7.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 256/3


Vorabentscheidungsersuchen des Budai Központi Kerületi Bíróság (Ungarn), eingereicht am 4. Mai 2017 — VE/WD

(Rechtssache C-232/17)

(2017/C 256/03)

Verfahrenssprache: Ungarisch

Vorlegendes Gericht

Budai Központi Kerületi Bíróság

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: VE

Beklagte: WD

Vorlagefragen

1.

Sind bei der Auslegung des im 20. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13/EWG (1) genannten Erfordernisses, dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme aller Vertragsklauseln gegeben sein muss, und bei der Auslegung des in Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 der Richtlinie 93/13/EWG genannten Erfordernisses der Klarheit und Verständlichkeit die betreffenden Vertragsklauseln als nicht missbräuchlich anzusehen, wenn der Verbraucher erst nach Vertragsschluss aufgrund einer (als Teil des Vertrags eingestuften) für den Verbraucher rechtlich verbindlichen einseitigen Willenserklärung der anderen, professionellen Vertragspartei (nicht aufgrund objektiver Notwendigkeit, sondern aufgrund einer entsprechenden Bestimmung einer durch die andere, professionelle Vertragspartei angewendeten, nicht im Einzelnen ausgehandelten allgemeinen Vertragsklausel) vom Umfang wesentlicher Bestandteile eines Darlehensvertrags (Vertragsgegenstand, d. h. Darlehenssumme, Tilgungsraten, Zinssatz) Kenntnis erlangen kann?

2.

Sind bei der Auslegung des im 20. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13/EWG genannten Erfordernisses, dass die Möglichkeit zur Kenntnisnahme aller Vertragsklauseln gegeben sein muss, und bei der Auslegung des in Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 der Richtlinie 93/13/EWG genannten Erfordernisses der Klarheit und Verständlichkeit die betreffenden Vertragsklauseln als nicht missbräuchlich anzusehen, wenn im Darlehensvertrag wesentliche Bestandteile (Vertragsgegenstand, d. h. Darlehenssumme, Tilgungsraten, Zinssatz) lediglich unter Verwendung der Formulierung „zur Information“ angegeben werden, ohne klarzustellen, ob der zur Information angegebene Textteil rechtlich verbindlich ist oder nicht und darauf Rechte und Pflichten gestützt werden können oder nicht?

3.

Sind bei der Auslegung des im 20. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13/EWG genannten Erfordernisses, dass die Möglichkeit zur Kenntnisnahme aller Vertragsklauseln gegeben sein muss, und bei der Auslegung des in Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 der Richtlinie 93/13/EWG genannten Erfordernisses der Klarheit und Verständlichkeit die betreffenden Vertragsklauseln als nicht missbräuchlich anzusehen, wenn im Darlehensvertrag unter Verwendung falscher Terminologie wesentliche Bestandteile festgelegt werden, insbesondere wenn in einem devisenbasierten Darlehensvertrag (bei dem die sich aus dem Darlehensvertrag ergebenden Forderungen in einer Fremdwährung festgelegt und verbucht werden [im Folgenden: Forderungswährung] und diese Forderungen in der inländischen Währung zu erfüllen sind [im Folgenden: Erfüllungswährung])

(1)

als Darlehensbetrag

der in der Forderungswährung angegebene Betrag des Kreditrahmens oder

die in der Forderungswährung festgelegte maximale Obergrenze des Darlehensbetrags oder

der in der Erfüllungswährung angegebene Finanzierungsanspruch des Verbrauchers oder

das in der Erfüllungswährung angegebene Auszahlungslimit

bezeichnet wird?

(2)

als Tilgungsraten die in der Forderungswährung und/oder in der Erfüllungswährung angegebene, voraussichtliche Obergrenze der Tilgungsraten bezeichnet wird?

4.

Sind bei der Auslegung des im 20. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13/EWG genannten Erfordernisses, dass die Möglichkeit zur Kenntnisnahme aller Vertragsklauseln gegeben sein muss, und bei der Auslegung des in Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 der Richtlinie 93/13/EWG genannten Erfordernisses der Klarheit und Verständlichkeit die betreffenden Vertragsklauseln als nicht missbräuchlich anzusehen, wenn in einem devisenbasierten Darlehensvertrag der Vertragsgegenstand, d. h. der Darlehensbetrag und die Tilgungsraten (nicht aufgrund objektiver Notwendigkeit, sondern aufgrund einer entsprechenden Bestimmung einer durch die andere, professionelle Vertragspartei angewendeten, nicht im Einzelnen ausgehandelten allgemeinen Vertragsklausel),

(1)

in der Forderungswährung als detaillierter Betrag (d. h. als eine ausschließlich aus Ziffern zwischen 0 und 9 bestehende Zeichenfolge), in der Erfüllungswährung allenfalls auf eindeutig berechenbare Weise festgelegt wird?

(2)

in der Erfüllungswährung als detaillierter Betrag, in der Forderungswährung allenfalls auf eindeutig berechenbare Weise festgelegt wird?

(3)

in der Forderungswährung und auch in der Erfüllungswährung allenfalls auf eindeutig berechenbare Weise festgelegt wird?

(4)

in der Forderungswährung überhaupt nicht und in der Erfüllungswährung allenfalls auf eindeutig berechenbare Weise festgelegt wird?

(5)

in der Erfüllungswährung überhaupt nicht und in der Forderungswährung allenfalls auf eindeutig berechenbare Weise festgelegt wird?

4.1.

Ist im Kontext der vorstehenden Frage 4.(5), sofern es nicht notwendig ist, im Darlehensvertrag bei dessen Abschluss irgendeinen detaillierten Betrag festzulegen, die eindeutige Berechenbarkeit hinsichtlich des Darlehensbetrags bei Abschluss des Darlehensvertrags sichergestellt, wenn (nicht aufgrund objektiver Notwendigkeit, sondern aufgrund einer entsprechenden Bestimmung einer durch die andere, professionelle Vertragspartei angewendeten, nicht im Einzelnen ausgehandelten allgemeinen Vertragsklausel)

(1)

der Darlehensvertrag in keiner Währung den Darlehensbetrag detailliert enthält;

(2)

der Darlehensvertrag den Finanzierungsanspruch des Verbrauchers oder das Auszahlungslimit in der Erfüllungswährung detailliert enthält;

(3)

der Darlehensvertrag den Darlehensbetrag nicht in der Forderungswährung auf eindeutig berechenbare Weise enthält; sowie ferner

(4)

das im Darlehensvertrag im Zusammenhang mit der eindeutigen Berechenbarkeit der Darlehenssumme in der Forderungswährung genannte Berechnungselement nicht exakt ist, sondern nur eine Obergrenze: ein in der Erfüllungswährung detailliert angegebener Finanzierungsanspruch des Verbrauchers oder ein detailliert angegebenes Auszahlungslimit?

4.2.

 

4.2.1.

Sofern es nicht notwendig ist, in den Darlehensvertrag bei dessen Abschluss die detaillierten Beträge aufzunehmen, ist es im Zusammenhang mit der eindeutigen Berechenbarkeit

(1)

rechtlich erforderlich, dass im Darlehensvertrag der Umfang des Vertragsgegenstands, d. h. die Höhe des Darlehensbetrags und der — bei Produkten mit variablen Zinssatz in der ersten Zinsperiode anwendbaren — Tilgungsraten, eindeutig und auf zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags berechenbare Weise festgelegt wird, oder

(2)

auch ausreichend, wenn der Darlehensvertrag zum Zeitpunkt seines Abschlusses objektiv bestimmbare Parameter enthält, anhand deren sich diese Daten (der Vertragsgegenstand und die Tilgungsraten) zu einem zukünftigen Zeitpunkt berechnen lassen (d. h. wenn im Darlehensvertrag — zum Zeitpunkt seines Abschlusses — ausschließlich Parameter festgelegt werden, die die zukünftige eindeutige Berechenbarkeit sicherstellen)?

4.2.2.

Sofern es auch ausreichend ist, dass sich der Umfang des Vertragsgegenstands, d. h. die Höhe des Darlehensbetrags und der — bei Produkten mit variablen Zinssatz in der ersten Zinsperiode anwendbaren — Tilgungsraten in der Forderungswährung zu einem zukünftigen Zeitpunkt berechnen lässt, muss dann dieser zukünftige Zeitpunkt (der logischerweise zugleich der Zeitpunkt ist, zu dem der Betrag der vertraglichen Forderungen in der Forderungswährung festgesetzt wird) bei Abschluss des Darlehensvertrags auch auf diese objektive Weise festgelegt werden oder darf die Festlegung dieses zukünftigen Zeitpunkts in das ausschließliche Ermessen der anderen, professionellen Vertragspartei fallen?

4.3.

Ist es bei Produkten mit periodisch variablem Zinssatz als ausreichend und somit als nicht missbräuchlich anzusehen, wenn (in den Bestimmungen des Darlehensvertrags zum Zeitpunkt seines Abschlusses) die detaillierten Beträge und/oder die eindeutige Berechenbarkeit hinsichtlich der Tilgungsraten für die erste Zinsperiode der Laufzeit in der Forderungswährung und/oder Erfüllungswährung sichergestellt sind, oder ist es rechtlich erforderlich, dass (in den Bestimmungen des Darlehensvertrags zum Zeitpunkt seines Abschlusses) die eindeutige Berechenbarkeit für sämtliche Zinsperioden der Laufzeit in der Forderungswährung und/oder Erfüllungswährung sichergestellt ist?

4.4.

Kann die eindeutige Berechenbarkeit ausschließlich durch Anwendung einer entsprechenden Formel auf nicht missbräuchliche Weise sichergestellt werden oder auch auf andere Weise?

4.4.1.

Falls nicht ausschließlich durch Anwendung einer entsprechenden Formel, kann die eindeutige Berechenbarkeit auch mit einer hinreichend genauen textlichen Beschreibung auf nicht missbräuchliche Weise sichergestellt werden?

4.4.2.

Falls nicht ausschließlich durch Anwendung einer entsprechenden Formel, kann die eindeutige Berechenbarkeit auch mit einem Verweis auf Fachausdrücke (z. B. Annuität, lineare Tilgung) ohne weitere Erläuterungen auf nicht missbräuchliche Weise sichergestellt werden?


(1)  Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95,S. 29).