Rechtssache C‑9/17

Verfahren auf Antrag von Maria Tirkkonen

(Vorabentscheidungsersuchen des Korkein hallinto-oikeus)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2004/18/EG – Verfahren zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen über landwirtschaftliche Beratungsdienstleistungen – Vorliegen eines öffentlichen Auftrags – System zum Erwerb von Dienstleistungen durch die Zulassung jedes Wirtschaftsteilnehmers als Anbieter, der zuvor festgelegte Anforderungen erfüllt – System, das nachfolgend anderen Wirtschaftsteilnehmern nicht offensteht“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 1. März 2018

  1. Rechtsangleichung–Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge–Richtlinie 2004/18–Öffentlicher Auftrag–Begriff–System zum Erwerb von Dienstleistungen durch die Zulassung jedes Wirtschaftsteilnehmers als Anbieter, der zuvor festgelegte Anforderungen erfüllt–Ausschluss

    (Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Abs. 2 Buchst. a)

  2. Rechtsangleichung–Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge–Richtlinie 2004/18–Erteilung des Zuschlags–Zuschlagskriterien–Begriff–Kriterien, die die fachliche Eignung der Bieter für die Ausführung dieses Auftrags betreffen–Ausschluss

    (Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 53)

  1.  Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass ein System der landwirtschaftlichen Betriebsberatung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende, durch das eine öffentliche Einrichtung alle Wirtschaftsteilnehmer akzeptiert, die die in der Ausschreibung aufgeführten Eignungsvoraussetzungen erfüllen und die ebenfalls dort genannte Prüfung bestanden haben, keinen öffentlichen Auftrag im Sinne dieser Richtlinie darstellt, selbst wenn während der begrenzten zeitlichen Laufzeit dieses Systems kein neuer Wirtschaftsteilnehmer zugelassen werden kann.

    Da die Agentur jedoch alle Bewerber akzeptiert, die diese Anforderungen erfüllen, trifft sie, wie der Generalanwalt in Nr. 39 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, eindeutig keine Auswahlentscheidung unter den zulässigen Angeboten und achtet lediglich darauf, dass die qualitativen Kriterien eingehalten werden. Dass, wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, der Zugang zu dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden System der landwirtschaftlichen Betriebsberatung auf eine Eingangsphase beschränkt ist, die im Zeitpunkt der Organisation der Prüfung oder spätestens mit der Bekanntmachung der endgültigen Vergabeentscheidung endet, und es folglich einem Berater wie Frau Tirkkonen nicht möglich ist, diesem System der landwirtschaftlichen Betriebsberatung beizutreten, kann diese Beurteilung nicht in Frage stellen. Wie nämlich der Generalanwalt in den Nrn. 51 und 52 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist der Umstand, dass ein System der landwirtschaftlichen Betriebsberatung wie das des Ausgangsverfahrens, im Unterschied zum Kontext des Urteils vom 2. Juni 2016, Falk Pharma (C‑410/14, EU:C:2016:399), interessierten Wirtschaftsteilnehmern nicht durchgängig offensteht, nicht von Belang. Im vorliegenden Fall besteht das entscheidende Element darin, dass der öffentliche Auftraggeber kein Kriterium für die Vergabe des Auftrags genannt hat, das dazu dient, die zulässigen Angebote vergleichen und ordnen zu können. Fehlt dieses Element, das, wie sich aus Rn. 38 des Urteils vom 2. Juni 2016, Falk Pharma (C‑410/14, EU:C:2016:399), ergibt, mit der Regelung für öffentliche Aufträge untrennbar verbunden ist, kann ein System der landwirtschaftlichen Betriebsberatung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende keinen öffentlichen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 darstellen.

    (vgl. Rn. 33-35, 41 und Tenor)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 37)