SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE

vom 11. Dezember 2019 ( 1 )

Rechtssache C‑667/18

Orde van Vlaamse Balies,

Ordre des barreaux francophones et germanophone

gegen

Ministerraad

(Vorabentscheidungsersuchen des Grondwettelijk Hof [Verfassungsgerichtshof, Belgien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2009/138/EG – Rechtsschutzversicherung – Freie Wahl des Rechtsanwalts oder eines Rechtsvertreters durch den Versicherungsnehmer – Gerichts- oder Verwaltungsverfahren – Begriff – Gerichtliche oder außergerichtliche Vermittlung“

I. Einleitung

1.

Das Vorabentscheidungsersuchen bezieht sich auf die Auslegung von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) ( 2 ).

2.

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer Klage des Orde van Vlaamse Balies und des Ordre des barreaux francophones et germanophone (im Folgenden: Kammern der Rechtsanwaltschaften) auf Nichtigerklärung der Wet tot wijziging van de wet van 4 april 2014 betreffende de verzekeringen en ertoe strekkende de vrije keuze van een advocaat of iedere andere persoon die krachtens de op de procedure toepasselijke wet de vereiste kwalificaties heeft om zijn belangen te verdedigen in elke fase van de rechtspleging te waarborgen in het kader van een rechtsbijstandsverzekeringsovereenkomst (Gesetz zur Abänderung des Gesetzes vom 4. April 2014 über die Versicherungen und zur Gewährleistung der freien Wahl eines Rechtsanwalts oder jeglicher anderen Person, die die Qualifikationen besitzt, die aufgrund des auf das Verfahren anwendbaren Gesetzes erforderlich sind, um die Interessen einer Person im Rahmen eines Rechtsschutzversicherungsvertrags in jeder gerichtlichen Phase verteidigen zu können) ( 3 ) vom 9. April 2017.

3.

Die Klage der Kammern der Rechtsanwaltschaften bezieht sich auf die Tatsache, dass der belgische Gesetzgeber die Freiheit der Wahl eines Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters durch einen Rechtsschutzversicherten auf das Schiedsverfahren, nicht aber auf das Vermittlungsverfahren ausgeweitet hat.

4.

Mit seiner Vorlagefrage möchte der Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof, Belgien) wissen, ob das im belgischen Recht vorgesehene Vermittlungsverfahren, sei es gerichtlich oder außergerichtlich, unter den Begriff „Gerichtsverfahren“ im Sinne von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 fällt.

5.

Im Anschluss an meine Ausführungen werde ich dem Gerichtshof vorschlagen, diese Frage zu bejahen. Ich werde zunächst auf den eigenständigen Charakter von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 über die freie Wahl des Rechtsanwalts durch den Versicherten im Verhältnis zu Art. 198 Abs. 1 dieser Richtlinie hinweisen, der die sich daraus ergebende Kostenübernahme vorsieht. Sodann werde ich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Rechten eines Rechtsschutzversicherten, insbesondere aus der Rechtsprechung zum Begriff „Verwaltungsverfahren“, die Elemente herausarbeiten, die für die Auslegung des Begriffs „Gerichtsverfahren“ nützlich sind. Schließlich werde ich daraus im Einklang mit den Zielen derselben Richtlinie die Konsequenzen ziehen, wobei den Merkmalen der Vermittlung Rechnung getragen werden soll.

II. Rechtlicher Rahmen

A.   Unionsrecht

1. Aufgehobene Richtlinie 87/344/EWG

6.

Die Richtlinie 87/344/EWG des Rates vom 22. Juni 1987 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung ( 4 ), die durch die Richtlinie 2009/138 ( 5 ) aufgehoben worden ist, sah in ihrem Art. 4 Abs. 1 Buchst. a vor:

„(1)   In jedem Rechtsschutz-Versicherungsvertrag ist ausdrücklich anzuerkennen, dass[,]

a)

wenn ein Rechtsanwalt oder eine sonstige nach dem nationalen Recht entsprechend qualifizierte Person in Anspruch genommen wird, um in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren den Versicherten zu verteidigen, zu vertreten oder seine Interessen wahrzunehmen, dem Versicherten die Wahl des Rechtsanwalts oder der sonstigen Person freisteht“.

2. Richtlinie 2009/138

7.

Der 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/138 lautet:

„Vorrangiges Ziel der Regulierung und Beaufsichtigung des Versicherungs- und Rückversicherungsgewerbes ist ein angemessener Schutz der Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten. Unter den Begriff Anspruchsberechtigte fällt eine natürliche oder juristische Person, die einen Anspruch aufgrund eines Versicherungsvertrags besitzt. Finanzstabilität sowie faire und stabile Märkte sind weitere Ziele der Versicherungs- und Rückversicherungsregulierung und ‑aufsicht, denen ebenfalls Rechnung zu tragen ist, die jedoch das vorrangige Ziel nicht beeinträchtigen dürfen.“

8.

Titel II („Besondere Bestimmungen für Versicherung und Rückversicherung“) dieser Richtlinie enthält ein Kapitel II über „Versicherungsbedingungen“, dessen Abschnitt 4 („Rechtsschutzversicherung“) die Art. 198 bis 205 ( 6 ) umfasst.

9.

Art. 198 („Geltungsbereich dieses Abschnitts“) der genannten Richtlinie bestimmt in seinem Abs. 1:

„Dieser Abschnitt gilt für die in Zweig 17 von Anhang I Teil A genannte Rechtsschutzversicherung, bei der ein Versicherungsunternehmen zusagt, gegen Zahlung einer Prämie die Kosten des Gerichtsverfahrens zu übernehmen und andere sich aus dem Versicherungsvertrag ergebende Leistungen zu erbringen, insbesondere um

b)

den Versicherten in einem Zivil‑, Straf‑, Verwaltungs- oder anderen Verfahren oder im Fall einer gegen ihn gerichteten Forderung zu verteidigen oder zu vertreten.“

10.

Art. 200 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2009/138 sieht vor:

„(1)   Der Herkunftsmitgliedstaat stellt sicher, dass die Versicherungsunternehmen gemäß der von dem Mitgliedstaat gewählten Regelung oder, sofern der Mitgliedstaat dies gestattet, nach ihrer Wahl wenigstens eines der in den Absätzen 2, 3 und 4 für die Verwaltung von Schadensfällen genannten Verfahren anwenden.

Unabhängig davon, welche dieser Möglichkeiten gewählt wird, gelten die Interessen der Rechtsschutzversicherten im Rahmen dieses Abschnitts als gleichwertig geschützt.

(4)   Der Vertrag räumt den Versicherten das Recht ein, die Vertretung ihrer Interessen einem Rechtsanwalt ihrer Wahl … oder, soweit das nationale Recht dies zulässt, jeder anderen entsprechend qualifizierten Person zu übertragen, sobald sie einen Anspruch gemäß dem Vertrag geltend machen können.“

11.

Art. 201 („Freie Wahl des Rechtsanwalts“) dieser Richtlinie bestimmt in seinem Abs. 1 Buchst. a:

„(1)   In jedem Rechtsschutz-Versicherungsvertrag ist ausdrücklich vorzusehen, dass[,]

a)

wenn ein Rechtsanwalt oder eine sonstige nach dem nationalen Recht entsprechend qualifizierte Person in Anspruch genommen wird, um in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren den Versicherten zu verteidigen, zu vertreten oder seine Interessen wahrzunehmen, es dem Versicherten freisteht, welchen Rechtsanwalt oder [welche] sonstige Person er wählt“.

B.   Belgisches Recht

1. Gesetz über die Versicherungen vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 9. April 2017

12.

Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 9. April 2017 hatte Art. 156 Nr. 1 der Wet betreffende de verzekeringen (Gesetz über die Versicherungen) ( 7 ) vom 4. April 2014 folgenden Wortlaut:

„In Rechtsschutzversicherungsverträgen muss mindestens ausdrücklich bestimmt werden, dass:

1.

Versicherte bei einem Gerichts- oder Verwaltungserfahren einen Rechtsanwalt oder jegliche andere Person, die die Qualifikationen besitzt, die aufgrund des auf das Verfahren anwendbaren Gesetzes erforderlich sind, frei wählen können, um ihre Interessen verteidigen oder vertreten zu lassen oder ihnen zu dienen.“

2. Gesetz vom 9. April 2017

13.

Art. 2 des Gesetzes vom 9. April 2017 sieht vor:

„Artikel 156 Nummer 1 des Gesetzes … über die Versicherungen erhält folgende Fassung:

‚1.

Versicherte bei einem Gerichts‑, Verwaltungs- oder Schiedsverfahren einen Rechtsanwalt oder jegliche andere Person, die die Qualifikationen besitzt, die aufgrund des auf das Verfahren anwendbaren Gesetzes erforderlich sind, frei wählen können, um ihre Interessen verteidigen oder vertreten zu lassen oder ihnen zu dienen, und sie im Fall eines Schiedsverfahrens, einer Vermittlung oder einer anderen Art der anerkannten außergerichtlichen Konfliktbewältigung eine Person, die die erforderlichen Qualifikationen besitzt und zu diesem Zweck bestimmt worden ist, frei wählen können‘.“

3. Gerichtsgesetzbuch

14.

Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, dass das Gerechtelijk Wetboek (Gerichtsgesetzbuch) in der zuletzt durch die Wet houdende diverse bepalingen inzake burgerlijk recht en bepalingen met het oog op de bevordering van alternatieve vormen van geschillenoplossing (Gesetz zur Festlegung verschiedener Bestimmungen in Sachen Zivilrecht und von Bestimmungen zur Förderung alternativer Formen der Streitfalllösung) ( 8 ) vom 18. Juni 2018 geänderten Fassung zwei Formen der Vermittlung vorsieht, nämlich die außergerichtliche oder die gerichtliche, die – was Erstere angeht – in den Art. 1730 bis 1733 dieses Gesetzbuchs und – was Letztere betrifft – in den Art. 1734 bis 1737 des genannten Gesetzbuchs geregelt sind. Die allgemeinen Grundsätze sind in den Art. 1723/1 bis 1729 des Gerichtsgesetzbuchs aufgeführt.

a) Allgemeine Grundsätze

15.

Art. 1723/1 des Gerichtsgesetzbuchs lautet:

„Vermittlung ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren der freiwilligen Abstimmung zwischen Konfliktparteien, das mit Unterstützung eines unabhängigen, neutralen und unparteiischen Dritten abläuft, der die Kommunikation erleichtert und versucht, die Parteien dazu zu veranlassen, selbst eine Lösung auszuarbeiten.“

16.

Art. 1729 des Gerichtsgesetzbuchs sieht vor:

„Jede der Parteien kann die Vermittlung zu jedem Zeitpunkt beenden, ohne dass dies zu ihrem Nachteil ist.“

b) Außergerichtliche Vermittlung

17.

Art. 1730 § 1 des Gerichtsgesetzbuchs bestimmt:

„Jede Partei kann den anderen Parteien, unabhängig von jeglichem Gerichts- oder Schiedsverfahren, vor, während oder nach einem Gerichtsverfahren vorschlagen, auf ein Vermittlungsverfahren zurückzugreifen. Die Parteien bestellen in gegenseitigem Einvernehmen den Vermittler oder beauftragen einen Dritten mit dieser Bestellung.“

18.

In Art. 1731 §§ 1 und 3 dieses Gesetzbuchs heißt es:

„§ 1. Die Parteien bestimmen untereinander mit Hilfe des Vermittlers die Modalitäten für den Verlauf der Vermittlung und die Dauer des Verfahrens. Diese Vereinbarung wird schriftlich in einem Vermittlungsprotokoll festgehalten, das von den Parteien und dem Vermittler unterzeichnet wird. Die Kosten und Honorare der Vermittlung gehen zu gleichen Teilen zu Lasten der Parteien, sofern sie nichts anderes beschließen.

§ 3. Durch die Unterzeichnung des Protokolls wird die Verjährung für die Dauer der Vermittlung ausgesetzt.“

19.

Art. 1732 des genannten Gesetzbuchs sieht vor:

„Kommen die Parteien bei der Vermittlung zu einer Vereinbarung, wird dies in einem Schriftstück festgehalten, das mit dem Datum versehen und von den Parteien und dem Vermittler unterzeichnet wird. Gegebenenfalls wird die Zulassung des Vermittlers vermerkt.

Dieses Schriftstück enthält die genauen Verpflichtungen jeder Partei.“

20.

Art. 1733 des Gerichtsgesetzbuchs lautet:

„Kommt es zu einer Vereinbarung und ist der Vermittler, der die Vermittlung geleitet hat, von der in Artikel 1727 [des Gerichtsgesetzbuchs] erwähnten Kommission zugelassen, können die Parteien oder kann eine von ihnen die gemäß den Artikeln 1731 und 1732 [dieses Gesetzbuchs] erzielte Vermittlungsvereinbarung dem zuständigen Richter zur Homologierung vorlegen. …

Der Richter kann die Homologierung der Vereinbarung nur verweigern, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung verstößt oder wenn die nach einer Vermittlung in Familiensachen zustande gekommene Vereinbarung im Widerspruch zu den Interessen der minderjährigen Kinder steht.

Der Homologierungsbeschluss hat die Wirksamkeit eines Urteils im Sinne von Artikel 1043 [des genannten Gesetzbuchs][ ( 9 )].“

21.

Ist der Vermittler, der die Vermittlung geleitet hat, nicht von der föderalen Vermittlungskommission zugelassen, kann die Vermittlungsvereinbarung den Angaben des vorlegenden Gerichts zufolge nicht homologiert werden, und ihre Vollstreckbarkeit muss auf andere Weise, wie beispielsweise durch notarielle Urkunde, festgestellt werden.

c) Gerichtliche Vermittlung

22.

Art. 1734 des Gerichtsgesetzbuchs bestimmt:

„§ 1. Der bereits mit einer Streitsache befasste Richter kann zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens sowie im Eilverfahren, außer vor dem Kassationshof und dem Bezirksgericht, auf gemeinsamen Antrag der Parteien oder auf eigene Initiative, aber mit der Zustimmung der Parteien, eine Vermittlung anordnen, solange die Sache noch nicht zur Beratung gestellt ist.

§ 2. In der Entscheidung, durch die eine Vermittlung angeordnet wird, wird … der Name, die Eigenschaft und die Adresse des Vermittlers vermerkt, die ursprüngliche Dauer seines Auftrags festgelegt – ohne dass diese sechs Monate überdauern darf – und das Datum angegeben, auf das die Sache vertagt wird und das das erstmögliche Datum nach Ablauf dieser Frist ist.

§ 3. Spätestens bei der in § 2 erwähnten Sitzung setzen die Parteien den Richter vom Resultat der Vermittlung in Kenntnis. Sind die Parteien nicht zu einer Vereinbarung gekommen, können sie um eine neue Frist nachsuchen oder beantragen, dass das Verfahren fortgesetzt wird.

§ 5. Wenn die Parteien gemeinsam beantragen, dass eine Vermittlung angeordnet wird, werden die ihnen eingeräumten Verfahrensfristen ab dem Tag ausgesetzt, an dem sie diesen Antrag einreichen.

Gegebenenfalls können die Parteien oder kann eine von ihnen neue Fristen beantragen, um die Sache für die in § 2 oder in Artikel 1735 § 5 erwähnte Sitzung bereitzumachen.“

23.

Art. 1735 §§ 2 und 3 des Gerichtsgesetzbuchs lautet:

„§ 2. Die Vermittlung kann die gesamte Streitsache oder einen Teil davon betreffen.

§ 3. Der Richter bleibt während der Vermittlung mit der Sache befasst und kann jederzeit jede Maßnahme ergreifen, die ihm notwendig erscheint. Er kann ebenfalls auf Antrag des Vermittlers oder einer der Parteien die Vermittlung vor Ablauf der festgelegten Frist beenden.“

24.

In Art. 1736 des Gerichtsgesetzbuchs heißt es:

„…

Der Vermittler setzt den Richter bei Ablauf seines Auftrags schriftlich davon in Kenntnis, ob die Parteien zu einer Vereinbarung gekommen sind oder nicht.

Hat die Vermittlung zu einer Vermittlungsvereinbarung geführt, wenn auch nur teilweise, können die Parteien oder eine von ihnen gemäß Artikel 1043 [des Gerichtsgesetzbuchs] den Richter um Homologierung dieser Vereinbarung ersuchen.

Der Richter kann die Homologierung der Vereinbarung nur verweigern, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung verstößt oder wenn die nach einer Vermittlung in Familiensachen zustande gekommene Vereinbarung im Widerspruch zu den Interessen der minderjährigen Kinder steht.

Hat die Vermittlung nicht zu einer vollständigen Vermittlungsvereinbarung geführt, wird das Verfahren am festgesetzten Tag fortgesetzt, unbeschadet der Möglichkeit für den Richter, wenn er es für zweckmäßig erachtet und mit Zustimmung aller Parteien, den Auftrag des Vermittlers für einen von ihm bestimmten Zeitraum zu verlängern.“

III. Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

25.

Die Kammern der Rechtsanwaltschaften erhoben am 23. Oktober 2017 Klage vor dem Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof) auf Nichtigerklärung des Gesetzes vom 9. April 2017. Sie stützen ihre Klage auf zwei Gründe, von denen einer aus einem Verstoß gegen die Art. 10 und 11 der Grondwet (Verfassung), in denen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung verankert sind, in Verbindung mit Art. 201 der Richtlinie 2009/138 hergeleitet wird.

26.

Die Kläger tragen vor, das Gesetz vom 9. April 2017, das nicht vorsehe, dass ein Rechtsschutzversicherter seinen Rechtsanwalt im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens frei wählen könne, verstoße gegen Art. 201 der Richtlinie 2009/138. Insbesondere aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu dem in diesem Artikel enthaltenen Begriff „Gerichts- oder Verwaltungsverfahren“ lasse sich ableiten, dass der Begriff „Gerichtsverfahren“ nicht eng ausgelegt werden dürfe. Darüber hinaus könne sowohl die freiwillige als auch die gerichtliche Vermittlung unter verschiedenen Gesichtspunkten als Teil des gerichtlichen Verfahrens im Sinne von Art. 201 der Richtlinie 2009/138 angesehen werden.

27.

Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass das beanstandete Gesetz vom 9. April 2017 die Freiheit eines Rechtsschutzversicherten, einen Rechtsanwalt oder jegliche andere qualifizierte Person zu wählen, die zuvor für jedes Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vorgesehen gewesen sei, auf das Schiedsverfahren, nicht aber auf das Vermittlungsverfahren ausgeweitet habe. Diese Entscheidung des belgischen Gesetzgebers beruhe auf zwei Erwägungen. Zum einen sei die Anwesenheit eines Beistands nicht geeignet, die Vermittlung zu fördern, und zum anderen liege dieser – im Unterschied zur Schlichtung – nicht notwendigerweise eine rechtliche Argumentation zugrunde.

28.

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 10 ), so das vorlegende Gericht, gehe hervor, dass der Begriff „Gerichtsverfahren“ im Sinne von Art. 201 der Richtlinie 2009/138 weit auszulegen sei; zudem lasse sich aus Rn. 19 des Urteils AK ableiten, dass keinerlei Unterscheidung – auch nicht bei einem Gerichtsverfahren – zwischen der vorbereitenden Phase und der Entscheidungsphase eines solchen Verfahrens gemacht werden dürfe.

29.

Diese Rechtsprechung lasse jedoch nicht mit Sicherheit erkennen, ob das genannte Recht auch in einem Vermittlungsverfahren gelte. Das vorlegende Gericht stellt insoweit fest, dass ein Vermittlungsverfahren Merkmale aufweise, die denen einer gütlichen Streitbeilegung ebenso ähnelten wie denen eines Gerichtsverfahrens. Insbesondere da mit dem Vermittlungsverfahren eine Vermittlungsvereinbarung zwischen den Parteien angestrebt werde, unterscheide sich dieses Verfahren von einem Gerichtsverfahren und komme eher einer gütlichen Streitbeilegung gleich. Das Vermittlungsverfahren unterscheide sich allerdings insofern von einer gütlichen Streitbeilegung, als ihm in der Regel gütliche Verhandlungen vorausgingen, es im Gerichtsgesetzbuch geregelt sei und eine im Anschluss an eine von einem zugelassenen Vermittler geleitete Vermittlung geschlossene Vereinbarung durch den zuständigen Richter homologiert werden könne, wobei der Homologierungsbeschluss die Wirksamkeit eines Urteils habe.

30.

Aufgrund der Zweifel des Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof) hinsichtlich der Auslegung von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138, zu denen all diese Gesichtspunkte Anlass geben, hat das erwähnte Gericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist der Begriff „Gerichtsverfahren“ in Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 dahin auszulegen, dass das außergerichtliche sowie das gerichtliche Vermittlungsverfahren im Sinne der Art. 1723/1 bis 1737 des Gerichtsgesetzbuchs einbegriffen sind?

31.

Schriftliche Erklärungen sind von den Kammern der Rechtsanwaltschaften, der belgischen Regierung sowie der Europäischen Kommission eingereicht worden. Die Parteien haben in der Sitzung vom 2. Oktober 2019 mündliche Ausführungen gemacht.

IV. Würdigung

32.

Mit seiner Vorlagefrage ersucht der Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof) den Gerichtshof um Klarstellung von Sinn und Tragweite des Begriffs „Gerichtsverfahren“ im Sinne von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138, indem er im Wesentlichen fragt, ob diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach die freie Wahl eines Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters durch einen Rechtsschutzversicherten im Fall einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Vermittlung ausgeschlossen ist.

33.

Der in Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 verankerte Grundsatz der freien Wahl des Rechtsanwalts oder einer sonstigen zu seiner Verteidigung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren zugelassenen Person durch einen Versicherten, der eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat, ist nicht neu.

34.

Er kam in ähnlichem Wortlaut in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 zum Ausdruck, die durch die Richtlinie 2009/138 zur Neufassung verschiedener Richtlinien im Versicherungsbereich, darunter der erstgenannten Richtlinie, aufgehoben worden ist ( 11 ). Demnach ist auf die Auslegung dieses Artikels durch den Gerichtshof Bezug zu nehmen.

35.

Daher möchte ich im Einzelnen darlegen, welche Erkenntnisse aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs gezogen werden können, und anschließend die Konsequenzen aufzeigen, die sich daraus hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „Gerichtsverfahren“ und der Vermittlung meines Erachtens ergeben.

36.

Aufgrund der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung über das Verhältnis zwischen den im Rechtsschutzversicherungsbereich anwendbaren Vorschriften erscheint es mir zunächst jedoch angebracht, kurz auf deren Ausgestaltung, die sich in der Richtlinie 2009/138 deutlicher zeigt, einzugehen.

A.   Darstellung der im Rechtsschutzversicherungsbereich anwendbaren Vorschriften

37.

Innerhalb der Richtlinie 2009/138 sind die im Rechtsschutzversicherungsbereich anwendbaren Vorschriften in einem eigenen Abschnitt zusammengefasst, der die Art. 198 bis 205 umfasst.

38.

In diesem Abschnitt sind die drei für die Würdigung durch den Gerichtshof nützlichen Artikel enthalten, nämlich die Art. 198, 200 und 201 der Richtlinie 2009/138, die jeweils im Wesentlichen den Art. 2 bis 4 der Richtlinie 87/344 entsprechen ( 12 ).

39.

Durch die Hinzufügung von Überschriften hat der Unionsgesetzgeber den Gegenstand dieser Vorschriften geklärt und ihre Eigenständigkeit hervorgehoben ( 13 ). So definiert Art. 198 der Richtlinie 2009/138 den Begriff „Rechtsschutzversicherung“ und seinen Geltungsbereich, während es in ihrem Art. 200 um die Verwaltung der Schadensfälle durch die Versicherungsunternehmen geht und Art. 201 derselben Richtlinie die Fälle festlegt, in denen der Versicherte Recht auf freie Anwaltswahl hat.

40.

Daher ist die Logik der Bestimmungen von Art. 198 der Richtlinie 2009/138, die sich auf die Verpflichtungen des Versicherungsunternehmens beziehen, nämlich „die Kosten des Gerichtsverfahrens zu übernehmen und andere sich aus dem Versicherungsvertrag ergebende Leistungen zu erbringen, insbesondere um den Versicherten in einem Zivil‑, Straf-, Verwaltungs- oder anderen Verfahren oder im Fall einer gegen ihn gerichteten Forderung zu verteidigen oder zu vertreten“ ( 14 ), von der Logik des Art. 200 dieser Richtlinie zu unterscheiden, der die drei Methoden zur Verwaltung der Schadensfälle der Rechtsschutzversicherten festlegt, darunter die in Abs. 4 enthaltene Methode, die darin besteht, den Versicherten vertraglich das Recht einzuräumen, „die Vertretung ihrer Interessen einem Rechtsanwalt ihrer Wahl … oder, soweit das nationale Recht dies zulässt, jeder anderen entsprechend qualifizierten Person zu übertragen, sobald sie einen Anspruch gemäß dem Vertrag geltend machen können“ ( 15 ).

41.

Von den übrigen Bestimmungen des Abschnitts über die Rechtsschutzversicherung ist auch der genaue Gegenstand von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 zu unterscheiden, der die Rechte der Versicherten bzw. die „spezifischen Garantien zugunsten der Versicherungsnehmer“ ( 16 ) hinsichtlich der freien Wahl eines Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters festlegt.

42.

Demnach unterliegt meines Erachtens keinem Zweifel, dass Art. 198 Abs. 1 der Richtlinie 2009/138 lediglich bewirkt, die Übernahme der sich aus der freien Anwaltswahl gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie ergebenden Kosten unter die Leistungen zu subsumieren, die der Versicherer unter den in seinem Abs. 2 festgelegten Grenzen schuldet ( 17 ). Mit diesem Artikel sollen nicht die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen der Versicherte einen Rechtsanwalt oder Rechtsvertreter wählen kann.

43.

Ebenso wenig lässt sich aus dem gesonderten Gegenstand von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 ableiten, dass dieser lediglich den Grundsatz der freien Wahl des Rechtsanwalts ohne Kostenübernahme durch den Versicherer aufstellt, die eine Selbstverständlichkeit ist. Gerade die in Art. 198 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehene Kostenübernahme rechtfertigt ein Tätigwerden des Unionsgesetzgebers hinsichtlich der Voraussetzungen für die Wahl eines Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters durch einen Rechtsschutzversicherten.

44.

Außerdem ist zu beachten, dass der Gerichtshof, als er den Umfang der dem Versicherten durch Art. 4 der Richtlinie 87/344, nunmehr Art. 201 der Richtlinie 2009/138, gewährten Rechte klargestellt hat, es nicht für notwendig erachtet hat, die Bestimmungen von Art. 2 der Richtlinie 87/344, nunmehr Art. 198 der Richtlinie 2009/138, auszulegen ( 18 ).

45.

Nachdem das Verhältnis zwischen Art. 198 Abs. 1 Buchst. b und Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 geklärt worden ist, werde ich mit meiner Würdigung fortfahren und in der Rechtsprechung des Gerichtshofs nach den Elementen suchen, die für die Überlegungen zu den Voraussetzungen für die Umsetzung der freien Wahl des Rechtsanwalts durch den Versicherten nützlich sind.

B.   Erkenntnisse aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur freien Wahl des Rechtsanwalts durch den Versicherten

46.

Der Gerichtshof hat sich zum Umfang der Rechte des Versicherten aus Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344, nunmehr Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138, in Fällen geäußert, in denen dieser beabsichtigte, seine Rechte im Rahmen von Gerichtsverfahren oder Verfahren bei Verwaltungsorganen auszuüben. Diese Rechtsprechung dient als Bezugspunkt für die Auslegung von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 ( 19 ).

1. Im Fall einer Rechtsausübung durch den Versicherten im Rahmen von Gerichtsverfahren

47.

Im Urteil Eschig ( 20 ) hat der Gerichtshof zum einen drei Grundsätze erarbeitet, die den Sockel der Rechtsprechung im nunmehr in der Richtlinie 2009/138 geregelten Rechtsschutzversicherungsbereich darstellen.

48.

Erstens besteht das Ziel, das mit der Richtlinie 87/344, insbesondere in ihrem Art. 4, verfolgt wird, darin, die Interessen der Versicherten umfassend zu schützen ( 21 ). Zweitens hat Abs. 1 dieses Artikels allgemeine Bedeutung und ist verbindlich ( 22 ). Drittens bezweckt die Richtlinie 87/344 keine vollständige Harmonisierung der auf die Rechtsschutzversicherungsverträge der Mitgliedstaaten anwendbaren Vorschriften, so dass es den Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts freisteht, die genannten Vorschriften festzulegen, soweit sie ihre Befugnisse in diesem Bereich unter Beachtung des Unionsrechts, insbesondere von Art. 4 der Richtlinie 87/344, ausüben ( 23 ).

49.

Zum anderen hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass der Anspruch des Versicherten, „seinen Rechtsvertreter“ zu wählen, „auf Gerichts- und Verwaltungsverfahren beschränkt“ ( 24 ) ist und es sich dabei um „das Mindestmaß an Freiheit [handelt], das dem Versicherten unabhängig von der vom Versicherungsunternehmen nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie [87/344] gewählten Option zu gewähren ist“ ( 25 ). Der Gerichtshof hat klargestellt, dass „[d]ie in Art. 3 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 87/344 vorgesehene Lösung … den Versicherten … weiter reichende Rechte [gibt] als Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie. Denn die letztgenannte Bestimmung sieht einen Anspruch auf die freie Wahl des Rechtsvertreters nur dann vor, wenn ein Gerichts- oder Verwaltungsverfahren angestrengt wird. Dagegen hat der Versicherte nach der in Art. 3 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie vorgesehenen Lösung Anspruch darauf, einen Rechtsvertreter mit der Verteidigung seiner Interessen zu beauftragen, sobald er nach dem Versicherungsvertrag Anspruch auf das Tätigwerden des Versicherers hat, also auch vor jedem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren“ ( 26 ).

50.

In zwei nachfolgenden Urteilen vom 26. Mai 2011, Stark ( 27 ), und vom 7. November 2013, Sneller ( 28 ), hat der Gerichtshof die im Urteil Eschig aufgestellten Grundsätze bekräftigt und daraus – im erstgenannten Urteil – abgeleitet, dass der Wahl des Rechtsanwalts durch den Versicherten geografische Grenzen gesetzt werden können, sofern seine Wahlfreiheit nicht ausgehöhlt wird ( 29 ), und im zweitgenannten Urteil, dass diese Freiheit nicht auf die Fälle beschränkt werden darf, in denen der Versicherer entscheidet, dass ein außerhalb des Versicherungsunternehmens stehender Rechtsvertreter in Anspruch genommen werden muss ( 30 ).

51.

Daher hat sich der Gerichtshof in diesen drei ersten Urteilen zum Umfang der Rechte des Versicherten im Rahmen von Gerichtsverfahren geäußert, ohne die Begriffe „Gerichtsverfahren“ oder „Verwaltungsverfahren“ auslegen zu müssen ( 31 ).

52.

Den Begriff „Verwaltungsverfahren“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344, nunmehr Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138, hat der Gerichtshof in zwei späteren Urteilen vom 7. April 2016, Massar und AK, ausgelegt.

2. Im Fall einer Rechtsausübung durch den Versicherten bei einem Verwaltungsorgan

53.

In der Rechtssache, die zum Urteil Massar geführt hat, sollte mit dem Ersuchen des vorlegenden Gerichts festgestellt werden, ob der Grundsatz der freien Wahl des Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters zur Anwendung kommen konnte, wenn sich ein Rechtsschutzversicherter anlässlich der Prüfung eines Gesuchs seines Arbeitgebers um Genehmigung seiner Entlassung durch eine unabhängige Verwaltungsstelle verteidigen wollte, da es sich bei diesem Verfahren nicht um ein gerichtliches Verfahren handelte ( 32 ).

54.

In der Rechtssache, die zum Urteil AK geführt hat, stellte sich die gleiche Frage für einen Rechtsschutzversicherten, der einen Widerspruch bei einem durch das Gesetz für die Kontrolle der besonderen Krankheitskosten eingesetzten Zentrum einlegen wollte, nachdem dieses seinen Antrag auf Bewilligung einer medizinischen Behandlung abgelehnt hatte. Auch in diesem zweiten Fall war das Verfahren kein gerichtliches Verfahren.

55.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Rechtssachen muss jedoch bereits jetzt hervorgehoben werden. Während gegen die behördliche Entscheidung in der Rechtssache, die zum Urteil AK geführt hat, Klage vor einem in Sachen der sozialen Sicherheit und des öffentlichen Dienstes zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden konnte ( 33 ), war das in dem Verfahren, um das es in der Rechtssache ging, die zum Urteil Massar geführt hat, nicht der Fall. Es konnte lediglich eine Schadensersatzklage vor einem Zivilgericht erhoben werden ( 34 ).

56.

Der Gerichtshof hat für Recht erkannt, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 dahin auszulegen ist, dass der in dieser Bestimmung verwendete Begriff „Verwaltungsverfahren“ – was das Urteil Massar angeht – auch „ein Verfahren, in dem eine Verwaltungsstelle dem Arbeitgeber erlaubt, dem (rechtsschutzversicherten) Arbeitnehmer zu kündigen“ ( 35 ), und – was das Urteil AK betrifft – „die Widerspruchsphase bei einem öffentlichen Organ umfasst, in der dieses Organ eine Entscheidung erlässt, die gerichtlich angefochten werden kann“ ( 36 ).

57.

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen und insbesondere ihrer Gründe zieht der Verfassungsgerichtshof in der Ausgangrechtssache in Betracht, dass der Begriff „Gerichtsverfahren“ dahin auszulegen ist, dass die Vermittlung in den Anwendungsbereich von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 fällt.

58.

Da der Begriff „Gerichtsverfahren“ nach der üblichen Methode des Gerichtshofs auszulegen ist, stellt die Prüfung der Reichweite der Urteile Massar und AK meines Erachtens jedoch nur ein ergänzendes Element zu den Elementen dar, die der Gerichtshof bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts üblicherweise heranzieht.

C.   Begriff „Gerichtsverfahren“ im Sinne von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138

59.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden ( 37 ).

60.

Im vorliegenden Fall scheinen mir Kontextelemente aus den Urteilen Massar und AK hergeleitet werden zu müssen.

1. Wortlaut von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138

61.

In Bezug auf den Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 hat der Gerichtshof entschieden, dass sich daraus „ergibt …, dass der Begriff ‚Verwaltungsverfahren‘ im Gegensatz zum Begriff ‚Gerichtsverfahren‘ zu lesen ist“ ( 38 ). Diese Feststellung ist auf Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138, dessen Wortlaut insoweit identisch ist, auszuweiten.

62.

Die einzige Abweichung in der französischen Sprachfassung ( 39 ) hinsichtlich dieser Verfahrensbegriffe, die sich auf den durch „une procédure“ ersetzten Begleiter „toute procédure“ bezieht, wirkt sich nach meiner Einschätzung als solche nämlich nicht aus ( 40 ). Außerdem hat der Gerichtshof den Ausdruck „im Rahmeneines Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens bzw. von Gerichts- oder Verwaltungsverfahren unter Bezugnahme auf den elften Erwägungsgrund der Richtlinie 87/344 verwendet ( 41 ).

63.

Der Ausdruck „Gerichts- oder Verwaltungsverfahren“ findet sich nur in Art. 201 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie, der sich auf die Wahl des Rechtsanwalts durch den Versicherten bezieht. Art. 198 der Richtlinie 2009/138, der mit Art. 2 der Richtlinie 87/344, in dem sich der Ausdruck „Gerichtsverfahren“ findet, identisch ist, weist einen anderen Wortlaut auf.

64.

Auch wenn es in der letztgenannten Vorschrift nämlich heißt, dass der Versicherer verpflichtet ist, die „Kosten des Gerichtsverfahrens“ zu übernehmen, ist diese Verpflichtung sehr weit gefasst, wie sich aus folgendem Wortlaut ergibt: „insbesondere um … den Versicherten in einem Zivil‑, Straf‑, Verwaltungs- oder anderen Verfahren … zu verteidigen oder zu vertreten“ ( 42 ).

65.

Diese Abweichung zwischen den beiden genannten Vorschriften lässt sich auch in deren unterschiedlichen Sprachfassungen feststellen. Zur Veranschaulichung: In der englischen Sprachfassung von Art. 198 der Richtlinie 2009/138 lauten die verwendeten Ausdrücke „legal proceedings“ und „defending or representing the insured person in civil, criminal, administrative or other proceedings“, während die Übersetzung in Art. 201 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie wie folgt lautet: „in any inquiry or proceedings“.

66.

In gleicher Weise werden im Deutschen für Art. 198 der Richtlinie 2009/138 die Ausdrücke „die Kosten des Gerichtsverfahrens“ und „den Versicherten in einem Zivil‑, Straf‑, Verwaltungs- oder anderen Verfahren“ sowie – für Art. 201 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie – „in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren“ verwendet.

67.

Aus den Materialien zur Richtlinie 87/344, zu denen ich Zugang habe, leite ich ab, dass die fehlende Harmonisierung der Wortlaute nicht auf ein besonderes Anliegen des Unionsgesetzgebers zurückgeht. Weder der Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Rechtsschutzversicherung ( 43 ) noch die übrigen vorbereitenden Handlungen ( 44 ) enthalten nämlich diesbezügliche Erläuterungen. In Bezug auf die Entstehungsgeschichte von Art. 4 der Richtlinie 87/344 lässt sich lediglich feststellen, dass, wie in der Begründung der Kommission im Wesentlichen erläutert wird, zum einen „[d]ie Rechtsschutz-Versicherungsverträge die Übernahme der Kosten- und Honorarrechnung des mit der Verteidigung der Interessen des Versicherten beauftragten Rechtsanwalts durch den Versicherer vorsehen. Es erscheint kaum angezeigt, dass es sich bei diesem Rechtsanwalt um den gewöhnlichen Rechtsanwalt der Versicherungsgesellschaft handelt, vor allem dann, wenn diese ein Mehrspartenunternehmen ist. Der Rechtsanwalt würde dadurch in eine schwierige Situation gebracht. Deshalb bestimmt die Richtlinie, dass der Versicherte seinen Beistand selbst wählen können muss“. Zum anderen hatte der Wirtschafts- und Sozialausschuss um „ausdrückliche Klarstellung der Modalitäten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts“ ersucht, aber keine redaktionelle Änderung zur Klarstellung der Art der Verfahren vorgeschlagen ( 45 ).

68.

Erst im Bericht der Ad-hoc-Gruppe der Berater des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26. Mai 1987 zum geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung ( 46 ) wird erläutert, dass „das Mindestmaß an Freiheit bei der freien Anwaltswahl unter Bezugnahme auf Gerichts- und Verwaltungsverfahren definiert wird“, ohne weitere Klarstellungen hinsichtlich der Wahl eines von Art. 2 der Richtlinie 87/344 abweichenden Wortlauts und speziell zur Tragweite der in der letztgenannten Vorschrift verwendeten Begriffe „insbesondere“ und „oder anderen“.

69.

Diese Gesetzgebungshistorie bestätigt meines Erachtens die Tatsache, dass der Begriff „Gerichtsverfahren“ weit aufgefasst werden kann, wie es der Gerichtshof in den Urteilen Massar und AK in Bezug auf den Begriff „Verwaltungsverfahren“ bereits entschieden hat. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass dieser Begriff nicht auf Gerichtsverfahren in Verwaltungsangelegenheiten beschränkt werden darf, also solche, die vor einem Gericht im eigentlichen Sinne stattfinden ( 47 ), und der Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344 keine Unterscheidung zwischen der vorbereitenden Phase und der Entscheidungsphase eines Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens beinhaltet ( 48 ).

70.

Ich komme also nun zur Prüfung der Reichweite dieser Urteile, die für die Auslegung von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 entscheidend ist, wie das vorlegende Gericht hervorgehoben hat.

2. Reichweite der Urteile Massar und AK

71.

Stellt man auf den Wortlaut der Gründe dieser Urteile ab, so ist daraus zu folgern, dass der Begriff „Gerichtsverfahren“ im Sinne von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 ein eigenständiger Begriff ist, der eine Vorphase und eine gerichtliche Phase, bei der es sich um die Verlängerung der Vorphase handeln kann, umfasst.

72.

Demnach ließe sich daraus nach meinem Dafürhalten zunächst ableiten, dass die Vermittlung unter diesen Begriff fällt ( 49 ) – als Methode zur Beilegung von Streitigkeiten.

73.

Ich teile daher nicht die Auffassungen, wonach die Reichweite der Urteile Massar und AK auf die besonderen Umstände beschränkt werden müsse, auf deren Grundlage sie ergangen sind, aus denen sich die Anwendung eines organischen Kriteriums ergeben soll, das aus der Befugnis der Verwaltung hergeleitet wird, Entscheidungen zu treffen, die die Rechte von Rechtsschutzversicherten berühren. Der Begriff „Gerichtsverfahren“ erfasse mithin lediglich Verfahren, an deren Ende ein Richter endgültig über die Rechtsstellung des Betroffenen entscheide.

74.

Erstens stelle ich fest, dass, wäre eine solche Analyse zu wählen, sie zur Folge hätte, dass die Vermittlung in Verwaltungsangelegenheiten ( 50 ) vom Anwendungsbereich des Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 ausgeschlossen wäre, was nach meinem Verständnis im Widerspruch zu der Auslegung des Gerichtshofs steht, die sich aus den Urteilen Massar und AK ergibt.

75.

Zweitens hat der Gerichtshof seine Auslegung nicht durch die Heranziehung eines organischen Kriteriums eingeschränkt, da er die Notwendigkeit, die Interessen der Versicherten umfassend zu schützen, bestätigt ( 51 ) und diesen Grundsatz in bestimmten Fällen, die sich voneinander unterscheiden, angewandt hat.

76.

Wie der Gerichtshof im Urteil AK festgestellt hat, stellt das Verfahren nämlich „die unabdingbare Voraussetzung für die Einbringung einer Klage vor dem Verwaltungsgericht“ ( 52 ) dar, ohne dass klargestellt wird, ob dieses verbindlich war oder nicht, während die behördliche Entscheidung im Urteil Massar nicht mit einem Rechtsbehelf angefochten werden konnte. Sie konnte äußerstenfalls als Grundlage für ein Schadensersatzverfahren vor einem Zivilgericht dienen ( 53 ).

77.

Außerdem hat sich der Gerichtshof in diesem Urteil mit Blick auf ein vom Arbeitgeber beantragtes Verfahren zur behördlichen Genehmigung einer Entlassung ( 54 ) geäußert, in dem der betreffende Arbeitnehmer keinen Anspruch geltend macht. Er wird lediglich angehört ( 55 ) und kann keinerlei Rechtsbehelf einlegen. Dies sind signifikante Unterschiede zu der Rechtssache, die zum Urteil AK geführt hat.

78.

Aus dieser vergleichenden Prüfung der Urteile Massar und AK lassen sich meines Erachtens die wesentlichen vom Gerichtshof herangezogenen Kriterien ableiten. Es geht zwar um die Notwendigkeit, die Interessen des Versicherten, dessen Rechte beeinträchtigt werden, zu schützen ( 56 ), nach dem Wortlaut dieser Urteile aber entweder in einer „Phase“ ( 57 ) oder in einem „Verfahren“ ( 58 ), die bzw. das mit einer späteren gerichtlichen Phase in Verbindung stehen könnte.

79.

Es wird keine Voraussetzung hinsichtlich des verpflichtenden Charakters der Beiziehung eines Rechtsanwalts oder der Vorphase festgestellt.

80.

Mit anderen Worten hat der Gerichtshof unter Umständen, denen der Wille des Rechtsschutzversicherten gemeinsam war, eine für ihn günstige behördliche Entscheidung zu erwirken, bevor ein Richter einen etwaigen Streitfall entscheidet, der sich nicht auf die Kontrolle der behördlichen Entscheidung in der Sache beschränkt hätte, im gleichen Sinne entschieden.

81.

Daraus leite ich ab, das der Begriff „Verfahren“ nicht länger nur die Phase einer Klage „vor einem Gericht im eigentlichen Sinne“ ( 59 ) – d. h. die gerichtliche Phase, sobald ein Rechtsstreit anhängig ist oder im Begriff ist, anhängig gemacht zu werden – erfasst, sondern auch eine ihr vorausgehende oder – anders ausgedrückt – außergerichtliche Phase ( 60 ).

82.

Eine solche Auslegung bewirkt, dass die unterschiedlichen Sprachfassungen des Ausdrucks „Gerichts- oder Verwaltungsverfahren“ mit der allgemeinen Bedeutung des Begriffs „inquiry“ in der englischen Sprachfassung der Richtlinien 87/344 und 2009/138 – in den Art. 4 bzw. 201 – in Übereinstimmung gebracht wird ( 61 ).

83.

Es bleibt zu prüfen, ob diese Auslegung mit den Zielen übereinstimmt, die mit den Bestimmungen der Richtlinie 2009/138 über die Rechtsschutzversicherung verfolgt werden.

3. Ziele der Bestimmungen über die Rechtsschutzversicherung

84.

Die zu entscheidende Frage besteht darin, inwieweit die zu erreichenden Ziele, die in dem der Rechtsschutzversicherung gewidmeten besonderen Abschnitt der Richtlinie 2009/138 festgelegt sind, es rechtfertigen, den Begriff „Gerichtsverfahren“ in dem Sinne auszulegen, den der Gerichtshof in den Urteilen Massar und AK für die Auslegung des Begriffs „Verwaltungsverfahren“ gewählt hat.

85.

Es sei in Erinnerung gerufen, dass der Gerichtshof die Verpflichtung, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 hinsichtlich der freien Wahl des Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters in Anbetracht des mit der Richtlinie verfolgten Ziels nicht einschränkend auszulegen, stets bekräftigt ( 62 ) und darauf hingewiesen hat, dass diese Vorschrift allgemeine Bedeutung hat und verbindlich ist ( 63 ).

86.

Meines Erachtens muss die freie Wahl des Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters durch einen Rechtsschutzversicherten – wie die Umstände in den Urteilen Massar und AK, die es gerechtfertigt haben, dass der Begriff „Verfahren“ nicht in einem engeren Sinne, nämlich dem eines anhängigen Rechtsstreits, sondern als jede einer Entscheidungsphase vorausgehende Phase zu verstehen ist, verdeutlicht haben – in allen Situationen gewährleistet sein, in denen es darum geht, Fragen, die sich auf die Interessen der Versicherten beziehen, zu regeln, ohne auf die staatliche Justiz zurückzugreifen.

87.

Es kommt nicht so sehr auf die Methode an, da es sich um eine Phase handelt, die zu einem gerichtlichen Rechtsakt führen könnte, nämlich einem Akt, in dem die Rechte des Einzelnen rechtskräftig, verbindlich oder vollstreckungsfähig festgelegt werden.

88.

Gerade aufgrund der Folgen dieser Vorphase, während der dem Versicherten, wie die Kammern der Rechtsanwaltschaften hervorgehoben haben, die Vielfalt der Verfahrensoptionen, die ihm im Fall einer Beeinträchtigung seiner Rechte zur Verfügung stehen, sowie die Bewertung ihrer Erfolgsaussichten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vorgestellt werden, entspricht die Freiheit der Wahl des Rechtsanwalts dem Anliegen, die Interessen des Versicherten umfassend zu schützen ( 64 ).

89.

Demnach muss diese Vorphase – unabhängig davon, ob sie Beziehungen zwischen natürlichen Personen oder solche betrifft, in denen die Verwaltung ihre Vorrechte wahrnimmt und sie in einer Entscheidung formalisiert – zum Schutz der Rechte des Versicherten durch einen Rückgriff auf ein Mittel gekennzeichnet sein, mit dem in einem ersten Schritt ein Gerichtsverfahren vermieden werden soll, das in einem möglichen zweiten Schritt aber für dessen Einleitung von Nutzen sein wird, wie beispielsweise – abgesehen von einem Widerspruch – der Versand von Fristsetzungsschreiben oder – ganz allgemein – jede verjährungsunterbrechende Handlung.

90.

Nachdem der Anwendungsbereich von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 deren Ziel entsprechend auf diese Weise definiert worden ist: Welche Konsequenzen sind daraus für die Vermittlung zu ziehen?

D.   Vermittlung und Begriff „Gerichtsverfahren“

91.

Die heikelste zu behandelnde Frage bezieht sich auf ein Vermittlungsverfahren, das außerhalb eines bereits eingeleiteten Gerichtsverfahrens stattfindet.

92.

Ist ein Richter bereits angerufen, stellt die Vermittlung meines Erachtens nämlich nur eine Phase des laufenden Gerichtsverfahrens dar. Daher liefe es den Zielen, die mit den Bestimmungen der Richtlinie 2009/138 über die Rechtsschutzversicherung verfolgt werden, zuwider, wenn ein Versicherter mit einer solchen Versicherung nicht weiterhin den Beistand des Rechtsanwalts erhielte, den er ursprünglich ausgewählt hat.

93.

In allen anderen Fällen fällt die Vermittlung nach meinem Dafürhalten ebenfalls unter den Begriff „Gerichtsverfahren“ im Sinne von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 ( 65 ) bezüglich der freien Wahl eines Rechtsanwalts oder eines anderen Rechtsvertreters, und zwar im Wesentlichen aus sechs Gründen.

94.

Erstens stellt die Vermittlung – unabhängig davon, ob es sinnvoll erscheint, sie unter Bezugnahme auf Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen ( 66 ) zu definieren, die für grenzüberschreitende Streitigkeiten gilt ( 67 ) – eine Phase dar, während der die Parteien nach einer Methode zur gütlichen Beilegung ihrer Streitigkeit suchen ( 68 ).

95.

Durch die Inanspruchnahme dieses Vermittlungsverfahrens versuchen die Beteiligten, zu einer ihren Interessen entsprechenden Lösung zu gelangen ( 69 ), ebenso wie Beteiligte, die bei einer Person oder Dienststelle Widerspruch einlegen, um Recht zu bekommen. Aus meiner Sicht stellt die Vermittlung nur ein anderes Mittel zur Erreichung desselben Zwecks dar.

96.

Außerdem kann die Vermittlungsphase nach manchen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften verpflichtend sein ( 70 ), wie die Widerspruchsphase bei einer Behörde, die im nationalen Recht in bestimmten Fällen vorgesehen ist. Aus der Tatsache, dass die Vermittlung ausschließlich vom Willen der Parteien abhängen soll, lässt sich somit nichts herleiten ( 71 ).

97.

Zweitens spielt der Rechtsanwalt im Vermittlungsverfahren eine ähnliche Rolle wie im Fall eines Widerspruchs. Sie besteht darin, dem Versicherten alle nützlichen Informationen an die Hand zu geben, die es diesem zum einen ermöglichen, die Bedeutung der Schritte zu bewerten, die in einer vor der Anrufung eines Gerichts liegenden Phase unternommen worden sind, und ihm zum anderen beizustehen, um sie zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, ohne die Möglichkeit zu gefährden, ein Gerichtsverfahren einzuleiten, wenn es sich für den Fall als notwendig erweist, dass eine dauerhafte Einigung nicht gefunden werden konnte ( 72 ).

98.

Drittens wirkt sich die Vermittlung in einer Weise auf das Gerichtsverfahren aus, die der Wirkung eines Widerspruchs zumindest gleichkommt, wenn nicht sogar über sie hinausgeht, da die Verjährung durch die Vermittlung ausgesetzt werden kann, was u. a. im belgischen Recht bereits mit Unterzeichnung des Protokolls über eine außergerichtliche Vermittlung der Fall ist ( 73 ).

99.

Daher befinden sich die betreffenden Parteien in der Vermittlungsphase zumindest in einer Phase, die einem Gerichtsverfahren vorgelagert ist und während der durch den Beistand eines Rechtsanwalts – dem Wortlaut des Urteils AK ( 74 ) zufolge und nach einer anderen Formulierung im Urteil Massar ( 75 ) – einem „Bedarf [des Versicherten] an Rechtsschutz“ Genüge getan wird. Allein aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob ein Dritter mit Zustimmung der Parteien tätig wird und ob die gewählte Lösung nicht notwendigerweise die Lösung ist, die den Rechten des Einzelnen genau entspricht.

100.

Viertens ist ein solches Verständnis von der Vermittlung als einer der Entscheidungsphase vorgelagerten Phase umso mehr geboten, als die Vermittlungsphase – im Unterschied zu einem Widerspruch, dem kein Urteil folgen wird, falls der Person, die sich in ihren Rechten verletzt sah, Genüge getan wird – zu einem Verfahren gerichtlicher Natur führen wird, falls der Inhalt der Vereinbarung zwischen den Parteien vollstreckbar gemacht werden muss ( 76 ). Diese müsste anschließend in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und – u. a. auf der Grundlage der Verordnungen über die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ( 77 ) – wie jede von einem Rechtsprechungsorgan erlassene Entscheidung, die innerhalb der Union zirkulieren soll, für vollstreckbar erklärt werden.

101.

Außerdem lässt sich auch ein praktisches Argument vorbringen. Wie könnte es sich bei dem in dieser zweiten gerichtlichen Phase ausgewählten Rechtsanwalt oder Rechtsvertreter nicht um denjenigen handeln, der dem Versicherten während der Vorphase beigestanden haben wird? Als Garant für Effizienz und Kostensenkung ist die freie Wahl des Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters nach meinem Dafürhalten geboten.

102.

Fünftens dürfte die Tatsache, dass Rechtsschutzversicherten die freie Wahl eines Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters garantiert wird, im Fall einer Vermittlung darüber hinaus wirksam zur Umsetzung des in Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2008/52 genannten Ziels beitragen, „den Zugang zur alternativen Streitbeilegung zu erleichtern und die gütliche Beilegung von Streitigkeiten zu fördern“ ( 78 ).

103.

Demzufolge fordere ich den Gerichtshof auf, die Auslegung der Bestimmungen über die freie Wahl eines Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters durch einen Rechtsschutzversicherten unter diesem neuen Aspekt zu sehen. Bei der Erarbeitung der Richtlinie 87/344 kam dem in Art. 81 Abs. 2 Buchst. g AEUV ( 79 ) genannten Ziel, die alternative Streitbeilegung zu fördern, nämlich nicht das gleiche Maß an Bedeutung zu.

104.

Aufgrund des Kontexts eines exponentiellen Anstiegs der Streitfälle, den zahlreiche Mitgliedstaaten seit diesen letzten zehn Jahren zu verzeichnen haben, liegt der Fall jetzt anders ( 80 ).

105.

Gleiches gilt für verbraucherrechtliche Streitigkeiten. Aufgrund desselben Anliegens einer Verbesserung des Zugangs zur Justiz, das zur Förderung des Rückgriffs auf gütliche Streitbeilegungsmethoden führt, ist nämlich die Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) ( 81 ) erarbeitet worden.

106.

Daher liefe es dem System, das sich aus der Richtlinie 2009/138, die darauf abzielt, die Rechte der Versicherten umfassend zu schützen, einerseits und den Richtlinien über gütliche Streitbeilegungsmethoden, die durch einen Rückgriff auf Alternativen zur Anrufung eines staatlichen Gerichts das gleiche Ziel verfolgen, andererseits ergibt, zuwider, wenn es einem Rechtsschutzversicherten nicht gestattet würde, einen Rechtsanwalt oder Rechtsvertreter frei zu wählen.

107.

Die Tatsache, dass bei Streitigkeiten des täglichen Lebens wie beispielsweise Nachbarschafts‑, Familien- oder Arbeitsbeziehungskonflikten vorrangig auf die Vermittlung zurückgegriffen wird, spricht ebenfalls hierfür.

108.

Sechstens glaube ich – aus einem breiteren Blickwinkel betrachtet –, dass eine Auslegung des Begriffs „Gerichtsverfahren“, die allein auf „gerichtliche Verfahren“ beschränkt wäre, in der Zukunft Risiken bergen könnte, auf die ich den Gerichtshof aufmerksam machen möchte. Muss man sich nämlich nicht vor Augen halten, dass die ständige Suche nach Mitteln zur Förderung des Zugangs zur Justiz in den Mitgliedstaaten zur Ergreifung nationaler gesetzgeberischer Maßnahmen führen kann, die darin bestehen, traditionell vom Richter ausgeübte Befugnisse auf Zivil- oder Verwaltungsorgane zu übertragen, die dafür zuständig sind, die Zustimmung der Parteien einzuholen? Sofern eine solche Zustimmung gerichtlicher Natur ist, kommt der Frage der Wahl des Rechtsanwalts die gleiche Dringlichkeit zu ( 82 ).

109.

Der gerichtliche Rahmen, in den sich das Verfahren oder die Handlung möglicherweise einfügt, stellt meines Erachtens demnach das Kriterium für die Anwendung von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 dar ( 83 ). Daher vermag ich nicht zu erkennen, dass alles, was vertraglicher Natur ist – beispielsweise Rechtsgeschäfte – oder Leistungen darstellt ( 84 ), die vor der Entstehung eines Streitfalls erbracht werden – wie beispielsweise die Recherche oder der Austausch von Informationen oder aber die Beratung – unter diese Vorschrift fallen könnte.

110.

Eine solche Beschränkung stellt aus meiner Sicht eine angemessene Antwort auf die legitimen Bedenken, die infolge eines zu weiten Verständnisses vom Grundsatz der einem Rechtsschutzversicherten garantierten freien Wahl des Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters hervorgerufen werden könnten, sowie auf die Gefahr dar, Art. 200 Abs. 4 der Richtlinie 2009/138 bedeutungslos zu machen.

111.

Aus all diesen Gründen vertrete ich in direkter Fortführung der Urteile Massar und AK die Auffassung, dass der Begriff „Gerichtsverfahren“ nicht anders auszulegen ist als der Begriff „Verwaltungsverfahren“, was zu der Annahme führt, dass die Vermittlung – wie jeder Widerspruch im Fall eines Verwaltungsverfahrens – eine der Entscheidungsphase vorgelagerte Phase darstellt und in bestimmten Fällen eine Phase des gerichtlichen Verfahrens sein kann.

112.

Die vorstehende Auslegung kann vor dem Hintergrund der belgischen Rechtslage auf dem Gebiet einer von einem zugelassenen Vermittler geleiteten Vermittlung ( 85 ) nach meiner Einschätzung nicht in Frage gestellt werden.

113.

Erstens stelle ich nämlich mit den Kammern der Rechtsanwaltschaften fest, dass die Vorschriften für die Vermittlung – unabhängig davon, ob sie gerichtlich oder außergerichtlich ist, d. h., ob sie von einem Richter angeordnet worden ist oder nicht – im Gerichtsgesetzbuch kodifiziert worden sind.

114.

Zweitens verleiht die Homologierung der zwischen den Parteien erzielten Vereinbarung dieser ihre Vollstreckbarkeit. Anders als die belgische Regierung und die Kommission bin ich der Meinung, dass eine Kontrolle dahin gehend, ob sie gegen die öffentliche Ordnung verstößt oder im Widerspruch zum Kindesinteresse steht ( 86 ), insoweit gerichtlichen Charakter hat, als sie eine Beurteilung in der Sache voraussetzt, die über eine einfache formale Prüfung hinausgeht, wovon die einschlägige Rechtsprechung der Union ( 87 ) zeugt.

115.

Drittens erscheint mir die Frage des nicht verbindlichen Charakters der Homologierung irrelevant, da es – wie bei der Phase der Anrufung eines Gerichts, die gegebenenfalls auf eine Widerspruchsphase folgt – entscheidend auf die bloße Möglichkeit ankommt, auf sie zurückzugreifen ( 88 ).

116.

Demnach kann die vom belgischen Gesetzgeber vorgesehene Ausweitung der freien Wahl des Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters durch einen Rechtsschutzversicherten nach meinem Dafürhalten nicht auf die Schlichtung beschränkt werden, sofern sie auf dem Begriff „Verfahren“ im engeren Sinne beruht, d. h. einem Verfahren, das vor einem Richter im Hinblick auf die Entscheidung eines Rechtsstreits angestrengt wird. Meines Erachtens ist sie in einem weiten Sinne und im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs außerdem unabhängig von finanziellen Erwägungen ( 89 ) zu verstehen.

V. Ergebnis

117.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefrage des Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof, Belgien) wie folgt zu antworten:

Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach die freie Wahl des Rechtsanwalts oder Rechtsvertreters durch einen Rechtsschutzversicherten im Fall einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Vermittlung ausgeschlossen ist.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) ABl. 2009, L 335, S. 1.

( 3 ) Belgisch Staatsblad, 25. April 2017, S. 53207, im Folgenden: Gesetz vom 9. April 2017.

( 4 ) ABl. 1987, L 185, S. 77.

( 5 ) Vgl. Art. 310 der Richtlinie 2009/138.

( 6 ) Diese Vorschriften sind am 1. Januar 2016 aufgrund der Richtlinie 2012/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2012 zur Änderung der Richtlinie 2009/138/EG (Solvabilität II) hinsichtlich des Zeitpunkts ihrer Umsetzung und des Zeitpunkts ihrer Anwendung sowie des Zeitpunkts der Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2012, L 249, S. 1) und später der Richtlinie 2013/58/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 zur Änderung der Richtlinie 2009/138/EG (Solvabilität II) hinsichtlich des Zeitpunkts ihrer Umsetzung und des Zeitpunktes ihrer Anwendung sowie des Zeitpunkts der Aufhebung bestimmter Richtlinien (Solvabilität I) (ABl. 2013, L 341, S. 1) in Kraft getreten.

( 7 ) Belgisch Staatsblad, 30. April 2014, S. 35487.

( 8 ) Belgisch Staatsblad, 2. Juli 2018, S. 53455. Dieses Gesetz ist in Bezug auf die Vermittlung am 12. Juli 2018 in Kraft getreten.

( 9 ) Das vorlegende Gericht hat klargestellt, dass die Homologierung durch den Richter dem homologierten Rechtsakt die Vollstreckbarkeit einer gerichtlichen Entscheidung verleiht.

( 10 ) Das vorlegende Gericht führt die Gründe der Urteile vom 10. September 2009, Eschig (C‑199/08, im Folgenden: Urteil Eschig, EU:C:2009:538, Rn. 38 bis 58), und vom 7. April 2016, AK (C‑5/15, im Folgenden: Urteil AK, EU:C:2016:218, Rn. 16 bis 23), an. Es bezieht sich darüber hinaus auf die Urteile vom 7. November 2013, Sneller (C‑442/12, EU:C:2013:717, Rn. 24 und 25), sowie vom 7. April 2016, Massar (C‑460/14, im Folgenden: Urteil Massar, EU:C:2016:216, Rn. 18 bis 25).

( 11 ) Vgl. erster Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/138.

( 12 ) Vgl. Entsprechungstabelle in Anhang VII der Richtlinie 2009/138.

( 13 ) Vgl. insoweit Feststellung des Gerichtshofs im Urteil Eschig (Rn. 46, die sich auf die Art. 3 bis 5 der Richtlinie 87/344, nunmehr die Art. 199 bis 202 der Richtlinie 2009/138, bezieht, und Rn. 49, die Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 87/344, nunmehr Art. 200 der Richtlinie 2009/138, betrifft).

( 14 ) Hervorhebung nur hier. Für eine Analyse der Bestimmungen von Art. 2 der Richtlinie 87/344, aus denen Art. 198 der Richtlinie 2009/138 hervorgegangen ist, vgl. Cerveau, B., und Margeat, H., „Commentaire de la directive du Conseil des communautés européennes portant coordination des dispositions législatives réglementaires et administratives concernant l’assurance[‑]protection juridique“, Gazette du Palais, Lextenso Éditions, Issy-les-Moulineaux, 12. September 1987, S. 580 bis 586, insbesondere S. 582, denen zufolge die „Fassung [dieses Artikels] es ermöglicht, der Rechtsschutzversicherung ein breites Wirkungsfeld zu eröffnen“, und der Ausdruck „andere Leistungen“„gleichzeitig die Phase einer anlässlich des Auftretens eines Rechtsstreits gegebenen Beratung und die Phase der gütlichen und späteren gerichtlichen Fortsetzung des Verfahrens [umfasst]“. Zur Dualität der Leistung des Versicherers vgl. auch Bruyr, B., und Dambly, P., „Médiation et assurances“, Revue générale des assurances et des responsabilités, Larcier, Brüssel, 2014, Bd. 7, Rn. 15.

( 15 ) Zum Verhältnis zwischen dieser Art der Verwaltung der Schadensfälle und den Rechten des Versicherten hinsichtlich der freien Wahl des Rechtsanwalts vgl. Urteil Eschig (Rn. 50).

( 16 ) Vgl. Urteil Eschig (Rn. 40 und auch Rn. 44). Hervorhebung nur hier.

( 17 ) Vgl. in diesem Sinne Bruyr, B., und Dambly, P., a. a. O., Rn. 16.

( 18 ) Vgl. Nr. 49 der vorliegenden Schlussanträge.

( 19 ) Vgl. Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge.

( 20 ) Die dem Gerichtshof gestellte Frage bestand darin, ob die freie Wahl eines rechtsfreundlichen Vertreters durch einen Rechtsschutzversicherten vom Versicherer im Fall eines Massenschadens oder von Ereignissen eingeschränkt werden kann, in denen gleichzeitig mehrere Personen, in jenem Fall Finanzinvestoren, geschädigt worden sind. Der Versicherte in jener Rechtssache wollte von Rechtsanwälten vertreten werden, die er in mehreren Verfahren, u. a. im Konkursverfahren gegen die Wertpapierdienstleistungsunternehmen, im Strafverfahren gegen deren Organe und in einem auf Versäumnissen bei der Finanzmarktaufsicht beruhenden Verfahren gegen den Staat ausgewählt hatte.

( 21 ) Vgl. Urteil Eschig (Rn. 45). Dieser Grundsatz ist im Urteil vom 7. November 2013, Sneller (C‑442/12, EU:C:2013:717, Rn. 24), bekräftigt worden.

( 22 ) Vgl. Urteile Eschig (Rn. 47) und vom 26. Mai 2011, Stark (C‑293/10, EU:C:2011:355, Rn. 29), sowie Zusammenfassung in Rn. 25 des Urteils vom 7. November 2013, Sneller (C‑442/12, EU:C:2013:717).

( 23 ) Vgl. Urteile Eschig (Rn. 65 und 66) sowie vom 26. Mai 2011, Stark (C‑293/10, EU:C:2011:355, Rn. 31).

( 24 ) Vgl. Urteil Eschig (Rn. 58; vgl. in diesem Sinne auch Rn. 47, in der die Wendung „Gerichts- oder Verwaltungsverfahren“ enthalten ist [Hervorhebung nur hier]).

( 25 ) Vgl. Urteil Eschig (Rn. 48).

( 26 ) Vgl. Urteil Eschig (Rn. 50). Hervorhebung nur hier.

( 27 ) C‑293/10, EU:C:2011:355.

( 28 ) C‑442/12, EU:C:2013:717.

( 29 ) Vgl. Urteil vom 26. Mai 2011, Stark (C‑293/10, EU:C:2011:355, Rn. 36).

( 30 ) Vgl. Urteil vom 7. November 2013, Sneller (C‑442/12, EU:C:2013:717, Rn. 23).

( 31 ) Im Urteil vom 26. Mai 2011, Stark (C‑293/10, EU:C:2011:355), hat der Gerichtshof anhand der in Rn. 11 dieses Urteils wiedergegebenen österreichischen Rechtsvorschriften entschieden, in denen die freie Wahl des Rechtsanwalts durch den Versicherten „zu seiner Vertretung vor Gerichten oder Verwaltungsbehörden“ vorgesehen ist.

( 32 ) Der Gerichtshof hat in den Urteilen Massar (Rn. 20) und AK (Rn. 18) klargestellt, dass unter dem Ausdruck „Gerichtsverfahren“ Verfahren zu verstehen sind, „die bei einem Gericht im eigentlichen Sinne stattfinden“.

( 33 ) Vgl. Urteil AK (Rn. 13).

( 34 ) Vgl. Urteil Massar (Rn. 14).

( 35 ) Vgl. Urteil Massar (Rn. 28).

( 36 ) Vgl. Urteil AK (Rn. 26).

( 37 ) Vgl. Urteile Massar (Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie AK (Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 38 ) Urteile Massar (Rn. 19) und AK (Rn. 17).

( 39 ) Die deutsche und die englische Sprachfassung sind unverändert und verwenden die Ausdrücke „in einem“ bzw. „in any“. Außerdem kann die Entwicklung der französischen Sprachfassung allein zur Begründung eines restriktiven Verständnisses von Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/138 nicht angeführt werden. Vgl. entsprechend Urteil Eschig (Rn. 53).

( 40 ) Hervorhebung nur hier. Zur Veranschaulichung vgl. – in einem ähnlichen Fall -Urteil vom 3. Oktober 2019, Glawischnig-Piesczek (C‑18/18, EU:C:2019:821, Rn. 30).

( 41 ) Vgl. Urteile Eschig (Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie vom 7. November 2013, Sneller (C‑442/12, EU:C:2013:717, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hervorhebung nur hier.

( 42 ) Hervorhebung nur hier. Vgl. auch Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge. Vgl. außerdem Bruyr, B., und Dambly, P., a. a. O., Rn. 16, in Bezug auf ihre Auslegung hinsichtlich der Übernahme der Vermittlungskosten.

( 43 ) Vorschlag der Kommission vom 18. Juli 1979 (KOM[79] 396 endg.).

( 44 ) Für eine detaillierte Historie vgl. Cerveau, B., und Margeat, H., a. a. O., S. 581, sowie – für eine Referenz auf diese Historie – Urteil Eschig (Rn. 57 und 58).

( 45 ) In seiner Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Rechtschutzversicherung (ABl. 1980, C 348, S. 22) hatte der Wirtschafts- und Sozialausschuss vorgeschlagen, die Wendung „[w]enn es geboten ist, einen Rechtsanwalt“ durch „[s]ofern es geboten ist, einen Rechtsanwalt“ zu ersetzen.

( 46 ) Dokument Nr. 6767/87 SURE 20.

( 47 ) Vgl. Urteile Massar (Rn. 20) und AK (Rn. 18).

( 48 ) Vgl. Urteile Massar (Rn. 21) und AK (Rn. 19).

( 49 ) Gleiches könnte meines Erachtens im Fall eines „Beweisverfahrens“ gelten. Vgl. Urteil vom 4. Mai 2017, HanseYachts (C‑29/16, EU:C:2017:343, Rn. 35).

( 50 ) Vgl. Bruyr, B., und Dambly, P., a. a. O., Rn. 1 Buchst. b Ziff. i. Zu bemerken ist, dass die Fn. 12, 14 und 22 auf aufgehobene Bestimmungen verweisen.

( 51 ) Urteile Massar (Rn. 23) und AK (Rn. 21).

( 52 ) Rn. 23 dieses Urteils. Hervorhebung nur hier.

( 53 ) Rn. 24 dieses Urteils. Hervorhebung nur hier.

( 54 ) Vgl. Urteil Massar (Rn. 2 und 13).

( 55 ) Nach meiner Kenntnis kann sich der Arbeitnehmer nach dem anwendbaren Verfahren, das in einer Kündigungsverordnung geregelt ist, vor der zuständigen Verwaltungsstelle gegen das Gesuch des Arbeitgebers verteidigen. Diese hat anschließend die Möglichkeit, Arbeitgeber und Arbeitnehmer nacheinander erneut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Vgl. auch Holthinrichs, B., „Free choice of a lawyer: the ECJ judgments of 7 April 2016 and the concept of ‚administrative proceedings‘“, European Journal of Commercial Contract Law, Paris Legal Publishers, Zutphen, Bd. 8, Nr. 2, 2016, S. 21 bis 27, insbesondere S. 22.

( 56 ) Urteile Massar (Rn. 25) und AK (Rn. 22).

( 57 ) In Rn. 22 des Urteils AK wird der Ausdruck „Verwaltungsphase“ verwendet.

( 58 ) Urteil Massar (Rn. 25).

( 59 ) Urteile Massar (Rn. 20) und AK (Rn. 18).

( 60 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile Massar (Rn. 25) und AK (Rn. 23).

( 61 ) Zu der Auslegungsmethode, die der Gerichtshof im Fall einer Abweichung von den Fassungen in den Amtssprachen gewählt hat, vgl. Urteil Eschig (Rn. 54). Zur Annäherung der Sprachfassungen vgl. Holthinrichs, B., a. a. O., S. 25 sowie Fn. 11 und 16, in Bezug auf die deutsche und die niederländische Sprachfassung. Letztere stimmt meinen Überprüfungen zufolge mit der spanischen, der dänischen und der italienischen Sprachfassung überein.

( 62 ) Vgl. Urteile Massar (Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie AK (Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 63 ) Vgl. Urteil vom 7. November 2013, Sneller (C‑442/12, EU:C:2013:717, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Cerveau, B., und Margeat, H., a. a. O. (S. 584), hatten vor Erlass dieser Entscheidungen des Gerichtshofs hervorgehoben, dass „[d]ieses Erfordernis der Wahlfreiheit als eine der grundlegenden Errungenschaften der Richtlinie [87/344] anzusehen ist. Es war im Übrigen bereits im ersten Richtlinienentwurf von 1979 enthalten“.

( 64 ) Vgl. in diesem Sinne Bruyr, B., und Dambly, P., a. a. O., Rn. 19.

( 65 ) Zur Erinnerung: Diese Problematik stellt sich nicht bei Art. 198 Abs. 1 dieser Richtlinie, der für die Übernahme der Kosten gilt. Außerdem gestattet die Hinzufügung der Wendung „oder anderen“ eine umfassende Kostenübernahme. Vgl. Nrn. 42 und 64 der vorliegenden Schlussanträge.

( 66 ) ABl. 2008, L 136, S. 3. In diesem Art. 3 Buchst. a heißt es, dass der Ausdruck Mediation „ein strukturiertes Verfahren unabhängig von seiner Bezeichnung [bezeichnet], in dem zwei oder mehr Streitparteien mit Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu erzielen. Dieses Verfahren kann von den Parteien eingeleitet oder von einem Gericht vorgeschlagen oder angeordnet werden oder nach dem Recht eines Mitgliedstaats vorgeschrieben sein. Es schließt die Mediation durch einen Richter ein, der nicht für ein Gerichtsverfahren in der betreffenden Streitsache zuständig ist. Nicht eingeschlossen sind Bemühungen zur Streitbeilegung des angerufenen Gerichts oder Richters während des Gerichtsverfahrens über die betreffende Streitsache“.

( 67 ) Für einen Verweis auf den Anwendungsbereich dieser Richtlinie und die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, ihn auf interne Mediationsverfahren auszuweiten, vgl. Urteil vom 14. Juni 2017, Menini und Rampanelli (C‑75/16, EU:C:2017:457, Rn. 31 und 33).

( 68 ) Zur Unterscheidung von der Schlichtung vgl. Urteil vom 18. März 2010, Alassini u. a. (C‑317/08 bis C‑320/08, EU:C:2010:146, Rn. 34 bis 36).

( 69 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2017, Menini und Rampanelli (C‑75/16, EU:C:2017:457, Rn. 50).

( 70 ) Zur Veranschaulichung vgl. Urteil vom 14. Juni 2017, Menini und Rampanelli (C‑75/16, EU:C:2017:457, Rn. 48 und 49).

( 71 ) Vgl. in diesem Sinne 19. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/52, wonach „[d]ie Mediation … nicht als geringerwertige Alternative zu Gerichtsverfahren in dem Sinne betrachtet werden [sollte], dass die Einhaltung von im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarungen vom guten Willen der Parteien abhinge“.

( 72 ) Vgl. in diesem Sinne Bruyr, B., und Dambly, P., a. a. O., Rn. 19.

( 73 ) Vgl. Art. 1731 § 3 des Gerichtsgesetzbuchs. Vgl. auch 24. Erwägungsgrund und Art. 8 der Richtlinie 2008/52.

( 74 ) Rn. 23 dieses Urteils.

( 75 ) In Rn. 25 dieses Urteils heißt es „… seine Interessen als Versicherter … zu schützen sind“.

( 76 ) Vgl. insoweit Art. 6 der Richtlinie 2008/52 sowie – in der Ausgangsrechtssache – die Art. 1733 und 1736 des Gerichtsgesetzbuchs und Fn. 9 der vorliegenden Schlussanträge.

( 77 ) Vgl. Art. 6 der Richtlinie 2008/52, ausgelegt im Licht ihres 20. Erwägungsgrundes, der beispielhaft u. a. die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1), nunmehr Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1), nennt.

( 78 ) Zu beachten ist, dass der in diesem Artikel enthaltene Begriff „Gerichtsverfahren“ im Licht der Urteile Massar und AK auszulegen ist, deren Reichweite diejenige ist, die ich dem Gerichtshof in Betracht zu ziehen vorschlage.

( 79 ) Ehemaliger Art. 65 EGV. Der Text in Buchst. g ist durch den Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – in Art. 2 Nr. 66 – hinzugefügt worden (ABl. 2007, C 306, S. 1).

( 80 ) Zu dem in manchen Mitgliedstaaten verfolgten Ziel einer Entlastung der Gerichte vgl. u. a. Urteil vom 18. März 2010, Alassini u. a. (C‑317/08 bis C‑320/08, EU:C:2010:146, Rn. 64), das sich auf Klagen in bestimmten unter die Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 51) fallenden Streitfällen zwischen Dienstanbietern und Endnutzern bezieht. Gemäß Art. 34 dieser Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass transparente, einfache und kostengünstige außergerichtliche Verfahren zur Beilegung von Streitfällen zur Verfügung stehen, an denen Verbraucher beteiligt sind und die Fragen im Zusammenhang mit der genannten Richtlinie betreffen (Urteil vom 18. März 2010, Alassini u. a., C‑317/08 bis C‑320/08, EU:C:2010:146, Rn. 38).

( 81 ) ABl. 2013, L 165, S. 63. Zum Geltungsbereich dieser Richtlinie vgl. Urteil vom 14. Juni 2017, Menini und Rampanelli (C‑75/16, EU:C:2017:457, Rn. 39 und 40).

( 82 ) Vgl. insoweit Fn. 64 meiner Schlussanträge vom 14. September 2017 in der Rechtssache Sahyouni (C‑372/16, EU:C:2017:686), in denen ich Hammje, P., „Le nouveau règlement [no 1259/2010]“, Revue critique de droit international privé, 2011, Nr. 2, S. 291 bis 338, insbesondere S. 299, Rn. 7, angeführt habe, nach dessen Ansicht „[s]owohl die Gerichte im engeren Sinn als auch die Verwaltungsbehörden und sogar die Notare … veranlasst sein [werden], die neuen Vorschriften anzuwenden, die gleichzeitig unterschiedliche Scheidungsformen umfassen, die von einem gerichtlichen Verfahren bis zu einer bloß beglaubigten privaten Willenserklärung oder gar einer rein privaten Ehescheidung reichen. Es kommt auf den Gegenstand des Verfahrens und nicht auf seine Modalitäten an“. Vgl. auch Cimamonti, S., „La déjudiciarisation, une notion ambiguë“, La médiation, expériences, évaluations et perspectives, Actes du Colloque du jeudi 5 juillet 2018, organisé par la Mission de recherche Droit et Justice à l’Auditorium du ministère de la Justice, S. 6 bis 9, insbesondere S. 7 letzter Absatz und S. 8 „définition“.

( 83 ) Vgl. in diesem Sinne den Wortlaut des elften Erwägungsgrundes der Richtlinie 87/344. Vgl. Nr. 62 der vorliegenden Schlussanträge.

( 84 ) Zu dieser Unterscheidung vgl. Art. 198 Abs. 1 einleitender Satz der Richtlinie 2009/138, der die Übernahme der Kosten für diese Leistungen vorsieht. Vgl. auch Fn. 14 der vorliegenden Schlussanträge.

( 85 ) Vgl. Nr. 20 der vorliegenden Schlussanträge.

( 86 ) Vgl. Art. 1733 Abs. 2 des Gerichtsgesetzbuchs.

( 87 ) Zur Veranschaulichung – im Fall eines Rückgriffs auf den Begriff „öffentliche Ordnung“, um einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung die Anerkennung zu versagen – vgl. Urteile vom 23. Oktober 2014, flyLAL-Lithuanian Airlines (C‑302/13, EU:C:2014:2319, Rn. 47), und vom 16. Juli 2015, Diageo Brands (C‑681/13, EU:C:2015:471, Rn. 42).

( 88 ) Vgl. insoweit Nr. 100 der vorliegenden Schlussanträge.

( 89 ) Vgl. Urteile Massar (Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie AK (Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung), wobei die für die Auslegung der Richtlinie 87/344 in Erinnerung gerufenen Grundsätze für die Richtlinie 2009/138 gelten, wie in Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt worden ist.