Urteil des Gerichts (Neunte erweiterte Kammer) vom 12. Februar 2020 – Kahimbi Kasagwe/Rat
(Rechtssache T-165/18)
„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in der Demokratischen Republik Kongo – Einfrieren von Geldern – Verlängerung der Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste der betroffenen Personen – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Pflicht des Rates, die neuen Gesichtspunkte mitzuteilen, die die Verlängerung der restriktiven Maßnahmen rechtfertigen – Rechtsfehler – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Eigentumsrecht – Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens – Verhältnismäßigkeit – Unschuldsvermutung – Einrede der Rechtswidrigkeit“
1. |
Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Einfrieren der Gelder von Personen, die die Rechtsstaatlichkeit untergraben oder sich an der Begehung von Handlungen beteiligen, die schwere Menschenrechtsverletzungen darstellen – Mindestanforderungen (Art. 296 AEUV; Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung des Beschlusses [GASP] 2017/2282, Anhang II) (vgl. Rn. 32, 34-36) |
2. |
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Einfrieren der Gelder von Personen, die die Rechtsstaatlichkeit untergraben oder sich an der Begehung von Handlungen beteiligen, die schwere Menschenrechtsverletzungen darstellen – Pflicht, in der Begründung einzelfallbezogene und spezifische Gründe für solche Maßnahmen anzugeben – Beschluss, der in einem Kontext ergeht, der dem Betroffenen bekannt ist und der es ihm ermöglicht, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (Art. 296 AEUV; Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung des Beschlusses [GASP] 2017/2282, Anhang II) (vgl. Rn. 33, 41-45) |
3. |
Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Einfrieren der Gelder von Personen, die die Rechtsstaatlichkeit untergraben oder sich an der Begehung von Handlungen beteiligen, die schwere Menschenrechtsverletzungen darstellen – Pflicht zur Angabe der einzelfallbezogenen und spezifischen Gründe für die getroffenen Entscheidungen – Pflicht, dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, zu den gegen ihn angeführten Gründen zweckdienlich Stellung zu nehmen – Umfang (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 Abs. 2 Buchst. a; Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung des Beschlusses [GASP] 2017/2282, Anhang II) (vgl. Rn. 49, 50, 52) |
4. |
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Einfrieren von Geldern – Verteidigungsrechte – Folgebeschluss über den Verbleib des Namens des Klägers in der Liste der Personen, die von diesen Maßnahmen betroffen sind – Keine neuen Gründe – Pflicht des Rates, dem Betroffenen die neuen Gesichtspunkte mitzuteilen, die bei der regelmäßigen Überprüfung der restriktiven Maßnahmen berücksichtigt wurden – Mitteilung der neuen Gesichtspunkte an den Betroffenen, um seine Stellungnahme einzuholen – Fehlen – Verletzung der Verteidigungsrechte (Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung des Beschlusses [GASP] 2017/2282, Art. 9 Abs. 2 und Anhang II) (vgl. Rn. 54-61, 64, 67) |
5. |
Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Pflicht der Organe, dem Betroffenen die neuen Gesichtspunkte mitzuteilen, die bei der regelmäßigen Überprüfung der restriktiven Maßnahmen berücksichtigt wurden – Umfang – Rechtswidrigkeit des Rechtsakts, die vom Nachweis einer möglichen Auswirkung der Verletzung der genannten Pflicht auf das Verfahren abhängt – Keine Auswirkung im vorliegenden Fall (Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung des Beschlusses [GASP] 2017/2282, Anhang II) (vgl. Rn. 68-71, 73, 76) |
6. |
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Geltungsbereich – Personen, die eine einvernehmliche und friedliche Lösung im Hinblick auf die Durchführung von Wahlen unter anderem durch Gewaltakte, Repression oder Aufstachelung zur Gewalt oder die Untergrabung der Rechtsstaatlichkeit behindert haben – Begriff – Personen, die diese Handlungen ungeachtet fehlender Beweise für die gegenwärtige Beteiligung oder Teilnahme an solchen Handlungen in der Vergangenheit begangen haben – Einbeziehung – Auslegung, die durch die Möglichkeit gestützt wird, die restriktiven Maßnahmen zu verlängern – Praktische Wirksamkeit (Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung der Beschlüsse [GASP] 2016/2231 und [GASP] 2017/2282, Art. 3 Abs. 2 Buchst. a und Art. 9 Abs. 2) (vgl. Rn. 81-84, 86) |
7. |
Europäische Union – Gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Organe – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Umfang der Kontrolle – Aufnahme des Klägers in die Liste im Anhang des angefochtenen Beschlusses aufgrund seiner Funktionen – Der Öffentlichkeit zugängliche Dokumente, die die Begehung schwerer Menschenrechtsverletzungen belegen – Beweiswert – Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung des Beschlusses [GASP] 2017/2282, Anhang II) (vgl. Rn. 93-95, 97, 101, 110) |
8. |
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Einfrieren der Gelder von Personen, die die Rechtsstaatlichkeit untergraben oder sich an der Begehung von Handlungen beteiligen, die schwere Menschenrechtsverletzungen darstellen – Kriterien – Funktionen, aus denen sich eine Verantwortlichkeit für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung oder die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit ergibt – Beurteilungsfehler – Fehlen (Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung der Beschlüsse [GASP] 2016/2231 und [GASP] 2017/2282, Anhang II) (vgl. Rn. 115-118) |
9. |
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Einfrieren der Gelder von Personen, die die Rechtsstaatlichkeit untergraben oder sich an der Begehung von Handlungen beteiligen, die schwere Menschenrechtsverletzungen darstellen – Beschränkungen des Eigentumsrechts – Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Fehlen (Art. 3 Abs. 5, Art. 21 Abs. 2 Buchst. b und c und Art. 29 EUV; Art. 215 Abs. 2 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 17 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1; Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung der Beschlüsse [GASP] 2016/2231 und [GASP] 2017/2282, Art. 5 Abs. 1) (vgl. Rn. 123-136) |
10. |
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Verbot der Einreise und der Durchreise sowie Einfrieren der Gelder von Personen, die die Rechtsstaatlichkeit untergraben oder sich an der Begehung von Handlungen beteiligen, die schwere Menschenrechtsverletzungen darstellen – Beschränkung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens und der Freizügigkeit in der Union – Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Fehlen (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 7; Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung des Beschlusses [GASP] 2017/2282) (vgl. Rn. 137, 138) |
11. |
Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Grundrechte – Unschuldsvermutung – Beschluss über das Einfrieren von Geldern, der angesichts der Lage in der Demokratischen Republik Kongo gegen bestimmte Personen und Einrichtungen verhängt wurde – Vereinbarkeit mit dem genannten Grundsatz – Voraussetzungen (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 48 Abs. 1; Beschluss 2010/788/GASP des Rates in der Fassung des Beschlusses [GASP] 2017/2282, Art. 5 Abs. 1 und Art. 9) (vgl. Rn. 139-145) |
12. |
Einrede der Rechtswidrigkeit – Umfang – Handlungen, deren Rechtswidrigkeit geltend gemacht werden kann – Rechtsakt allgemeiner Tragweite, auf den die angefochtene Entscheidung gestützt ist – Notwendigkeit eines rechtlichen Zusammenhangs zwischen der angefochtenen Handlung und dem beanstandeten allgemeinen Rechtsakt – Fehlen – Unzulässigkeit (Art. 277 AEUV; Beschluss 2010/788/GASP des Rates, Art. 3 Abs. 2 Buchst. a; Verordnung Nr. 1183/2005 des Rates, Art. 2b Abs. 1 Buchst. a) (vgl. Rn. 149, 150) |
13. |
Europäische Union – Gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Organe – Restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo – Umfang der Kontrolle – Eingeschränkte Kontrolle in Bezug auf allgemeine Regeln – Kriterien für den Erlass der restriktiven Maßnahmen – Behinderung einer einvernehmlichen und friedlichen Lösung im Hinblick auf die Durchführung von Wahlen unter anderem durch Gewaltakte, Repression oder Aufstachelung zur Gewalt oder die Untergrabung der Rechtsstaatlichkeit – Umfang – Beachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit, wonach Rechtsvorschriften klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sein müssen (Art. 3 Abs. 5 und Art. 21 Abs. 2 Buchst. b und c EUV; Art. 275 Abs. 2 AEUV; Beschlüsse des Rates 2010/788/GASP, Art. 3 Abs. 2 Buchst. a, und [GASP] 2016/2231, Erwägungsgründe 3 und 4; Verordnung Nr. 1183/2005 des Rates) (vgl. Rn. 151-161) |
Gegenstand
Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (GASP) 2017/2282 des Rates vom 11. Dezember 2017 zur Änderung des Beschlusses 2010/788/GASP über restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Republik Kongo (ABl. 2017, L 328, S. 19), soweit er den Kläger betrifft
Tenor
1. |
Die Klage wird abgewiesen. |
2. |
Herr Delphin Kahimbi Kasagwe trägt die Kosten. |