31.8.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 287/2


Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 9. Juli 2020 (Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de Primera Instancia e Instrucción no 3 de Teruel — Spanien) — XZ/Ibercaja Banco SA

(Rechtssache C-452/18) (1)

(Vorlage zur Vorabentscheidung - Verbraucherschutz - Richtlinie 93/13/EWG - Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen - Hypothekendarlehensvertrag - Klausel zur Beschränkung der Variabilität des Zinssatzes [Mindestzinssatzklausel] - Novationsvertrag - Verzicht, gegen die Klauseln eines Vertrags Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen - Keine Bindungswirkung)

(2020/C 287/02)

Verfahrenssprache: Spanisch

Vorlegendes Gericht

Juzgado de Primera Instancia e Instrucción no 3 de Teruel

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: XZ

Beklagte: Ibercaja Banco SA

Tenor

1.

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass er es nicht verwehrt, dass eine Klausel eines zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags, deren Missbräuchlichkeit gerichtlich festgestellt werden kann, Gegenstand eines Novationsvertrags zwischen diesem Gewerbetreibenden und diesem Verbraucher sein kann, mit dem der Verbraucher auf die Wirkungen verzichtet, die die Feststellung der Missbräuchlichkeit dieser Klausel nach sich ziehen würde, vorausgesetzt, dieser Verzicht beruht auf einer freiwilligen und aufgeklärten Zustimmung des Verbrauchers, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

2.

Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass eine Klausel eines Vertrags, der zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossen wurde, um eine potenziell missbräuchliche Klausel eines früheren zwischen ihnen geschlossenen Vertrags zu ändern oder die Folgen der Missbräuchlichkeit dieser anderen Klausel zu regeln, selbst als nicht im Einzelnen ausgehandelt eingestuft und gegebenenfalls für missbräuchlich erklärt werden kann.

3.

Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 der Richtlinie 93/13 sind dahin auszulegen, dass das einem Gewerbetreibenden nach diesen Bestimmungen obliegende Transparenzerfordernis bedeutet, dass der Verbraucher beim Abschluss eines Hypothekendarlehensvertrags mit einem variablen Zinssatz, in dem eine Mindestzinssatzklausel festgelegt ist, in die Lage versetzt werden muss, u. a. durch die Bereitstellung von Informationen über die vergangene Entwicklung des Index, auf dessen Grundlage der Zinssatz berechnet wird, die wirtschaftlichen Folgen zu verstehen, die sich für ihn aus dem von dieser Mindestzinssatzklausel bewirkten Mechanismus ergeben.

4.

Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. q des Anhangs sowie Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sind dahin auszulegen, dass:

die Klausel, die in einem zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrag zur Beilegung einer bestehenden Streitigkeit vereinbart ist und mit der dieser Verbraucher darauf verzichtet, vor dem nationalen Gericht die Ansprüche geltend zu machen, die er ohne diese Klausel hätte geltend machen können, u. a. dann als „missbräuchlich“ eingestuft werden kann, wenn dieser Verbraucher nicht über alle relevanten Informationen verfügen konnte, die ihm ermöglichen, die sich daraus für ihn ergebenden Rechtsfolgen zu verstehen;

die Klausel, mit der dieser Verbraucher für zukünftige Streitigkeiten darauf verzichtet, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen, die auf Rechte gestützt sind, die er nach der Richtlinie 93/13 innehat, den Verbraucher nicht bindet.


(1)  ABl. C 381 vom 22.10.2018.