URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

13. September 2018 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Richtlinie 2008/48/EG – Verfahren zum Erlass eines Zahlungsbefehls wegen eines Eigenwechsels, der Ansprüche aus einem Verbraucherkreditvertrag sichert“

In der Rechtssache C‑176/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Rejonowy w Siemianowicach Śląskich I Wydział Cywilny (Rayonsgericht Siemianowice Śląskie I. Abteilung für Zivilsachen, Polen) mit Entscheidung vom 17. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 6. April 2017, in dem Verfahren

Profi Credit Polska S.A. w Bielsku Białej

gegen

Mariusz Wawrzosek

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, B. Czech und S. Żyrek als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Cleenewerck de Crayencour, K. Herbout-Borczak, G. Goddin und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 26. April 2018

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29) sowie von Art. 17 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, und Berichtigungen in den ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, ABl. 2011, L 234, S. 46, und ABl. 2015, L 36, S. 15).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Profi Credit Polska und Herrn Mariusz Wawrzosek wegen eines Antrags auf Erlass eines Zahlungsbefehls auf der Grundlage eines Eigenwechsels, den Herr Wawrzosek für die Zahlung von Beträgen ausgestellt hat, die für die Erfüllung eines ihm von Profi Credit Polska gewährten Verbraucherkredits geschuldet sein sollen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 93/13

3

Ausweislich des 24. Erwägungsgrundes der Richtlinie 93/13 müssen die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird.

4

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist Zweck dieser Richtlinie die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.

5

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.“

6

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

7

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.“

Richtlinie 87/102/EWG

8

Art. 10 der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. 1987, L 42, S. 48, und Berichtigung im ABl. 1988, L 278, S. 33) sah vor:

„Die Mitgliedstaaten, die im Zusammenhang mit Kreditverträgen dem Verbraucher gestatten,

a)

Zahlungen in Form von Wechseln, einschließlich Eigenwechseln zu leisten,

b)

Sicherheit in Form von Wechseln, einschließlich Eigenwechseln und Schecks zu bieten,

tragen dafür Sorge, dass der Verbraucher bei Verwendung dieser Papiere zu den genannten Zwecken angemessenen Schutz genießt.“

Richtlinie 2008/48

9

Wie Art. 1 der Richtlinie 2008/48 präzisiert, ist Ziel dieser Richtlinie die Harmonisierung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge.

10

Art. 3 Buchst. c der Richtlinie definiert den „Kreditvertrag“ als „einen Vertrag, bei dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht; ausgenommen sind Verträge über die wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Waren gleicher Art, bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung oder Lieferung Teilzahlungen für diese Dienstleistungen oder Waren leistet“.

11

Art. 17 („Forderungsabtretung“) Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Werden die Ansprüche des Kreditgebers aus einem Kreditvertrag oder der Kreditvertrag selbst an einen Dritten abgetreten, so kann der Verbraucher dem neuen Gläubiger gegenüber die Einreden geltend machen, die ihm gegen den ursprünglichen Kreditgeber zustanden, und zwar einschließlich der Aufrechnung von Gegenforderungen, soweit dies in dem betreffenden Mitgliedstaat zulässig ist.“

12

Art. 22 („Harmonisierung und Unabdingbarkeit dieser Richtlinie“) Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Soweit diese Richtlinie harmonisierte Vorschriften enthält, dürfen die Mitgliedstaaten keine Bestimmungen in ihrem innerstaatlichen Recht aufrechterhalten oder einführen, die von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen.“

13

Art. 29 der Richtlinie 2008/48 sieht vor, dass die Richtlinie 87/102 mit Wirkung vom 11. Juni 2010 aufgehoben wird.

Polnisches Recht

14

In Art. 4841 der Ustawa – Kodeks postępowania cywilnego (Zivilprozessordnung) vom 17. November 1964 (Dz. U. aus 1964, Nr. 4), einheitliche Fassung mit Änderungen (im Folgenden: KPC), heißt es:

,,…

§ 2.   Das Gericht entscheidet auf vom Antragsteller im verfahrenseinleitenden Schriftstück gestellten schriftlichen Antrag im Zahlungsbefehlsverfahren.

§ 3.   Die Sache wird ohne mündliche Verhandlung behandelt. …“

15

In Art. 485 § 2 KPC heißt es:

„Das Gericht erlässt einen Zahlungsbefehl auch gegen den durch einen ordnungsgemäß ausgefüllten Wechsel … Verpflichteten, wenn die Echtheit und der Inhalt des Wechsels keine Zweifel wecken.“

16

Art. 486 § 1 KPC bestimmt:

,,In Ermangelung hinreichender Voraussetzungen für den Erlass eines Zahlungsbefehls bestimmt der Präsident einen Termin zur mündlichen Verhandlung, es sei denn, die Sache kann ohne mündliche Verhandlung behandelt werden.“

17

Art. 491 § 1 KPC sieht vor:

„In dem Zahlungsbefehl fordert das Gericht den Antragsgegner auf, die gesamte Forderung nebst Kosten innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Zahlungsbefehls zu begleichen oder aber innerhalb dieser Frist Widerspruch einzulegen.“

18

In Art. 492 KPC heißt es:

„§ 1.   Der Zahlungsbefehl gilt mit dem Erlass als Sicherungstitel, der ohne Erteilung einer Vollstreckungsklausel vollstreckbar ist. …

§ 3.   Der auf der Grundlage eines Wechsels erlassene Zahlungsbefehl … ist sofort nach Ablauf der Frist zur Befriedigung der Forderung vollstreckbar. Im Fall des Widerspruchs kann das Gericht auf Antrag des Antragsgegners die Vollstreckung aussetzen. …“

19

In Art. 493 § 1 KPC heißt es:

„Der Widerspruch wird bei dem Gericht eingelegt, das den Zahlungsbefehl erlassen hat. Der Antragsgegner muss darin angeben, ob er den Zahlungsbefehl ganz oder teilweise anficht, die Rügen erheben, die zur Vermeidung ihrer Präklusion vor der Einlassung zur Sache geltend gemacht werden müssen, sowie Tatsachen und Beweise anführen. …“

20

Art. 3851 der Ustawa – Kodeks cywilny (Zivilgesetzbuch) vom 23. April 1964 (Dz. U. aus 1964, Nr. 16), einheitliche Fassung mit Änderungen, sieht vor:

„§ 1.   Die Bestimmungen eines Verbrauchervertrags, die nicht individuell vereinbart worden sind, sind für den Verbraucher nicht bindend, wenn sie seine Rechte und Pflichten in einer Weise gestalten, die gegen die guten Sitten verstößt und seine Interessen gröblich verletzt (unzulässige Vertragsklauseln). Dies gilt nicht für Bestimmungen, die die Hauptleistungen der Parteien betreffen, insbesondere den Preis oder die Vergütung, wenn sie eindeutig formuliert worden sind.

§ 2.   Ist eine vertragliche Bestimmung für den Verbraucher nach § 1 nicht bindend, bleibt der Vertrag im Übrigen für die Parteien verbindlich.

…“

21

Art. 101 der Ustawa prawo wekslowe (Wechselgesetz) vom 28. April 1936 (Dz. U. aus 1936, Nr. 37) in geänderter Fassung lautet:

„Der Eigenwechsel enthält:

1)

die Bezeichnung ‚Wechsel‘ im Text der Urkunde in der Sprache, in der er ausgestellt wurde;

2)

das unbedingte Versprechen, einen bestimmten Geldbetrag zu bezahlen;

3)

eine bestimmte Zahlungsfrist;

4)

einen bestimmten Zahlungsort;

5)

den Namen der Person, zu deren Gunsten oder in deren Auftrag die Zahlung erfolgen soll;

6)

den Ort und das Datum der Ausstellung des Wechsels;

7)

die Unterschrift des Ausstellers des Wechsels.“

22

Art. 19 § 4 der Ustawa o kosztach sądowych w sprawach cywilnych (Gesetz über die Gerichtskosten in Zivilsachen) vom 28. Juli 2005 (Dz. U. aus 2005, Nr. 167) lautet:

„Bei Einlegung des Widerspruchs gegen den im Zahlungsbefehlsverfahren ergangenen Zahlungsbefehl hat der Antragsgegner drei Viertel der gesetzlich vorgesehenen Gerichtsgebühr zu entrichten.“

23

Die Bestimmungen der Richtlinie 2008/48 wurden mit der Ustawa o kredycie konsumencki (Gesetz über den Verbraucherkredit) vom 12. Mai 2011 (Dz. U. aus 2014, Nr. 1497, einheitliche Fassung mit Änderungen) in polnisches Recht umgesetzt. Art. 41 dieses Gesetzes bestimmt:

„§ 1.   Der Wechsel … eines Verbrauchers, der dem Kreditgeber zum Zweck der Erfüllung oder der Sicherung einer Leistung übergeben wird, die sich aus einem Verbraucherkreditvertrag ergibt, muss die Klausel ‚nicht im Auftrag‘ oder eine andere gleichbedeutende Klausel enthalten.

§ 2.   Nimmt der Kreditgeber einen Wechsel … an, der die Klausel ‚nicht im Auftrag‘ nicht enthält, und wird dieser Wechsel … auf eine andere Person übertragen, ist der Kreditgeber verpflichtet, den Schaden des Verbrauchers durch Bezahlung des Wechsels wiedergutzumachen. …

§ 3.   Die Bestimmungen von § 2 finden auch Anwendung, wenn der Wechsel oder Scheck gegen den Willen des Kreditgebers in den Besitz einer anderen Person gelangt ist.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

24

Mit vorformuliertem Standardvertrag vom 3. Dezember 2015 gewährte Profi Credit Polska, eine Gesellschaft mit Sitz in Bielsko-Biała (Polen) (im Folgenden: Finanzinstitut oder Kreditgeberin) Herrn Wawrzosek (im Folgenden: Kreditnehmer) einen Verbraucherkredit. Dieser vorformulierte Standardvertrag enthielt eine Klausel, durch die der Kreditnehmer verpflichtet wurde, einen Eigenwechsel zur Sicherung der Ansprüche des Kreditgebers aus diesem Vertrag auszustellen. Die Rückzahlung des Verbraucherkredits war also durch einen vom Kreditnehmer ausgestellten Eigenwechsel, in dem kein Betrag angegeben war, gewährleistet.

25

Nachdem der Kreditnehmer seiner Zahlungspflicht nicht nachgekommen war, teilte ihm das Finanzinstitut mit, dass der geschuldete Restbetrag in den Eigenwechsel eingetragen worden sei. Das Finanzinstitut stellte beim vorlegenden Gericht den Antrag, gegen den Kreditnehmer einen Zahlungsbefehl in Höhe des auf dem Eigenwechsel erscheinenden Betrags von 3268,38 polnischen Zloty (PLN) (etwa 753 Euro) zu erlassen. Es fügte seinem Antrag den ordnungsgemäß ausgestellten und unterschriebenen Eigenwechsel sowie die Urkunde über die Auflösung des Kreditvertrags bei.

26

Das vorlegende Gericht stellt klar, dass die Akte zwar nicht den in Rede stehenden vorformulierten Standardvertrag enthalte, ihm der Wortlaut der Vertragsklausel, durch die der Kreditnehmer verpflichtet werde, einen Eigenwechsel als Zahlungsgarantie auszustellen, gleichwohl bekannt sei. Diese Klausel sei in allen von Profi Credit Polska geschlossenen Kreditverträgen identisch abgefasst und habe dazu geführt, dass bei ihm zahlreiche Anträge auf Erlass eines Zahlungsbefehls gestellt worden seien.

27

Das Zahlungsbefehlsverfahren auf der Grundlage eines Eigenwechsels werde von polnischen Unternehmern häufig verwendet, wenn es um die Beitreibung ihrer Forderungen gehe. Die Praxis bestehe darin, dem Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls nur den ordnungsgemäß ausgefüllten Eigenwechsel beizulegen, andere Unterlagen zum Nachweis des vor seiner Ausstellung bestehenden Schuldverhältnisses (des „Grundverhältnisses“) – darunter der Verbraucherkreditvertrag – würden weggelassen.

28

Das Zahlungsbefehlsverfahren beruhe auf der Annahme, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs des Gläubigers vollständig durch die in Art. 485 KPC genannten und dem Antrag beigefügten Urkunden, zu denen der Eigenwechsel gehöre, bewiesen würden. Deshalb werde bei der Entscheidung über den Erlass des Zahlungsbefehls nur noch geprüft, ob der Eigenwechsel ordnungsgemäß nach den Voraussetzungen der Art. 1 ff. und 101 des Wechselgesetzes in geänderter Fassung ausgestellt worden sei.

29

Nach dem anzuwendenden nationalen Recht laufe das Zahlungsbefehlsverfahren in zwei Stufen ab. Auf der ersten Stufe beschränke sich die Beurteilung der Gültigkeit des Eigenwechsels, auch wenn sie vom Gericht von Amts wegen vorgenommen werden könne, auf die Prüfung seiner Formgültigkeit, weil sich aus Art. 485 § 2 KPC ergebe, dass das Gericht einen Zahlungsbefehl gegen den Schuldner „eines ordnungsgemäß ausgefüllten … Wechsels [erlässt], wenn die Echtheit und der Inhalt des Wechsels keine Zweifel wecken“. Auf der zweiten Stufe könne der in der Wechselurkunde bezeichnete Schuldner, wenn er Einspruch gegen den Zahlungsbefehl eingelegt habe, nicht nur die Wechselverbindlichkeit anfechten, sondern auch das Grundverhältnis, wozu beispielsweise der Verbraucherkreditvertrag gehöre.

30

Das vorlegende Gericht fragt sich, ob das auf der Grundlage eines Eigenwechsels durchgeführte Zahlungsbefehlsverfahren mit der Richtlinie 93/13 in Einklang steht.

31

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts unterscheidet sich die vorliegende Rechtssache von den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349), und vom 18. Februar 2016, Finanmadrid EFC (C‑49/14, EU:C:2016:98), ergangen sind, in denen die nationalen Gerichte über die vertraglichen Dokumente zum Nachweis der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien verfügt hätten, weshalb es ihnen möglich gewesen sei, die in diesen Dokumenten enthaltenen missbräuchlichen Klauseln für unanwendbar zu erklären.

32

Dagegen habe es in der bei ihm anhängigen Rechtssache zwar das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien zu prüfen, doch sei diese Prüfung auf den vom Wechselrechtsverhältnis vorgegebenen Bereich beschränkt. Nach dem anzuwendenden nationalen Recht könne sich seine Kontrollbefugnis nur auf den Inhalt des Eigenwechsels beziehen. Obwohl es auch Kenntnis vom Grundverhältnis habe, könne es also infolge der nationalen Regelung keine Kontrolle über die Dokumente zum Nachweis des Grundverhältnisses ausüben. Folglich sei es allein Sache des Verbrauchers, Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl einzulegen, damit die mögliche Missbräuchlichkeit bestimmter Klauseln oder die Nichteinhaltung der Informationspflichten festgestellt werden könne.

33

Unter diesen Umständen hat der Sąd Rejonowy w Siemianowicach Śląskich I Wydział Cywilny (Rayonsgericht Siemianowice Śląskie, I. Abteilung für Zivilsachen, Polen) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Stehen die Bestimmungen der Richtlinie 93/13, insbesondere ihr Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1, sowie die Bestimmungen der Richtlinie 2008/48, insbesondere ihr Art. 17 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 1, der Geltendmachung eines Anspruchs, der durch einen ordnungsgemäß ausgefüllten Wechsel festgestellt wird, durch einen Unternehmer (Darlehensgeber) gegen einen Verbraucher (Darlehensnehmer) im Rahmen eines Zahlungsbefehlsverfahrens gemäß Art. 485 § 2 ff. der Zivilprozessordnung (KPC) in Verbindung mit Art. 41 des Gesetzes vom 12. Mai 2011 über den Verbraucherkredit entgegen, nach denen das innerstaatliche Gericht die Wirksamkeit des Anspruchs aus dem Wechsel ausschließlich im Hinblick auf die Einhaltung der Formerfordernisse des Wechsels prüfen darf, ohne auf das Grundverhältnis einzugehen?

Zur Vorlagefrage

34

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 auf die Abtretung der Ansprüche des Kreditgebers an einen Dritten bezieht, unter den Umständen des Ausgangsverfahrens aber unstreitig ist, dass es sich bei dem Begünstigten des Eigenwechsels und dem Kreditgeber um dieselbe juristische Person handelt.

35

Zudem erfasste Art. 10 der durch die Richtlinie 2008/48 aufgehobenen Richtlinie 87/102 zwar, wie die Generalanwältin in den Nrn. 34 ff. ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, die Eigenwechsel, doch nehmen die Vorschriften der Richtlinie 2008/48 nicht mehr auf diese Sicherungsmittel Bezug.

36

Da die Richtlinie 2008/48 keine Harmonisierung im Bereich des Wechsels als Sicherungsmittel eines Verbraucherkredits herbeigeführt hat, ist auch ihr Art. 22 Abs. 1 unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar.

37

Mithin ist die Vorlagefrage allein im Hinblick auf die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 zu beantworten.

38

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegenstehen, die es ermöglicht, auf der Grundlage eines formgültigen Eigenwechsels, der eine Forderung aus einem Verbraucherkreditvertrag besichert, einen Zahlungsbefehl zu erlassen, wenn das mit einem Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls befasste Gericht nicht die mögliche Missbräuchlichkeit der Klauseln dieses Vertrags prüfen darf.

39

Zunächst ist hervorzuheben, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 vorsehen, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften festlegen.

40

Aufgrund von Art und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der Schutz beruht, der den Verbrauchern gewährt wird, weil sie sich gegenüber den Gewerbetreibenden in einer Position der Unterlegenheit befinden, verpflichtet die Richtlinie 93/13, wie sich aus ihrem Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit ihrem 24. Erwägungsgrund ergibt, die Mitgliedstaaten, angemessene und wirksame Mittel vorzusehen, „damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird“ (Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 56 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

41

Zu diesem Zweck hat das nationale Gericht eine missbräuchliche Vertragsklausel schlicht unangewendet zu lassen, damit sie den Verbraucher nicht bindet, ohne dass es befugt wäre, deren Inhalt abzuändern (Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 57 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

42

In diesem Zusammenhang ist erstens hervorzuheben, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs das nationale Gericht zwar die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fällt, von Amts wegen prüfen und damit dem Ungleichgewicht zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden abhelfen muss, dies aber voraussetzt, dass es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. April 2016, Radlinger und Radlingerová, C‑377/14, EU:C:2016:283, Rn. 52 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 58).

43

Der Gerichtshof hatte in den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349), und vom 18. Februar 2016, Finanmadrid EFC (C‑49/14, EU:C:2016:98), sowie der Beschluss vom 21. Juni 2016, Aktiv Kapital Portfolio (C‑122/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:486), ergangen sind, Gelegenheit, klarzustellen, dass diese Gründe auch, wie unter den Umständen des Ausgangsverfahrens, für ein Zahlungsbefehlsverfahren gelten.

44

Ein wirksamer Schutz der dem Verbraucher von der Richtlinie 93/13 gewährleisteten Rechte kann nämlich nur dann garantiert werden, wenn die nationalen Verfahrensregeln es ermöglichen, dass die im betreffenden Vertrag enthaltenen Klauseln im Rahmen des Zahlungsbefehlsverfahrens oder im Rahmen des Verfahrens zur Vollstreckung des Zahlungsbefehls von Amts wegen auf ihre Missbräuchlichkeit überprüft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Februar 2016, Finanmadrid EFC, C‑49/14, EU:C:2016:98, Rn. 46, und Beschluss vom 21. Juni 2016, Aktiv Kapital Portfolio, C‑122/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:486, Rn. 30).

45

Im vorliegenden Fall stellt das vorlegende Gericht klar, dass seine Kontrollbefugnis auf der ersten Stufe des Zahlungsbefehlsverfahrens auf das Wechselverhältnis im eigentlichen Sinn, also auf den Eigenwechsel, beschränkt sei, und sich nicht auf das Grundverhältnis beziehen könne.

46

Des Weiteren verfüge es nicht über alle tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen, die sich aus dem in Rede stehenden Kreditvertrag ergäben.

47

Daraus folgt, dass es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einem nationalen Gericht nicht möglich ist, die mögliche Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu prüfen, solange es nicht über alle hierzu erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen verfügt.

48

Zweitens, und zwar noch immer zur ersten Stufe des Verfahrens, macht die polnische Regierung geltend, dass der Präsident des befassten Spruchkörpers nach Art. 486 § 1 KPC in Ermangelung hinreichender Voraussetzungen für den Erlass eines Zahlungsbefehls einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen könne, es sei denn, die Sache könne ohne mündliche Verhandlung behandelt werden. Werde ein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, so laufe das mündliche Verfahren nach dem hierfür anzuwendenden ordentlichen oder besonderen Verfahren ab, wodurch gleichzeitig das Wechselverhältnis und das Grundverhältnis, einschließlich des Verbraucherkreditvertrags, geprüft werden könnten.

49

Allerdings darf zum einen der Präsident des befassten Spruchkörpers nach dem Wortlaut von Art. 486 KPC – abweichend von der Regelung, nach der die Rechtssache gemäß Art. 4841 KPC ohne mündliche Verhandlung behandelt wird – nur dann einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen, wenn es an den „hinreichende[n] Voraussetzungen für den Erlass eines Zahlungsbefehls“ mangelt.

50

Den Angaben des vorlegenden Gerichts zufolge ist diese Bedingung im Ausgangsverfahren indes nicht erfüllt.

51

Zum anderen hebt das Gericht hervor, dass es auf der ersten Stufe des Verfahrens gemäß Art. 485 § 2 KPC nur die Formgültigkeit des Eigenwechsels prüfen dürfe. Der Eigenwechsel, um den es in dem bei ihm anhängigen Verfahren gehe, ist den Angaben des vorlegenden Gerichts zufolge gültig.

52

In jedem Fall ist der Gerichtshof zwar gemäß Art. 267 AEUV befugt, aus Art. 7 der Richtlinie 93/13 die Kriterien abzuleiten, die den Rahmen vorgeben, der es ermöglicht, von Amts wegen die Einhaltung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen zu prüfen, doch ist es Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine Bestimmung wie Art. 486 § 1 KPC geeignet ist, ihm gegebenenfalls einen solchen Rahmen zu bieten.

53

Drittens macht das vorlegende Gericht geltend, dass das aus dem Verbraucherkreditvertrag folgende Rechtsverhältnis nur dann einer Prüfung unterzogen werde, wenn der Verbraucher Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl einlege.

54

Hierzu ist festzustellen, dass das beim vorlegenden Gericht anhängige Verfahren zwar nur dessen erste Stufe betrifft, dieses Verfahren aber gleichwohl, wie die Generalanwältin in Nr. 28 ihrer Schlussanträge dargelegt hat, in seiner Gesamtheit zu betrachten ist, so dass es sowohl die erste Stufe vor Einlegung des Widerspruchs als auch die zweite Stufe im Anschluss daran umfasst.

55

Jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf beeinträchtigt, ist nämlich unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren vor den verschiedenen nationalen Stellen sowie des Ablaufs und der Besonderheiten dieses Verfahrens zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2016, Radlinger und Radlingerová, C‑377/14, EU:C:2016:283, Rn. 50 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

56

Mit der Einleitung der zweiten Stufe des Verfahrens, d. h. wenn der Verbraucher Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl erhebt, ist das nationale Gericht in der Lage, über die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen zu verfügen, die erforderlich sind, um von Amts wegen die mögliche Missbräuchlichkeit einer in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fallenden Vertragsklausel prüfen zu können.

57

Der Gerichtshof hat zwar in mehrfacher Hinsicht und unter Berücksichtigung der Anforderungen von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ausgeführt, wie das nationale Gericht den Schutz der den Verbrauchern nach der Richtlinie 93/13 zustehenden Rechte sicherstellen muss. Die Verfahren zur Prüfung, ob eine Vertragsklausel missbräuchlich ist, sind jedoch grundsätzlich nicht unionsrechtlich harmonisiert und damit Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten, vorausgesetzt allerdings, dass sie nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte regeln, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vorsehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. September 2017, The Trustees of the BT Pension Scheme, C‑628/15, EU:C:2017:687, Rn. 58 und 59 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 31. Mai 2018, Sziber, C‑483/16, EU:C:2018:367, Rn. 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

58

In Bezug auf den Grundsatz der Äquivalenz besteht, wie die Generalanwältin in Nr. 55 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, für den Gerichtshof keinerlei Anhaltspunkt, der einen Zweifel daran aufkommen lassen könnte, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung mit diesem Grundsatz in Einklang steht.

59

Zum Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf ist festzustellen, dass die sich aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ergebende Pflicht der Mitgliedstaaten, Verfahrensmodalitäten vorzusehen, mit denen sichergestellt werden kann, dass die Rechte gewahrt werden, die dem Einzelnen aus der Richtlinie 93/13 gegen die Verwendung missbräuchlicher Klauseln erwachsen, das Erfordernis eines Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf, das ebenfalls in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist, impliziert. Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf muss sowohl für die Bestimmung der Gerichte gelten, die für die Entscheidung über Klagen, die sich auf das Unionsrecht stützen, zuständig sind, als auch für die Verfahrensmodalitäten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Mai 2018, Sziber, C‑483/16, EU:C:2018:367, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60

Aus Art. 492 und Art. 493 § 1 KPC ergibt sich, dass es der Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl, den der Schuldner beim Gericht, das diesen Zahlungsbefehl erlassen hat, einlegt, diesem Gericht ermöglicht, die Vollstreckung des Zahlungsbefehls auszusetzen.

61

Wie die Generalanwältin in Nr. 77 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, muss das vorlegende Gericht zur Bestimmung, ob ein Verfahren wie das in der Ausgangsrechtssache in Rede stehende einem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf entgegensteht, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs prüfen, ob die Modalitäten des Widerspruchsverfahrens, die das nationale Recht vorsieht, nicht dazu führen, dass eine nicht zu vernachlässigende Gefahr entsteht, dass der Verbraucher den erforderlichen Rechtsbehelf nicht erhebt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito, C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 54, vom 14. März 2013, Aziz, C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 58, und vom 18. Februar 2016, Finanmadrid EFC, C‑49/14, EU:C:2016:98, Rn. 52).

62

Ohne eine wirksame Überprüfung der allfälligen Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln, die in dem betreffenden Vertrag enthalten sind, kann nämlich die Einhaltung der von der Richtlinie 93/13 gewährleisteten Rechte nicht garantiert werden (Urteil vom 7. Dezember 2017, Banco Santander, C‑598/15, EU:C:2017:945, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63

Zu den wirksamen und geeigneten Mitteln, um den Verbrauchern ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf zu gewährleisten, muss die Möglichkeit zählen, unter angemessenen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen eine Klage einzubringen oder Widerspruch einzulegen, so dass für die Ausübung ihrer Rechte keine Voraussetzungen, insbesondere hinsichtlich der Fristen oder der Kosten, gelten, die die Ausübung der durch die Richtlinie 93/13 gewährleisteten Rechte einschränken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2016, Radlinger und Radlingerová, C‑377/14, EU:C:2016:283, Rn. 46 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

64

Aus allen dem Gerichtshof vorliegenden Informationen ergibt sich, dass der Antragsgegner gemäß den Art. 491 ff. KPC auf der ersten Stufe des Verfahrens zwar das Recht hat, Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl einzulegen, die Ausübung dieses Widerspruchsrechts aber besonders restriktiven Voraussetzungen unterliegt.

65

Zum einen folgt nämlich aus Art. 491 § 1 KPC, dass die Frist für die Einlegung des Widerspruchs zwei Wochen beträgt. Zudem muss der Antragsgegner gemäß Art. 493 § 1 KPC in seinem Widerspruch angeben, ob er den Zahlungsbefehl ganz oder teilweise anficht, und die Rügen erheben, die zur Vermeidung der Unzulässigkeit des Widerspruchs geltend gemacht werden müssen, sowie Tatsachen und Beweise anführen.

66

Wie die Generalanwältin in Nr. 79 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, bergen solche Modalitäten des Verfahrens innerhalb einer derart kurzen Frist die nicht zu vernachlässigende Gefahr in sich, dass der Verbraucher keinen Widerspruch erhebt oder dass dieser unzulässig ist.

67

Zum anderen ergibt sich aus Art. 19 § 4 des polnischen Gesetzes über die Gerichtskosten in Zivilsachen vom 28. Juli 2005, dass der Antragsgegner bei Einlegung des Widerspruchs gegen den Zahlungsbefehl drei Viertel der Gerichtsgebühr zu entrichten hat, so dass der Gewerbetreibende lediglich ein Viertel dieser Gebühr zu bezahlen hat.

68

Wie die Generalanwältin in Nr. 80 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, sind solche Kosten für sich genommen geeignet, den Verbraucher davon abzuhalten, Widerspruch einzulegen. Der Verbraucher wäre erst recht benachteiligt, wenn er in jedem Fall eine dreimal so hohe Gebühr wie der Verfahrensgegner entrichten müsste.

69

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine nicht zu vernachlässigende Gefahr besteht, dass die betroffenen Verbraucher nicht den erforderlichen Widerspruch erheben, sei es wegen der besonders kurzen Frist, die hierfür vorgesehen ist, sei es, weil sie im Hinblick auf die Kosten, die ein gerichtliches Verfahren im Vergleich zur Höhe der bestrittenen Forderung mit sich brächte, davon abgehalten werden könnten, sich zu verteidigen, sei es, weil sie den Umfang ihrer Rechte nicht kennen oder nicht richtig erfassen, oder auch wegen der knappen Angaben in dem von den Gewerbetreibenden eingereichten Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls und folglich der Unvollständigkeit der Informationen, über die sie verfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Februar 2016, Finanmadrid EFC, C‑49/14, EU:C:2016:98, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 21. Juni 2016, Aktiv Kapital Portfolio, C‑122/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:486, Rn. 37).

70

Daraus folgt, dass Verfahrensmodalitäten wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, dadurch, dass sie dem Verbraucher vorschreiben, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Zahlungsbefehls die Tatsachen und Beweismittel vorzulegen, die es dem Gericht ermöglichen, die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu prüfen, und den Verbraucher durch die Art und Weise, in der die Gerichtsgebühr berechnet wird, benachteiligen, ein solches Risiko in sich bergen.

71

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die es ermöglicht, auf der Grundlage eines gültigen Eigenwechsels, der eine Forderung aus einem Verbraucherkreditvertrag besichert, einen Zahlungsbefehl zu erlassen, entgegensteht, wenn das mit einem Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls befasste Gericht nicht die mögliche Missbräuchlichkeit der Klauseln dieses Vertrags prüfen darf und es aufgrund der Modalitäten für die Ausübung des Rechts, Widerspruch gegen einen solchen Zahlungsbefehl einzulegen, nicht möglich ist, die Einhaltung der dem Verbraucher nach dieser Richtlinie zustehenden Rechte zu gewährleisten.

Kosten

72

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die es ermöglicht, auf der Grundlage eines gültigen Eigenwechsels, der eine Forderung aus einem Verbraucherkreditvertrag besichert, einen Zahlungsbefehl zu erlassen, entgegensteht, wenn das mit einem Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls befasste Gericht nicht die mögliche Missbräuchlichkeit der Klauseln dieses Vertrags prüfen darf und es aufgrund der Modalitäten für die Ausübung des Rechts, Widerspruch gegen einen solchen Zahlungsbefehl einzulegen, nicht möglich ist, die Einhaltung der dem Verbraucher nach dieser Richtlinie zustehenden Rechte zu gewährleisten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Polnisch.