SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 16. September 2021 ( 1 )

Rechtssache C‑300/20

Bund Naturschutz in Bayern e. V.

gegen

Landkreis Rosenheim,

Beteiligte:

Landesanwaltschaft Bayern,

Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts [Deutschland])

„Vorabentscheidungsverfahren – Umwelt – Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme – Strategische Umweltprüfung – Begriff der Pläne und Programme – Landschaftsschutzgebietsverordnung, die allgemeine Verbotstatbestände und Erlaubnispflichten regelt, ohne einen spezifischen Bezug zu konkreten Projekten aufzuweisen – Rechtsfolgen des Unterbleibens einer Strategischen Umweltprüfung – Zeitliche Begrenzung der Wirkungen des Urteils – Befugnis des nationalen Gerichts, die Wirkungen nationaler Rechtsakte vorläufig aufrechtzuerhalten“

1.

Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen werden Probleme der Umweltprüfung bestimmter Pläne und Programme (im Folgenden: SUP) aufgeworfen, die denen, mit denen sich der Gerichtshof im Urteil vom 25. Juni 2020, Windkraftanlagen in Aalter und Nevele ( 2 ), befasst hat, ähnlich sind ( 3 ).

2.

In meinen Schlussanträgen in jener Rechtssache führte ich aus, dass die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter „Projekte“ oder gewisser „Pläne und Programme“ eines der Hauptinstrumente des Unionsrechts zur Erreichung eines hohen Umweltschutzniveaus sei.

3.

Die Umweltprüfung bei Projekten ist in der Richtlinie 2011/92/EU ( 4 ), die bei Plänen und Programmen in der Richtlinie 2001/42/EG ( 5 ) geregelt. Beide Richtlinien ergänzen sich gegenseitig, denn mit Letzterer „soll die Prüfung der Umweltauswirkungen in dem Abschnitt der strategischen Planung der Handlungen der nationalen Behörden vorgezogen werden. Die von ihr vorgeschriebene Prüfung der Umweltauswirkungen ist daher weiter bzw. allgemeiner als die Prüfung, die bei einem konkreten Projekt durchzuführen ist.“ ( 6 )

4.

Wie ich damals ausführte, besteht „[d]avon ausgehend … die Schwierigkeit in der Feststellung, wie weit die Anforderung der [Strategischen Umweltprüfung nach der] SUP[-Richtlinie] gehen kann. Es ist klar, dass sie über der Prüfung von Einzelprojekten steht, aber auch, dass sie sich nicht auf sämtliche Vorschriften eines Mitgliedstaats, die Umweltauswirkungen haben, erstrecken soll.“ ( 7 )

5.

Diese Rechtssache ist ein gutes Beispiel für diese Schwierigkeit, die trotz der Klarstellungen im Urteil Windkraftanlagen in Aalter und Nevele fortzubestehen scheint. Es muss noch genauer abgegrenzt werden, wann ein Plan oder ein Programm einen Referenzrahmen für die Ausarbeitung von Projekten enthält, die in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführt sind, und zuvor einer SUP unterzogen werden muss.

I. Rechtlicher Rahmen

A.   Unionsrecht. Richtlinie 2001/42

6.

Art. 1 lautet:

„Ziel dieser Richtlinie ist es, im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und dazu beizutragen, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme von Plänen und Programmen einbezogen werden, indem dafür gesorgt wird, dass bestimmte Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, entsprechend dieser Richtlinie einer Umweltprüfung unterzogen werden.“

7.

In Art. 2 der Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)

‚Pläne und Programme‘ Pläne und Programme, einschließlich der von der Europäischen Gemeinschaft mitfinanzierten, sowie deren Änderungen,

die von einer Behörde auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ausgearbeitet und/oder angenommen werden oder die von einer Behörde für die Annahme durch das Parlament oder die Regierung im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden und

die aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen;

b)

‚Umweltprüfung‘ die Ausarbeitung eines Umweltberichts, die Durchführung von Konsultationen, die Berücksichtigung des Umweltberichts und der Ergebnisse der Konsultationen bei der Entscheidungsfindung und die Unterrichtung über die Entscheidung gemäß den Artikeln 4 bis 9;

…“

8.

Art. 3 sieht vor:

„(1)   Die unter die Absätze 2 bis 4 fallenden Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, werden einer Umweltprüfung nach den Artikeln 4 bis 9 unterzogen.

(2)   Vorbehaltlich des Absatzes 3 wird eine Umweltprüfung bei allen Plänen und Programmen vorgenommen,

a)

die in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Energie, Industrie, Verkehr, Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Telekommunikation, Fremdenverkehr, Raumordnung oder Bodennutzung ausgearbeitet werden und durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 85/337/EWG aufgeführten Projekte gesetzt wird oder

b)

bei denen angesichts ihrer voraussichtlichen Auswirkungen auf Gebiete eine Prüfung nach Artikel 6 oder 7 der Richtlinie 92/43/EWG für erforderlich erachtet wird.

(3)   Die unter Absatz 2 fallenden Pläne und Programme, die die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, sowie geringfügige Änderungen der unter Absatz 2 fallenden Pläne und Programme bedürfen nur dann einer Umweltprüfung, wenn die Mitgliedstaaten bestimmen, dass sie voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben.

(4)   Die Mitgliedstaaten befinden darüber, ob nicht unter Absatz 2 fallende Pläne und Programme, durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten gesetzt wird, voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben.

(5)   Die Mitgliedstaaten bestimmen entweder durch Einzelfallprüfung oder durch Festlegung von Arten von Plänen und Programmen oder durch eine Kombination dieser beiden Ansätze, ob die in den Absätzen 3 und 4 genannten Pläne oder Programme voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Zu diesem Zweck berücksichtigen die Mitgliedstaaten in jedem Fall die einschlägigen Kriterien des Anhangs II, um sicherzustellen, dass Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, von dieser Richtlinie erfasst werden.

…“

B.   Deutsches Recht

1. Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)

9.

§ 2 Abs. 7 ( 8 ) bestimmt:

„(7)   Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.

von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,

2.

von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder

3.

von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.

…“

10.

§ 35 sieht vor:

„(1)   Eine Strategische Umweltprüfung ist durchzuführen bei Plänen und Programmen, die

1.

in der Anlage 5 Nummer 1 aufgeführt sind oder

2.

in der Anlage 5 Nummer 2 aufgeführt sind und für Entscheidungen über die Zulässigkeit von in der Anlage 1 aufgeführten Vorhaben oder von Vorhaben, die nach Landesrecht einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung des Einzelfalls bedürfen, einen Rahmen setzen.

(2)   Bei nicht unter Absatz 1 fallenden Plänen und Programmen ist eine Strategische Umweltprüfung nur dann durchzuführen, wenn sie für die Entscheidung über die Zulässigkeit von in der Anlage 1 aufgeführten oder anderen Vorhaben einen Rahmen setzen und nach einer Vorprüfung im Einzelfall im Sinne von Absatz 4 voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. …

(3)   Pläne und Programme setzen einen Rahmen für die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben, wenn sie Festlegungen mit Bedeutung für spätere Zulassungsentscheidungen, insbesondere zum Bedarf, zur Größe, zum Standort, zur Beschaffenheit, zu Betriebsbedingungen von Vorhaben oder zur Inanspruchnahme von Ressourcen, enthalten.

…“

2. Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) vom 29. Juli 2009

11.

In § 20 ( 9 ) heißt es:

„…

(2)   Teile von Natur und Landschaft können geschützt werden

4.   nach Maßgabe des § 26 als Landschaftsschutzgebiet,

…“

12.

§ 26 bestimmt:

„(1)   Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist

1.

zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,

2.

wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder

3.

wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

(2)   In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.“ ( 10 )

3. Bayerisches Gesetz über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur (Bayerisches Naturschutzgesetz – BayNatSchG) vom 23. Februar 2011

13.

In Art. 12 Abs. 1 ( 11 ) heißt es:

„(1)   Die Unterschutzstellung von Teilen von Natur und Landschaft nach § 20 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 4, 6 und 7 BNatSchG erfolgt durch Rechtsverordnung, sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. …“

14.

Art. 18 sieht vor:

„(1)   Eine auf Grund einer Schutzverordnung erforderliche behördliche Gestattung wird durch eine nach anderen Vorschriften erforderliche behördliche Gestattung ersetzt; diese Gestattung darf nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der nach der Schutzverordnung erforderlichen Gestattung vorliegen und die nach Naturschutzrecht zuständige Behörde ihr Einvernehmen erklärt.

…“

15.

Art. 51 bestimmt:

„(1)   Zuständig sind

3.

die Landkreise und kreisfreien Gemeinden für den Erlass von Rechtsverordnungen über Landschaftsschutzgebiete nach § 26 BNatSchG,

…“

4. Verordnung des Landkreises Rosenheim über das Landschaftsschutzgebiet „Inntal Süd“ vom 10. April 2013

16.

§ 1 dieser Verordnung ( 12 ) lautet: „Geschützt wird der Flusslauf des Inns mit dem Talraum und seinen Auen.“

17.

Zum Schutzzweck heißt es in § 3:

„Zweck des Landschaftsschutzgebiets ‚Inntal Süd‘ ist es,

1.   die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu gewährleisten, insbesondere die Auwälder und Altwässer sowie die Lebensbedingungen der daran angepassten typischen Tier- und Pflanzenarten mit ihren Lebensgemeinschaften zu erhalten, zu fördern und wiederherzustellen,

2.   die Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes zu bewahren, insbesondere den Charakter einer Flusslandschaft zu stärken sowie die bäuerliche Kulturlandschaft zu erhalten,

3.   die Funktionsfähigkeit des Wasserhaushalts zu bewahren und zu optimieren, um auch die Durchgängigkeit des Inns und seiner Nebengewässer sowie den Wasserrückhalt in den Flächen zu fördern und

4.   die für die Erholung bedeutsamen Landschaftsteile bei größtmöglicher Rücksichtnahme auf Natur und Landschaft für die Allgemeinheit zu sichern und zu bewahren sowie den Erholungsverkehr zu lenken.“

18.

Laut § 4, der die Verbote regelt, sind „[i]m Landschaftsschutzgebiet … alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem Schutzzweck (§ 3) zuwiderlaufen“.

19.

§ 5 bestimmt:

(1)   Der Erlaubnis des Landratsamts Rosenheim als untere Naturschutzbehörde (Art. 43 Abs. 2 Nr. 3 BayNatSchG) bedarf, wer im Landschaftsschutzgebiet beabsichtigt,

1.

bauliche Anlagen aller Art (Art. 2 Abs. 1 Bayerische Bauordnung) zu errichten, zu ändern oder ihre Nutzung zu ändern, auch wenn sie einer baurechtlichen Genehmigung nicht bedürfen; hierzu zählen insbesondere

a)

Gebäude, z. B. Wohnhäuser, land- und forstwirtschaftliche Betriebsgebäude, Wochenendhäuser, Boots‑, Bade- und Gerätehütten, Verkaufsstände. …

b)

Einfriedungen und sonstige Sperren;

c)

Steganlagen und Uferverbauungen;

d)

Veränderungen der Erdoberfläche durch Abgrabungen oder Aufschüttungen, insbesondere die Erschließung und der Betrieb von neuen Steinbrüchen, Kies‑, Sand‑, Lehm- oder Tongruben und sonstigen Erdaufschlüssen sowie Abschütthalden. Dies gilt nicht für Aufschüttungen und Abgrabungen bis 500 m2 Fläche und 0,3 m Höhe bzw. Tiefe zum Zweck der Bodenverbesserung auf bereits landwirtschaftlich genutzten Flächen;

2.

soweit es sich nicht bereits um Anlagen im Sinne der Nr. l handelt,

a)

Bild- und Schrifttafeln, insbesondere auch Werbevorrichtungen mit einer Größe von über 0,5 m2 Fläche anzubringen, soweit sie nicht Wohn- und Gewerbebezeichnungen an den Wohn- oder Betriebsstätten darstellen;

b)

ober- oder unterirdisch geführte Draht‑, Kabel- oder Rohrleitungen zu verlegen sowie Masten aufzustellen;

c)

Straßen, Wege, Plätze, insbesondere Camping‑, Sport‑, Spiel- und Badeplätze oder ähnliche Einrichtungen zu errichten oder wesentlich zu ändern;

d)

Verkaufswagen aufzustellen oder Verkaufsstellen und Automaten zu errichten, anzubringen und zu betreiben;

3.

außerhalb der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze mit Kraftfahrzeugen aller Art zu fahren oder diese dort abzustellen; …

4.

oberirdisch über den zugelassenen Gemeingebrauch hinaus oder unterirdisch Wasser zu entnehmen, Gewässer, deren Ufer oder Sohle, den Zu- und Ablauf des Wassers oder den Grundwasserstand zu verändern, neue Gewässer herzustellen oder Dränanlagen zu errichten;

5.

ökologisch besonders wertvolle Biotope im Sinne des § 30 BNatSchG und Art. 23 BayNatSchG, insbesondere Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Pfeifengraswiesen, Quellbereiche, Moor‑, Bruch‑, Sumpf- und Auenwälder sowie natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden, natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmte Bereiche zu entwässern, trockenzulegen oder auf sonstige Weise zu zerstören oder erheblich zu beeinträchtigen; …

6.

Streuwiesen umzubrechen, in mehrschüriges Grünland umzuwandeln, zu düngen, zu beweiden, aufzuforsten;

7.

freilebenden Tieren nachzustellen, sie zu fangen oder zu töten oder Brut- bzw. Wohnstätten sowie Gelege solcher Tiere fortzunehmen;

8.

in der freien Natur und außerhalb des Waldes landschaftsprägende Einzelbäume, Hecken, lebende Zäune oder Feldgehölze oder ‑gebüsche zu roden, zu fällen oder auf sonstige Weise zu beseitigen; …

9.

Waldbestände ganz oder teilweise zu roden, Erstaufforstungen durchzuführen oder Kahlhiebe von mehr als 0,5 ha im Zusammenhang vorzunehmen, Laub‑, Misch- und Auwald in Wald mit überwiegendem Nadelholzanteil umzuwandeln oder Sonderkulturen (z. B. Baumschulen) zu errichten;

10.

an den Gewässern den Uferbewuchs, Röhricht- bzw. Schilfbestände oder Bestände von Wasserpflanzen zu vernichten, wesentlich zu verändern, in Bestände von Röhricht oder Wasserpflanzen einzudringen sowie chemische Mittel zur Beseitigung oder Bekämpfung von Röhricht oder zur Grabenräumung einzusetzen; …

11.

Abfälle, Schutt und sonstige Gegenstände, soweit sie nicht bereits den Vorschriften des Abfallrechts unterliegen, an anderen als den hierfür zugelassenen Plätzen abzulagern, auch wenn keine Aufschüttung im Sinne des Baurechts beabsichtigt ist;

12.

außerhalb zugelassener Plätze zu zelten, Wohnwagen (auch Klappanhänger) oder motorisierte Wohnfahrzeuge abzustellen oder dies zu gestatten;

13.

Luftfahrzeuge im Sinne des Luftverkehrsgesetzes außerhalb genehmigter Flugplätze aufsteigen oder landen zu lassen.

(2)   Die Erlaubnis ist unbeschadet anderer Rechtsvorschriften zu erteilen, wenn die beabsichtigte Maßnahme keine der in § 4 genannten Wirkungen hervorruft oder diese Wirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.

…“

20.

Zu den Befreiungen regelt § 7:

„(1)   Von den Verboten nach § 4 dieser Verordnung kann unter den Voraussetzungen des § 67 BNatSchG im Einzelfall Befreiung erteilt werden. …“

II. Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

21.

Der Landkreis Rosenheim erließ mit Wirkung vom 27. April 2013 die LSG-Verordnung, ohne eine SUP oder eine Vorprüfung für eine solche Prüfung durchgeführt zu haben.

22.

Die Verordnung stellt ein etwa 4021 ha großes Gebiet unter Schutz, das ca. 650 ha kleiner ist als das von früheren Rechtsvorschriften aus den Jahren 1952 und 1977, die teilweise oder vollständig außer Kraft getreten sind, geschützte Gebiet.

23.

Der Bund Naturschutz in Bayern e. V. (im Folgenden: Bund Naturschutz) ist eine Umweltschutzvereinigung, die am Aufstellungsverfahren der LSG-Verordnung beteiligt war. Da er mit ihrem Inhalt nicht einverstanden war, focht er sie beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Deutschland) an, der seinen Antrag als unzulässig abwies.

24.

Das Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) entscheidet über die Revision gegen die Entscheidung des ersten Rechtszugs.

25.

Das vorlegende Gericht führt aus, dass die Revision gemäß nationalem Recht unzulässig sei. Für einen Normenkontrollantrag fehle die Antragsbefugnis, denn der Antragsteller könne keine Rechtsverletzung geltend machen. Der Antrag sei nicht statthaft, da der Erlass der LSG-Verordnung nach nationalem Recht keiner Pflicht zur Durchführung einer SUP oder Vorprüfung unterlegen habe.

26.

Die Beantwortung der vorgelegten Fragen könne aber zum Erfolg der Anträge des Bundes Naturschutz führen.

27.

Die ersten beiden Fragen sollten zur Klärung beitragen, ob für die Verordnung nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a SUP-Richtlinie eine Pflicht zur Durchführung einer SUP bestanden habe. In diesem Fall sei der Rechtsbehelf zulässig und auch in der Sache erfolgreich: Das Gericht müsste die LSG-Verordnung voraussichtlich für unwirksam erklären, weil ein für den Erlass der Verordnung zwingender Verfahrensschritt unterlassen worden sei.

28.

Die Art. 3 Abs. 4 SUP-Richtlinie betreffende dritte Frage sei ebenfalls entscheidungserheblich. Sollte durch die LSG-Verordnung ein Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten im Sinne dieser Vorschrift gesetzt werden, hätte der Landkreis Rosenheim sie nach nationalem Recht einer Vorprüfung und damit einer Einzelfallprüfung im Sinne von Art. 3 Abs. 5 SUP-Richtlinie unterziehen müssen. In diesem Fall wäre der Rechtsbehelf zulässig und begründet, und die Verordnung müsste für unwirksam erklärt werden.

29.

Unter diesen Umständen hat das Bundesverwaltungsgericht folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme so auszulegen, dass ein Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 2011/92/EU (UVP-Richtlinie) aufgeführten Projekte schon dann gesetzt wird, wenn eine Verordnung zum Schutz von Natur und Landschaft allgemeine Verbotstatbestände mit Befreiungsmöglichkeit sowie Erlaubnispflichten vorsieht, die keinen spezifischen Bezug zu Projekten der Anhänge zur UVP-Richtlinie haben?

2.

Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42 so auszulegen, dass Pläne und Programme dann in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Bodennutzung etc. ausgearbeitet worden sind, wenn sie darauf zielen, einen Referenzrahmen gerade für einen oder mehrere dieser Sachbereiche festzulegen? Oder reicht es aus, wenn zum Schutz von Natur und Landschaft allgemeine Verbotstatbestände und Erlaubnispflichten geregelt werden, die in Zulassungsverfahren für eine Vielzahl von Vorhaben und Nutzungen zu prüfen sind und sich mittelbar („reflexhaft“) auf einen oder mehrere dieser Bereiche auswirken können?

3.

Ist Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2001/42 so auszulegen, dass ein Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten gesetzt wird, wenn eine zum Schutz von Natur und Landschaft erlassene Verordnung für eine Vielzahl abstrakt beschriebener Vorhaben und Maßnahmen im Schutzgebiet allgemeine Verbotstatbestände und Erlaubnispflichten bestimmt, konkrete Projekte bei ihrem Erlass aber weder absehbar noch beabsichtigt sind und es daher an einem spezifischen Bezug zu konkreten Projekten fehlt?

30.

Der Bund Naturschutz, der Landkreis Rosenheim, die Landesanwaltschaft Bayern, die deutsche, die tschechische und die irische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Mit Ausnahme der tschechischen Regierung haben sie alle an der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2021 teilgenommen.

III. Würdigung

A.   Erste und zweite Vorlagefrage

31.

Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Regelung wie die streitige Verordnung ein Plan oder ein Programm ist, für den bzw. das die Pflicht zur Durchführung einer SUP besteht.

32.

Im Urteil Windkraftanlagen in Aalter und Nevele hat der Gerichtshof u. a. Folgendes ausgeführt:

„–

Ausweislich des Art. 1 der Richtlinie 2001/42 besteht deren Ziel nämlich darin, im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und dazu beizutragen, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme von Plänen und Programmen einbezogen werden.“

„–

Das Hauptziel der [SUP‑]Richtlinie besteht gemäß ihrem Art. 1 darin, dass Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, bei ihrer Ausarbeitung und vor ihrer Annahme einer Umweltprüfung unterzogen werden.“

„–

Darüber hinaus steht die weite Auslegung des Begriffs ‚Pläne und Programme‘ im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Union, wie sie sich insbesondere aus Art. 2 Abs. 7 des Übereinkommens von Espoo ergeben.“ ( 13 )

33.

Der Anwendungsbereich der SUP-Richtlinie ist vornehmlich in zwei miteinander in Verbindung stehenden Artikeln geregelt:

Art. 2 Buchst. a definiert die kumulativen Voraussetzungen, die Pläne und Programme erfüllen müssen, damit die Richtlinie auf sie anwendbar ist: sie müssen a) „von einer Behörde auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ausgearbeitet und/oder angenommen werden oder von einer Behörde für die Annahme durch das Parlament oder die Regierung im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden“ und b) aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden.

Art. 3 Abs. 2 Buchst. a regelt die Voraussetzungen für die Ermittlung von Plänen und Programmen, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben und daher einer SUP unterzogen werden müssen: a) ihre Ausarbeitung für bestimmte (sensible) Bereiche und wirtschaftliche Tätigkeiten und b) das Erfordernis, dass durch sie der Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten „gesetzt“ wird.

34.

Durch Art. 3 Abs. 4 der SUP-Richtlinie wird die Pflicht zur Durchführung einer SUP auf Pläne und Programme für Tätigkeiten erstreckt, die zwar nicht sensibel sind, aber erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Diese Pläne und Programme betrifft die dritte Vorlagefrage.

35.

Aus der Verbindung dieser Vorschriften ergeben sich vier Voraussetzungen, die ich prüfen werde, um festzustellen, ob eine regionale Regelung wie die LSG-Verordnung ein Plan oder ein Programm ist, der bzw. das unter Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie fällt.

36.

Das vorlegende Gericht geht unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Gerichtshofs davon aus, dass es sich bei dieser Verordnung „um einen Plan oder ein Programm i.S.v. Art. 2 Buchst. a der [SUP‑]Richtlinie handelt“ ( 14 ). Wie ich weiter unten darlegen werde, teile ich diese Ansicht.

1. Ausarbeitung oder Annahme des Plans oder Programms von einer Behörde des Mitgliedstaats

37.

Die erste Voraussetzung, deren Feststellung für gewöhnlich keine Auslegungsprobleme bereitet, besteht darin, dass die nationale Regelung von einer Behörde auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene angenommen oder ausgearbeitet worden sein muss.

38.

Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Verordnung von einer deutschen Kommunalbehörde erlassen wurde, nämlich dem Landkreis Rosenheim.

2. Pläne und Programme, die aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden

39.

Nach Art. 2 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der SUP-Richtlinie sind Pläne und Programme, die von einer Behörde eines Mitgliedstaats angenommen werden und in ihren Anwendungsbereich fallen, solche, die „aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen“.

40.

Seit dem Urteil Inter-Environnement Bruxelles u. a. sind im Sinne und zur Anwendung der Richtlinie als Pläne und Programme, die „erstellt werden müssen“, jene anzusehen, deren Erlass in nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften geregelt ist, die die insoweit zuständigen Behörden und das Ausarbeitungsverfahren festlegen ( 15 ).

41.

Damit nahm der Gerichtshof eine großzügige Auslegung der Richtlinie 2001/42 vor, nach der sie für in nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften geregelte Pläne und Programme unabhängig davon gilt, ob ihre Annahme obligatorisch oder fakultativ ist ( 16 ).

42.

In der Rechtssache Windkraftanlagen in Aalter und Nevele wurde diese Rechtsprechung „in Frage gestellt“ und dem Gerichtshof ausdrücklich vorgeschlagen, sie zu ändern.

43.

Der Gerichtshof lehnte gleichwohl in jener Rechtssache eine Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Er bestätigte, dass, „[w]ürde [ihr] Art. 2 Buchst. a … dahin ausgelegt, dass nur die Pläne oder Programme, deren Annahme verpflichtend ist, von der in dieser Richtlinie festgelegten Pflicht zu einer Umweltprüfung erfasst wären, … die Gefahr [bestünde], dass diese Ziele konterkariert würden. Zum einen ist nämlich … die Annahme solcher Pläne oder Programme häufig nicht generell vorgeschrieben. Zum anderen hätte ein Mitgliedstaat bei dieser Auslegung die Möglichkeit, die Pflicht zur Umweltprüfung leicht dadurch zu umgehen, dass er bewusst keine Pflicht der zuständigen Behörden zur Annahme solcher Pläne oder Programme vorsieht.“ ( 17 )

44.

Art. 2 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der SUP-Richtlinie sei daher dahin auszulegen, „dass im Sinne und zur Anwendung dieser Richtlinie als Pläne und Programme, die ‚erstellt werden müssen‘, jene Pläne und Programme anzusehen sind, deren Erlass in nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften geregelt ist, die die insoweit zuständigen Behörden und das Ausarbeitungsverfahren festlegen“ ( 18 ).

45.

Die Landesanwaltschaft Bayern legt dem Gerichtshof erneut eine Änderung seiner Rechtsprechung nahe ( 19 ), bringt aber meines Erachtens keine neuen Argumente von Gewicht vor, die ihren Standpunkt stützen würden. Das vorlegende Gericht wiederum stellt hierzu keine Fragen.

46.

Ich bin der Ansicht, dass die Frage seit dem Urteil Windkraftanlagen in Aalter und Nevele durch die Große Kammer des Gerichtshofs abschließend beantwortet ist und es keinen Grund dafür gibt, diese Rechtsprechung zu revidieren.

47.

Das vorlegende Gericht führt aus ( 20 ), die LSG-Verordnung sei aufgrund der Ermächtigungsvorschriften des BNatSchG erlassen worden. Es handelt sich mithin um eine Verordnung, die in Rechtsvorschriften vorgesehen ist, wenn auch ihre Ausarbeitung nicht verpflichtend ist. Somit erfüllt sie die zweite Voraussetzung für einen Plan oder ein Programm, für den bzw. das die Pflicht zur Durchführung einer SUP besteht.

3. Plan oder Programm, der bzw. das für einen (sensiblen) Wirtschaftssektor, der unter die SUP-Richtlinie fällt, ausgearbeitet wurde

48.

Gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie wird vorbehaltlich des Abs. 3 dieses Artikels „eine Umweltprüfung bei allen Plänen und Programmen vorgenommen, … die in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Energie, Industrie, Verkehr, Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Telekommunikation, Fremdenverkehr, Raumordnung oder Bodennutzung ausgearbeitet werden“.

49.

Mit den Worten des Gerichtshofs knüpft „Art. 3 der Richtlinie 2001/42 … die Pflicht, einen bestimmten Plan oder ein bestimmtes Programm einer Umweltprüfung zu unterziehen, an die Voraussetzung, dass der Plan bzw. das Programm, der bzw. das unter diese Bestimmung fällt, voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat … Konkret werden gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie Pläne und Programme einer systematischen Umweltprüfung unterzogen, die in bestimmten Bereichen ausgearbeitet werden und durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 2011/92 aufgeführten Projekte gesetzt wird …“ ( 21 ).

50.

Es handelt sich um aus der Sicht des Umweltschutzes sensible Bereiche, wie sich aus den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie und der Richtlinie 92/43/EWG ( 22 ) ergibt, die systematisch einer SUP unterzogen werden müssen ( 23 ).

51.

Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts wurde die LSG-Verordnung für einen Bereich (den des Naturschutzes und der Landschaftspflege) erlassen, der nicht unter die Voraussetzungen des Art. 5 der SUP-Richtlinie fällt und deshalb nicht zu den in ihrem Art. 3 Abs. 2 Buchst. a genannten Bereichen zählt ( 24 ).

52.

Zudem habe die Voraussetzung der „Ausarbeitung“ in einem bestimmten Bereich in der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur wenig Beachtung gefunden, und es bittet daher um Klärung,

ob die „Ausarbeitung“ eine ziel- und zweckgerichtete Ausrichtung auf eine der in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie genannten Bereiche voraussetzt, oder

ob es ausreicht, dass sich die Pläne und Programme tatsächlich auf die genannten Bereiche (hier: Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Bodennutzung) auswirken, obwohl sie für einen anderen, nicht von dieser Bestimmung erfassten Bereich (hier: Naturschutz und Landschaftspflege) ausgearbeitet wurden ( 25 ).

53.

Der Gerichtshof hat an die Prüfung dieser Voraussetzung im Hinblick auf die Entscheidung, ob vor dem Erlass eines Plans oder eines Programms eine SUP durchgeführt werden muss, keine besonderen Anforderungen gestellt. Es reicht aus, dass der Plan oder das Programm einen dieser Bereiche betrifft, sich auf ihn bezieht oder sich auf ihn auswirkt, damit er bzw. es als für ihn ausgearbeitet betrachtet werden kann, sofern er von Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie erfasst ist ( 26 ).

54.

Der Gerichtshof hat die in diesem Artikel genannten sensiblen Bereiche weit ausgelegt. Konkret:

Er hat festgestellt, dass die Anführung der „Raumordnung“ und der „Bodennutzung“ zeigen, „dass sich der betreffende Bereich nicht auf die Flächennutzung im engeren Sinne, d. h. die Aufteilung der Flächen in Zonen und die Festlegung der innerhalb dieser Zonen erlaubten Aktivitäten, beschränkt, sondern dieser Bereich notwendigerweise ein breiteres Spektrum abdeckt“ ( 27 ).

Er hat entschieden, dass ein Erlass zur Ausweisung eines städtischen Flurbereinigungsgebiets, der Abweichungen von städtebaulichen Vorschriften über Bebauung und Raumordnung gestattet, in den Bereich der „Raumordnung oder Bodennutzung“ im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie fällt ( 28 ).

Er hat festgestellt, dass für ein Präsidialdekret zur Festlegung von Schutzmaßnahmen für das Gebiet eines Berges und bestimmter städtischer Parkanlagen ( 29 ), in dessen Art. 1 es u. a. hieß, dass es den „Schutz der Landschaft“ bezwecke ( 30 ), eine SUP erforderlich ist.

55.

Meines Erachtens spricht nichts dagegen, dass nationale Maßnahmen zum Schutz der Natur und der Landschaft auch dann in den in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie genannten sensiblen Bereichen ausgearbeitet werden, wenn sie nicht unmittelbar und spezifisch, sondern mittelbar ihren Schutz bezwecken. Da damit die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, muss für die entsprechenden Pläne und Programme vor ihrem Erlass im Allgemeinen eine SUP durchgeführt werden.

56.

In ihren schriftlichen Erklärungen führt die Kommission aus, Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie enthalte eine geschlossene Liste bestimmter Bereiche, die nicht erweitert und auf andere Bereiche ausgedehnt werden könne, und dies sei der Wille des Gesetzgebers gewesen ( 31 ).

57.

Durch die Urteile des Gerichtshofs werden keine neuen sensiblen Bereiche in diese geschlossene Liste aufgenommen. Sie beschränken sich darauf, die in den Listen aufgeführten Bereiche weit auszulegen. Sie verlangen nicht, dass die Ausarbeitung des Plans bzw. des Programms unmittelbar und ausdrücklich auf einen oder mehrere dieser Bereiche gerichtet ist. Es reicht aus, dass sie sie betreffen, sich auf sie beziehen oder Auswirkungen auf sie haben.

58.

Ich schließe mich der Auslegung des Gerichtshofs an und sehe keinen Anlass, eine Änderung dieser Entscheidungspraxis vorzuschlagen.

59.

Der Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie stützt diese Auslegung der Vorschrift. Verschiedene Sprachfassungen verwenden eine Terminologie, die für ihre Anwendbarkeit auf alle Pläne oder Programme spricht, die con respecto (in) sensiblen Bereichen ausgearbeitet wurden ( 32 ). Dieses Syntagma ermöglicht es, den Wortlaut dahin auszulegen, dass der Plan bzw. das Programm nicht ausdrücklich und ausschließlich auf einen dieser Bereiche gerichtet sein muss: Es reicht, dass er bzw. es sich in erheblicher Weise auf ihn auswirkt.

60.

Entgegen der Ansicht der deutschen, der irischen und der tschechischen Regierung bringt eine derartige Auslegung keine ungerechtfertigte Ausweitung des Anwendungsbereichs von Art. 3 Abs. 2 der SUP-Richtlinie zulasten seines Abs. 4 mit sich. Durch sie wird meines Erachtens verhindert, dass die Mitgliedstaaten die Pflicht zur Durchführung einer SUP bei Plänen und Programmen, die sensible Bereiche berühren, umgehen, indem sie sie hinter einer anderen Terminologie verstecken und beispielsweise angeben, dass sie auf den Schutz der Natur und der Landschaft gerichtet seien.

61.

In Wirklichkeit liegt den zu diesem Punkt erhobenen Einwänden ein gewisser terminologischer Irrtum zugrunde: Der Schutz der Natur und der Landschaft ist nicht im eigentlichen Sinne ein Bereich, der den in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie spezifisch aufgezählten Bereichen gleichgestellt werden kann. Wäre diese Gleichstellung möglich, käme die Auslegungsregel inclusio unius, exclusio alterius ins Spiel, und das Fehlen dieses vermeintlichen Bereichs in der Aufzählung käme seinem Ausschluss gleich.

62.

Die in dieser Bestimmung aufgezählten Bereiche stellen jedoch auf sehr genau bestimmte Tätigkeitsbereiche ab (Landwirtschaft, Fischfang, Transport, Energie, Telekommunikation usw.), während der Schutz der Natur und der Landschaft ein übergreifendes Ziel ist, das als solches Maßnahmen zugrunde liegen kann, die jeden dieser sensiblen Bereiche mehr oder weniger unmittelbar betreffen.

63.

Ich kann nicht erkennen, weshalb die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der SUP-Richtlinie den Plänen und Programmen der aufgezählten Bereiche „angepasst“ ( 33 ) werden könnten, nicht aber einem Erlass, der unmittelbar auf den Schutz der Natur und der Landschaft gerichtet ist und mittelbar Einfluss auf jene Bereiche hat. Meines Erachtens spricht nichts gegen die Ausarbeitung eines Gutachtens, in dem die voraussichtlichen bedeutenden Umweltauswirkungen der Durchführung eines Plans oder Programms, der bzw. das den Schutz der Natur und der Landschaft zum Ziel hat, identifiziert, beschrieben und bewertet werden ( 34 ).

64.

Die LSG-Verordnung hat, da sie die Natur und die Landschaft in einem der im bayerischen Recht festgelegten Gebiete (die ungefähr 30 % des Gebiets dieses Bundeslandes umfassen) schützt, gleichzeitig Auswirkungen auf einige der weiter oben genannten sensiblen Bereiche.

65.

Der Bund Naturschutz legt ihre Auswirkungen auf die „Bodennutzung“ dar, ein Bereich, der ausdrücklich in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie genannt ist. Durch die Verordnung werden u. a. Bestimmungen über die Ausführung von Bauarbeiten oder die Durchführung land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeiten eingeführt, so dass am Bezug zur „Bodennutzung“ (einschließlich der „Raumordnung“) kaum Zweifel bestehen dürften ( 35 ).

66.

Nach der Verordnung ist für eine Vielzahl von Tätigkeiten im Schutzgebiet eine vorherige behördliche Genehmigung erforderlich ( 36 ). Diese Genehmigungen schützen die Böden vor bestimmten Nutzungsarten und stellen meines Erachtens Maßnahmen zu ihrer Nutzung und zur Raumordnung dar: Beide Bereiche sind, wie gesagt, in Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der SUP-Richtlinie genannt.

67.

Konkret bedürfen nach § 5 der Verordnung bauliche Anlagen ( 37 ), die Wassernutzung ( 38 ), die Pflege von Wiesen ( 39 ) und die forstwirtschaftliche Nutzung ( 40 ) neben anderen Tätigkeiten ( 41 ) einer Erlaubnis.

4. Plan oder Programm, mit dem der Referenzrahmen für die Genehmigung von Projekten, die unter die UVP-Richtlinie fallen, gesetzt wird

68.

Neben ihrer Ausarbeitung für bestimmte sensible Bereiche werden Pläne oder Programme gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie zwingend einer SUP unterzogen, wenn durch sie der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projekte gesetzt wird ( 42 ).

69.

Diese Vorschrift verlangt, damit sie einer SUP unterzogen werden,

dass durch die Pläne oder Programme der Rahmen für die künftige Genehmigung der Ausführung der Projekte gesetzt wird und

es sich um Projekte handelt, die in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführt sind.

a) Plan oder Programm, der bzw. das die Genehmigung der in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projekte regelt

70.

Gemäß Art. 1 Abs. 2 der UVP-Richtlinie umfasst der Begriff „Projekt“

die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen,

sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen.

71.

Der Begriff „Projekt“ bezieht sich in Anbetracht – vor allem – des Wortlauts von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der UVP-Richtlinie auf Arbeiten oder Eingriffe, die den materiellen Zustand eines Platzes verändern ( 43 ).

72.

Nach Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie müssen Projekte vor ihrer Genehmigung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden, wenn bei ihnen „aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist“, wie sie in ihrem Art. 4 definiert sind, der auf die in ihren Anhängen I und II aufgeführten Projekte verweist ( 44 ).

73.

Aus einer Zusammenschau von Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der UVP-Richtlinie ergibt sich, dass unter Anhang I dieser Richtlinie fallende Projekte naturgemäß mit der Gefahr erheblicher Auswirkungen auf die Umwelt behaftet sind und zwingend Gegenstand einer UVP sein müssen ( 45 ).

74.

Bei den in Anhang II genannten Projekten müssen die Mitgliedstaaten anhand einer Einzelfalluntersuchung oder vorab festgelegter Schwellenwerte bzw. Kriterien regeln, ob sie einer UVP unterzogen werden.

75.

Die LSG-Verordnung regelt Handlungen, die sich nicht unter den Projektbegriff der UVP-Richtlinie fassen lassen, neben anderen, bei denen dies der Fall ist.

76.

Die Kommission führt aus ( 46 ), die Verordnung erfasse einige Handlungen, die zwar der Erlaubnispflicht unterlägen, aber den Projektbegriff selbst nicht erfüllten ( 47 ). Keine von ihnen bringe die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen oder sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft mit sich. Folglich fielen sie nicht unter den Projektbegriff der UVP-Richtlinie, und die Vorschrift, die sie regele, müsse daher nicht vorab einer SUP unterzogen werden.

77.

Die LSG-Verordnung sieht aber gleichzeitig eine Erlaubnispflicht für andere Handlungen im Schutzgebiet vor, die unter die Liste der in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projekte fallen, wie verschiedene, in ihren Art. 4 und 5 beschriebene Handlungen ( 48 ). Ich erinnere im Übrigen daran, dass auch das vorlegende Gericht dieser Ansicht ist ( 49 ).

78.

Die zuletzt genannten Handlungen (die nach § 5 der Verordnung erlaubnispflichtig sind) lassen sich, wie gesagt, problemlos unter die in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie erfassten Projekte fassen ( 50 ).

79.

Außerdem bedarf es nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung der Erlaubnis, „bauliche Anlagen aller Art [ ( 51 )] zu errichten, zu ändern oder ihre Nutzung zu ändern, auch wenn sie einer baurechtlichen Genehmigung nicht bedürfen“. Auf solche Anlagen beziehen sich verschiedene Arten der in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie genannten Projekte.

80.

Zusammenfassend könnte die LSG-Verordnung grundsätzlich als Plan oder Programm angesehen werden, der bzw. das unter die Anhänge I und II der UVP-Richtlinie fällt und zuvor einer SUP unterzogen werden muss.

81.

Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob darüber hinaus durch die Verordnung ein Referenzrahmen für die künftige Genehmigung von Projekten, die unter die UVP-Richtlinie fallen, gesetzt wird.

b) Plan oder Programm, durch den bzw. das der Rahmen für die Genehmigung der Projekte gesetzt wird

82.

Art. 3 Abs. 2 Buchst. a SUP-Richtlinie setzt voraus, dass durch den Plan oder das Programm der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projekte gesetzt wird.

83.

Diese Voraussetzung stößt bei der Anwendung der SUP-Richtlinie auf die größten Schwierigkeiten. Seinerzeit hatte ich ausgeführt, dass „die Anforderung, dass diese Pläne und Programme den Regelungsrahmen für die spätere Genehmigung von Projekten, die sich erheblich auf die Umwelt auswirken, setzen müssen[,] das Schlüsselelement [ist], um den Anwendungsbereich der SUP-Richtlinie ohne übermäßigen Eingriff in die Gesetzgebungstätigkeit der Mitgliedstaaten angemessen eingrenzen zu können“ ( 52 ).

84.

Die Wortfolge „durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung [von] Projekte[n] gesetzt wird“ verweist nicht auf nationale Rechtsvorschriften und stellt daher einen autonomen Begriff des Unionsrechts dar, der im Unionsgebiet einheitlich auszulegen ist ( 53 ).

85.

Ein Plan oder ein Programm setzt einen Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten, die unter die UVP-Richtlinie fallen, wenn er bzw. es ein „Rechtsakt [ist,] der dadurch, dass er die in dem betreffenden Bereich anwendbaren Regeln und Verfahren zur Kontrolle festlegt, eine signifikante Gesamtheit von Kriterien und Modalitäten für die Genehmigung und Durchführung eines oder mehrerer Projekte aufstellt, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben“ ( 54 ).

86.

Auf diese Weise wird in einer Abfolge an Rechtsvorschriften die Umweltprüfung von Vorgaben sichergestellt, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben ( 55 ). Im Umkehrschluss wird vermieden, dass vereinzelt festgelegte Kriterien und Modalitäten eine SUP erforderlich machen.

87.

Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass die „signifikante Gesamtheit von Kriterien und Modalitäten“ qualitativ und nicht quantitativ zu verstehen ist. Es reicht, wenn die Gesamtheit signifikant – nicht erschöpfend – ist, damit die Pläne oder Programme, die sie aufstellen, einer SUP bedürfen. Dadurch werden auch mögliche Strategien zur Umgehung der in der SUP-Richtlinie genannten Verpflichtungen, die die Maßnahmen zerstückeln könnten und so die praktische Wirksamkeit der Richtlinie verringern, vermieden ( 56 ).

88.

Ein Rahmen für die Ausarbeitung von in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projekten wird durch eine nationale Regelung nur gesetzt, wenn dieser Rahmen geeignet ist, Bedingungen für diese Projekte aufzustellen ( 57 ).

89.

Es ist nicht erforderlich, dass der Plan bzw. das Programm die Projekte ausdrücklich und detailliert regelt, aber ich halte es für unerlässlich, dass er bzw. es eine ausreichende Zahl an Kriterien aufweist, die bei der Festlegung ihres Inhalts, ihrer Ausarbeitung und ihrer Umsetzung zu berücksichtigen sind.

90.

Mit anderen Worten: Ein Plan oder Programm kann erhebliche Umweltauswirkungen haben und eine vorherige SUP erfordern, soweit er bzw. es Bestimmungen im Hinblick auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen oder die Zuweisung von Ressourcen einführt.

91.

In Anwendung dieser Rechtsprechung haben u. a. einen Rahmen für die Genehmigung künftiger Projekte gesetzt, weil sie eine signifikante Gesamtheit von Kriterien und Modalitäten für ihre Ausarbeitung aufgestellt haben:

Ein wallonischer Erlass, der sich „insbesondere auf die technischen Normen, die Betriebsmodalitäten (insbesondere die stroboskopischen Schatten), die Unfall- und Brandverhütung (u. a. Abschaltung des Windrads), die Geräuschpegelnormen, die Wiederinstandsetzung und die Leistung einer Sicherheit für Windkraftanlagen“ bezog ( 58 ).

Eine Regelung der Region Flandern (ein Erlass und ein Rundschreiben) mit Bestimmungen über die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen, u. a. Maßnahmen in Bezug auf Schattenwurf, Sicherheit und Geräuschpegelnormen ( 59 ).

Eine Städtebauverordnung (Brüssel-Hauptstadt), die bestimmte Regelungen für die Durchführung von Immobilienprojekten und Regeln, die für alle Bauten gelten, d. h. für Gebäude jeglicher Art samt ihrer ganzen Umgebung einschließlich der „offenen Zonen“ und der „Wegezonen“ unabhängig von ihrer privaten oder öffentlichen Zugänglichkeit, enthielt ( 60 ).

92.

Die Pläne und Programme, die der Gerichtshof in den Rechtssachen D’Oultremont u. a., Inter-Environnement Bruxelles u. a. und Windkraftanlagen in Aalter und Nevele geprüft hat, setzten demnach Rahmen für die Annahme von Projekten und bedurften daher vor ihrem Erlass der Durchführung einer SUP.

93.

Ist das bei der LSG-Verordnung auch der Fall? Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob das so ist und diese Verordnung eine signifikante Zahl an Kriterien zur Festlegung des Inhalts, des Verfahrens zur Ausarbeitung und der Umsetzung von in den Anhängen I und II der Richtlinie 2001/42 aufgeführten Projekten enthält. In seinem Vorlagebeschluss geht es offenbar davon aus, dass das nicht der Fall ist, und aus den Gründen, die ich sogleich darlegen werden, teile ich im Wesentlichen seinen Standpunkt.

94.

Das vorlegende Gericht bezweifelt, dass die LSG-Verordnung tatsächlich einen Referenzrahmen für die Ausarbeitung von Projekten setzt. Es führt aus, dass die Verordnung „nicht die Zulassung von Projekten [in einem spezifischen Bereich] [steuert], sondern … vorrangig der Verhinderung oder jedenfalls der naturschutzgerechten Gestaltung von Projekten [dient]“ ( 61 ).

95.

Die dem Gerichtshof in dieser Rechtssache vorliegenden Informationen stützen diese Einschätzung.

96.

Erstens sieht die LSG-Verordnung (§ 4) ein allgemeines Verbot für alle Handlungen vor, die im Schutzgebiet den Charakter des Gebiets verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen. Dieses allgemeine Verbot scheint dem auf Bundesebene in § 26 Abs. 2 BNatSchG geregelten Verbot zu entsprechen und beinhaltet keine zusätzlichen Durchführungsmaßnahmen, die es erlauben würden, die Verordnung als Plan oder Programm einzustufen, durch den bzw. das ein Rahmen für die Ausarbeitung von Projekten gesetzt wird.

97.

Zweitens sieht § 5 der LSG-Verordnung zwar eine Erlaubnispflicht für Tätigkeiten im Schutzgebiet vor und zieht in einigen Fällen präzise Grenzen (z. B. in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und c, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und § 5 Abs. 1 Nr. 9). Ungeachtet dessen weisen die meisten Verbote und Erlaubnispflichten aber allgemeinen Charakter auf, und es bedarf nachfolgender Handlungen, damit sie die Ausarbeitung und die Anwendung von Projekten, die von der UVP-Richtlinie gedeckt sind, unmittelbar beeinflussen können.

98.

Die Kommission führt aus ( 62 ), dass die Offenheit der Verordnung dazu führe, dass sie keine spezifischen Kriterien und Modalitäten für die Genehmigung von Projekten vorgebe. Zur Ausarbeitung dieser Projekte müsse auf andere Bestimmungen zurückgegriffen werden, so dass die Verordnung für sich alleine keinen Referenzrahmen für die Genehmigung von Projekten, die unter die SUP-Richtlinie fielen, setze.

99.

Das Urteil CFE steht meinen Ausführungen nicht entgegen, eher im Gegenteil. Die Regelung, die in jener Rechtssache streitig war, war ein Erlass der Region Brüssel-Hauptstadt, mit dem ein Natura-2000-Gebiet ausgewiesen wurde ( 63 ). Er sah im Hinblick auf die Erreichung der darin festgelegten Erhaltungs- und Schutzziele Vorbeugungsmaßnahmen sowie allgemeine und besondere Verbote vor. Hierzu brachte er Entscheidungen zum Ausdruck und fügte sich in eine Hierarchie von Umweltschutzmaßnahmen ein, insbesondere der aufzustellenden Bewirtschaftungspläne.

100.

Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ( 64 ) entschied der Gerichtshof, dass vorbehaltlich der dem vorlegenden Gericht obliegenden Überprüfung „ein Erlass wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende, mit dem ein Mitgliedstaat ein [Besonderes Schutzgebiet (BSG)] ausweist sowie Erhaltungsziele und bestimmte Vorbeugungsmaßnahmen festlegt, nicht zu den ‚Plänen und Programmen‘ gehört, für die eine Prüfung der Umweltauswirkungen verpflichtend ist“ ( 65 ).

101.

Zwischen § 5 der LSG-Verordnung und Art. 15 des belgischen Erlasses bestehen zahlreiche Ähnlichkeiten.

102.

Zusammenfassend schlage ich dem Gerichtshof vor, Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der SUP-Richtlinie dahin auszulegen, dass eine Verordnung zum Schutz von Natur und Landschaft, die allgemeine Verbotstatbestände (mit Befreiungsmöglichkeit) sowie Erlaubnispflichten vorsieht, aber keine hinreichend detaillierten Bestimmungen über den Inhalt, die Ausarbeitung und die Umsetzung von in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projekten enthält, nicht in seinen Anwendungsbereich fällt, auch wenn sie einige Maßnahmen in Bezug auf Handlungen enthält, die in solchen Projekten geregelt werden.

B.   Dritte Vorlagefrage

103.

Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Art. 3 Abs. 4 der SUP-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Verordnung wie die hier streitige zumindest ein Plan oder ein Programm mit bedeutenden Auswirkungen auf die Umwelt in anderen als den in Art. 2 dieser Vorschrift geregelten Bereichen ist.

104.

Ich erinnere daran, dass Art. 3 Abs. 4 der SUP-Richtlinie ihren Anwendungsbereich erweitert. Anders als Art. 3 Abs. 2 setzt er nicht automatisch voraus, dass einige Pläne und Programme erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, sondern verlangt vielmehr, dass die Mitgliedstaaten darüber befinden. Die Pläne und Programme, auf die er sich erstreckt, sind solche, die einen Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten setzen, aber nicht unter Art. 3 Abs. 2 fallen.

105.

Die Verpflichtung nach Art. 3 Abs. 4 der SUP-Richtlinie (genau wie die nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a) hängt davon ab, dass der jeweilige Plan oder das Programm den Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten setzt ( 66 ).

106.

Da ich vorgeschlagen habe, die beiden ersten Vorlagefragen dahin zu beantworten, dass eine Verordnung wie die des Ausgangsverfahrens keinen Rahmen für die künftige Genehmigung der Ausführung von Projekten setzt, muss ich zu dem Schluss gelangen, dass sie auch nicht unter den Begriff Pläne und Programme in anderen Bereichen fällt, für die nach Art. 3 Abs. 4 der SUP-Richtlinie eine vorherige SUP erforderlich ist.

107.

Sowohl die Pläne und Programme in den sensiblen Bereichen des Art. 3 Abs. 2 als auch die Pläne und Programme nach Art. 3 Abs. 4 der SUP-Richtlinie in anderen, nicht sensiblen Bereichen, die aber Umweltauswirkungen haben, müssen einen Rahmen für die Genehmigung und Ausführung konkreter Projekte setzen. Ich glaube, dass beide Arten von Plänen und Programmen an diesem Punkt übereinstimmen.

108.

Es wäre daher nicht kohärent, zu verneinen, dass die LSG-Verordnung einen Rahmen für die Ausführung von Projekten in sensiblen Bereichen setzt, und gleichzeitig davon auszugehen, dass sie ihn für nicht sensible Bereiche setzt.

C.   Die mögliche Begrenzung der Wirkungen der Urteile des Gerichtshofs

109.

Die Landesanwaltschaft Bayern und die deutsche Regierung möchten, dass der Gerichtshof die Wirkungen seines Urteils begrenzt, wenn er feststellen sollte, dass für die LSG-Verordnung eine vorherige SUP erforderlich war: Er sollte seine zeitlichen Wirkungen beschränken bzw. die Verdrängungswirkung der SUP-Richtlinie vorübergehend aussetzen.

110.

Nach meinen bisherigen Ausführungen bin ich der Auffassung, dass die Ausarbeitung einer SUP vor dem Erlass einer Regelung wie der LSG-Verordnung nicht zwingend ist. Angesichts dessen gehen die von der Landesanwaltschaft Bayern und der deutschen Regierung geäußerten Befürchtungen vor einer Regelungslücke ins Leere.

111.

Es ist daher nicht unerlässlich, die Begrenzung der Wirkungen des Auslegungsurteils des Gerichtshofs oder die Aussetzung der Verdrängungswirkung der SUP-Richtlinie gegenüber einer ihr widersprechenden nationalen Vorschrift in Betracht zu ziehen.

112.

Ungeachtet dessen werde ich für den Fall, dass der Gerichtshof meinen Standpunkt nicht teilt und feststellt, dass für eine Regelung wie die LSG-Verordnung vorab eine SUP durchzuführen ist, vorsorglich die Möglichkeiten einer Begrenzung der Wirkungen seines Urteils prüfen.

113.

Das vorlegende Gericht führt aus, dass in der Bundesrepublik Deutschland bislang davon ausgegangen worden sei, dass Natur- und Landschaftsschutzgebiete einschließlich der besonderen Schutzgebiete nach der Richtlinie 92/43 ( 67 ) nicht vorab einer SUP unterzogen werden müssten. Es ergänzt:

Sollte der Gerichtshof eine unionsrechtliche Pflicht, eine SUP, oder jedenfalls eine sich aus nationalem Recht ergebende Pflicht, eine Vorprüfung durchzuführen, bejahen, seien voraussichtlich sehr viele Ausweisungen von Schutzgebieten, die nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die SUP-Richtlinie am 21. Juli 2004 ergangen seien, verfahrensfehlerhaft.

Ein solcher Verfahrensfehler führe nach nationalem Recht grundsätzlich zur Unwirksamkeit der entsprechenden Verordnung ( 68 ). Eine Pflicht zur SUP oder Vorprüfung könne so „das in Deutschland für Natur und Landschaft erreichte Schutzniveau erheblich senken“ ( 69 ).

114.

Diese Feststellungen veranlassen das vorlegende Gericht jedoch nicht, den Gerichtshof zu ersuchen, die Wirkungen seines (künftigen) Urteils zu beschränken. Sein Schweigen zu diesem Punkt ist meines Erachtens ein wichtiges Indiz dafür, dass es keine ausreichenden Gründe für die Rechtfertigung einer solchen Beschränkung gibt ( 70 ).

115.

Die Landesanwaltschaft Bayern und die deutsche Regierung hingegen haben in der mündlichen Verhandlung die nachteiligen Auswirkungen einer Ungültigerklärung der Landschafts- und Naturschutzgebiete auf den Umweltschutz betont und ihre bereits im schriftlichen Verfahren geäußerte Bitte wiederholt ( 71 ).

116.

Um dieser Situation abzuhelfen, hat der Bund Naturschutz in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagen, die SUP-Richtlinie auf die anfängliche Ausweisung von Naturschutzgebieten nicht anzuwenden, was sich positiv auswirken würde. Der Richtlinie unterlägen nur nachträgliche Änderungen dieser Gebiete, sofern durch sie der Umweltschutz herabgesetzt würde.

117.

Ich teile diese Ansicht nicht. Die SUP-Richtlinie unterscheidet in Bezug auf die Erforderlichkeit einer vorherigen SUP nicht zwischen dem anfänglichen Erlass und der späteren Änderung von Plänen und Programmen. Außerdem hat der Gerichtshof festgestellt, dass die SUP auch für Pläne und Programme gilt, die günstige Umweltauswirkungen haben ( 72 ).

118.

Der Gerichtshof hat entschieden, dass, da „die Richtlinie 2001/42 keine Bestimmungen hinsichtlich der Konsequenzen enthält, die aus einem Verstoß gegen die von ihr aufgestellten Verfahrensvorschriften zu ziehen wären, es Sache der Mitgliedstaaten ist, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle erforderlichen allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, damit sämtliche ‚Pläne‘ und ‚Programme‘, die ‚erhebliche Umweltauswirkungen‘ im Sinne der Richtlinie 2001/42 haben können, vor ihrer Annahme Gegenstand einer Umweltprüfung gemäß den von der Richtlinie vorgesehenen Verfahrensmodalitäten und Kriterien sind“ ( 73 ).

119.

Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung sind die Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) verpflichtet, die rechtswidrigen Folgen eines solchen Verstoßes gegen das Unionsrecht zu beheben. Hieraus ergibt sich, dass die zuständigen nationalen Behörden einschließlich der nationalen Gerichte, die mit Klagen gegen einen innerstaatlichen Rechtsakt befasst sind, der unter Verstoß gegen das Unionsrecht erlassen wurde, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle erforderlichen Maßnahmen treffen müssen, um dem Unterbleiben einer SUP abzuhelfen ( 74 ).

120.

Aus dieser allgemeinen Verpflichtung ergibt sich, dass das nationale Gericht unter Verstoß gegen die SUP-Richtlinie ohne SUP erlassene Pläne oder Programme aussetzen, aufheben oder unangewendet lassen muss, um den Vorrang des Unionsrechts durchzusetzen. Genehmigungen von Projekten, die auf sie gestützt sind, muss dieses Schicksal erst recht ereilen ( 75 ).

1. Zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Vorabentscheidungsurteils

121.

Die Vorabentscheidungen des Gerichtshofs, mit denen eine Auslegung vorgenommen wird, wirken ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der unionsrechtlichen Bestimmung, die Gegenstand der Auslegung ist ( 76 ).

122.

Der Gerichtshof kann diese Möglichkeit nur ausnahmsweise aufgrund des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit beschränken. Dafür bedarf es des guten Glaubens der Betroffenen und der Gefahr schwerwiegender Störungen, und die Mitgliedstaaten, die sich auf sie berufen, sind dafür nachweispflichtig ( 77 ).

123.

Das Vorbringen der Landesanwaltschaft Bayern und der deutschen Regierung zum Erlass der streitigen Verordnung reichen meines Erachtens nicht aus, um ihr Begehren zu rechtfertigen.

124.

Seit der Auslegung der Art. 2 und 3 der SUP-Richtlinie durch den Gerichtshof in seinem Urteil aus dem Jahr 2012, Inter-Environnement Wallonie und Terre wallonne, war die Schlussfolgerung, dass die deutschen Regelungen über Schutzzonen nach Maßgabe ihres Inhalts als Pläne oder Programme eingestuft werden konnten, für die die Pflicht bestand, vorab eine SUP durchzuführen, auch wenn dies nach nationalem Recht nicht erforderlich war, zumindest vorhersehbar.

125.

Ebenso vorhersehbar war es, dass der Gerichtshof entscheidet, dass nicht nur die Pläne und Programme, die nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben, sondern auch solche, die sich günstig auf sie auswirken (wie die, die Naturschutzgebiete ausweisen), einer SUP unterzogen werden müssen ( 78 ).

126.

Dass die Kommission keine Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat (weil sie vor dem Erlass von Plänen oder Programmen für Natur- und Landschaftsschutzgebiete keine SUP durchgeführt hat), ist für sich allein kein Grund, vom guten Glauben der deutschen Behörden auszugehen.

127.

Ich halte auch die Gründe, die diese Behörden zur Stützung ihrer Behauptung vorbringen, dass die Nichtigerklärung der Bestimmungen über Natur- und Landschaftsschutzgebiete eo ipso„katastrophale“ Folgen in Deutschland nach sich ziehen würde, wie ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung versicherte, nicht für entscheidend. Gegen diese Gründe spricht

zum einen, dass sich das Fehlen von Wirkungen der LSG-Verordnung sogar günstig auf die Umwelt auswirken könnte, wenn, wie der Bund Naturschutz ausführt, es die Anwendung der vorangegangenen Verordnung zur Folge hätte und dadurch das bisherige Schutzgebiet, das durch jene Verordnung verkleinert wurde, vergrößert würde, und

zum anderen, dass das Fortgelten der übrigen sektoriellen Bestimmungen für dieses und alle anderen entsprechenden Gebiete der Verwaltung die Kontrolle über einen Großteil der Tätigkeiten, die Umweltauswirkungen haben können, ermöglichen würde.

2. Vorübergehende Aussetzung der Verdrängungswirkung der Richtlinie 2001/42 auf entgegenstehendes nationales Recht

128.

Der Gerichtshof hat entschieden, dass in Ausnahmefällen und aus zwingenden Erwägungen der Rechtssicherheit eine vorübergehende Aussetzung der Verdrängungswirkung, die eine Rechtsvorschrift der Union gegenüber ihr entgegenstehendem nationalen Recht ausübt, herbeigeführt werden kann ( 79 ).

129.

Dieses Privileg ist ausschließlich dem Gerichtshof vorbehalten, aus dessen Rechtsprechung sich Folgendes ergibt:

Wären nationale Gerichte befugt, auch nur vorübergehend nationalen Bestimmungen Vorrang vor dem Unionsrecht einzuräumen, gegen das sie verstoßen, würde die einheitliche Anwendung des Unionsrechts beeinträchtigt ( 80 ).

Ein nationales Gericht kann, wenn das innerstaatliche Recht es zulässt, ausnahmsweise und im Einzelfall bestimmte Wirkungen einer Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Bestimmung des nationalen Rechts zeitlich begrenzen, die unter Verstoß gegen die in der SUP-Richtlinie vorgesehenen Pflichten erlassen wurde.

130.

Die Parteien des Rechtsstreits sind sich uneins, ob es nach deutschem Recht zulässig ist, Bestimmungen über Naturschutzgebiete, die für nichtig erklärt werden, vorläufig aufrechtzuerhalten. Der Landesanwaltschaft Bayern zufolge ist das nicht der Fall ( 81 ), während der Bund Naturschutz meint, dass eine solche vorübergehende Anwendbarkeit nach der Rechtsprechung des vorlegenden Gerichts bei einer Nichtigerklärung aufgrund von Verfahrensfehlern zulässig sei ( 82 ).

131.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob es über verfahrensrechtliche Wege verfügt, um Bestimmungen über Natur- und Landschaftsschutzgebiete trotz ihrer Ungültigkeit vorläufig aufrechtzuerhalten. ( 83 ) Sollte das nicht der Fall sein, ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur zeitlichen Begrenzung der Verdrängungswirkung nicht anwendbar.

132.

Sollte es nach deutschem Recht zulässig sein, müsste noch geprüft werden, ob die vorübergehende Aussetzung der Verdrängungswirkung durch ein zwingendes Erfordernis im Zusammenhang mit dem Umweltschutz geboten ist und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, die sich aus dem Urteil Inter-Environnement Wallonie ergeben ( 84 ).

133.

Das zwingende Erfordernis des Allgemeininteresses, auf das sich die deutschen Behörden berufen, besteht darin, dass der Umweltschutz beeinträchtigt werde, wenn diese oder ähnliche Verordnungen für nichtig erklärt würden.

134.

Meines Erachtens ist nicht umfassend nachgewiesen, dass die mögliche Ungültigkeit oder der Wegfall der Wirksamkeit ( 85 ) von Natur- und Landschaftsschutzverordnungen (weil sie nicht Gegenstand einer vorherigen SUP waren) unausweichlich zu einer Regelungslücke führen würde, die geeignet ist, den Umweltschutz zu gefährden. Dagegen lassen sich mehrere Argumente anführen:

Die vor dem Inkrafttreten der SUP-Richtlinie im Jahr 2004 bestehenden Schutzgebiete wären nicht betroffen.

In den Gebieten, die nach 2004 unter Schutz gestellt wurden, kann, wie ich bereits dargelegt habe, die Unwirksamkeit (oder gegebenenfalls Nichtigkeit) von Verordnungen, die ohne vorherige SUP erlassen wurden, zumindest teilweise durch die Anwendung der bisherigen Schutzbestimmungen „neutralisiert“ werden.

Sofern, wie das vorlegende Gericht ausführt, Verordnungen, die ohne vorherige SUP erlassen, aber nicht zu gegebener Zeit direkt angefochten werden, über einen indirekten Mechanismus (Einwand der Rechtswidrigkeit oder Anschlussrechtsmittel) angefochten werden können, ist nicht nachgewiesen, dass das Urteil, mit dem über diesen Rechtsbehelf entschieden wird, erga omnes wirkt ( 86 ).

Das Bundesrecht und das Landesrecht zur Umsetzung des Inhalts der SUP-Richtlinie sind weiterhin bindend, was es ermöglicht, die Ausführung von Projekten, die nachteilige Umweltauswirkungen haben, auszusetzen.

Auch bestehen die in den sektoriellen Rechtsvorschriften vorgesehenen Kontrollmechanismen für die Anwendung von städtebaulichen Vorschriften und Vorschriften über die Bebauung, die Wasserwirtschaft, den Bergbau, Ausschachtungen, Erdbewegungen, die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, den Tourismus und ähnliche Tätigkeiten für Tätigkeiten, die die Umwelt beeinträchtigen könnten, fort.

IV. Ergebnis

135.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, dem Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) wie folgt zu antworten:

1.

Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme ist dahin auszulegen, dass eine Verordnung zum Schutz von Natur und Landschaft, die allgemeine Verbotstatbestände (mit Befreiungsmöglichkeit) sowie Erlaubnispflichten vorsieht, aber keine hinreichend detaillierten Bestimmungen über den Inhalt, die Ausarbeitung und die Umsetzung von in den Anhängen I und II der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten aufgeführten Projekten enthält, nicht in seinen Anwendungsbereich fällt, auch wenn sie einige Maßnahmen in Bezug auf Handlungen enthält, die in solchen Projekten geregelt werden.

2.

Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2001/42 ist dahin auszulegen, dass er auf eine Verordnung zum Schutz von Natur und Landschaft, die kein Plan oder Programm mit erheblichen Umweltauswirkungen in anderen als den in Abs. 2 dieses Artikels geregelten Bereichen ist, weil sie keine hinreichend detaillierten Bestimmungen über den Inhalt, die Ausarbeitung und die Umsetzung von in den Anhängen I und II der Richtlinie 2011/92 aufgeführten Projekten enthält, nicht anwendbar ist.


( 1 ) Originalsprache: Spanisch.

( 2 ) Urteil A u. a. (Windkraftanlagen in Aalter und Nevele) (C‑24/19, EU:C:2020:503, im Folgenden: Urteil Windkraftanlagen in Aalter und Nevele).

( 3 ) Schlussanträge vom 3. März 2020 (C‑24/19, EU:C:2020:143, im Folgenden: Schlussanträge Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Nr. 1).

( 4 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012, L 26, S. 1, im Folgenden: UVP-Richtlinie).

( 5 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. 2001, L 197, S. 30). Auch bekannt als Richtlinie über „Strategische Umweltprüfung“ (im Folgenden: SUP-Richtlinie).

( 6 ) Schlussanträge Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Nr. 36.

( 7 ) Ebd., Nr. 37.

( 8 ) In der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513).

( 9 ) Vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 15. September 2017 (BGBl. I S. 3434).

( 10 ) Nach der mündlichen Verhandlung in dieser Rechtssache wurde § 22 BNatSchG um die Abs. 2a und 2b ergänzt, um zu ermöglichen, dass die Rechtsakte fortgelten, in denen Natur- und Landschaftsschutzgebiete mangels vorhergehender SUP unter Verstoß gegen die SUP-Richtlinie festgelegt wurden.

( 11 ) GVBl. S. 82, zuletzt geändert durch Art. 11a Abs. 4 des Gesetzes vom 10. Dezember 2019 (GVBl. S. 686).

( 12 ) ABl. des Landkreises Rosenheim Nr. 5 vom 26. April 2013 (im Folgenden: LSG-Verordnung oder Verordnung).

( 13 ) Rn. 45, 46 und 49 unter Anführung der Urteile vom 22. September 2011, Valčiukienė u. a. (C‑295/10, EU:C:2011:608, Rn. 37), und vom 7. Juni 2018, Thybaut u. a. (C‑160/17, EU:C:2018:401, im Folgenden: Urteil Thybaut u. a., Rn. 61).

( 14 ) Vorlagebeschluss, Rn. 19.

( 15 ) Urteile vom 22. März 2012, Inter-Environnement Bruxelles u. a. (C‑567/10, EU:C:2012:159, im Folgenden: Urteil Inter-Environnement Bruxelles u. a., Rn. 31), Thybaut u. a., Rn. 43, und vom 12. Juni 2019, CFE (C‑43/18, EU:C:2019:483, im Folgenden: Urteil CFE, Rn. 54).

( 16 ) In der Rechtssache Inter-Environnement Bruxelles u. a. schlug Generalanwältin Kokott eine engere Auslegung vor: Danach bedürften einer SUP nur die Pläne und Programme, deren Annahme obligatorisch sei, da das nationale Recht sie vorschreibe (Schlussanträge von Generalanwältin Kokott vom 17. November 2011 in der Rechtssache Inter-Environnement Bruxelles u. a., C‑567/10, EU:C:2011:755, Nrn. 18 und 19). In ihren Schlussanträgen vom 25. Januar 2018 in der Rechtssache Inter-Environnement Bruxelles u. a. (C‑671/16, EU:C:2018:39, Nrn. 41 und 42) wiederholte Generalanwältin Kokott ihre These und führte aus, dass der Gerichtshof den Anwendungsbereich der SUP-Richtlinie weiter ausgedehnt habe, als der Gesetzgeber beabsichtigt habe und die Mitgliedstaaten hätten vorhersehen können.

( 17 ) Urteil Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 48.

( 18 ) Urteil Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 52.

( 19 ) Rn. 10 der schriftlichen Erklärungen der Landesanwaltschaft Bayern.

( 20 ) Rn. 19 des Vorlagebeschlusses, in dem als Rechtsgrundlage für die Verordnung die § 12 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 2 und § 26 BNatSchG (sie regeln die Befugnis zum Erlass, zur Änderung und zur Aufhebung von Natur- und Landschaftsschutzverordnungen) in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 Nr. 3 und Art. 52 des BayNatSchG (die die zuständige Verwaltungsbehörde – im vorliegenden Fall der Landkreis Rosenheim – bzw. das Verfahren regeln) angegeben werden.

( 21 ) Urteil Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 65.

( 22 ) Richtlinie des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7).

( 23 ) Wenn die Pläne und Programme für diese sensiblen Bereiche die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene festlegen oder nur geringfügige Änderungen der vorgenannten Pläne oder Programme vorsehen, sollten sie nur dann geprüft werden, wenn die Mitgliedstaaten bestimmen, dass sie voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben (Art. 3 Abs. 3 der SUP-Richtlinie). Vgl. zehnter Erwägungsgrund der Richtlinie.

( 24 ) Vorlagebeschluss, Rn. 27. Das vorlegende Gericht leitet aus dem zehnten Erwägungsgrund, Art. 3 Abs. 2 Buchst. a sowie Art. 5 der SUP-Richtlinie ab, dass Pläne und Programme eine SUP erfordern, die ziel- und zweckgerichtet für einen der in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a genannten Bereiche erstellt worden sind, zu denen der, um den es in diesem Rechtsstreit geht, nicht gehört.

( 25 ) Vorlagebeschluss, Rn. 29.

( 26 ) Vgl. Urteile Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 66, vom 8. Mai 2019, „Verdi Ambiente e Società (VAS) – Aps Onlus“ u. a. (C‑305/18, EU:C:2019:384, Rn. 48), vom 7. Juni 2018, Inter-Environnement Bruxelles u. a. (C‑671/16, EU:C:2018:403, im Folgenden: Urteil Inter-Environnement Bruxelles u. a., Rn. 42 bis 45), Thybaut u. a., Rn. 47 bis 49, und vom 27. Oktober 2016, D’Oultremont u. a. (C‑290/15, EU:C:2016:816, im Folgenden: Urteil D’Oultremont u. a., Rn. 44).

( 27 ) Urteil Inter-Environnement Bruxelles u. a., Rn. 43.

( 28 ) Urteil Thybaut u. a., Rn. 48 und 49.

( 29 ) Es handelte sich um das Präsidialdekret 187/2011 vom 14. Juni 2011 zur Festlegung von Schutzmaßnahmen für das Gebiet des Berges Hymettos und der städtischen Parkanlagen Goudi‑Ilission in Griechenland, um den Schutz dieses Gebiets an den Bauleitplan für den Großraum Athen anzupassen. Gemäß seinem Art. 1 ist „Gegenstand des vorliegenden Dekrets … der wirksame Schutz des Hymettos-Bergmassivs und des ihn umgebenden Gebiets durch die Bewirtschaftung und ökologische Erhaltung der Lebensräume, der Pflanzen und der Tiere, die Förderung der für das attische Becken erheblichen ökologischen Aktivitäten dieses Bergmassivs, den Schutz der Landschaft und die Überwachung der Bebauung“ (Hervorhebung nur hier).

( 30 ) Urteil vom 10. September 2015, Dimos Kropias Attikis (C‑473/14, EU:C:2015:582, Rn. 20).

( 31 ) In ihrem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (KOM(96) 511 endg., ABl. 1997, C 129, S. 14) schlug die Kommission eine offene, nicht abschließende Liste sensibler Bereiche vor, in denen Pläne und Programme zwingend vorab einer SUP unterzogen werden müssen. Der Gemeinsame Standpunkt des Rates vom 30. März 2000 (ABl. 2000, C 137, S. 11) im Hinblick auf die Annahme der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme hingegen enthielt eine abschließende Liste sensibler Bereiche.

( 32 ) Pläne und Programme „que se elaboren con respecto a“ (spanische Fassung), „élaborés pour“ (französische Fassung), „which are prepared for“ (englische Fassung), „che sono elaborati per“ (italienische Fassung), „que tenham sido preparados para“ (portugiesische Fassung). Die deutsche Fassung scheint enger zu sein, wenn sie von Plänen und Programmen spricht, die „in den Bereichen … ausgearbeitet werden“.

( 33 ) Vorlagebeschluss, Rn. 27.

( 34 ) Nichts hindert daran, die Umweltauswirkungen einer Vorschrift wie der LSG-Verordnung sowohl als positiv wie auch als negativ zu identifizieren, zu beschreiben und zu bewerten (beispielsweise solche, die sich aus der Verkleinerung des räumlichen Anwendungsbereichs gegenüber der vorhergehenden ergeben, so dass Wohnungsbauprojekte in bislang geschützten Bereichen ermöglicht werden). All das gilt unbeschadet dessen, dass sie, weil sie keinen echten Referenzrahmen enthält, nicht zwingend einer SUP unterzogen werden muss, wie ich weiter unten prüfen werde.

( 35 ) Das vorlegende Gericht führt (Rn. 22 des Vorlagebeschlusses) aus, dass die LSG-Verordnung „eine Reihe von allgemeinen Verbotstatbeständen und Erlaubnispflichten für eine Vielzahl von Vorhaben und Nutzungen“ regelt. Hervorhebung nur hier.

( 36 ) Generalanwältin Kokott beschränkte sich in ihren Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen CFE und Terre wallonne (C‑43/18 und C‑321/18, EU:C:2019:56, Nr. 43) auf die Feststellung, dass „[d]ie Zweifel verschiedener Beteiligte[r], ob die Ausweisung eines besonderen Schutzgebiets oder die Festlegung von Erhaltungszielen für die Natura-2000-Gebiete einer Region einem dieser [in Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2001/43 geregelten] Bereiche zugeordnet werden kann, … gut nachvollziehbar“ seien.

( 37 ) Art. 5 Abs. 1 Nr. 1.

( 38 ) Art. 5 Abs. 1 Nrn. 4 und 5.

( 39 ) Art. 5 Abs. 1 Nr. 6.

( 40 ) Art. 5 Abs. 1 Nrn. 8, 9 und 10.

( 41 ) Dem Bund Naturschutz zufolge (S. 17 der französischen Fassung seiner schriftlichen Erklärungen) kann dieser Artikel die Bodennutzung im Hinblick auf künftige Baumaßnahmen beeinflussen, da er keine „vorsorgliche Öffnungsklausel“ in ihrer Auslegung durch die nationale Rechtsprechung enthalte. Die Antwort auf dieses Vorbringen hängt jedoch von der Auslegung des nationalen Rechts ab.

( 42 ) Urteile vom 8. Mai 2019, Verdi Ambiente e Società (VAS) – Aps Onlus u. a. (C‑305/18, EU:C:2019:384, Rn. 47), und Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 65.

( 43 ) Urteile vom 19. April 2012, Pro-Braine u. a. (C‑121/11, EU:C:2012:225, Rn. 31), vom 29. Juli 2019, Inter-Environnement Wallonie und Bond Beter Leefmilieu Vlaanderen (C‑411/17, EU:C:2019:622, Rn. 62), und vom 9. September 2020, Friends of the Irish Environment (C‑254/19, EU:C:2020:680, Rn. 32).

( 44 ) Urteile vom 17. März 2011, Brussels Hoofdstedelijk Gewest u. a. (C‑275/09, EU:C:2011:154, Rn. 25), und vom 29. Juli 2019, Inter-Environnement Wallonie und Bond Beter Leefmilieu Vlaanderen (C‑411/17, EU:C:2019:622, Rn. 74).

( 45 ) Urteile vom 24. November 2011, Kommission/Spanien (C‑404/09, EU:C:2011:768, Rn. 74), vom 11. Februar 2015, Marktgemeinde Straßwalchen u. a. (C‑531/13, EU:C:2015:79, Rn. 20), und vom 29. Juli 2019, Inter-Environnement Wallonie und Bond Beter Leefmilieu Vlaanderen (C‑411/17, EU:C:2019:622, Rn. 75).

( 46 ) Rn. 22 ihrer schriftlichen Erklärungen.

( 47 ) Dazu gehören: „Verkaufswagen aufzustellen oder Verkaufsstellen und Automaten zu errichten, anzubringen und zu betreiben“ (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d), „außerhalb der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze mit Kraftfahrzeugen aller Art zu fahren oder diese dort abzustellen“ (§ 5 Abs. 1 Nr. 3), „außerhalb zugelassener Plätze zu zelten, Wohnwagen (auch Klappanhänger) oder motorisierte Wohnfahrzeuge abzustellen oder dies zu gestatten“ (§ 5 Abs. 1 Nr. 12), „Luftfahrzeuge im Sinne des Luftverkehrsgesetzes außerhalb genehmigter Flugplätze aufsteigen oder landen zu lassen“ (§ 5 Abs. 1 Nr. 13).

( 48 ) Laut § 4 sind „[i]m Landschaftsschutzgebiet … alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem Schutzzweck (§ 3) zuwiderlaufen“. § 5 erstreckt das Verbot darauf, „bauliche Anlagen aller Art … zu errichten, zu ändern oder ihre Nutzung zu ändern“ (Abs. 1 Nr. 1), „ober- oder unterirdisch geführte Draht‑, Kabel- oder Rohrleitungen zu verlegen sowie Masten aufzustellen“ (Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b), „Straßen, Wege, Plätze, insbesondere Camping‑, Sport‑, Spiel- und Badeplätze oder ähnliche Einrichtungen zu errichten oder wesentlich zu ändern“ (Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c), „oberirdisch über den zugelassenen Gemeingebrauch hinaus oder unterirdisch Wasser zu entnehmen, Gewässer, deren Ufer oder Sohle, den Zu- und Ablauf des Wassers oder den Grundwasserstand zu verändern, neue Gewässer herzustellen oder Dränanlagen zu errichten“ (Abs. 1 Nr. 4), „in der freien Natur und außerhalb des Waldes landschaftsprägende Einzelbäume, Hecken, lebende Zäune oder Feldgehölze oder ‑gebüsche zu roden, zu fällen oder auf sonstige Weise zu beseitigen“ (Abs. 1 Nr. 8), „Waldbestände ganz oder teilweise zu roden, Erstaufforstungen durchzuführen oder Kahlhiebe von mehr als 0,5 ha im Zusammenhang vorzunehmen, Laub‑, Misch- und Auwald in Wald mit überwiegendem Nadelholzanteil umzuwandeln oder Sonderkulturen (z. B. Baumschulen) zu errichten“ (Abs. 1 Nr. 9).

( 49 ) Nr. 36 der vorliegenden Schlussanträge.

( 50 ) Projekte für den „Bau von Autobahnen und Schnellstraßen“ (Anhang I Nr. 7 Buchst. b), den „Bau von neuen vier- oder mehrspurigen Straßen“ (Anhang I Nr. 7 Buchst. c), „Wasserwirtschaftliche Projekte in der Landwirtschaft, einschließlich Bodenbe- und ‑entwässerungsprojekte“ (Anhang II Nr. 1 Buchst. c), oder „Erstaufforstungen und Abholzungen zum Zweck der Umwandlung in eine andere Bodennutzungsart“ (Anhang II Nr. 1 Buchst. d).

( 51 ) Hervorhebung nur hier.

( 52 ) Schlussanträge Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Nr. 74.

( 53 ) Urteil Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 75.

( 54 ) Urteile D’Oultremont u. a., Rn. 49, Inter-Environnement Bruxelles u. a., Rn. 53, CFE, Rn. 61, und Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 67.

( 55 ) Urteile vom 28. Februar 2012, Inter-Environnement Wallonie und Terre wallonne (C‑41/11, EU:C:2012:103, im Folgenden: Urteil Inter-Environnement Wallonie und Terre wallonne, Rn. 42), Inter-Environnement Bruxelles u. a., Rn. 54, und Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 68.

( 56 ) Schlussanträge Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Nr. 90. Vgl. Urteile Inter-Environnement Bruxelles u. a., Rn. 55, CFE, Rn. 64, und Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 70.

( 57 ) In ihren schriftlichen Erklärungen teilen die Kommission und die deutsche (Rn. 22 ihrer schriftlichen Erklärungen), die tschechische (Rn. 14, 19 und 23 ihrer schriftlichen Erklärungen) sowie die irische Regierung (Rn. 32 und 40 ihrer schriftlichen Erklärungen) diese Ansicht.

( 58 ) Im Urteil D’Oultremont u. a., Rn. 50, ergänzte der Gerichtshof, dass „[s]olche Normen … ein hinreichend signifikantes Gewicht und Ausmaß [haben], um die in dem betreffenden Bereich geltenden Voraussetzungen zu regeln, und die mit diesen Normen getroffenen Entscheidungen insbesondere umweltpolitischer Art sollen dazu beitragen, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen die konkreten Vorhaben der Errichtung und des Betriebs von Windkraftstandorten künftig genehmigt werden können“.

( 59 ) Urteil Windkraftanlagen in Aalter und Nevele.

( 60 ) Urteil Inter-Environnement Bruxelles u. a., Rn. 48 bis 50.

( 61 ) Vorlagebeschluss, Rn. 25.

( 62 ) Schriftliche Erklärungen, Rn. 33.

( 63 ) „Wald von Soignes mit Randbeständen und benachbarten Waldgebieten und Woluwe-Tal – Komplex Wald von Soignes – Woluwe-Tal“.

( 64 ) Das vorlegende Gericht stellte fest, dass die Ausweisung eines Gebiets als [Besonderes Schutzgebiet (BSG)] rechtliche Auswirkungen auf den Erlass von Plänen und auf die Prüfung von dieses Gebiet betreffenden Genehmigungsanträgen habe, und zwar sowohl, was das Verfahren, als auch, was die Entscheidungskriterien betreffe. Sie trage somit dazu bei, den Rahmen der grundsätzlich zulässigen, geförderten oder verbotenen Handlungen festzulegen, und sei somit nicht ohne Bezug zum Begriff Pläne und Programme (Urteil CFE, Rn. 63).

( 65 ) Urteil CFE, Rn. 62 und 74.

( 66 ) Urteil CFE, Rn. 60.

( 67 ) Im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren wird nicht nach den in der Richtlinie 92/43 geregelten natürlichen Lebensräumen sowie wildlebenden Tieren und Pflanzen von allgemeinem Interesse gefragt. Die Vorschriften über Pläne und Programme der SUP-Richtlinie können nicht ohne Weiteres auf die rechtliche Regelung dieser Lebensräume und Arten angewandt werden.

( 68 ) Dem vorlegenden Gericht zufolge (Rn. 16 des Vorlagebeschlusses) könnte jeder, der ein Vorhaben in einem Schutzgebiet verwirklichen wolle, die Unwirksamkeit geltend machen. Die im Streitfall angerufenen Gerichte seien in einem solchen Fall gehalten, die Verordnung inzident auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Eine zeitliche Grenze setze das nationale Recht insoweit nicht, weil Verordnungen – anders als Verwaltungsakte – nicht in Bestandskraft erwüchsen.

( 69 ) Rn. 16 des Vorlagebeschlusses, a. E.

( 70 ) Das vorlegende Gericht hebt (Rn. 16 des Vorlagebeschlusses) die Bedeutung der Fragen hervor, aber ich wiederhole, dass es den Gerichtshof nicht ausdrücklich ersucht, die Wirkungen eines möglichen Urteils, mit dem die Unvereinbarkeit der LSG-Verordnung mit der SUP-Richtlinie festgestellt wird, zu begrenzen.

( 71 ) Sie haben auch auf die Belastung hingewiesen, die es für die Verwaltung bedeute, die Verfahren zur Ausweisung von Gebieten und zur Durchführung vorheriger SUP wieder zu eröffnen, wenn sie zwingend seien.

( 72 ) Urteil CFE, Rn. 41.

( 73 ) Urteile Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 82, und vom 28. Juli 2016, Association France Nature Environnement (C‑379/15, EU:C:2016:603, im Folgenden: Urteil Association France Nature Environnement, Rn. 30).

( 74 ) Diese und die nachfolgenden Überlegungen entsprechen denen in den Schlussanträgen Windkraftanlagen in Aalter und Nevele.

( 75 ) Vgl. in diesem Sinne die Urteile Association France Nature Environnement, Rn. 31 und 32, vom 12. November 2019, Kommission/Irland (Windfarm Derrybrien) (C‑261/18, EU:C:2019:955, Rn. 75), und Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 83.

( 76 ) Insoweit wird nach ständiger Rechtsprechung durch die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnisse aus Art. 267 AEUV vornimmt, erläutert und verdeutlicht, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite die Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschrift in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse anwenden können und müssen, die vor dem Erlass des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung der Vorschrift betreffenden Streit vorliegen (Urteile vom 3. Oktober 2019, Schuch-Ghannadan, C‑274/18, EU:C:2019:828, Rn. 60, und vom 16. September 2020, Romenergo und Aris Capital, C‑339/19, EU:C:2020:709, Rn. 47).

( 77 ) Urteile vom 3. Oktober 2019, Schuch-Ghannadan (C‑274/18, EU:C:2019:828, Rn. 61), und vom 16. September 2020, Romenergo und Aris Capital (C‑339/19, EU:C:2020:709, Rn. 48 und 50). In Rn. 49 des letztgenannten Urteils wird dargelegt, dass der Gerichtshof auf diese Lösung nur unter ganz bestimmten Umständen zurückgegriffen hat, namentlich, wenn eine Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen bestand, die insbesondere mit der großen Zahl von Rechtsverhältnissen zusammenhingen, die in gutem Glauben auf der Grundlage der als gültig betrachteten Regelung eingegangen worden waren, und wenn sich herausstellte, dass die Einzelnen und die nationalen Behörden zu einem mit dem Unionsrecht unvereinbaren Verhalten veranlasst worden waren, weil hinsichtlich der Tragweite der Unionsbestimmungen eine bedeutende objektive Unsicherheit bestand, zu der eventuell auch das Verhalten anderer Mitgliedstaaten oder der Europäischen Kommission beigetragen hatte (Urteil vom 3. Oktober 2019, Schuch-Ghannadan, C‑274/18, EU:C:2019:828, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 78 ) Urteil CFE, Rn. 41. Er hatte dies bereits im Urteil vom 25. Juli 2008, Ecologistas en Acción-CODA (C‑142/07, EU:C:2008:445, Rn. 41), für die Umweltprüfung für Projekte, die der UVP-Richtlinie unterliegen, entschieden.

( 79 ) Urteile vom 8. September 2010, Winner Wetten (C‑409/06, EU:C:2010:503, Rn. 66 und 67), und Association France Nature Environnement, Rn. 33.

( 80 ) Urteile vom 29. Juli 2019, Inter-Environnement Wallonie und Bond Beter Leefmilieu Vlaanderen (C‑411/17, EU:C:2019:622, Rn. 177), und Windkraftanlagen in Aalter und Nevele, Rn. 84.

( 81 ) Rn. 50 ihrer schriftlichen Erklärungen.

( 82 ) Schriftliche Erklärungen des Bund Naturschutz, S. 25, der den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 1979, 2 N 1/78, BVerwGE 59, 48-56, Rn. 11, anführt. In der mündlichen Verhandlung haben die deutsche Regierung und die Landesanwaltschaft Bayern die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung im vorliegenden Fall in Abrede gestellt.

( 83 ) Nach der mündlichen Verhandlung wurde dem Gerichtshof mitgeteilt, dass in § 22 BNatSchG die Abs. 2a und 2b eingefügt wurden, die den Erhalt der Schutzgebiete ermöglichen.

( 84 ) Rn. 59 bis 63. Auf derselben Linie Urteil Association France Nature Environnement, Rn. 43.

( 85 ) Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu entscheiden, ob das Unterbleiben einer SUP vor dem Erlass der LSG-Verordnung nach nationalem Recht ihre Ungültigkeit (Nichtigkeit) oder nur ihre Unwirksamkeit zur Folge hat.

( 86 ) Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu entscheiden, welche Wirkungen – erga omnes oder nur auf die jeweilige inzidente Anfechtung beschränkt – ein Urteil in einem Rechtsstreit über die Ablehnung der Genehmigung eines Einzelprojekts hat, nachdem ein Verfahrensfehler festgestellt wurde, der die entsprechende Verordnung betrifft. Insoweit verweise ich auf die Nrn. 125 bis 130 meiner Schlussanträge Windkraftanlagen in Aalter und Nevele.