9.9.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 305/59


Klage, eingereicht am 8. Juli 2019 — Portigon/SRB

(Rechtssache T-481/19)

(2019/C 305/70)

Verfahrenssprache: Deutsch

Parteien

Klägerin: Portigon AG (Düsseldorf, Deutschland) (Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Bliesener, V. Jungkind und F. Geber)

Beklagter: Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB)

Anträge

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Beklagten vom 16. April 2019 über die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds für 2019 (Az.: SRB/ES/SRF/2019/10), soweit der Beschluss die Klägerin betrifft, für nichtig zu erklären;

das Verfahren nach Art. 69 Buchstaben c und d der Verfahrensordnung des Gerichts (EuG-VfO) auszusetzen, bis über die Klageverfahren T-365/16, T-420-17 und T-413/18 rechtskräftig entschieden ist oder sie anderweitig beendet wurden;

dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Zur Stützung der Klage macht die Klägerin acht Klagegründe geltend.

1.

Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 bis 3 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 (1) i.V.m. Art. 8 Abs. 1 Buchst. d der Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 (2), Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59/EU (3), Art. 114 AEUV

Der Beklagte hätte die Klägerin zu Unrecht der Beitragspflicht unterworfen, da die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59/EU keine Beitragspflicht für in Abwicklung befindliche Institute vorsehen würden. Art. 114 AEUV würde die Beitragserhebung von Instituten wie der Klägerin verbieten.

Der Gesetzgeber hätte die Beitragspflicht wegen des fehlenden Binnenmarktbezugs nicht auf Art. 114 AEUV stützen dürfen. Unionsweit harmonisierte Beitragsregelungen erleichterten weder die Ausübung der Grundfreiheiten noch behöben sie spürbare Wettbewerbsverzerrungen in Bezug auf Institute, die sich vom Markt zurückzögen.

Der Beklagte hätte die Klägerin zu Unrecht der Beitragspflicht unterworfen, da das Institut nicht risikoexponiert sei, eine Abwicklung nach der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 ausgeschlossen sei und das Institut keine Bedeutung für die Stabilität des Finanzsystems habe.

Die Klägerin betreibe seit 2012 kein Neugeschäft mehr und befinde sich aufgrund einer Beihilfeentscheidung der Kommission in Abwicklung. Den größten Teil ihrer verbleibenden Verbindlichkeiten halte sie treuhänderisch für einen anderen Rechtsträger.

Die Delegierte Verordnung (EU) 2015/63 (4) verstoße gegen Art. 114 AEUV sowie gegen Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59/EU als wesentliche Regelung der Beitragsberechnung (Art. 290 Abs. 1 Satz 2 AEUV).

2.

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), da das Berechnungsverfahren keine vollständige Begründung des angefochtenen Beschlusses erlaube. Soweit die Berechnung auf der Delegierten Verordnung (EU) 2015/63 beruhe, sei diese unanwendbar.

3.

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 16 und 20 der Charta, da aufgrund der Sondersituation der Klägerin der angefochtene Beschluss gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Der angefochtene Beschluss greife zudem unverhältnismäßig in die unternehmerische Freiheit der Klägerin ein.

4.

Vierter Klagegrund (hilfsweise): Verstoß gegen Art. 70 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 i.V.m. Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59/EU, da der Beklagte bei der Berechnung der Beitragshöhe risikolose Verbindlichkeiten von den relevanten Verbindlichkeiten hätte ausnehmen müssen

5.

Fünfter Klagegrund (hilfsweise): Verstoß gegen Art. 70 Abs. 6 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 und 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/63, da der Beklagte die Beiträge der Klägerin zu Unrecht auf Grundlage einer Bruttobetrachtung der Derivatekontrakte berechnet hätte

6.

Sechster Klagegrund (hilfsweise): Verstoß gegen Art. 70 Abs. 6 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 i.V.m. Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung (EU) 2015/63, da der Beklagte die Klägerin zu Unrecht als ein Institut in Reorganisation angesehen hätte

7.

Siebter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 41 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der Charta, da der Beklagte die Klägerin vor Erlass des angefochtenen Beschlusses hätte anhören müssen

8.

Achter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 41 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. c der Charta sowie gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV, da der Beklagte den angefochtenen Beschluss unzureichend begründet habe


(1)  Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1).

(2)  Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 des Rates vom 19. Dezember 2014 zur Festlegung einheitlicher Modalitäten für die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (ABl. 2015, L 15, S. 1).

(3)  Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190).

(4)  Delegierte Verordnung (EU) 2015/63 der Kommission vom 21. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen (ABl. 2015, L 11, S. 44).