SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 11. April 2019 ( 1 )

Rechtssache C‑482/17

Tschechische Republik

gegen

Europäisches Parlament,

Rat der Europäischen Union

„Nichtigkeitsklage – Richtlinie (EU) 2017/853 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen – Verstoß gegen die Grundsätze der begrenzten Einzelermächtigung sowie der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und der Nichtdiskriminierung – Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung – Folgenabschätzungen“

1.

Nach einer Reihe tragischer Ereignisse einschließlich der Anschläge von Paris und Kopenhagen ( 2 ) nahm die Europäische Kommission einen Vorschlag ( 3 ) zur Änderung der Unionsvorschriften über die Kontrolle, den Erwerb und den Besitz von Waffen an ( 4 ). Mit ihrer nach Art. 263 AEUV erhobenen Klage vom 9. August 2017 ( 5 ) begehrt die Tschechische Republik die Nichtigerklärung der Richtlinie (EU) 2017/853 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates ( 6 ), welche die einschlägigen Regelungen des Unionsrechts in diesem Bereich enthält.

2.

Die Tschechische Republik stützt ihre Klage auf vier Gründe. Mit dem Erlass der Richtlinie 2017/853 hätten das Parlament und der Rat (im Folgenden: Unionsgesetzgeber) gegen folgende Grundsätze des Unionsrechts verstoßen: Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung, soweit er Art. 114 AEUV als Rechtsgrundlage für eine Maßnahme herangezogen habe, die tatsächlich das Ziel verfolge, Straftaten, insbesondere Terrorismus, vorzubeugen (erster Klagegrund), Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (zweiter Klagegrund), Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (dritter Klagegrund) sowie Grundsatz der Nichtdiskriminierung (vierter Klagegrund).

Rechtlicher Rahmen

Vertrag über die Europäische Union

3.

Gemäß Art. 4 Abs. 2 EUV achtet die Europäische Union die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen. Sie achtet auch „die grundlegenden Funktionen des Staates“, insbesondere die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der nationalen Sicherheit. Insbesondere Letztere fällt weiterhin in die alleinige Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten.

4.

Nach Art. 5 Abs. 2 EUV wird die Union nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben.

5.

Gemäß dem in Art. 5 Abs. 4 EUV verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen die Maßnahmen der Union nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinausgehen.

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

6.

Art. 18 AEUV verbietet Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Anwendungsbereich der Verträge.

7.

Bekanntlich erlässt die Europäische Union nach Art. 26 AEUV die erforderlichen Maßnahmen, um nach Maßgabe der Verträge den Binnenmarkt (der einen Raum ohne Binnengrenzen umfasst) zu errichten bzw. dessen Funktionieren zu gewährleisten.

8.

Nach Art. 84 AEUV kann der Unionsgesetzgeber zwar Maßnahmen festlegen, um das Vorgehen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Kriminalprävention zu fördern und zu unterstützen, jedoch ist die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in diesem Bereich ausdrücklich vom Aufgabenbereich der Union ausgeschlossen.

9.

Art. 114 Abs. 1 AEUV enthält eine detaillierte Regelung für die Verwirklichung der Ziele des Art. 26 AEUV. Der Unionsgesetzgeber ist danach befugt, Maßnahmen zur Angleichung der Rechtsvorschriften in Bezug auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zu erlassen. Nach Art. 114 Abs. 3 AEUV gehen die Kommission in ihren Vorschlägen in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz sowie das Europäische Parlament und der Rat im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse von einem hohen Schutzniveau aus und berücksichtigen dabei insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen.

Charta der Grundrechte der Europäischen Union

10.

Nach Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ( 7 ) hat jede Person das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Dieses Recht ist insoweit eingeschränkt, als jemandem aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sein Eigentum entzogen werden darf. Auch kann die Nutzung des Eigentums gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.

Richtlinie 91/477

11.

Die Erwägungsgründe der Richtlinie 91/477 ( 8 ) enthalten folgende Feststellungen: Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von u. a. Waren gemäß den Verträgen gewährleistet ist. Die vollständige Abschaffung der Kontrollen des Waffenbesitzes an den innergemeinschaftlichen Grenzen setzt voraus, dass bestimmte grundsätzliche Bedingungen – u. a. eine Angleichung des Waffenrechts – erfüllt sind ( 9 ). Harmonisierte Rechtsvorschriften, die Feuerwaffen in Kategorien einteilen, bei denen Erwerb und Besitz durch Privatpersonen entweder verboten oder aber erlaubnis- oder meldepflichtig sind, würden unter den Mitgliedstaaten ein größeres gegenseitiges Vertrauen hinsichtlich der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit zur Folge haben ( 10 ).

12.

Kapitel 1 betrifft den Anwendungsbereich der Richtlinie 91/477. In Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 wird eine Feuerwaffe definiert als „jede tragbare Waffe, die Schrot, eine Kugel oder ein anderes Geschoss mittels Treibladung durch einen Lauf verschießt, die für diesen Zweck gebaut ist oder die für diesen Zweck umgebaut werden kann, es sei denn, sie ist aus einem der in Anhang I Abschnitt III genannten Gründe … ausgenommen“. Die Feuerwaffen sind in Anhang I Abschnitt II in vier Kategorien unterteilt: verbotene Feuerwaffen (Kategorie A), genehmigungspflichtige Feuerwaffen (Kategorie B), meldepflichtigen Feuerwaffen (Kategorie C) sowie sonstige Feuerwaffen (Kategorie D).

13.

Gemäß Art. 3 können die Mitgliedstaaten strengere Vorschriften erlassen, als in Richtlinie 91/477 vorgesehen.

14.

Kapitel 2 legt die Bestimmungen zur Harmonisierung des Feuerwaffenrechts fest, einschließlich Regeln zum Erwerb, dem Besitz, dem Verkehr und der Verbringung verschiedener Kategorien ziviler Feuerwaffen in der Europäischen Union ( 11 ), während für Jagd und Sportwettkämpfe flexiblere Regelungen vorgesehen sind ( 12 ). Die Richtlinie 91/477 gilt nicht für den Erwerb und den Besitz von Waffen und Munition durch die Streitkräfte, die Polizei und die öffentlichen Dienste oder durch Waffensammler und mit Waffen befasste kulturelle und historische Einrichtungen, und sie gilt ebenso wenig für das gewerbliche Verbringen von Kriegswaffen und ‑munition ( 13 ).

15.

Kapitel 3 enthält Bestimmungen über die Formalitäten für den Verkehr mit Waffen in der Union. Nach Art. 11 dürfen Feuerwaffen von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat verbracht werden, wenn die in Art. 11 festgelegten Bedingungen eingehalten werden. Zu diesen Bedingungen gehören die Bereitstellung von Informationen wie Name und Anschrift des Verkäufers und des Käufers der Feuerwaffen sowie die Ausstellung eines Erlaubnisscheins durch den die Verbringung genehmigenden Mitgliedstaat, der alle erforderlichen Angaben enthält. Nach Art. 12 ist der Besitz einer Feuerwaffe während einer Reise durch zwei oder mehrere Mitgliedstaaten verboten, wenn der Betreffende von den entsprechenden Mitgliedstaaten keine Genehmigung erhalten hat, es sei denn, das Verfahren nach Art. 11 findet Anwendung. Die Genehmigung wird in den Europäischen Feuerwaffenpass eingetragen, den der Reisende auf Verlangen vorzeigen muss.

16.

Gemäß Art. 17 (Teil von Kapitel 4) hatte die Kommission dem Parlament und dem Rat Berichte und/oder Studien wie folgt vorzulegen: i) bis zum 28. Juli 2015 zur Lage, die sich aus der Anwendung der Richtlinie 91/477 ergibt, ii) bis zum 28. Juli 2012 über die Vor- und Nachteile einer Verringerung der Kategorien verbotener bzw. erlaubnispflichtiger Feuerwaffen (Waffen der Kategorien A und B) mit besonderem Augenmerk auf das bessere Funktionieren des Binnenmarkts und iii) bis zum 28. Juli 2010 über das Inverkehrbringen von nachgebildeten Feuerwaffen, um festzustellen, ob die Einbeziehung dieser Waren in den Anwendungsbereich der Richtlinie 91/477 möglich und wünschenswert war.

Richtlinie 2017/853

17.

Die Erwägungsgründe der Richtlinie 2017/853 enthalten folgende Feststellungen:

Die Richtlinie 91/477 des Rates war eine Begleitmaßnahme zur Schaffung des Binnenmarkts. Mit ihr wurde ein Gleichgewicht zwischen einerseits dem Einsatz zur Gewährleistung eines gewissen freien Verkehrs für bestimmte Feuerwaffen und ihre wesentlichen Bestandteile in der Union und andererseits der Notwendigkeit, diesen freien Verkehr durch Sicherheitsvorkehrungen speziell für diese Waren einzuschränken, hergestellt ( 14 ).

Bei bestimmten Aspekten dieser Richtlinie sind weitere verhältnismäßige Verbesserungen erforderlich, um die missbräuchliche Verwendung von Feuerwaffen für kriminelle Zwecke zu bekämpfen, sowie im Hinblick auf die terroristischen Anschläge der jüngsten Zeit ( 15 ).

Im Interesse einer besseren Nachverfolgung aller Feuerwaffen und wesentlichen Bestandteile und um deren freien Verkehr zu erleichtern, sollten diese Produkte mit einer lesbaren, dauerhaften und eindeutigen Kennzeichnung versehen und in Waffenregistern der Mitgliedstaaten erfasst werden ( 16 ).

Angesichts der Gefährlichkeit und der Langlebigkeit von Feuerwaffen (und wesentlichen Bestandteilen) und um sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden diese Produkte für Verwaltungs- und Strafverfahren nachverfolgen können, ist es erforderlich, dass Aufzeichnungen in Waffenregistern gespeichert werden ( 17 ).

Für die gefährlichsten Feuerwaffen sollten strengere Vorschriften in die Richtlinie 91/477 aufgenommen werden, damit sichergestellt ist, dass – von einigen begrenzten und hinreichend begründeten Ausnahmen abgesehen – diese Feuerwaffen nicht gekauft, besessen oder gehandelt werden dürfen ( 18 ).

Da das Risiko dafür, dass akustische Waffen und andere Typen von nicht scharfen Waffen in echte Feuerwaffen umgebaut werden, für hoch befunden wurde, wurden derartige Waffen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 91/477 einbezogen ( 19 ).

Angesichts des hohen Risikos einer Reaktivierung unsachgemäß deaktivierter Feuerwaffen und zur Erhöhung der Sicherheit in der gesamten Europäischen Union sollten diese Feuerwaffen unter die Richtlinie 91/477 fallen ( 20 ).

Einige halbautomatische Feuerwaffen können leicht zu automatischen Feuerwaffen umgebaut werden, so dass sie ein Sicherheitsrisiko darstellen. Auch wenn kein solcher Umbau erfolgt, können bestimmte halbautomatische Feuerwaffen sehr gefährlich sein, wenn sie über eine hohe Munitionskapazität verfügen. Deshalb sollte eine zivile Verwendung von Waffen wie halbautomatischen Feuerwaffen mit fest montierter Ladevorrichtung, die es ermöglicht, eine hohe Anzahl von Schüssen abzufeuern, verboten sein ( 21 ).

Die Richtlinie 2017/853 steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta anerkannt wurden ( 22 ).

Für die Schweiz stellen die Richtlinie 2017/853 und die Richtlinie 91/477 eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar ( 23 ).

18.

Art. 1 Nr. 3 legt fest, dass die Mitgliedstaaten in Bezug auf Feuerwaffen, die am oder nach dem 14. September 2018 in der Union hergestellt oder in die Union eingeführt werden, sicherstellen, dass derartige Waren mit einer lesbaren, dauerhaften und eindeutigen Kennzeichnung versehen und gemäß der Richtlinie 91/477 erfasst werden. In Art. 4 dieser Richtlinie wird ein neuer Abs. 2a eingefügt. Gemäß dieser Bestimmung erlässt die Kommission Durchführungsrechtsakte mit technischen Spezifikationen für die Kennzeichnung von Feuerwaffen. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 91/477 regelt die Einrichtung und Pflege eines computergestützten Waffenregisters. Der geänderte Text sieht vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Aufzeichnungen zu Feuerwaffen, die zur Nachverfolgung und Identifizierung dieser Waren notwendig sind, von den zuständigen Behörden über einen Zeitraum von 30 Jahren nach der Vernichtung der Feuerwaffen gespeichert werden.

19.

Art. 1 Nr. 6 ersetzt den früheren Text der Art. 5 und 6 der Richtlinie 91/477. Soweit dies für das vorliegende Verfahren relevant ist, sieht der überarbeitete Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 vor, dass die Mitgliedstaaten den Erwerb und den Besitz von Feuerwaffen nur Personen gestatten, die dafür ein Bedürfnis vorbringen können und mindestens 18 Jahre alt sind. Personen, die jünger als 18 Jahre sind, dürfen unter bestimmten Umständen Feuerwaffen für die Jagdausübung und für den Schießsport erwerben, z. B. wenn sie eine Erlaubnis der Eltern besitzen oder unter elterlicher Anleitung bzw. Anleitung eines Erwachsenen mit gültigem Waffen- oder Jagdschein stehen. Nach Art. 5 Abs. 2 müssen die Mitgliedstaaten über ein Überwachungssystem verfügen, mit dem dafür Sorge getragen wird, dass die im einzelstaatlichen Recht festgelegten Voraussetzungen für eine Genehmigung für die Dauer der Genehmigung erfüllt sind und u. a. relevante medizinische und psychologische Informationen bewertet werden. Art. 5 Abs. 3 lautet:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Genehmigung für den Erwerb oder die Genehmigung für den Besitz einer Feuerwaffe der Kategorie B entzogen wird, wenn festgestellt wird, dass die Person, der die Genehmigung erteilt wurde, sich im Besitz einer Ladevorrichtung befindet, die an halbautomatische Zentralfeuerwaffen oder Repetierwaffen montiert werden kann und

a)

die mehr als 20 Patronen aufnehmen kann oder

b)

im Falle von Lang-Feuerwaffen, die mehr als zehn Patronen aufnehmen kann,

es sei denn, der entsprechenden Person wurde eine Genehmigung gemäß Artikel 6 oder eine Genehmigung, die gemäß Artikel 7 Absatz 4a bestätigt, erneuert oder verlängert wurde, erteilt.“

20.

Die Änderungen an Art. 6 der Richtlinie 91/477, die für dieses Verfahren von besonderer Bedeutung sind, lauten wie folgt:

„(1)   Unbeschadet des Artikels 2 Absatz 2 treffen die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen, um den Erwerb und den Besitz von Feuerwaffen, wesentlichen Bestandteilen und Munition der Kategorie A zu verbieten. Sie sorgen für die Beschlagnahme dieser Feuerwaffen, wesentlichen Bestandteile und der Munition, die unter Missachtung dieses Verbots unrechtmäßig besessen werden.

(2)   Zum Schutz der Sicherheit kritischer Infrastruktur, der kommerziellen Schifffahrt und Werttransporte und sensibler Anlagen, zum Zwecke der nationalen Verteidigung sowie zu bildungsbezogenen, kulturellen, Forschungs- und historischen Zwecken können die nationalen zuständigen Behörden unbeschadet von Absatz 1 in Einzelfällen ausnahmsweise und unter hinreichender Begründung Genehmigungen für Feuerwaffen, wesentliche Bestandteile und Munition der Kategorie A erteilen, sofern dies der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht entgegensteht.

(6)   Die Mitgliedstaaten können Sportschützen den Erwerb und Besitz von in Kategorie A Nummer 6 oder 7 eingestuften halbautomatischen Feuerwaffen unter folgenden Voraussetzungen gestatten: …

In Bezug auf Feuerwaffen der Kategorie A Nummer 6 können Mitgliedstaaten, in denen allgemeine Wehrpflicht herrscht und in denen seit über 50 Jahren ein System der Weitergabe militärischer Feuerwaffen an Personen besteht, die die Armee nach Erfüllung ihrer Wehrpflicht verlassen, an diese Personen in ihrer Eigenschaft als Sportschützen eine Genehmigung erteilen, eine während des Wehrdienstes benutzte Feuerwaffe zu behalten. Die betreffende staatliche Behörde wandelt diese Feuerwaffen in halbautomatische Feuerwaffen um und überprüft in regelmäßigen Abständen, ob die Personen, die diese Feuerwaffen verwenden, keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Es gelten die Bestimmungen von Unterabsatz 1 Buchstaben a, b und c[ ( 24 )].

…“

21.

Art. 1 Nr. 7 fügt den folgenden Absatz in Art. 7 der Richtlinie 91/477 ein: „(4a) Die Mitgliedstaaten können beschließen, Genehmigungen für halbautomatische Feuerwaffen der Kategorie A Nummer 6, 7 oder 8 für eine Feuerwaffe, die in die Kategorie B eingeteilt war und die vor dem 13. Juni 2017 rechtmäßig erworben und eingetragen wurde, unter den sonstigen in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen zu bestätigen, zu erneuern oder zu verlängern. Sie können gestatten, dass solche Feuerwaffen von anderen Personen erworben werden, denen ein Mitgliedstaat gemäß dieser Richtlinie in der durch die Richtlinie (EU) 2017/853 … geänderten Fassung die Genehmigung dazu erteilt hat.“

22.

Art. 8 der Richtlinie verbot vor seiner Änderung den Besitz einer Feuerwaffe der Kategorie C, sofern nicht der Besitzer die Waffe den zuständigen Behörden gemeldet hatte ( 25 ). Art. 1 Nr. 8 der Richtlinie 2017/853 ändert Art. 8 der Richtlinie 91/477 durch Einfügung eines neuen Abs. 3, wonach ein Mitgliedstaat, falls er den Erwerb und den Besitz einer Feuerwaffe der Kategorien B oder C in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder von einer Genehmigung abhängig macht, die übrigen Mitgliedstaaten davon unterrichtet, die in den für eine solche Feuerwaffe erteilten Europäischen Feuerwaffenpass ausdrücklich einen entsprechenden Vermerk aufnehmen. Art. 1 Nr. 12 fügt Änderungen in Art. 11 der Richtlinie 91/477 ein. Er sieht Verfahren für die Verbringung von Feuerwaffen von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat vor. Durch Art. 1 Nr. 13 wird Art. 12 der Richtlinie geändert, indem neue Regelungen für Jäger und Nachsteller historischer Ereignisse festgelegt werden, die zwischen den Mitgliedstaaten reisen, um ihre Aktivität mit bestimmten Feuerwaffen auszuüben. Art. 1 Nr. 14 ändert Art. 13 der Richtlinie 91/477 und ermöglicht es den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, auf elektronischem Wege Informationen über die für die Verbringung von Feuerwaffen in einen anderen Mitgliedstaat erteilten Genehmigungen auszutauschen.

23.

Gemäß Art. 1 Nr. 18 (der Art. 17 der Richtlinie 91/477 ersetzt), wird die Kommission angewiesen, dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 14. September 2020 – und anschließend alle fünf Jahre – einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie 91/477 in der durch die Richtlinie 2017/853 geänderten Fassung vorzulegen, insbesondere zu den verschiedenen Feuerwaffenkategorien, dem Europäischen Feuerwaffenpass, der Kennzeichnung von Waren und den Auswirkungen neuer Technologien, beispielsweise den Auswirkungen des 3D‑Drucks ( 26 ).

24.

Art. 1 Nr. 19 ändert Anhang I der Richtlinie 91/477. Infolge der vorgenommenen Änderungen werden die vier Feuerwaffenkategorien (A bis D) auf drei reduziert. Die folgenden, gemäß Art. 1 Nr. 19 an Anhang I Abschnitt II der Richtlinie 91/477 vorgenommenen Änderungen sind für das vorliegende Verfahren besonders relevant, da der Anwendungsbereich der in Frage stehenden Bestimmungen auf eine Reihe von Waffen erweitert wird:

Die neuen Nrn. 6, 7 und 8 werden in die Kategorie A (verbotene Feuerwaffen) aufgenommen. Dementsprechend fallen jetzt folgende Waffen in diese Kategorie: automatische Feuerwaffen, die zu halbautomatischen Feuerwaffen umgebaut wurden, bestimmte Kurzfeuerwaffen und Langfeuerwaffen, mit denen ohne Nachladen Schüsse abgegeben werden, Ladevorrichtungen mit einer Kapazität von mehr als zehn Patronen sowie halbautomatische Langfeuerwaffen (d. h. Feuerwaffen, die ursprünglich als Schulterwaffen vorgesehen sind), die ohne Funktionseinbuße mit Hilfe eines Klapp- oder Teleskopschafts oder eines ohne Verwendung eines Werkzeugs abnehmbaren Schafts auf eine Länge unter 60 cm gekürzt werden können;

Kategorie B (erlaubnispflichtige Feuerwaffen) umfasst jetzt halbautomatische Kurzfeuerwaffen und sämtliche Feuerwaffen der Kategorie B, die für das Abfeuern von Platzpatronen, Reizstoffen, sonstigen aktiven Substanzen oder pyrotechnischer Munition oder in Salutwaffen oder akustische Waffen umgebaut wurden;

Kategorie C (meldepflichtige Feuerwaffen) umfasst jetzt Feuerwaffen der Kategorien A, B oder C, die gemäß der Verordnung (EU) 2015/2403 ( 27 ) deaktiviert wurden, und

Anhang I Abschnitt III der Richtlinie 91/477 erhielt folgende Fassung: „Im Sinne dieses Anhangs sind nicht in die Definition der Feuerwaffen einbezogen Gegenstände, die der Definition zwar entsprechen, die jedoch a) zu Alarm‑, Signal- und Rettungszwecken, zu Schlachtzwecken oder für das Harpunieren gebaut oder für industrielle und technische Zwecke bestimmt sind, sofern sie nur für diese Verwendung eingesetzt werden können; b) als historische Waffen gelten, sofern sie nicht unter die in Abschnitt II vorgesehenen Kategorien fallen und dem einzelstaatlichen Recht unterliegen. …“

Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über bessere Rechtsetzung

25.

Die Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über bessere Rechtsetzung vom 13. April 2016 wurde von den drei Unionsorganen auf der Grundlage von Art. 295 AEUV erlassen ( 28 ). Nach dieser Vereinbarung verpflichten sich diese drei Organe zu loyaler und transparenter Zusammenarbeit während des gesamten Gesetzgebungszyklus ( 29 ). Sie erinnern an die Verpflichtung der Europäischen Union, Rechtsvorschriften insbesondere im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erlassen ( 30 ). In Abschnitt I („Gemeinsame Verpflichtungen und Ziele“) kommen die drei Organe überein, eine „bessere Rechtsetzung“ gemäß der Vereinbarung anzustreben und bei der Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten die Verträge und die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts zu beachten, wie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ( 31 ). Abschnitt III („Instrumente für eine bessere Rechtsetzung“) trifft Feststellungen zu Folgenabschätzungen im Rechtsetzungsverfahren. Nach Nr. 12 stellen Folgenabschätzungen ein Instrument dar, das den drei Organen dabei hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen. Sie dürfen jedoch nicht zu unnötigen Verzögerungen im Rechtsetzungsprozess führen oder die Fähigkeit der Mitgesetzgeber, Änderungen vorzuschlagen, beeinträchtigen. Die Kommission wird u. a. ihre Gesetzgebungsinitiativen und Initiativen ohne Gesetzgebungscharakter, bei denen mit erheblichen wirtschaftlichen, ökologischen oder sozialen Auswirkungen zu rechnen ist, einer Folgenabschätzung unterziehen. Das Europäische Parlament und der Rat werden bei der Prüfung der Gesetzgebungsvorschläge der Kommission in vollem Umfang die Folgenabschätzungen der Kommission berücksichtigen. Wenn sie dies im Hinblick auf den Gesetzgebungsprozess für zweckmäßig und erforderlich halten, werden das Europäische Parlament und der Rat Folgenabschätzungen in Bezug auf die von ihnen vorgenommenen wesentlichen Abänderungen am Kommissionsvorschlag durchführen ( 32 ). Nach Nr. 18 „[werden die] ursprüngliche Folgenabschätzung der Kommission und jede weitere im Laufe des Gesetzgebungsprozesses von den Organen durchgeführte Folgenabschätzung … spätestens am Ende des Gesetzgebungsprozesses öffentlich bekannt gemacht und können zusammen als Grundlage für die Evaluierung verwendet werden“.

Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

26.

Die Tschechische Republik beantragt,

die Richtlinie 2017/853 für nichtig zu erklären;

dem Parlament und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

Hilfsweise beantragt die Tschechische Republik,

Art. 1 Nr. 6 der Richtlinie 2017/853 insoweit für nichtig zu erklären, als er Art. 5 Abs. 3 und Art. 6 Abs. 6 Unterabs. 2 in die Richtlinie 91/477 einfügt;

Art. 1 Nr. 7 der Richtlinie 2017/853 insoweit für nichtig zu erklären, als er Art. 7 Abs. 4a in die Richtlinie 91/477 einfügt;

Art. 1 Nr. 19 der Richtlinie 2017/853 insoweit für nichtig zu erklären, als er die Richtlinie 91/477 ändert, indem er

in Anhang I Abschnitt II Kategorie A die Nrn. 6, 7 und 8 einfügt,

Anhang I Abschnitt II Kategorie B ändert,

in Anhang I Abschnitt II Kategorie C eine Nr. 6 einfügt,

Anhang I Abschnitt III ändert;

dem Parlament und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

27.

Das Parlament beantragt,

die Klage abzuweisen und

der Tschechischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

28.

Der Rat beantragt,

die Klage in vollem Umfang abzuweisen und

der Tschechischen Republik die Kosten aufzuerlegen;

äußerst hilfsweise für den Fall, dass der Gerichtshof der Auffassung sein sollte, dass die Richtlinie 2017/853 für nichtig zu erklären ist, anzuordnen, dass die Wirkungen der Richtlinie so lange aufrechterhalten werden, bis die erforderlichen Maßnahmen erlassen werden können.

29.

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 5. Januar 2018 sind Ungarn und Polen als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Tschechischen Republik zugelassen worden. Mit Beschluss vom selben Tag ist Frankreich als Streithelfer zur Unterstützung des Parlaments und des Rates zugelassen worden. Die Kommission ist durch Beschluss des Kanzlers vom 10. November 2017 als Streithelferin zur Unterstützung der Beklagten zugelassen worden.

30.

Die Regierungen der Tschechischen Republik, Frankreichs, Ungarns und Polens sowie das Parlament, der Rat und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

31.

In der Sitzung vom 5. März 2019 haben alle Verfahrensbeteiligten mündliche Ausführungen gemacht.

Erster Klagegrund: Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung und Rechtsgrundlage

Vorbringen

32.

Mit ihrem ersten Klagegrund macht die Tschechische Republik geltend, dass der Unionsgesetzgeber gegen den in Art. 5 Abs. 2 EUV verankerten Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung verstoßen habe, da Art. 114 AEUV keine gültige Rechtsgrundlage für die Richtlinie 2017/853 sei. Die Richtlinie 2017/853 verfolge nicht das Ziel, Hindernisse für den Binnenmarkt zu beseitigen. Sie ziele vielmehr ausschließlich darauf ab, Straftaten und Terrorismus vorzubeugen und dadurch die öffentliche Sicherheit zu verbessern. Zwar könne der Unionsgesetzgeber nach Art. 84 AEUV Maßnahmen festlegen, um das Vorgehen der Mitgliedstaaten im Bereich der Kriminalprävention zu unterstützen, doch verliehen die Verträge der Europäischen Union nicht die Befugnis, zu diesem Zweck Harmonisierungsmaßnahmen zu erlassen.

33.

Die Wahl der Rechtsgrundlage für eine Maßnahme müsse anhand objektiver, gerichtlich nachprüfbarer Faktoren erfolgen, zu denen das Ziel und der Inhalt der streitigen Maßnahme gehörten. Die Richtlinie 2017/853 sei zwar auf der Grundlage von Art. 114 AEUV (die Nachfolge-Rechtsgrundlage zu Art. 100a EWG, auf dem die Richtlinie 91/477 beruhte) erlassen worden, doch wichen die Umstände und Ziele der Richtlinie 2017/853 erheblich von denen der Richtlinie 91/477 ab. Darüber hinaus rechtfertige die Tatsache, dass die Richtlinie 91/477 auf der Grundlage einer auf den Binnenmarkt bezogenen Rechtsgrundlage erlassen wurde, nicht die Wahl derselben Rechtsgrundlage für die Richtlinie 2017/853, da Letztere ganz andere Ziele verfolge. Zwar treffe es zu, dass die Richtlinie 2008/51 die Richtlinie 91/477 mit dem Ziel der Verbesserung der öffentlichen Sicherheit geändert habe, doch habe die Richtlinie 2008/51 im Wesentlichen technische Änderungen infolge der internationalen Verpflichtungen der Europäischen Union aufgrund des VN-Protokolls gegen die unerlaubte Herstellung von Feuerwaffen sowie gegen den unerlaubten Handel damit eingeführt. Die Wirkung der Richtlinie 2017/853 gehe jedoch weit über rein technische Änderungen hinaus.

34.

Das Europäische Parlament und der Rat entgegnen, dass die Tschechische Republik einem Rechtsirrtum unterlegen sei und Art. 114 AEUV und die Richtlinie 2017/853 falsch auslege. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit (und auch der öffentlichen Gesundheit) sei ein im Unionsrecht anerkanntes allgemeines Interesse und sei ein triftiger Grund für den Erlass einer solchen Maßnahme. Um beurteilen zu können, ob die richtige Rechtsgrundlage angewandt worden sei, sei es erforderlich, sowohl die Richtlinie 91/477 als auch die Richtlinie 2017/853 zu prüfen. Selbst wenn die Richtlinie 2017/853 gesondert von der Richtlinie 91/477 betrachtet werde, sei der Unionsgesetzgeber jedoch nicht verpflichtet gewesen, sich auf Gründe im Zusammenhang mit der Beseitigung von Hindernissen für den Binnenmarkt zu berufen, um die erstgenannte Richtlinie rechtsgültig zu erlassen. Die Richtlinie 2017/853 berühre die Ziele der Richtlinie 91/477 nicht. Sie ziele lediglich darauf ab, das Gleichgewicht zwischen der Verkehrsfreiheit und der öffentlichen Sicherheit so anzupassen, dass die (zum Zeitpunkt des Erlasses der Richtlinie) jüngsten Terroranschläge berücksichtigt würden und gleichzeitig das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts gewährleistet werde. Für den Rat ist darüber hinaus das Ziel der öffentlichen Sicherheit kein nebensächliches Ziel der Richtlinie 2017/853.

35.

Zur Unterstützung der Tschechischen Republik tragen Ungarn und Polen vor, dass die Richtlinie 2017/853 ausschließlich auf die Vorbeugung von Straftaten abziele. Beide Mitgliedstaaten vertreten die Auffassung, dass es bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Änderungsrichtlinie – wie der Richtlinie 2017/853 – notwendig sei, diesen Rechtsakt in seiner Gesamtheit zu betrachten, woraus aber nicht das Erfordernis folge, die Ziele der geänderten Maßnahme (hier der Richtlinie 91/477) zu berücksichtigen. Ein solcher Ansatz würde einen besorgniserregenden Präzedenzfall schaffen, der den Ermessensspielraum des Unionsgesetzgebers ausweiten könnte. Ungarn zufolge ergänzt das Ziel, das Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, bei zutreffender Auslegung der Richtlinie 2017/853 in Wirklichkeit das Hauptziel der Kriminalprävention. Polen macht geltend, dass zwischen den Zielen dieser Richtlinie und dem Funktionieren des Binnenmarkts gar kein Zusammenhang bestehe. Vielmehr würden durch die Richtlinie 2017/853 Hindernisse eingeführt, die diesem Zweck entgegenstünden, da sie den Verkehr von Feuerwaffen, die keine gefährlichen Güter im Sinne des Unionsrechts seien, behinderten.

36.

Zur Unterstützung des Parlaments und des Rates macht Frankreich geltend, dass im Gegenteil aus den vorbereitenden Gesetzesmaterialien hervorgehe, dass die Richtlinie 2017/853 die Beseitigung von Hindernissen für die Grundfreiheiten, die sich unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken, zum Ziel habe. Die Tatsache, dass die Richtlinie 2017/853 auch darauf abziele, die öffentliche Sicherheit zu erhöhen, beeinträchtige nicht ihre Binnenmarktziele. Dieser Ansatz spiegele sich auch in anderen Maßnahmen wider, die auf der Grundlage von Art. 114 AEUV erlassen worden seien.

37.

Ebenfalls zur Unterstützung der Beklagten macht die Kommission erstens geltend, dass der Unionsgesetzgeber hinsichtlich der Maßnahmen, die er gemäß Art. 114 AEUV treffen könne, über einen weiten Ermessensspielraum verfüge. Zweitens könne er bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht daran gehindert werden, eine auf den Binnenmarkt bezogene Rechtsgrundlage zu nutzen, nur weil die in Rede stehende Maßnahme auch auf den Schutz der öffentlichen Sicherheit abziele. Drittens belegten mehrere Studien und Berichte binnenmarktbezogene Gründe für den Erlass der Richtlinie 2017/853.

Würdigung

38.

Meiner Ansicht nach ist der erste Klagegrund der Tschechischen Republik auf eine fehlerhafte Auslegung von Art. 114 AEUV und ein Fehlverständnis der Richtlinie 2017/853 gestützt. Er greift daher nicht durch.

Vorbemerkungen

39.

Die in diesem Verfahren aufgeworfenen Fragen nach dem Anwendungsbereich von Art. 114 AEUV und den Befugnissen des Gesetzgebers, Harmonisierungsmaßnahmen in Bezug auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zu erlassen, sind nicht völlig neu ( 33 ). Erwägungen wie die öffentliche Sicherheit (in Verbindung mit beispielsweise dem Umwelt- und dem Verbraucherschutz) werden sich selbstverständlich auf das Funktionieren dieses Marktes auswirken. Doch wo ist bei der Wahl zwischen den verschiedenen, in den Verträgen vorgesehenen Rechtsgrundlagen für Maßnahmen, die den Binnenmarkt betreffen, und Maßnahmen zur Verwirklichung eines anderen (erstrebenswerten) Ziels die Grenze zu ziehen? Umfasst Art. 114 AEUV nach richtiger Auffassung Rechtsvorschriften, die zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit unmittelbar nach den im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten im Jahr 2015 verübten Terroranschlägen ( 34 ) erlassen wurden?

40.

Die Befugnisse zur Regulierung des Binnenmarkts berühren eine Vielzahl anderer Fragen. Der Anwendungsbereich von Art. 114 AEUV ist daher für die Mitgliedstaaten vor allem aus zwei Gründen von besonderer Bedeutung. Erstens ist die Frage, ob auf dieser Bestimmung beruhende Rechtsakte in Angelegenheiten eingreifen, für die die Verträge dem Unionsgesetzgeber keine Zuständigkeit einräumen (wie von der Tschechischen Republik hier vertreten), ein sensibles Thema. Zweitens werden Rechtsakte der Union gemäß dieser Bestimmung nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen (d. h. mit qualifizierter Mehrheit), was bedeutet, dass kein Mitgliedstaat in der Lage ist, ein Veto gegen einen vorgeschlagenen Rechtsakt einzulegen.

41.

Es ist unstreitig, dass Art. 84 AEUV keine geeignete Rechtsgrundlage für die Richtlinie 2017/853 gewesen wäre. Der Unionsgesetzgeber hat nach dieser Bestimmung des Vertrags nicht die Befugnis erhalten, eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften im Bereich der Vorbeugung von Straftaten vorzunehmen. Dies fällt weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Wenn also Art. 114 AEUV keine geeignete Rechtsgrundlage für die Richtlinie 2017/853 ist, ist diese Maßnahme für nichtig zu erklären.

42.

Unstreitig ist auch, dass die Rechtsgrundlage für den Erlass der Richtlinie 91/477 (die ursprüngliche Maßnahme in diesem Bereich) nicht in Frage gestellt wird ( 35 ). Ferner ist die Richtlinie 91/477 eine Mindestharmonisierungsmaßnahme zur Festlegung von Vorschriften über die Kontrolle, den Erwerb und den Besitz von Feuerwaffen ( 36 ). Somit verfügten die Mitgliedstaaten für den Erlass heterogener Vorschriften in diesem Bereich im Hinblick auf Fragen, die vor der Änderung nicht unter diese Richtlinie fielen ( 37 ), wie etwa Maßnahmen in Bezug auf deaktivierte Feuerwaffen, über einen gewissen Ermessensspielraum.

Art. 114 AEUV

43.

Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Rechtsvorschriften, die auf der Grundlage von Art. 114 Abs. 1 AEUV erlassen wurden, stellt folgende Punkte fest. Erstens reicht zwar die bloße Feststellung von Unterschieden zwischen den nationalen Regelungen nicht aus, um die Heranziehung von Art. 114 AEUV zu rechtfertigen; anders ist dies jedoch im Fall von Unterschieden zwischen den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die geeignet sind, die Grundfreiheiten zu beeinträchtigen und sich auf diese Weise unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarkts auszuwirken. Zweitens kann Art. 114 AEUV als Rechtsgrundlage herangezogen werden, um der Entstehung neuer Hindernisse für den Handel infolge einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorzubeugen (das Entstehen solcher Hindernisse muss wahrscheinlich sein und die fragliche Maßnahme ihre Vermeidung bezwecken). Drittens kann sich der Unionsgesetzgeber auf diese Grundlage stützen, wenn die Voraussetzungen für die Heranziehung von Art. 114 AEUV als Rechtsgrundlage erfüllt sind, auch wenn anderen Aspekten, wie etwa dem Gesundheitsschutz, bei den zu treffenden Entscheidungen maßgebliche Bedeutung zukommt ( 38 ).

44.

Gemäß Art. 114 AEUV ist der Gesetzgeber befugt, Hindernisse für den freien Verkehr zu beseitigen und das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern. Letzteres bezieht sich im Wesentlichen auf die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen, die hier nicht Gegenstand sind. Vielmehr ist das erste Element, nämlich die Frage, ob durch die Richtlinie 2017/853 die Hindernisse für den freien Verkehr beseitigt und/oder die Entstehung künftiger Hindernisse verhindert werden, die Kernfrage des ersten Klagegrundes der Tschechischen Republik.

45.

Mit der Verwendung des Ausdrucks „Maßnahmen zur Angleichung“ in Art. 114 AEUV wollten die Verfasser des Vertrags dem Gesetzgeber nach Maßgabe des allgemeinen Kontextes und der speziellen Umstände der zu harmonisierenden Materie einen Ermessensspielraum hinsichtlich der zur Erreichung des angestrebten Ergebnisses am besten geeigneten Angleichungstechnik einräumen. Je nach den Umständen können diese Maßnahmen darin bestehen, alle Mitgliedstaaten zu verpflichten, Vorschriften einzuführen: Vorliegend heißt das, sicherzustellen, dass per se gefährliche Waren (Feuerwaffen) im Hinblick auf die Nachverfolgbarkeit gekennzeichnet werden, dass der Erwerb solcher Waren geregelt wird, oder gar, dass die Kontrollen für als besonders gefährlich eingestufte Waffen verschärft werden ( 39 ).

46.

Weitere Maßnahmen, die auf der Grundlage von Art. 114 AEUV erlassen wurden und Ziele verfolgen, die untrennbar mit dem Funktionieren des Binnenmarkts verbunden sind, sind Bestandteil der Rechtsetzung des damals so bezeichneten „neuen Konzepts“ ( 40 ). Diese Maßnahmen umfassen mehrere Rechtsakte, angefangen bei der Sicherheit von Spielzeug ( 41 ) über die Kontrolle von Explosivstoffen für zivile Zwecke ( 42 ) bis hin zu persönlichen Schutzausrüstungen ( 43 ). Art. 114 AEUV (oder die entsprechende Bestimmung in früheren Fassungen des Vertrags) wird systematisch als Rechtsgrundlage angeführt. Jede dieser Maßnahmen deckt andere Aspekte ab, z. B. Verbraucherschutz und öffentliche Sicherheit oder Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz, die berücksichtigt werden müssen, um ein Gleichgewicht mit dem freien Warenverkehr herzustellen und diesen zu ergänzen. Zwar lässt eine Prüfung dieser Maßnahmen nicht unbedingt den Schluss zu, dass auch die Ziele der Richtlinie 2017/853 in den Anwendungsbereich von Art. 114 AEUV fallen, doch veranschaulicht die Tatsache, dass es diesen Bestand an Unionsvorschriften gibt, den breiten Handlungsspielraum, den der Unionsgesetzgeber nach dieser Vertragsbestimmung hat.

47.

In diesem Zusammenhang weise ich auch auf Art. 114 Abs. 3 AEUV hin, wonach die Kommission bei ihren Harmonisierungsvorschlägen Aspekte wie u. a. die Sicherheit berücksichtigt.

48.

Wenn also Handelshemmnisse bestehen oder solche Hemmnisse wahrscheinlich entstehen werden, weil die Mitgliedstaaten hinsichtlich eines Erzeugnisses oder einer Erzeugnisgruppe divergierende Maßnahmen erlassen haben oder zu erlassen im Begriff sind, die ein unterschiedliches Schutzniveau gewährleisten und dadurch den freien Verkehr mit dem oder den betreffenden Erzeugnissen in der Union behindern, ermächtigt Art. 114 AEUV den Unionsgesetzgeber, tätig zu werden, indem er unter Beachtung von Art. 114 Abs. 3 AEUV und der im AEU-Vertrag genannten (oder in der Rechtsprechung entwickelten) Rechtsgrundsätze die geeigneten Maßnahmen trifft, um den Binnenmarkt zu regulieren ( 44 ).

49.

Besonders hilfreiche Hinweise zum Anwendungsbereich von Art. 114 AEUV enthält die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Tabakerzeugnissen, die hier entsprechend angewandt werden kann, da diese Rechtsvorschriften neben dem Binnenmarktziel auch auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit und den Verbraucherschutz abzielen ( 45 ). Zwar hat der Gerichtshof im Urteil Deutschland/Parlament und Rat ( 46 ) klargestellt, dass die Gesetzgebungsbefugnisse nach Art. 114 AEUV nicht grenzenlos sind ( 47 ). Jener Fall betraf gemäß dem früheren Art. 95 EG (jetzt Art. 114 AEUV) erlassene Rechtsvorschriften, durch die ein vollständiges Werbeverbot für Tabakerzeugnisse eingeführt wurde. Der Gerichtshof hat entschieden, dass ein solches erschöpfendes Verbot nicht den Handel fördere, und dass dementsprechend die in jenem Fall in Rede stehende Richtlinie über das hinausging, was zum Schutz der öffentlichen Gesundheit erforderlich war ( 48 ). Der vorliegende Fall liegt jedoch eindeutig anders, da mit der Richtlinie 2017/853 kein derartiges erschöpfendes Verbot des freien Verkehrs von Feuerwaffen eingeführt wird ( 49 ).

50.

Daher ist zu prüfen, ob durch die Richtlinie 2017/853 unter Berücksichtigung ihres Inhalts und nach einer Gesamtbetrachtung Hindernisse für den freien Verkehr beseitigt und/oder die Entstehung künftiger Hindernisse verhindert werden.

Richtlinie 2017/853

51.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss die Wahl der Rechtsgrundlage eines Unionsrechtsakts auf objektiven und gerichtlich nachprüfbaren Umständen beruhen, zu denen das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören. Ergibt die Prüfung des betreffenden Rechtsakts, dass er zwei Zielsetzungen hat oder zwei Komponenten umfasst, und lässt sich eine von ihnen als die hauptsächliche oder überwiegende ausmachen, während die andere nur nebensächliche Bedeutung hat, so ist der Rechtsakt nur auf eine Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf die, die die hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert ( 50 ). Dementsprechend ist die hauptsächliche Zielsetzung der Richtlinie 2017/853 zu ermitteln und ihr Inhalt zu prüfen ( 51 ).

52.

Wie die Tschechische Republik, Ungarn und Polen anmerken, heben die Erwägungsgründe 2 und 23 der Richtlinie 2017/853 angesichts der „missbräuchliche[n] Verwendung von Feuerwaffen für kriminelle Zwecke“ sowie der terroristischen Anschläge von 2015 insbesondere die auf die öffentliche Sicherheit bezogenen Ziele dieser Richtlinie hervor ( 52 ).

53.

Folgt daraus, dass der Unionsgesetzgeber bei der Verfolgung dieser Ziele seine Befugnisse überschritten hat, indem er Rechtsvorschriften erlassen hat, mit denen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der Kriminalprävention harmonisiert werden?

54.

Meiner Ansicht nach ist das nicht der Fall.

55.

Um den Hauptzweck der Richtlinie 2017/853 zu ermitteln, müssen zunächst die Erwägungsgründe und die Bestimmungen des verfügenden Teils im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ausgelegt werden ( 53 ).

56.

Bestimmte Erwägungsgründe führen Ziele an, die klar mit dem Binnenmarkt verbunden sind. So erinnert der erste Erwägungsgrund daran, dass „[d]ie Richtlinie 91/477 … eine Begleitmaßnahme zur Schaffung des Binnenmarkts [war]“. Mit dieser Richtlinie wurde „ein Gleichgewicht zwischen einerseits dem Einsatz zur Gewährleistung eines gewissen freien Verkehrs für bestimmte Feuerwaffen und ihre wesentlichen Bestandteile in der Union und andererseits der Notwendigkeit, diesen freien Verkehr durch Sicherheitsvorkehrungen speziell für diese Waren einzuschränken, hergestellt“ (Hervorhebung nur hier). Der sechste Erwägungsgrund erläutert, dass die Verpflichtung, dass alle Feuerwaffen oder ihre wesentlichen Bestandteile mit einer „lesbaren, dauerhaften und eindeutigen Kennzeichnung versehen“ und in Waffenregistern der Mitgliedstaaten erfasst werden, darauf abziele, „[eine bessere] Nachverfolgung aller Feuerwaffen und wesentlichen Bestandteile [zu erreichen] und … deren freien Verkehr zu erleichtern“.

57.

Allerdings sprechen bestimmte Erwägungsgründe zweifellos auch die Sicherheit als ein Ziel an. So heißt es im 15. Erwägungsgrund, „[f]ür die gefährlichsten Feuerwaffen sollten strengere Vorschriften in die Richtlinie 91/477… aufgenommen werden, damit sichergestellt ist, dass – von einigen begrenzten und hinreichend begründeten Ausnahmen abgesehen – diese Feuerwaffen nicht gekauft, besessen oder gehandelt werden dürfen“. Laut den Erwägungsgründen 16 bis 18 werden im Hinblick auf Sammler, Waffenhändler und Makler Ausnahmen von strengeren Feuerwaffenkontrollen vorgesehen. Im 20. Erwägungsgrund heißt es, dass sich der Geltungsbereich der Richtlinie 91/477 auf nicht scharfe Waffen erstrecken sollte, die in echte Feuerwaffen umgebaut werden können. Schließlich werden im 21. Erwägungsgrund das hohe Risiko einer Reaktivierung unsachgemäß deaktivierter Feuerwaffen sowie die Notwendigkeit anerkannt, das VN-Protokoll gegen die unerlaubte Herstellung von Feuerwaffen sowie gegen den unerlaubten Handel damit zu berücksichtigen ( 54 ).

58.

Was sehen die materiellen Bestimmungen der Richtlinie 2017/853 tatsächlich vor?

59.

Mit Art. 1 Nr. 1 werden mehrere neue Begriffsbestimmungen wie „deaktivierte Feuerwaffen“, „Sammler“, „Makler“, „Waffenhändler“ und „unerlaubte Herstellung“ in den Wortlaut von Art. 1 der Richtlinie 91/477 aufgenommen ( 55 ). Art. 1 Nr. 3 ändert Art. 4 der Richtlinie 91/477 durch Harmonisierung der Bestimmungen über die Kennzeichnung von Feuerwaffen, die in Verkehr gebracht werden. Der Kommission wird die Verpflichtung auferlegt, Durchführungsrechtsakte mit technischen Spezifikationen für die Kennzeichnung von Feuerwaffen zu erlassen ( 56 ).

60.

Durch die Bestimmungen in Art. 1 Nr. 6 der Richtlinie 2017/853 wurden die früheren Art. 5 (Erwerb und Besitz von Feuerwaffen) und 6 (Verbot für Feuerwaffen der Kategorie A) der Richtlinie 91/477 vollständig ersetzt. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, über ein Überwachungssystem zu verfügen, mit dem dafür Sorge getragen wird, dass die einzelstaatlich festgelegten Voraussetzungen für eine Genehmigung erfüllt sind und diese zu entziehen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Werden Feuerwaffen der Kategorie A, B oder C über einen Fernabsatzvertrag erworben, sind die Identität des Käufers sowie seine Genehmigung zu überprüfen. Mit dem neuen Art. 6 wird ein allgemeines Verbot des Erwerbs und des Besitzes von Feuerwaffen, wesentlichen Bestandteilen und Munition der Kategorie A eingeführt. Die Mitgliedstaaten können einige begrenzte Ausnahmen gewähren (in Einzelfällen ausnahmsweise und unter hinreichender Begründung). Diese neuen Regelungen betreffen den Schutz der Sicherheit kritischer Infrastruktur, der kommerziellen Schifffahrt und Werttransporte und sensibler Anlagen (sofern dies der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht entgegenstehen würde), bestimmte Genehmigungen für Sammler, Waffenhändler oder Makler im Rahmen ihrer Berufsausbildung, Genehmigungen für Museen und Genehmigungen für Sportschützen. Letztere unterliegen bestimmten Voraussetzungen ( 57 ).

61.

Mit Art. 1 Nr. 7 der Richtlinie 2017/853 wird Art. 7 der Richtlinie 91/477 geändert, der den Erwerb von Feuerwaffen der Kategorie B ohne vorherige Genehmigung untersagt. Seit dem Erlass der Richtlinie 2017/853 werden halbautomatische Feuerwaffen nicht mehr in Kategorie B eingestuft. Sie fallen jetzt in Kategorie A. Mit Art. 1 Nr. 7 Buchst. b wird ein neuer Art. 7 Abs. 4a in die Richtlinie 91/477 eingefügt, der es den Mitgliedstaaten erlaubt, Genehmigungen für halbautomatische Feuerwaffen, die in die Kategorie B eingestuft waren und die vor dem 13. Juni 2017 (Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie 2017/853) rechtmäßig erworben und eingetragen wurden, zu bestätigen, zu erneuern oder zu verlängern.

62.

Art. 1 Nr. 8 der Richtlinie 2017/853 ändert die Bestimmungen der Richtlinie 91/477 für Feuerwaffen der Kategorie C. In Art. 1 Nr. 12 sind die Vorschriften für die Verbringung von Feuerwaffen von einem Mitgliedstaat in einen anderen festgelegt. Art. 1 Nr. 13 legt die Bedingungen fest, unter denen Personen wie etwa Jäger „eine oder mehrere Feuerwaffen bei einer mit Blick auf die Ausübung der jeweiligen Aktivität durchgeführten Reise durch zwei oder mehr Mitgliedstaaten mitführen“ können ( 58 ). Art. 1 Nr. 14 enthält Regelungen für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ( 59 ). Art. 1 Nr. 18 gibt der Kommission auf, einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2017/853 zu übermitteln, der die Bestimmungen dieser Richtlinie im Licht technologischer Entwicklungen wie beispielsweise dem 3D‑Druck analysiert.

63.

Meines Erachtens liegt der Schwerpunkt der normativen Auswirkungen von Art. 1 Nrn. 3, 6, 7, 8, 12 bis 14 und 18 darin, harmonisierte Vorschriften einzuführen, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten nicht einzelne (und somit möglicherweise verschiedene) Maßnahmen ergreifen müssen. Sie sind daher meiner Ansicht nach in erster Linie darauf ausgerichtet, das Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten.

64.

Mit Art. 1 Nr. 19 wird Anhang I der Richtlinie 91/477 geändert. Zu den für den vorliegenden Fall wichtigsten Änderungen gehört die Aufnahme von automatischen Feuerwaffen, die zu halbautomatischen Feuerwaffen, halbautomatischen Zentralfeuerwaffen und halbautomatischen Langwaffen umgebaut wurden, in die Kategorie A. Wie bereits ausgeführt, wechseln bestimmte halbautomatische Waffen von der Kategorie B in die Kategorie A, deaktivierte Waffen sind nun in die Kategorie C eingestuft, und die Definition von Feuerwaffen, die vom Anwendungsbereich der Richtlinie 91/477 ausgenommen sind, wurde geändert ( 60 ).

65.

Aus einer Analyse dieser Bestimmungen und dem allgemeinen Inhalt der Richtlinie 2017/853 ergibt sich aus meiner Sicht, dass sich das Gleichgewicht, das die Richtlinie 91/477 zwischen dem Funktionieren des Binnenmarkts einerseits und dem Schutz der öffentlichen Sicherheit andererseits herstellt, insgesamt nicht grundlegend verändert hat. Die Tatsache, dass die Kommission in ihrem Vorschlag feststellt, dass ihr die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen ein zentrales Anliegen sei und dass sie die Todesopfer der am 13. November 2015 in Paris verübten terroristischen Anschläge erwähnt, sowie die Tatsache, dass bestimmte Erwägungsgründe das Ziel der öffentlichen Sicherheit hervorheben, stehen dieser Schlussfolgerung nicht entgegen. Letztlich geht es um die rechtlichen Wirkungen der Richtlinie 2017/853.

66.

Hinzuzufügen ist, dass nach ständiger Rechtsprechung die Bekämpfung des internationalen Terrorismus zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung darstellt. Das Gleiche gilt für die Bekämpfung schwerer Kriminalität zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ( 61 ). Beide Elemente fallen klar in den Geltungsbereich von Art. 114 AEUV.

67.

Als Erstes (ein offensichtlicher Punkt): Feuerwaffen sind per se gefährliche Waren. Sie geben nicht nur ihren Nutzern, sondern auch der breiten Öffentlichkeit Anlass zu Sicherheitsbedenken. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber Verpflichtungen im Hinblick auf Kennzeichnung und Genehmigung in Verbindung mit Bestimmungen eingeführt, die den Besitz und den Erwerb solcher Waffen beschränken ( 62 ). Die Richtlinie 2017/853 enthält grundsätzlich klassische Maßnahmen zur Förderung der Errichtung des Binnenmarkts, wo es erforderlich ist, Waren (aufgrund von Sicherheitsbedenken) Beschränkungen zu unterwerfen, um die Einführung von Grenzkontrollen zu vermeiden und den freien Verkehr von Waren und Personen zu fördern ( 63 ). Daher weise ich das Argument Polens, dass Feuerwaffen keine gefährlichen Waren im Sinne des Unionsrechts seien, mit Nachdruck zurück.

68.

Als Zweites ist die Beseitigung physischer Barrieren für den freien Warenverkehr ein zentraler Aspekt bei der Errichtung des Binnenmarkts; sichtbarstes Beispiel für solche Barrieren waren die Zollstellen an Grenzübergängen ( 64 ). Die Sicherheit der Unionsbürgerinnen und ‑bürger, die der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ausgesetzt sind, hängt unmittelbar mit dem Verkehr von per se gefährlichen Waren wie Feuerwaffen im Gebiet der 28 Mitgliedstaaten (512,6 Mio. Einwohner) zusammen. Nach den terroristischen Anschlägen in Paris im Januar 2015 nahmen die Unionsinnen- und/oder ‑justizminister die „Erklärung von Paris“ an, in der sie ihre Verpflichtung bekräftigten, die illegale Lieferung von Feuerwaffen in ganz Europa einzudämmen. Daraufhin nahm die Kommission die Europäische Sicherheitsagenda an, um auf europäischer Ebene eine wirksame und abgestimmte Reaktion auf Sicherheitsbedrohungen zu gewährleisten ( 65 ). Die Europäische Sicherheitsagenda hob auch hervor, dass Unterschiede in den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften wirksame Kontrollen und die polizeiliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union behindern. Meines Erachtens hätten unterschiedliche nationale Maßnahmen den freien Warenverkehr in diesem Zusammenhang behindert. Der Unionsgesetzgeber musste handeln, um auf Unionsebene das Gleichgewicht zwischen dem freien Warenverkehr und der öffentlichen Sicherheit anzupassen ( 66 ). Gerade weil die Richtlinie 2017/853 die Kontrolle von Feuerwaffen weiter harmonisiert, ergänzt sie die in der Richtlinie 91/477 enthaltenen Bestimmungen zur Förderung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten und verringert damit die Notwendigkeit, dass die Mitgliedstaaten einzeln handeln ( 67 ).

69.

Als Drittes stellt die Verpflichtung der Kommission nach Art. 1 Nr. 3 der Richtlinie 2017/853, Durchführungsrechtsakte mit technischen Spezifikationen zu erlassen, eine solche vertrauensfördernde Maßnahme dar. Die Harmonisierung technischer Handelshemmnisse (wozu technische Spezifikationen gehören) ist ein seit Langem etabliertes Ziel des Binnenmarkts ( 68 ). Die Aufnahme einer neuen Bestimmung in die Richtlinie 91/477 zur Regelung von Fernabsatzverträgen ist ein weiteres Beispiel dafür, wie die Richtlinie 2017/853 den Handel im Binnenmarkt regelt ( 69 ).

70.

Als Viertes sieht die Richtlinie 2017/853 vor, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern, um die Verbringung von Feuerwaffen zwischen Mitgliedstaaten im Binnenmarkt zu überwachen und Informationen darüber auszutauschen ( 70 ).

71.

Letztlich lässt sich bei zutreffender Auslegung nicht sagen, dass durch den Inhalt der Richtlinie 2017/853 eine Harmonisierung der Kriminalprävention im materiellen Sinne stattfindet.

72.

Das Parlament und der Rat haben in der mündlichen Verhandlung erklärt (und die Praxis bestätigt dies auch), es sei übliche Unionsrechtsetzungspraxis, dass der Text des Änderungsrechtsakts so abgefasst werde, dass deutlich gemacht werde, dass er in die Bestimmungen des zu ändernden Rechtsakts eingefügt werde oder diese ersetze ( 71 ). Daher werden die Erklärungen in den Erwägungsgründen der älteren Maßnahme (Richtlinie 91/477) in der Begründung der Richtlinie 2017/853 nicht wiederholt, obwohl diese Erklärungen gleichermaßen für diesen Rechtsakt gelten. Ich füge bei dieser Gelegenheit hinzu, dass es hilfreich für diejenigen sein könnte, die Änderungsgesetze lesen, wenn gleichwohl eine kurze Erklärung in die Erwägungsgründe aufgenommen würde, in der bestätigt wird, dass die Begründung für den ursprünglichen Rechtsakt unverändert bleibt und sie gleichermaßen für den Änderungsrechtsakt gilt, da dies in der derzeitigen Praxis nicht der Fall zu sein scheint.

73.

Ungarn und Polen machen geltend, dass es nicht notwendig sei, bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Richtlinie 2017/853 die Ziele der Richtlinie 91/477 zu prüfen. Sie äußern Bedenken, dass ein solcher Ansatz zu einer ungerechtfertigten Ausweitung des nach Art. 114 AEUV gewährten gesetzgeberischen Ermessens führen könnte.

74.

Der angefochtene Rechtsakt ist die Richtlinie 2017/853. Daraus folgt, dass bei der Prüfung, ob diese Maßnahme ultra vires erlassen wurde, der Schwerpunkt der gerichtlichen Kontrolle auf der Richtlinie 2017/853 und ihren rechtlichen Wirkungen liegen muss. Allerdings ist auch klar, dass mit der Richtlinie 2017/853 die Richtlinie 91/477 geändert wird, und in den Erwägungsgründen legt nichts den Schluss nahe, dass mit ihr die Binnenmarktziele der älteren Richtlinie beseitigt werden sollten. Ich hielte es daher für künstlich, die Änderungsrichtlinie so zu beurteilen, als ob der geänderte Rechtsakt gar nicht existierte ( 72 ).

75.

Insgesamt bin ich der Auffassung, dass der Unionsgesetzgeber in der Richtlinie 2017/853 Maßnahmen festgelegt hat, die im Ergebnis in ausgewogener Weise die Ziele des Binnenmarkts fördern und gleichzeitig der Notwendigkeit Rechnung tragen, die öffentliche Sicherheit zu verbessern.

76.

Ich komme daher zu dem Schluss, dass der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum zweiten Klagegrund: Verhältnismäßigkeit

77.

Der zweite Klagegrund der Tschechischen Republik besteht aus zwei Teilen. Erstens rügt sie, dass der Unionsgesetzgeber beim Erlass der Richtlinie 2017/853 die Frage der Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Maßnahmen überhaupt nicht geprüft habe und bewusst nicht genügend Informationen ermittelt habe (beispielsweise mittels Durchführung einer Folgenabschätzung), um die Einhaltung dieses unionsrechtlichen Grundsatzes fundiert beurteilen zu können. Zweitens habe der Unionsgesetzgeber offenkundig unverhältnismäßige Maßnahmen erlassen, die Folgendes umfassten: i) das Verbot bestimmter Arten halbautomatischer Waffen, die nicht für die Begehung terroristischer Handlungen im Jahr 2015 verwendet worden seien, ii) strengere Regulierung bestimmter minimal gefährlicher Waffen (historische Nachbauten oder Waffen, die nachweislich endgültig deaktiviert wurden), und iii) Beschränkungen für den Besitz bestimmter Magazine.

Zum ersten Teil

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

78.

Die Tschechische Republik macht geltend, dass das weite Ermessen, über das der Unionsgesetzgeber verfügt, nicht unbegrenzt sei. Er habe im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens nicht über die notwendigen Informationen verfügt, um die Verhältnismäßigkeit der Richtlinie 2017/853 zu beurteilen. Grundsätzlich sei der Gesetzgeber verpflichtet, eine Folgenabschätzung (oder eine gleichwertige Studie) durchzuführen. Das Fehlen einer solchen Folgenabschätzung habe dazu geführt, dass keine Analyse des durch die Richtlinie 2017/853 verursachten Eingriffs in das Eigentumsrecht jener Personen erfolgt sei, die Eigentümer von Feuerwaffen seien und diese besäßen. In den verschiedenen Studien und Berichten, die von der Kommission in ihrem Vorschlag erwähnt würden, seien keine ausreichenden Informationen vorgelegt worden, die einen Zusammenhang zwischen dem legalen Besitz von Waffen für die zivile Nutzung und der missbräuchlichen Verwendung solcher Waffen für kriminelle Zwecke oder Terrorismus belegten.

79.

Ungarn macht geltend, dass die Interinstitutionelle Vereinbarung für die drei Unionsorgane rechtlich bindend sei. In diesem Zusammenhang habe die Kommission ihre Verpflichtung zur Erstellung einer Folgenabschätzung in Bezug auf ihren Vorschlag für die Richtlinie 2017/853 nicht erfüllt. Außerdem seien einige Bestimmungen dieser Richtlinie unverhältnismäßig. Dazu gehöre Art. 1 Nr. 3, mit dem Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 91/477 durch die Einführung von Anforderungen dahin gehend geändert werde, dass alle Angaben zu den Feuerwaffen erfasst würden, die zur Nachverfolgung und Identifizierung dieser Waren notwendig seien. Nach dieser Änderung dürften die zuständigen Behörden Aufzeichnungen über Feuerwaffen und ihre wesentlichen Bestandteile einschließlich der zugehörigen personenbezogenen Daten 30 Jahre lang aufbewahren. Auf diese Aufzeichnungen könne für einen Zeitraum von zehn Jahren oder im Falle der Verhütung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung über einen Zeitraum von 30 Jahren nach der Vernichtung von Feuerwaffen und ihren wesentlichen Bestandteilen zugegriffen werden. Der frühere Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 91/477 habe eine solche Bestimmung nicht vorgesehen: Er habe den zuständigen Behörden lediglich gestattet, Daten in einem Waffenregister für 20 Jahre zu registrieren und zu speichern.

80.

Polen fügt hinzu, dass die Interinstitutionelle Vereinbarung sowohl verbindliche als auch unverbindliche Bestimmungen enthalte. In der Regel sollte vorbehaltlich der in jener Vereinbarung festgelegten, in Fällen von Dringlichkeit geltenden Ausnahmeregelung eine Folgenabschätzung durchgeführt werden.

81.

Das Parlament, der Rat und die Kommission sind der Ansicht, dass die Interinstitutionelle Vereinbarung keine rechtliche Verpflichtung enthalte, während des Unionsrechtsetzungsverfahrens eine Folgenabschätzung durchzuführen. Ziel der Richtlinie 2017/853 sei es, ein angemessenes neues Gleichgewicht zwischen dem freien Verkehr bestimmter Feuerwaffen und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit herzustellen. Der Gerichtshof müsse die Feststellung, ob die Richtlinie 2017/853 mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sei, an dem Kriterium ausrichten, ob die mit ihr eingeführten Beschränkungen in Bezug auf den verfolgten Zweck offensichtlich ungeeignet seien.

Zulässigkeit

82.

Ich stimme dem Parlament und dem Rat zu, dass Ungarns Argument, dass die Richtlinie 2017/853 insoweit unverhältnismäßig sei, als durch deren Art. 1 Nr. 3 Art. 4 der Richtlinie 91/477 geändert werde, unzulässig ist. Gemäß Art. 129 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs kann die Streithilfe nur die völlige oder teilweise Unterstützung der Anträge zum Gegenstand haben. Ferner muss der Streithelfer nach Art. 129 Abs. 3 der Verfahrensordnung den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zum Zeitpunkt des Streitbeitritts befindet.

83.

Im vorliegenden Fall hat die Tschechische Republik Art. 1 Nr. 3 der Richtlinie 2017/853 nicht in ihren Antrag aufgenommen ( 73 ). Daher komme ich zu dem Schluss, dass die Ausführungen Ungarns in Bezug auf Art. 1 Nr. 3 der Richtlinie 2017/853 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzulässig sind und werde sie nicht weiter prüfen.

Zur Beantwortung der Fragen

84.

Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (einer der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts), dass die von einer Bestimmung des Unionsrechts eingesetzten Mittel zur Erreichung der verfolgten Ziele geeignet sind und nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen. Im Rahmen der Wahrnehmung der ihm nach den Verträgen übertragenen Kontrollfunktion hat der Gerichtshof dem Unionsgesetzgeber ein weites Ermessen in Bereichen zugebilligt, in denen seine Tätigkeit komplexe Beurteilungen politischer, wirtschaftlicher oder sozialer Entscheidungen verlangt ( 74 ). Somit ist das anzuwendende Kriterium nicht etwa, ob die in diesem Bereich erlassene Maßnahme die einzige oder die bestmögliche Maßnahme war, da ihre Rechtmäßigkeit nur beeinträchtigt sein kann, wenn die Maßnahme mit Blick auf die von dem zuständigen Organ oder den zuständigen Organen verfolgten Ziele offensichtlich ungeeignet war ( 75 ).

85.

Zwar verfügt der Unionsgesetzgeber über ein weites Ermessen, doch ist er verpflichtet, seine Entscheidung auf objektive Kriterien zu stützen. Außerdem muss er bei der Beurteilung der mit verschiedenen möglichen Maßnahmen verbundenen Belastungen prüfen, ob die mit der gewählten Maßnahme angestrebten Ziele sogar entstehende negative persönliche, soziale oder wirtschaftliche Folgen für bestimmte Personen rechtfertigen können, die infolge dieser Maßnahmen entstehen ( 76 ).

86.

Aus dem Standpunkt, den ich in Bezug auf den ersten Klagegrund geäußert habe, folgt, dass die Richtlinie 2017/853 legitime Ziele verfolgt ( 77 ). Die eigentliche Frage in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit besteht also darin, ob die getroffenen Maßnahmen geeignet und notwendig sind, um das Funktionieren des Binnenmarkts zu erreichen und gleichzeitig ein erklärtes Ziel von allgemeinem Interesse verfolgen (hier die Bekämpfung des Terrorismus zur Wahrung des Friedens und der Sicherheit).

87.

Feuerwaffen sind per se gefährlich. Der Unionsgesetzgeber hat daher beschlossen, den gesamten Lebenszyklus einer Waffe zu regeln, von Produktion, Handel, Eigentum und Besitz bis hin zu Deaktivierung und Vernichtung ( 78 ).

88.

Die Tschechische Republik trägt zutreffend vor, dass die Unionsorgane, auch wenn der Raum für eine gerichtliche Überprüfung in diesem Fall nur begrenzt sei, nachweisen können müssten, dass sie ihr Ermessen beim Erlass der Richtlinie 2017/853 auch tatsächlich ausgeübt haben. Dies wiederum erfordert, dass sie alle relevanten Faktoren und Umstände im Zusammenhang mit der Situation hätten berücksichtigen müssen, die durch die neue gesetzgeberische Maßnahme geregelt werden sollte. Daraus folgt, dass die Organe mindestens in der Lage sein müssen, die wesentlichen Tatsachen, die als Grundlage der Richtlinie 2017/853 berücksichtigt werden mussten, klar und eindeutig zu benennen und darzulegen.

89.

Im Rahmen der richterlichen Kontrolle ist es meines Erachtens nicht erforderlich, dass der Gerichtshof eine eigene Prüfung dahin vornimmt, ob bestimmte Feuerwaffen, deren Kontrolle die Richtlinie 2017/853 verschärft, tatsächlich bei den terroristischen Anschlägen von 2015 verwendet wurden und ob diese Waffen genauso gefährlich sind wie die drei Organe behaupten. Maßstab für die Bewertung sind vielmehr die erklärten Ziele der Richtlinie 2017/853 – der Maßnahme, deren Gültigkeit angefochten wird (und nicht Richtlinie 91/477).

90.

Ein Novum im vorliegenden Fall ist, dass der Unionsgesetzgeber beim Erlass der Richtlinie 2017/853 auf eine Folgenabschätzung verzichtet hat. Normalerweise können sich die Unionsorgane auf eine solche Folgenabschätzung berufen, um nachzuweisen, dass die getroffenen Maßnahmen geeignet und notwendig sind. Vorliegend ist das logischerweise nicht möglich.

91.

Folgt daraus automatisch, dass die durch die Richtlinie 2017/853 eingeführten Maßnahmen für nichtig zu erklären sind, weil die drei Organe keine Folgenabschätzung gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung durchgeführt haben?

92.

Meiner Ansicht nach ist das nicht der Fall.

93.

Die Interinstitutionelle Vereinbarung wurde auf der Grundlage von Art. 295 AEUV angenommen, der vorsieht, dass die drei Organe sich beraten und einvernehmlich die Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit regeln. Zu diesem Zweck können sie interinstitutionelle Vereinbarungen treffen, die bindend sein können ( 79 ). Ob die hier in Rede stehende Interinstitutionelle Vereinbarung bindend ist, bestimmt sich nach dem Wortlaut und dem Kontext dieser Vereinbarung. Der Gerichtshof hat entschieden, dass Kooperationsabsprachen zwischen dem Rat und der Kommission in der Vergangenheit zu verpflichtenden Zusagen geführt haben ( 80 ). Meines Erachtens wollten sich die drei Organe in Bezug auf die Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung in der Tat gegenseitig binden ( 81 ). Jedoch folgt daraus meiner Meinung nach nicht unbedingt, dass die Interinstitutionelle Vereinbarung eine bindende Verpflichtung einführt, in jedem einzelnen Fall eine Folgenabschätzung durchzuführen.

94.

Die Vorschriften für Folgenabschätzungen sind in Abschnitt III („Instrumente für eine bessere Rechtsetzung“) der Interinstitutionellen Vereinbarung festgelegt. In Nr. 12 Abs. 2 heißt es: „Folgenabschätzungen stellen ein Instrument dar, das den drei Organen dabei hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen, und sind kein Ersatz für politische Entscheidungen im demokratischen Entscheidungsprozess. Folgenabschätzungen dürfen weder zu unnötigen Verzögerungen im Rechtsetzungsverfahren führen, noch dürfen sie die Fähigkeit der Mitgesetzgeber, Änderungen vorzuschlagen, beeinträchtigen.“ Nr. 13 lautet: „Die Kommission wird ihre Gesetzgebungsinitiativen und Initiativen ohne Gesetzgebungscharakter, delegierten Rechtsakte und Durchführungsmaßnahmen, bei denen mit erheblichen wirtschaftlichen, ökologischen oder sozialen Auswirkungen zu rechnen ist, einer Folgenabschätzung unterziehen. Die im Arbeitsprogramm der Kommission oder in der gemeinsamen Erklärung aufgeführten Initiativen werden generell von einer Folgenabschätzung begleitet.“ (Im Umkehrschluss folgt, dass Rechtsetzungsinitiativen, bei denen nicht„mit erheblichen wirtschaftlichen, ökologischen oder sozialen Auswirkungen zu rechnen ist“, nicht von einer Folgenabschätzung begleitet werden müssen – natürlich kann darüber gestritten werden, wo genau die Grenze zwischen den beiden Kategorien zu ziehen wäre.)

95.

Nach Nr. 14 „werden [das Europäische Parlament und der Rat] bei der Prüfung der Gesetzgebungsvorschläge der Kommission in vollem Umfang die Folgenabschätzungen der Kommission berücksichtigen. Zu diesem Zweck werden die Folgenabschätzungen so dargelegt, dass das Europäische Parlament und der Rat die Entscheidungen der Kommission leichter prüfen können“. Wenn das Europäische Parlament und der Rat wesentliche Abänderungen am Kommissionsvorschlag vornehmen, können sie Folgenabschätzungen durchführen, wenn sie dies für zweckmäßig und erforderlich halten (Nr. 15) ( 82 ).

96.

Die Bestimmungen der Interinstitutionellen Vereinbarung sind im Hinblick auf Folgenabschätzungen also nicht zwingend. Weder das Wort „werden“ noch das Wort „müssen“, die eine Verpflichtung zur Durchführung einer Folgenabschätzung in jedem Einzelfall begründen würden, werden verwendet. Natürlich sind Folgenabschätzungen ein wichtiges und nützliches Instrument im Prozess der „besseren Rechtsetzung“. Sie erleichtern den Prozess einer gut begründeten und transparenten Rechtsetzung. Aus der Interinstitutionellen Vereinbarung geht jedoch nicht hervor, dass Folgenabschätzungen unter allen Umständen Voraussetzung dafür sind, Rechtsvorschriften vorschlagen oder zu erlassen zu dürfen.

97.

Es kann daher nicht richtig sein, dass der Unionsgesetzgeber ohne eine Folgenabschätzung nicht handeln kann. Eine solch enge Auslegung der Interinstitutionellen Vereinbarung würde eine ungerechtfertigte Einschränkung des dem Gesetzgeber durch die Verträge eingeräumten Ermessens darstellen. Dadurch würde es unmöglich gemacht, gesetzgeberisch tätig zu werden, auch wenn den Umständen nach eindeutig ein dringender Handlungsbedarf besteht ( 83 ). Hinzuzufügen ist, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass das Parlament und der Rat durch eine Folgenabschätzung nicht gebunden sind ( 84 ).

98.

Folglich bin ich nicht der Ansicht, dass das Fehlen einer Folgenabschätzung automatisch dazu führt, dass Unionsvorschriften ungültig sind.

99.

Vielmehr kommen die drei Organe gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung überein, dass beim Vorschlag und/oder Erlass von Unionsvorschriften die Durchführung einer Folgenabschätzung ein zu erwartender (oder normaler) Schritt im Gesetzgebungsprozess ist. Wird dieser Schritt ausgelassen, ergeben sich zwei Fragen in Bezug auf die verfahrens- und materiell-rechtlichen Folgen, da das Fehlen einer Folgenabschätzung die Aufgabe der Unionsorgane im Falle einer Anfechtung erheblich erschwert. Erstens müssen sie nachweisen, dass gute Gründe dafür vorliegen, dass sie nicht den üblichen Regeln gefolgt sind und keine Folgenabschätzung durchgeführt haben. Zweitens müssen sie sich auf andere Materialien stützen, um der richterlichen Kontrolle durch den Gerichtshof standzuhalten ( 85 ).

100.

Was die erste Voraussetzung betrifft, so können die Organe gemäß Nr. 12 Abs. 2 der Interinstitutionellen Vereinbarung in dringenden Fällen von einer Folgenabschätzung absehen. In der Begründung des Vorschlags für die Richtlinie 2017/853 erklärte die Kommission ausdrücklich, dass, „da der Vorschlag vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse dringlich ist, … er ohne eine entsprechende Folgenabschätzung unterbreitet [wird]“ ( 86 ). Auf der Grundlage des dem Gerichtshof vorliegenden Materials sehe ich keinen Grund, dieser Aussage etwas entgegenzusetzen. Daher halte ich die erste Voraussetzung für erfüllt.

101.

Was die zweite Voraussetzung betrifft, so verweisen die drei Organe auf verschiedene Berichte und Studien, die angeblich zeigten, dass die Richtlinie sowohl geeignet als auch erforderlich sei ( 87 ). Art. 17 der Richtlinie 91/477 hatte der Kommission bereits die Verpflichtung auferlegt, regelmäßig über die Anwendung dieser Richtlinie zu berichten ( 88 ). Bestimmte von den Organen zitierte Berichte wurden aufgrund dieser Verpflichtungen erstellt. Da es sich bei der Richtlinie 2017/853 um einen Änderungsrechtsakt handelt, fällt sie unter die Initiative „Bessere Rechtsetzung“, die als „REFIT“ bekannt ist (Programm der Kommission zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung, in dem untersucht wird, welches die beste Vorgehensweise bei der Änderung von Unionsvorschriften ist). Vor dem Erlass der Richtlinie 2017/853 wurden daher mehrere Berichte über die Anwendung der Richtlinie 91/477 erstellt ( 89 ).

102.

In den Erwägungsgründen der Richtlinie 2017/853 wird auf das allgemeine Ziel hingewiesen, ein Gleichgewicht zwischen dem freien Verkehr und der Notwendigkeit herzustellen, diesen freien Verkehr durch Sicherheitsvorkehrungen einzuschränken, die speziell für gefährliche und langlebige Waren gelten, die missbräuchlich für kriminelle Zwecke verwendet werden können ( 90 ). In Anbetracht dieser Zielsetzung bin ich der Auffassung, dass die erlassenen Maßnahmen, soweit die Richtlinie 2017/853 die Kontrollen im Hinblick auf das Inverkehrbringen von Feuerwaffen, den Erwerb und Besitz von Feuerwaffen, die Vorschriften zur Kennzeichnung und Nachverfolgung, die Regelungen zur Einteilung von Feuerwaffen, die Regelungen für die Deaktivierung von Feuerwaffen und die Verbringung solcher Waren zwischen den Mitgliedstaaten verschärft, geeignet sind und nicht über das hinausgehen, was zur Verwirklichung dieses Ziels erforderlich ist. Der Gesetzgeber hat keine Kategorie von Feuerwaffen vollständig verboten. Selbst das allgemeine Verbot von Feuerwaffen der Kategorie A (die vom Gesetzgeber als die gefährlichsten angesehen werden) unterliegt Ausnahmen. Darüber hinaus zeigen die vorbereitenden Materialien, dass die Kommission im Rahmen der Ausarbeitung ihres Vorschlags bei der Konzeption der in Rede stehenden Maßnahmen den Binnenmarktzielen und den Sicherheitserfordernissen Rechnung trug ( 91 ).

103.

Das Vorbringen, der Unionsgesetzgeber habe im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht die Frage geprüft, ob die Richtlinie 2017/853 verhältnismäßig sei, ist daher meines Erachtens zurückzuweisen. An diesem Ergebnis ändert auch die Behauptung nichts, dass die Richtlinie 2017/853 einen ungerechtfertigten Eingriff in das Eigentumsrecht der Personen darstelle, die Feuerwaffen besitzen.

104.

Erstens werden durch die Richtlinie 2017/853 nicht alle zivilen Feuerwaffen, die rechtmäßig besessen werden, eingezogen. Es wird lediglich die Kontrolle solcher Waffen verschärft. Die Richtlinie 2017/853 soll dem Einzelnen also nicht das Recht auf Eigentum (hier, Schusswaffen) entziehen. Am Rande möchte ich darauf hinweisen, dass das Unionsrecht weder ein Grundrecht auf den Besitz von Waffen kennt, noch ein solches Recht Bestandteil der „gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten“ ist. Zweitens ist das in Art. 17 der Charta verankerte Eigentumsrecht einschränkbar ( 92 ). Neben dem Schutz des Eigentumsrechts sieht dieser Artikel vor, dass Personen ihr Eigentum aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, entzogen werden kann. Soweit die Richtlinie 2017/853 vorsieht, dass Feuerwaffen, die unter Verstoß gegen bestimmte Bestimmungen der Richtlinie besessen werden, zu beschlagnahmen sind, sind diese Bedingungen meines Erachtens vollständig erfüllt. Ich werde die einzelnen von der Tschechischen Republik angefochtenen Bestimmungen nachstehend prüfen ( 93 ).

105.

Daher bin ich der Auffassung, dass der erste Teil des zweiten Klagegrundes scheitern muss.

Zum zweiten Teil

106.

Hilfsweise beantragt die Tschechische Republik, bestimmte in Art. 1 Nrn. 6, 7 und 19 der Richtlinie 2017/853 niedergelegte Bestimmungen für nichtig zu erklären ( 94 ).

107.

Sie hält Art. 1 Nr. 6 insofern für ungültig, als er Art. 5 Abs. 3 und Art. 6 Abs. 6 Unterabs. 2 in die Richtlinie 91/477 einfügt. Art. 5 Abs. 3 enthalte Regeln für den Entzug der Genehmigung zum Erwerb und Besitz von Feuerwaffen der Kategorie B, wenn die betroffene Person, der die Genehmigung erteilt wurde, sich im Besitz einer Ladevorrichtung befindet, die an halbautomatische Zentralfeuerwaffen oder Repetierwaffen montiert werden kann und mehr als 20 Patronen aufnehmen kann (oder im Fall von Langfeuerwaffen mehr als zehn Patronen aufnehmen kann). Diese Bestimmung unterliege den Ausnahmen in Art. 6 und Art. 7 Abs. 4a der Richtlinie 91/477 in geänderter Fassung.

108.

Der Zweck von Art. 5 Abs. 3 in geänderter Fassung wird im 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2017/853 erläutert. In diesem Erwägungsgrund heißt es, dass „bestimmte halbautomatische Feuerwaffen sehr gefährlich sein [können], wenn sie über eine hohe Munitionskapazität verfügen“. In der ersten Lesung im Parlament wurde dem Vorschlag der Kommission ein neuer Text hinzugefügt, der vorsieht, dass die Genehmigung für den Erwerb und den Besitz von Feuerwaffen zu entziehen ist, wenn die in Art. 5 genannten Bedingungen nicht erfüllt sind (im Wesentlichen musste der Besitzer mindestens 18 Jahre alt sein und nachweisen, dass er keine Gefahr für sich selbst oder die Öffentlichkeit darstellte). Der Text wurde abgeändert, um eine Lücke im Vorschlag der Kommission zu schließen, die im Laufe der Verhandlungen im Rat bemerkt worden war ( 95 ). Der Wortlaut des 23. Erwägungsgrundes wurde nach Abschluss des Vermittlungsverfahrens zwischen den drei Organen eingefügt. Während der 23. Erwägungsgrund zweifellos Sicherheitsbedenken anspricht, sind diese Fragen unweigerlich mit Erwägungen im Zusammenhang mit dem Funktionieren des Binnenmarkts verbunden ( 96 ), so z. B. dem Ziel, die Richtlinie 91/477 zu präzisieren, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten keine unterschiedlichen Vorschriften anwenden. Im Licht dieser Faktoren war die Einführung strengerer Vorschriften für Feuerwaffen der Kategorie B geeignet, dieses Ziel zu erreichen.

109.

Gemäß Art. 6 der Richtlinie 91/477 in der durch Art. 1 Nr. 6 der Richtlinie 2017/853 geänderten Fassung dürfen die Mitgliedstaaten Sportschützen gestatten, bestimmte halbautomatische Feuerwaffen zu erwerben und zu besitzen. Art. 6 Abs. 6 Unterabs. 2 sieht eine besondere Ausnahme für Mitgliedstaaten vor, in denen allgemeine Wehrpflicht herrscht und in denen seit über 50 Jahren ein System der Weitergabe militärischer Feuerwaffen an ehemalige Militärangehörige besteht. Unter diesen Umständen kann der betreffende Mitgliedstaat solchen Personen – sofern sie auch „Sportschützen“ sind – die Genehmigung erteilen, eine während des Wehrdienstes benutzte Feuerwaffe zu behalten. Es steht fest, dass das einzige Land, das diese Kriterien erfüllt, die Schweiz ist ( 97 ).

110.

Diese Bestimmung wurde im Laufe der Verhandlungen im Rat eingefügt. Sie ist im Licht der allgemeineren Ausnahme vom Verbot in Bezug auf Feuerwaffen der Kategorie A in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 91/477 (in geänderter Fassung) zu lesen, die es den zuständigen Behörden gestattet, in bestimmten Situationen Genehmigungen zu erteilen, „sofern dies der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht entgegensteht“. Es wurde befunden, dass auch für Armeereservisten besondere Bestimmungen vorgesehen werden sollten, da diese Länder ein System haben, um zu kontrollieren, dass Personen, die Feuerwaffen der Kategorie A besitzen, keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen ( 98 ).

111.

Aus diesem Grund hat der Unionsgesetzgeber meines Erachtens die einschlägigen faktischen, sozialen und kulturellen Erwägungen berücksichtigt, um festzustellen, ob besondere Bestimmungen für Armeereservisten vorgesehen werden sollten und hat dementsprechend geeignete Maßnahmen erlassen, um sicherzustellen, dass ein Gleichgewicht zwischen dem Ziel, das Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern und dem Ziel, ein hohes Maß an öffentlicher Sicherheit zu gewährleisten, geschaffen wird.

112.

Art. 7 der Richtlinie 91/477 verbietet den Erwerb von Feuerwaffen der Kategorie B ohne Genehmigung durch die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats. Vor den durch die Richtlinie 2017/853 eingeführten Änderungen umfassten Waffen der Kategorie B halbautomatische Waffen. Durch diese Richtlinie wurde das geändert. Halbautomatische Waffen wurden als verbotene Feuerwaffen reklassifiziert und fallen nun unter Kategorie A (zu der auch zu halbautomatischen Waffen umgebaute automatische Feuerwaffen gehören).

113.

Während der Verhandlungen im Rat berücksichtigte der Vorsitz die Tatsache, dass viele Mitgliedstaaten den Kategoriewechsel für halbautomatische Feuerwaffen ablehnten ( 99 ). Daher wurde am 8. Juni 2016 ein überarbeiteter Text vorgeschlagen, der es den Mitgliedstaaten erlaubte, eine Genehmigung für eine Feuerwaffe zu erneuern, die zuvor in die Kategorie B eingeteilt war und zur Kategorie A gehörte. Dieser Text wurde weiter überarbeitet und in den Text der Richtlinie 2017/853 aufgenommen. So wird mit dem geltenden Art. 1 Nr. 7 der Richtlinie 2017/853 Art. 7 der Richtlinie 91/477 geändert, indem u. a. Art. 7 Abs. 4a eingefügt wird, der es den Mitgliedstaaten im Wesentlichen ermöglicht, Genehmigungen für halbautomatische Waffen, die zuvor in die Kategorie B eingestuft waren und die vor dem 13. Juni 2017 rechtmäßig erworben und eingetragen wurden, zu bestätigen, zu erneuern oder zu verlängern.

114.

Vor diesem Hintergrund hat der Unionsgesetzgeber meines Erachtens die maßgeblichen Umstände insofern angemessen berücksichtigt, als er den jetzigen Art. 7 Abs. 4a eingeführt hat. Mit dem Erlass dieser Maßnahme hat der Gesetzgeber die negativen Folgen verringert, die eine Ausweitung des Verbots von Feuerwaffen für den zivilen Gebrauch auf halbautomatische Feuerwaffen hat. Er gestattete es rechtmäßigen Besitzern solcher Waffen, die sie vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2017/853 erworben hatten, sie vorbehaltlich der Kontrolle der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu behalten. Aus meiner Sicht entspricht diese Lösung nicht nur dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sondern achtet auch das damit in Zusammenhang stehende Subsidiaritätsprinzip.

115.

Außerdem beantragt die Tschechische Republik, Art. 1 Nr. 19 der Richtlinie 2017/853 insoweit für nichtig zu erklären, als er die Kontrolle bestimmter Feuerwaffen verschärft. Im Einzelnen werden folgende Regelungen in Frage gestellt: i) Bestimmte halbautomatische Feuerwaffen wechseln in die Kategorie der verbotenen Waffen; ii) die Kategorie B umfasst nun auch kurze Repetierfeuerwaffen, bestimmte halbautomatische Langfeuerwaffen und halbautomatische Kurzfeuerwaffen sowie alle Feuerwaffen der Kategorie C, die für das Abfeuern von Platzpatronen, Reizstoffen, sonstigen aktiven Substanzen oder pyrotechnischer Munition oder in Salutwaffen oder akustische Waffen umgebaut wurden; iii) deaktivierte Feuerwaffen sind nun meldepflichtig (Kategorie C), und iv) deaktivierte Feuerwaffen sind im Sinne der Richtlinie 91/477 nicht mehr von der Definition der Feuerwaffe ausgenommen ( 100 ).

116.

Die Bedenken in Bezug auf halbautomatische Waffen wurden in den vorbereitenden Materialien im Einzelnen dargelegt ( 101 ). Der Vorsitz hat darauf hingewiesen, dass der Vorschlag im Hinblick auf halbautomatische Waffen umstritten gewesen sei. Einerseits könnten solche Waffen sehr gefährlich sein, wenn ihre Kapazität (Anzahl der Patronen) hoch sei und sie leicht in automatische Waffen umgebaut werden können. Andererseits vertraten viele Mitgliedstaaten die Auffassung, dass solche Waffen weiterhin in die Kategorie B fallen sollten. Daher forderte der Vorsitz die Mitgliedstaaten auf, Nachweise zu diesem Aspekt vorzulegen, die während des Gesetzgebungsverfahrens berücksichtigt wurden ( 102 ). In Bezug auf die Änderungen am Geltungsbereich der Kategorie B hatte der Gesetzgeber Zugang zu mehreren Berichten über die Einstufung von Feuerwaffen gemäß der Richtlinie 91/477 und zu den Risiken für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts.

117.

Die Aufnahme von deaktivierten Feuerwaffen in Nr. 6 der Kategorie C und die Änderung der Definition der Feuerwaffe dahin, dass sie solche Waffen umfasst, sind zwei Seiten derselben Medaille, und daher werde ich sie zusammen prüfen. Die Kommission hob das Problem der deaktivierten Feuerwaffen hervor, die wieder schussfähig gemacht werden können ( 103 ). Ein besonderes Problem stellt sich im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts, da die Vertragsstaaten des VN-Protokolls gegen die unerlaubte Herstellung von Feuerwaffen sowie gegen den unerlaubten Handel damit (zu denen die 28 EU-Mitgliedstaaten gehören) nach nationalem Recht eine deaktivierte Feuerwaffe als Feuerwaffe einstufen und auf dieser Grundlage die erforderlichen Maßnahmen ergreifen können. Daher könnten verschiedene Mitgliedstaaten problemlos voneinander abweichende Bestimmungen einführen, wodurch die Ziele des Binnenmarkts beeinträchtigt würden ( 104 ). Darüber hinaus wurden bestimmte spezifische Sicherheitsrisiken ermittelt: der Umbau von Schreckschusswaffen zu voll schussfähigen Waffen, der Umbau von halbautomatischen Waffen zu automatischen Waffen, der Rückbau von deaktivierten Feuerwaffen, das Entfernen der Kennzeichnung und die unrechtmäßige Verwendung von geerbten Feuerwaffen. All diese Tätigkeiten geben Anlass zu Sicherheitsbedenken auf der Ebene der Mitgliedstaaten.

118.

Meines Erachtens hat der Unionsgesetzgeber bei der Formulierung der Änderungsbestimmungen der Richtlinie 2017/853 tatsächlich die relevanten technischen Faktoren und Umstände berücksichtigt, und keine dieser Bestimmungen ist mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet.

119.

Daraus folgt meiner Ansicht nach, dass der zweite Teil des zweiten Klagegrundes gänzlich unfundiert und daher der zweite Klagegrund unbegründet ist.

Zum dritten Klagegrund: Rechtssicherheit

120.

Die Tschechische Republik macht geltend, dass der Unionsgesetzgeber durch die Annahme einiger Bestimmungen der Richtlinie 2017/853 gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen habe. Sie hebt in diesem Zusammenhang folgende Bestimmungen hervor: Art. 1 Nr. 6 (Einfügung von Art. 5 Abs. 3), Art. 1 Nr. 7 Buchst. b (Einfügung von Art. 7 Abs. 4a) und Art. 1 Nr. 19 (Aufnahme von Nr. 7 und Nr. 8 in Anhang I Abschnitt II Kategorie A) ( 105 ). Die Tschechische Republik schreibt den fraglichen Bestimmungen solche materiell-rechtlichen Wirkungen zu, dass, sollte der Gerichtshof entscheiden, sie für nichtig zu erklären, zwangsläufig die gesamte Richtlinie 2017/853 für nichtig zu erklären sei.

121.

Erstens seien die fraglichen Bestimmungen unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nämlich insgesamt unklar. Sie ermöglichten es den betreffenden Personen daher nicht, ihre Rechte und Pflichten eindeutig zu erkennen. Zweitens zwinge der durch die Richtlinie 2017/853 eingeführte Art. 7 Abs. 4a der Richtlinie 91/477 (sogenannte „grandfathering clause“), die Mitgliedstaaten tatsächlich, nationale Rechtsvorschriften zu erlassen, die rückwirkend gelten werden. Dies sei daher auch mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht vereinbar.

122.

Das Parlament und der Rat stimmen der Auslegung der fraglichen Bestimmungen durch die Tschechische Republik nicht zu und sind der Auffassung, dass der dritte Klagegrund zurückzuweisen sei.

123.

Ich bin der gleichen Meinung.

124.

Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet, dass Rechtsvorschriften klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sind, damit sich die Betroffenen bei unter das Unionsrecht fallenden Tatbeständen und Rechtsbeziehungen orientieren können ( 106 ).

125.

Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 91/477 ist im Licht des 23. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2017/853 zu lesen. Dort heißt es im Wesentlichen, dass bestimmte halbautomatische Feuerwaffen sehr gefährlich sein können, wenn sie über eine hohe Munitionskapazität verfügen ( 107 ). Es war dem Unionsgesetzgeber ein Anliegen, sicherzustellen, dass Feuerwaffen, die nicht verboten sind, nicht in deutlich gefährlichere Waffen umgebaut werden. Das Ziel des Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 91/477 in geänderter Fassung besteht somit darin, eine potenzielle Lücke dadurch zu schließen, dass die Genehmigung für solche Feuerwaffen zu entziehen ist, wenn die Person, die zum Erwerb oder Besitz dieser Waffen befugt ist, die Munitionskapazität in der in dieser Bestimmung vorgesehenen Form erhöhen kann ( 108 ). Dieselben Bedenken gelten für halbautomatische Zentralfeuerwaffen und halbautomatische Langfeuerwaffen im Sinne von Anhang I Abschnitt II Nr. 7 und Nr. 8 der Richtlinie 2017/853.

126.

Ich halte den Wortlaut dieser Texte zusammengenommen für hinreichend klar und bestimmt, um den Anforderungen des Grundsatzes der Rechtssicherheit gerecht zu werden.

127.

Weiter trägt die Tschechische Republik im Wesentlichen vor, dass der neue, durch Art. 1 Nr. 7 der Richtlinie 2017/853 eingefügte Art. 7 Abs. 4a der Richtlinie 91/477 nicht mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar sei. Seine Rückwirkung beeinträchtige die Rechte von Personen, die gemäß der Richtlinie 91/477 vor ihrer Änderung durch die Richtlinie 2017/853 rechtmäßig halbautomatische Feuerwaffen für den zivilen Gebrauch erworben und besessen haben. Diese Waffen seien jetzt verboten.

128.

Nach ständiger Rechtsprechung gehört der Grundsatz des Vertrauensschutzes zu den tragenden Grundsätzen der Union und ist Ausfluss des Grundsatzes der Rechtssicherheit ( 109 ). Auf diesen Grundsatz kann sich jeder berufen, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung Zusicherungen dar, die solche Erwartungen wecken können. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine präzisen Zusicherungen gegeben hat ( 110 ).

129.

Meines Erachtens deutet vorliegend nichts auf derartige Zusicherungen hin.

130.

Erstens wurden keine Beweise dafür vorgelegt, dass die Unionsorgane irgendwelche Zusicherungen in Bezug auf die Einstufung von Waffen gegeben hätten, die hätten vermuten lassen, dass halbautomatische Feuerwaffen nicht als verbotene Waffen neu eingestuft würden. Vielmehr weisen die vorbereitenden Materialien für die Richtlinie 2017/853 auf das Gegenteil hin. Die Einstufung von Feuerwaffen in Kategorien war bereits vor der Einführung der Richtlinie 2017/853 seit einiger Zeit und sehr umfassend geprüft worden ( 111 ).

131.

Zweitens ist Art. 7 Abs. 4a im Kontext des Art. 6 der Richtlinie 91/477 in geänderter Fassung zu lesen. Die letztgenannte Bestimmung führt mehrere Ausnahmen vom Verbot von Feuerwaffen der Kategorie A ein ( 112 ). Art. 7 Abs. 4a sieht eine weitere mögliche Ausnahme vor. Sie ermöglicht es den Mitgliedstaaten, Genehmigungen für halbautomatische Waffen, die früher (vor der Änderung) in die Kategorie B eingestuft waren, zu bestätigen, zu erneuern oder zu verlängern. Durch Art. 7 Abs. 4a werden daher die Auswirkungen des Verbots, das sich aus der Änderung der Kategorie ergibt, verringert, indem es den betroffenen Personen unter angemessener Beaufsichtigung gestattet wird, diese Waffen weiterhin zu behalten. Das ist meiner Meinung nach das Gegenteil der Einführung einer rechtswidrigen Rückwirkung. Hinzu kommt, dass Art. 7 Abs. 4a jedenfalls eine Kann-Bestimmung ist. Sollte also ein Mitgliedstaat der Ansicht sein, dass die Umsetzung von Art. 7 Abs. 4a aufgrund bestehender nationaler Vorschriften besondere Herausforderungen mit sich bringen könnte, ist er nicht verpflichtet, Besitzern – nunmehr verbotener – Waffen zu gestatten, in den Genuss dieser Ausnahmeregelung zu kommen.

132.

Drittens hat der Gerichtshof ständig entschieden, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht so weit ausgedehnt werden darf, dass die Anwendung einer neuen Vorschrift auf die künftigen Auswirkungen von Sachverhalten, die unter der Geltung der alten Regelung entstanden sind, schlechthin ausgeschlossen ist ( 113 ).

133.

Ich bin daher der Ansicht, dass der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum vierten Klagegrund: Gleichbehandlung

134.

Mit ihrem letzten Klagegrund macht die Tschechische Republik geltend, die Richtlinie 2017/853 sei ungültig, weil sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Dieses Argument ist darauf gestützt, dass Art. 6 Abs. 6 Unterabs. 2 der Richtlinie 91/477 (in geänderter Fassung) ausdrücklich eine Ausnahme vom Verbot des Gebrauchs von Feuerwaffen der Kategorie A für die Schweiz vorsehe.

135.

Das Parlament und der Rat sind anderer Auffassung.

136.

Ich stimme dem Parlament und dem Rat zu.

137.

Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts besagt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist ( 114 ).

138.

Nach Art. 4 Abs. 2 EUV ist der Unionsgesetzgeber im Rahmen seiner Maßnahmen verpflichtet, sowohl die Gleichheit der Mitgliedstaaten als auch ihre jeweilige nationale Identität zu achten. Genau das wollte der Gesetzgeber meiner Meinung nach mit der „schweizerischen Ausnahmeregelung“ erreichen.

139.

Art. 6 Abs. 6 Unterabs. 1 in der durch die Richtlinie 2017/853 geänderten Fassung bildet den Rahmen für eine allgemeine Ausnahme vom Verbot des Erwerbs und des Besitzes von in Kategorie A Nr. 6 oder 7 eingestuften Feuerwaffen unter angemessenen Umständen ( 115 ). In Art. 6 Abs. 6 Unterabs. 2 ist eine besondere Bestimmung für ein Land vorgesehen, das seit vielen Jahren eine Reservearmee auf der Grundlage einer Wehrpflicht hat. Es steht fest, dass nur die Schweiz diese Voraussetzung erfüllt. Mit dieser Ausnahme soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass ein solcher Staat in der Lage ist, die betreffenden Personen (sowie die Waffen) nachzuverfolgen und zu überwachen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

140.

Jeder Mitgliedstaat befindet sich in einer besonderen Lage. Sie ist je nach Kultur und Tradition unterschiedlich. Ich kann daher der Auffassung, dass die Situationen aller Mitgliedstaaten und der vier Schengen-Staaten (die Schweiz ist einer davon) in jeder Hinsicht automatisch vollkommen vergleichbar sind, nicht zustimmen. Daher vertrete ich die Ansicht, dass Art. 6 Abs. 6 nicht diskriminierend ist.

141.

Ich komme zu dem Schluss, dass der vierte Klagegrund unbegründet ist, und schlage vor, dass der Gerichtshof ihn zurückweist.

Ergebnis

142.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen und unter Anwendung von Art. 138 Abs. 1 und Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs über die Kostentragung schlage ich dem Gerichtshof vor,

die Klage der Tschechischen Republik abzuweisen;

der Tschechischen Republik ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union aufzuerlegen;

der französischen, der ungarischen und der polnischen Regierung sowie der Europäischen Kommission ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Am 14. und 15. Februar 2015 ereigneten sich in Kopenhagen, Dänemark, drei verschiedene Anschläge. Zwei Opfer sowie der Täter wurden getötet, während fünf Polizeibeamte verletzt wurden. Am 13. November 2015 starben 120 Menschen bei einer Reihe koordinierter Terroranschläge, die in Paris, Frankreich, verübt wurden.

( 3 ) COM(2015) 750 final: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen vom 18. November 2015 (im Folgenden: COM[2015] 750).

( 4 ) Richtlinie 91/477/EWG des Rates vom 18. Juni 1991 (ABl. 1991, L 256, S. 51) in der durch die Richtlinie 2008/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 (ABl. 2008, L 179, S. 5) geänderten Fassung.

( 5 ) Parallel dazu stellte die Tschechische Republik am selben Tag gemäß Art. 278 AEUV einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, der auf die Aussetzung der Anwendung der Richtlinie 2017/853 gerichtet war. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 27. Februar 2018, Tschechische Republik/Parlament und Rat (C‑482/17 R, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:119), zurückgewiesen.

( 6 ) Richtlinie über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (ABl. 2017, L 137, S. 22).

( 7 ) ABl. 2010, C 83, S. 391.

( 8 ) Die Erwägungsgründe der Richtlinie 2008/51 verweisen (in den Erwägungsgründen 2 und 3) auch ausdrücklich auf die Richtlinie 91/477, die geändert wurde, nachdem die Europäische Union gemäß dem Beschluss des Rates 2001/748/EG vom 16. Oktober 2001 (ABl. 2001, L 280, S. 5) beschlossen hatte, das Protokoll betreffend die Bekämpfung der unerlaubten Herstellung von und des unerlaubten Handels mit Schusswaffen, Teilen von Schusswaffen und Munition (im Folgenden: Protokoll gegen die unerlaubte Herstellung von und des unerlaubten Handels mit Schusswaffen) zu unterzeichnen, vgl. Art. 1 der Richtlinie 2008/51 und Fn. 2.

( 9 ) Erwägungsgründe 1 bis 3 der Richtlinie 91/477.

( 10 ) Fünfter Erwägungsgrund der Richtlinie 91/477.

( 11 ) Diese Bestimmungen sind in erster Linie: Art. 4 (Bestimmungen über das Inverkehrbringen von Feuerwaffen), Art. 5 (Bestimmungen über die Genehmigung für den Erwerb und den Besitz von Feuerwaffen), Art. 6 (Verbot des Erwerbs und des Besitzes von Feuerwaffen der Kategorie A), Art. 7 (Regelungen für den Erwerb von Feuerwaffen der Kategorie B) und Art. 8 (Regelungen für den Besitz von Feuerwaffen der Kategorie C). Feuerwaffen der Kategorie D werden in Art. 4 Abs. 5 erwähnt (vor Änderung durch die Richtlinie 2017/853: siehe unten, Nr. 24), der festlegt, dass die Mitgliedstaaten ab 28. Juli 2010 geeignete Nachverfolgungsmaßnahmen einführen müssen, die es jederzeit ermöglichen, eine Verbindung zu dem jeweiligen Besitzer dieser Waren herzustellen.

( 12 ) Art. 2 Abs. 1.

( 13 ) Art. 2 Abs. 2.

( 14 ) Erster Erwägungsgrund.

( 15 ) Zweiter Erwägungsgrund. Siehe auch oben, Fn. 2.

( 16 ) Sechster Erwägungsgrund.

( 17 ) Neunter Erwägungsgrund.

( 18 ) 15. Erwägungsgrund.

( 19 ) 20. Erwägungsgrund.

( 20 ) 21. Erwägungsgrund.

( 21 ) 23. Erwägungsgrund.

( 22 ) 31. Erwägungsgrund.

( 23 ) 36. Erwägungsgrund. Vgl. auch das Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, das in die in Art. 1 des Beschlusses 1999/437/EG des Rates (ABl. 1999, L 176, S. 31) in Verbindung mit Art. 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates (ABl. 2008, L 53, S. 1) genannten Bereiche fällt. Auch Liechtenstein, Island und Norwegen (zusammen mit der Schweiz) beteiligen sich am Schengen-Besitzstand gemäß bilateralen Vereinbarungen mit der Europäischen Union (im Folgenden: die vier Schengen-Staaten).

( 24 ) Ich werde Art. 6 Abs. 6 Unterabs. 2 in den vorliegenden Schlussanträgen auch als „schweizerische Ausnahmeregelung“ bezeichnen.

( 25 ) Siehe oben, Fn. 11.

( 26 ) Vgl. auch Art. 1 Nr. 15 sowie den geänderten Art. 13a und den eingefügten Art. 13b.

( 27 ) Durchführungsverordnung (EU) 2015/2403 der Kommission vom 15. Dezember 2015 zur Festlegung gemeinsamer Leitlinien über Deaktivierungsstandards und ‑techniken, die gewährleisten, dass Feuerwaffen bei der Deaktivierung endgültig unbrauchbar gemacht werden (ABl. 2015, L 333, S. 62).

( 28 ) ABl. 2016, L 123, S. 1 (im Folgenden: Interinstitutionelle Vereinbarung).

( 29 ) Erster Erwägungsgrund.

( 30 ) Dritter Erwägungsgrund.

( 31 ) Nrn. 1 und 2.

( 32 ) Die jeweiligen Aufgaben der drei Unionsorgane (das Parlament, der Rat und die Kommission) sind in den Nrn. 13 bis 17 festgelegt.

( 33 ) Vgl. in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Tabakerzeugnissen und zur Werbung für solche Erzeugnisse. In seinem Urteil vom 5. Oktober 2000, Deutschland/Parlament und Rat (C‑376/98, EU:C:2000:544‚ Rn. 82), hat der Gerichtshof festgestellt, dass der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen umfasse, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen des Vertrags gewährleistet sei, und dass der Binnenmarkt durch die Beseitigung der Hindernisse für diese Freiheiten zwischen den Mitgliedstaaten gekennzeichnet sei.

( 34 ) Siehe oben, Fn. 2.

( 35 ) Vgl. auch Urteil vom 23. Januar 2018, Buhagiar u. a. (C‑267/16, EU:C:2018:26, Rn. 60).

( 36 ) Vgl. Art. 3 der Richtlinie 91/477 und siehe oben, Nr. 13.

( 37 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 66).

( 38 ) Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 57 bis 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 39 ) Vgl. entsprechend Urteile vom 12. Dezember 2006, Deutschland/Parlament und Rat (C‑380/03, EU:C:2006:772, Rn. 42 und 43), und vom 4. Mai 2016, Polen/Parlament und Rat (C‑358/14, EU:C:2016:323, Rn. 37 und 38).

( 40 ) Das sogenannte „neue Konzept“ umfasste etwa 22 Maßnahmen der Union, die darauf abzielen, den Binnenmarkt zu verbessern und die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen einer breiten Palette von Produkten auf den Unionsmarkt zu verbessern. Im Wesentlichen erlässt die Europäische Union Rechtsvorschriften, in denen grundlegende Anforderungen in Bezug auf die Sicherheit und andere Aspekte von öffentlichem Interesse festgelegt werden, die erfüllt sein müssen, wenn Produkte im Binnenmarkt verkauft werden: vgl. z. B. KOM(2003) 240 endg. „Verbesserte Umsetzung der Richtlinien des neuen Konzepts“. Diese Richtlinien fallen nun unter den „neuen Rechtsrahmen“, der u. a. im Beschluss Nr. 768/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung des Beschlusses 93/465/EWG des Rates (ABl. 2008, L 218, S. 82) geregelt wird.

( 41 ) Richtlinie 2009/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Sicherheit von Spielzeug (ABl. 2009, L 170, S. 1).

( 42 ) Richtlinie 2014/28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung auf dem Markt und die Kontrolle von Explosivstoffen für zivile Zwecke (ABl. 2014, L 96, S. 1).

( 43 ) Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates (ABl. 2016, L 81, S. 51).

( 44 ) Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 62). Die Rechtsgrundsätze, auf die dieses Zitat verweist, sind u. a. die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und der Nichtdiskriminierung.

( 45 ) Siehe oben, Fn. 38.

( 46 ) Urteil vom 5. Oktober 2000 (C‑376/98, EU:C:2000:544).

( 47 ) In seinem Urteil vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, EU:C:2004:802), hat der Gerichtshof einen anderen Ansatz gewählt. Dort wies er das Argument zurück, dass ein vollständiges Verbot von Tabak zum oralen Gebrauch, einschließlich Snus (eine Tabakform, die zwischen Lippe und Gaumen platziert wird und in Schweden populär ist), nicht zum Funktionieren des Binnenmarkts beigetragen habe. Er befand, dass sich die nationalen Rechtsvorschriften über solche Tabakerzeugnisse in verschiedene Richtungen bewegten, wodurch Hindernisse für den Handel geschaffen würden. Unter diesen Umständen sei es grundsätzlich rechtmäßig gewesen, Art. 95 EG (Vorläufer von Art. 114 AEUV) als Rechtsgrundlage heranzuziehen (vgl. Rn. 37 bis 42).

( 48 ) Urteil des Gerichtshofs vom 5. Oktober 2000, Deutschland/Parlament und Rat (C‑376/98, EU:C:2000:544‚ Rn. 99 bis 105).

( 49 ) Siehe oben, Nrn. 18 bis 21.

( 50 ) Urteil vom 23. Januar 2018, Buhagiar u. a. (C‑267/16, EU:C:2018:26‚ Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 51 ) Vgl. Urteil vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat (C‑5/16, EU:C:2018:483‚ Rn. 49).

( 52 ) Die Tschechische Republik verweist auf mehrere vor dem Erlass der Richtlinie 2017/853 erstellte Dokumente, in denen die Kriminalprävention sowie die Sicherheit als Ziele genannt werden. Dazu gehören die „Evaluation of the Firearms Directive“ (Bewertung der Feuerwaffen-Richtlinie) vom 11. Dezember 2014, die von Technopolis für die Kommission ausgearbeitet wurde, und der Vorschlag der Kommission COM(2015) 750 final.

( 53 ) Urteil des Gerichtshofs vom 27. Januar 2000, DIR International Film u. a./Kommission (C‑164/98 P, EU:C:2000:48‚ Rn. 26).

( 54 ) Es wurden mehrere Berichte erstellt, darunter COM(2013) 716 final – Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 21. Oktober 2013 – Schusswaffen und die innere Sicherheit der EU: Schutz der Bürger und Unterbindung des illegalen Handels; Studie im Auftrag der Kommission „Study to support an Impact Assessment on a possible initiative related to improving rules on deactivation, destruction and marking procedures of firearms in the EU as well as alarm weapons and replicas“ (Unterstützende Studie für eine Folgenabschätzung zu einer möglichen Initiative im Zusammenhang mit der Verbesserung der Regelungen über die Verfahren zur Deaktivierung, Vernichtung und Kennzeichnung von Feuerwaffen in der EU sowie zu Schreckschusswaffen und Nachbauten von Feuerwaffen) vom Juni 2014, sowie COM(2015) 751 final – Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „REFIT‑Bewertung der Richtlinie 91/477/EG des Rates vom 18. Juni 1991, geändert durch die Richtlinie 2008/51/EWG vom 21. Mai 2008, über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen“ (im Folgenden: COM[2015] 751) vom 18. November 2015.

( 55 ) Vgl. Art. 1 Nrn. 1, 6, 8, 9, 10, und 11 der Richtlinie 2017/853.

( 56 ) Art. 4 Abs. 2a der Richtlinie 91/477 in der durch die Richtlinie 2017/853 geänderten Fassung.

( 57 ) Zu diesen Voraussetzungen zählen: Bestätigung, dass die betroffene Person gemäß Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 91/477 einer medizinischen und psychologischen Untersuchung unterzogen wurde; Nachweis der Teilnahme an Schießwettbewerben, die von einer offiziellen Sportschützenorganisation anerkannt werden, sowie die Bestätigung, dass der Sportschütze Mitglied eines Schützenvereins ist und seit mindestens zwölf Monaten regelmäßig den Schießsport trainiert und dass die betreffende Feuerwaffe die erforderlichen Spezifikationen erfüllt.

( 58 ) Siehe oben, Nr. 22.

( 59 ) Andere Bestimmungen der Richtlinie 2017/853 nehmen formale Änderungen vor. So ist die Kommission beispielsweise befugt, delegierte Rechtsakte zu erlassen (Art. 1 Nr. 14), und das Wort „Gemeinschaft“ wird durch das Wort „Union“ ersetzt (Art. 1 Nr. 17).

( 60 ) Siehe oben, Nr. 24.

( 61 ) Urteil vom 8. April 2014, Digital Rights Ireland u. a. (C‑293/12 und C‑594/12, EU:C:2014:238‚ Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 62 ) Urteil vom 23. Januar 2018, Buhagiar u. a. (C‑267/16, EU:C:2018:26‚ Rn. 54).

( 63 ) Siehe oben, Nrn. 60 und 61.

( 64 ) Vgl. Weißbuch über die Vollendung des Binnenmarkts vom 14. Juni 1985, COM(85) 310, Rn. 10 ff.

( 65 ) COM(2015) 185 final, „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Die Europäische Sicherheitsagenda“ vom 28. April 2015.

( 66 ) Die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. 2016, L 77, S. 1) erlaubt den Mitgliedstaaten die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen, wenn festgestellt wurde, dass die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit ernsthaft bedroht sind. Zwar wird dies in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2017/853 nicht genannt, doch ist es auch möglich, dass dem Unionsgesetzgeber bekannt war, dass einige Mitgliedstaaten (Frankreich und Malta) im Jahr 2015 Grenzkontrollen mit der Begründung wiedereingeführt hatten, dass die Gefahr weiterer Terroranschläge angesichts des Geschehens in Frankreich oder die Gefahr solcher Anschläge im Zusammenhang mit Malta bestanden habe (vgl. „Member States notifications of the temporary reintroduction of border control at internal borders pursuant to Article 25 et seq. of the Schengen Borders Code [Mitteilungen der Mitgliedstaaten über die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen gemäß Art. 25 ff. Schengener Grenzkodex], Nrn. 54 und 48).

( 67 ) Siehe oben, Nr. 11, und den fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 91/477 sowie Art. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2017/853.

( 68 ) Vgl. Weißbuch über die Vollendung des Binnenmarkts vom 14. Juni 1985, COM(85) 310, Rn. 57 bis 59.

( 69 ) Vgl. Art. 1 Nr. 6 der Richtlinie 2017/853, mit dem eine neue Bestimmung, Art. 5b, in die Richtlinie 91/477 aufgenommen wird.

( 70 ) Siehe oben, Nr. 62.

( 71 ) Vgl. Gemeinsamer Leitfaden des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission für Personen, die in den Gemeinschaftsorganen an der Abfassung von Rechtstexten mitwirken, insbesondere Leitlinie 18.12.

( 72 ) Vgl. Urteil vom 10. Februar 2009, Irland/Parlament und Rat (C‑301/06, EU:C:2009:68‚ Rn. 65 bis 72).

( 73 ) Siehe oben, Nr. 26.

( 74 ) Urteil vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, EU:C:2010:321‚ Rn. 51 und 52 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 75 ) Urteil vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat (C‑5/16, EU:C:2018:483‚ Rn. 150).

( 76 ) Urteil vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, EU:C:2010:321‚ Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 77 ) Siehe oben, Nrn. 75 und 76.

( 78 ) COM(2015) 750, S. 2.

( 79 ) Vgl. z. B. die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (ABl. 2013, C 373, S. 1).

( 80 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 19. März 1996, Kommission/Rat (C‑25/94, EU:C:1996:114, Rn. 49). Zu den Fällen, in denen Absprachen für interinstitutionelle Zusammenarbeit möglicherweise nicht bindend sind, vgl. meine Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen VG Wort (C‑457/11 bis C‑460/11, EU:C:2013:34‚ Nr. 32) betreffend die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 22. Dezember 1998 – Gemeinsame Leitlinien für die redaktionelle Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften (ABl. 1999, C 73, S. 1).

( 81 ) Siehe Erwägungsgründe 1 und 2 sowie Nrn. 1 und 2, oben in Nr. 25 angeführt.

( 82 ) Der Text der Interinstitutionellen Vereinbarung von 2016 ersetzte die frühere Vereinbarung von 2003 und die Interinstitutionelle Vereinbarung über Folgenabschätzungen aus dem Jahr 2005. Auch der Wortlaut der letztgenannten Vereinbarung enthielt keine rechtsverbindlichen Formulierungen.

( 83 ) Vgl. entsprechend Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2015:854, Nr. 72).

( 84 ) Urteil vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat (C‑5/16, EU:C:2018:483‚ Rn. 159).

( 85 ) Fehlt eine Folgenabschätzung, sind die Organe natürlich nicht in der Lage, auf ein solches Dokument zu verweisen, das dem Gerichtshof als Grundlage für die Evaluierung des angefochtenen Rechtsakts dient, wie in Nr. 18 der Interinstitutionellen Vereinbarung vorgesehen.

( 86 ) COM(2015) 750, S. 8. Die Bedeutung der Folgenabschätzung wird ausdrücklich im Bericht des Europäischen Parlaments über den Vorschlag der Kommission erwähnt: Der Berichterstatter äußert sein Bedauern über das Fehlen einer Folgenabschätzung und erklärt (und ich füge hinzu, vollkommen begründet), dass, wäre eine solche Folgenabschätzung erhältlich gewesen, dies die Aufgabe des Parlaments erleichtert hätte.

( 87 ) Vgl. u. a. COM(2015) 750, S. 5 und 6.

( 88 ) Siehe oben, Nr. 16.

( 89 ) Vgl. u. a. COM(2015) 751 sowie den von Technopolis für die Europäische Kommission erstellten Bericht „Evaluation of the Firearms Directive“ (Bewertung der Feuerwaffen-Richtlinie) vom 11. Dezember 2014, oben in Fn. 52 angeführt.

( 90 ) Vgl. Erwägungsgründe 1, 2 und 9.

( 91 ) Vgl. COM(2015) 751, insbesondere die Nrn. 20, 27 und 34.

( 92 ) Urteil vom 13. Juni 2017, Florescu u. a. (C‑258/14, EU:C:2017:448‚ Rn. 49 bis 51 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Das Eigentumsrecht in Art. 17 der Charta entspricht dem durch Art. 1 des Protokolls Nr. 1 zur Europäischen Menschenrechtskonvention geschützten Recht.

( 93 ) Siehe unten, Nrn. 106 ff.

( 94 ) Siehe oben, Nrn. 18, 19, 20 und 23.

( 95 ) Vgl. interinstitutionelles Dossier 2015/0269 (COD) vom 8. Juni 2016, 9841/16.

( 96 ) Vgl. COM(751) 2015, S. 13 und 16.

( 97 ) Siehe oben, Nr. 17 und Fn. 23.

( 98 ) Vgl. interinstitutionelles Dossier 2015/0269(COD) vom 8. Juni 2016, 9841/16.

( 99 ) Vgl. interinstitutionelles Dossier 2015/0269 (COD) vom 8. Juni 2016, 9841/16.

( 100 ) Siehe oben, Nr. 24.

( 101 ) Vgl. COM(2015) 751, S. 16.

( 102 ) Vgl. interinstitutionelles Dossier 2015/0269 (COD) vom 8. Juni 2016, 9841/16, vgl. auch COM(2012) 415, Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Mögliche Vor- und Nachteile einer Beschränkung der Einteilung von Feuerwaffen in zwei Kategorien (verboten oder erlaubnispflichtig) zwecks eines besseren Funktionierens des Binnenmarkts für die betreffenden Produkte durch eine mögliche Vereinfachung“ vom 26. Juli 2012 (im Folgenden: COM[2012] 415).

( 103 ) Vgl. COM(2015) 751, Nr. 22, siehe auch die Anmerkungen der Berichterstatterin im Bericht des Europäischen Parlaments A8‑0251/2016 vom 2. August 2016, S. 71.

( 104 ) Vgl. COM(2015) 751, Nrn. 28 und 30.

( 105 ) Ich werde diese Artikel der Richtlinie 2017/853 als „fragliche Bestimmungen“ bezeichnen, siehe Nrn. 19, 20 und 24.

( 106 ) Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 2015, Spanien/Rat (C‑147/13, EU:C:2015:299‚ Rn. 79).

( 107 ) Siehe oben, Nr. 17.

( 108 ) Art. 5 Abs. 3 findet Anwendung, es sei denn, der entsprechenden Person wurde eine Genehmigung gemäß Art. 6 erteilt, oder eine Genehmigung, die gemäß Art. 7 Abs. 4a der Richtlinie 91/477 in der durch die Richtlinie 2017/853 geänderten Fassung bestätigt, erneuert oder verlängert wurde.

( 109 ) Urteil vom 14. März 2013, Agrargenossenschaft Neuzelle (C‑545/11, EU:C:2013:169‚ Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 110 ) Urteil vom 14. März 2013, Agrargenossenschaft Neuzelle (C‑545/11, EU:C:2013:169‚ Rn. 24 und 25 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 111 ) Vgl. COM(2012) 415.

( 112 ) Siehe oben, Nr. 20, insbesondere in Bezug auf die Ausnahmen in Art. 6 Abs. 2 bis 6.

( 113 ) Urteile vom 18. April 2002, Duchon (C‑290/00, EU:C:2002:234‚ Rn. 21), und vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, EU:C:2008:709‚ Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 114 ) Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (C‑127/07, EU:C:2008:728‚ Rn. 23).

( 115 ) Siehe oben, Nr. 24.