3.1.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 2/12


Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 26. Oktober 2021 (Vorabentscheidungsersuchen der Rechtbank Amsterdam — Niederlande) — Vollstreckung der Europäischen Haftbefehle gegen HM (C-428/21 PPU), TZ (C-429/21 PPU)

(Verbundene Rechtssachen C-428/21 PPU und C-429/21 PPU) (1)

(Vorlage zur Vorabentscheidung - Eilvorabentscheidungsverfahren - Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen - Europäischer Haftbefehl - Rahmenbeschluss 2002/584/JI - Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 - Ersuchen um Zustimmung zur Strafverfolgung wegen anderer Straftaten als derjenigen, die der Übergabe zugrunde lagen - Art. 28 Abs. 3 - Ersuchen um Zustimmung zu einer weiteren Übergabe der betroffenen Person an einen anderen Mitgliedstaat - Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz - Recht der betroffenen Person auf Anhörung durch die vollstreckende Justizbehörde - Modalitäten)

(2022/C 2/15)

Verfahrenssprache: Niederländisch

Vorlegendes Gericht

Rechtbank Amsterdam

Parteien des Ausgangsverfahrens

HM (C-428/21 PPU), TZ (C-429/21 PPU)

Beteiligte: Openbaar Ministerie

Tenor

Art. 27 Abs. 3 Buchst. g und Abs. 4 sowie Art. 28 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 geänderten Fassung sind im Licht des durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleisteten Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz dahin auszulegen, dass eine Person, die der ausstellenden Justizbehörde in Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls übergeben worden ist, ein Recht auf Anhörung durch die vollstreckende Justizbehörde hat, wenn letztere Behörde von der ausstellenden Justizbehörde mit einem Ersuchen um Zustimmung im Sinne der genannten Bestimmungen dieses Rahmenbeschlusses befasst wird. Diese Anhörung kann im Ausstellungsmitgliedstaat stattfinden, wobei dessen Justizbehörden in diesem Fall darauf zu achten haben, dass das Anhörungsrecht der betroffenen Person auch ohne direkte Beteiligung der vollstreckenden Justizbehörde sachdienlich und wirksam ausgeübt werden kann. Die vollstreckende Justizbehörde muss sich jedoch vergewissern, dass sie über ausreichende Informationen, insbesondere zum Standpunkt der betroffenen Person, verfügt, um ihre Entscheidung über das gemäß Art. 27 Abs. 4 oder Art. 28 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584 ergangene Ersuchen um Zustimmung in voller Kenntnis der Sachlage und unter vollständiger Wahrung der Verteidigungsrechte der betroffenen Person zu treffen. Gegebenenfalls muss sie die ausstellende Justizbehörde um unverzügliche Übermittlung zusätzlicher Informationen bitten.


(1)  ABl. C 368 vom 13.9.2021.