URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

13. Januar 2022 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2011/7/EU – Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr – Anwendungsbereich – Begriff ‚Geschäftsverkehr‘ – Öffentliche Stelle, die als Gläubigerin eines Unternehmens handelt – Ausschluss – Zum Zweck des Erbnießbrauchs erfolgte Überlassung einer Immobilie durch eine öffentliche Stelle an ein Unternehmen gegen Zahlung einer jährlichen Gebühr“

In der Rechtssache C‑327/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Okręgowy w Opolu (Regionalgericht Opole, Polen) mit Entscheidung vom 10. März 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Juli 2020, in dem Verfahren

Skarb Państwa – Starosta Nyski

gegen

New Media Development & Hotel Services sp. z o.o.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Dritten Kammer K. Jürimäe in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Neunten Kammer sowie der Richter S. Rodin und N. Piçarra (Berichterstatter),

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Brauhoff und G. Gattinara als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. 2000, L 200, S. 35) sowie von Art. 2 Nr. 1 und Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. 2011, L 48, S. 1).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Skarb Państwa – Starosta Nyski (Fiskus – Landrat des Landkreises Nysa, Polen) (im Folgenden: Fiskus) und der New Media Development & Hotel Services sp. z o.o. (im Folgenden: New Media) in Bezug auf Zinsen wegen Verzugs bei der Zahlung einer jährlichen Gebühr, die dem Fiskus als Entgelt für den Erbnießbrauch an einem New Media überlassenen Grundstück geschuldet wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2011/7

3

In den Erwägungsgründen 3, 8, 9, 14 und 23 der Richtlinie 2011/7 heißt es:

„(3)

Viele Zahlungen im Geschäftsverkehr zwischen Wirtschaftsteilnehmern einerseits und zwischen Wirtschaftsteilnehmern und öffentlichen Stellen andererseits werden später als zum vertraglich vereinbarten oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegten Zeitpunkt getätigt. Trotz Lieferung der Waren oder Erbringung der Leistungen werden viele Rechnungen erst lange nach Ablauf der Zahlungsfrist beglichen. Ein derartiger Zahlungsverzug wirkt sich negativ auf die Liquidität aus und erschwert die Finanzbuchhaltung von Unternehmen. Es beeinträchtigt außerdem die Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Unternehmen, wenn der Gläubiger aufgrund eines Zahlungsverzugs Fremdfinanzierung in Anspruch nehmen muss. Das Risiko solcher Beeinträchtigungen nimmt in Zeiten eines Wirtschaftsabschwungs, wenn der Zugang zu Finanzmitteln besonders schwierig ist, erheblich zu.

(8)

Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie sollte auf die als Entgelt für Handelsgeschäfte geleisteten Zahlungen beschränkt sein. Diese Richtlinie sollte weder Geschäfte mit Verbrauchern noch die Zahlung von Zinsen im Zusammenhang mit anderen Zahlungen, z. B. unter das Scheck- und Wechselrecht fallende Zahlungen oder Schadensersatzzahlungen einschließlich Zahlungen von Versicherungsgesellschaften, umfassen. …

(9)

Diese Richtlinie sollte den gesamten Geschäftsverkehr unabhängig davon regeln, ob er zwischen privaten oder öffentlichen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen erfolgt, da öffentliche Stellen in großem Umfang Zahlungen an Unternehmen leisten. …

(14)

Im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsvorschriften der Union sollte für die Zwecke dieser Richtlinie die in der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste [(ABl. 2004, L 134, S. 1)] und die in der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge [(ABl. 2004, L 134, S. 114)] enthaltene Definition des Begriffs ‚öffentlicher Auftraggeber‘ gelten.

(23)

Im Allgemeinen können öffentliche Stellen mit sichereren, berechenbareren und beständigeren Einkünften als Unternehmen rechnen. Ferner werden vielen öffentlichen Stellen Finanzmittel zu günstigeren Bedingungen angeboten als Unternehmen. Zugleich sind öffentliche Stellen in Bezug auf die Verwirklichung ihrer Ziele auch weniger von der Herstellung stabiler Geschäftsbeziehungen abhängig, als dies bei Unternehmen der Fall ist. Lange Zahlungsfristen und Zahlungsverzug öffentlicher Stellen für Waren und Dienstleistungen verursachen ungerechtfertigte Kosten für Unternehmen. Es ist daher angebracht, spezielle Vorschriften für Geschäftsvorgänge einzuführen, bei denen Unternehmen öffentlichen Stellen Waren liefern und Dienstleistungen für sie erbringen, die insbesondere Zahlungsfristen vorsehen sollten, die grundsätzlich 30 Kalendertage nicht überschreiten, es sei denn, im Vertrag wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart, und vorausgesetzt, dies ist aufgrund der besonderen Natur oder der besonderen Merkmale des Vertrags objektiv begründet, und die in keinem Fall 60 Kalendertage überschreiten.“

4

Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) dieser Richtlinie sieht vor:

„(1)   Diese Richtlinie dient der Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr, um sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert, und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und insbesondere von [kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)] zu fördern.

(2)   Diese Richtlinie ist auf alle Zahlungen, die als Entgelt im Geschäftsverkehr zu leisten sind, anzuwenden.

…“

5

In Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

‚Geschäftsverkehr‘ Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, die zu einer Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen;

2.

‚öffentliche Stelle‘ jeden öffentlichen Auftraggeber im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie [2004/17] und von Artikel 1 Absatz 9 der Richtlinie [2004/18], unabhängig vom Gegenstand oder Wert des Auftrags;

3.

‚Unternehmen‘ jede im Rahmen ihrer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit handelnde Organisation, ausgenommen öffentliche Stellen, auch wenn die Tätigkeit von einer einzelnen Person ausgeübt wird;

6.

‚gesetzlicher Zins bei Zahlungsverzug‘ den einfachen Zins bei Zahlungsverzug, dessen Höhe sich aus dem Bezugszinssatz zuzüglich mindestens acht Prozentpunkten ergibt;

…“

6

Art. 3 der Richtlinie 2011/7, der den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen betrifft, sieht in Abs. 1 vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass in diesem Geschäftsverkehr der Gläubiger Anspruch auf Verzugszinsen hat, ohne dass es einer Mahnung bedarf, wenn die in dieser Vorschrift festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

7

Art. 4 („Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen“) dieser Richtlinie bestimmt in Abs. 1:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei Geschäftsvorgängen mit einer öffentlichen Stelle als Schuldner der Gläubiger nach Ablauf der in den Absätzen 3, 4 oder 6 festgelegten Fristen Anspruch auf den gesetzlichen Zins bei Zahlungsverzug hat, ohne dass es einer Mahnung bedarf, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

a)

Der Gläubiger hat seine vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt, und

b)

der Gläubiger hat den fälligen Betrag nicht rechtzeitig erhalten, es sei denn, der Schuldner ist für den Zahlungsverzug nicht verantwortlich.

…“

8

Gemäß ihrem Art. 13 Abs. 1 wurde durch die Richtlinie 2011/7 die Richtlinie 2000/35 mit Wirkung vom 16. März 2013 aufgehoben.

Richtlinie 2004/17

9

Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/17 definierte den Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ als „den Staat, die Gebietskörperschaften, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts und die Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen“.

10

Diese Definition entspricht im Wesentlichen derjenigen in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17 (ABl. 2014, L 94, S. 243) mit Wirkung vom 18. April 2016.

Richtlinie 2004/18

11

Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 definierte den Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ mit nahezu dem gleichen Wortlaut wie Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/17.

12

Die Richtlinie 2004/18 wurde durch die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65) mit Wirkung ab dem 18. April 2016 aufgehoben und ersetzt. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 10 Buchst. a der Richtlinie 2014/24 entsprechen Art. 1 Abs. 9 bzw. Art. 16 Buchst. a der Richtlinie 2004/18.

Polnisches Recht

Gesetz vom 8. März 2013

13

Die Richtlinie 2011/7 wurde mit der am 28. April 2013 in Kraft getretenen Ustawa o przeciwdziałaniu nadmiernym opóźnieniom w transakcjach handlowych (Gesetz zur Bekämpfung übermäßigen Verzugs im Geschäftsverkehr, konsolidierte Fassung) vom 8. März 2013 (Dz. U. 2019, Position 118, im Folgenden: Gesetz vom 8. März 2013) in polnisches Recht umgesetzt.

14

Art. 2 des Gesetzes vom 8. März 2013 sieht vor:

„Die Bestimmungen [dieses] Gesetzes finden auf Geschäftsvorgänge [(Geschäftsverkehr)] Anwendung, an denen ausschließlich folgende Parteien beteiligt sind:

1.

Unternehmer im Sinne der Ustawa … – Prawo przedsiębiorców [(Gesetz über das Recht der Unternehmer) vom 6. März 2018];

3.

die in Art. 3 Abs. 1 der Ustawa … – Prawo zamówień publicznych [(Gesetz über öffentliche Aufträge) vom 29. Januar 2004] genannten Einrichtungen …“

15

Art. 4 Nrn. 1, 2 und 3 des Gesetzes vom 8. März 2013 enthält folgende Definitionen:

„Im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet der Ausdruck

1.

‚Geschäftsvorgang‘ einen Vertrag, der die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt zum Gegenstand hat, wenn die in Art. 2 genannten Parteien diesen Vertrag im Rahmen der von ihnen ausgeübten Tätigkeit abschließen;

2.

‚öffentliche Stelle‘ die in Art. 3 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3a des Gesetzes vom 29. Januar 2004 über öffentliche Aufträge genannten Einrichtungen;

3.

‚gesetzliche Zinsen wegen Verzugs im Geschäftsverkehr‘

a)

im Fall von Geschäftsverkehr, bei dem der Schuldner eine öffentliche Einrichtung des medizinischen Sektors ist: Zinsen in Höhe des Bezugszinssatzes der Polnischen Nationalbank zuzüglich acht Prozentpunkten;

b)

im Fall von Geschäftsverkehr, bei dem der Schuldner keine öffentliche Einrichtung des medizinischen Sektors ist: Zinsen in Höhe des Bezugszinssatzes der Polnischen Nationalbank zuzüglich zehn Prozentpunkten …“

16

Art. 7 Abs. 1 des Gesetzes vom 8. März 2013 bestimmt:

„Mit Ausnahme von Vorgängen, bei denen der Schuldner eine öffentliche Stelle ist, haben an Geschäftsvorgängen beteiligte Gläubiger, ohne dass es einer Zahlungsaufforderung bedarf und sofern die Parteien keinen höheren Zinssatz vereinbart haben, Anspruch auf die gesetzlichen Zinsen wegen Zahlungsverzugs für den Zeitraum vom Tag der Fälligkeit der Zahlung bis zu dem Tag, an dem die Zahlung erfolgt, wenn die folgenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:

1.

Der Gläubiger hat seine Verpflichtungen erfüllt;

2.

er hat die Zahlung nicht innerhalb der im Vertrag festgelegten Frist erhalten.“

Immobilienverwaltungsgesetz

17

Art. 71 der Ustawa o gospodarce nieruchomościami (Immobilienverwaltungsgesetz) vom 21. August 1997 (Dz. U. 2018, Position 2204) sieht in den Abs. 1 und 4 vor:

„(1)   Für die Überlassung eines Grundstücks zum Zweck des Erbnießbrauchs sind eine erste Gebühr sowie jährliche Gebühren zu zahlen.

(4)   Die jährlichen Gebühren werden während des gesamten Zeitraums des Erbnießbrauchs bis zum 31. März eines jeden Jahres gezahlt. …“

Zivilgesetzbuch

18

Art. 232 §§ 1 und 2 des Kodeks cywilny (Zivilgesetzbuch) vom 23. April 1964 (Dz. U. 1964, Nr. 16, Position 93) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Zivilgesetzbuch) bestimmt:

„An Grundstücken, die im Eigentum des Staates stehen und sich innerhalb der Verwaltungsgrenzen der Städte befinden, an staatlichen Grundstücken außerhalb dieser Verwaltungsgrenzen, die aber im Bebauungsplan einer Stadt enthalten sind und für die Erreichung ihrer wirtschaftlichen Ziele genutzt werden, sowie an Grundstücken, die im Eigentum von Gebietskörperschaften oder ihrer Verbände stehen, kann natürlichen und juristischen Personen ein Erbnießbrauch eingeräumt werden.

In speziell geregelten Fällen kann der Erbnießbrauch auch andere Grundstücke betreffen, die im Eigentum des Staates, von Gebietskörperschaften oder ihrer Verbände stehen.“

19

Nach Art. 238 des Zivilgesetzbuchs „[entrichtet d]er Erbnießbraucher … während der Dauer seines Rechts eine jährliche Gebühr“.

20

Nach Art. 481 § 1 des Zivilgesetzbuchs kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Geldleistung verspätet erfüllt, Verzugszinsen verlangen, selbst wenn er keinen Schaden erlitten hat und der Verzug eine Folge von Umständen ist, die der Schuldner nicht zu vertreten hat.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

21

Im Rahmen eines am 15. Mai 2014 geschlossenen Vertrags erlangte New Media den Erbnießbrauch an einem Grundstück von Seiten der Person, zu deren Gunsten der Fiskus diesen Nießbrauch ursprünglich bestellt hatte. Nach Art. 71 des Immobilienverwaltungsgesetzes ist New Media als Erbnießbraucherin verpflichtet, eine jährliche Gebühr an den Fiskus zu entrichten.

22

Nachdem der Fiskus die am 31. März 2018 fällige Gebühr nicht rechtzeitig erhalten hatte, erhob er beim Sąd Rejonowy w Nysie (Rayongericht Nysa, Polen) Klage auf Verurteilung von New Media zur Zahlung des Hauptbetrags von 3365,55 polnischen Zloty (PLN) (ca. 755 Euro) zuzüglich gesetzlicher Verzugszinsen gemäß den Bestimmungen des Gesetzes vom 8. März 2013.

23

Mit Urteil vom 24. Mai 2019 verurteilte dieses Gericht New Media zur Zahlung des Hauptbetrags zuzüglich gesetzlicher Zinsen wegen Zahlungsverzugs ab dem 1. April 2018, wobei diese Zinsen aber auf der Grundlage von Art. 481 des Zivilgesetzbuchs und nicht nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 8. März 2013 berechnet wurden, und zwar mit der Begründung, dass die Verpflichtung zur Zahlung der jährlichen Gebühr nicht aus einem „Geschäftsvorgang“ im Sinne dieses Gesetzes herrühre, sondern rechtlich auf Art. 71 des Immobilienverwaltungsgesetzes und Art. 238 des Zivilgesetzbuchs basiere. Ferner stellte das Gericht fest, dass der Fiskus nicht Partei des Vertrags vom 15. Mai 2014 sei, mit dem New Media den Erbnießbrauch am betreffenden Grundstück erlangt habe.

24

Gegen dieses Urteil legte der Fiskus beim vorlegenden Gericht, dem Sąd Okręgowy w Opolu (Regionalgericht Opole, Polen), Berufung ein. Er wendet sich gegen die Zurückweisung seiner auf das Gesetz vom 8. März 2013 gestützten Zinsforderung und macht geltend, dass der Ausgangsrechtsstreit in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes falle. Der Erbnießbrauch sei zwar im Immobilienverwaltungsgesetz geregelt, führe aber von Rechts wegen zu einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Fiskus, dem die Immobilie gehöre, und dem Nießbraucher.

25

Das vorlegende Gericht führt aus, es stelle sich somit die Frage, ob der Fiskus aufgrund des Verzugs bei der Zahlung der Erbnießbrauchsgebühr Zinsen nach dem Gesetz vom 8. März 2013, mit dem die Richtlinie 2011/7 in polnisches Recht umgesetzt werde, oder nach den Vorschriften des Zivilgesetzbuchs verlangen könne.

26

Zunächst sei ungewiss, ob die Überlassung eines Grundstücks zum Zweck des Erbnießbrauchs unter die Begriffe „Lieferung von Waren“ oder „Erbringung von Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 falle und ob dementsprechend die als Entgelt für diesen Nießbrauch geschuldete jährliche Gebühr dem Begriff „Geschäftsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung zugeordnet werden könne.

27

Weiter sei fraglich, ob diese jährliche Gebühr einen Geschäftsvorgang zwischen einem „Unternehmen“ und einer „öffentlichen Stelle“ darstelle und damit unter den Begriff „Geschäftsverkehr“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 falle. Da New Media den Erbnießbrauch nicht vom Fiskus, sondern von dem Dritten erlangt habe, dem dieser Nießbrauch ursprünglich übertragen worden sei, stelle sich insbesondere die Frage, ob allein diese ursprüngliche Übertragung, an der der Fiskus beteiligt gewesen sei, unter den Begriff „Geschäftsverkehr“ falle oder ob New Media als Rechtsnachfolgerin ihres Vertragspartners anzusehen sei, so dass sich die Wirkungen der ursprünglichen Übertragung zwischen dem Vertragspartner und dem Fiskus auf sie erstreckten.

28

Falls der in Rede stehende Sachverhalt tatsächlich unter den Begriff „Geschäftsverkehr“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 zu subsumieren sei, sei schließlich zu klären, ob der fragliche Geschäftsverkehr in den zeitlichen Anwendungsbereich dieser Richtlinie falle, wie sie durch das Gesetz vom 8. März 2013 in polnisches Recht umgesetzt worden sei. Der polnische Gesetzgeber habe, wie es die Richtlinie 2011/7 gestatte, Verträge, die vor dem 16. März 2013 geschlossen worden seien, vom Anwendungsbereich des Gesetzes vom 8. März 2013 ausgenommen. Da aber im Ausgangsrechtsstreit der Erbnießbrauch ursprünglich am 5. Dezember 1990 bestellt worden sei, falle nur die am 15. Mai 2014 erfolgte Übertragung dieses Nießbrauchs auf New Media unter die Richtlinie 2011/7.

29

Unter diesen Umständen hat der Sąd Okręgowy w Opolu (Regionalgericht Opole) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 dahin auszulegen, dass er einer Auslegung von Art. 2 und Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes vom 8. März 2013 entgegensteht, wonach es sich bei Immobilien nicht um Waren handelt und die Bestellung des Erbnießbrauchs an einer Immobilie im Sinne der Art. 232 ff. des Zivilgesetzbuchs nicht als Lieferung von Waren anzusehen ist bzw. keine Erbringung von Dienstleistungen darstellt?

2.

Falls die erste Frage bejaht wird: Ist Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 dahin auszulegen, dass er einer Auslegung der Art. 71 ff. des Immobilienverwaltungsgesetzes und von Art. 238 des Zivilgesetzbuchs entgegensteht, wonach in dem Fall, dass der Fiskus jährliche Erbnießbrauchsgebühren von Wirtschaftsteilnehmern erhebt, die zwar eine wirtschaftliche Tätigkeit betreiben, bei denen es sich jedoch nicht um die Wirtschaftsteilnehmer handelt, zugunsten derer der Fiskus ursprünglich den Erbnießbrauch bestellt hat, sondern um solche, die dieses Recht von anderen Erbnießbrauchern erworben haben, kein Geschäftsverkehr vorliegt und keine öffentliche Stelle im Sinne von Art. 2 Nrn. 1 und 2 der Richtlinie 2011/7 sowie Art. 2 und Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes vom 8. März 2013 betroffen ist bzw. diese Gebührenerhebung außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2011/7 und des oben genannten Gesetzes liegt?

3.

Falls die erste und die zweite Frage bejaht werden: Sind Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2011/7 und Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2000/35 dahin auszulegen, dass sie einer Auslegung von Art. 15 des Gesetzes vom 8. März 2013 und Art. 12 der Ustawa o terminach zapłaty w transakcjach handlowych (Gesetz über Zahlungsfristen im Geschäftsverkehr) vom 12. Juni 2003 (Dz. U. 2003, Nr. 139, Position 1323) entgegenstehen, die die Möglichkeit der Anwendung der Bestimmungen der oben genannten Richtlinie und des Gesetzes zu ihrer Umsetzung auf Verträge über den Verkauf des Erbnießbrauchsrechts an den jetzigen, zur Zahlung der jährlichen Gebühr verpflichteten Nießbraucher, die nach dem 28. April 2013 bzw. 1. Januar 2004 geschlossen wurden, ausschließt, wenn die ursprüngliche Bestellung des Erbnießbrauchs durch den Fiskus zugunsten eines anderen Wirtschaftsteilnehmers vor dem 28. April 2013 bzw. dem 1. Januar 2004 erfolgte?

Zu den Vorlagefragen

Zur zweiten Frage

30

Mit seiner zweiten Frage, die an erster Stelle zu prüfen ist, da sie die erste Voraussetzung betrifft, die nach Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 erfüllt sein muss, damit ein Geschäftsvorgang als „Geschäftsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob dieser Begriff dahin auszulegen ist, dass er den Fall erfasst, dass eine öffentliche Stelle von einem Unternehmen, dessen Gläubigerin diese öffentliche Stelle ist, als Entgelt für den Erbnießbrauch an einem Grundstück eine Gebühr erhebt.

31

Nach ihrem Art. 1 Abs. 2 ist die Richtlinie 2011/7 auf alle Zahlungen anzuwenden, die als Entgelt im „Geschäftsverkehr“ zu leisten sind. Dieser Begriff wird in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 definiert als „Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, die zu einer Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen“. Letztere Bestimmung ist im Licht der Erwägungsgründe 8 und 9 dieser Richtlinie zu lesen, aus denen sich ergibt, dass die Richtlinie alle als Entgelt für Handelsgeschäfte geleisteten Zahlungen erfasst, einschließlich derer zwischen privaten Unternehmen, aber mit Ausnahme von Geschäften mit Verbrauchern und bestimmten anderen Arten von Zahlungen (Urteil vom 9. Juli 2020, RL [Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug], C‑199/19, EU:C:2020:548, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32

Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 stellt also zwei Voraussetzungen dafür auf, dass ein Geschäftsvorgang als „Geschäftsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden und somit in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wie in deren Art. 1 Abs. 2 definiert, fallen kann. Zum einen muss der Geschäftsvorgang entweder zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen erfolgen. Zum anderen muss er zu einer Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen (Urteil vom 9. Juli 2020, RL [Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug], C‑199/19, EU:C:2020:548, Rn. 24).

33

Was die erste dieser Voraussetzungen betrifft, auf die sich die hier untersuchte Vorlagefrage bezieht, so bezeichnet der Begriff „öffentliche Stelle“ nach der Definition in Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2011/7 „jeden öffentlichen Auftraggeber im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der [Richtlinie 2004/17] und von Artikel 1 Absatz 9 der [Richtlinie 2004/18], unabhängig vom Gegenstand oder Wert des Auftrags“. Wie aus dem 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/7 hervorgeht, wurde diese Definition im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsvorschriften der Union gewählt.

34

Nach den genannten Bestimmungen der Richtlinien 2004/17 und 2004/18 bezeichnet der Begriff des öffentlichen Auftraggebers „den Staat, die Gebietskörperschaften, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts und die Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen“.

35

Der Begriff des Staates umfasst alle Organe, die die gesetzgebende, die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt ausüben, und ist, wie auch der Begriff des öffentlichen Auftraggebers, funktionell und weit auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. September 1998, Kommission/Belgien, C‑323/96, EU:C:1998:411, Rn. 27 und 28, sowie vom 5. Oktober 2017, LitSpecMet, C‑567/15, EU:C:2017:736, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36

Der in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 verwendete Begriff „Unternehmen“ wird seinerseits in Art. 2 Nr. 3 dieser Richtlinie definiert als „jede im Rahmen ihrer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit handelnde Organisation, ausgenommen öffentliche Stellen, auch wenn die Tätigkeit von einer einzelnen Person ausgeübt wird“. Nach dieser Definition kann eine Einrichtung, die unter den Begriff „öffentliche Stelle“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 dieser Richtlinie fällt, schon aus diesem Grund nicht als „Unternehmen“ im Sinne von Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie eingestuft werden.

37

Allein anhand des Wortlauts von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 lässt sich jedoch nicht abschließend feststellen, ob ein Geschäftsvorgang, bei dem eine öffentliche Stelle Gläubigerin eines Unternehmens ist, unter den Begriff „Geschäftsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung und damit in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt. Unter diesen Umständen ist gemäß der ständigen Rechtsprechung auf den Kontext, in den sich diese Bestimmung einfügt, sowie auf die Ziele abzustellen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. November 2020, Techbau, C‑299/19, EU:C:2020:937, Rn. 38, und vom 9. Juli 2020, RL [Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug], C‑199/19, EU:C:2020:548, Rn. 27).

38

Was den Kontext von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 anbelangt, heißt es in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie, dass „[d]ie Mitgliedstaaten [sicherstellen], dass bei Geschäftsvorgängen mit einer öffentlichen Stelle als Schuldner der Gläubiger nach Ablauf der in den Absätzen 3, 4 oder 6 festgelegten Fristen Anspruch auf den gesetzlichen Zins bei Zahlungsverzug hat, ohne dass es einer Mahnung bedarf, wenn [die in den Buchst. a und b genannten] Bedingungen erfüllt sind“. Daraus folgt, dass dieser Art. 4 nur anwendbar ist, wenn die öffentliche Stelle Schuldnerin eines Unternehmens ist.

39

Außerdem ist hervorzuheben, dass Art. 3 der Richtlinie 2011/7 nur den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen betrifft. Wie sich aus Rn. 36 des vorliegenden Urteils ergibt, schließt der in dieser Richtlinie verwendete Unternehmensbegriff jedoch explizit aus, dass eine öffentliche Stelle im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie als Gläubigerin eines Unternehmens von diesem Begriff erfasst sein kann.

40

Somit ergibt sich aus der Gesamtbetrachtung von Art. 2 Nrn. 2 und 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2011/7, dass in dem Fall, dass eine öffentliche Stelle, wie im vorliegenden Fall, Gläubigerin eines Unternehmens ist, dieser Sachverhalt nicht unter den Begriff „Geschäftsverkehr“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 dieser Richtlinie fällt.

41

Zu den mit der Richtlinie 2011/7 verfolgten Zielen ist festzustellen, dass diese Richtlinie als Maßnahme zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 „der Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr [dient], um sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert, und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und insbesondere von KMU zu fördern“. Hierzu heißt es im dritten Erwägungsgrund der Richtlinie, dass sich Zahlungsverzug negativ auf die Liquidität von Unternehmen sowie auf ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre Wirtschaftlichkeit auswirkt.

42

Dagegen können öffentliche Stellen, wie aus dem 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/7 hervorgeht, im Allgemeinen mit sichereren, berechenbareren und beständigeren Einkünften als Unternehmen rechnen, und ihnen werden Finanzmittel zu günstigeren Bedingungen angeboten als Unternehmen. Zudem sind sie in Bezug auf die Verwirklichung ihrer Ziele weniger von der Herstellung stabiler Geschäftsbeziehungen abhängig, als dies bei Unternehmen der Fall ist. Diesen hingegen drohen ungerechtfertigte Kosten zu entstehen, wenn sich Zahlungen öffentlicher Stellen für Waren und Dienstleistungen lange verzögern.

43

In Anbetracht dieser Unterschiede zwischen öffentlichen Stellen und Unternehmen, insbesondere KMU, und angesichts des Umstands, dass Erstere, wie es im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/7 heißt, in großem Umfang Zahlungen an Letztere leisten, hat es der Unionsgesetzgeber für angebracht gehalten, in Art. 4 der Richtlinie 2011/7 Bestimmungen vorzusehen, die ausschließlich für Unternehmen gelten, die Zahlungsansprüche gegen öffentliche Stellen haben, an die sie Waren geliefert oder Dienstleistungen erbracht haben. Diese Bestimmungen erfassen keine öffentlichen Stellen als Gläubigerinnen von Unternehmen.

44

Somit ergibt sich aus Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 im Licht seines Regelungskontexts und der mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele, dass, wenn eine öffentliche Stelle im Sinne von Nr. 2 dieses Artikels Gläubigerin eines Geldbetrags gegenüber einem Unternehmen ist, die Beziehungen zwischen diesen beiden Rechtssubjekten nicht unter den Begriff „Geschäftsverkehr“ im Sinne dieser Bestimmung fallen und daher vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen sind.

45

Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass dem Ausgangsrechtsstreit der Verzug bei der Zahlung einer jährlichen Gebühr zugrunde liegt, die dem Fiskus als Entgelt für den Erbnießbrauch an einem Grundstück geschuldet wird. Schuldnerin dieser Gebühr ist New Media, die ein „Unternehmen“ im Sinne von Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2011/7 ist, ebenso wie die Person, die ihr diesen Nießbrauch übertragen hat.

46

Da der Fiskus, der unter den Begriff „öffentliche Stelle“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2011/7 fällt, Gläubiger von Geldbeträgen ist, die das Unternehmen New Media als Entgelt für den fraglichen Nießbrauch schuldet, ist jedoch die erste Voraussetzung dafür, dass ein Geschäftsvorgang als „Geschäftsverkehr“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7, wie in Rn. 44 des vorliegenden Urteils ausgelegt, eingestuft werden kann, nicht erfüllt. Somit hat der Fiskus keinen Anspruch auf den gesetzlichen Zins bei Zahlungsverzug gemäß Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie.

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Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass der Begriff „Geschäftsverkehr“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7 dahin auszulegen ist, dass er nicht den Fall erfasst, dass eine öffentliche Stelle von einem Unternehmen, dessen Gläubigerin diese öffentliche Stelle ist, als Entgelt für den Erbnießbrauch an einem Grundstück eine Gebühr erhebt.

Zur ersten und zur dritten Frage

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Angesichts der Antwort auf die zweite Frage sind die erste und die dritte Frage nicht zu beantworten.

Kosten

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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:

 

Der Begriff „Geschäftsverkehr“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist dahin auszulegen, dass er nicht den Fall erfasst, dass eine öffentliche Stelle von einem Unternehmen, dessen Gläubigerin diese öffentliche Stelle ist, als Entgelt für den Erbnießbrauch an einem Grundstück eine Gebühr erhebt.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Polnisch.