Rechtssache C-2/17

Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS)

gegen

Jesús Crespo Rey

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Superior de Justicia de Galicia)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit – Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen – Verordnung (EG) Nr. 883/2004 – Anhang XI, Abschnitt ‚Spanien‘, Nr. 2 – Altersrente – Berechnungsmethode – Theoretischer Betrag – Maßgebliche Beitragsgrundlage – Sondervereinbarung – Wahl der Beitragsgrundlage – Nationale Regelung, nach der der Arbeitnehmer Beiträge gemäß der Mindestbeitragsgrundlage zu leisten hat“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zehnte Kammer) vom 28. Juni 2018

Internationale Übereinkünfte – Abkommen EG-Schweiz über die Freizügigkeit – Gleichbehandlung – Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen – Altersversicherung – Altersrente – Berechnungsmethode – Theoretischer Betrag – Sondervereinbarung – Maßgebliche Beitragsgrundlage – Wahl der Beitragsgrundlage – Nationale Regelung, wonach der Arbeitnehmer Beiträge gemäß der Mindestbeitragsgrundlage zu leisten hat – Unzulässigkeit – Pflichten der nationalen Gerichte

(Abkommen EG-Schweiz über die Freizügigkeit; Verordnung Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, Anhang XI)

Das am 21. Juni 1999 in Luxemburg unterzeichnete Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit ist dahin auszulegen, dass es einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, nach der ein Wandererwerbstätiger, der eine Sondervereinbarung mit der Sozialversicherung dieses Mitgliedstaats schließt, Beiträge gemäß der Mindestbeitragsgrundlage zu leisten hat, so dass der zuständige Träger des Mitgliedstaats bei der Berechnung des theoretischen Betrags seiner Altersrente den von der Vereinbarung erfassten Zeitraum einem in dem Mitgliedstaat zurückgelegten Zeitraum gleichstellt und bei dieser Berechnung nur Beiträge berücksichtigt, die der Arbeitnehmer im Rahmen der Vereinbarung entrichtet hat, obwohl er in dem Mitgliedstaat vor der Ausübung seines Rechts auf Freizügigkeit Beiträge nach Grundlagen geleistet hatte, die höher waren als die Mindestbeitragsgrundlage, und ein sesshafter Arbeitnehmer, der von seinem Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht hat und eine solche Vereinbarung schließt, über die Möglichkeit verfügt, Beiträge nach Grundlagen zu leisten, die höher sind als die Mindestbeitragsgrundlage.

Anhang XI, Abschnitt „Spanien“, Nr. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 sieht nämlich vor, dass bei der Berechnung des Rentengrundbetrags des Wandererwerbstätigen für die von ihm in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten Zeiten „die dem Referenzzeitraum zeitlich nächstliegende Beitragsgrundlage in Spanien“ heranzuziehen ist.

Deshalb wäre in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem der betreffende Arbeitnehmer vor der Ausübung seines Rechts auf Freizügigkeit Beiträge zur Sozialversicherung des betreffenden Mitgliedstaats nach Grundlagen geleistet hatte, die höher waren als die Mindestbeitragsgrundlage, die maßgebliche Beitragsgrundlage für die Berechnung der Höhe seiner Altersrente der letzte Beitrag, den der Arbeitnehmer in diesem Mitgliedstaat entrichtet hat, d. h. eine Beitragsgrundlage, die höher ist als die in der Sondervereinbarung vorgesehene Mindestbeitragsgrundlage.

Wenn das nationale Recht unter Verstoß gegen das Unionsrecht eine unterschiedliche Behandlung von mehreren Personengruppen vorsieht, haben die Angehörigen der benachteiligten Gruppe Anspruch auf die gleiche Behandlung und die Anwendung der gleichen Regelung wie die übrigen Betroffenen. Die für die Angehörigen der bevorzugten Gruppe geltende Regelung bleibt, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem (Urteil vom 13. Juli 2016, Pöpperl,C‑187/15, EU:C:2016:550, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zwar hat das mit dem Rechtsstreit befasste Gericht zu klären, welche Mittel im innerstaatlichem Recht am besten geeignet sind, um die Gleichbehandlung von Wandererwerbstätigen und sesshaften Arbeitnehmern zu erreichen. Dieses Ziel könnte jedoch a priori dadurch erreicht werden, dass auch Wandererwerbstätigen, die eine Sondervereinbarung schließen, diese Möglichkeit eingeräumt und ihnen gestattet wird, rückwirkend Beiträge nach Grundlagen zu leisten, die höher sind als die Mindestbeitragsgrundlage, und somit ihre Ansprüche auf eine Altersrente anhand dieser neuen Grundlagen feststellen zu lassen.

(vgl. Rn. 67, 68, 73, 75, 76 und Tenor)