URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

16. Mai 2019 ( *1 )

„Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren – Rahmenvertrag über die Erbringung von Dienstleistungen – Dienstleistungen zugunsten von Drittländern, die Empfänger von Außenhilfe der Union sind – Ablehnung des Angebots eines Bieters und Vergabe des Auftrags an andere Bieter – Vorwurf einer schweren beruflichen Verfehlung gegen einen Bieter – Fehlen einer rechtskräftigen Gerichts- oder einer endgültigen Verwaltungsentscheidung, mit der eine schwere berufliche Verfehlung festgestellt wird – Voraussetzungen für die Befassung des Gremiums nach Art. 108 der Haushaltsordnung – Ungewöhnlich niedrige Angebote – Begründungspflicht – Berücksichtigung eines von dem öffentlichen Auftraggeber nach der Klageerhebung übermittelten Schreibens – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Stillhaltefrist, damit ein Rechtsbehelf gegen die Vergabeentscheidung eingelegt werden kann – Gleichbehandlung – Diskriminierungsverbot – Art. 105a, 106, 108, 113 und 118 der Haushaltsordnung – Außervertragliche Haftung“

In der Rechtssache T‑228/18,

Transtec mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen L. Levi und N. Flandin,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Aresu und J. Estrada de Solà als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen einer Klage zum einen gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission vom 26. März 2018 über die Ablehnung des Angebots des Konsortiums, dessen Führerin die Klägerin war, für das Los Nr. 3 im Rahmen der Ausschreibung EuropeAid/138778/DH/SER/Multi mit dem Titel „Rahmenvertrag für Dienstleistungen zur Umsetzung der Außenhilfe 2018 (FWC SIEA 2018) 2017/S“ und die Vergabe des Auftrags an andere Bieter und zum anderen gemäß Art. 268 AEUV auf Ersatz des der Klägerin aufgrund dieser Ablehnung angeblich entstandenen Schadens

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni sowie der Richter L. Madise und R. da Silva Passos (Berichterstatter),

Kanzler: M. Marescaux, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2019

folgendes

Urteil ( 1 )

Vorgeschichte des Rechtsstreits

[nicht wiedergegeben]

Verfahren und Anträge der Parteien

18

Mit Klageschrift, die am 5. April 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage zusammen mit einem mit gesondertem Schriftsatz gestellten Antrag auf Weglassung bestimmter Angaben gegenüber der Öffentlichkeit erhoben.

19

Mit gesondertem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen und unter dem Aktenzeichen T‑228/18 R in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Klägerin gemäß den Art. 278 und 279 AEUV einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt, mit dem sie beim Präsidenten des Gerichts im Wesentlichen beantragt hat, die Durchführung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen oder der Kommission vorläufig aufzugeben, sie mit dem von ihr geführten Konsortium in die für das Los Nr. 3 ausgewählten Bieter einzureihen.

20

Mit Beschluss vom 17. Mai 2018, Transtec/Kommission (T‑228/18 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:281), hat der Präsident des Gerichts den Antrag auf einstweilige Anordnung zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. Nach diesem Beschluss leitete die Kommission das Verfahren zur Unterzeichnung der zehn das Los Nr. 3 betreffenden Rahmenverträge ein.

21

In der Zwischenzeit hatte die Klägerin mit Schreiben vom 26. April 2018 gemäß Art. 84 Abs. 1 und Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts einen neuen Klagegrund geltend gemacht und ein Beweisangebot vorgelegt. An demselben Tag hat sie außerdem gemäß Art. 66 der Verfahrensordnung beantragt, den Inhalt bestimmter Dokumente in den Anlagen zu diesem Schreiben vom 26. April 2018 in den öffentlich zugänglichen Unterlagen der vorliegenden Rechtssache nicht zu zitieren.

22

Am 18. Juni 2018 hat die Kommission ihre Klagebeantwortung eingereicht, in der sie auch zu dem Beweisangebot und dem neuen Klagegrund der Klägerin Stellung genommen hat.

23

Am 4. September 2018 hat die Klägerin die Erwiderung eingereicht.

24

Am 17. Oktober 2018 hat die Kommission die Gegenerwiderung eingereicht.

25

Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Neunte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen.

26

In der Sitzung vom 13. Februar 2019 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

27

Die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die Vorlage bestimmter Unterlagen anzuordnen;

die Kommission zur Zahlung von Schadensersatz für den ihr entstandenen Schaden zu verurteilen;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

28

Die Kommission beantragt,

den Antrag auf Nichtigerklärung zurückzuweisen;

den Antrag auf Schadensersatz, wenn er als untergeordnet angesehen wird, zurückzuweisen oder ihn für unzulässig zu erklären, wenn er als selbständig beurteilt wird;

die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung der Klägerin aufzuerlegen.

29

Ferner macht die Kommission geltend, dass über den Antrag auf prozessleitende Maßnahmen nicht mehr zu entscheiden sei, da er denselben Gegenstand wie das Schreiben vom 27. März 2018 habe, das mit dem Schreiben vom 13. April 2018 beantwortet worden sei.

Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

Begründetheit

Zum Antrag auf Nichtigerklärung

[nicht wiedergegeben]

– Zum ersten Klagegrund

42

Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe, weil sie einen der Zuschlagsempfänger nicht ausgeschlossen habe, gegen Art. 106 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Nr. 4 der Hinweise für die Bieter verstoßen, die auf Nr. 2.3.3 des Handbuchs über die Vergabeverfahren im Rahmen der Außenmaßnahmen der Union verweise, dessen Bestimmungen jenen von Art. 106 Abs. 2 der Haushaltsordnung ähnelten. Nach Ansicht der Klägerin ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, wenn er während des Ausschreibungsverfahrens über eine behauptete schwere Verfehlung eines Bieters im Rahmen der beruflichen Tätigkeit informiert wird, die Informationen hierzu zu prüfen und, wenn eine solche schwere Verfehlung rechtlich hinreichend nachgewiesen ist, den betreffenden Bieter vom Verfahren auszuschließen.

43

Im vorliegenden Fall sei die in Rede stehende zuschlagsbegünstigte Gesellschaft von den britischen Behörden „wegen Veruntreuungen und zweifelhafter Vergaben öffentlicher Aufträge“ belangt worden.

44

Zur Stützung ihrer Behauptungen legt die Klägerin drei Unterlagen vor, die sie nach ihrer Darstellung der Kommission bereits übermittelt hatte, nämlich einen Auszug aus dem Blog der Gruppe „Media“ des Department for International Development (DFID, Ministerium für internationale Entwicklung, Vereinigtes Königreich) der Regierung des Vereinigten Königreichs und zwei ministerielle Antworten auf Fragen von Mitgliedern des Parlaments des Vereinigten Königreichs, aus denen sich ergebe, dass das DFID und das Foreign and Commonwealth Office (FCO, Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Commonwealth, Vereinigtes Königreich) mit der betreffenden zuschlagsbegünstigten Gesellschaft keine neuen Verträge mehr geschlossen hätten. Die britischen Behörden hätten auf der Grundlage der Angaben in diesen Dokumenten und aufgrund einer von ihnen durchgeführten Untersuchung an diese Gesellschaft im Jahr 2017 keinen neuen Vertrag mehr vergeben.

45

Die Klägerin macht geltend, aus den oben in Rn. 44 genannten Unterlagen gehe hervor, dass die in Rede stehende zuschlagsbegünstigte Gesellschaft, als sie das in den Ausschreibungsunterlagen enthaltene und in Nr. 4 der Hinweise für die Bieter vorgesehene Formular für eine eidesstattliche Versicherung in Bezug auf die Ausschluss- und Auswahlkriterien ausgefüllt habe, nicht darauf verwiesen habe, dass sie von den britischen Behörden belangt worden sei. Diese Unterlassung könne eine irreführende Erklärung darstellen, so dass die Kommission dadurch, dass sie die eidesstattliche Versicherung dieser Gesellschaft angenommen und das Konsortium, dem dieses Unternehmen angehört habe, nicht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen habe, gegen Nr. 4 der Hinweise für die Bieter sowie gegen Art. 106 der Haushaltsordnung verstoßen habe.

46

Die Kommission wendet sich gegen das Vorbringen der Klägerin.

47

Zum Ersten ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 106 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung „[d]er öffentliche Auftraggeber … einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an Vergabeverfahren, die dieser Verordnung unterliegen, … aus[schließt], [wenn] [d]urch eine rechtskräftige Gerichts- oder eine endgültige Verwaltungsentscheidung … festgestellt [wurde], dass der Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen hat aufgrund eines Verstoßes gegen geltende Gesetze, Bestimmungen oder ethische Normen seines Berufsstandes oder aufgrund jeglicher Form von rechtswidrigem Handeln, das sich auf seine berufliche Glaubwürdigkeit auswirkt, wenn es vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt“.

48

Im vorliegenden Fall haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung dem zugestimmt, dass zum Zeitpunkt des Verfahrens zur Vergabe des betreffenden Auftrags kein rechtskräftiges Urteil und keine endgültige Verwaltungsentscheidung im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung bezüglich der in Rede stehenden zuschlagsbegünstigten Gesellschaft vorlag.

49

Zum Zweiten stellt Art. 106 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung klar, dass „[i]n Ermangelung einer rechtskräftigen Gerichts- bzw. endgültigen Verwaltungsentscheidung in den Fällen nach Absatz 1 [Buchstabe] c … der öffentliche Auftraggeber bei entsprechendem Verhalten eines Wirtschaftsteilnehmers eine vorläufige rechtliche Bewertung für seinen Ausschluss zugrunde[legt], wobei er sich auf die festgestellten Sachverhalte oder sonstigen Erkenntnisse aus der Empfehlung des in Artikel 108 genannten Gremiums stützt“.

50

Insoweit ist bezüglich des in Art. 108 („Das Früherkennungs- und Ausschlusssystem“) der Haushaltsordnung genannten Verfahrens auf die Bestimmungen von Art. 105a („Schutz der finanziellen Interessen der Union durch Erkennung von Risiken und Verhängung von Verwaltungssanktionen“) dieser Verordnung hinzuweisen.

51

Art. 105a Abs. 1 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung bestimmt, dass „[die Kommission] [z]um Schutz der finanziellen Interessen der Union … ein Früherkennungs- und Ausschlusssystem [errichtet] und [es] unterhält“. Gemäß Art. 105a Abs. 1 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung soll dieses System Folgendes erleichtern: „a) die frühzeitige Erkennung von Risiken, die die finanziellen Interessen der Union bedrohen“, und „b) den Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers, auf den einer der in Artikel 106 Absatz 1 genannten Ausschlussgründe zutrifft“. Art. 105a Abs. 2 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung stellt klar, dass „[u]nter den in Artikel 106 Absatz 2 genannten Umständen … der öffentliche Auftraggeber den Fall … an das in Artikel 108 genannte Gremium [verweist], um eine zentrale Bewertung der Situation zu gewährleisten“, und dass „[i]n derartigen Fällen … der öffentliche Auftraggeber seine Entscheidung aufgrund einer vorläufigen rechtlichen Bewertung und unter Berücksichtigung einer Empfehlung des Gremiums [trifft]“.

52

Hinsichtlich der Verweisung an das Gremium im Sinne von Art. 108 der Haushaltsordnung folgt aus Abs. 2 Buchst. b und c dieser Bestimmung, dass sich die von Art. 105a Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung vorgesehene frühzeitige Entdeckung von Risiken, die die finanziellen Interessen der Union bedrohen, wenn es sich mutmaßlich um eine schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, eine Unregelmäßigkeit, Betrug, Korruption oder eine schwerwiegende Vertragsverletzung handelt, auf die Übermittlung von Informationen an die Kommission durch einen Anweisungsbefugten der Kommission, ein von der Kommission eingerichtetes Europäisches Amt oder eine Exekutivagentur oder auch durch ein Organ, ein Amt oder eine Agentur der Union stützt.

53

Aus der Gesamtheit der genannten Bestimmungen ergibt sich, dass ein öffentlicher Auftraggeber, wenn er über ausreichende Anhaltspunkte für die Vermutung verfügt, dass ein Bieter insbesondere einer schweren beruflichen Verfehlung schuldig ist, bei Fehlen eines rechtskräftigen Urteils oder einer endgültigen Verwaltungsentscheidung in Bezug auf diesen Bieter das in Art. 108 der Haushaltsordnung bezeichnete Gremium befassen muss, damit dieses eine Empfehlung abgibt, die gegebenenfalls eine vorläufige rechtliche Bewertung des streitigen Sachverhalts enthält.

54

Insoweit setzt entgegen den Ausführungen der Kommission in der mündlichen Verhandlung die Befassung des in Art. 108 der Haushaltsordnung genannten Gremiums nach Art. 106 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung nicht voraus, dass zuvor ein Urteil oder eine Verwaltungsentscheidung ergangen ist. Nach Art. 105a Abs. 2 der Haushaltsordnung in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung befasst der öffentliche Auftraggeber dieses Gremium ohne ein solches Urteil oder eine solche Entscheidung, wenn er feststellt, dass eine insbesondere in Art. 106 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung genannte mögliche finanzielle Unregelmäßigkeit „Risiken, die die finanziellen Interessen der Union bedrohen“, im Sinne von Art. 105a Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Haushaltsordnung hervorrufen kann. Dies ist das Ziel der Früherkennung und des Ausschlusses. Der öffentliche Auftraggeber muss jedoch, bevor er das in Art. 108 der Haushaltsordnung genannte Gremium befasst, prüfen, ob ein solches Risiko besteht, und gegebenenfalls, ob es die finanziellen Interessen der Union gefährden kann.

55

Daher ist in diesem Stadium zu prüfen, ob die Kommission als öffentlicher Auftraggeber unter den besonderen Umständen der vorliegenden Rechtssache verpflichtet war, das in Art. 108 der Haushaltsordnung genannte Gremium zu befassen, da sie davon ausgehen durfte, dass sie über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügte, dass das Verhalten der zuschlagsbegünstigten Gesellschaft eine schwere berufliche Verfehlung darstellen konnte, die die finanziellen Interessen der Union bedrohte, wie die Klägerin im Wesentlichen geltend macht.

56

Insoweit handelt es sich bei den als zulässig eingestuften Dokumenten, die die Klägerin vorgelegt hat, um nachzuweisen, dass die in Rede stehende zuschlagsbegünstigte Gesellschaft von den britischen Behörden „wegen Veruntreuungen und zweifelhafter Vergaben öffentlicher Aufträge belangt wurde“, um die oben in Rn. 44 genannten Unterlagen, nämlich einen Auszug aus dem Blog der Gruppe „Media“ des DFID und zwei ministerielle Antworten auf Fragen von Mitgliedern des Parlaments des Vereinigten Königreichs.

57

Zum einen wird im Auszug aus dem Blog der Gruppe „Media“ des DFID vom 4. Dezember 2017 festgestellt, dass in Bezug auf die in Rede stehende zuschlagsbegünstigte Gesellschaft im Dezember 2016 behauptet worden sei, dass sie beim IDC [International Development Committee, Ausschuss für internationale Entwicklung, Vereinigtes Königreich] eingereichte Angebote gefälscht und von rechtswidrig erlangten DFID-Unterlagen Gebrauch gemacht habe. In diesem Auszug heißt es auch, dass sich die in Rede stehende zuschlagsbegünstigte Gesellschaft seit diesem Zeitpunkt freiwillig aus dem vom DFID durchgeführten Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zurückgezogen habe. Zum anderen wird in den ministeriellen Antworten vom 13. September und vom 13. Dezember 2017 festgestellt, dass das DFID seit März 2017 an die in Rede stehende zuschlagsbegünstigte Gesellschaft keine öffentlichen Aufträge mehr vergeben habe und dass das FCO im Jahr 2017 keine öffentlichen Aufträge mehr an sie vergeben habe.

58

Wie die Kommission betont, beschränken sich diese Dokumente jedoch darauf, darzulegen, dass die in Rede stehende zuschlagsbegünstigte Gesellschaft Gegenstand von „Behauptungen“ mit nicht weiter spezifizierter Herkunft betreffend Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Vereinigten Königreich gewesen sei, wobei aber die Umstände, unter denen es zu diesen Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll, nicht näher erläutert wurden.

59

Somit reichen die von der Klägerin zur Stützung ihres ersten Klagegrundes vorgelegten Unterlagen nicht aus, um nachzuweisen, dass das Verhalten der in Rede stehenden zuschlagsbegünstigten Gesellschaft eine schwere berufliche Verfehlung darstellte, die die finanziellen Interessen der Union bedrohte. Daraus folgt, dass die Kommission unter den besonderen Umständen der vorliegenden Rechtssache nicht verpflichtet war, das in Art. 108 der Haushaltsordnung genannte Gremium zu befassen, so dass ihr kein Verstoß gegen Art. 106 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung zur Last gelegt werden kann.

60

Zum Dritten belegen die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen auch nicht, dass die von der in Rede stehenden zuschlagsbegünstigten Gesellschaft abgegebene eidesstattliche Versicherung irreführend war. Insoweit ist festzustellen, dass Nr. 4 der Hinweise für die Bieter vorsah, dass jeder Bieter zum einen eine eidesstattliche Versicherung unterzeichnen muss, in der bescheinigt wird, dass er sich nicht in einer der in Nr. 2.3.3 des Handbuchs über die Vergabeverfahren im Rahmen der Außenmaßnahmen der Union genannten Ausschlusssituationen befindet, und dass er zum anderen nachweisen muss, dass auf ihn keines der Ausschlusskriterien zutrifft. Aus der Prüfung der Liste in Teil I Buchst. g Ziff. ii des Erklärungsformulars ergibt sich jedoch, dass die in ihr enthaltenen Ausschlusskriterien im Wesentlichen mit den in Art. 106 Abs. 2 Unterabs. 4 der Haushaltsordnung genannten Kriterien identisch waren. Somit sind diese Liste sowie Nr. 4 der Hinweise für die Bieter im Licht von Art. 106 Abs. 2 Unterabs. 4 der Haushaltsordnung zu sehen.

61

Was Art. 106 Abs. 2 der Haushaltsordnung anbelangt, sind, da sein vierter Unterabsatz auf seinen ersten Unterabsatz verweist, diese beiden Unterabsätze zusammen zu betrachten. Wie bereits oben in Rn. 59 ausgeführt wurde, war die Kommission im vorliegenden Fall nach Art. 106 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung nicht verpflichtet, das in Art. 108 dieser Verordnung genannte Gremium zu befassen. Somit hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Annahme der von der in Rede stehenden zuschlagsbegünstigten Gesellschaft unterzeichneten eidesstattlichen Versicherung durch die Kommission einen Verstoß gegen Nr. 4 der Hinweise für die Bieter im Licht von Art. 106 Abs. 2 der Haushaltsordnung darstellte.

62

In Anbetracht all dieser Erwägungen ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

– Zum dritten Klagegrund

89

Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe sich im Rahmen des angefochtenen Beschlusses darauf beschränkt, ihr mitzuteilen, dass sie in Bezug auf das Los Nr. 3 nicht das beste Preis-Leistungs-Verhältnis erreicht habe, und ihr die an die ausgewählten Bieter vergebenen Noten in Form einer Tabelle zu übermitteln. Der angefochtene Beschluss habe jedoch keine Erläuterung in Bezug auf das System zur Berechnung der ihnen zugeteilten Noten enthalten. Daher habe die Kommission gegen ihre Begründungspflicht verstoßen und Art. 113 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 161 Abs. 1 der Anwendungsverordnung [Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1268/2012] verletzt.

90

Die Kommission tritt dieser Argumentation entgegen.

91

Nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta ist die Verwaltung verpflichtet, ihre Entscheidungen zu begründen. Diese Begründungspflicht beinhaltet nach gefestigter Rechtsprechung, dass nach Art. 296 Abs. 2 AEUV der Urheber eines Rechtsakts die diesem Rechtsakt zugrunde liegenden Überlegungen so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass zum einen die Betroffenen die Gründe für die erlassene Maßnahme erkennen können, um ihre Rechte geltend zu machen, und dass zum anderen der Richter seine Kontrolle ausüben kann (Urteile vom 25. Februar 2003, Strabag Benelux/Rat, T‑183/00, EU:T:2003:36, Rn. 55, vom 24. April 2013, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑32/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:213, Rn. 37, und vom 28. Juni 2016, AF Steelcase/EUIPO, T‑652/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:370, Rn. 43).

92

Außerdem ist das Begründungserfordernis anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des betreffenden Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 150, und vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 116).

93

Was die von den Unionsorganen vergebenen öffentlichen Aufträge angeht, bestimmt zum einen Art. 113 Abs. 2 der Haushaltsordnung, dass der öffentliche Auftraggeber jeden abgelehnten Bieter über die Gründe für die Ablehnung seines Angebots unterrichtet. Zum anderen unterrichtet der öffentliche Auftraggeber gemäß Art. 113 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a auf schriftlichen Antrag jeden Bieter, für den kein Ausschlussgrund vorliegt und dessen Angebot den Auftragsunterlagen entspricht, über die Merkmale und relativen Vorteile des erfolgreichen Angebots sowie über den Namen des Auftragnehmers. Hierzu stellt Art. 161 Abs. 2 der Anwendungsverordnung klar, dass „[d]er öffentliche Auftraggeber … die in Artikel 113 Absatz 3 der Haushaltsordnung genannten Informationen so schnell wie möglich und auf jeden Fall innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des schriftlichen Antrags [übermittelt]“.

94

Art. 113 Abs. 2 und 3 der Haushaltsordnung und Art. 161 Abs. 2 der Anwendungsverordnung sehen daher gegenüber den abgelehnten Bietern eine Begründung in zwei Schritten vor. Zunächst teilt der öffentliche Auftraggeber allen abgelehnten Bietern mit, dass ihr Angebot abgelehnt wurde, und unterrichtet sie über die Gründe für diese Ablehnung. Diese Gründe können, da der ausgeschlossene Bieter eine detailliertere Begründung verlangen kann, summarisch sein. In einem zweiten Schritt unterrichtet der öffentliche Auftraggeber nach den genannten Bestimmungen auf schriftlichen Antrag jeden Bieter, für den kein Ausschlussgrund vorliegt und dessen Angebot den Auftragsunterlagen entspricht, so schnell wie möglich und auf jeden Fall innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des schriftlichen Antrags über die Merkmale und relativen Vorteile des erfolgreichen Angebots sowie über den Namen des Auftragnehmers (vgl. Urteil vom 26. April 2018, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑752/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:233, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

95

Insoweit kann von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie einem Bieter, dessen Angebot nicht ausgewählt wurde, zum einen neben der Wiedergabe der Gründe für die Ablehnung des Angebots eine detaillierte Zusammenfassung, in der jedes Detail seines Angebots im Hinblick auf dessen Bewertung berücksichtigt wurde, und zum anderen im Rahmen der Mitteilung der Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots eine detaillierte vergleichende Analyse des ausgewählten Angebots und des Angebots des abgelehnten Bieters übermittelt (vgl. Urteil vom 4. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑629/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:617, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). Auch ist der öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, dem abgelehnten Bieter auf dessen schriftlichen Antrag eine vollständige Kopie des Bewertungsberichts auszuhändigen (vgl. Urteil vom 4. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑629/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:617, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

96

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Beachtung der Begründungspflicht grundsätzlich anhand der Informationen zu beurteilen ist, die die Klagepartei zum Zeitpunkt der Klageerhebung besitzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2013, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑165/12, EU:T:2013:646‚ Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

97

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 5. April 2018 nur den angefochtenen Beschluss vom 26. März 2018 als Dokument vorliegen, das von dem öffentlichen Auftraggeber stammte und das Informationen über die Ablehnung ihres Angebots und die Vergabe des Auftrags an andere Bieter sowie den Namen dieser Bieter enthielt.

98

Es trifft daher zu, dass nach der oben in Rn. 96 angeführten Rechtsprechung grundsätzlich allein anhand dieses Beschlusses zu beurteilen ist, ob die Kommission ihrer Begründungspflicht nachgekommen ist.

99

Genauso trifft es aber zu, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die Begründung der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers, mit der ein Angebot abgelehnt und der Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wurde, vorgesehen hat, dass eine solche Begründung in zwei Schritten erfolgen kann, und zwar zunächst mit einer kurzen Darstellung der Gründe für die Ablehnung des Angebots und dann, innerhalb einer Frist von 15 Tagen nach dem ausdrücklichen Antrag des ausgeschlossenen Bieters, mit einer Beschreibung der Merkmale und relativen Vorteile des ausgewählten Angebots sowie der Angabe des Namens des Auftragnehmers (vgl. oben, Rn. 94).

100

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Kommission mit ihrem Schreiben vom 27. März 2018 ersucht, sie möge ihr u. a. die Merkmale und die relativen Vorteile der Angebote der zehn Auftragnehmer mitteilen. Auf dieses Ersuchen der Klägerin hat die Kommission im Laufe des vorliegenden Verfahrens mit Schreiben vom 13. April 2018 geantwortet.

101

Zum einen ist anzumerken, dass die Klägerin die vorliegende Klage am 5. April 2018, also vor Ablauf der der Kommission für die Beantwortung des Schreibens vom 27. März 2018 gesetzten Frist von 15 Tagen, erhoben hat.

102

Zum anderen hat die Klägerin selbst am 26. April 2018 das Schreiben vom 13. April 2018 gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vorgelegt. Gleichzeitig mit diesem Beweisangebot hat die Klägerin zu dem Schreiben vom 13. April 2018 Stellung genommen und einen zusätzlichen Schriftsatz zur Klageschrift eingereicht, in dem sie einige in ihrer Klageschrift in Bezug auf das genannte Schreiben formulierte Gesichtspunkte dargelegt und einen neuen Klagegrund auf der Grundlage von Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung geltend gemacht hat. Die Zulässigkeit dieses zusätzlichen Schriftsatzes und dieses neuen Klagegrundes ist von der Kommission nicht in Abrede gestellt worden. Diese Elemente sind daher im vorliegenden Urteil als zulässig angesehen worden.

103

Unter diesen Umständen ist unter Zugrundelegung des angefochtenen Beschlusses vom 26. März 2018 in der durch das Schreiben vom 13. April 2018 ergänzten Fassung zu prüfen, ob die Kommission ihrer Begründungspflicht nachgekommen ist.

104

Insoweit hat die Kommission der Klägerin in dem angefochtenen Beschluss zunächst mitgeteilt, dass ihr Angebot für das Los Nr. 3 angesichts seines Preis-Leistungs-Verhältnisses nicht als eines der zehn besten Angebote klassifiziert worden sei. In dem angefochtenen Beschluss war außerdem eine Vergleichstabelle enthalten, in der die an die Klägerin, den besten ausgewählten Bieter und den als letzten ausgewählten Bieter vergebenen Noten aufgeführt waren. Diese Tabelle enthielt u. a. die Noten für die sechs Posten der Rubrik „Globalorganisation und Methodik“, die technische Gesamtnote, die Gewichtung der technischen und der finanziellen Note sowie die Gesamtnote.

105

Bereits anhand dieser Informationen konnte die Klägerin feststellen, dass ihr Angebot in Bezug auf die finanzielle Note als elftbestes klassifiziert worden war, dass dies aber bei der technischen Note nicht der Fall gewesen war. Die Klägerin konnte daraus ableiten, dass der im Vergleich zu den Angeboten der anderen Bieter höhere Betrag ihres Angebots eine entscheidende Rolle bei dessen Ablehnung gespielt hatte. Außerdem war es für die Klägerin aufgrund der Mitteilung der Noten für jeden der Posten der technischen Benotung, wenn auch abstrakt, ersichtlich, welche Elemente ihres Angebots vom öffentlichen Auftraggeber als schwächer beurteilt worden waren.

106

Sodann hat die Kommission der Klägerin mit ihrem Schreiben vom 13. April 2018 zum Ersten eine Tabelle mit den Noten übermittelt, die sie selbst und jeder der zehn Zuschlagsempfänger bei den sechs Posten für die technische Benotung erhalten hatten. Bei der Lektüre dieser Tabelle konnte die Klägerin feststellen, dass ihr Angebot in technischer Hinsicht in Bezug auf den ersten Posten „Organisation und Methodik“, bei dem es sich um den wichtigsten Posten handelte, weil er mit 35 Punkten von 100 gewichtet wurde, als elftbestes Angebot und hinsichtlich des zweiten Postens „Führungsteam: vorgeschlagene Profile“, bei dem es sich um den zweitwichtigsten Posten handelte, weil er mit 25 Punkten von 100 gewichtet wurde, als achtbestes Angebot klassifiziert worden war.

107

Zum Zweiten wurde diese Tabelle betreffend die technische Benotung der Angebote durch eine Rubrik von Kommentaren ergänzt, in der die Beurteilung jedes Angebots durch den Bewertungsausschuss kurz zusammengefasst wurde.

108

Speziell hinsichtlich des Angebots der Klägerin lautete der Kommentar des Bewertungsausschusses wie folgt:

„Gute Gesamtmethodik des Managements – Mitglieder des Teams und Mitglieder des Konsortiums mit Erfahrung in [den Rahmenverträgen] – theoretische Darstellung der Methodik der Qualitätskontrolle – Eingliederung örtlicher Sachverständiger – Präsenz in allen Ländern und allen Regionen[, jedoch] unzureichende Informationen über die Gewährleistung der Verfügbarkeit der Sachverständigen – geringe sektorspezifische Fachkompetenz im Direktionsteam – Rolle, Komplementarität und Mehrwert der Mitglieder des Konsortiums nicht klar definiert.“

109

Somit lässt sich anhand der Kommentierung durch den Bewertungsausschuss in Verbindung mit den Einzelheiten der an die Klägerin vergebenen Noten und der Noten, die jeder der Zuschlagsempfänger für jeden Posten der technischen Benotung erhalten hatte, ersehen, aus welchen Gründen die Kommission davon ausgegangen war, dass das Angebot der Klägerin weniger befriedigend war als die ausgewählten Angebote. In ihrem zusätzlichen Schriftsatz vom 26. April 2018 gibt die Klägerin nämlich selbst an, dass ihres Erachtens die Anmerkungen „unzureichende Informationen über die Gewährleistung der Verfügbarkeit der Sachverständigen“ und „geringe sektorspezifische Fachkompetenz im Direktionsteam“ dem Posten „Organisation und Methodik“ bzw. dem Posten „Führungsteam: vorgeschlagene Profile“„zu entsprechen scheinen“.

110

Hierzu ist festzustellen, dass in Bezug auf keinen der Zuschlagsbegünstigten die Kritik geäußert wurde, die vom Bewertungsausschuss in Bezug auf das Angebot der Klägerin geäußert wurde.

111

Erstens ergibt sich zwar, wie die Klägerin ausführt, aus den Kommentaren, die den Standpunkt des Bewertungsausschusses widerspiegeln, dass sich bei einigen Bietern eine „unzureichende Präzisierung der Abhilfemaßnahmen im Fall von fehlender Verfügbarkeit von Sachverständigen“ oder auch eine „geringe Information über die interne Fachkompetenz“ feststellen ließen. Diese Rügen beziehen sich jedoch nicht auf die Unzulänglichkeit der Angaben zur Verfügbarkeit der Sachverständigen im eigentlichen Sinne. Was zweitens die im Hinblick auf das Angebot der Klägerin geäußerte Kritik der„geringe[n] sektorspezifische[n] Fachkompetenz im Direktionsteam“ betrifft, so weist die Klägerin in ihrer Klageschrift selbst darauf hin, dass „bei den übrigen Bietern zu dem Gesichtspunkt der Fachkompetenz des Direktionsteams keine Anmerkung gemacht wurde“.

112

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann auch der Umstand, dass auch die anderen Bieter Gegenstand von Kommentaren im Hinblick auf negative Punkte in ihren Angeboten waren, nicht dazu führen, dass die in dem Schreiben vom 13. April 2018 enthaltene Begründung als inkohärent zu beurteilen ist.

113

Der Klägerin war es daher möglich, anhand der Lektüre des angefochtenen Beschlusses und des Schreibens vom 13. April 2018 die Gründe zu erkennen, auf denen die Klassifizierung der Angebote in technischer Hinsicht beruhte. Wie oben in Rn. 95 dargestellt, kann vom öffentlichen Auftraggeber insoweit nicht verlangt werden, dass er einem Bieter, dessen Angebot nicht ausgewählt wurde, zum einen neben der Wiedergabe der Gründe für die Ablehnung des Angebots eine detaillierte Zusammenfassung der Art und Weise, wie jedes Detail seines Angebots im Hinblick auf dessen Bewertung berücksichtigt wurde, übermittelt und dass er ihm zum anderen im Rahmen der Mitteilung der Merkmale und der relativen Vorteile des ausgewählten Angebots eine detaillierte vergleichende Analyse des ausgewählten und seines Angebots liefert.

114

Was schließlich die finanzielle Bewertung der Angebote betrifft, enthielt das Schreiben vom 13. April 2018 eine Tabelle, in der die finanziellen und die technischen Gesamtnoten sowie die endgültigen Noten der Klägerin und aller zehn Zuschlagsempfänger angegeben waren. Nach dieser Tabelle erhielt der als Erster klassifizierte Auftragnehmer in Bezug auf die finanzielle Bewertung seines Angebots nicht die Gesamtzahl von 100 Punkten, sondern von 99,36 Punkten.

115

Wie die Kommission in ihrer Klagebeantwortung ausgeführt hat, wurde insoweit das finanzielle Gesamtergebnis gemäß Nr. 15.3 der Hinweise für die Bieter berechnet, indem die vier oben in Rn. 6 genannten gewichteten Ergebnisse für jede Sachverständigenkategorie addiert wurden. Diese vier gewichteten Ergebnisse wiederum wurden ermittelt, indem die niedrigsten Preise durch die Preise des betreffenden Angebots geteilt und dieser Quotient mit 100 multipliziert wurde. So konnte nach dieser Formel ein Bieter, der das billigste Gesamtangebot, aber nicht das billigste Angebot für jede der Sachverständigenkategorien einreichte, keine Gesamtnote von 100 von 100 möglichen Punkten erhalten.

116

Die Klägerin konnte daher davon ausgehen, dass dies vorliegend der Fall war, da, wie die Kommission ausgeführt hat, der hinsichtlich der finanziellen Note als Erster klassifizierte Auftragnehmer die niedrigsten Preise für die Kategorien Sachverständige I und III sowie für den Verwaltungsassistenten anbot, in Bezug auf die Kategorie Sachverständige II jedoch die zweitniedrigsten Preise. Da das Angebot dieses Auftragnehmers nicht im Hinblick auf jede dieser vier Kategorien das niedrigste war, konnte er kein finanzielles Gesamtergebnis von 100 von 100 möglichen Punkten erhalten.

117

Da keinem der von der Klägerin zur Stützung ihres dritten Klagegrundes vorgetragenen Argumente gefolgt werden kann, ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Transtec trägt die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.

 

Gervasoni

Madise

da Silva Passos

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Mai 2019.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

( 1 ) Es werden nur die Randnummern des vorliegenden Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht als zweckdienlich erachtet.