URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

24. Oktober 2019 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuern – Einkommensteuer natürlicher Personen – Unzulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens“

In den verbundenen Rechtssachen C‑469/18 und C‑470/18

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van Cassatie (Kassationshof, Belgien) mit Entscheidung vom 28. Juni 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juli 2018, in den Verfahren

IN (C‑469/18),

JM (C‑470/18)

gegen

Belgische Staat

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter I. Jarukaitis (Berichterstatter), E. Juhász, M. Ilešič und C. Lycourgos,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von IN und JM, vertreten durch J. Verbist, advocaat,

der belgischen Regierung, vertreten durch J.‑C. Halleux, P. Cottin und C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand von W. van Eeckhoutte, advocaat,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und J. Hoogveld als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Krämer und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 11. Juli 2019

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

2

Sie ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen IN (Rechtssache C‑469/18) bzw. JM (Rechtssache C‑470/18) und dem Belgische Staat (Belgischer Staat) über von der belgischen Finanzverwaltung erlassene Steuerbescheide zur Berichtigung ihrer Steuererklärungen als natürliche Personen für die Steuerjahre 1997 und 1998.

Völkerrecht

3

Art. 20 des am 27. Juni 1962 in Brüssel unterzeichneten Übereinkommens zwischen dem Königreich Belgien, dem Großherzogtum Luxemburg und dem Königreich Niederlande über die Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen sieht vor:

„1.   Auf Ersuchen der ersuchenden Partei beschlagnahmt die ersuchte Partei, sofern dies nach innerstaatlichem Recht zulässig ist, Gegenstände, die

a)

als Beweismittel dienen können,

b)

durch die Straftat erlangt und vor oder nach der Übergabe der verhafteten Person gefunden wurden,

und gibt sie heraus.

2.   Die Herausgabe darf nur mit Genehmigung der Ratskammer des erstinstanzlichen Gerichts erfolgen, in dessen Bezirk die Durchsuchung und die Beschlagnahme stattgefunden haben. Die Ratskammer entscheidet, ob die beschlagnahmten Gegenstände ganz oder teilweise an die ersuchende Partei herausgegeben werden. Sie kann die Rückgabe von Gegenständen anordnen, die nicht unmittelbar mit der Tat, die der verdächtigen Person zur Last gelegt wird, in Beziehung stehen, und entscheidet gegebenenfalls über Einwendungen Dritter, die den Gegenstand in Besitz hatten, oder sonstiger Berechtigter.

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

4

Die Sachverhalte der beiden Ausgangsverfahren entsprechen sich in den Rechtssachen C‑469/18 und C‑470/18. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen.

5

Bei den Klägern der Ausgangsverfahren handelt es sich um Geschäftsführer von Handels- und Vertriebsunternehmen für Computer und Computerzubehör. Gegen diese Unternehmen wurden im Jahr 1996 nach einer Beschwerde der belgischen Finanzverwaltung im Zusammenhang mit einer 1995 durchgeführten Untersuchung von Fällen des Mehrwertsteuer-Karussellbetrugs strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.

6

Im Zuge dieser Ermittlungen wurde in Luxemburg einem Rechtshilfeersuchen entsprochen, in dessen Rahmen der Direktor einer luxemburgischen Bank bei seiner Vernehmung durch einen luxemburgischen Untersuchungsrichter in Anwesenheit von dessen belgischem Kollegen Bankunterlagen aushändigte, die die Kläger der Ausgangsverfahren betrafen. Diese Herausgabe erfolgte jedoch, ohne dass die nach Art. 20 des Übereinkommens zwischen dem Königreich Belgien, dem Großherzogtum Luxemburg und dem Königreich der Niederlande über die Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen erforderliche Genehmigung der Ratskammer des Gerichts, in dessen Bezirk die Durchsuchung und die Beschlagnahmung stattfanden, d. h. der Ratskammer des Tribunal d’arrondissement de Luxembourg (Bezirksgericht Luxemburg), eingeholt worden wäre.

7

Die belgische Finanzverwaltung erließ, nachdem ihr Einsicht in die Strafakte gewährt und die Anfertigung einer Kopie gestattet worden war, Bescheide zur Berichtigung der von den Klägern der Ausgangsverfahren abgegebenen Einkommensteuererklärungen und zur Festsetzung von Steuern in Höhe von 536738,94 Euro für das Steuerjahr 1997 und 576717,62 Euro für das Steuerjahr 1998 für auf ein luxemburgisches Konto überwiesene Gewinne aus gewerblichen und kommerziellen Tätigkeiten.

8

Die Kläger der Ausgangsverfahren erhoben, nachdem ihre gegen diese Steuerbescheide eingelegten Rechtsbehelfe zurückgewiesen worden waren, Klage und beantragten einen Nachlass der zu ihren Lasten veranlagten Steuer, weil die Bankunterlagen rechtswidrig erlangt worden seien und daher nicht die Grundlage eines Steuerbescheids bilden könnten. Das im ersten Rechtszug ergangene stattgebende Urteil wurde im Rechtsmittelverfahren aufgehoben. Daraufhin legten die Kläger der Ausgangsverfahren Kassationsbeschwerde ein.

9

Vor dem vorlegenden Gericht, dem Hof van Cassatie (Kassationshof, Belgien), machten die Kläger der Ausgangsverfahren u. a. geltend, dass Bankunterlagen natürlicher Personen nach Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und Art. 7 der Charta nur dann herausgegeben werden dürften, wenn die insoweit vorgesehenen gesetzlichen Verfahren eingehalten worden seien. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen, so dass ihr Grundrecht auf Achtung des Privatlebens verletzt worden sei. Würden Beweismittel unter Verletzung eines solchen Rechts erlangt, verstoße dies gegen das, was von ordnungsgemäß handelnden staatlichen Behörden erwartet werden dürfe, so dass die Verwertung dieser Beweismittel unter allen Umständen als unzulässig anzusehen sei.

10

In diesem Zusammenhang berufen sich die Kläger der Ausgangsverfahren auf das Urteil vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832), und machen geltend, dass es im Hinblick auf den nach der belgischen Verfassung garantierten Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung zwischen dem Steuerpflichtigen, der Adressat einer Einkommensteuerfestsetzung sei, und dem Steuerpflichtigen, der Adressat einer Mehrwertsteuerfestsetzung sei, käme, wenn es im Rahmen der Einkommensbesteuerung nach belgischem Recht zulässig wäre, unter Verletzung eines Grundrechts erlangte Beweise zu verwerten.

11

Das vorlegende Gericht führt zum einen aus, dass das belgische Steuerrecht keine allgemeine Bestimmung enthalte, die es verbieten würde, rechtswidrig erlangte Beweismittel zu verwerten, um eine Steuerschuld festzustellen und gegebenenfalls einen Zuschlag oder eine Geldbuße zu verhängen. Die Verwertung solcher Beweismittel durch die Verwaltung müsse im Hinblick auf die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und das Recht auf ein faires Verfahren beurteilt werden. Sofern nicht der Gesetzgeber insoweit besondere Sanktionen vorsehe, könnten diese Beweismittel in steuerrechtlichen Verfahren nur dann ausgeschlossen werden, wenn sie in einer Weise erlangt worden seien, die so sehr gegen das verstoße, was von ordnungsgemäß handelnden staatlichen Behörden erwartet werden dürfe, dass die Verwertung unter allen Umständen als unzulässig anzusehen sei, oder wenn die Verwertung das Recht des Steuerpflichtigen auf ein faires Verfahren beeinträchtige. Bei dieser Beurteilung könne das Gericht u. a. einen oder mehrere der folgenden Umstände berücksichtigen: den rein formalen Charakter der Unregelmäßigkeit, ihre Auswirkungen auf das Recht oder die Freiheit, die durch die verletzte Rechtsnorm geschützt würden, ein etwaiges vorsätzliches rechtswidriges Verhalten der Behörden und den Umstand, dass die Schwere des Verstoßes die begangene Unregelmäßigkeit bei Weitem überwiege.

12

Zum anderen verweist das vorlegende Gericht auf das Urteil vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C-419/14, EU:C:2015:832), in dem der Gerichtshof entschieden habe, dass bei der Mehrwertsteuerfestsetzung unter Verletzung eines Grundrechts erlangte Beweise ausgeschlossen werden müssten. Dagegen ergebe sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass die Verwertung eines unter Verstoß gegen Art. 8 EMRK erlangten Beweismittels nicht zwangsläufig eine Verletzung des durch Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Rechts auf ein faires Verfahren zur Folge habe und dass Art. 13 EMRK als solcher nicht den Ausschluss solcher Beweise verlange.

13

In Anbetracht dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hält es das vorlegende Gericht für erforderlich, den Gerichtshof erneut mit der Frage zu befassen, ob Art. 47 im Bereich der Mehrwertsteuer dahin auszulegen ist, dass er unter allen Umständen der Verwertung von Beweismitteln, die unter Verletzung des durch Art. 7 der Charta garantierten Rechts auf Achtung des Privatlebens erlangt wurden, entgegensteht, oder dahin, dass er eine nationale Regelung zulässt, nach der das Gericht, das entscheiden muss, ob ein solches Beweismittel als Grundlage für eine Mehrwertsteuerfestsetzung verwendet werden darf, eine Abwägung wie die vorstehend dargestellte vornehmen muss.

14

Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass es in den Ausgangsverfahren zwar um Einkommensteuer und damit nicht um einen unionsrechtlich geregelten Bereich gehe, dass eine Beantwortung der in den verbundenen Rechtssachen gestellten Frage aber erforderlich sei, um die von den Klägern der Ausgangsverfahren geltend gemachte Ungleichbehandlung zwischen einem Steuerpflichtigen, der Adressat einer Einkommensteuerfestsetzung sei, und einem Steuerpflichtigen, der Adressat einer Mehrwertsteuerfestsetzung sei, beurteilen zu können.

15

Unter diesen Umständen hat der Hof van Cassatie (Kassationshof) beschlossen, die Verfahren in den Rechtssachen C‑469/18 und C‑470/18 auszusetzen und dem Gerichtshof die – in den beiden Rechtssachen gleichlautende – Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass er in Bezug auf die Mehrwertsteuer unter allen Umständen der Verwendung von Beweismitteln, die unter Verletzung des durch Art. 7 der Charta garantierten Rechts auf Achtung des Privatlebens erlangt wurden, entgegensteht, oder lässt er eine nationale Regelung zu, nach der das Gericht, das entscheiden muss, ob ein solches Beweismittel als Grundlage für eine Mehrwertsteuerfestsetzung verwendet werden darf, eine Abwägung, wie in der Vorlageentscheidung beschrieben, vorzunehmen hat?

Verfahren vor dem Gerichtshof

16

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 6. September 2018 sind die Rechtssachen C‑469/18 und C‑470/18 zu gemeinsamem schriftlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Zur Zulässigkeit der Vorabentscheidungsersuchen

17

Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts fällt die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Situation, bei der es um die Berichtigung von Einkommensteuererklärungen natürlicher Personen geht, nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts.

18

Wie die Generalanwältin in Nr. 66 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, dass die Beweismittel in den Ausgangsverfahren im Rahmen eines Strafverfahrens erlangt wurden, das auf eine Anzeige der belgischen Finanzverwaltung im Zusammenhang mit der Untersuchung von Mehrwertsteuerbetrugsfällen eingeleitet worden war, als solcher nicht, dass die Verwertung dieser Beweismittel im Hinblick auf die Berichtigung von Einkommensteuererklärungen natürlicher Personen eine Durchführung von Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta darstellt. Eine solche Verwertung weist nämlich keinen Zusammenhang zum Unionsrecht auf, der darüber hinausgeht, dass es sich bei den die Erhebung von Mehrwertsteuer und den die Erhebung der Einkommensteuer natürlicher Personen betreffenden Regelungen in einem Mitgliedstaat möglicherweise um benachbarte Sachbereiche handelt oder dass die eine Regelung mittelbare Auswirkungen auf die andere hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2014, Julián Hernández u. a.,C‑198/13, EU:C:2014:2055, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19

Daher kann der Gerichtshof im vorliegenden Fall die nationalen Rechtsvorschriften oder die nationale Rechtsprechung, die für die Verwertung von Beweismitteln in dem die Kläger der Ausgangsverfahren betreffenden Verfahren zur Erhebung der Einkommensteuer natürlicher Personen gelten, nicht anhand der Charta beurteilen.

20

Allerdings möchte das vorlegende Gericht, obwohl es in den Ausgangsverfahren um die Einkommensteuer natürlicher Personen geht, mit seiner in den beiden Rechtssachen gestellten Frage, die sich ausdrücklich auf die Auslegung von Art. 47 der Charta bezieht, in Wirklichkeit klären lassen, inwieweit das Unionsrecht die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zusammenhang mit der Erhebung von Mehrwertsteuer zulässt oder verbietet. Es hält in diesem Punkt eine Diskrepanz zwischen der vom Gerichtshof im Urteil vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832) vertretenen Auffassung und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für möglich. Die Beantwortung der von ihm gestellten Frage sei erforderlich, um die von den Klägern der Ausgangsverfahren geltend gemachte Ungleichbehandlung zwischen dem Steuerpflichtigen, der – wie im vorliegenden Fall – Adressat einer Einkommensteuerfestsetzung sei, und dem Steuerpflichtigen, der Adressat einer Mehrwertsteuerfestsetzung sei, beurteilen zu können.

21

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dieser für die Entscheidung über Vorabentscheidungsersuchen zuständig, die Vorschriften des Unionsrechts in Fällen betreffen, in denen der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zwar nicht unmittelbar in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, diese Vorschriften aber durch das nationale Recht aufgrund eines darin enthaltenen Verweises auf ihren Inhalt für anwendbar erklärt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Oktober 2012, Nolan,C‑583/10, EU:C:2012:638, Rn. 45, und vom 15. November 2016, Ullens de Schooten,C‑268/15, EU:C:2016:874, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22

Wenn sich nämlich nationale Rechtsvorschriften zur Regelung rein innerstaatlicher Sachverhalte nach den im Unionsrecht getroffenen Regelungen richten, um insbesondere zu verhindern, dass es zu Benachteiligungen der eigenen Staatsangehörigen oder zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, oder um sicherzustellen, dass in vergleichbaren Fällen ein einheitliches Verfahren angewandt wird, besteht ein klares Interesse der Europäischen Union daran, dass die aus dem Unionsrecht übernommenen Bestimmungen oder Begriffe unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden sollen, einheitlich ausgelegt werden, um künftige Auslegungsunterschiede zu verhindern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Oktober 1990, Dzodzi,C‑297/88 und C‑197/89, EU:C:1990:360, Rn. 37, vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem,C‑28/95, EU:C:1997:369, Rn. 32, und vom 18. Oktober 2012, Nolan,C‑583/10, EU:C:2012:638, Rn. 46).

23

Somit ist eine Auslegung unionsrechtlicher Vorschriften durch den Gerichtshof bei Sachverhalten, die nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschriften fallen, dann gerechtfertigt, wenn die Vorschriften vom nationalen Recht unmittelbar und unbedingt für auf diese Sachverhalte anwendbar erklärt worden sind, um zu gewährleisten, dass diese Sachverhalte und die durch die Vorschriften geregelten Sachverhalte gleichbehandelt werden (Urteile vom 18. Oktober 2012, Nolan,C‑583/10, EU:C:2012:638, Rn. 47, und vom 7. November 2018, C und A, C‑257/17, EU:C:2018:876, Rn. 33).

24

Bei einem Sachverhalt wie dem in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, der nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, dem Gerichtshof den Anforderungen von Art. 94 seiner Verfahrensordnung entsprechend anzugeben, inwieweit der bei ihm anhängige Rechtsstreit trotz seines rein innerstaatlichen Charakters einen Anknüpfungspunkt bezüglich der Vorschriften des Unionsrechts aufweist, der die erbetene Auslegung im Wege der Vorabentscheidung für die Entscheidung dieses Rechtsstreits erforderlich macht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. November 2016, Ullens de Schooten,C‑268/15, EU:C:2016:874, Rn. 55, und vom 20. September 2018, Fremoluc,C‑343/17, EU:C:2018:754, Rn. 22).

25

Da das Unionsrecht aber keine Regeln zu den Modalitäten der Beweiserhebung in Fällen des Mehrwertsteuerbetrugs vorsieht und es Sache der Mitgliedstaaten ist, solche Regelungen unter Wahrung des Grundsatzes der Effektivität des Unionsrechts und der unionsrechtlich garantierten Rechte zu erlassen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses,C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 65 bis 68, und vom 17. Januar 2019, Dzivev u. a.,C‑310/16, EU:C:2019:30, Rn. 24), ist es schwer vorstellbar, dass das nationale Recht insoweit auf unionsrechtliche Vorschriften verweist. Jedenfalls geht aus der Vorlageentscheidung nicht hervor, dass das belgische Recht einen solchen Verweis enthält.

26

Nach alledem sind die vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen unzulässig.

Kosten

27

Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren Teil der bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

Die vom Hof van Cassatie (Kassationshof, Belgien) mit Entscheidungen vom 28. Juni 2018 eingereichten Vorabentscheidungsersuchen sind unzulässig.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.