15.5.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 151/24


Klage, eingereicht am 10. März 2017 — Republik Polen/Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union

(Rechtssache C-128/17)

(2017/C 151/31)

Verfahrenssprache: Polnisch

Parteien

Klägerin: Republik Polen (Prozessbevollmächtigter: B. Majczyna)

Beklagte: Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union

Anträge

Die Republik Polen beantragt,

die Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/81/EG (1) für nichtig zu erklären;

hilfsweise, diese Richtlinie teilweise für nichtig zu erklären, soweit sie nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen für das Jahr 2030 und die Folgejahre festlegt;

dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Die Republik Polen macht gegen die angefochtene Richtlinie folgende Klagegründe geltend:

1.   Verstoß gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV)

Die beklagten Organe seien bei den Arbeiten im Hinblick auf den Erlass der angefochtenen Richtlinie nicht transparent vorgegangen und hätten dabei die Mitgliedstaaten ungleich behandelt und nur einzelnen Mitgliedstaaten zusätzliche Reduktionsverpflichtungen auferlegt, die im Kriterium der Kosteneffizienz und in den Grundsätzen im Bereich der Methodologie der Verteilung der Verpflichtungen keine Grundlage fänden. Dass Polen (sowie zwei anderen Mitgliedstaaten) — vor dem Abschluss der endgültigen Vereinbarung mit dem Europäischen Parlament — neue Emissionsreduktionswerte auferlegt worden seien, damit ein sehr ehrgeiziges Gesamtreduktionsniveau erreicht werde, bedeute, dass Polen faktisch von den Verhandlungen ausgeschlossen worden sei, in denen über die endgültige Ausgestaltung der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für das Jahr 2030 und die Folgejahre entschieden worden sei.

Zudem hätten die beklagten Organe Polen die Möglichkeit vorenthalten, die Daten zu Polen effektiv zu überprüfen, auf deren Grundlage die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für das Jahr 2030 und die Folgejahre festgelegt worden seien, und dadurch das Polen zustehende Recht auf Erörterung seines Standpunkts verletzt.

2.   Verstoß gegen die Grundsätze der Offenheit und Transparenz (Art. 15 AEUV) und Fehlen einer ausreichenden Begründung (Art. 296 AEUV)

Die Republik Polen macht geltend, dass die grundlegenden Annahmen, anhand deren die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für das Jahr 2030 und die Folgejahre bestimmt worden seien, nicht zugänglich gemacht oder veröffentlicht worden seien. Es fehle an Informationen über die prognostischen Annahmen zur technologischen Struktur der einzelnen Branchen, auf die wiederum die Prognosen über die Emissionen im Jahr 2030 gestützt worden seien. Das Fehlen dieser Informationen wiederum mache es unmöglich, die Begründetheit der für das Jahr 2030 abgegebenen Emissionsprognosen zu überprüfen. Ferner sei nicht bekannt, nach welcher Formel das Gesamtziel im Bereich der Gesundheit, nämlich die Sterblichkeit in der Union zu verringern, in die Verpflichtung zur Verringerung der Emissionen für die ganze Union sowie für einzelne Mitgliedstaaten umgerechnet worden sei.

Infolgedessen seien die Überlegungen, die die Organe, die die Richtlinie erlassen hätten, in Bezug auf die genannten Reduktionsverpflichtungen angestellt hätten, nicht klar und eindeutig zum Ausdruck gekommen.

3.   Verstoß gegen die Pflicht zur angemessenen Bewertung der Auswirkungen der angefochtenen Richtlinie auf die einzelnen Mitgliedstaaten sowie die Pflicht zur Vorlage einer hinreichenden Abschätzung der Folgen ihrer Umsetzung

Die Republik Polen macht geltend, dass die von der Kommission durchgeführte Folgenabschätzung in Anbetracht der weitreichenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen, die in den Mitgliedstaaten infolge der Emissionsreduktionsverpflichtungen für das Jahr 2030 und die Folgejahre zu erwarten seien, unzureichend sei.

In der Folgenabschätzung werde auf den Zusammenhang zwischen der Verwirklichung der Ziele der Richtlinie und den strukturellen Veränderungen, mit denen der Anteil der Kohle als Brennstoff im Energiesektor und im kommunalen Wohnungswesen verringert werden solle, hingewiesen. In der Folgenabschätzung werde jedoch nicht genau analysiert, ob die Umsetzung der Verpflichtungen die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren werde. Dies sei von wesentlicher Bedeutung; wenn nämlich eine erhebliche Berührung bejaht werde, hieße dies, dass der Unionsgesetzgeber die angefochtene Richtlinie auf einer anderen Rechtsgrundlage hätte erlassen müssen, nämlich auf der Grundlage von Art. 192 Abs. 2 AEUV und nicht auf der Grundlage von Art. 192 Abs. 1 AEUV.

4.   Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 5 Abs. 4 EUV)

Die beklagten Organe hätten nicht die empfindlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kosten berücksichtigt, die die Umsetzung der Verpflichtungen zur Reduktion der Emissionen einzelner Schadstoffe für die Zeit ab 2030 in Polen verursache. Infolgedessen könne die Umsetzung der Reduktionsverpflichtungen für das Jahr 2030 und die Folgejahre durch Polen empfindliche negative gesellschaftliche und wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen. Der Aufwand zum Zweck der Umsetzung dieser Verpflichtungen könne sich im Vergleich zu den erwarteten Wirkungen als unverhältnismäßig erweisen.

Die in der Richtlinie vorgenommene Festlegung derartig hoher nationaler Emissionsreduktionsverpflichtungen für das Jahr 2030 und die Folgejahre sei zur Erreichung der in der Richtlinie festgelegten Ziele nicht offensichtlich erforderlich.

5.   Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit der Mitgliedstaaten (Art. 4 Abs. 2 EUV) und den Grundsatz der ausgewogenen Entwicklung (Art. 191 Abs. 3 vierter Gedankenstrich AEUV in Verbindung mit Art. 191 Abs. 2 AEUV)

Die einzelnen Mitgliedstaaten auferlegten Pflichten zur Emissionsreduktion ab dem Jahr 2030 berücksichtigten nicht die unterschiedliche Wirtschaftslage sowie die technologischen und gesellschaftlichen Bedingungen der Mitgliedstaaten, darunter den Umfang des Investitionsbedarfs in verschiedenen Regionen der Union. Bei der Festlegung der Reduktionsverpflichtungen sei eine Einheitsmethode angewandt worden, losgelöst von der tatsächlichen, unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation der einzelnen Mitgliedstaaten.

Außerdem hätten die beklagten Organe, als sie einzelnen Mitgliedstaaten nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen für das Jahr 2030 und die Folgejahre vorgegeben hätten, wahrscheinlich nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt, dass eine erhebliche Menge von Schadstoffen aus Gebieten in unmittelbarer Nachbarschaft zur Union grenzüberschreitend in einige Mitgliedstaaten gelange, was zu einer Ungleichbehandlung von Mitgliedstaaten, die an Drittstaaten grenzten, gegenüber Mitgliedstaaten führen könne, die von dem Problem des Eintrags von Schadstoffen, die von außerhalb der Union stammten, nicht betroffen seien.


(1)  ABl. 2016, L 344, S. 1.