30.1.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 30/25


Rechtsmittel, eingelegt am 18. November 2016 von der H. Lundbeck A/S und der Lundbeck Ltd gegen das Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 8. September 2016 in der Rechtssache T-472/13, H. Lundbeck A/S, Lundbeck Ltd/Europäische Kommission

(Rechtssache C-591/16 P)

(2017/C 030/30)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien

Rechtsmittelführerinnen: H. Lundbeck A/S, Lundbeck Ltd (Prozessbevollmächtigte: R. Subiotto QC, Barrister, und T. Kuhn, Rechtsanwalt)

Andere Parteien des Verfahrens: Europäische Kommission, European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA)

Anträge

Die Rechtsmittelführerinnen beantragen,

das Urteil vollständig oder teilweise aufzuheben;

den Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er die Rechtsmittelführerinnen betrifft, oder hilfsweise, die den Rechtsmittelführerinnen durch den Beschluss auferlegten Geldbußen für nichtig zu erklären, oder höchst hilfsweise, die den Rechtsmittelführerinnen durch den Beschluss auferlegten Geldbußen erheblich herabzusetzen;

der Kommission die den Rechtsmittelführerinnen entstandenen Rechtsverfolgungs- und anderen Kosten dieses Verfahrens und des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen;

gegebenenfalls, die Sache an das Gericht zur erneuten Prüfung im Einklang mit dem Urteil des Gerichtshofs zurückzuverweisen;

jede andere Maßnahme zu erlassen, die das Gericht für zweckmäßig erachtet.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es die Schlussfolgerung der Kommission bestätigt habe, dass die Vereinbarungen den Zweck gehabt hätten, den Wettbewerb zu beschränken. Das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es festgestellt habe, dass eine Vereinbarung auch dann eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstelle, wenn sie in den Geltungsbereich der Patente von Lundbeck falle. Eine solche Vereinbarung könne als solche nicht als wettbewerbsschädigend angesehen werden, da sie Beschränkungen enthalte, die mit jenen vergleichbar seien, die der Patentinhaber durch seine Patentrechte durchsetzende Gerichtsurteile hätte erlangen können. Eine bloße Zahlung könne eine sonst rechtmäßige und unproblematische Vereinbarung wie eine sich im Geltungsbereich der Patente befindliche Vergleichsvereinbarung nicht in eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung umwandeln. Folglich hätte zu der (mit der Generics [UK] Ltd geschlossenen) GUK-UK-Vereinbarung, die nach Ansicht des Gerichts in den Geltungsbereich der Patente von Lundbeck falle, nicht festgestellt werden dürfen, dass sie eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecke. Dieselbe Schlussfolgerung gelte für die anderen fünf Vereinbarungen, da das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es diese als über den Geltungsbereich der Patente von Lundbeck hinausgehend eingestuft habe.

Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es nicht die richtigen rechtlichen Kriterien für die Beurteilung angewandt habe, ob fünf der sechs Vereinbarungen Beschränkungen enthielten, die über den Geltungsbereich der Patente von Lundbeck hinausgingen. Das Gericht hätte prüfen müssen, ob es eine „Willensübereinstimmung“ im Sinne von Art. 101 AEUV zwischen Lundbeck und jeder der (vier als) Generics (bezeichneten Generikahersteller) gegeben habe, dass die maßgebliche Vereinbarungen mit Ausnahme der GUK-UK-Vereinbarung Beschränkungen auferlegten, die über den Geltungsbereich der Patente von Lundbeck hinausgingen. Die Anwendung dieser Kriterien führe zu der unvermeidbaren rechtlichen Schlussfolgerung, dass die Vereinbarungen vom Gegenstand der Patente von Lundbeck erfasst gewesen seien.

Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, selbst wenn die rechtliche Einordnung des Gerichts, dass fünf oder weniger der sechs Vereinbarungen außerhalb des Geltungsbereichs der Patente von Lundbeck lägen, richtig wäre, habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es zu dem Schluss gelangt sei, dass Vereinbarungen, die außerhalb des Geltungsbereichs lägen, eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckten. In ihrem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang seien die Vereinbarungen als solche nicht wettbewerbsschädigend und mit Marktaufteilungen nicht vergleichbar, und das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es die kontrafaktische Fallkonstellation nicht beurteilt habe.

Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, einen offensichtlichen Fehler bei der Beweiswürdigung begangen und eine widersprüchliche Begründung angeführt, als es die Schlussfolgerung der Kommission bestätigt habe, dass Lundbeck und die Generics zum Zeitpunkt der Vereinbarung, unabhängig davon gegenwärtige oder potenzielle Wettbewerber gewesen seien, ob die Produkte der Generics die Patente von Lundbeck verletzten. Erstens habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es das Vorhandensein rechtlicher Schranken, nämlich der Patente von Lundbeck, verkannt habe, die den Markteintritt der Generics mit verletzenden citalopram-Produkten verhindert hätten. Zweitens sei die Schlussfolgerung des Gerichts, dass Lundbeck Zweifel an der Gültigkeit ihrer Patente habe, mit einem Rechtsfehler und einem offensichtlichen Fehler bei der Beweiswürdigung behaftet, und widersprüchlich begründet. Drittens habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es festgestellt habe, dass Beweise, die aus dem Zeitraum nach Abschluss der Vereinbarungen aber in vielen Fällen vor Ablauf der Vereinbarungen stammten, für die Beurteilung, ob die Generics potenzielle Wettbewerber von Lundbeck seien, nicht entscheidend sein könnten. Diese Unterlagen enthielten wissenschaftliche Erkenntnisse, dass die Generics bzw. deren Wirkstoffhersteller die Patente von Lundbeck, nationale Gerichtsbeschlüsse, mit denen Lundbeck einstweiliger Rechtsschutz oder andere Formen von Rechtsschutz gegen die auf dem von manchen anderen Generics verwendeten Wirkstoff basierenden Citalopram-Produkte gewährt werde, und die Bestätigung der Gültigkeit des Kristallisationspatents von Lundbeck durch das Europäische Patentamt (EPA) hinsichtlich aller relevanten Aspekte verletzten, dessen Stärke die Kommission in Frage stelle. Schließlich habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen und keine Begründung angeführt, als es festgestellt habe, dass jede der Generics eine reale und konkrete Möglichkeit eines Markteintritts gehabt habe, ohne im Einzelnen zu beurteilen, ob ihnen dies ohne Verletzung von Citalopram möglich gewesen wäre.

Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es die Verhängung von Geldbußen gegen Lundbeck durch die Kommission bestätigt habe. Erstens habe das Gericht rechtsfehlerhaft den Verschuldensmaßstab falsch angewandt. Zweitens habe das Gericht rechtsfehlerhaft die Schlussfolgerung der Kommission bestätigt, dass Lundbeck die Wettbewerbswidrigkeit ihres Verhaltens nicht unbekannt gewesen sein könne. Drittens habe das Gericht den Grundsatz der Rechtssicherheit und das Rückwirkungsverbot verletzt, indem es die Verhängung einer mehr als symbolischen Geldbuße bestätigt habe.

Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund tragen die Rechtsmittelführerinnen hilfsweise vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen und keine angemessene Begründung gegeben, als es die von der Kommission vorgenommenen Berechnung der gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbußen bestätigt habe. Der Umsatz, auf dem die Geldbußen beruhten, schließe den Umsatz von Lundbeck in bestimmten EWR-Mitgliedstaaten ein, in denen den Generics ein Markteintritt tatsächlich verwehrt gewesen sei, da sie erst nach Ablauf der Vereinbarungen eine Zulassung erhalten hätten bzw. im Hinblick auf Österreich das Patent mit dem Bestandteil Citalopram während eines beträchtlichen Teils Dauer der Vereinbarung noch aufrecht gewesen sei. Zudem rechtfertige dieser Fall die Anwendung eines geringeren Prozentsatzes für die Schwere, insbesondere, weil die Vereinbarungen nicht mit Kartellen vergleichbar seien und ihr tatsächlicher geografischer Geltungsbereich weitaus beschränkter gewesen sei als ihr geografischer Geltungsbereich nach dem Wortlaut der Vereinbarungen.