27.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 112/3


Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 9. Februar 2023 (Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State — Niederlande) — Staatssecretaris van Justitie en Veiligheid/S und E, C/Staatssecretaris van Justitie en Veiligheid

(Rechtssache C-402/21, Staatssecretaris van Justitie en Veiligheid u. a. [Entzug des Aufenthaltsrechts eines türkischen Arbeitnehmers] (1)

(Vorlage zur Vorabentscheidung - Assoziierungsabkommen EWG-Türkei - Beschluss Nr. 1/80 - Art. 6 und 7 - Türkische Staatsangehörige, die bereits in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats integriert sind und über ein entsprechendes Aufenthaltsrecht verfügen - Entscheidungen der nationalen Behörden, mit denen türkischen Staatsangehörigen, die sich seit mehr als 20 Jahren rechtmäßig in dem betreffenden Mitgliedstaat aufhalten, das Aufenthaltsrecht entzogen wird, weil sie eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellen - Art. 13 - Stillhalteklausel - Art. 14 - Rechtfertigung - Gründe der öffentlichen Ordnung)

(2023/C 112/03)

Verfahrenssprache: Niederländisch

Vorlegendes Gericht

Raad van State

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: Staatssecretaris van Justitie en Veiligheid, E, C

Beklagte: S, Staatssecretaris van Justitie en Veiligheid

Tenor

1.

Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei

ist dahin auszulegen, dass

er von türkischen Staatsangehörigen mit Rechten aus Art. 6 oder Art. 7 dieses Beschlusses geltend gemacht werden kann.

2.

Art. 14 des Beschlusses Nr. 1/80

ist dahin auszulegen, dass

sich türkische Staatsangehörige, die nach Ansicht der zuständigen nationalen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Interesse der Gesellschaft darstellen, auf Art. 13 dieses Beschlusses berufen können, um sich gegen die Anwendung einer „neuen Beschränkung“ im Sinne dieser Bestimmung zu wehren, nach der diese Behörden ihr Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Ordnung beenden können. Eine solche Beschränkung kann nach Art. 14 des Beschlusses gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet ist, die Verwirklichung des verfolgten Ziels des Schutzes der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgeht.


(1)  ABl. C 391 vom 27.9.2021.