URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

11. September 2019 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Milchsektor – Quoten – Zusatzabgabe – Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 – Art. 2 – Erhebung der Abgabe beim Abnehmer – Lieferungen, die die verfügbare Referenzmenge des Erzeugers übersteigen – Höhe des Milchpreises – Verpflichtende Anwendung eines Einbehalts – Rückerstattung des Überschussbetrags der Abgabe – Verordnung (EG) Nr. 1392/2001 – Art. 9 – Abnehmer – Verstoß gegen die Pflicht zur Leistung der Zusatzabgabe – Erzeuger – Verstoß gegen die Pflicht zur monatlichen Abführung – Vertrauensschutz“

In der Rechtssache C‑46/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 21. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Januar 2018, in dem Verfahren

Caseificio Sociale San Rocco Soc. coop. arl,

S.s. Franco e Maurizio Artuso,

Claudio Matteazzi,

Roberto Tellatin,

Sebastiano Bolzon

gegen

Agenzia per le Erogazioni in Agricoltura (AGEA),

Regione Veneto

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev sowie der Richter L. Bay Larsen (Berichterstatter) und C. Vajda,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Caseificio Sociale San Rocco Soc. coop. arl, der S.s. Franco e Maurizio Artuso, von C. Matteazzi und R. Tellatin, vertreten durch M. Aldegheri, avvocatessa,

von S. Bolzon, vertreten durch M. Aldegheri und E. Ermondi, avvocati,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Moro und D. Bianchi als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. März 2019

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. 1992, L 405, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 (ABl. 1999, L 160, S. 73) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 3950/92) sowie von Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1392/2001 der Kommission vom 9. Juli 2001 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 3950/92 (ABl. 2001, L 187, S. 19).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Caseificio Sociale San Rocco Soc. coop. arl (im Folgenden: Erstabnehmerin), einer haftungsbeschränkten Genossenschaft italienischen Rechts, der S.s. Franco e Maurizio Artuso sowie Claudio Matteazzi, Roberto Tellatin und Sebastiano Bolzon, italienischen Milcherzeugern, einerseits und der Agenzia per le Erogazioni in Agricoltura (AGEA) (Agentur für Agrarzahlungen [AGEA], Italien) sowie der Regione Veneto (Region Venetien, Italien) andererseits über Milchquoten und die Zusatzabgabe für den Vermarktungszeitraum für Milch und Milchprodukte vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 (im Folgenden: Referenzzeitraum).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 3950/92

3

In den Erwägungsgründen 6 und 8 der Verordnung Nr. 3950/92 heißt es:

„Bei Überschreiten einer der beiden Gesamtgarantiemengen der jeweiligen Mitgliedstaaten haben die betreffenden Erzeuger, die zu dieser Überschreitung beigetragen haben, die Abgabe zu entrichten …

Damit es nicht zu den in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Verzögerungen bei der Erhebung und Zahlung der Abgabe kommt, die mit dem Ziel der Regelung nicht zu vereinbaren sind, ist der Abnehmer als derjenige, der am besten in der Lage erscheint, die nötigen Vorgänge abzuwickeln, als der Abgabepflichtige zu bestimmen und sind ihm die Mittel an die Hand zu geben, die Erhebung der Abgabe bei den Erzeugern als den Abgabeschuldnern sicherzustellen.“

4

Art. 1 dieser Verordnung sieht vor:

„Bei den Erzeugern von Kuhmilch wird für weitere acht aufeinanderfolgende Zeiträume von zwölf Monaten ab 1. April 2000 eine zusätzliche Abgabe auf die Mengen Milch oder Milchäquivalent erhoben, die in dem jeweiligen Zwölfmonatszeitraum an einen Abnehmer geliefert oder direkt an den Verbraucher verkauft wurden und eine bestimmte Menge überschreiten.

…“

5

Art. 2 der Verordnung bestimmt:

„(1)   Die Abgabe wird auf alle Milch- oder Milchäquivalenzmengen erhoben, die in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum vermarktet werden und die eine der beiden in Artikel 3 genannten Mengen überschreiten. Sie wird auf die Erzeuger verteilt, die zur Mengenüberschreitung beigetragen haben.

Je nach Entscheidung des Mitgliedstaats wird der Beitrag der Erzeuger zur fälligen Abgabe nach eventueller Neuzuweisung der ungenutzten Referenzmengen entweder auf der Ebene des Abnehmers nach Maßgabe der Überschreitungsmengen, die nach Aufteilung der ungenutzten Referenzmengen entsprechend den Referenzmengen der einzelnen Erzeuger noch verbleiben, oder auf einzelstaatlicher Ebene nach Maßgabe der Überschreitung der Referenzmenge des einzelnen Erzeugers festgelegt.

(2)   Bei Lieferungen entrichtet der abgabenpflichtige Abnehmer den fälligen Betrag bis zu einem bestimmten Zeitpunkt und nach festzulegenden Bedingungen an die zuständige Stelle des Mitgliedstaats; er behält ihn bei der Zahlung des Milchpreises an die abgabeschuldenden Erzeuger ein bzw. erhebt ihn auf andere geeignete Weise.

Wenn die von einem Erzeuger gelieferten Mengen seine Referenzmenge überschreiten, ist der Abnehmer berechtigt, nach Bedingungen, die von dem Mitgliedstaat festgelegt werden, bei jeder Lieferung des Erzeugers, die dessen Referenzmenge überschreitet, einen entsprechenden Betrag des Milchpreises als Vorauszahlung auf die fällige Abgabe einzubehalten.

(3)   Bei Direktverkäufen zahlt der Erzeuger die fällige Abgabe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt und nach festzulegenden Bedingungen an die zuständige Stelle des Mitgliedstaats.

(4)   Wenn die Abgabe fällig und der erhobene Betrag höher als diese Abgabe ist, kann der Mitgliedstaat den Überschussbetrag zur Finanzierung der Maßnahmen nach Artikel 8 erster Gedankenstrich verwenden bzw. ihn an solche Erzeuger zurückerstatten, die vorrangigen Gruppen angehören, die von dem Mitgliedstaat aufgrund noch festzulegender objektiver Kriterien zu bestimmen sind bzw. die von einer außergewöhnlichen Lage infolge einer innerstaatlichen Bestimmung, die in keinem Zusammenhang mit dieser Regelung steht, betroffen sind.“

Verordnung Nr. 1392/2001

6

Der sechste Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1392/2001 lautet:

„Gemäß Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 obliegt es der Kommission, die Kriterien festzulegen, nach denen die Abgabe vorrangigen Erzeugergruppen zurückerstattet werden kann, wenn der Mitgliedstaat es nicht für angebracht gehalten hat, die ungenutzten Referenzmengen in seinem Hoheitsgebiet sämtlich neu zuzuweisen. Nur wenn diese Kriterien in einem Mitgliedstaat nicht vollständig angewendet werden, kann dieser nach Rücksprache mit der Kommission ermächtigt werden, andere Kriterien zugrunde zu legen.“

7

In Art. 9 der Verordnung Nr. 1392/2001 heißt es:

„(1)   Gegebenenfalls bestimmen die Mitgliedstaaten die vorrangigen Erzeugergruppen im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92, indem sie eines oder mehrere der nachstehenden objektiven Kriterien in folgender Reihenfolge heranziehen:

a)

die amtliche Feststellung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, dass die Abgabe ganz oder teilweise zu Unrecht erhoben wurde;

b)

die geografische Lage des Betriebs und insbesondere die Berggebiete …

c)

die maximale Besatzdichte der Tiere je Betrieb, die für eine Extensivierung der tierischen Erzeugung kennzeichnend ist;

d)

die Höhe der Überschreitung der einzelbetrieblichen Referenzmenge;

e)

die Höhe der dem Erzeuger zur Verfügung stehenden Referenzmenge.

(2)   Werden die für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stehenden Finanzmittel durch die Anwendung der in Absatz 1 gena[n]nten Kriterien nicht ausgeschöpft, so legt der Mitgliedstaat nach Rücksprache mit der Kommission weitere objektive Kriterien fest.“

Italienisches Recht

8

Art. 5 Abs. 1 und 2 des Decreto-legge n. 49, recante riforma della normativa in tema di applicazione del prelievo supplementare nel settore del latte e dei prodotti lattiero-caseari (Gesetzesdekret Nr. 49 zur Reform der Rechtsvorschriften über die Anwendung der Zusatzabgabe im Sektor für Milch und Milcherzeugnisse) vom 28. März 2003, durch das Gesetz Nr. 119 vom 30. Mai 2003 (GURI Nr. 124 vom 30. Mai 2003, im Folgenden: Gesetz Nr. 119/2003) mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt, sieht vor:

„(1)   Innerhalb des Monats, der auf den Referenzmonat folgt, übermitteln die Abnehmer den Regionen und autonomen Provinzen, von denen sie zugelassen worden sind, die Daten, die sich aus der Aktualisierung des gemäß Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1392/2001 geführten Monatsregisters ergeben, und zwar auch dann, wenn sie keine Milch abgenommen haben. Die Abnehmer müssen die auf der Grundlage von Art. 1 der Verordnung Nr. 3950/92 mit nachfolgenden Änderungen berechnete Zusatzabgabe auf Milch einbehalten, die über die den einzelnen Lieferanten zugeteilte einzelbetriebliche Referenzmenge hinaus geliefert wird, und dabei die innerhalb des Zeitraums eingetretenen Schwankungen berücksichtigen. …

(2)   Innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der in Abs. 1 bestimmten Frist überweisen die Abnehmer unbeschadet der Bestimmungen von Art. 10 Abs. 27 bis 32 die einbehaltenen Abgaben auf das dafür vorgesehene Girokonto der Abrechnungsstelle der AGEA …“

9

Art. 9 des Gesetzes Nr. 119/2003, der sich auf die Rückerstattung der überschüssigen Abgabe bezieht, bestimmt:

„(1)   Am Ende jedes Zeitraums

a)

erfasst die AGEA die erfolgten Milchlieferungen und die insgesamt von den Abnehmern entsprechend der sich aus Art. 5 ergebenden Verpflichtungen entrichtete Abgabe;

b)

berechnet die AGEA die nationale Abgabe, die der Union insgesamt wegen Überschreitung der Liefermengen geschuldet wird;

c)

berechnet die AGEA den Betrag der zu viel gezahlten Abgabe.

(3)   Der in Abs. 1 Buchst. c genannte Betrag wird unter Abzug der in Abs. 2 genannten Abgabe auf die Erzeuger, die über eine Quote verfügen und die Abgabe entrichtet haben, nach den folgenden Kriterien und in der Reihenfolge ihrer Nennung verteilt:

a)

auf die Erzeuger, für die die Abgabe, die für sie gilt, insgesamt oder teilweise zu Unrecht erhoben wurde oder nicht mehr geschuldet wird;

b)

auf die Erzeuger, die Eigentümer von Betrieben in Berggebieten … sind;

c)

auf die Erzeuger, die Eigentümer von Betrieben in benachteiligten Gebieten … sind;

c a) auf die Erzeuger, denen auf einen Beschluss der zuständigen Veterinärbehörde Tiertransporte in Gebieten, die von verbreiteten Infektionskrankheiten betroffen waren, für mindestens 90 Tage in einem Vermarktungszeitraum untersagt wurden und die aus diesem Grund gezwungen waren, eine größere Menge zu erzeugen, bis zu einem Höchstbetrag von 20 % der zugewiesenen Referenzmenge. …

(4)   Erschöpfen diese Erstattungen den verfügbaren Betrag nach Abs. 3 nicht, wird der Rest auf die Erzeuger, die über eine Quote verfügen und die Abgabe entrichtet haben, mit Ausnahme der Erzeuger, die ihre eigene einzelbetriebliche Referenzmenge um mehr als 100 % überschritten haben, nach den folgenden Kriterien und in der Reihenfolge ihrer Nennung aufgeteilt: …“

10

Art. 2 Abs. 3 des Decreto-legge n. 157 recante disposizioni urgenti per l’etichettatura di alcuni prodotti agroalimentari, nonché in materia di agricoltura e pesca (Gesetzesdekret Nr. 157 mit Dringlichkeitsvorschriften für die Etikettierung einiger Agrarerzeugnisse und im Bereich der Landwirtschaft und Fischerei) vom 24. Juni 2004 (GURI Nr. 147 vom 25. Juni 2004, im Folgenden: Gesetzesdekret Nr. 157/2004) sieht vor:

„Die von den Erzeugern, die ihrer Zahlungspflicht nachgekommen sind, monatlich zu viel gezahlte Abgabe wird diesen Erzeugern gemäß Art. 9 des [Gesetzes Nr. 119/2003] erstattet. Übersteigt nach Abschluss dieses Vorgangs die verbleibende Summe der Abgabenzuweisung die der Europäischen Union geschuldete Abgabe um 5 %, hebt die AGEA die Abgabe, die von den Erzeugern, die die monatlichen Zahlungen noch nicht vorgenommen haben, zu viel verlangt wurde, in Anwendung der in Art. 9 Abs. 3 und 4 vorgesehenen Prioritätskriterien und unbeschadet der in Art. 5 Abs. 5 vorgesehenen Sanktionen auf.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

11

Die Kläger des Ausgangsverfahrens hielten sich im Referenzzeitraum nicht an die geltenden italienischen Rechtsvorschriften, und zwar zum einen dadurch, dass die Erstabnehmerin die Zusatzabgabe weder einbehielt noch monatlich abführte, und zum anderen dadurch, dass die Erzeuger ihrer Pflicht zur Entrichtung im Sinne von Art. 9 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 119/2003 und Art. 2 Abs. 3 des Gesetzesdekrets Nr. 157/2004 nicht nachkamen.

12

Am 28. Juli 2004 übersandte die AGEA der Erstabnehmerin eine Mitteilung über die Milchquoten und die Zusatzabgabe für den Referenzzeitraum.

13

In dieser Mitteilung wurde u. a. ausgeführt, dass die AGEA Art. 2 Abs. 3 des Gesetzesdekrets Nr. 157/2004 angewandt habe, wonach die von den Erzeugern, die ihrer Zahlungspflicht nachgekommen seien, monatlich überzahlte Abgabe diesen Erzeugern erstattet werde, und die AGEA, soweit die nach Abschluss dieses Vorgangs verbleibende Summe der Abgabenzuweisung die der Union geschuldete Abgabe um 5 % übersteige, die Entrichtung derjenigen Abgabe, die von den Erzeugern, die die monatlichen Zahlungen noch nicht vorgenommen hätten, zu viel verlangt worden sei, in Anwendung der in Art. 9 Abs. 3 und 4 des Gesetzes Nr. 119/2003 vorgesehenen Prioritätskriterien nicht einfordere.

14

Im Anhang dieser Mitteilung fügte die AGEA eine Aufstellung bei, in der für den Referenzzeitraum für jeden Erzeuger die bereits gezahlten und bestätigten Beträge der Zusatzabgabe aufgeführt waren, wie auch die nach Art. 9 Abs. 3 und 4 des Gesetzes Nr. 119/2003 zu erstattenden Beträge. Die AGEA wies des Weiteren darauf hin, dass das abnehmende Unternehmen verpflichtet sei, den betreffenden Erzeugern die erstatteten Beträge auszuzahlen und die in der Mitteilung angeforderten und aufgeführten Beträge anstelle der Erzeuger zu entrichten.

15

Mit einer Klage beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht für die Region Latium, Italien) beantragten die Kläger des Ausgangsverfahrens die Nichtigerklärung dieser Mitteilung u. a. mit der Begründung, die dem Abnehmer gemäß Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 119/2003 auferlegte Verpflichtung zur monatlichen Einbehaltung und das in Art. 9 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 119/2003 und Art. 2 Abs. 3 des Gesetzesdekrets Nr. 157/2004 vorgesehene Prioritätskriterium bei der Verteilung des Abgabenüberschusses, das die Erzeuger begünstige, die ihrer Pflicht zur Entrichtung nachgekommen seien, verstießen gegen Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 3 und Abs. 4 der Verordnung Nr. 3950/92.

16

Das Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht für die Region Latium) wies die Klage ab.

17

Das mit dem Rechtsmittel der Kläger des Ausgangsverfahrens befasste vorlegende Gericht gab den im Rechtsmittel dargelegten Rügen mit Zwischenurteil vom 11. Dezember 2017 teilweise statt und entschied u. a., dass die in Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 119/2003 vorgesehene Pflicht für die Monate Januar bis März 2004 aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 nicht gelten könne.

18

Das vorlegende Gericht hat jedoch Zweifel hinsichtlich der Folgen, die sich aus dieser Feststellung der Unvereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit dem Unionsrecht auf die Rechte und Pflichten der Erzeuger ergeben, die diese nationalen Rechtsvorschriften nicht befolgt hatten.

19

Unter diesen Umständen hat der Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist das Unionsrecht in einer Situation wie der beschriebenen, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, dahin auszulegen, dass die Unvereinbarkeit einer Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats mit Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 3950/92 dazu führt, dass die Verpflichtung der Erzeuger zur Entrichtung der Zusatzabgabe unter den in dieser Verordnung bestimmten Bedingungen entfällt?

2.

Ist das Unionsrecht, insbesondere der allgemeine Grundsatz des Vertrauensschutzes, in einer Situation wie der beschriebenen, die den Gegenstand des Ausgangsverfahrens bildet, dahin auszulegen, dass das Vertrauen von Personen, die eine von einem Mitgliedstaat vorgesehene Verpflichtung erfüllt haben und durch die mit der Erfüllung dieser Verpflichtung verbundenen Wirkungen begünstigt wurden, nicht geschützt werden kann, wenn sich herausstellt, dass diese Verpflichtung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist?

3.

Stehen in einer Situation wie der beschriebenen, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, Art. 9 der Verordnung Nr. 1392/2001 und der unionsrechtliche Begriff „vorrangige Gruppe“ der Vorschrift eines Mitgliedstaats wie Art. 2 Abs. 3 des Gesetzesdekrets Nr. 157/2004 der Italienischen Republik entgegen, in der unterschiedliche Modalitäten für die Erstattung zu viel verlangter Zusatzabgabe vorgesehen sind, indem hinsichtlich des Zeitrahmens und der Erstattungsmodalitäten unterschieden wird zwischen den Erzeugern, die auf die pflichtgemäße Befolgung einer sich als mit dem Unionsrecht unvereinbar erweisenden nationalen Vorschrift vertraut haben, und den Erzeugern, die diese Vorschrift nicht befolgt haben?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

20

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 dahin auszulegen ist, dass die Feststellung der Unvereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften über die Erhebung der Zusatzabgabe bei den Erzeugern durch den Abnehmer mit dieser Bestimmung dazu führt, dass die diesen Rechtsvorschriften unterliegenden Erzeuger die Abgabe nicht mehr schulden.

21

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der mit der Verordnung Nr. 3950/92 eingeführte Mechanismus zur Erhebung der Zusatzabgabe auf der Unterscheidung zwischen Direktverkäufen von Milch zum Verbrauch und Lieferungen von Milch an einen Abnehmer beruht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2004, Penycoed, C‑230/01, EU:C:2004:20, Rn. 28).

22

So ist der Erzeuger bei Direktverkäufen gemäß Art. 2 Abs. 3 dieser Verordnung verpflichtet, die fällige Abgabe unmittelbar an die zuständige Stelle des Mitgliedstaats zu zahlen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2004, Penycoed, C‑230/01, EU:C:2004:20, Rn. 29).

23

Bei Lieferungen obliegt es hingegen dem Abnehmer, der – wie sich aus dem achten Erwägungsgrund der Verordnung ergibt – am besten dazu in der Lage ist, die Erhebung der Abgabe bei den Erzeugern sicherzustellen, die Abgabe an diese Stelle zu entrichten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2004, Penycoed, C‑230/01, EU:C:2004:20, Rn. 29).

24

Hierzu ergibt sich aus Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 und 3 der Verordnung, dass der Abnehmer die Befugnis hat, den vom Erzeuger als Zusatzabgabe geschuldeten Betrag von dem an ihn gezahlten Milchpreis einzubehalten, und dass er, soweit er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, diesen Betrag auf andere geeignete Weise erheben kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 1999, Consorzio Caseifici dell’Altopiano di Asiago, C‑288/97, EU:C:1999:214, Rn. 32).

25

Der Erzeuger bleibt allerdings unabhängig von diesen Sonderregelungen zu den Modalitäten der Erhebung der Abgabe bei den Erzeugern durch den Abnehmer in jedem Fall der Abgabenschuldner.

26

So sieht Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3950/92 vor, dass die in deren Art. 1 festgesetzte Zusatzabgabe auf die Erzeuger verteilt wird, die zur Überschreitung der Referenzmengen beigetragen haben. In gleicher Weise ist im sechsten Erwägungsgrund der Verordnung ausgeführt, dass diese Erzeuger bei Überschreiten einer der beiden Gesamtmengen die Abgabe zu entrichten haben.

27

Aus Art. 2 Abs. 1 der Verordnung ergibt sich in Verbindung mit ihrem achten Erwägungsgrund, dass der Erzeuger Schuldner der auf jede vermarktete Milchmenge erhobenen Abgabe ist, soweit diese Menge die für den Direktverkauf gewährte Referenzmenge oder die für die Lieferung zugeteilte Referenzmenge überschreitet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 1999, Consorzio Caseifici dell’Altopiano di Asiago, C‑288/97, EU:C:1999:214, Rn. 19).

28

Die Haftung des Erzeugers für die Abgabe ist zudem untrennbar mit dem Zweck der Zusatzabgabe verbunden, der u. a. darin besteht, die Milcherzeuger zur Einhaltung der ihnen zugeteilten Referenzmenge zu zwingen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. März 2004, Cooperativa Lattepiù u. a., C‑231/00, C‑303/00 und C‑451/00, EU:C:2004:178, Rn. 75, und vom 24. Januar 2018, Kommission/Italien, C‑433/15, EU:C:2018:31, Rn. 62).

29

Auch bei Lieferungen wird folglich die Abgabe, selbst wenn der Abnehmer zu ihrer Zahlung verpflichtet ist, wie im Fall von Direktverkäufen von den Erzeugern geschuldet und kann außerdem unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar von ihnen beigetrieben werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2004, Penycoed, C‑230/01, EU:C:2004:20, Rn. 29, 38 und 39).

30

Daher kann die vom vorlegenden Gericht festgestellte Unvereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften über die Modalitäten der Erhebung der Zusatzabgabe bei den Erzeugern durch den Abnehmer mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 die Erzeuger nicht von der Haftung für die Abgabe befreien, die ihnen in jedem Fall in Art. 2 Abs. 1 der Verordnung auferlegt wird.

31

Vielmehr bewirkt diese Unvereinbarkeit lediglich, wie der Generalanwalt in Nr. 50 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dass die fraglichen nationalen Rechtsvorschriften unangewendet bleiben müssen und der Abnehmer die Möglichkeit haben muss, die Beträge der Erzeuger gemäß Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung „auf andere geeignete Weise“ zu erheben.

32

Somit ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 dahin auszulegen ist, dass die Feststellung der Unvereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften über die Erhebung der Zusatzabgabe bei den Erzeugern durch den Abnehmer mit dieser Bestimmung nicht dazu führt, dass die diesen Rechtsvorschriften unterliegenden Erzeuger die Abgabe nicht mehr schulden.

Zur dritten Frage

33

Mit seiner dritten Frage, die an zweiter Stelle zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 4 der Verordnung Nr. 3950/92 in Verbindung mit Art. 9 der Verordnung Nr. 1392/2001 dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, nach denen die Rückerstattung des Überschussbetrags der Zusatzabgabe vorrangig den Erzeugern zugutekommen muss, die in Anwendung einer mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 unvereinbaren Bestimmung des nationalen Rechts ihrer Verpflichtung zur monatlichen Abführung nachgekommen sind.

34

Aus Art. 2 Abs. 4 der Verordnung Nr. 3950/92 ergibt sich, dass ein Mitgliedstaat dann, wenn die Abgabe fällig und der erhobene Betrag höher als diese Abgabe ist, beschließen kann, den Überschussbetrag an solche Erzeuger zurückzuerstatten, die vorrangigen Gruppen angehören, die von dem Mitgliedstaat aufgrund noch festzulegender objektiver Kriterien zu bestimmen sind bzw. die von einer außergewöhnlichen Lage infolge einer innerstaatlichen Bestimmung, die in keinem Zusammenhang mit der Regelung der Zusatzabgabe im Milchsektor steht, betroffen sind.

35

Die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung werden in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1392/2001 präzisiert, nach der die Mitgliedstaaten gegebenenfalls, indem sie eines oder mehrere der in dieser Bestimmung aufgezählten fünf objektiven Kriterien in absteigender Reihenfolge heranziehen, die vorrangigen Erzeugergruppen im Sinne von Art. 2 Abs. 4 der Verordnung Nr. 3950/92 bestimmen.

36

Weiterhin sieht Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1392/2001 vor, dass der Mitgliedstaat, soweit die für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stehenden Finanzmittel durch die Anwendung dieser Kriterien nicht erschöpft werden, nach Rücksprache mit der Kommission weitere objektive Kriterien festlegt.

37

Der sechste Erwägungsgrund der Verordnung stellt zudem klar, dass ein Mitgliedstaat nur dann andere Kriterien zugrunde legen kann, wenn die in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung aufgeführten Kriterien nicht vollständig angewendet werden.

38

Daraus folgt, wie der Generalanwalt in Nr. 71 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dass die in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1392/2001 vorgesehenen Kriterien erschöpfend sind und die Mitgliedstaaten zusätzliche Kriterien nur hinzufügen können, wenn die Anwendung der Kriterien in absteigender Reihenfolge die für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stehenden Finanzmittel nicht aufbraucht.

39

Von den in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1392/2001 aufgeführten Kriterien nennt allerdings keines die Einhaltung einer Verpflichtung zur monatlichen Abführung durch den betroffenen Erzeuger.

40

Unter diesen Voraussetzungen darf ein Mitgliedstaat die Rückerstattung eines Überschusses nicht dergestalt vornehmen, dass er vorrangig eine Erstattung an die Erzeuger vornimmt, die diese Verpflichtung erfüllt haben.

41

Eine solche Vorgehensweise liefe nämlich darauf hinaus, Erzeuger, die ihrer Verpflichtung zur monatlichen Abführung nachgekommen sind, auf der Grundlage eines Kriteriums, das anstelle der in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1392/2001 vorgesehenen Kriterien angewandt wird, zu einer vorrangigen Kategorie im Sinne von Art. 2 Abs. 4 der Verordnung Nr. 3950/92 zu machen, und zwar ohne dass dieses zusätzliche Kriterium in Anwendung von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1392/2001 ordnungsgemäß eingeführt worden wäre.

42

In einer solchen Situation hätte ein Erzeuger, der zu einer in Anwendung der in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung festgelegten Kriterien vorrangigen Kategorie gehört, ohne aber der Verpflichtung zur monatlichen Abführung nachgekommen zu sein, erst nach Rückerstattung an diejenigen Erzeuger, die dieser Verpflichtung nachgekommen sind, einen Anspruch auf eine Kürzung der fälligen Abgabe, vorausgesetzt, nach Rückerstattung an die erstgenannten Erzeuger wären noch Finanzmittel verfügbar.

43

Des Weiteren stellt die unmittelbare oder mittelbar über den Abnehmer erfolgende Entrichtung der Abgabe zwar grundsätzlich, wie die Kommission der Sache nach geltend macht, eine logische Vorbedingung für eine Rückerstattung des Überschussbetrags dar. Eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende beschränkt sich allerdings nicht darauf, eine solche Abführung einzufordern, sondern führt für die Rückerstattung eine Rangordnung ein, die überdies auf der Einhaltung von nationalen Rechtsvorschriften über die Erhebung der Abgabe beruht, die mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 unvereinbar sind.

44

Außerdem kann, wie der Generalanwalt in Nr. 75 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nicht davon ausgegangen werden, dass die Erzeuger, die ihrer Verpflichtung zur monatlichen Abführung nachgekommen sind, allein aufgrund dieses Umstands im Sinne von Art. 2 Abs. 4 der Verordnung Nr. 3950/92 infolge einer innerstaatlichen Bestimmung, die in keinem Zusammenhang mit der Regelung über die Zusatzabgabe im Milchsektor steht, von einer außergewöhnlichen Lage betroffen sind.

45

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 4 der Verordnung Nr. 3950/92 in Verbindung mit Art. 9 der Verordnung Nr. 1392/2001 dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, nach denen die Rückerstattung des Überschussbetrags der Zusatzabgabe vorrangig den Erzeugern zugutekommen muss, die in Anwendung einer mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 unvereinbaren Bestimmung des nationalen Rechts ihrer Verpflichtung zur monatlichen Abführung nachgekommen sind.

Zur zweiten Frage

46

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Grundsatz des Vertrauensschutzes dahin auszulegen ist, dass er in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden einer Neuberechnung der Zusatzabgabe entgegensteht, die von den Erzeugern geschuldet wird, die ihrer von den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verpflichtung zur Entrichtung dieser Abgabe auf einer monatlichen Basis nicht nachgekommen sind.

47

Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass das vorlegende Gericht mit dieser Frage geklärt wissen möchte, ob Erzeuger, die der Verpflichtung zur Abführung der Zusatzabgabe auf monatlicher Basis nachgekommen sind, Vertrauensschutz genießen. Aus diesem Blickwinkel möchte es die Folgen bestimmen, die im Ausgangsverfahren gegebenenfalls aus dem Umstand zu ziehen sind, dass eine Infragestellung der Regelungen zur Festsetzung der Reihenfolge der Zahlungen für die Rückerstattung des Überschussbetrags der Zusatzabgabe letztlich zu einer teilweisen oder vollständigen Rückforderung der Erstattungen führen würde, die diese Erzeuger erhalten haben.

48

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass dieser Grundsatz – unabhängig von der Frage, ob sich die Erzeuger, die ihrer Verpflichtung zur monatlichen Abführung nachgekommen sind, auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen können, um sich gegen eine etwaige Rückforderung der ihnen gewährten Erstattung der Abgabe zu wehren – die italienischen Behörden in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden jedenfalls nicht dazu berechtigen kann, eine Korrektur ihrer mit dem Unionsrecht unvereinbaren Entscheidungen abzulehnen und eine Neubeurteilung der Ansprüche der Erzeuger, die dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind, zu verweigern.

49

Da sich aus der Antwort auf die dritte Frage ergibt, dass die nachteilige Behandlung dieser Erzeuger auf der Anwendung eines den in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1392/2001 abschließend aufgezählten objektiven Kriterien hinzugefügten Kriteriums durch die Italienische Republik beruht, ohne dass dieses Kriterium offensichtlich dem in Art. 9 Abs. 2 der Verordnung genannten Fall entspräche, obliegt es vielmehr den Behörden, den Betrag der von den Erzeugern geschuldeten Zusatzabgabe unter Außerachtlassung der mit den Verordnungen Nrn. 3950/92 und 1392/2001 unvereinbaren nationalen Bestimmungen neu zu berechnen.

50

Aus den vorstehenden Erwägungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden einer Neuberechnung der Zusatzabgabe, die von den Erzeugern geschuldet wird, die ihrer von den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verpflichtung zur Abführung dieser Abgabe auf einer monatlichen Basis nicht nachgekommen sind, nicht entgegensteht.

Kosten

51

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Feststellung der Unvereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften über die Erhebung der Zusatzabgabe bei den Erzeugern durch den Abnehmer mit dieser Bestimmung nicht dazu führt, dass die diesen Rechtsvorschriften unterliegenden Erzeuger die Abgabe nicht mehr schulden.

 

2.

Art. 2 Abs. 4 der Verordnung Nr. 3950/92 in der durch die Verordnung Nr. 1256/1999 geänderten Fassung ist in Verbindung mit Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1392/2001 der Kommission vom 9. Juli 2001 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 3950/92 dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, nach denen die Rückerstattung des Überschussbetrags der Zusatzabgabe vorrangig den Erzeugern zugutekommen muss, die in Anwendung einer mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 in der durch die Verordnung Nr. 1256/1999 geänderten Fassung unvereinbaren Bestimmung des nationalen Rechts ihrer Verpflichtung zur monatlichen Abführung nachgekommen sind.

 

3.

Der Grundsatz des Vertrauensschutzes steht in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden einer Neuberechnung der Zusatzabgabe, die von den Erzeugern geschuldet wird, die ihrer von den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verpflichtung zur Abführung dieser Abgabe auf einer monatlichen Basis nicht nachgekommen sind, nicht entgegen.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.