URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
21. November 2019 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EG) Nr. 561/2006 – Straßenverkehr – Sozialvorschriften – Fahrzeuge, die für die Zustellung von Sendungen im Rahmen des Universalpostdienstes benutzt werden – Ausnahmen – Fahrzeuge, die teilweise für eine solche Zustellung benutzt werden – Richtlinie 97/67/EG – Art. 3 Abs. 1 – ‚Universaldienst‘ – Begriff“
In den verbundenen Rechtssachen C‑203/18 und C‑374/18
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Deutschland) (C‑203/18) mit Entscheidung vom 21. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 20. März 2018, sowie vom Landgericht Köln (Deutschland) (C‑374/18) mit Entscheidung vom 22. Mai 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juni 2018, in den Verfahren
Deutsche Post AG,
Klaus Leymann
gegen
Land Nordrhein-Westfalen (C‑203/18)
und
UPS Deutschland Inc. & Co. OHG,
DPD Dynamic Parcel Distribution GmbH & Co. KG,
Bundesverband Paket & Expresslogistik e. V.
gegen
Deutsche Post AG (C‑374/18)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin) und des Richters J. Malenovský,
Generalanwalt: P. Pikamäe,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
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der Deutschen Post AG und von Herrn Leymann, vertreten durch Rechtsanwalt T. Mayen und Rechtsanwältin B. Stamm, |
– |
des Landes Nordrhein-Westfalen, vertreten durch A. Baron-Barth und B. Spieles als Bevollmächtigte, |
– |
der UPS Deutschland Inc. & Co. OHG, der DPD Dynamic Parcel Distribution GmbH & Co. KG sowie des Bundesverbands Paket & Expresslogistik e. V., vertreten durch Rechtsanwälte S. Maaßen und P. Pommerening, |
– |
der Deutschen Post AG, vertreten durch Rechtsanwalt K. Hamacher, |
– |
der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten, |
– |
der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und J. Hottiaux als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Juni 2019
folgendes
Urteil
1 |
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. 2006, L 102, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 (ABl. 2014, L 60, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 561/2006). |
2 |
Sie ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Deutschen Post AG und dem Verkehrsleiter ihrer Niederlassung Bonn (Deutschland), Herrn Leymann (im Folgenden zusammen: Deutsche Post u. a.), auf der einen Seite und dem Land Nordrhein-Westfalen auf der anderen Seite (Rechtssache C‑203/18) sowie zwischen der UPS Deutschland Inc. & Co. OHG, der DPD Dynamic Parcel Distribution GmbH & Co. KG und dem Bundesverband Paket & Expresslogistik e. V. (im Folgenden zusammen: UPS Deutschland u. a.) auf der einen Seite und der Deutschen Post auf der anderen Seite (Rechtssache C‑374/18) über die Anwendung der Vorschriften zu den Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Kraftfahrer im Straßengüter- und ‑personenverkehr auf die mit Fahrzeugen der Deutschen Post durchgeführten Beförderungen. |
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 561/2006
3 |
Die Erwägungsgründe 4, 17, 22 und 23 der Verordnung Nr. 561/2006 lauten:
…
…
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4 |
Art. 1 dieser Verordnung bestimmt: „Durch diese Verordnung werden Vorschriften zu den Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Kraftfahrer im Straßengüter- und ‑personenverkehr festgelegt, um die Bedingungen für den Wettbewerb zwischen Landverkehrsträgern, insbesondere im Straßenverkehrsgewerbe, anzugleichen und die Arbeitsbedingungen sowie die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern. Ziel dieser Verordnung ist es ferner, zu einer besseren Kontrolle und Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten sowie zu einer besseren Arbeitspraxis innerhalb des Straßenverkehrsgewerbes beizutragen.“ |
5 |
Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung sieht vor: „Diese Verordnung gilt für folgende Beförderungen im Straßenverkehr:
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6 |
Die Art. 5 bis 9 der Verordnung Nr. 561/2006 enthalten die Vorschriften über das Fahrpersonal, die Lenkzeiten, die Fahrtunterbrechungen und die Ruhezeiten. |
7 |
In Art. 13 in Kapitel IV („Ausnahmen“) dieser Verordnung heißt es: „(1) Sofern die Verwirklichung der in Artikel 1 genannten Ziele nicht beeinträchtigt wird, kann jeder Mitgliedstaat für sein Hoheitsgebiet oder mit Zustimmung der betreffenden Mitgliedstaaten für das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats Abweichungen von den Artikeln 5 bis 9 zulassen und solche Abweichungen für die Beförderung mit folgenden Fahrzeugen an individuelle Bedingungen knüpfen: …
…
…
…“ |
Richtlinie 97/67
8 |
Im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/67 in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 (ABl. 2008, L 52, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 97/67) wird ausgeführt: „Der wesentliche Unterschied zwischen Kurierpost und postalischen Universaldienstleistungen besteht in dem von den Kurierdiensten erbrachten und von den Kunden wahrgenommenen Mehrwert (in beliebiger Form), wobei sich dieser zusätzliche Wert am besten durch Ermittlung des zusätzlichen Preises bestimmen lässt, den die Kunden zu zahlen bereit sind. Die einzuhaltende Preisgrenze des reservierten Bereichs wird hiervon jedoch nicht berührt.“ |
9 |
Art. 2 Nr. 13 dieser Richtlinie sieht vor: „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck …
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10 |
In Art. 3 Abs. 1, 4 und 5 der Richtlinie heißt es: „(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass den Nutzern ein Universaldienst zur Verfügung steht, der ständig flächendeckend postalische Dienstleistungen einer bestimmten Qualität zu tragbaren Preisen für alle Nutzer bietet. … (4) Jeder Mitgliedstaat erlässt die erforderlichen Maßnahmen, damit der Universaldienst mindestens folgendes Angebot umfasst: …
… (5) Die nationalen Regulierungsbehörden können die Gewichtsobergrenze für Postpakete, die unter den Universaldienst fallen, auf einen Wert anheben, der 20 kg nicht übersteigt, und Sonderregelungen für die Hauszustellung von solchen Postpaketen vorsehen. …“ |
Deutsches Recht
11 |
Die Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes vom 27. Juni 2005 (BGBl. 2005 I S. 1882) in ihrer zuletzt durch die Verordnung vom 8. August 2017 (BGBl. 2017 I S. 3158) geänderten Fassung (im Folgenden: Fahrpersonalverordnung oder FPersV) wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (Deutschland) zur Umsetzung der Verordnung Nr. 561/2006 in deutsches Recht erlassen. |
12 |
In § 1 („Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr“) FPersV heißt es: „(1) Fahrer
… haben Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten nach Maßgabe der Artikel 4, 6 bis 9 und 12 der [Verordnung Nr. 561/2006] einzuhalten. (2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf
… (6) … Der Unternehmer hat
…“ |
13 |
§ 18 („Ausnahmen nach den Verordnungen [EG] Nr. 561/2006 und [EU] Nr. 165/2014“) FPersV bestimmt: „(1) Nach Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 werden im Geltungsbereich des Fahrpersonalgesetzes folgende Fahrzeugkategorien von der Anwendung der Artikel 5 bis 9 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und der Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 ausgenommen: …
…“ |
14 |
§ 4 Nr. 1 Buchst. b des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. 1997 I S. 3294) in der zuletzt durch Art. 169 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. 2017 I S. 626) geänderten Fassung (im Folgenden: PostG) sieht vor: „1. Postdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind folgende gewerbsmäßig erbrachte Dienstleistungen: …
…“ |
15 |
§ 11 PostG lautet: „(1) Universaldienstleistungen sind ein Mindestangebot an Postdienstleistungen nach § 4 Nr. 1, die flächendeckend in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichen Preis erbracht werden. Der Universaldienst ist auf lizenzpflichtige Postdienstleistungen und Postdienstleistungen, die zumindest in Teilen beförderungstechnisch mit lizenzpflichtigen Postdienstleistungen erbracht werden können, beschränkt. Er umfasst nur solche Dienstleistungen, die allgemein als unabdingbar angesehen werden. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates bedarf, nach Maßgabe des Absatzes 1 Inhalt und Umfang des Universaldienstes festzulegen. …“ |
16 |
Gestützt auf § 11 Abs. 2 PostG hat die Bundesregierung den Umfang des Universaldiensts in Bezug auf Paketsendungen in § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Post-Universaldienstleistungsverordnung vom 15. Dezember 1999 (BGBl. 1999 I S. 2418) in der zuletzt durch Art. 3 Abs. 26 des Gesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. 2005 I S. 1970) geänderten Fassung (im Folgenden: PUDLV) wie folgt konkretisiert: „(1) Als Universaldienstleistungen werden folgende Postdienstleistungen bestimmt: …
…“ |
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Rechtssache C‑203/18
17 |
Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass die Deutsche Post als Anbieterin von Universalpostdiensten im Sinne des § 11 Abs. 1 PostG benannt ist und so die Beförderung von Paketen mit einem Höchstgewicht von 20 kg gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 PUDLV durchführt. Bei der Erbringung dieses Dienstes setzt sie Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von 2,8 t bis 3,5 t sowie Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 t ein. Gleichzeitig führt die Deutsche Post mit denselben Fahrzeugen auch die Zustellung von Paketen durch, die schwerer als 20 kg sind – d. h. Paketen, die nicht dem Universalpostdienst zuzurechnen sind –, die aber, nach den Angaben der Deutschen Post, auch in zustellungsintensiven Zeiten nicht mehr als 5 % der Gesamtladung aller Fahrzeuge ausmachen. |
18 |
Die Deutsche Post ist der Ansicht, dass sie als Anbieterin des Universaldiensts unter die Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV falle, die Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 aufgreife. Daher unterliege sie insbesondere nicht den unternehmerbezogenen Pflichten zur Durchsetzung der Vorschriften über die Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Kraftfahrer im Straßengüter- und ‑personenverkehr gemäß der besagten Verordnung. |
19 |
Die zuständigen deutschen Bundes- und Landesbehörden vertreten hingegen die Auffassung, dass diese Ausnahmebestimmung auf die Deutsche Post nicht anwendbar sei, da diese auch Pakete befördere, deren Gewicht die für Sendungen des Universalpostdiensts geltende Grenze von 20 kg überschreite. In diesem Zusammenhang wurden die Niederlassungen der Deutschen Post bereits Überprüfungen unterzogen, und gegen sie wurden Bußgeldverfahren eingeleitet. |
20 |
Am 21. Januar 2015 erhoben die Deutsche Post u. a. Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht Köln (Deutschland), mit der sie die Klarstellung der Reichweite der Ausnahme des § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV und die Anerkennung der Anwendbarkeit dieser Ausnahme auch auf die in Rede stehenden Dienstleistungen begehrten. Mit Urteil vom 2. Februar 2016 wurde die Klage als unbegründet abgewiesen, da sich das Verwaltungsgericht namentlich der vom Land Nordrhein-Westfalen (Deutschland) vertretenen Auslegung anschloss, wonach die fragliche Ausnahme nur dann Anwendung finde, wenn die Fahrzeuge „ausschließlich“ zum Zweck der Zustellung von Sendungen des Universalpostdiensts verwendet würden. |
21 |
Am 7. März 2016 legten die Deutsche Post u. a. Berufung gegen dieses Urteil vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Deutschland) ein. Das Oberverwaltungsgericht weist darauf hin, dass der deutsche Gesetzgeber mit dem Erlass von § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV den Inhalt der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 vorgesehenen Abweichung in vollem Umfang übernommen habe, so dass die Auslegung der in Rede stehenden nationalen Bestimmung im Wesentlichen von der Auslegung der unionsrechtlichen Ausnahmebestimmung abhänge. |
22 |
Insbesondere könne, da Reichweite und Inhalt dieser Abweichung vom Gerichtshof noch nicht geklärt worden seien, beim jetzigen Stand weder die von der Deutschen Post u. a. vertretene Auslegung noch die vom Land Nordrhein-Westfalen befürwortete Auslegung ausgeschlossen werden. Die vom Land vertretene Auslegung gestatte es insoweit, zu vermeiden, dass in Deutschland ein Unternehmen, das auch den Universalpostdienst erbringe, von einem Wettbewerbsvorteil gegenüber den Unternehmen profitieren könne, die einen solchen Dienst nicht erbrächten und daher den Vorschriften über Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten unterlägen. Vorstellbar sei allerdings ebenfalls, dass dieser Wettbewerbsvorteil vorgesehen sei, um den Wettbewerbsnachteil auszugleichen, der für die Unternehmen, die den Universalpostdienst erbrächten, von der staatlichen Regulierung von Preis und Qualität der Leistungen des Universalpostdiensts herrühre. |
23 |
Für den Fall, dass die abweichende Bestimmung des Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 nicht erfordern sollte, dass die darin genannten Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen „ausschließlich“ zum Zweck der Zustellung von Sendungen im Rahmen des Universaldiensts benutzt würden, sei zudem zu klären, ob diese Bestimmung zumindest einen bestimmten Anteil an dem Universaldienst zuzurechnenden Sendungen verlange, damit Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen von den Verpflichtungen dieser Verordnung ausgenommen werden könnten. |
24 |
Unter diesen Umständen hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Rechtssache C‑374/18
25 |
Ebenso wie in der Rechtssache C‑203/18 betrifft der Ausgangsrechtsstreit die Beachtung der Verpflichtungen durch die Deutsche Post, die nach der Fahrpersonalverordnung, die wiederum manche Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006 übernimmt, vorgesehen sind. Der Sachverhalt in der Rechtssache C‑374/18 unterscheidet sich jedoch darin, dass nur Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von 2,8 t bis 3,5 t in Rede stehen. |
26 |
UPS Deutschland u. a. sehen in der Nichteinhaltung der angesprochenen Verpflichtungen durch die Deutsche Post einen Verstoß gegen die §§ 3 und 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. 2010 I S. 254) und haben beim Landgericht Köln (Deutschland) Klage erhoben, mit der sie Ansprüche auf Unterlassung sowie Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz geltend machen. |
27 |
Das Landgericht neigt der Auffassung zu, dass sich die Deutsche Post nicht auf die Ausnahme des § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV berufen könne, da diese, wie sich aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift ergebe, nur dann Anwendung finden könne, wenn allein Sendungen des Universalpostdiensts zugestellt würden. Das Ziel der Fahrpersonalverordnung – die die Verordnung Nr. 561/2006 wortgetreu in das deutsche Recht übernehme –, die Arbeitsbedingungen der Fahrer und die Verkehrssicherheit zu verbessern, könne nämlich nur dann erreicht werden, wenn in einem durch starken Wettbewerb gekennzeichneten Bereich wie dem Postsektor die Ausnahmevorschriften eng ausgelegt würden. |
28 |
Da die Fahrpersonalverordnung auch die Regelung der Verordnung Nr. 561/2006 für Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstmasse von mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t übernommen habe, stelle sich zudem die Frage, ob und in welchem Umfang unionsrechtliche Bestimmungen bei der Auslegung einer nationalen Bestimmung wie § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV heranzuziehen seien. |
29 |
Außerdem stelle sich die Frage, ob der Umstand, dass bestimmte Zusatzleistungen im Zusammenhang mit einer Postsendung erbracht würden, der Einordnung dieser Sendung als Sendung „im Rahmen des Universaldienstes“ entgegenstehe. Nach Ansicht des Landgerichts Köln ist dies zu bejahen. Gleichwohl hänge die Entscheidung des Rechtsstreits namentlich davon ab, wie die Verordnung Nr. 561/2006 auszulegen sei. |
30 |
Unter diesen Umständen hat das Landgericht Köln beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Zu den Vorlagefragen
Vorbemerkungen
31 |
Die Fragen in der Rechtssache C‑203/18 sowie die erste, die zweite und die vierte Frage in der Rechtssache C‑374/18 betreffen im Wesentlichen die Auslegung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006 und der Richtlinie 97/67. |
32 |
Dagegen gehen hinsichtlich der dritten Frage in der Rechtssache C‑374/18 die Zweifel des Landgerichts Köln darauf zurück, dass der Ausgangsrechtsstreit Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von 2,8 t bis 3,5 t betrifft, also Fahrzeuge, die nicht in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 561/2006 fallen. Gemäß ihrem Art. 2 Abs. 1 Buchst. a gilt diese Verordnung nämlich nur für die Güterbeförderung mit Fahrzeugen, deren zulässige Höchstmasse 3,5 t übersteigt. |
33 |
Der deutsche Gesetzgeber, der mit § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV von der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 vorgesehenen Befugnis in enger Anlehnung an den Wortlaut dieser Bestimmung Gebrauch gemacht hat, wendet jedoch die in besagtem Art. 13 der Verordnung Nr. 561/2006 vorgesehenen abweichenden Regelungen auch auf Fahrzeuge an, die die Masse von 3,5 t nicht erreichen. |
34 |
Unter diesen Umständen kann sich, wie vom Generalanwalt in den Nrn. 39 und 40 seiner Schlussanträge ausgeführt, die Antwort auf die dritte Vorlagefrage in der Rechtssache C‑374/18 auf die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Beantwortung der ersten, der zweiten und der vierten Frage in dieser Rechtssache auswirken, die sich auf die Auslegung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006 beziehen. Diese dritte Frage ist deshalb an erster Stelle zu behandeln. |
Zur dritten Frage in der Rechtssache C‑374/18
35 |
Mit seiner dritten Frage in der Rechtssache C‑374/18 möchte das Landgericht Köln im Wesentlichen wissen, ob eine Bestimmung des nationalen Rechts wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die Regelung des Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 wörtlich übernimmt, soweit sie für Fahrzeuge gilt, die eine Höchstmasse von mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t haben und daher nicht in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, ausschließlich auf der Grundlage des Unionsrechts auszulegen ist oder ob ein nationales Gericht vom Unionsrecht abweichende Kriterien für die Auslegung einer solchen nationalen Bestimmung anwenden kann. |
36 |
Im Hinblick auf die Beantwortung dieser Frage ist daran zu erinnern, dass sich der Gerichtshof wiederholt dafür zuständig erklärt hat, über Vorabentscheidungsersuchen zu entscheiden, die Vorschriften des Unionsrechts in Fällen betreffen, in denen der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zwar nicht unmittelbar in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, aber die genannten Vorschriften durch das nationale Recht aufgrund eines darin enthaltenen Verweises auf ihren Inhalt für anwendbar erklärt worden sind. In solchen Fällen besteht nämlich ein klares Interesse der Europäischen Union daran, dass die aus dem Unionsrecht übernommenen Bestimmungen einheitlich ausgelegt werden, um künftige Auslegungsunterschiede zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Oktober 1990, Dzodzi, C‑297/88 und C‑197/89, EU:C:1990:360, Rn. 37, und vom 13. März 2019, E., C‑635/17, EU:C:2019:192, Rn. 35 und 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
37 |
Somit rechtfertigt sich eine Auslegung von Vorschriften des Unionsrechts durch den Gerichtshof bei Sachverhalten, die nicht in deren Anwendungsbereich fallen, wenn diese Vorschriften vom nationalen Recht unmittelbar und unbedingt für auf diese Sachverhalte anwendbar erklärt worden sind, um zu gewährleisten, dass diese Sachverhalte und die durch diese Vorschriften geregelten Sachverhalte gleich behandelt werden (Urteil vom 13. März 2019, E., C‑635/17, EU:C:2019:192, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
38 |
Hier ist zu prüfen, ob der Verweis auf Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 in § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV als „unmittelbar und unbedingt“ im Sinne dieser Rechtsprechung anzusehen ist und ob folglich diese Bestimmung des Unionsrechts auf Fahrzeuge für anwendbar erklärt worden ist, die wegen einer zulässigen Höchstmasse, die unterhalb der in dieser Verordnung festgelegten Untergrenze von 3,5 t liegt, nicht in deren Geltungsbereich fallen. |
39 |
Wie der Generalanwalt in Nr. 53 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, gibt der Wortlaut des § 18 FPersV nach ausdrücklicher Bezugnahme sowohl in seiner Überschrift als auch in seinem ersten Satz auf die Verordnungen Nrn. 561/2006 und 165/2014 in seinem Abs. 1 Nr. 4 Wort für Wort und unverändert den Inhalt der Abweichung wieder, die in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 in der durch Art. 45 der Verordnung Nr. 165/2014 geänderten Fassung vorgesehen ist. |
40 |
Außerdem hat das vorlegende Gericht, das im Rahmen des Systems der gerichtlichen Zusammenarbeit nach Art. 267 AEUV für die Auslegung des nationalen Rechts ausschließlich zuständig ist (vgl. entsprechend Urteil vom 7. November 2018, K und B, C‑380/17, EU:C:2018:877, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung), in seiner Vorlageentscheidung klargestellt, dass die Fahrpersonalverordnung die Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006 übernimmt und sie unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die unionsrechtlichen Vorgaben auf Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstmasse von 2,8 t bis 3,5 t erstreckt. Hinzu kommt, dass sich ausweislich der Vorlageentscheidung in der Rechtssache C‑203/18 aus den Materialien zur Entstehung von § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV eindeutig ergibt, dass der deutsche Gesetzgeber „in vollem Umfang von der Ausnahmebestimmung des Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der [Verordnung Nr. 561/2006] hat Gebrauch machen wollen“ und so die Behandlung von internen Sachverhalten und solchen, die von dieser Verordnung erfasst werden, harmonisiert hat. |
41 |
Wie vom Generalanwalt in Nr. 57 seiner Schlussanträge hervorgehoben, folgt daraus, dass § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV im Kontext eines umfassenden Systems von nationalen Vorschriften steht, das die Anwendung der mit der Verordnung Nr. 561/2006 errichteten unionsrechtlichen Regelung betreffend die Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten auf die Beförderung mit Fahrzeugen ausdehnt, deren zulässige Höchstmasse niedriger ist als diejenige der Fahrzeuge im Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 561/2006. |
42 |
Unter diesen Umständen ist der Verweis auf Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 in § 18 Abs. 1 Nr. 4 FPersV als „unmittelbar und unbedingt“ im Sinne der oben in Rn. 37 angeführten Rechtsprechung zu qualifizieren, so dass der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV für die Beantwortung der vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen und damit für die Auslegung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 561/2006 in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens zuständig ist. |
43 |
Da zudem, wie sich aus der oben in Rn. 36 angeführten Rechtsprechung ergibt, ein klares Interesse an einer einheitlichen Auslegung einer solchen Bestimmung des Unionsrechts besteht, für deren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Recht gesorgt wurde, ist das vorlegende Gericht an die Auslegung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden unionsrechtlichen Bestimmungen durch den Gerichtshof gebunden und kann sich nicht auf andere Kriterien stützen. |
44 |
Demnach ist auf die dritte Frage in der Rechtssache C‑374/18 zu antworten, dass eine Bestimmung des nationalen Rechts wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die Regelung des Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 wörtlich übernimmt, soweit sie für Fahrzeuge gilt, die eine zulässige Höchstmasse von mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t haben und daher nicht in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, ausschließlich auf der Grundlage des Unionsrechts in seiner Auslegung durch den Gerichtshof auszulegen ist, wenn diese Regelung vom nationalen Recht unmittelbar und unbedingt für auf diese Fahrzeuge anwendbar erklärt worden ist. |
Zu den Fragen in der Rechtssache C‑203/18 sowie zur ersten und zur zweiten Frage in der Rechtssache C‑374/18
45 |
Mit den Fragen in der Rechtssache C‑203/18 sowie der ersten und der zweiten Frage in der Rechtssache C‑374/18, die gemeinsam zu prüfen sind, möchten die vorlegenden Gerichte im Wesentlichen wissen, ob Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass die darin vorgesehene Abweichung nur die Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen erfasst, die während eines bestimmten Beförderungsvorgangs ausschließlich zum Zweck der Zustellung von Sendungen im Rahmen des Universalpostdiensts benutzt werden, oder dahin, dass diese Abweichung auch dann zur Anwendung kommen kann, wenn die betroffenen Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen überwiegend oder zu einem bestimmten Anteil zum Zweck der Zustellung von Sendungen des Universalpostdiensts benutzt werden. |
46 |
Für die Antwort auf diese Fragen ist daran zu erinnern, dass mit der Verordnung Nr. 561/2006, wie sich aus ihrem 17. Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 ergibt, die Wettbewerbsbedingungen im Straßenverkehrsgewerbe angeglichen sowie die Arbeitsbedingungen und die Straßenverkehrssicherheit verbessert werden sollen (Urteil vom 7. Februar 2019, NK, C‑231/18, EU:C:2019:103, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
47 |
Hierzu sehen die Art. 5 bis 9 dieser Verordnung eine Reihe von Regeln über die Lenkzeiten, die Fahrtunterbrechungen und die Ruhezeiten vor, die die Fahrer der in den Geltungsbereich der Verordnung fallenden Fahrzeuge einhalten müssen. |
48 |
Speziell nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 sind die Mitgliedstaaten jedoch befugt, Abweichungen von diesen Regeln der Art. 5 bis 9 dieser Verordnung namentlich für die Beförderung mit Fahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen zuzulassen, die eine zulässige Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 t haben und von Universaldienstanbietern im Sinne des Art. 2 Nr. 13 der Richtlinie 97/67 zum Zweck der Zustellung von Sendungen im Rahmen des Universaldiensts benutzt werden. |
49 |
Da die Bundesrepublik Deutschland von der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht hat, ist zu bestimmen, welche Reichweite die in dieser Bestimmung vorgesehene Abweichung hat. |
50 |
Insoweit ist hervorzuheben, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 13 Abs. 1 Buchst. d Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 561/2006 als Abweichung von den Art. 5 bis 9 dieser Verordnung eng auszulegen sind (vgl. entsprechend zu Art. 13 Abs. 1 Buchst. d Unterabs. 2 der Verordnung Urteil vom 28. Juli 2011, Seeger, C‑554/09, EU:C:2011:523, Rn. 33, und zu Art. 13 Abs. 1 Buchst. p der Verordnung Nr. 561/2006 Urteil vom 7. Februar 2019, NK, C‑231/18, EU:C:2019:103, Rn. 21). Außerdem ist die Reichweite dieser Abweichung unter Berücksichtigung von Wortlaut, Zusammenhang und Zweck der Regelung zu bestimmen, um die es in den Ausgangsverfahren geht. |
51 |
Zum Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 ist zu bemerken, dass diese Bestimmung ausdrücklich auf Fahrzeuge abstellt, die zum Zweck der Zustellung „von Sendungen im Rahmen des Universaldienstes“ benutzt werden. Somit ist die darin geregelte Abweichung nach Maßgabe der Art von Sendungen abgegrenzt, die mit den betroffenen Fahrzeugen ausgeführt werden, was darauf schließen lässt, dass der Unionsgesetzgeber in den Anwendungsbereich dieser Abweichung nicht alle Fahrzeuge der Universalpostdienstanbieter einschließen wollte, sondern nur diejenigen, mit denen Sendungen befördert werden, die dem Universalpostdienst zuzurechnen sind. |
52 |
Infolgedessen kann die Abweichung, um die es in den Ausgangsverfahren geht, nicht dahin ausgelegt werden, dass sie Fahrzeuge umfasst, die benutzt werden, um über die dem Universalpostdienst zuzurechnenden Sendungen hinaus auch andere, nicht zu einem solchen Dienst gehörende Sendungen zuzustellen. |
53 |
Diese Auslegung kann auch nicht durch das Vorbringen der Deutschen Post und der polnischen Regierung zum Zusammenhang dieser Abweichung entkräftet werden, wonach die Wahl des Unionsgesetzgebers, bei den Abweichungen des Art. 13 Abs. 1 Buchst. e, i und o der Verordnung Nr. 561/2006 den Ausdruck „ausschließlich“ zu verwenden, belege, dass er bei der Abweichung des Art. 13 Abs. 1 Buchst. d dieser Verordnung nicht beabsichtigt habe, den Anwendungsbereich dieser Ausnahme auf die Beförderungen zu beschränken, die mit ausschließlich zur Zustellung von Sendungen im Rahmen des Universaldiensts benutzten Fahrzeugen durchgeführt würden, sondern darin auch die Fälle habe aufnehmen wollen, in denen die Fahrzeuge nur zum Teil für die Zustellung solcher Sendungen benutzt würden. |
54 |
Wie die Kommission nämlich in ihren schriftlichen Erklärungen im Wesentlichen geltend macht, muss das Fehlen des Wortes „ausschließlich“ im Wortlaut einer der in Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 561/2006 aufgezählten Abweichungen nicht zwangsläufig zu dem Umkehrschluss führen, dass die betreffende Abweichung weit ausgelegt werden muss. Insoweit genügt es, daran zu erinnern, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass bei einer auch nur teilweisen Nutzung der Fahrzeuge für andere Zwecke, als sie in Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 561/2006 ausdrücklich genannt werden, die in dieser Vorschrift vorgesehenen Abweichungen keine Anwendung finden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2014, A. Karuse, C‑222/12, EU:C:2014:142, Rn. 31 und 35). |
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Außerdem wird die oben in Rn. 52 vorgenommene Auslegung der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 geregelten Abweichung durch die Zielsetzungen dieser Verordnung bestätigt, die zu berücksichtigen sind, wenn es darum geht, die Reichweite einer solchen Abweichung zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2014, A. Karuse, C‑222/12, EU:C:2014:142, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Insoweit ist daran zu erinnern, dass entsprechend dem Hinweis oben in Rn. 46 die Verordnung Nr. 561/2006 ihrem 17. Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 nach bezweckt, die Wettbewerbsbedingungen im Straßenverkehrsgewerbe anzugleichen sowie die sozialen Bedingungen für die Arbeitnehmer und die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern, indem sie insbesondere Vorschriften zu den Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Kraftfahrer im Straßengüter- und ‑personenverkehr aufstellt. |
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Eine weite Auslegung der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 geregelten Abweichung könnte aber zum einen zur Folge haben, dass den Fahrern der Deutschen Post, also einer großen Zahl von Fahrern, nicht mehr der Schutz ihrer Arbeitsbedingungen zugutekäme, wie er in der Verordnung Nr. 561/2006 vorgesehen ist, was dem Ziel einer Verbesserung der sozialen Bedingungen für diese Arbeitnehmer zuwiderliefe. Zum anderen könnte eine solche Ausdehnung der Abweichung des Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 dazu führen, dass alle Fahrzeuge der Deutschen Post und mithin eine große Zahl von Fahrzeugen von solchen Fahrern rechtmäßig während langer Fahrzeiten ohne Ruhezeiten geführt werden könnten, was das Ziel der Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit ernstlich beeinträchtigen könnte (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Juli 2011, Seeger, C‑554/09, EU:C:2011:523, Rn. 35 und 36). |
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Zudem bestünde mit einer solchen erweiternden Auslegung der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Abweichung die Gefahr einer Beeinträchtigung auch des Ziels der Beseitigung von Ungleichheiten, die den Wettbewerb im Straßenverkehrsgewerbe verfälschen könnten. Ein Unternehmen wie die Deutsche Post, das im Bereich des Universalpostdiensts tätig ist, aber auch andere gewöhnliche Postdienstleistungen erbringt und dabei von den Pflichten nach den Art. 5 bis 9 der Verordnung Nr. 561/2006 befreit wäre, hätte damit nämlich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenzunternehmen wie UPS Deutschland u. a, die nur gewöhnliche Postdienstleistungen erbringen (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteil vom 13. März 2014, A. Karuse, C‑222/12, EU:C:2014:142, Rn. 32). |
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Insbesondere könnte, was die in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 561/2006 fallenden Fahrzeuge betrifft, ein Unternehmen wie die Deutsche Post im Vergleich zu den anderen, mit ihr konkurrierenden Unternehmen Kosten im Zusammenhang mit dem Einbau und der Wartung von Fahrtenschreibern in den von ihr benutzten Fahrzeugen einsparen. |
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Demnach ist auf die jeweils erste Frage in der Rechtssache C‑203/18 und in der Rechtssache C‑374/18 zu antworten, dass Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass die darin vorgesehene Abweichung nur die Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen erfasst, die während eines bestimmten Beförderungsvorgangs ausschließlich zum Zweck der Zustellung von Sendungen im Rahmen des Universalpostdiensts benutzt werden. |
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In Anbetracht der Antwort auf diese Fragen erübrigt sich eine Beantwortung der jeweils zweiten Vorlagefrage in den Rechtssachen C‑203/18 und C‑374/18. |
Zur vierten Frage in der Rechtssache C‑374/18
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Mit seiner vierten Frage in der Rechtssache C‑374/18 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen ist, dass die Erbringung von Zusatzleistungen wie Abholung mit oder ohne Zeitfenster, Alterssichtprüfung, Nachnahme, unfreier Versand bis 31,5 kg, Nachsendeservice, Vorausverfügung sowie Wunschtag und Wunschzeit im Zusammenhang mit einer Sendung daran hindert, diese Sendung als Sendung im Rahmen des „Universaldienstes“ nach dieser Bestimmung und damit für die Zwecke der Anwendung der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 vorgesehenen Abweichung als Sendung, die „im Rahmen des Universaldienstes“ zugestellt wird, anzusehen. |
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Insoweit ergibt sich aus Art. 3 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 97/67 von vornherein, dass der Universalpostdienst, den die Mitgliedstaaten für die Nutzer sicherstellen müssen, mindestens die Abholung, das Sortieren, den Transport und die Zustellung von Paketen bis 10 kg umfasst, wobei eine Anhebung dieser Grenze auf bis zu 20 kg zulässig ist. |
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Außerdem besteht, was speziell die Kurierdienste betrifft, nach dem 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/67 der wesentliche Unterschied zwischen diesen Diensten und postalischen Universaldienstleistungen in dem von den Kurierdiensten erbrachten und von den Kunden wahrgenommenen Mehrwert in beliebiger Form. Der von den Kunden wahrgenommene zusätzliche Wert lässt sich am besten durch Ermittlung des zusätzlichen Preises bestimmen, den die Kunden zu zahlen bereit sind. |
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Der Gerichtshof hat hierzu unlängst entschieden, dass eine Sendung mit Mehrwert, also eine Sendung, mit der eine Zusatzleistung einhergeht, vom Universaldienst als Grundversorgung zu unterscheiden ist. Kurierdienste unterscheiden sich nämlich vom Universalpostdienst durch ihren Mehrwert für die Kunden, für den diese bereitwillig einen höheren Betrag zahlen. Bei derartigen Leistungen handelt es sich um spezifische, von den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse trennbare Dienstleistungen, die besonderen Bedürfnissen von Wirtschaftsteilnehmern entsprechen und bestimmte zusätzliche Leistungen verlangen, die der herkömmliche Postdienst nicht anbietet (Urteil vom 31. Mai 2018, Confetra u. a., C‑259/16 und C‑260/16, EU:C:2018:370, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Im vorliegenden Fall steht, wie vom Generalanwalt in Nr. 125 seiner Schlussanträge ausgeführt, fest, dass Grunddienste mit Zusatzleistungen wie den vom vorlegenden Gericht aufgezählten einen Mehrwert für die Kunden aufweisen können, die mithin bereitwillig einen höheren Preis für die Inanspruchnahme dieser Zusatzleistungen zahlen. |
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Daraus folgt, dass solche Dienstleistungen, die eher die Züge von Kurierdienstleistungen tragen, nicht als zum „Universaldienst“ im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 97/67 gehörend angesehen werden können. |
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In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen ist, dass die Erbringung von Zusatzleistungen wie Abholung mit oder ohne Zeitfenster, Alterssichtprüfung, Nachnahme, unfreier Versand bis 31,5 kg, Nachsendeservice, Vorausverfügung sowie Wunschtag und Wunschzeit im Zusammenhang mit einer Sendung daran hindert, diese Sendung als Sendung im Rahmen des „Universaldienstes“ nach dieser Bestimmung und damit für die Zwecke der Anwendung der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 561/2006 vorgesehenen Abweichung als Sendung, die „im Rahmen des Universaldienstes“ zugestellt wird, anzusehen. |
Kosten
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Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei den vorlegenden Gerichten anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieser Gerichte. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt: |
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Prechal Rossi Malenovský Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. November 2019. Der Kanzler A. Calot Escobar Die Präsidentin der Dritten Kammer A. Prechal |
( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.