URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)
4. Juli 2019 ( *1 )
„Rechtsmittel – Unionsmarke – Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Widerspruchsverfahren – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b – Anmeldung der Bildmarke mit dem Wortbestandteil ‚Fl‘ – Widerspruch des Inhabers der Bildmarke mit dem Wortbestandteil ‚fly.de‘ – Zurückweisung – Ähnlichkeit der Zeichen – Benennung in Standardschrift im Blatt für Unionsmarken – Verwechslungsgefahr“
In der Rechtssache C‑99/18 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 12. Februar 2018,
FTI Touristik GmbH mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin A. Parr,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Walicka und D. Botis als Bevollmächtigte,
Beklagter im ersten Rechtszug,
Harald Prantner, wohnhaft in Hamburg (Deutschland),
Daniel Giersch, wohnhaft in Monaco (Monaco),
vertreten durch Rechtsanwalt S. Eble,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos sowie der Richter M. Ilešič (Berichterstatter) und I. Jarukaitis,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 |
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die FTI Touristik GmbH die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 30. November 2017, FTI Touristik/EUIPO – Prantner und Giersch (Fl) (T‑475/16, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2017:856), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 16. Juni 2016 (Sache R 480/2015‑5) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen FTI Touristik auf der einen und Herrn Harald Prantner und Herrn Daniel Giersch auf der anderen Seite (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat. |
Rechtlicher Rahmen
2 |
Die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) wurde durch die am 23. März 2016 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 (ABl. 2015, L 341, S. 21) geändert. Die Verordnung Nr. 207/2009 in geänderter Fassung wurde durch die Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 aufgehoben und ersetzt. Da für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts der Zeitpunkt der im vorliegenden Fall in Rede stehenden Anmeldung, d. h. der 7. Oktober 2013, maßgeblich ist, sind auf den Rechtsstreit jedoch die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 anwendbar. |
3 |
Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 lautete: „Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, …
|
Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung
4 |
Die Vorgeschichte des Rechtsstreits und die streitige Entscheidung werden in den Rn. 1 bis 15 des angefochtenen Urteils wie folgt zusammengefasst:
|
Klage vor dem Gericht
5 |
Mit am 26. August 2016 beim Gericht eingegangener Klageschrift erhob die Rechtsmittelführerin Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung und machte dafür als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. Sie trug im Wesentlichen vor, die bildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeiten der einander gegenüberstehenden Zeichen seien von der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO fehlerhaft beurteilt worden; diese habe die ältere Marke zu Unrecht als für englischsprachige Verkehrskreise nur schwach kennzeichnungskräftig bewertet, so dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe. |
6 |
In dem angefochtenen Urteil hat das Gericht erstens in Bezug auf den Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen den Standpunkt eingenommen, dass die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO zutreffend die bildliche, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit zwischen der angemeldeten und der älteren Marke verneint habe. Zweitens hat das Gericht in Bezug auf die Kennzeichnungskraft der älteren Marke entschieden, dass die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertreten habe, dass die ältere Marke für nicht englischsprachige Verkehrskreise eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und für englischsprachige Verkehrskreise eine geringe Kennzeichnungskraft habe. Drittens war das Gericht hinsichtlich der Verwechslungsgefahr der Auffassung, dass die Rechtsmittelführerin nicht nachgewiesen habe, dass die Beschwerdekammer eine Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten und der älteren Marke fehlerhaft verneint habe. Das Gericht hat deshalb den einzigen Klagegrund zurückgewiesen und die Klage insgesamt abgewiesen. |
Anträge der Parteien im Rechtsmittelverfahren
7 |
FTI Touristik beantragt,
|
8 |
Das EUIPO beantragt,
|
9 |
Herr Prantner und Herr Giersch beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen. |
Zum Rechtsmittel
10 |
In ihrem Rechtsmittel macht die Rechtsmittelführerin als einzigen Rechtsmittelgrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend; dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in vier Teile. Im Rahmen des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes wirft sie dem Gericht auch einen Verstoß gegen seine Begründungspflicht vor. |
Zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes
11 |
Mit dem ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dem Gericht sei bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein Methodenfehler unterlaufen, da es bei der Prüfung der Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen die Benennung der angemeldeten Marke in Standardschrift, wie sie im Blatt für Unionsmarken stehe, nicht berücksichtigt habe. Das Gericht habe in diesem Kontext auch gegen seine Begründungspflicht verstoßen, indem es das auf diese Benennung gestützte Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht geprüft habe. |
12 |
Das EUIPO hält den ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes für unzulässig, da er einen Versuch der Rechtsmittelführerin darstelle, dem Gerichtshof Tatsachenfragen vorzulegen. Jedenfalls sei dieser Teil unbegründet. |
13 |
In Bezug auf die Zulässigkeit des ersten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes ist zum einen darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das Bestehen von Verwechslungsgefahr beim Publikum unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen ist. Zwar ist die Würdigung dieser Umstände eine Frage tatsächlicher Art, die sich der Kontrolle durch den Gerichtshof entzieht, doch stellt das Versäumnis, alle diese Umstände zu berücksichtigen, einen Rechtsfehler dar und kann als ein solcher vor dem Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels geltend gemacht werden (Urteil vom 16. Juni 2011, Union Investment Privatfonds/UniCredito Italiano, C‑317/10 P, EU:C:2011:405, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
14 |
Zum anderen ist die Frage des Umfangs der Begründungspflicht eine Rechtsfrage, die der Nachprüfung durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt (Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 453). |
15 |
Somit ist der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes zulässig. |
16 |
Was die Begründetheit dieses Teils anbelangt, ist der angebliche Verstoß des Gerichts gegen seine Begründungspflicht sogleich zurückzuweisen. |
17 |
Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet die Begründungspflicht, die dem Gericht nach Art. 36 und Art. 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union obliegt, nicht, dass das Gericht in seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandeln müsste. Die Begründung kann auch implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, auf denen das angefochtene Urteil beruht, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollaufgabe im Rahmen eines Rechtsmittels wahrnehmen kann (Urteil vom 20. September 2016, Mallis u. a./Kommission und EZB, C‑105/15 P bis C‑109/15 P, EU:C:2016:702, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
18 |
Im vorliegenden Fall geht aus Rn. 43 des angefochtenen Urteils hervor, dass „für die Beurteilung des klanglichen Eindrucks zusammengesetzter Marken im Rahmen des Widerspruchsverfahrens die Benennung der Anmeldemarke in Standardschrift (‚fly‘) im Blatt für Unionsmarken nicht maßgeblich sein [kann]“. |
19 |
Daraus folgt, dass das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin mit seiner Entscheidung, dass diese Benennung für die Beurteilung des in Rede stehenden klanglichen Eindrucks nicht maßgeblich sein könne, implizit, aber notwendigerweise die Auffassung vertreten hat, dass diese Benennung kein Indiz für die Art und Weise darstelle, wie die maßgeblichen Verkehrskreise die in Rede stehende Marke wahrnähmen. |
20 |
Diese Beurteilung ist im Übrigen frei von Rechtsfehlern. Wie das Gericht in Rn. 21 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, ist die Verwechslungsgefahr nach ständiger Rechtsprechung nämlich umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen. |
21 |
Wie das Gericht in Rn. 43 des angefochtenen Urteils, die in Rn. 18 des vorliegenden Urteils wiedergegeben wurde, im Wesentlichen ausgeführt hat, ist die Benennung einer Bildmarke in Standardschrift im Blatt für Unionsmarken – unabhängig davon, ob sie der Absicht des Anmelders der in Rede stehenden Marke entspricht oder vom EUIPO in diesem Blatt so vorgenommen wurde – irrelevant für die Beurteilung, wie die maßgeblichen Verkehrskreise die in Rede stehenden Zeichen, die nicht mit ihrer Benennung in Standardschrift im Blatt für Unionsmarken identisch sind, klanglich wahrnehmen. |
22 |
Demzufolge ist der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen. |
Zum zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes
23 |
Mit dem zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dem Gericht sei wie der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein Methodenfehler unterlaufen. Es sei zwar möglich, dass klangliche Ähnlichkeiten durch bildliche Unterschiede neutralisiert würden, so dass trotz einer klanglichen Ähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr bestehe, eine solche Neutralisierung müsse jedoch auf der Ebene der Beurteilung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr geprüft werden. Würde eine solche Prüfung bereits im Stadium des Vergleichs der Zeichen durchgeführt, wäre nämlich eine Ähnlichkeit der Marken per se ausgeschlossen, ohne dass andere Einflüsse auf die Verwechslungsgefahr wie die Kennzeichnungskraft der in Rede stehenden Marke oder die Identität oder die Ähnlichkeit der betreffenden Waren und Dienstleistungen berücksichtigt werden könnten. |
24 |
Das EUIPO macht geltend, der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes sei unzulässig, da er nicht das angefochtene Urteil, sondern die streitige Entscheidung betreffe. Jedenfalls sei dieser Teil schwer nachzuvollziehen und unbegründet. |
25 |
In Bezug auf die Zulässigkeit des zweiten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin entgegen dem Vorbringen des EUIPO in ihrem Rechtsmittel nicht lediglich die Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung in Abrede stellt, sondern geltend macht, dass das Gericht in Rn. 64 des angefochtenen Urteils die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen verneint habe, ohne dies angemessen zu begründen, wodurch es im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr einen Methodenfehler begangen habe. Der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes ist daher zulässig. |
26 |
In Bezug auf die Begründetheit dieses Teils ist festzustellen, dass er auf einem fehlerhaften Verständnis des angefochtenen Urteils beruht. |
27 |
Hierzu genügt zum einen die Feststellung, dass das Gericht in Rn. 64 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass „die Argumente der Klägerin zur Verwechslungsgefahr auf der fehlerhaften Annahme beruhen, die [Fünfte] Beschwerdekammer [des EUIPO] hätte auf eine hochgradige Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen schließen müssen, da ihnen für den Großteil der Verbraucher der Wortbestandteil ‚fly‘ gemeinsam sei“, und insoweit auf die Rn. 26 bis 57 dieses Urteils verwiesen hat. In Rn. 65 dieses Urteils hat es daraus abgeleitet, dass die Rechtsmittelführerin nicht nachgewiesen habe, dass die Beschwerdekammer eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zwischen der angemeldeten und der älteren Marke fehlerhaft verneint habe. Das Gericht hat somit in Rn. 64 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen lediglich festgestellt, dass die Beschwerdekammer eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall zutreffend verneint habe. |
28 |
Zum anderen geht aus den Rn. 26 bis 57 des angefochtenen Urteils und insbesondere den Rn. 30 bis 36, die die bildliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen betreffen, den Rn. 41 bis 44, die die klangliche Ähnlichkeit dieser Zeichen betreffen, und den Rn. 49 bis 51, die die begriffliche Ähnlichkeit dieser Zeichen betreffen, auch nicht hervor, dass sich das Gericht im Rahmen seiner Beurteilung der Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen auf eine „Neutralisierung“ der klanglichen Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen durch deren bildliche Ähnlichkeit gestützt hat. |
29 |
Somit ist der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen. |
Zum dritten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes
30 |
Mit dem dritten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes rügt die Rechtsmittelführerin die Beurteilung in Rn. 42 des angefochtenen Urteils, mit der das Gericht die Auffassung vertreten hat, dass, da die ältere Marke den Bestandteil „.de“ enthalte, keine klangliche Ähnlichkeit zwischen den in Rede stehenden Zeichen bestehe, weil die ältere Marke aufgrund dieses Bestandteils stets in mehreren Silben ausgesprochen werde. Dadurch habe das Gericht diesem Bestandteil einen dominierenden Charakter im von der älteren Marke hervorgerufenen Gesamteindruck eingeräumt, obwohl eine Top‑Level-Domain nur funktionale Bedeutung habe und ihr daher grundsätzlich kein solcher Charakter zugemessen werden könne. |
31 |
Das EUIPO trägt vor, der dritte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes sei unbegründet. |
32 |
Das Gericht hat in Rn. 42 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass „[e]s … nicht wahrscheinlich [ist], dass die maßgeblichen Verkehrskreise im Bildbestandteil der Anmeldemarke den Buchstaben ‚y‘ ausmachen. Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem Buchstaben ‚y‘ und dem Herzsymbol in der Anmeldemarke; auch ist es unüblich, den Buchstaben ‚y‘ durch ein Herzsymbol zu ersetzen (siehe oben, Rn. 34). Selbst wenn, wie von der Klägerin angeführt, der Verbraucher in dem stilisierten Herzsymbol den Buchstaben ‚y‘ identifiziert, würde die klangliche Übereinstimmung zwischen den Wortbestandteilen ‚fly‘ der beiden einander gegenüberstehenden Zeichen dadurch abgeschwächt, dass die ältere Marke den Wortbestandteil ‚.de‘ enthält. Von der Klägerin wurden keine Argumente vorgebracht, die die Beurteilung der [Fünften] Beschwerdekammer [des EUIPO] zur Aussprache dieses Wortbestandteils – die ältere Marke werde stets in mehreren Silben ausgesprochen werden, wobei die genaue Silbenanzahl von den Ausspracheregeln der jeweiligen Landessprache abhänge – ([streitige] Entscheidung, Rn. 33) in Frage stellen“. |
33 |
Wie aus Rn. 42 des angefochtenen Urteils hervorgeht, beruht die Beurteilung des Gerichts auf der Feststellung, dass zum einen ein großer Unterschied zwischen dem Buchstaben „y“ und dem Herzsymbol in der angemeldeten Marke bestehe und es zum anderen unüblich sei, den Buchstaben „y“ durch ein Herzsymbol zu ersetzen, weshalb es unwahrscheinlich sei, dass die maßgeblichen Verkehrskreise den Buchstaben „y“ in dem Bildbestandteil der angemeldeten Marke ausmachten. Eine solche Beurteilung stellt, da die Rechtsmittelführerin im vorliegenden Fall nicht geltend macht, es liege eine Verfälschung der Tatsachen vor, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt (vgl. u. a. Urteil vom 2. September 2010, Calvin Klein Trademark Trust/HABM, C‑254/09 P, EU:C:2010:488, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
34 |
Das Gericht hat insoweit nur ergänzend für den Fall, dass der Verbraucher den Buchstaben „y“ in dem stilisierten Herzsymbol ausmachen sollte, die Auffassung vertreten, dass die klangliche Übereinstimmung zwischen den Wortbestandteilen „fly“ in jedem der einander gegenüberstehenden Zeichen durch das Vorhandensein des Wortbestandteils „.de“ in der älteren Marke abgemildert werde. |
35 |
Rügen gegen nicht tragende Gründe des angefochtenen Urteils können jedoch auf jeden Fall nicht zu dessen Aufhebung führen (Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
36 |
Folglich geht der dritte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes ins Leere. |
Zum vierten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes
37 |
Mit dem vierten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Herzsymbol in der angemeldeten Marke sei von den Streithelfern im ersten Rechtszug sehr wohl als Buchstabe „y“ gemeint, denn in sämtlichen anderen Unionsmarken, deren Inhaber sie seien, ersetze das Herzsymbol wie im vorliegenden Fall den Buchstaben „y“. Ebenso lasse die vom Inhaber der angemeldeten Marke betriebene Website erkennen, dass dieser mit dem Herzsymbol den Ersatz des Buchstabens „y“ beabsichtige. |
38 |
Das EUIPO bestreitet die Zulässigkeit des vierten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes, der eine reine Darstellung von Tatsachen sei. Jedenfalls sei er unbegründet. |
39 |
Nach Art. 256 Abs. 1 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt. Für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen und die Beweiswürdigung ist also allein das Gericht zuständig. Somit ist die Würdigung der Tatsachen und Beweismittel, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. u. a. Urteil vom 2. September 2010, Calvin Klein Trademark Trust/HABM, C‑254/09 P, EU:C:2010:488, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
40 |
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin mit dem vierten Teil ihres einzigen Rechtsmittelgrundes lediglich die vom Gericht in Rn. 42 des angefochtenen Urteils vorgenommene Analyse tatsächlicher Art in Frage stellt. |
41 |
Der vierte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes ist daher unzulässig. |
42 |
Nach alledem ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen. |
Kosten
43 |
Nach Art. 137 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten im Endurteil oder in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. |
44 |
Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, hat sie, wie vom EUIPO beantragt, neben ihren eigenen Kosten dessen Kosten zu tragen. Da Herr Prantner und Herr Giersch keinen Kostenantrag gestellt haben, tragen sie ihre eigenen Kosten. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: |
|
|
|
Lycourgos Ilešič Jarukaitis Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 4. Juli 2019. Der Kanzler A. Calot Escobar Der Präsident der Zehnten Kammer C. Lycourgos |
( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.