SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 9. September 2021 ( 1 ) ( i )

Rechtssache C‑296/20

Commerzbank AG

gegen

E.O.

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs, Deutschland)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Lugano‑II-Übereinkommen – Gerichtliche Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen – Zuständigkeit bei Verbrauchersachen – Verbraucher, der nach Vertragsabschluss seinen Wohnsitz in einen anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat verlegt – Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat“

1.

In diesem Vorabentscheidungsersuchen wird um die Auslegung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Lugano-Übereinkommens von 2007 ( 2 ) ersucht, um zu bestimmen, welche Gerichte für die Entscheidung über einen Rechtsstreit zuständig sind, in dem eine Bank von einem Kunden den Schuldsaldo seines Girokontos auszugleichen sucht.

2.

Die Besonderheit der Rechtssache besteht darin, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beide Parteien im selben Staat (Deutschland) ansässig waren, wohingegen der Kunde zum Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte ( 3 ). Der internationale Charakter des Falls ist somit nachträglich eingetreten und lag nicht von Anfang an vor.

3.

Meines Wissens hat der Gerichtshof noch nicht zu Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens Stellung genommen ( 4 ). Indessen hat er sich zu der entsprechenden Bestimmung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 ( 5 ) geäußert, die wiederum durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 ( 6 ), die derzeit in Kraft ist, ersetzt wurde.

4.

Eine Gesamtschau der Urteile des Gerichtshofs auf diesem Gebiet bringt meines Erachtens keinen hinreichenden Aufschluss zur Klärung einer Frage, deren Auswirkung auf die wirtschaftliche Tätigkeit des Vertragspartners eines Verbrauchers nicht unerheblich ist.

I. Rechtlicher Rahmen: Lugano‑II-Übereinkommen

5.

Titel II Abschnitt 1 („Allgemeine Vorschriften“) enthält die Art. 2 und 3, in denen es heißt:

Art. 2 Abs. 1: „Vorbehaltlich der Vorschriften dieses Übereinkommens sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen.“

Art. 3 Abs. 1: „Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates haben, können vor den Gerichten eines anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Titels verklagt werden.“

6.

Titel II Abschnitt 4 („Zuständigkeit bei Verbrauchersachen“) enthält die Art. 15, 16 und 17, in denen es heißt:

– Art. 15 Abs. 1 Buchst. c:

„(1) Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt,

c)

in allen anderen Fällen, wenn der andere Vertragspartner in dem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.“

– Art. 16 Abs. 2:

„(2) Die Klage des anderen Vertragspartners gegen den Verbraucher kann nur vor den Gerichten des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.“

– Art. 17 Nr. 3:

„Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden:

3.

wenn sie zwischen einem Verbraucher und seinem Vertragspartner, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat haben, getroffen ist und die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates begründet, es sei denn, dass eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Staates nicht zulässig ist.“

II. Sachverhalt, Rechtsstreit und Vorlagefragen

7.

Die Commerzbank AG, deren Hauptsitz sich in Frankfurt am Main (Deutschland) befindet, verfügt über eine Niederlassung in Dresden (Deutschland), über die sie im Jahr 2009 ein Girokonto für einen damals ebenfalls in Dresden ansässigen Kunden eröffnete.

8.

Der Kunde erhielt von der Bank eine Kreditkarte, deren Umsätze über das Konto abgerechnet wurden. Die Bank duldete Überziehungen, wenn der Kunde mittels seiner Kreditkarte zu Lasten dieses Kontos Verfügungen vornahm, ohne dass es die hierfür erforderliche Deckung aufwies.

9.

Der Kunde verzog 2014 in die Schweiz. Im Januar 2015 wollte er die Geschäftsverbindung mit der Commerzbank AG beenden. Das Girokonto wies zu diesem Zeitpunkt wegen eines im September 2013 belasteten Betrags einen Sollsaldo auf, dessen Ausgleich der Kunde mit der Begründung verweigerte, dass diese Belastung darauf beruhe, dass die Kreditkarte ohne sein Einverständnis von Dritten in missbräuchlicher Weise eingesetzt worden sei.

10.

Im April 2015 kündigte die Commerzbank das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung und stellte einen Schuldsaldo zu ihren Gunsten fällig. Der Kunde glich diesen Saldo nicht aus.

11.

Die Commerzbank erhob beim Amtsgericht Dresden (Deutschland) eine Zahlungsklage, die von diesem Gericht wegen Unzuständigkeit für unzulässig erklärt wurde.

12.

Da ihre Berufung keinen Erfolg hatte, legte die Commerzbank Revision zum Bundesgerichtshof (Deutschland) ein, der den Gerichtshof mit dem folgenden Vorabentscheidungsersuchen befasst hat:

1.

Ist Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Lugano‑II-Übereinkommens dahin auszulegen, dass das „Ausüben“ einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit in dem durch das Übereinkommen gebundenen Staat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, schon bei Vertragsanbahnung und Vertragsschluss eine grenzüberschreitende Betätigung des Vertragspartners des Verbrauchers voraussetzt, oder ist die Vorschrift auch dann anzuwenden, um das zuständige Gericht für eine Klage zu bestimmen, wenn die Vertragsparteien bei Vertragsschluss ihren Wohnsitz im Sinne von Art. 59 und 60 des Lugano‑II-Übereinkommens in demselben durch das Übereinkommen gebundenen Staat hatten und ein Auslandsbezug des Rechtsverhältnisses erst nachträglich dadurch entstanden ist, dass der Verbraucher später in einen anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat umgezogen ist?

2.

Sofern eine grenzüberschreitende Betätigung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht notwendig ist: Schließt Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Lugano‑II-Übereinkommens in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 des Lugano‑II-Übereinkommens die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach Art. 5 Nr. 1 des Lugano‑II-Übereinkommens generell aus, wenn der Verbraucher zwischen Vertragsschluss und Klageerhebung in einen anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat gezogen ist, oder ist zusätzlich erforderlich, dass der Vertragspartner des Verbrauchers seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auch in dem neuen Wohnsitzstaat ausübt oder sie darauf ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt?

III. Verfahren vor dem Gerichtshof

13.

Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 3. Juli 2020 beim Gerichtshof eingegangen.

14.

Nach der Veröffentlichung des Beschlusses des Gerichtshofs in der Rechtssache mBank S.A. ( 7 ) und im Hinblick auf dessen Zusammenhang mit den in dem vorliegenden Ersuchen erörterten Fragen wurde das vorlegende Gericht am 3. September 2020 gefragt, ob es seine Vorlagefragen aufrechterhalten wolle.

15.

Am 6. Oktober 2020 hat der Bundesgerichtshof dem Gerichtshof mitgeteilt, dass er die zweite Frage zurücknehme und die erste Frage aufrechterhalte.

16.

Die Commerzbank, die Schweizer Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht für erforderlich erachtet worden.

IV. Würdigung

A. Vorbemerkungen

17.

Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens

im Verhältnis zwischen einem beruflich oder gewerblich handelnden Wirtschaftsteilnehmer (im Folgenden: Unternehmer) und einem Verbraucher bereits zum Zeitpunkt der Vertragsanbahnung und des Vertragsschlusses ein „Auslandsbezug“ – vorliegend die grenzüberschreitende Tätigkeit der Bank – vorliegen muss,

oder ob vielmehr ein nachträglicher Auslandsbezug ausreicht, der sich aufgrund der Verlegung des Wohnsitzes des Verbrauchers in einen anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat ergibt.

18.

Die Kommission, die Schweizer Regierung und die Commerzbank beantworten diese zweigliedrige Frage unterschiedlich und mit unterschiedlichen Argumenten. Im Licht einiger dieser Argumente ( 8 ) erscheint es mir angebracht, verschiedene Gesichtspunkte von Titel II Abschnitt 4 („Zuständigkeit bei Verbrauchersachen“) des Übereinkommens zu erörtern, bevor ich auf die Auslegung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens eingehe.

19.

Da die hier in Rede stehende Bestimmung und die entsprechenden Artikel der Verordnungen Nrn. 44/2001 und 1215/2012 praktisch identisch sind, ist es geboten, nach einer einheitlichen Auslegung für diese Vorschriften zu suchen ( 9 ).

20.

Wie in den beiden genannten Verordnungen sind die Begriffe in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens autonom auszulegen, um deren einheitliche Anwendung in allen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten sicherzustellen ( 10 ).

1.   Ratio legis von Titel II Abschnitt 4 des Übereinkommens: der Verbraucherschutz

21.

Ein vorrangiges Ziel von Titel II Abschnitt 4 des Übereinkommens besteht darin, dem Verbraucher, der gegenüber seinem beruflich oder gewerblich handelnden Vertragspartner ( 11 ) als wirtschaftlich schwächer und rechtlich weniger erfahren angesehen wird, einen angemessenen Schutz zu sichern ( 12 ).

22.

Diese Zielsetzung gilt nicht absolut: Weder hat der Gesetzgeber den Verbraucherschutz schrankenlos ausgestaltet, noch wurde er vom Gerichtshof in dieser Weise verstanden ( 13 ).

23.

Die Internationalität des zu entscheidenden Sachverhalts ist eine conditio sine qua non für die Anwendung des Übereinkommens. Titel II Abschnitt 4 stellt, indem er die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen festlegt, keine Ausnahme von dieser Regel dar ( 14 ). Der hieraus resultierende Schutz soll auf der Ebene der Vertragsparteien in Bezug auf die internationale gerichtliche Zuständigkeit für ein Gleichgewicht sorgen ( 15 ).

24.

Durch die Bestimmungen, wonach Klagen, die von einem Verbraucher oder gegen einen Verbraucher erhoben werden, in dessen Wohnsitzstaat konzentriert werden, wird für den Verbraucher der Nachteil, ein Verfahren in einem anderen Staat führen zu müssen, beseitigt. Es wird angenommen, dass er aufgrund seiner Eigenschaft als „schwache Partei“ nicht immer in der Lage ist, ex ante die Internationalität eines möglichen Verfahrens vorauszusehen und dessen Risiken und Kosten abzuwägen ( 16 ). Zudem wird vermieden, dass er die gerichtliche Geltendmachung seiner Rechte im Hinblick darauf unterlässt, sie außerhalb seines Wohnsitzstaats verteidigen zu müssen ( 17 ).

25.

Der Schutz, der einem Verbraucher mit Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat gewährt wird, besteht also in Folgendem: a) Ihm wird als Kläger der Zugang zu den gleichen Gerichten gewährt, die ihm bei Rechtsstreitigkeiten wegen inländischer Verträge zur Verfügung ständen ( 18 ), und b) der Zugang des Unternehmers zu selbigen Gerichten wird beschränkt, wenn er den Verbraucher verklagen will.

26.

Eine andere Lösung könnte von einem Konsum außerhalb der Grenzen des eigenen Staates auf dem innereuropäischen Markt (oder innerhalb der Europäischen Freihandelsassoziation [EFTA]) abhalten.

2.   Rücksicht auf den Wirtschaftsteilnehmer und Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands

27.

Der Verbraucherschutz auf der Ebene der internationalen gerichtlichen Zuständigkeit ist, wie ich bereits dargelegt habe, weder schrankenlos, noch liegt er jenseits der anderen gemeinsamen Ziele des Übereinkommens.

28.

Für den Wirtschaftsteilnehmer verdrängen die Regelungen über die internationale Zuständigkeit bei Verbrauchersachen die Bestimmungen aus Art. 2 des Übereinkommens (der den Gerichten des Wohnsitzstaats des Beklagten die Zuständigkeit zuweist) und aus Art. 5 Abs. 1 (über die besondere Zuständigkeit, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden). Sie müssen daher eng ausgelegt werden, ohne sie auf andere als die von ihnen erfassten Konstellationen auszudehnen ( 19 ).

29.

Dies gilt umso mehr, als für den Verbraucher, der vor Gericht klagt, die Regelungen von Titel II Abschnitt 4 des Übereinkommens zu einem forum actoris führen.

30.

Die Anwendung solcher Regelungen auf einen Sachverhalt erfordert, dass dieser durch drei kumulative Voraussetzungen ( 20 ) gekennzeichnet ist, deren Auslegung strikt oder gar eng sein muss ( 21 ).

31.

Die Regelungen über die internationale Zuständigkeit bei Verbrauchersachen finden, wie bereits ausgeführt, nicht losgelöst von den allgemeinen Grundsätzen des Übereinkommens Anwendung. Die Stärkung des Rechtsschutzes von Personen mit Wohnsitz in der Europäischen Union, die Vorhersehbarkeit der gerichtlichen Zuständigkeit und die Vermeidung einer Häufung von Verfahren desselben Gegenstands sind gemeinsame Ziele, die mit dem Anliegen des Verbraucherschutzes in Einklang zu bringen sind ( 22 ).

32.

Dass für den Wirtschaftsteilnehmer vorhersehbar ist, wo er klagen und wo er verklagt werden kann, ist ein Schlüsselfaktor. Die Auslegung von Titel II Abschnitt 4 des Übereinkommens orientiert sich an dieser Vorhersehbarkeit als Gegengewicht zu den Verbraucherprivilegien. Ich werde nachfolgend darlegen, dass diese für Art. 15 Abs. 1 Buchst. c gegeben ist.

33.

Das Übereinkommen in seiner Auslegung durch den Gerichtshof enthält weitere Vorkehrungen, die in dieselbe Richtung gehen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit lassen sich die Folgenden feststellen:

Die Definition des „Verbrauchers“ erhöht die Rechtssicherheit des Wirtschaftsteilnehmers. Die Verbrauchereigenschaft liegt nicht vor, wenn die Nutzung der vertraglich geschuldeten Ware oder Dienstleistung in einem erheblichen Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des (angeblichen) Verbrauchers steht ( 23 ).

Der Verbraucher und der Unternehmer müssen einen Vertrag geschlossen haben. Diese Voraussetzung ist unerlässlich, da sie es dem Wirtschaftsteilnehmer ermöglicht, die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzstaats des Verbrauchers vorherzusehen ( 24 ).

Der Unternehmer muss seinen Willen, sich zu verpflichten, klar zum Ausdruck gebracht haben. Fälle, in denen dieser Wille nicht festzustellen ist, könnten allenfalls als vorvertraglich oder quasivertraglich eingestuft werden und unterfielen weiterhin dem Abschnitt über besondere Zuständigkeiten ( 25 ).

Der Vertrag muss zwischen den Parteien des Rechtsstreits geschlossen worden sein. Der Begriff „andere[r] Vertragspartner“ in Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 bezeichnet außer dem Wirtschaftsteilnehmer, mit dem der Verbraucher den Vertrag geschlossen hat, auch dessen Vertragspartner, aber nur, wenn der Verbraucher von vornherein vertraglich in untrennbar miteinander verbundener Weise an beide Vertragspartner gebunden war ( 26 ).

B. Mögliche Auslegungen von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens

34.

Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens, auf dessen Auslegung sich die einzige verbleibende Vorlagefrage bezieht, lässt grundsätzlich zwei Lesarten zu, die zu einer bejahenden oder verneinenden Antwort führen:

Die erste (verneinende) würde darauf beruhen, dass die Bestimmung dann Anwendung findet, wenn ein Unternehmer freiwillig die Internationalität des Vertrags herstellt, indem er seine wirtschaftliche Tätigkeit über die Grenzen seines eigenen Staates hinaus konzipiert oder ausübt, um Kunden in anderen Staaten zu gewinnen. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn der Auslandsbezug des Rechtsverhältnisses erst nach Vertragsschluss durch einen Wohnsitzwechsel des Verbrauchers entstünde.

Die zweite (bejahende) würde darauf beruhen, dass dem Wohnsitz des Verbrauchers zum Zeitpunkt der Einleitung des Gerichtsverfahrens die größere Bedeutung beigemessen wird.

35.

Ich nehme bereits vorweg, dass mir die Gründe, die für die erste Antwort sprechen, gewichtiger erscheinen. Dessen ungeachtet wäre es möglich, eine Kompromisslösung zu entwickeln, die in Bezug auf die internationale gerichtliche Zuständigkeit einen Ausgleich zwischen der Position des Verbrauchers und der des Unternehmers in Betracht zieht, wenn ersterer seinen Wohnsitz nach Vertragsabschluss in einen anderen Staat verlegt.

1.   Wurde diese Frage schon einmal geklärt?

36.

Der Gerichtshof hat sich zu Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001 und Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 bereits geäußert. Es darf daher die Frage gestellt werden, ob seinen Urteilen entnommen werden kann, dass die Problematik, die die gleiche Vorschrift im Übereinkommen betrifft, bereits geklärt ist.

37.

Ich schließe eine Argumentation nicht aus, die das Urteil Pammer und Hotel Alpenhof als Ausgangspunkt zugrunde legt und sich in einem zweiten Schritt auf die Prüfung konzentriert, ob im Rahmen von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens zwischen der Tätigkeit, die der Unternehmer in einem Staat ausübt, und derjenigen zu unterscheiden ist, die er auf diesen Staat ausrichtet. Auf diesen Gesichtspunkt komme ich weiter unten zurück ( 27 ).

38.

Ich bin hingegen nicht der Auffassung, dass die bislang ergangenen Urteile, die in den Schriftsätzen der vorliegenden Rechtssache aufgeführt werden, bei der Entscheidung dieser Streitfrage von entscheidender Bedeutung sind.

39.

Ich halte es für schwierig, aus diesen Urteilen abzuleiten, dass der Gerichtshof stillschweigend eine Frage des hier dargestellten Inhalts beantworten wollte. Das vorlegende Gericht lässt erkennen, dass es mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs vertraut ist, und leitet aus dieser keine eindeutige Antwort ab. Die schwerwiegenden Folgen, die die Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften für den Unternehmer mit sich bringt, wenn er von einem Wohnsitzwechsel des Kunden überrascht wird, mit dem er nicht gerechnet hat oder den er nicht vorhersehen konnte, erfordern in dieser Hinsicht eine ausdrückliche Erörterung.

40.

Zwar betraf die Rechtssache mBank S.A. eine ähnliche Situation wie die, um die es hier in der Vorlage geht. Der Gerichtshof hat jedoch die ihm gestellten Fragen umformuliert ( 28 ) und geantwortet, dass „der Begriff ‚Wohnsitz des Verbrauchers‘ im Sinne von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass er den Wohnsitz des Verbrauchers zum Zeitpunkt der Klageerhebung bezeichnet“. Der Gerichtshof hat seine Erörterung auf diesen Einzelaspekt beschränkt ( 29 ).

41.

Ebenso wenig beseitigt das Urteil in der Rechtssache C‑327/10 ( 30 ) die hier aufgeworfenen Zweifel. Darin hat der Gerichtshof sich nicht dagegen ausgesprochen, dass ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in demselben Mitgliedstaat ansässig sind, unter Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001 fallen kann. Auf die hier erörterten Fragen ist er jedoch nicht eingegangen ( 31 ).

42.

Ähnliches gilt für das Urteil in der Rechtssache C‑478/12 ( 32 ), das meines Erachtens das Problem, das uns beschäftigt, ebenso wenig löst:

Dieses Urteil enthält keine Feststellungen zur Internationalität als Voraussetzung für die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001, sondern nur für die Anwendung des Rechtsakts in seiner Gesamtheit ( 33 ).

Insoweit ist nach Ansicht des Gerichtshofs „zwischen der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Zuständigkeitsvorschriften dieser Verordnung Anwendung beanspruchen, und der Frage, nach welchen Kriterien sich die internationale Zuständigkeit gemäß diesen Regeln richtet, zu unterscheiden“ ( 34 ).

Wenn mithin Kapitel II Abschnitt 4 (konkret Art. 16 Abs. 1 der Verordnung) auf den Unternehmer, der im Mitgliedstaat des Verbrauchers ansässig ist, angewandt wurde, so lag dies daran, dass eine Verfahrenshäufung in Bezug auf einen „einheitlichen Vorgang“ vermieden werden sollte, der aus „untrennbar“ miteinander verbundenen Verträgen besteht, obwohl diese mit zwei verschiedenen Unternehmern geschlossen worden waren ( 35 ).

2.   Argumente für eine (unerlässlich) von Anfang an vorhandene Internationalität

a)   Grenzüberschreitende Tätigkeit des Unternehmers

43.

Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Lugano‑II-Übereinkommens erfüllt die Funktion, die zuvor Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens von 1988 ( 36 ) zukam, das insoweit mit dem Brüsseler Übereinkommen identisch ist.

44.

Zum Verständnis dieser Bestimmung ist es notwendig, auf ihre Aufnahme in das Brüsseler Übereinkommen im Jahr 1978 zurückzublicken und ihre spätere Entwicklung zu kennen.

1) Erste Fassung

45.

In der ursprünglichen Fassung (1968) des Brüsseler Übereinkommens war der Verbraucherschutz auf der Ebene der internationalen gerichtlichen Zuständigkeit in den Art. 13 bis 15 geregelt. Er beschränkte sich auf Verträge über den Kauf auf Teilzahlung sowie die Finanzierung solcher Käufe und spiegelte damit den Status quo des Verbraucherrechts in den ursprünglichen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wider.

46.

Anlässlich des Übereinkommens über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland ( 37 ) wurde in diesen Art. 13 eine Nr. 3 eingefügt, die den Schutz auf jedweden Vertrag ausweitete, der die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung einer beweglichen Sache zum Gegenstand hatte, sofern zusätzlich zwei Voraussetzungen erfüllt waren:

dem Vertragsabschluss im Wohnsitzstaat des Verbrauchers musste ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen sein, und

der Verbraucher musste in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen haben.

47.

Die kumulativen Voraussetzungen orientierten sich an Art. 5 Abs. 2 erster Gedankenstrich des Übereinkommens von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ( 38 ). Sie gingen von einem „passiven“ Verbraucher aus, d. h. einem Verbraucher, der vom Unternehmer zu Hause aufgesucht wird, und sollten gewährleisten, dass eine enge Verbindung zwischen dem Vertrag und dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers besteht.

48.

Der typische Fall in beiden Vorschriften war der eines Wirtschaftsteilnehmers, der in den Markt eines anderen Landes durch grenzüberschreitende Werbung ( 39 ) oder individuelle Geschäftsangebote, insbesondere unter Einschaltung von Vertretern oder Hausierern, eindringt ( 40 ).

49.

Der grenzüberschreitende Charakter des Vertrags ging auf die Initiative des Wirtschaftsteilnehmers zurück. Die Reaktion des Verbrauchers auf die Werbung oder auf das Angebot des Unternehmers war auf seinen eigenen Staat beschränkt. Es war daher gerechtfertigt, dass das mit der Internationalität einhergehende Risiko und die Kosten eines Gerichtsverfahrens in diesem Staat ausschließlich vom Unternehmer getragen wurden.

50.

Der Gerichtsstand, an dem eine etwaige Klage gegen den Verbraucher zu erheben gewesen wäre und an dem der Verbraucher hätte klagen könnte, war für alle vorhersehbar.

2) Änderungen

51.

Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001, den das Übereinkommen aufgegriffen hat, hat Kapitel II Abschnitt 4 auf sämtliche Verträge erstreckt und die Voraussetzungen für die Geltendmachung der „Schutzzuständigkeit“ geändert. Dies geschah zu dem Zweck, den Verbraucherschutz „angesichts der neuen Kommunikationsmittel und der Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs“ ( 41 ) sicherzustellen.

52.

Der Unionsgesetzgeber hat die Anforderungen, die für den Unternehmer bzw. den Verbraucher galten, durch andere ersetzt, die nur für den Unternehmer gelten. Die Handlung des Verbrauchers, der Ort oder die Art des Vertragsschlusses haben ihre Bedeutung verloren ( 42 ).

53.

Im Bericht von Herrn Pocar zum Übereinkommen wird die Neufassung des Textes erläutert ( 43 ). In ihm wird auf Folgendes hingewiesen: „Es enthält keine Neuerung in Bezug auf den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung oder in Raten zurückzuzahlende Darlehen, bei denen es keiner Sachnähe zwischen dem Vertrag und dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers bedarf. Bei anderen Verträgen wäre jedoch die Ausweitung des Schutzes auf alle Verbraucherverträge und die Ausweitung des Klägergerichtsstands, die dies mit sich bringt, ohne eine Anknüpfung zwischen dem anderen Vertragspartner und dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers nicht gerechtfertigt“ ( 44 ).

54.

Der Gerichtshof hat die Wendung „eine solche [Tätigkeit] … ausrichtet“ in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001 dahin ausgelegt, dass deren Anwendung davon abhängt, dass der Verkäufer beabsichtigt, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten herzustellen und mit ihnen Verträge zu schließen ( 45 ).

55.

Der Gerichtshof hat klargestellt, dass sich die Ausweitung des Verbraucherschutzes vor dem gleichen Szenario abspielt wie zuvor, nämlich demjenigen eines Unternehmers, der in einem Mitgliedstaat ansässig ist und versucht, Verbraucher aus anderen Mitgliedstaaten für sich zu gewinnen.

56.

Nur unter diesen Umständen wird für den Unternehmer die – für ihn zwingende – internationale gerichtliche Zuständigkeit der Gerichte dieser anderen Mitgliedstaaten vorhersehbar.

b)   Im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgeübte Tätigkeit

1) Die Tätigkeit „ausüben“ oder „ausrichten“

57.

Der Gerichtshof hat Feststellungen zu Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001 in Bezug auf die Wendung „eine solche [Tätigkeit] … ausrichtet“ getroffen.

58.

Ich sehe keinen Grund, die Vorschrift unterschiedlich auszulegen, je nachdem, ob die Handlung des Unternehmers darin besteht, eine Tätigkeit in dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers auszuüben, oder darin, sie auf diesen Staat auszurichten.

59.

Meines Erachtens muss in beiden Fällen in gleicher Weise die Absicht eines Wirtschaftsteilnehmers vorliegen, der in einem Staat ansässig ist und beabsichtigt, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern, die in einem anderen Staat ansässig sind, aufzubauen und mit ihnen Verträge zu schließen.

60.

Die Vorarbeiten zur Verordnung Nr. 44/2001 zeigen, dass für den Begriff der Tätigkeit (die im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgeübt wird oder auf diesen Staat ausgerichtet ist), von einem einheitlichen Konzept ausgegangen wird, und bestätigen die Anwendung der Bestimmung auf Verbraucherverträge, die „via eine aktive Website geschlossen wurden, die im Wohnsitzstaat des Verbrauchers zugänglich [ist]“ ( 46 ). Auf diese Weise werden elektronische Verträge den Verträgen gleichgestellt, die per Telefon, Telefax oder auf ähnliche Weise geschlossen werden und für die die Zuständigkeit nach Art. 16 unbestritten ist ( 47 ).

61.

In der Vorschrift stehen die Wörter des „Ausübens“ und „Ausrichtens“ der Tätigkeit auf derselben Ebene und sind durch das nebenordnende Bindewort „oder“ verbunden, das in dieser Funktion auf die Gleichwertigkeit der Bestandteile, die sie verbindet, hindeutet ( 48 ).

62.

Hinsichtlich der internationalen gerichtlichen Zuständigkeit für den Unternehmer ergeben sich in beiden Fällen die gleichen Folgen, so dass sie den gleichen Bedingungen unterliegen muss.

2) Der Wohnsitz des Verbrauchers im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens

63.

Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens sieht für die Anwendung von Titel II Abschnitt 4 je nach der Tätigkeit des Unternehmers in dem „Staat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat“, Grenzen vor, da dieser Wohnsitz bei einem etwaigen Rechtsstreit für die Bestimmung des zuständigen Gerichts ausschlaggebend ist.

64.

Der Gerichtshof hat festgestellt, dass der Wohnsitz des Verbrauchers im Sinne von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 (der Art. 16 Abs. 2 des Übereinkommens entspricht) derjenige Wohnsitz ist, den der Verbraucher zum Zeitpunkt der Klageerhebung hatte ( 49 ).

65.

Ein Vertrag, an dem ein Verbraucher beteiligt ist, unterfällt der genannten Bestimmung, wenn sich, was das Element der Internationalität anbelangt, der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche ( 50 ) Wohnsitz des Verbrauchers in dem Staat befindet, in dem der Unternehmer seine Tätigkeit ausübt oder auf den er sie ausrichtet.

66.

Diese Auslegung steht im Einklang mit den Ausführungen zur Entstehungsgeschichte von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens und dem Ziel, für den Wirtschaftsteilnehmer bei der internationalen gerichtlichen Zuständigkeit die Vorhersehbarkeit sicherzustellen.

c)   „In allen anderen Fällen“: Unterschiede zwischen Vertragstypen

67.

Seinem Wortlaut nach handelt es sich bei Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens um einen Auffangtatbestand in dem Sinne, dass er Verbraucherverträge regelt, die nicht unter die Buchst. a und b fallen.

68.

Die Anwendung dieser Bestimmung setzt, wie alle Bestimmungen des Übereinkommens, eine Internationalität des Sachverhalts voraus. Dagegen erfordert sie keine besondere, zum Wohnsitz des Verbrauchers durch seinen Vertragspartner hergestellte Verbindung.

69.

Dass es an einer besonderen Bedingung fehlt, kennzeichnete den Text in der ersten Fassung des Brüsseler Übereinkommens, der bis heute beibehalten wurde.

70.

Der Gerichtshof hat die besondere Behandlung der Verträge nach den Buchst. a und b mit den mit Teil- und Ratenzahlungen verbundenen Risiken begründet. Der Kauf, der jetzt unter Art. 15 Abs. 1 Buchst. a des Übereinkommens fällt, ist nur derjenige, bei dem der Verkäufer dem Käufer den Besitz der Ware übertragen hat, bevor dieser den Preis vollständig gezahlt hat.

71.

In diesen Fällen „ist es zum einen möglich, dass der Käufer bei Vertragsschluss über die tatsächliche Höhe des von ihm geschuldeten Betrages irregeführt worden ist; zum anderen trägt er die Gefahr des Verlustes dieser Sache, ist aber verpflichtet, die verbleibenden Teilzahlungen zu leisten“ ( 51 ).

72.

Diese Risiken wögen so schwer, dass für die Zwecke der Anwendung von Titel II Abschnitt 4 des Übereinkommens nicht zusätzlich eine Nähebeziehung zwischen dem Vertrag und dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers erforderlich sei.

d)   Zwischenergebnis

73.

Somit sprächen die Gesetzeshistorie sowie der Zweck der Vorschrift, die Rechtsprechung des Gerichtshofs, die sie (oder entsprechende ältere Bestimmungen) betrifft, und eine Art. 16 einbeziehende Gesamtschau der Vorschrift für die folgende Auslegung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens: Erforderlich ist, dass a) der Unternehmer durch die Ausübung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder seines Angebots freiwillig eine Verbindung zu einem anderen Vertragsstaat als dem, in dem er niedergelassen ist, herstellt, und dass b) dieser „andere Staat“ der Wohnsitzstaat des Verbrauchers ist, womit der Staat gemeint ist, der zur Konkretisierung der internationalen gerichtlichen Zuständigkeit dient (bzw. dienen wird, wenn der fragliche Zeitpunkt gekommen ist).

74.

Folgerichtig müsste man aus dem Vorstehenden schließen:

Art. 15 Abs. 1 Buchst. c erfasst keine Verträge, die zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, an dem beide Parteien in demselben durch das Übereinkommen gebundenen Staat ansässig waren.

Eine spätere Verlegung des Wohnsitzes des Verbrauchers in einen anderen Staat, die vor Klageerhebung erfolgt, reicht nicht aus, um den Anwendungsbereich von Titel II Abschnitt 4 des Übereinkommens für andere Verträge als für solche über den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung oder deren Finanzierung zu eröffnen.

3.   Argumente für eine (mögliche) später eintretende Internationalität

75.

Die von mir soeben vertretene Lesart der Bestimmung könnte jedoch mit Art. 17 des Übereinkommens kollidieren, der die Wahl des Gerichtsstands bei Verträgen nach Art. 15 regelt.

76.

Nach Art. 17 Abs. 3 sind Gerichtsstandsklauseln gültig, die zwischen Parteien vereinbart wurden, die „zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses“ ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben (durch das Übereinkommen gebundenen) Staat hatten, sofern sie die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates begründen und das Recht dieses Staates sie nicht untersagt.

77.

Schon das Übereinkommen scheint es also auf den ersten Blick zuzulassen, dass der Umstand, dass sich der (Wohn‑)Sitz beider Parteien (Unternehmer und Verbraucher) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in demselben Staat befindet, kein Hindernis für die Beurteilung der Internationalität und folglich für die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit darstellt.

a)   Gerichtsstandsvereinbarung vor dem Wohnsitzwechsel

78.

Eine Regelung, die Art. 17 Abs. 3 des Lugano‑II-Übereinkommens ähnlich ist, fand sich in der ersten Fassung (1968) des Brüsseler Übereinkommens, nämlich in Art. 15 Abs. 3.

79.

Im Bericht von Herrn Jenard wird erklärt, dass diese Regelung aus Billigkeitsgründen zugunsten des Verkäufers oder Darlehensgebers aufgenommen worden sei, der im selben Staat wie der Käufer oder Darlehensnehmer ansässig sei, falls Letzterer seinen Wohnsitz nach Vertragsabschluss ins Ausland verlege ( 52 ).

80.

In der Fassung des Brüsseler Übereinkommens von 1978 wurde der Wortlaut der Bestimmung geändert, um klarzustellen, dass es auf den gemeinsamen Wohnsitz im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und nicht etwa im Zeitpunkt der späteren Klageerhebung ankommt ( 53 ).

81.

Anstatt auf Verkäufer und Darlehensgeber abzustellen, wurde der nunmehrige Ausdruck gewählt. Warum es zu dieser Änderung kam, ist nicht ersichtlich.

82.

Im Schlosser-Bericht wurde zur Verlegung des Wohnsitzes des Verbrauchers nach Vertragsschluss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine geringe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass diese sich auf die Fallkonstellation von Art. 13 Abs. 3 in seiner damaligen Fassung auswirken würde ( 54 ). Aus diesem Grund wäre die Anwendbarkeit von Art. 15 Abs. 3 in solchen Fällen ebenfalls außergewöhnlich.

b)   Das Verhältnis zwischen Art. 15 und Art. 17 Abs. 3 des Übereinkommens

83.

Die Aufnahme von Art. 17 Abs. 3 in den Abschnitt über Verbraucherverträge steht in keinem Zusammenhang zu der von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens oder der der entsprechenden Artikel in den früheren Regelungen.

84.

Ferner steht der Ausgangspunkt von Art. 17 Abs. 3 (der Ort des Wohnsitzes bzw. der Niederlassung der Vertragsparteien in demselben durch das Übereinkommen gebundenen Staat zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses) tatsächlich im Gegensatz zu dem von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c.

85.

Es scheint jedoch nicht, dass der Gesetzgeber jede Verbindung zwischen den beiden Bestimmungen ausschließen wollte, denn wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte er die ursprüngliche Bezugnahme auf die Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer oder Darlehensgeber und Darlehensnehmer nicht beseitigt.

86.

Meines Erachtens sollte der Widerspruch (den der Gesetzgeber möglicherweise nicht bemerkt hat) nicht dadurch aufgelöst werden, dass Art. 15 Abs. 1 Buchst. c auf Fälle angewandt wird, für die er nicht konzipiert wurde und die den Unternehmer der anderen Partei ausliefern ( 55 ), ohne ihm im Gegenzug eine sichere Lösung zu bieten.

87.

Die Möglichkeit, unter den in Art. 17 Abs. 3 genannten Umständen eine Vereinbarung über die Zuständigkeit zu treffen, besteht nicht automatisch, da sie letztlich von der Entscheidung jedes durch das Übereinkommen gebundenen Staates abhängt.

88.

Des Weiteren bin ich nicht sicher, ob diese Möglichkeit in der Praxis den Unternehmer vor einer unerwarteten Änderung der Umstände schützt, die auf einer einseitigen Willensbetätigung des Verbrauchers beruht.

89.

Die in Art. 17 Abs. 3 des Übereinkommens beschriebene Situation ist per Definition eine inländische: Der natürliche Wille der Parteien, die eine Vereinbarung über die Zuständigkeit treffen, geht dahin, sich für eine inländische örtliche Gerichtsstandsvereinbarung zu entscheiden. Eine von Gesetzes wegen erfolgende Erweiterung des Geltungsbereichs der ursprünglichen Vereinbarung, die sie in eine Zuweisung der internationalen Zuständigkeit umwandeln würde ( 56 ), entspräche nicht der Voraussicht der Parteien, und ich sehe keinen Grund, warum sie ihnen aufgezwungen werden sollte.

90.

Der eigentliche Anwendungsbereich von Art. 17 Abs. 3 sind Gerichtsstandsklauseln, die im Vorfeld eines Rechtsstreits mit dem ausdrücklichen Willen vereinbart werden, einer zukünftigen Internationalität, die durch den Wechsel des Wohnsitzes einer der Parteien entsteht, entgegenzuwirken ( 57 ).

91.

Dass dergleichen in Betracht gezogen wird, ist unterschiedlich wahrscheinlich, je nach den Umständen, unter denen der Vertrag geschlossen wird: Die Wahrscheinlichkeit ist größer, wenn die Situation bereits damals einen Auslandsbezug aufwies, und geringer oder nicht vorhanden, wenn das Gegenteil der Fall war.

92.

Der Grad der Wahrscheinlichkeit wird in hohem Maße auch von der Erfahrung des beteiligten Wirtschaftsteilnehmers und den nationalen Vorschriften über Gerichtsstandsvereinbarungen abhängen:

Ein Kleinunternehmer, der eine wirtschaftliche Tätigkeit in anderen Ländern weder ausübt noch dies plant, wird in seinem Tagesgeschäft schwerlich Überlegungen über die internationale gerichtliche Zuständigkeit anstellen.

Für den umsichtigen Unternehmer wird es zweckmäßiger sein, seine Verträge stets mit einer Gerichtsstandsklausel zu versehen, wenn das geltende Recht dies gestattet. Die Mehrausgaben hierfür wird er gemäß den gesetzlichen Bestimmungen auf den Verbraucher abwälzen ( 58 ).

Ein Unternehmer, der in einem Staat ansässig ist, dessen Recht Gerichtsstandsvereinbarungen verbietet, oder der insofern Zweifel hegt, wird es entweder vorziehen, keinen Vertrag abzuschließen, oder er wird die Kosten für ein etwaiges Verfahren im Ausland vorsorglich auf alle Verbraucher umlegen, was den Preis der Verträge erhöht.

93.

Letztlich würde eine Auslegung, die, um Art. 15 Abs. 1 Buchst. c und Art. 17 Abs. 3 des Übereinkommens miteinander in Einklang zu bringen, jedenfalls das Risiko einer aufgrund des Wohnsitzwechsels des Verbrauchers später eingetretenen Internationalität dem Unternehmer aufbürdet,

die typische Fallkonstellation der erstgenannten Bestimmung außer Acht lassen,

eine ungleiche Lösung bieten, je nachdem, in welchem Vertragsstaat der Vertrag geschlossen wurde, und

wäre geeignet, vom Standpunkt einer wirtschaftlichen Analyse und der Interessen aller Beteiligten unerwünschte Folgen nach sich zu ziehen.

94.

Ich bin daher der Ansicht, dass dieser Auslegung nicht zu folgen ist.

C. Alternativer Vorschlag

95.

Folgt der Gerichtshof meinem Vorschlag nicht, so sollte er sich vielleicht um eine Lösung bemühen, die sowohl dem Ziel des Schutzes des Verbrauchers vor dem Erfordernis der Internationalität (einschließlich der von ihm selbst geschaffenen) als auch dem Ziel Rechnung trägt, dass für den Wirtschaftsteilnehmer die internationale gerichtliche Zuständigkeit, die Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens an seine eigene grenzüberschreitende gewerbliche Tätigkeit anknüpft, vorhersehbar ist.

96.

Meines Erachtens ist es nicht vollkommen unmöglich, die von mir oben aufgezeigten Widersprüche zu lösen. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens könnte so ausgelegt werden, dass er jede Situation erfasst, in der der Unternehmer seine wirtschaftliche Tätigkeit in einem Staat ausübt oder diese auf einen Staat ausrichtet, der sich von dem Staat unterscheidet, in dem er ansässig ist, wobei einer von ihnen der Staat ist, in dem der Verbraucher zum Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat.

97.

Insoweit steht der Umstand, dass beide Parteien beim Vertragsschluss in demselben durch das Übereinkommen gebundenen Staat ansässig waren, der Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c und damit von Titel II Abschnitt 4 des Übereinkommens mit allen seinen Folgen nicht entgegen.

98.

Unter diesen Umständen kann ein Verbraucher, der nachträglich seinen Wohnsitz in einen anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat verlegt, seine Klage vor den Gerichten des Sitzstaats des Wirtschaftsteilnehmers oder vor den Gerichten seines neuen Wohnsitzstaats erheben. Der Wirtschaftsteilnehmer kann nur im letztgenannten Staat Klage erheben.

99.

Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass dem Wirtschaftsteilnehmer, wenn er zum Zeitpunkt der Anbahnung und des Abschlusses des Vertrags in demselben Staat wie der Verbraucher ansässig ist, ohne dass es irgendeinen Umstand gibt, aufgrund dessen sich der spätere internationale Bezug absehen lässt, grundsätzlich keinen Anlass hat, damit zu rechnen, dass eine Klage, die diesen konkreten Vertrag betrifft, in einem anderen Staat zu erheben wäre.

100.

Um dies vorherzusehen, ist auf ein höheres Abstraktionsniveau abzustellen. Ein die übliche Sorgfalt beachtender Unternehmer, der eine bestimmte Art von Tätigkeit in einem anderen Staat ausübt, kann nicht in Unkenntnis darüber sein, dass er in Bezug auf irgendeinen Vertrag, der seinem Gegenstand nach zu dieser Tätigkeit gehört, in diesem anderen Staat verklagt werden kann ( 59 ), wenn der Verbraucher seinen Wohnsitz dorthin verlegt.

101.

Der mit der üblichen Sorgfalt vorgehende Wirtschaftsteilnehmer, der mit dieser Möglichkeit rechnet und die ihm bekannt ist, da sie sich aus seiner eigenen Tätigkeit ergibt, kann auf das Instrumentarium zurückgreifen, das ihm Art. 17 Abs. 3 bietet, d. h. eine Gerichtsstandsvereinbarung abschließen, nach der die Gerichte des Staates für zuständig erklärt werden, in dem beide Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ansässig waren (sofern das Recht dieses Staates dies nicht verbietet).

102.

Für diese nicht optimale Lösung lassen sich gewisse Fingerzeige in der Rechtsprechung des Gerichtshofs finden:

In dem Urteil Emrek wurden die gewerbliche Tätigkeit in einem Staat und der Abschluss des Vertrags mit dort ansässigen Verbrauchern voneinander getrennt betrachtet, da nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001 das zur Ausrichtung der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers eingesetzte Mittel nicht für den Vertragsschluss mit diesem Verbraucher kausal sein muss ( 60 ).

Im Urteil Hobohm wurde anerkannt, dass die Tätigkeit, in deren Zusammenhang der Wirtschaftsteilnehmer verklagt wird, nicht die Tätigkeit sein muss, die er auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausrichtet. Ein solcher Ansatz ist davon abhängig, dass zwischen den Verträgen, die sich aus den verschiedenen Tätigkeiten des Unternehmers ergeben, eine enge Verbindung besteht. Der Gerichtshof hat einige Anhaltspunkte angeführt, die eine Verbindung begründen könnten, und festgestellt, dass „sich [der Unternehmer] vernünftigerweise darauf einstell[t], dass für beide Verträge dieselbe gerichtliche Zuständigkeitsregelung gilt“ ( 61 ).

V. Ergebnis

103.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, dem Bundesgerichtshof (Deutschland) wie folgt zu antworten:

Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des in Lugano am 30. Oktober 2007 unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, dessen Abschluss im Namen der Europäischen Gemeinschaft durch den Beschluss 2009/430/EG des Rates vom 27. November 2008 genehmigt worden ist, ist dahin auszulegen, dass die genannte Vorschrift nicht anwendbar ist, wenn die Parteien eines Vertrags zum Zeitpunkt von dessen Abschluss in demselben durch das Übereinkommen gebundenen Staat ansässig waren (im Sinne der Art. 59 und 60 dieses Übereinkommens) und der Auslandsbezug des Rechtsverhältnisses erst nachträglich dadurch entstanden ist, dass der Verbraucher seinen Wohnsitz in einen anderen Staat verlegt hat, der ebenfalls durch das Übereinkommen gebunden ist.

Hilfsweise wäre Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens anwendbar, wenn die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in demselben durch das Übereinkommen gebundenen Staat ansässig waren und der Verbraucher später in einen anderen, ebenfalls durch das Übereinkommen gebundenen Staat umzieht, sofern der Wirtschaftsteilnehmer in dem neuen Wohnsitzstaat des Verbrauchers gewerbliche oder berufliche Tätigkeiten wie diejenigen ausübt, die zum Abschluss dieses Vertrags geführt haben.


( 1 ) Originalsprache: Spanisch.

( i ) Die vorliegende Sprachfassung ist in Nr. 12 gegenüber der ursprünglich online gestellten Sprachfassung geändert worden.

( 2 ) Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, unterzeichnet in Lugano am 30. Oktober 2007, dessen Abschluss im Namen der Europäischen Gemeinschaft durch den Beschluss 2009/430/EG des Rates vom 27. November 2008 (ABl. 2009, L 147, S. 1) (im Folgenden: „Lugano-II-Übereinkommen“ oder „Übereinkommen“) genehmigt wurde. Der Gerichtshof ist gemäß dem Protokoll 2, das dem Übereinkommen beigefügt ist, für dessen Auslegung zuständig.

( 3 ) Beide Staaten sind durch das Übereinkommen gebunden. In den vorliegenden Schlussanträgen umfasst der Begriff „Staat“ durch das Übereinkommen gebundene Staaten, unter Ausschluss von Drittstaaten.

( 4 ) Im Urteil vom 2. Mai 2019, Pillar Securitisation (C‑694/17, EU:C:2019:345), wurde der Begriff „Verbraucher“ in Art. 15 des Übereinkommens erörtert.

( 5 ) Verordnung des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

( 6 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1). Die entsprechende Bestimmung in dieser Verordnung ist Art. 17 Abs. 1 Buchst. c.

( 7 ) Beschluss vom 3. September 2020, mBank S.A. (C‑98/20, EU:C:2020:672, im Folgenden: Beschluss mBank S.A.). Der Beschluss betraf die Auslegung von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012, dessen Wortlaut mit dem von Art. 16 Abs. 2 des Übereinkommens übereinstimmt.

( 8 ) Die Kommission verzichtet insbesondere auf die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands aus Sicht des Unternehmers, der mit dem Verbraucher einen Vertrag schließt (schriftliche Erklärungen, Rn. 51 ff.).

( 9 ) Urteil vom 2. Mai 2019, Pillar Securitisation (C‑694/17, EU:C:2019:345, Rn. 27).

( 10 ) Dies bedeutet nicht, dass Begriffe aus anderen Vorschriften des Unionsrechts nicht berücksichtigt werden können, insbesondere wenn sich die Zuständigkeitsregeln an ihnen orientiert haben, vgl. unten, Nr. 47 der vorliegenden Schlussanträge.

( 11 ) Ich gebrauche diesen Begriff, da er auch im Übereinkommen verwendet wird.

( 12 ) 18. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012. Unter anderen Urteile vom 11. Juli 2002, Gabriel (C‑96/00, EU:C:2002:436, im Folgenden: Urteil Gabriel, Rn. 39), vom 14. März 2013, Česká spořitelna (C‑419/11, EU:C:2013:165, Rn. 33), und vom 7. Dezember 2010, Pammer und Hotel Alpenhof (C‑585/08 und C‑144/09, EU:C:2010:740, im Folgenden: Urteil Pammer und Hotel Alpenhof, Rn. 58).

( 13 ) Konkret zum Verhältnis zu Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001 vgl. Urteile Pammer und Hotel Alpenhof, Rn. 70, vom 6. September 2012, Mühlleitner (C‑190/11, EU:C:2012:542, im Folgenden: Urteil Mühlleitner, Rn. 33), und vom 23. Dezember 2015, Hobohm (C‑297/14, EU:C:2015:844, im Folgenden: Urteil Hobohm, Rn. 32).

( 14 ) In der vorliegenden Rechtssache geht es um die Frage, ob die Internationalität gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c des Übereinkommens eine bestimmte Ausgestaltung aufweisen muss.

( 15 ) Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Emrek (C‑218/12, EU:C:2013:494, Nr. 23).

( 16 ) Daher ist eine Gerichtsstandsvereinbarung wirksam, die nach Entstehung des Rechtsstreits vereinbart wurde, auch wenn sie von der Zuständigkeit des Wohnsitzstaats des Verbrauchers abweicht (Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens). Wie sich aus Art. 26 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 ergibt, ist es auch zulässig, dass sich der Verbraucher stillschweigend anderen Gerichten als denen seines Wohnsitzes unterwirft.

( 17 ) Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, im Folgenden: Urteil Gruber, Rn. 34).

( 18 ) Neben anderen.

( 19 ) Vgl. unter der Geltung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32, konsolidierte Fassung in ABl. 1998, C 27, S. 1) (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) das Urteil vom 3. Juli 1997, Benincasa (C‑269/95, EU:C:1997:337, Rn. 14), das Urteil Gabriel, Rn. 36, und das Urteil Gruber, Rn. 32 und 33. Zur Verordnung Nr. 44/2001 vgl. Urteil Mühlleitner, Rn. 26 und 27, und in Bezug auf die Verordnung Nr. 1215/2012 das Urteil vom 10. Dezember 2020, Personal Exchange International (C‑774/19, EU:C:2020:1015, Rn. 24).

( 20 ) Urteil vom 10. Dezember 2020, Personal Exchange International (C‑774/19, EU:C:2020:1015, Rn. 25): „…für die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 [müssen] drei Voraussetzungen erfüllt sein…: Erstens muss ein Vertragspartner die Eigenschaft eines Verbrauchers haben, der in einem Rahmen handelt, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, zweitens muss ein Vertrag zwischen diesem Verbraucher und einem beruflich oder gewerblich Handelnden tatsächlich geschlossen worden sein und drittens muss dieser Vertrag zu einer der Kategorien von Art. 15 Abs. 1 Buchst. a bis c gehören.“

( 21 ) Zur engen Auslegung des Begriffs „Verbraucher“ vgl. u. a. Urteile vom 3. Juli 1997, Benincasa (C‑269/95, EU:C:1997:337, Rn. 16), und vom 3. Oktober 2019, Petruchová (C‑208/18, EU:C:2019:825, Rn. 41).

( 22 ) Urteil vom 3. Oktober 2019, Petruchová (C‑208/18, EU:C:2019:825, Rn. 52), sowie die in den Fußnoten weiter unten angeführten Urteile.

( 23 ) Urteil Gruber, Rn. 45.

( 24 ) Urteile vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 29), vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 46), sowie vom 26. März 2020, Primera Air Scandinavia (C‑215/18, EU:C:2020:235, Rn. 62 und 63).

( 25 ) Urteile vom 14. Mai 2009, Ilsinger (C‑180/06, EU:C:2009:303, Rn. 56 und 57), vom 20. Januar 2005, Engler (C‑27/02, EU:C:2005:33, Rn. 35 ff. und Tenor), sowie vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37).

( 26 ) Urteile vom 14. November 2013, Maletic und Maletic (C‑478/12, EU:C:2013:735, Rn. 32), vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 33), vom 26. März 2020, Primera Air Scandinavia (C‑215/18, EU:C:2020:235, Rn. 64), und vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 46).

( 27 ) Nrn. 54, 55 und 57 ff. der vorliegenden Schlussanträge.

( 28 ) Er hat sich darauf beschränkt, festzustellen, „ob Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass der Begriff ‚Wohnsitz des Verbrauchers‘ im Sinne dieser Bestimmung den Wohnsitz des Verbrauchers zum Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Vertrags oder zum Zeitpunkt der Klageerhebung bezeichnet“ (Rn. 23 des Beschlusses mBank S.A.).

( 29 ) Im Beschluss mBank S.A. finden sich Ausführungen zu Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012, die ohne Belang für die vorliegend interessierenden Fragen sind, in den Rn. 24 und 25 (und im Wege einer Schlussfolgerung auch in Rn. 33): „… der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag [wurde] von einer natürlichen Person geschlossen …, die Verbraucherin ist, und nichts deutet darauf hin, dass PA diesen Vertrag zu einem Zweck geschlossen hat, der im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 mit einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verbunden ist… Daraus folgt, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag nach dieser Vorschrift unter die Kategorie ‚Verbrauchersachen‘ im Sinne dieser Vorschrift fallen kann.“

( 30 ) Urteil vom 17. November 2011, Hypoteční banka (C‑327/10, EU:C:2011:745).

( 31 ) In jener Rechtssache hat das vorlegende Gericht seine Frage in einen Zusammenhang mit Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 gestellt, ohne dies näher zu erläutern. Die Umstände des Rechtsstreits waren jedenfalls außergewöhnlich, weshalb es nicht ratsam ist, ihn beispielhaft für einen Gesichtspunkt heranzuziehen, zu dem er keine Erörterungen enthält. Weder im Vorbringen der Parteien noch in den Schlussanträgen der Generalanwältin Trstenjak (C‑327/10, EU:C:2011:561) wurde auf diese besonderen Gesichtspunkte eingegangen. Im Urteil wird Art. 15 der Verordnung Nr. 44/2001 nicht erwähnt.

( 32 ) Urteil vom 14. November 2013, Maletic und Maletic (C‑478/12, EU:C:2013:735).

( 33 ) Ebd., Rn. 25.

( 34 ) Urteil vom 17. November 2011, Hypoteční banka (C‑327/10, EU:C:2011:745, Rn. 31).

( 35 ) Urteil vom 14. November 2013, Maletic und Maletic (C‑478/12, EU:C:2013:735, Rn. 29 ff.).

( 36 ) Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (ABl. 1988, L 319, S. 9).

( 37 ) ABl. 1978, L 304, S. 1.

( 38 ) Urteil Gabriel, Rn. 40 ff., unter Bezugnahme auf den Bericht von Herrn Schlosser zu dem Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof (ABl. 1979, C 59, S. 71, im Folgenden: Schlosser-Bericht, Rn. 158).

( 39 ) Schlosser-Bericht, Rn. 161 a. E.

( 40 ) Urteil Gabriel, Rn. 44. Die Begriffe „Vertreter“ und „Hausierer“ bestätigen die Vorstellung, dass der Anbieter in einem anderen Staat als dem des Verbrauchers ansässig ist. Andere typische Tätigkeiten waren damals der Versandhandel oder der Verkauf per Telefon.

( 41 ) Urteil Pammer und Hotel Alpenhof, Rn. 59 und 60, und Urteil Mühlleitner, Rn. 38.

( 42 ) Im Urteil Mühlleitner hat der Gerichtshof festgestellt, dass es für die Anwendung des Artikels kein unerlässliches Merkmal darstellte, dass der Vertrag im Fernabsatz geschlossen wurde. Der Verbraucher begab sich, nachdem er die Website des Unternehmers konsultiert hatte, in den Mitgliedstaat, in dem der Unternehmer ansässig war, und dort wurde der Kaufvertrag abgeschlossen und ausgeführt. Der Sachverhalt ähnelt demjenigen des Urteils vom 17. Oktober 2013, Emrek (C‑218/12, EU:C:2013:666).

( 43 ) In Bezug auf die Verordnung Nr. 44/2001 vgl. Begründung des Vorschlags für eine Verordnung (EG) des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM(1999) 348 endg., S. 15 bis 17, insbesondere S. 16: „Der Ausgangspunkt [des] neuen Artikels 15 ist, dass der Vertragspartner die notwendige Verbindung schafft, dadurch, dass er seine Tätigkeit auf den Staat des Verbrauchers ausrichtet.“

( 44 ) Bericht von Herrn Pocar über das Lugano‑II-Übereinkommen (ABl. 2009, C 319, S. 1), Rn. 82 und 83. Hervorhebung nur hier.

( 45 ) Urteil Pammer und Hotel Alpenhof (Rn. 75 und 76 sowie Nr. 2 des Tenors).

( 46 ) Vgl. Begründung des Vorschlags der Kommission (oben, Fn. 43 der vorliegenden Schlussanträge), S. 16.

( 47 ) Ebd.

( 48 ) Sie stehen nicht zueinander im Widerspruch; tatsächlich könnte das „Ausrichten“ der Tätigkeit eine Modalität oder ein Stadium ihrer Ausübung sein.

( 49 ) Beschluss mBank S.A.

( 50 ) In Wirklichkeit wird es als Kriterium für die Begründung der Zuständigkeit darauf ankommen, ob und wann ein Rechtsstreit entsteht.

( 51 ) Urteil vom 27. April 1999, Mietz (C‑99/96, EU:C:1999:202, Rn. 31). Infolgedessen handelt es sich nicht um einen Kauf auf Teilzahlung, wenn der Preis vor dem Besitzübergang in voller Höhe zu zahlen ist, auch wenn dem Käufer die Möglichkeit eingeräumt wurde, den Kaufpreis ratenweise zu zahlen.

( 52 ) Bericht von Herrn Jenard zu dem Übereinkommen von Brüssel von 1968 (ABl. 1979, C 59, S. 1, Nr. 152).

( 53 ) Schlosser-Bericht, Rn. 161 Buchst. a.

( 54 ) Vgl. Nr. 46 der vorliegenden Schlussanträge. Im Schlosser-Bericht heißt es in Rn. 161 am Ende, dass „der neue Abschnitt 4 so gut wie ausnahmslos unanwendbar [werde], wenn der Verbraucher seinen Wohnsitz nach Vertragsabschluss in einen anderen Staat verlegt. Denn in dem neuen Wohnsitzstaat werden fast nie die zum Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen worden sein.“

( 55 ) Nach der Systematik des Übereinkommens ist der Umstand, dass nach Vertragsabschluss ein Auslandsbezug auftritt, der Folgen für die internationale gerichtliche Zuständigkeit hat, ein gewöhnliches Risiko. In Beziehungen, in denen es keine schwache Partei gibt, verfügt der Kläger jedoch über verschiedene „Angriffsgerichtsstände“, was bei Titel II Abschnitt 4 nicht der Fall ist. Der diesem Abschnitt unterworfene Unternehmer kann als Kläger nur die Gerichte des Wohnsitzstaats des Verbrauchers anrufen. Art. 17 Abs. 3 eröffnet ihm keine weiteren Möglichkeiten: Er ersetzt nur den Gerichtsstand des derzeitigen Wohnsitzes des Verbrauchers durch den seines Wohnsitzes, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestand.

( 56 ) Dies setzt voraus, dass die Vereinbarung auch in dieser Hinsicht die Voraussetzungen für ihre Gültigkeit erfüllt. Die Parteien können der Klausel selbstverständlich im Hinblick auf die später eingetretene Internationalität einen anderen Geltungsbereich verleihen. Es ist wenig wahrscheinlich, dass sie dies tun, bevor der Rechtsstreit entstanden ist: Häufig erlangt der Unternehmer erst zu diesem Zeitpunkt von der Verlegung des Wohnsitzes des Verbrauchers Kenntnis. In diesem Fall gilt Art. 17 Abs. 1 und nicht Abs. 3.

( 57 ) Dies ergibt sich auch aus dem Jenard-Bericht, Nr. 152. Die Annahme bestand darin, dass der Verbraucher den Wohnsitz wechselt. In Wirklichkeit verringert die Klausel auch dessen Möglichkeiten als Kläger.

( 58 ) Nr. 161 Buchst. a des Schlosser-Berichts betrifft ausschließlich die Formerfordernisse der Vereinbarung, die sich an Art. 17 messen lassen müssen (Art. 23 des Lugano‑II-Übereinkommens). Die weiteren Bedingungen werden durch die Verbraucherschutzvorschriften des Staates festgelegt, dessen Recht auf die Gültigkeit der Vereinbarung anwendbar ist.

( 59 ) Das Erfordernis, dass der Vertrag der internationalen Tätigkeit des Unternehmers entspricht, ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c selbst, der der Vorhersehbarkeit dient (Urteil Hobohm, Rn. 39).

( 60 ) Urteil vom 17. Oktober 2013, Emrek (C‑218/12, EU:C:2013:666). In dieser Rechtssache hatte der Verbraucher nicht über die Website des Verkäufers von dessen Tätigkeit erfahren, sondern durch seine eigenen Bekannten. Der Gerichtshof folgte dem vorlegenden Gericht und räumte ein, dass der Unternehmer versuchte, von einem anderen Land aus als seinem eigenen mittels der Website Kunden zu werben.

( 61 ) Urteil Hobohm, Rn. 39 und 40 sowie Tenor.