitgliedstaat die entsprechenden Beihilfen bei der Kommission zur Genehmigung nach Abschluss der Vorprüfungsphase anmeldet, in dem Verfahren, das die Kommission nach Art. 108 AEUV führt, nicht die Beteiligteneigenschaft im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589. In einem solchen Fall muss dieser Dritte, wenn er der Auffassung ist, dass der betreffende Mitgliedstaat durch den Erlass solcher Maßnahmen gegen das Unionsrecht verstoßen habe, die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen vor den insoweit allein zuständigen nationalen Gerichten anfechten, wobei diese Gerichte die Möglichkeit oder, wenn sie im letzten Rechtszug entscheiden, gar die Verpflichtung haben, den Gerichtshof erforderlichenfalls um Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV zu ersuchen, um ihn zur Auslegung oder zur Gültigkeit der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts zu befragen.

105

Im vorliegenden Fall machen Braesch u. a. aber, wie bereits oben in Rn. 66 festgestellt, nicht geltend, aufgrund der in Rede stehenden Beihilfen beeinträchtigt zu sein, hinsichtlich deren sie im Übrigen weder bestreiten, dass sie „staatliche Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen, noch, dass sie nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Vielmehr machen sie eine Beeinträchtigung durch die Auswirkungen der im streitigen Beschluss in Bezug genommenen Lastenverteilungsmaßnahmen geltend, deren Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht – die Gegenstand der Klagegründe im ersten Rechtszug war – Anlass zu ernsthaften Bedenken gebe, aufgrund deren die Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen.

106

Wie sich jedoch aus den Rn. 69 bis 80 des vorliegenden Urteils ergibt, handelt es sich bei diesen Lastenverteilungsmaßnahmen um rein innerstaatliche, von der Italienischen Republik in eigener Verantwortung angemeldete Maßnahmen, die somit nicht von der Kommission vorgegeben wurden und daher von den in Rede stehenden Beihilfen rechtlich gesondert sind, da die Kommission sie beim Erlass des streitigen Beschlusses lediglich als tatsächliches Kriterium berücksichtigte. Daher ist es, wie sich aus Rn. 104 des vorliegenden Urteils ergibt, ausschließlich Sache der zuständigen nationalen Gerichte, die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen anhand des einschlägigen nationalen Rechts und Unionsrechts zu prüfen.

107

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass ein nationales Gericht, das die in Rede stehenden Lastenverteilungsmaßnahmen, nachdem es mit ihrer Rechtmäßigkeit befasst worden wäre, wegen Rechtswidrigkeit ganz oder teilweise für nichtig erklären würde, nicht dem streitigen Beschluss zuwiderhandeln würde, da mit diesem die Maßnahmen nicht vorgegeben werden und ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht nicht beurteilt wurde.

108

Sollte besagtes Gericht im Licht der Auslegung des Unionsrechts, die vom Gerichtshof im Anschluss an eine etwaige Vorlage zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorgenommen würde, zu dem Ergebnis gelangen, dass die in Rede stehenden Lastenverteilungsmaßnahmen ganz oder teilweise rechtswidrig sind, wäre es Sache der Italienischen Republik, wenn sie aufgrund dieser Rechtswidrigkeit bei der Durchführung der angemeldeten Beihilfen gemäß der mit dem streitigen Beschluss erteilten Genehmigung nicht mehr alle gegenüber der Kommission abgegebenen Verpflichtungszusagen einhalten könnte, neue Maßnahmen nach Art. 108 Abs. 3 AEUV anzumelden, da sie sonst, wie sich aus den Rn. 84 bis 86 des vorliegenden Urteils ergibt, die bereits aufgrund dieses Beschlusses ausgezahlten Beihilfen zurückfordern müsste.

109

Daraus ergibt sich, dass zum einen Braesch u. a. entgegen ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof keineswegs das in Art. 47 Abs. 1 der Charta verbürgte Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf versagt wird und dass zum anderen das Gericht in Rn. 40 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden hat, Braesch u. a. könnten ihre Interessen nur verteidigen, indem sie bei den Unionsgerichten die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses beantragten.

110

Nach alledem ist das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft, soweit das Gericht in seinen Rn. 37, 40, 41 und 58 befunden hat, dass Braesch u. a. als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 einzustufen seien.

111

Daher ist dem einzigen Rechtsmittelgrund der Kommission stattzugeben.

112

Das angefochtene Urteil ist demzufolge aufzuheben.

Zur Klage vor dem Gericht

113

Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

114

Dies ist vorliegend bei der von der Kommission im Verfahren vor dem Gericht erhobenen Einrede der Unzulässigkeit der Fall, soweit die Kommission geltend macht, Braesch u. a. hätten keine Klagebefugnis im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV, um die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zu beantragen.

115

Vorab ist festzustellen, dass, wie die Kommission in dieser Einrede zu Recht geltend macht, der streitige Beschluss, der an die Italienische Republik gerichtet ist, keinen Rechtsakt mit Verordnungscharakter nach Art. 263 Abs. 4 zweiter Satzteil AEUV darstellt, da er kein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung ist (Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung).

116

Unter diesen Umständen ist im Einklang mit der oben in Rn. 50 angeführten Rechtsprechung lediglich zu prüfen, ob, wie die Kommission in ihrer Einrede der Unzulässigkeit geltend macht, in Bezug auf Braesch u. a. nicht angenommen werden kann, dass sie von diesem Beschluss im Sinne von Art. 263 Abs. 4 erster Satzteil AEUV unmittelbar und individuell betroffen sind.

117

Als Erstes ist, soweit Braesch u. a. mit ihrem fünften Klagegrund auf die Wahrung der Verfahrensrechte abzielen, die ihnen nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 zustehen sollen, festzustellen, dass sie aus den oben in den Rn. 64 bis 110 dargelegten Gründen keine „Beteiligten“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV bzw. Art. 1 Buchst. h dieser Verordnung sind, so dass sie insoweit nicht als von diesem Beschluss im Sinne von Art. 263 Abs. 4 erster Satzteil AEUV unmittelbar und individuell betroffen angesehen werden können.

118

Daraus folgt, dass Braesch u. a. nicht im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV klagebefugt sind, um Verfahrensrechte zu wahren, die sie aus Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 herleiten wollen.

119

Als Zweites ist, da Braesch u. a. mit ihren ersten vier Klagegründen darauf abzielen, die Begründetheit des streitigen Beschlusses in Frage zu stellen, darauf hinzuweisen, dass sie nach der aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17), hervorgegangenen Rechtsprechung, auf die oben in den Rn. 51 und 54 Bezug genommen wird, in diesem Fall nur behaupten könnten, sie seien von diesem Beschluss im Sinne von Art. 263 Abs. 4 erster Satzteil AEUV individuell betroffen, wenn der Beschluss sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berühren und sie daher in ähnlicher Weise wie den Adressaten dieses Beschlusses individualisieren würde, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn ihre Marktstellung durch die Beihilfe, die Gegenstand des streitigen Beschlusses ist, spürbar beeinträchtigt würde.

120

Im vorliegenden Fall steht jedoch fest, dass Braesch u. a. nicht geltend machen, dass der streitige Beschluss irgendeine Auswirkung auf ihre Wettbewerbsstellung auf dem Markt habe, sondern sich im Wesentlichen darauf beschränken, zum einen geltend zu machen, dass sie ein Schreiben mit ihren Bedenken hinsichtlich der negativen Auswirkung dieses Beschlusses auf ihre Situation an die Kommission gerichtet hätten, und zum anderen, dass der streitige Beschluss bei der Beschreibung der im Umstrukturierungsplan vorgesehenen Lastenverteilungsmaßnahmen bezüglich der nachrangigen Gläubiger der BMPS in seinem 32. Erwägungsgrund und in der dazugehörigen Fn. 35 auf den Nießbrauchsvertrag im Zusammenhang mit den FRESH‑Instrumenten (vgl. Rn. 2 des angefochtenen Urteils) Bezug nehme.

121

Diese Umstände belegen aber keineswegs, dass in Bezug auf Braesch u. a. tatsächliche Umstände vorliegen, die sie in ähnlicher Weise individualisieren wie den Adressaten, da die Lastenverteilungsmaßnahmen, auf die der streitige Beschluss Bezug nimmt, sie in ihrer Eigenschaft als Inhaber von Finanzinstrumenten in gleicher Weise treffen wie alle anderen Inhaber von Instrumenten, die von diesen Maßnahmen betroffen sind. Insoweit ist es, anders als Braesch u. a. namentlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof geltend gemacht haben, unerheblich, dass die FRESH‑Instrumente im Unterschied zu diesen anderen Finanzinstrumenten ihrerseits etwa nicht ausdrücklich vom Decreto-legge 237/2016 in Bezug genommen werden.

122

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der bloße Umstand – sein Vorliegen unterstellt –, dass Braesch u. a. in der Phase der Vorprüfung durch die Kommission eine aktive Rolle gespielt hätten, nicht ausreichen kann, um anzuerkennen, dass sie von dem streitigen Beschluss individuell betroffen sind, wenn nicht nachgewiesen ist, dass ihre Marktstellung durch die Beihilfe, die Gegenstand dieses Beschlusses ist, spürbar beeinträchtigt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

123

Daraus folgt, dass Braesch u. a. von dem streitigen Beschluss nicht im Sinne der oben in den Rn. 51 und 54 angeführten Rechtsprechung individuell betroffen sind.

124

In Anbetracht des kumulativen Charakters der in Art. 263 Abs. 4 erster Satzteil AEUV vorgesehenen Voraussetzungen, wonach eine Person von der Handlung, deren Nichtigerklärung beantragt wird, gleichzeitig unmittelbar und individuell betroffen sein muss, hat der Umstand, dass eine dieser Voraussetzungen bei einem Kläger nicht gegeben ist, zur Folge, dass seine Nichtigkeitsklage gegen diese Handlung als unzulässig anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 76, und vom 4. Dezember 2019, Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo/Kommission, C‑342/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:1043, Rn. 37).

125

Daraus folgt, dass Braesch u. a. auch nicht klagebefugt sind, um die Begründetheit des streitigen Beschlusses in Abrede zu stellen.

126

Folglich ist der von der Kommission im ersten Rechtszug erhobenen Einrede der Unzulässigkeit stattzugeben, soweit die Kommission damit geltend macht, Braesch u. a. hätten keine Klagebefugnis im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV, um die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zu beantragen.

127

Die Klage ist daher als unzulässig abzuweisen.

Kosten

128

Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

129

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

130

Da Braesch u. a. im vorliegenden Fall unterlegen sind und die Kommission beantragt hat, ihnen die Kosten aufzuerlegen, sind sie zur Tragung der Kosten des Verfahrens vor dem Gericht und des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens zu verurteilen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 24. Februar 2021, Braesch u. a./Kommission (T‑161/18, EU:T:2021:102), wird aufgehoben.

 

2.

Die Klage von Anthony Braesch, der Trinity Investments DAC, der Bybrook Capital Master Fund LP, der Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP und der Bybrook Capital Badminton Fund LP auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 4690 final der Kommission vom 4. Juli 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47677 (2017/N) – Italien – Neue Beihilfe und geänderter Plan zur Umstrukturierung der Banca Monte dei Paschi di Siena wird als unzulässig abgewiesen.

 

3.

Anthony Braesch, die Trinity Investments DAC, die Bybrook Capital Master Fund LP, die Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP und die Bybrook Capital Badminton Fund LP tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission im Verfahren des ersten Rechtszugs und im Rechtsmittelverfahren.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.