9.12.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 413/13


Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 3. Oktober 2019 (Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs – Österreich) – Verein für Konsumenteninformation/TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co KG

(Rechtssache C-272/18) (1)

(Vorlage zur Vorabentscheidung - Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts - Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen - Auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht - Ausschluss des Gesellschaftsrechts vom Anwendungsbereich des Übereinkommens von Rom und der Verordnung [EG] Nr. 593/2008 (Rom I) - Treuhandvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, dessen einziger Zweck in der Verwaltung eines Kommanditanteils besteht)

(2019/C 413/14)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Oberster Gerichtshof

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: Verein für Konsumenteninformation

Beklagte: TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co KG

Tenor

1.

Art. 1 Abs. 2 Buchst. e des am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht und Art. 1 Abs. 2 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) sind dahin auszulegen, dass vertragliche Pflichten wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die ihren Ursprung in einem Treuhandvertrag über die Verwaltung einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft haben, nicht vom Anwendungsbereich des Übereinkommens und der Verordnung ausgenommen sind.

2.

Art. 5 Abs. 4 Buchst. b des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 593/2008 sind dahin auszulegen, dass ein Treuhandvertrag, aufgrund dessen die dem Verbraucher geschuldeten Dienstleistungen in dem Staat, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vom Gebiet eines anderen Staates aus, d. h. aus der Ferne, zu erbringen sind, nicht unter den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Ausschluss fällt.

3.

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass eine in einem zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher abgeschlossenen Treuhandvertrag über die Verwaltung einer Kommanditbeteiligung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, enthaltene Klausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde und nach der das Recht des Sitzmitgliedstaats der Kommanditgesellschaft anwendbar ist, missbräuchlich im Sinne der genannten Bestimmung ist, wenn sie den Verbraucher in die Irre führt, indem sie ihm den Eindruck vermittelt, auf den Vertrag sei nur das Recht dieses Mitgliedstaats anzuwenden, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er nach Art. 5 Abs. 2 des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht und Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 593/2008 auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen des nationalen Rechts genießt, das ohne diese Klausel anzuwenden wäre.


(1)  ABl. C 221 vom 25.6.2018.