SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MACIEJ SZPUNAR

vom 27. April 2023 ( 1 )

Rechtssache C‑491/21

WA

gegen

Direcţia pentru Evidenţa Persoanelor şi Administrarea Bazelor de Date din Ministerul Afacerilor Interne

(Vorabentscheidungsersuchen der Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie [Oberster Kassations- und Gerichtshof, Rumänien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Unionsbürgerschaft – Art. 21 AEUV – Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten – Richtlinie 2004/38/EG – Art. 4 – Voraussetzung für die Ausstellung eines Personalausweises – Wohnsitz in dem Mitgliedstaat, der das Dokument ausstellt – Weigerung der Behörden dieses Mitgliedstaats, einem seiner Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat einen Personalausweis auszustellen – Gleichbehandlung – Beschränkung – Rechtfertigung“

I. Einleitung

1.

Wie Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Pusa ausgeführt hat, „[darf] vorbehaltlich der in Artikel [21 AEUV] selbst genannten Beschränkungen einem Bürger der Europäischen Union, der das Recht auf Freizügigkeit oder Aufenthalt wahrnehmen möchte, keine ungerechtfertigte Belastung auferlegt werden“ ( 2 ).

2.

In der vorliegenden Rechtssache richtet die Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie (Oberster Kassations- und Gerichtshof, Rumänien) ein Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung zum einen von Art. 26 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 1 AEUV sowie von Art. 20, Art. 21 Abs. 1 und Art. 45 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und zum anderen der Art. 4 bis 6 der Richtlinie 2004/38/EG ( 3 ) an den Gerichtshof.

3.

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen WA, dem Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens, einem rumänischen Staatsangehörigen, der seine Berufstätigkeit sowohl in Frankreich als auch in Rumänien ausübt, und der Direcția pentru Evidența Persoanelor și Administrarea Bazelor de Date din Ministerul Afacerilor Interne (Direktion für das Personenregister und die Datenbankverwaltung des Innenministeriums, Rumänien) (im Folgenden: Registerdirektion) über die Weigerung dieser Direktion, dem Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens einen Personalausweis auszustellen, weil er seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat genommen hat.

II. Rechtlicher Rahmen

A.   Unionsrecht

4.

Neben einigen Vorschriften des Primärrechts, nämlich Art. 21 Abs. 1 AEUV und Art. 20 Abs. 2, Art. 21 Abs. 1 und Art. 45 Abs. 1 der Charta, sind im Rahmen der vorliegenden Rechtssache Art. 4 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1 und 4 sowie Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 relevant.

B.   Rumänisches Recht

5.

Die Ordonanța de urgență a Guvernului nr. 97/2005 privind evidența, domiciliul, reședința și actele de identitate ale cetățenilor români (Dringlichkeitsverordnung Nr. 97/2005 der Regierung über das Personenregister, den [Haupt‑]Wohnsitz, den Nebenwohnsitz und die Identitätsnachweise rumänischer Staatsangehöriger, in der später geänderten und ergänzten Fassung ( 4 )) (im Folgenden: OUG Nr. 97/2005) bestimmt in ihrem Art. 12:

„(1)   Ab dem Alter von 14 Jahren werden rumänischen Staatsangehörigen Identitätsnachweise ausgestellt.

(3)   Für die Zwecke der vorliegenden Dringlichkeitsverordnung ist unter einem Identitätsnachweis zu verstehen: der Personalausweis, der einfache Personalausweis, der elektronische Personalausweis, der vorläufige Personalausweis und das Identitätsbuch während ihrer jeweiligen Gültigkeitsdauer.“

6.

Art. 13 der OUG Nr. 97/2005 sieht vor:

„(1)   Der Identitätsnachweis bescheinigt die Identität, die rumänische Staatsangehörigkeit, die Anschrift des Wohnsitzes und gegebenenfalls die Anschrift eines Nebenwohnsitzes.

(2)   Nach der Legea nr. 248/2005 privind regimul liberei circulații a cetățenilor români în străinătate [(Gesetz Nr. 248/2005 über die Freizügigkeit rumänischer Staatsangehöriger im Ausland) ( 5 )] in der später geänderten und ergänzten Fassung [(im Folgenden: Freizügigkeitsgesetz)] stellen der Personalausweis und der elektronische Personalausweis in den Mitgliedstaaten der Union ein Reisedokument dar.

(3)   Mit dem elektronischen Personalausweis kann sich sein Inhaber unter den gesetzlich vorgesehenen Bedingungen in den IT‑Systemen des Innenministeriums und in den IT‑Systemen anderer öffentlicher oder privater Einrichtungen authentifizieren und die elektronische Signatur verwenden.“

7.

Art. 15 Abs. 3 der OUG Nr. 97/2005 lautet:

„Dem Antrag auf Ausstellung eines neuen Identitätsnachweises sind nur Dokumente beizufügen, die nach dem Gesetz die Anschrift des Wohnsitzes und gegebenenfalls die Anschrift eines Nebenwohnsitzes bescheinigen, es sei denn,

a)

es wurden Änderungen der Angaben zu Vor- und Nachnamen, Geburtsdatum, Familienstand und zur rumänischen Staatsangehörigkeit vorgenommen; in diesem Fall sind auch die Dokumente vorzulegen, die diese Änderungen belegen;

b)

der Antragsteller ist Inhaber eines vorläufigen Personalausweises oder eines Identitätsbuchs; in diesem Fall sind alle in Abs. 2 genannten Dokumente vorzulegen.“

8.

Art. 20 Abs. 1 Buchst. c der OUG Nr. 97/2005 bestimmt:

„Der provisorische Personalausweis wird in folgenden Fällen ausgestellt:

… rumänischen Staatsbürgern mit Wohnsitz im Ausland, die vorübergehend in Rumänien wohnen.“

9.

In Art. 28 Abs. 1 der OUG Nr. 97/2005 heißt es:

„(1) Der Nachweis der Anschrift des Wohnsitzes kann erbracht werden durch

a)

im Einklang mit den Gültigkeitsvoraussetzungen des geltenden rumänischen Rechts geschlossene Rechtsakte über das Recht auf Nutzung einer Wohnung;

b)

die schriftliche Erklärung des Unterkunftgebers, einer natürlichen oder juristischen Person, über die Beherbergung zusammen mit einem der unter Buchst. a oder gegebenenfalls Buchst. d genannten Dokumente;

c)

die ehrenwörtliche Erklärung des Antragstellers mit dem Kontrollvermerk eines Polizeibeamten, mit der bestätigt wird, dass ein Wohngebäude existiert und der Antragsteller tatsächlich unter der angegebenen Anschrift wohnt, wenn es sich um eine natürliche Person handelt, die nicht in der Lage ist, die in den Buchst. a und b genannten Dokumente vorzulegen;

d)

ein von einer Behörde der örtlichen Verwaltung ausgestelltes Dokument, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller oder gegebenenfalls die Person, die ihn beherbergt, im Registrul agricol [(Landwirtschaftsregister)] mit einem Wohngebäude eingetragen ist;

e)

der Identitätsnachweis eines Elternteils oder seines gesetzlichen Vertreters oder die Urkunde über die Ausübung der elterlichen Verantwortung, zusammen mit, je nach Fall, einem der in den Buchst. a bis d genannten Dokumente, wenn Minderjährige die Ausstellung eines Identitätsnachweises beantragen.“

10.

Die Art. 6 und 61 des Freizügigkeitsgesetzes bestimmen:

„Art. 6

(1)

Rumänische Staatsangehörige können mit folgenden Arten von Reisedokumenten ins Ausland reisen:

a)

Diplomatenpass;

b)

Dienstpass;

c)

elektronischer Diplomatenpass;

d)

elektronischer Dienstpass;

e)

einfacher Reisepass;

f)

einfacher elektronischer Reisepass;

g)

vorläufiger einfacher Reisepass;

h)

Reisetitel.

Art. 61

(1)

Für die Zwecke dieses Gesetzes stellen gültige Personalausweise, einfache Personalausweise und elektronische Personalausweise Reisedokumente dar, mit denen rumänische Staatsangehörige in die Mitgliedstaaten der Union sowie in Drittstaaten, die sie als Reisedokumente anerkennen, reisen können.

…“

11.

In Art. 171 Abs. 1 Buchst. d und Abs. 2 Buchst. b des Freizügigkeitsgesetzes heißt es:

„(1)   Der vorläufige einfache Reisepass wird rumänischen Staatsangehörigen, die die in diesem Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen und bei denen keiner der Fälle vorliegt, in denen das Recht, ins Ausland zu reisen, ausgesetzt ist, in den folgenden Fällen ausgestellt:

d) wenn der Inhaber einen einfachen Reisepass oder einen einfachen elektronischen Reisepass hinterlegt hat, um ein Visum zu erhalten, und erklärt, dringend ins Ausland reisen zu müssen:

(2)   Der vorläufige einfache Reisepass wird ausgestellt:

b) in den in Abs. 1 Buchst. b bis g angeführten Fällen innerhalb einer Frist von höchstens drei Arbeitstagen ab dem Tag der Antragstellung;

…“

12.

Art. 34 Abs. 1, 2 und 6 des Freizügigkeitsgesetzes bestimmt:

„(1)   Ein rumänischer Staatsbürger, der seinen Wohnsitz im Ausland genommen hat, kann die Ausstellung eines einfachen elektronischen Reisepasses oder eines einfachen vorläufigen Reisepasses mit Angabe seines Wohnsitzlandes beantragen, wenn er sich in einer der folgenden Situationen befindet:

a)

Er hat ein Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet des betreffenden Staates von mindestens einem Jahr erworben oder, je nach Fall, sein Aufenthaltsrecht wurde im Laufe eines Jahres wiederholt verlängert;

b)

er hat ein Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet des betreffenden Staates zum Zweck der Familienzusammenführung mit einer Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Staates hat, erworben;

c)

er hat ein Recht auf langfristigen Aufenthalt oder, je nach Fall, ein Recht auf Daueraufenthalt im Hoheitsgebiet des betreffenden Staates erworben;

d)

er hat die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates erworben;

e)

er hat eine Arbeitsberechtigung erworben oder ist bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben.

(2)   Ein rumänischer Staatsangehöriger, der Inhaber einer Anmeldebescheinigung oder eines Dokuments ist, das seinen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft bescheinigt und von den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft ausgestellt wurde, kann die Ausstellung eines einfachen elektronischen Reisepasses oder eines einfachen vorläufigen Reisepasses beantragen, in dem dieser Staat als Land des Wohnsitzes angegeben ist.

(6)   Ein rumänischer Staatsangehöriger, der seinen Wohnsitz im Ausland genommen hat, ist, wenn ihm ein einfacher elektronischer Reisepass oder ein einfacher vorläufiger Reisepass ausgehändigt wird, in dem das Land des Wohnsitzes angegeben ist, verpflichtet, den von den rumänischen Behörden ausgestellten Identitätsnachweis, der das Vorliegen eines Wohnsitzes in Rumänien bescheinigt, zurückzugeben.“

III. Ausgangsverfahren, Vorlagefrage und Verfahren vor dem Gerichtshof

13.

Der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens ist ein Rechtsanwalt mit rumänischer Staatsangehörigkeit, der seine Berufstätigkeit sowohl in Frankreich als auch in Rumänien ausübt und seit 2014 in Frankreich wohnhaft ist.

14.

Die rumänischen Behörden haben ihm einen einfachen elektronischen Reisepass ausgestellt, in dem vermerkt ist, dass er seinen Wohnsitz in Frankreich hat. Da sich sein Privat- und sein Berufsleben sowohl in Frankreich als auch in Rumänien abspielt, erklärt er jährlich daneben in Rumänien einen Nebenwohnsitz und erhält einen vorläufigen Personalausweis. Diese Ausweiskategorie stellt jedoch kein Dokument dar, mit dem er ins Ausland reisen kann.

15.

Am 17. September 2017 beantragte WA bei der Registerdirektion die Ausstellung eines Personalausweises oder eines elektronischen Personalausweises. Dieser Antrag wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass er seinen Hauptwohnsitz nicht in Rumänien genommen habe.

16.

Am 18. Dezember 2017 erhob WA Verwaltungsklage bei der Curtea de Apel București (Berufungsgericht Bukarest), mit der er begehrte, die Registerdirektion zur Ausstellung des von ihm gewünschten Dokuments zu verpflichten.

17.

Am 28. März 2018 wies dieses Gericht die Klage als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, dass die ablehnende Entscheidung der Registerdirektion nach rumänischem Recht gerechtfertigt sei, das vorsehe, dass Personalausweise nur rumänischen Staatsbürgern mit Hauptwohnsitz in Rumänien ausgestellt würden. Das rumänische Recht verstoße nicht gegen das Unionsrecht, da die Richtlinie 2004/38 die Mitgliedstaaten nicht verpflichte, ihren eigenen Staatsangehörigen Personalausweise auszustellen. Außerdem sei der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens nicht diskriminiert worden, da ihm die rumänischen Behörden einen einfachen Reisepass ausgestellt hätten, mit dem er ins Ausland reisen könne.

18.

Da der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens der Ansicht war, dass das Urteil der Curtea de Apel București (Berufungsgericht Bukarest) gegen mehrere Bestimmungen des AEU-Vertrags, der Charta und der Richtlinie 2004/38 verstoße, legte er beim vorlegenden Gericht, der Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie (Oberster Kassations- und Gerichtshof), ein Rechtsmittel ein.

19.

Dieses Gericht hegt Zweifel, ob die Weigerung, dem Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens unter den Umständen dieses Verfahrens einen Personalausweis auszustellen, mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

20.

Insoweit weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass die Richtlinie 2004/38 zwar bezwecke, die von den Mitgliedstaaten für die Einreise in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats geforderten Voraussetzungen zu vereinheitlichen, dass jedoch Art. 4 Abs. 3 dieser Richtlinie, der vorsehe, dass die Mitgliedstaaten ihren Staatsangehörigen gemäß ihren Rechtsvorschriften Personalausweise oder Reisepässe ausstellten, mit der in Rede stehenden nationalen Regelung eine restriktive Auslegung erfahre. Zudem könnte das Kriterium des Wohnsitzes eine diskriminierende Behandlung darstellen, die, um nach dem Unionsrecht gerechtfertigt zu sein, auf objektiven Gründen beruhen müsse, die von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängig seien und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht rechtmäßig verfolgten Ziel stünden. Schließlich habe die Registerdirektion im vorliegenden Fall nicht angegeben, welche objektive Erwägung des Allgemeininteresses die unterschiedliche Behandlung und die Tatsache rechtfertigen könne, dass rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Union das Recht verweigert werde, über einen nationalen Personalausweis zu verfügen. Das vorlegende Gericht führt aus, es habe keine solche Rechtfertigung erkennen können.

21.

Unter diesen Umständen hat die Înalta Curte de Casație și Justiție (Oberster Kassations- und Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind Art. 26 Abs. 2 AEUV, Art. 20, Art. 21 Abs. 1 und Art. 45 Abs. 1 der Charta sowie die Art. 4 bis 6 der Richtlinie 2004/38 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die es nicht gestattet, einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats einen als Reisedokument innerhalb der Europäischen Union geltenden Personalausweis auszustellen, wenn dieser Staatsangehörige seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat genommen hat?

22.

Der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens, die rumänische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Dieselben Beteiligten haben an der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2023 teilgenommen.

IV. Würdigung

23.

Mit seiner Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 26 Abs. 2 AEUV, Art. 20, Art. 21 Abs. 1 und Art. 45 Abs. 1 der Charta sowie die Art. 4 bis 6 der Richtlinie 2004/38 dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der einem Unionsbürger, der Staatsangehöriger dieses Mitgliedstaats ist und sein Recht, sich in einem anderen Mitgliedstaat frei zu bewegen und aufzuhalten, ausgeübt hat, die Ausstellung eines innerhalb der Union als Reisedokument geltenden Personalausweises allein deshalb verweigert wird, weil er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaats genommen hat.

24.

Der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens und die Kommission sind der Ansicht, dass die in Rede stehende nationale Regelung eine Ungleichbehandlung darstelle, die das Recht rumänischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat, sich innerhalb der Union frei zu bewegen und aufzuhalten, beeinträchtige. Die rumänische Regierung macht hingegen geltend, die Mitgliedstaaten verfügten bei der Ausstellung von Personalausweisen über einen Gestaltungsspielraum und die in Rede stehenden Rechtsvorschriften stellten keine Beschränkung des Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechts dieser Staatsangehörigen dar.

25.

In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich im Rahmen einiger einleitender Bemerkungen den Sachverhalt unter Hinweis auf die in Rede stehenden einschlägigen Rechtsvorschriften zusammenfassen und die anwendbaren Vorschriften des Unionsrechts klären, bevor ich auf das Problem eingehe, das mit der Vorlagefrage im Hinblick auf diese Vorschriften aufgeworfen wird.

A.   Einleitende Bemerkungen

26.

Gemäß der Darstellung des Sachverhalts durch das vorlegende Gericht geht es in der vorliegenden Rechtssache um einen rumänischen Staatsangehörigen, der seit 2014 in Frankreich seinen Wohnsitz hat und seine Berufstätigkeit als Rechtsanwalt sowohl in Frankreich als auch in Rumänien ausübt ( 6 ). Die rumänischen Behörden stellten ihm einen einfachen elektronischen Reisepass, in dem vermerkt ist, dass er in Frankreich wohnhaft ist, sowie einen vorläufigen Personalausweis aus ( 7 ). Dieser Ausweis, der kein Reisedokument ist, wird rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt, die einen vorübergehenden Nebenwohnsitz in Rumänien haben, und muss jedes Jahr verlängert werden. Der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens stellte bei der Registerdirektion einen Antrag auf Ausstellung eines (einfachen oder elektronischen) Personalausweises, der ein Reisedokument darstellt, mit dem er nach Frankreich reisen kann. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Gegen diese Entscheidung erhob er bei der Curtea de Apel București (Berufungsgericht Bukarest) Klage, die als unbegründet abgewiesen wurde, im Wesentlichen mit der Begründung, dass die rumänischen Rechtsvorschriften nicht gegen das Unionsrecht verstießen.

27.

Insoweit führt das vorlegende Gericht aus, dass nach rumänischem Recht alle rumänischen Staatsangehörigen unabhängig von ihrem Wohnsitz das Recht auf Ausstellung eines Reisepasses hätten ( 8 ). Es erläutert auch, dass rumänische Staatsangehörige mit (Haupt‑)Wohnsitz in Rumänien nach diesem Recht ab dem Alter von 14 Jahren das Recht auf Ausstellung eines als Reisedokument geltenden einfachen oder elektronischen Personalausweises hätten ( 9 ). Hingegen hätten rumänische Staatsangehörige mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat keinen Anspruch auf Ausstellung dieser Identitätsnachweise ( 10 ). Insoweit legt dieses Gericht dar, dass diese Staatsangehörigen verpflichtet seien, den Identitätsnachweis, der als Reisedokument gelte und das Vorhandensein eines Wohnsitzes in Rumänien bescheinige, zurückzugeben, wenn sie sich einen Reisepass ausstellen ließen, in dem der Mitgliedstaat ihres Wohnsitzes angegeben sei ( 11 ). Wenn sie sich jedoch vorübergehend in Rumänien aufhielten, werde ihnen ein vorläufiger Personalausweis ausgestellt, der nicht als Reisedokument gelte ( 12 ).

28.

Es ist klar, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Sachverhalt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts und insbesondere der Regeln fällt, die die Ausübung des Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechts regeln.

29.

Insoweit weise ich zum einen darauf hin, dass Art. 20 AEUV jedem, der die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, den Status eines Unionsbürgers verleiht ( 13 ). Im vorliegenden Fall besitzt der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens die rumänische Staatsangehörigkeit und genießt damit den Unionsbürgerstatus, der, wie der Gerichtshof wiederholt festgestellt hat, „dazu bestimmt [ist], der grundlegende Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu sein“ ( 14 ). Als Unionsbürger, der von seinem Recht, sich in einem anderen Mitgliedstaat als seinem Herkunftsmitgliedstaat frei zu bewegen und aufzuhalten, Gebrauch gemacht hat, kann er sich auf die mit diesem Status verbundenen Rechte, insbesondere die in Art. 21 Abs. 1 AEUV vorgesehenen, berufen, „und zwar gegebenenfalls auch gegenüber seinem Herkunftsmitgliedstaat“ ( 15 ).

30.

Zum anderen weise ich auch darauf hin, dass Art. 21 Abs. 1 AEUV dem Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens das Recht verleiht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Solche Beschränkungen und Bedingungen sind insbesondere die in der Richtlinie 2004/38 vorgesehenen, deren Art. 1 bestimmt, dass diese Richtlinie u. a die Bedingungen für die Ausübung dieses Rechts sowie die Beschränkungen dieses Rechts festlegen soll.

31.

Schließlich stelle ich fest, dass die Vorlagefrage zwar auf Art. 26 Abs. 2 AEUV sowie auf Art. 20 und auf Art. 21 Abs. 1 der Charta Bezug nimmt, dass es für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits jedoch nicht erforderlich ist, dass sich der Gerichtshof speziell auf diese Vorschriften bezieht.

32.

Was Art. 45 der Charta betrifft, auf den die Vorlagefrage ebenfalls Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass er in seinem Abs. 1 den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern das Recht verleiht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ein Recht, das nach den Erläuterungen zur Charta der Grundrechte ( 16 ) dem in Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a AEUV garantierten Recht entspricht und das nach Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV und Art. 52 Abs. 2 der Charta unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen ausgeübt wird, die in den Verträgen und durch die in Anwendung der Verträge erlassenen Maßnahmen festgelegt sind ( 17 ).

33.

Daher genügt es meines Erachtens, auf die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2004/38 sowie auf Art. 21 AEUV Bezug zu nehmen, um die Frage des vorlegenden Gerichts zu beantworten ( 18 ).

B.   Zur Auslegung von Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38 und zum Vorliegen einer Ungleichbehandlung, die das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht beschränken kann

34.

Ich halte es für nützlich, erstens darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38 verpflichtet sind, ihren Staatsangehörigen gemäß ihren Rechtsvorschriften einen Personalausweis oder einen Reisepass auszustellen, der ihre Staatsangehörigkeit angibt, um ihren Staatsangehörigen die Ausübung des Rechts, sich innerhalb der Union frei zu bewegen und aufzuhalten, zu ermöglichen ( 19 ). Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, ihren Staatsangehörigen nach dieser Vorschrift einen Personalausweis oder Reisepass auszustellen oder zu verlängern ( 20 ).

35.

Zweitens ist anzumerken, dass aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38 und insbesondere aus der Entscheidung des Unionsgesetzgebers, die nebenordnende disjunktive Konjunktion „oder“ zu verwenden, klar hervorgeht, dass diese Vorschrift den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Verpflichtung, ihren eigenen Staatsangehörigen Reisedokumente auszustellen, die Wahl der Art des Reisedokuments, d. h. Personalausweis oder Reisepass, überlässt.

36.

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2004/38 in ihren Erwägungsgründen 1 bis 4 und 11 bestimmt, dass sie vor allem die Ausübung des elementaren und persönlichen Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, das den Unionsbürgern unmittelbar aus dem Vertrag erwächst, erleichtern und verstärken soll ( 21 ). Insoweit dürfen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in Anbetracht des Kontexts und der Ziele dieser Richtlinie deren Bestimmungen nicht eng ausgelegt und keinesfalls ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt werden ( 22 ).

37.

Außerdem sind die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts zwar für die Ausstellung von Personalausweisen zuständig, doch weise ich darauf hin, dass sie diese Befugnis unter Beachtung des Unionsrechts und insbesondere der Vertragsbestimmungen über das durch Art. 21 Abs. 1 AEUV jedem Unionsbürger zuerkannte Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ausüben müssen ( 23 ).

38.

Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, betrifft im vorliegenden Fall die durch die Vorlagefrage aufgeworfene Frage die durch die in Rede stehenden rumänischen Rechtsvorschriften geschaffene Ungleichbehandlung zwischen rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Rumänien und rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat. Diese Rechtsvorschriften sehen vor, dass rumänische Staatsangehörige mit (Haupt‑)Wohnsitz in Rumänien das Recht haben, für Reisen innerhalb der Union zwei gültige Dokumente zu erhalten, nämlich einen Personalausweis und einen Reisepass, während rumänische Staatsangehörige mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat nur das Recht haben, ein einziges Reisedokument zu erhalten, nämlich einen Reisepass ( 24 ).

39.

Es ist daher zu prüfen, ob diese Ungleichbehandlung mit den Vorschriften des Unionsrechts über die Freizügigkeit und die Aufenthaltsfreiheit und insbesondere mit der Richtlinie 2004/38 vereinbar ist.

40.

Es trifft zwar zu, dass Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38, wie ich bereits ausgeführt habe, die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, ihren Staatsangehörigen zwei Identitätsnachweise auszustellen, die als Reisedokumente gelten, nämlich einen Personalausweis und einen Reisepass. Vielmehr haben die Mitgliedstaaten nach dieser Vorschrift die Wahl, ihren Staatsangehörigen einen Personalausweis oder einen Reisepass auszustellen. Diese Vorschrift in Verbindung mit Art. 21 AEUV erlaubt es den Mitgliedstaaten jedoch nicht, diese Wahl dahin gehend zu treffen, dass sie ihre Staatsangehörigen aufgrund der Ausübung ihres Rechts, sich innerhalb der Union frei zu bewegen und aufzuhalten, weniger günstig behandeln. Mit anderen Worten kann die legitime Wahl der Mitgliedstaaten hinsichtlich der nationalen Regelung für die Ausstellung von Reisedokumenten an ihre Staatsangehörigen, wie sie in Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38 vorgesehen ist, nicht wie im vorliegenden Fall zur Einführung einer Ungleichbehandlung führen, die darin besteht, dass rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat nur ein einziges Reisedokument, nämlich ein Reisepass, ausgestellt wird.

41.

Wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, müssen nämlich rumänische Staatsangehörige, die in anderen Mitgliedstaaten aufhältig sind und ihren Reisepass und zugleich ihren (einfachen oder elektronischen) Personalausweis in Anspruch nehmen wollen, ihren (Haupt‑)Wohnsitz in Rumänien haben. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Nachweis dieses Wohnsitzes insbesondere durch eine Eigentumsurkunde, einen Mietvertrag oder eine Unterkunftsbescheinigung erbracht wird. Das bedeutet, dass solche Staatsangehörige nicht nur Eigentümer, Mieter oder beherbergte Bewohner einer Unterkunft in Rumänien sein müssen, sondern auch eine Unterkunft haben müssen, die erforderlich ist, um von ihrem Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat Gebrauch zu machen. Dieses Erfordernis führt eindeutig zu einer ungünstigeren Behandlung aufgrund der Ausübung dieses Rechts. Rumänische Staatsangehörige, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, müssen somit einen (Haupt‑)Wohnsitz in Rumänien beibehalten, um in den Genuss der beiden Reisedokumente zu kommen, während die, die dieses Recht nicht ausgeübt haben und ihren Wohnsitz in Rumänien haben, davon profitieren können, ohne weitere Voraussetzungen erfüllen zu müssen.

42.

Daher scheint mir diese Ungleichbehandlung als solche geeignet zu sein, Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38 seine praktische Wirksamkeit zu nehmen.

43.

Zudem weise ich zum einen darauf hin, dass Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt, dass „[u]nbeschadet der für die Kontrollen von Reisedokumenten an den nationalen Grenzen geltenden Vorschriften … alle Unionsbürger, die einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mit sich führen, … das Recht [haben], das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verlassen und sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben“. Zum anderen sieht Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 vor, dass „[u]nbeschadet der für die Kontrollen von Reisedokumenten an den nationalen Grenzen geltenden Vorschriften … die Mitgliedstaaten Unionsbürgern, die einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mit sich führen, … die Einreise [gestatten]“.

44.

Somit ist die Verpflichtung, einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mit sich zu führen, weder für das Recht auf Ausreise noch für das Recht auf Einreise eine Voraussetzung, sondern eine Formalität zur Vereinheitlichung und damit Erleichterung der Identitätskontrollen, die in den in der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 ( 25 ) festgelegten Fällen durchgeführt werden können ( 26 ). Die Tatsache, dass ein Unionsbürger auch reisen kann, wenn er lediglich seinen Personalausweis mit sich führt, stellt daher eine Erleichterung für diesen Bürger dar, der demnach keinen Reisepass mit sich führen muss. Demzufolge ist die Ungleichbehandlung, die durch die in Rede stehenden Rechtsvorschriften eingeführt wird, geeignet, sowohl Art. 4 Abs. 1 als auch Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie 2004/38 ihre praktische Wirksamkeit zu nehmen.

45.

Da die nationalen Behörden aufgrund der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung rumänischen Staatsangehörigen einen als Reisedokument geltenden Personalausweis ausstellen können oder auch nicht, je nachdem, ob sie ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat genommen haben oder nicht und ob sie folglich von ihrem Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht Gebrauch gemacht haben oder nicht, ist unter diesen Umständen meines Erachtens zu prüfen, ob eine Beschränkung der Freizügigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 AEUV vorliegt.

C.   Zum Vorliegen einer Beschränkung der Freizügigkeit von Unionsbürgern im Sinne von Art. 21 Abs. 1 AEUV

46.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsvorschriften eine Ungleichbehandlung einführen, die geeignet ist, das Recht rumänischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat, sich innerhalb der Union im Sinne von Art. 21 Abs. 1 AEUV frei zu bewegen und aufzuhalten, zu beeinträchtigen.

47.

Insoweit weise ich erstens darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Regelung, durch die bestimmte eigene Staatsangehörige allein deswegen benachteiligt werden, weil sie von ihrer Freiheit, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und sich dort aufzuhalten, Gebrauch gemacht haben, eine Beschränkung der Freiheiten darstellt, die Art. 21 Abs. 1 AEUV jedem Unionsbürger zuerkennt ( 27 ).

48.

Zweitens weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, dass die vom Vertrag eröffneten Erleichterungen der Freizügigkeit und des Aufenthalts ihre volle Wirkung nicht entfalten könnten, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats von ihrer Wahrnehmung durch Hindernisse abgehalten werden könnte, die seinem Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat infolge einer Regelung seines Herkunftsstaats entgegenstehen, die Nachteile daran knüpft, dass er von diesen Erleichterungen Gebrauch gemacht hat ( 28 ).

49.

Ich bin der Ansicht, dass die durch die in Reden stehenden Rechtsvorschriften eingeführte Ungleichbehandlung eine Beschränkung der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts rumänischer Staatsbürger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat darstellt ( 29 ).

50.

Erstens möchte ich hervorheben, dass diese Rechtsvorschriften dadurch, dass damit die Ausstellung eines als Reisedokument geltenden Personalausweises allein deshalb verweigert wird, weil der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens seinen (Haupt‑)Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat, nämlich Frankreich, hat, geeignet sind, rumänische Staatsangehörige, die sich in einer Situation wie der des Rechtsmittelführers des Ausgangsverfahrens befinden, davon abzuhalten, von ihrer Freiheit, sich innerhalb der Union frei zu bewegen und aufzuhalten, Gebrauch zu machen.

51.

Wie ich bereits dargelegt habe, beruht das Problem nicht darauf, dass ein Mitgliedstaat seinen eigenen Staatsangehörigen entweder einen Reisepass oder einen Personalausweis ausstellt. Vor eine solche Wahl gestellt zu werden, ist schlicht legitim. Das Problem besteht darin, dass ein Mitgliedstaat mit dieser Wahl eine Ungleichbehandlung einführt, die, wie im vorliegenden Fall, das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht von Unionsbürgern beeinträchtigt.

52.

Zweitens möchte ich darauf hinweisen, dass es entgegen dem Vorbringen der rumänischen Regierung für rumänische Staatsangehörige mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat schwieriger ist, von ihrer Freizügigkeit Gebrauch zu machen, auch wenn sie Inhaber eines Reisepasses sind.

53.

Insoweit weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens während eines Zeitraums von zwölf Tagen nicht nach Frankreich habe reisen können, weil er über keinen Personalausweis verfügt habe, der als Reisedokument gegolten habe, während sich sein Reisepass zwecks Erlangung eines Visums in der Botschaft eines Drittstaats in Bukarest befunden habe. Nach den Angaben dieses Gerichts hätte ein rumänischer Staatsangehöriger mit (Haupt‑)Wohnsitz in Rumänien in einem solchen Fall mit seinem Personalausweis in einen anderen Mitgliedstaat reisen können. Diese Möglichkeit habe der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens jedoch nicht gehabt, da sein Antrag auf Ausstellung eines Personalausweises von der Registerdirektion abgelehnt worden sei.

54.

Die rumänische Regierung macht geltend, in einer Situation, in der ein rumänischer Staatsangehöriger seinen Reisepass in der Botschaft eines Drittstaats zwecks Erlangung eines Visums für die Einreise in diesen Drittstaat hinterlege, werde ihm innerhalb von drei Arbeitstagen nach Antragstellung ein vorläufiger Reisepass ausgestellt. Nach den Angaben dieser Regierung soll ein solches Dokument gewährleisten, dass rumänische Staatsangehörige unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens unabhängig von ihrem Wohnsitz ihr Recht auf Freizügigkeit schnell und ungehindert ausüben können. Der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens hat jedoch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass ein rumänischer Staatsangehöriger in Zeiten großen Andrangs einen Monat warten müsse, um einen Termin zu vereinbaren und seinen Antrag auf einen vorläufigen Reisepass stellen zu können.

55.

Dies zeigt meiner Meinung nach, dass Unionsbürger wie der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens im Rahmen der Verfahren zur Ausstellung von Personalausweisen und/oder Reisepässen mit beträchtlichen bürokratischen Hemmnissen zu kämpfen haben, was für ihr Recht, sich innerhalb der Union frei zu bewegen und aufzuhalten, Hindernisse schafft.

56.

Drittens teile ich die Ansicht der Kommission, wonach Unionsbürger, die ihr Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht ausüben, im Allgemeinen Interessen in verschiedenen Mitgliedstaaten haben und daher ein gewisses Maß an Mobilität innerhalb der Union erkennen lassen.

57.

Viertens schließlich ist es, wie Generalanwalt Jacobs ausgeführt hat, „klar, dass die Freizügigkeit mehr umfasst als nur die Abschaffung der Beschränkungen des Rechts einer Person, in einen Mitgliedstaat einzureisen, sich darin aufzuhalten oder aus ihm auszureisen. Freizügigkeit ist nicht gewährleistet, solange nicht alle Maßnahmen gleich welcher Art ebenfalls abgeschafft sind, die denjenigen, die von diesem Recht Gebrauch machen, eine ungerechtfertigte Belastung auferlegen. Eine solche Beschränkung ist stets unzulässig, unter welchen Umständen auch immer sie auftreten kann – einschließlich des Verlassens des Heimatmitgliedstaats oder der Rückkehr dorthin oder des Aufenthalts oder des Umzugs anderswo in der Union“ ( 30 ).

58.

Es bleibt daher zu prüfen, ob die durch die in Rede stehenden Rechtsvorschriften bewirkte Beschränkung der Freizügigkeit rumänischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat im Sinne von Art. 21 Abs. 1 AEUV im Hinblick auf das Unionsrecht gerechtfertigt werden kann.

1. Zur Rechtfertigung der Beschränkung

59.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann eine Beschränkung der Personenfreizügigkeit, die, wie im Ausgangsverfahren, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängig ist, gerechtfertigt sein, wenn sie auf objektiven Erwägungen des Allgemeininteresses beruht und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Zweck steht ( 31 ). Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich auch, dass eine Maßnahme verhältnismäßig ist, wenn sie zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet ist und nicht über das hinausgeht, was dazu notwendig ist ( 32 ).

60.

Gibt es im vorliegenden Fall eine objektive Erwägung des Allgemeininteresses, die die Beschränkung der Freizügigkeit und der Aufenthaltsfreiheit rechtfertigen kann?

61.

Das vorlegende Gericht führt aus, es habe keine objektive Erwägung des Allgemeininteresses erkennen können, die die Ungleichbehandlung und den Umstand rechtfertigen könne, dass rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Union das Recht verweigert werde, einen als Reisedokument geltenden Personalausweis zu besitzen.

62.

Die rumänische Regierung hat in ihren schriftlichen Erklärungen und in der mündlichen Verhandlung den Umstand, dass rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat die Ausstellung eines solchen Personalausweises verweigert wird, im Wesentlichen damit gerechtfertigt, dass es unmöglich sei, dort den Wohnsitz dieser Staatsangehörigen außerhalb Rumäniens einzutragen. Diese Regierung hat zunächst geltend gemacht, nach Art. 91 Abs. 1 des rumänischen Zivilgesetzbuchs werde der Nachweis des Wohnsitzes und eines Nebenwohnsitzes durch die Angaben im Personalausweis erbracht, der daher in erster Linie dazu diene, dieses wesentliche Element der Identität eines rumänischen Staatsangehörigen nachzuweisen, damit er seine Rechte ausüben und seinen Pflichten (insbesondere in Zivil- und Verwaltungsangelegenheiten) nachkommen könne, und in zweiter Linie eines der Dokumente darstelle, die die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit im Sinne der Richtlinie 2004/38 ermöglichten. Sodann sei die Angabe der Anschrift des Wohnsitzes auf dem Personalausweis geeignet, die Identifizierung effizienter zu machen und eine übermäßige Verarbeitung personenbezogener Daten von rumänischen Staatsangehörigen zu verhindern. Schließlich könnten die nationalen Behörden selbst dann, wenn die Anschrift des Wohnsitzes eines rumänischen Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat auf dem Personalausweis angegeben sei, nicht die Verantwortung übernehmen, sie zu bestätigen, da sie – abgesehen davon, dass sie dafür nicht zuständig seien – nicht über die Mittel verfügten, diese Anschrift zu überprüfen, ohne dass eine solche Überprüfung zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand führe oder gar unmöglich werde.

63.

Ich muss gestehen, dass ich Schwierigkeiten habe, eine solche Rechtfertigung als objektive Erwägung des Allgemeininteresses anzusehen, und zwar aus den folgenden Gründen.

64.

Was erstens den Beweiswert der auf dem Personalausweis angegebenen Anschrift anlangt, kann ich die „Nützlichkeit“ einer solchen Angabe für die Verwaltungsbehörden zwar nachvollziehen, doch kann ich den Zusammenhang zwischen dieser Rechtfertigung und der Tatsache, dass rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat die Ausstellung eines Personalausweises verweigert wird, schwer erkennen.

65.

Was zweitens den Umstand betrifft, dass die Angabe der Anschrift auf dem Personalausweis die Identifizierung und Kontrolle des Wohnsitzes von rumänischen Staatsangehörigen durch die Verwaltung effizienter machen kann, so stellt dies indessen keine objektive Erwägung im Allgemeininteresse dar, die eine Beschränkung einer Grundfreiheit des Unionsrechts rechtfertigen kann. Insoweit weise ich darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs Erwägungen administrativer Art es nicht rechtfertigen können, dass ein Mitgliedstaat von den Vorschriften des Unionsrechts abweicht. Dies gilt erst recht, wenn eine derartige Abweichung darauf hinausläuft, die Ausübung einer der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten auszuschließen oder einzuschränken ( 33 ).

66.

Deshalb bin ich der Ansicht, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden rumänischen Rechtsvorschriften eine Beschränkung des Rechts rumänischer Staatsangehöriger, sich innerhalb eines anderen Mitgliedstaats frei zu bewegen und aufzuhalten, darstellen, die weder durch den Beweiswert der auf dem Personalausweis angegebenen Anschrift noch durch die Effizienz der Identifizierung und der Kontrolle dieser Anschrift durch die zuständige Behörde gerechtfertigt werden kann.

67.

Für den Fall, dass der Gerichtshof jedoch der Ansicht sein sollte, dass die von der rumänischen Regierung angeführte Rechtfertigung eine solche Beschränkung rechtfertigen kann, werde ich kurz auf die Frage eingehen, ob die in Rede stehenden Rechtsvorschriften mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen.

2. Stehen die in Rede stehenden Rechtsvorschriften mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang?

68.

Wie ich bereits ausgeführt habe, müssen Rechtsvorschriften, um verhältnismäßig zu sein, zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein und dürfen nicht über das hinausgehen, was dazu notwendig ist ( 34 ).

a) Zur Eignung

69.

Meines Erachtens ist die Weigerung, rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat einen als Reisedokument geltenden Personalausweis auszustellen, nicht zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet. Der Umstand, dass sich die nationalen Behörden weigern, einen solchen Personalausweis auszustellen, ohne indessen von diesen Staatsangehörigen zu verlangen, dass sie in Rumänien einen Wohnsitz beibehalten, ist keine geeignete Maßnahme, um den Beweiswert der auf dem Personalausweis angegebenen Anschrift und die Wirksamkeit der Kontrolle der Identifizierung des Wohnsitzes dieser Staatsangehörigen durch die rumänischen Behörden zu gewährleisten.

70.

Insbesondere kann eine Person umgezogen sein, ohne einen neuen Personalausweis zu beantragen, oder ganz einfach vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr an dem auf dem Personalausweis angegebenen Wohnsitz aufhältig sein. Mir scheint, dass die nationalen Behörden über andere, geeignetere Mittel verfügen, um den Wohnsitz oder einen Nebenwohnsitz zu überprüfen, wie beispielsweise die Ausstellung einer Wohnsitz- oder Anmeldebescheinigung oder einer Bescheinigung über einen Nebenwohnsitz auf der Grundlage der Bevölkerungsdatenbanken durch die rumänischen Behörden.

71.

Zur der von der Verwaltung durchgeführten Kontrolle, ob eine Person tatsächlich an einer bestimmten Anschrift wohnt, hat der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es in der Praxis keine derartige systematische Überprüfung durch die rumänischen Behörden gebe, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

72.

Daraus folgt meines Erachtens, dass die in Rede stehenden Rechtsvorschriften die Erreichung des verfolgten Ziels nicht in kohärenter und systematischer Weise gewährleisten und folglich zur Erreichung dieses Ziels nicht geeignet sind.

b) Zur Notwendigkeit

73.

Meines Erachtens lässt sich kaum die Auffassung vertreten, dass es in Rumänien zur effizienteren Identifizierung der Anschrift eines rumänischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat notwendig sei, als Reisedokumente geltende Personalausweise nur Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Rumänien auszustellen.

74.

Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, wäre es für Rumänien durchaus möglich, sein System beizubehalten, nämlich zu verlangen, dass auf dem Personalausweis die rumänische Anschrift von Staatsangehörigen mit Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat angegeben ist, ohne jedoch die Ausstellung von als Reisedokumenten geltenden Personalausweisen für rumänische Staatsangehörige mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat zu verweigern.

75.

Folglich ist eine solche Weigerung der rumänischen Behörden für die Erreichung des von der rumänischen Regierung verfolgten Ziels nicht notwendig.

V. Ergebnis

76.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage der Înalta Curte de Casație și Justiție (Oberster Kassations- und Gerichtshof, Rumänien) wie folgt zu beantworten:

Art. 21 Abs. 1 AEUV und Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG

sind dahin auszulegen, dass

sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der einem Unionsbürger, der Staatsangehöriger dieses Mitgliedstaats ist und sein Recht, sich in einem anderen Mitgliedstaat frei zu bewegen und aufzuhalten, ausgeübt hat, die Ausstellung eines innerhalb der Union als Reisedokument geltenden Personalausweises allein deshalb verweigert wird, weil er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaats genommen hat.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) C‑224/02, EU:C:2003:634, Nr. 22.

( 3 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004, L 158, S. 77).

( 4 ) Erneut veröffentlicht im Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 719 vom 12. Oktober 2011.

( 5 ) Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 682 vom 29. Juli 2005.

( 6 ) Der Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt an einer französischen Universität lehre.

( 7 ) Die rumänische Regierung weist in Beantwortung einer in der mündlichen Verhandlung gestellten Frage des Gerichtshofs darauf hin, dass der „vorläufige Personalausweis“ nicht die Sicherheitselemente eines Personalausweises im Sinne von Art. 2 Buchst. a und Art. 3 der Verordnung (EU) 2019/1157 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise von Unionsbürgern und der Aufenthaltsdokumente, die Unionsbürgern und deren Familienangehörigen ausgestellt werden, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben (ABl. 2019, L 188, S. 67), aufweise.

( 8 ) Vgl. Art. 6 Abs. 1 Buchst. f und g sowie Art. 34 Abs. 1 und 2 des Freizügigkeitsgesetzes.

( 9 ) Vgl. Art. 12 Abs. 1 und 2 der OUG Nr. 97/2005 sowie Art. 61 Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes.

( 10 ) Die Kommission hat in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt, dass Art. 14 Abs. 2 der OUG Nr. 97/2005 vorsehe, dass nur rumänische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Rumänien, die sich vorübergehend im Ausland aufhielten, die Ausstellung eines Personalausweises beantragen könnten.

( 11 ) Vgl. Art. 34 Abs. 6 des Freizügigkeitsgesetzes.

( 12 ) Vgl. Art. 20 Abs. 1 Buchst. c der OUG Nr. 97/2005. Aus den vom Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens gemäß Art. 62 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgelegten Dokumenten geht hervor, dass der vorläufige Personalausweis die Anschrift des vorübergehenden Nebenwohnsitzes seines Inhabers in Rumänien enthält.

( 13 ) Vgl. u. a. Urteile vom 11. Juli 2002, D’Hoop (C‑224/98, EU:C:2002:432, Rn. 27), und vom 9. Juni 2022, Préfet du Gers und Institut national de la statistique et des études économiques (C‑673/20, EU:C:2022:449, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 14 ) Urteile vom 20. September 2001, Grzelczyk (C‑184/99, EU:C:2001:458, Rn. 31), und vom 1. August 2022, Familienkasse Niedersachsen-Bremen (C‑411/20, EU:C:2022:602, Rn. 28).

( 15 ) Urteil vom 14. Dezember 2021, Stolichna obshtina, rayon Pancharevo (C‑490/20, EU:C:2021:1008, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 16 ) ABl. 2007, C 303, S. 29.

( 17 ) Urteil vom 21. Juni 2022, Ligue des droits humains (C‑817/19, EU:C:2022:491, Rn. 275). Es ist auch darauf hinzuweisen, dass sich aus der Rechtsprechung ergibt, dass eine nationale Maßnahme, die geeignet ist, die Ausübung der Freizügigkeit zu behindern, nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn sie mit den durch die Charta verbürgten Grundrechten vereinbar ist, deren Beachtung der Gerichtshof sichert. Wie die Kommission zu Recht hervorgehoben hat, verstieße daher jede Beschränkung der in Art. 21 Abs. 1 AEUV vorgesehenen Rechte notwendigerweise gegen Art. 45 Abs. 1 der Charta, da, wie ich bereits ausgeführt habe, das in Art. 45 Abs. 1 der Charta verankerte Recht jedes Unionsbürgers, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, das durch Art. 21 Abs. 1 AEUV verliehene Recht widerspiegelt. Vgl. u. a. Urteile vom 18. Juni 1991, ERT (C‑260/89, EU:C:1991:254, Rn. 43), vom 14. Dezember 2021, Stolichna obshtina, rayon Pancharevo (C‑490/20, EU:C:2021:1008, Rn. 58), und vom 21. Juni 2022, Ligue des droits humains (C‑817/19, EU:C:2022:491, Rn. 275 und 281), sowie Beschluss vom 24. Juni 2022, Rzecznik Praw Obywatelskich (C‑2/21, EU:C:2022:502, Rn. 46).

( 18 ) Vgl. auch Fn. 27 der vorliegenden Schlussanträge.

( 19 ) Urteil vom 14. Dezember 2021, Stolichna obshtina, rayon Pancharevo (C‑490/20, EU:C:2021:1008, Rn. 43). Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38 sieht vor, dass „[d]ie Mitgliedstaaten … ihren Staatsangehörigen gemäß ihren Rechtsvorschriften einen Personalausweis oder einen Reisepass [ausstellen], der ihre Staatsangehörigkeit angibt, und … diese Dokumente [verlängern]“.

( 20 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2021, A (Grenzüberschreitung mit einem Vergnügungsboot) (C‑35/20, EU:C:2021:813, Rn. 53).

( 21 ) Urteile vom 25. Juli 2008, Metock u. a. (C‑127/08, EU:C:2008:449, Rn. 82), und vom 19. September 2013, Brey (C‑140/12, EU:C:2013:565, Rn. 71).

( 22 ) Urteile vom 11. Dezember 2007, Eind (C‑291/05, EU:C:2007:771, Rn. 43), vom 25. Juli 2008, Metock u. a. (C‑127/08, EU:C:2008:449, Rn. 84), vom 7. Oktober 2010, Lassal (C‑162/09, EU:C:2010:592, Rn. 31), vom 18. Dezember 2014, McCarthy u. a. (C‑202/13, EU:C:2014:2450, Rn. 32), vom 5. Juni 2018, Coman u. a. (C‑673/16, EU:C:2018:385, Rn. 39), sowie vom 11. April 2019, Tarola (C‑483/17, EU:C:2019:309, Rn. 38).

( 23 ) Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 26. Oktober 2006, Tas-Hagen und Tas (C‑192/05, EU:C:2006:676, Rn. 22), vom 22. Mai 2008, Nerkowska (C‑499/06, EU:C:2008:300, Rn. 24), sowie vom 5. Juni 2018, Coman u. a. (C‑673/16, EU:C:2018:385, Rn. 35 bis 38). Vgl. auch Urteil vom 6. Oktober 2021, A (Grenzüberschreitung mit einem Vergnügungsboot) (C‑35/20, EU:C:2021:813, Rn. 53).

( 24 ) Ich weise darauf hin, dass diese beiden Situationen, wie die Kommission in Beantwortung einer in der mündlichen Verhandlung gestellten Frage des Gerichtshofs ausgeführt hat, unter dem Aspekt des Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechts vergleichbar sind.

( 25 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. 2006, L 105, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 610/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. 2013, L 182, S. 1) geänderten Fassung.

( 26 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2021, A (Grenzüberschreitung mit einem Vergnügungsboot) (C‑35/20, EU:C:2021:813, Rn. 73).

( 27 ) Urteile vom 8. Juni 2017, Freitag (C‑541/15, EU:C:2017:432, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 19. November 2020, ZW (C‑454/19, EU:C:2020:947, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. in diesem Sinne in Bezug auf Art. 45 Abs. 1 der Charta Urteil vom 21. Juni 2022, Ligue des droits humains (C‑817/19, EU:C:2022:491, Rn. 277).

( 28 ) Vgl. Urteile vom 29. April 2004, Pusa (C‑224/02, EU:C:2004:273, Rn. 19), vom 26. Oktober 2006, Tas-Hagen und Tas (C‑192/05, EU:C:2006:676, Rn. 30), vom 22. Mai 2008, Nerkowska (C‑499/06, EU:C:2008:300, Rn. 32), sowie vom 14. Oktober 2010, van Delft u. a. (C‑345/09, EU:C:2010:610, Rn. 97).

( 29 ) Vgl. Nrn. 38 und 41 der vorliegenden Schlussanträge.

( 30 ) Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Pusa (C‑224/02, EU:C:2003:634, Nr. 21).

( 31 ) Urteil vom 5. Juni 2018, Coman u. a. (C‑673/16, EU:C:2018:385, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 32 ) Urteile vom 18. Juli 2006, De Cuyper (C‑406/04, EU:C:2006:491, Rn. 42), vom 26. Oktober 2006, Tas-Hagen und Tas (C‑192/05, EU:C:2006:676, Rn. 35), und vom 5. Juni 2018, Coman u. a. (C‑673/16, EU:C:2018:385, Rn. 41).

( 33 ) Vgl. u. a. Urteile vom 3. Februar 1983, van Luipen (29/82, EU:C:1983:25, Rn. 12), vom 26. Januar 1999, Terhoeve (C‑18/95, EU:C:1999:22, Rn. 45), und vom 21. Juli 2011, Kommission/Portugal (C‑518/09, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:501, Rn. 66).

( 34 ) Vgl. Nr. 59 der vorliegenden Schlussanträge. Ich weise darauf hin, dass es in Art. 3 Abs. 8 der Verordnung Nr. 2019/1157 heißt: „Sofern zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich und angemessen, können die Mitgliedstaaten für den innerstaatlichen Gebrauch nach dem nationalen Recht vorgeschriebene Hinweise und Bemerkungen eintragen. Die Wirksamkeit der Mindestsicherheitsstandards und die grenzübergreifende Interoperabilität der Personalausweise dürfen dadurch nicht beeinträchtigt werden.“