URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

17. Mai 2017 ( *1 )

„Rechtsmittel — EGFL und ELER — Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission — Mitteilung an den Adressaten — Nachträgliche Berichtigung des Druckformats des Anhangs — Veröffentlichung des Beschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union — Klagefrist — Beginn — Verspätung — Unzulässigkeit“

In der Rechtssache C‑338/16 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 16. Juni 2016,

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo, J. Saraiva de Almeida und P. Estêvão als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und M. França als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter J.‑C. Bonichot (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Portugiesische Republik die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 19. April 2016, Portugal/Kommission (T‑551/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2016:238), mit dem dieses ihre Klage auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2015/1119 der Kommission vom 22. Juni 2015 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union (ABl. 2015, L 182, S. 39, im Folgenden: streitiger Beschluss), soweit bestimmte von diesem Mitgliedstaat getätigte Ausgaben ausgeschlossen werden, als unzulässig abgewiesen hat.

Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

2

Am 22. Juni 2015 erließ die Kommission den streitigen Beschluss, mit dem sie u. a. eine Finanzkorrektur in Höhe von etwa 500000 Euro gegenüber der Portugiesischen Republik in Bezug auf die Maßnahme „Flachs und Hanf“ für das Haushaltsjahr 1999/2000 anwandte.

3

Art. 2 des streitigen Beschlusses sieht vor:

„Dieser Beschluss ist an … die Portugiesische Republik … gerichtet.“

4

Am 23. Juni 2015 wurde der streitige Beschluss der Ständigen Vertretung der Portugiesischen Republik bei der Europäischen Union unter dem Aktenzeichen C(2015) 4076 mitgeteilt.

5

Am 10. Juli 2015 wurde der streitige Beschluss im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

6

Am 20. Juli 2015 erhielt die Ständige Vertretung der Portugiesischen Republik bei der Europäischen Union eine Mitteilung mit folgendem Hinweis in englischer Sprache:

„Aufgrund eines technischen Fehlers kann es beim Anhang des [streitigen Beschlusses] vom 22. Juni 2015, der am 23. Juni 2015 mitgeteilt wurde, Probleme beim Druckformat geben. Aus diesem Grund übersenden wir Ihnen den Anhang nochmals ohne diese Druckformatproblem.“

Klage vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

7

Mit Klageschrift, die am 25. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte die Portugiesische Republik die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

8

Die Kommission erhob mit gesondertem Schriftsatz, der am 9. Oktober 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts. Mit Schriftsatz vom 20. November 2015 nahm die Portugiesische Republik zur Unzulässigkeitseinrede der Kommission Stellung.

9

Mit prozessleitender Maßnahme vom 4. Februar 2016 forderte das Gericht die Kommission auf, über die in der Mitteilung vom 20. Juli 2015 erwähnten Probleme mit dem Druckformat Auskunft zu geben. Mit Schreiben vom 17. Februar 2016 kam die Kommission der Aufforderung des Gerichts nach und erteilte die verlangten Auskünfte.

10

Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Gericht fest, dass die Klage der Portugiesischen Republik offensichtlich nach Ablauf der dafür vorgesehenen Frist eingereicht worden und daher verspätet sei.

11

Hierzu entschied das Gericht, dass die Frist für die Klage gegen den streitigen Beschluss ab dessen Mitteilung an die Portugiesische Republik, die am 23. Juni 2015 erfolgt sei, zu laufen begonnen habe. Gemäß der Verfahrensordnung des Gerichts sei die Frist für die Klage einschließlich der Entfernungsfrist am 2. September 2015 um Mitternacht abgelaufen.

12

Folglich wies das Gericht die Klage der Portugiesischen Republik als unzulässig ab.

Anträge der Parteien

13

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Portugiesische Republik,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit das Gericht darin der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit stattgegeben hat;

festzustellen, dass die Klage gegen den streitigen Beschluss innerhalb der Frist des Art. 263 AEUV wirksam erhoben wurde, und

der Kommission sämtliche Kosten des Verfahrens aufzuerlegen

14

Die Kommission beantragt,

das von der Portugiesischen Republik eingelegte Rechtsmittel für unzulässig oder, hilfsweise, für unbegründet zu erklären und

der Portugiesischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

15

Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht die Portugiesische Republik drei Rechtsmittelgründe geltend, und zwar Rechtsfehler bei der Anwendung von Art. 263 Abs. 6 AEUV.

Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

16

Die Kommission wendet die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ein und führt zur Begründung aus, dass alle von der Portugiesischen Republik vorgebrachten Rechtsmittelgründe unzulässig seien, da diese sich darauf beschränkt habe, den angefochtenen Beschluss auf der Grundlage des gleichen Vorbringens zu rügen, das sie vor dem Gericht genannt habe, ohne auf die Umstände und Gründe hinzuweisen, weshalb das Gericht einen Rechtsfehler gemacht haben solle.

17

Ferner sei das Vorbringen der Portugiesischen Republik, das Gericht hätte bei Fehlen rechtszerstörender Gründe im gegenteiligen Sinne einer Auslegung des Art. 263 AEUV den Vorzug geben müssen, die nicht den Ausschluss ihres Rechtsmittels nach sich ziehe, auch deshalb unzulässig, weil sie die Würdigung einer Tatsachenfrage betreffe.

18

Die Portugiesische Republik wendet sich gegen die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit.

Würdigung durch den Gerichtshof

19

Soweit die Kommission die Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsmittels mit der Begründung bestreitet, dass die Portugiesische Republik bloß um eine erneute Prüfung der schon vor dem Gericht genannten Argumente ersuche, ist darauf hinzuweisen, dass u. a. aus Art. 168 Abs. 1 Buchst. d und Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs hervorgeht, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss. Ein Rechtsmittel, das nur die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen wiederholt oder wörtlich wiedergibt, die auf ein ausdrücklich vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, genügt nicht den Begründungserfordernissen, die sich aus diesen Vorschriften ergeben (Urteil vom 19. Januar 2017, Kommission/Total und Elf Aquitaine, C‑351/15 P, EU:C:2017:27, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20

Jedoch können im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn der Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte nämlich ein Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen, so würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen (Urteil vom 19. Januar 2017, Kommission/Total und Elf Aquitaine, C‑351/15 P, EU:C:2017:27, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21

Im vorliegenden Fall wird mit dem Rechtsmittel der Portugiesischen Republik nicht bloß eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage angestrebt, sondern es zielt gerade darauf ab, die Auslegung des Art. 263 Abs. 6 AEUV durch das Gericht und die rechtlichen Erwägungen in Frage zu stellen, die das Gericht zur Feststellung veranlasst haben, dass die Klage dieses Mitgliedstaats offensichtlich nach Ablauf der dafür vorgesehenen Frist eingereicht worden und daher verspätet sei.

22

Zu diesem Zweck hat die Portugiesische Republik die beanstandeten Teile des angefochtenen Beschlusses und das Vorbringen zur Stützung ihrer Anträge auf Nichtigerklärung hinreichend genau bezeichnet.

23

Was ferner die Zulässigkeit des Vorbringens betrifft, das Gericht hätte bei Fehlen rechtszerstörender Gründe im gegenteiligen Sinne einer Auslegung des Art. 263 AEUV den Vorzug geben müssen, die nicht den Ausschluss ihres Rechtsmittels nach sich ziehe, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen nicht „die Würdigung einer Tatsachenfrage betrifft“, sondern sich auf die Durchführung dieser Bestimmung bezieht.

24

Folglich ist das Rechtsmittel der Portugiesischen Republik zulässig.

Zur Begründetheit

Zum zweiten und zum dritten Rechtsmittelgrund

– Vorbringen der Parteien

25

Die Portugiesische Republik trägt vor, dem Gericht seien bei der Auslegung des Art. 263 Abs. 6 AEUV insbesondere in Rn. 31 des angefochtenen Beschlusses verschiedene Rechtsfehler unterlaufen.

26

Zum einen ergebe sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass die Bekanntgabe des streitigen Beschlusses im Amtsblatt für die Klagefrist ausschlaggebend sei. Denn die Worte „je nach Lage des Falles“ deuteten darauf hin, dass der Beginn der Klagefrist gemäß der Reihenfolge der Formen der Veröffentlichung in dieser Vorschrift zu bestimmen sei. Daraus ergebe sich, dass die Mitteilung subsidiär zur Bekanntgabe sei, auch bei Entscheidungen, deren Bekanntgabe nicht zwingend sei. Diese Auslegung werde durch das Urteil vom 10. März 1998, Deutschland/Rat (C‑122/95, EU:C:1998:94), bestätigt und ermögliche, den Grundsatz der Rechtssicherheit zu wahren und eine Diskriminierung zwischen Mitgliedstaaten zu vermeiden.

27

Zum anderen trägt die Portugiesische Republik vor, dass das Gericht einer Auslegung des Art. 263 AEUV den Vorzug hätte geben müssen, die nicht den Ausschluss ihres Rechtsmittels nach sich ziehe, und bezieht sich hierbei auf das Urteil vom 26. September 2013, PPG und SNF/ECHA (C‑625/11 P, EU:C:2013:594).

28

Zur Stützung dieses Vorbringens beruft sich die Portugiesische Republik auch auf das Urteil vom 22. Januar 1997, Opel Austria/Rat (T‑115/94, EU:T:1997:3, Rn. 124), aus dem sich ergebe, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit verlange, dass jede Maßnahme dem Betroffenen so zur Kenntnis gebracht werde, dass er mit Gewissheit den Zeitpunkt erkennen könne, von dem an die fragliche Maßnahme ihre Rechtswirkungen entfalte. Aus diesem Urteil ergebe sich auch, dass dieses Gebot der Rechtssicherheit in besonderem Maße gelte, wenn es sich um einen Rechtsakt handele, der finanzielle Konsequenzen haben könne, denn die Betroffenen müssten in der Lage sein, den Umfang der ihnen durch diesen Rechtsakt auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen.

29

Ferner habe das Gericht in Rn. 37 des angefochtenen Beschlusses die Folgen verkannt, die sich aus der ständigen Praxis der Kommission ergäben, die Rechnungsabschlussentscheidungen über von den Mitgliedstaaten zulasten des EGFL und ELER getätigte Ausgaben im Amtsblatt bekannt zu geben.

30

Hierzu gehe aus dem Urteil vom 10. März 1998, Deutschland/Rat (C‑122/95, EU:C:1998:94), hervor, dass die Portugiesische Republik berechtigterweise davon ausgehen habe dürfen, dass der streitige Beschluss im Amtsblatt bekannt gegeben werde und dass die Klagefrist mit der Bekanntgabe zu laufen beginne.

31

Das Gericht habe zudem die Rechtswirkungen verkannt, die sich aus der Tatsache ergäben, dass die Kommission die Rechnungsabschlussentscheidungen in der Serie L des Amtsblatts bekannt gebe.

32

Die Portugiesische Republik stützt sich auch auf den Beschluss vom 27. November 2007, Diy‑Mar Insaat Sanayi ve Ticaret und Akar/Kommission (C‑163/07 P, EU:C:2007:717, Rn. 32 und 36), und trägt vor, dass die Kommission „ein Verhalten [an den Tag gelegt hat], das geeignet war, bei einem gutgläubigen Rechtsbürger … eine verständliche Verwirrung hervorzurufen“, und dass der Gerichtshof einräume, bestimmte Sachverhalte könnten „dem Zufall oder einem Fall von höherer Gewalt [gleichgestellt werden], so dass den Betroffenen keine Verwirkung wegen Fristablaufs entgegengehalten werden könne“.

33

Nach Auffassung der Kommission sind der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

34

Nach Art. 263 Abs. 6 AEUV ist eine Nichtigkeitsklage innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu erheben, die je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an läuft, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat.

35

Ferner ergibt sich aus Art. 297 Abs. 2 Unterabs. 3 AEUV, dass – anders als bei Rechtsakten, die im Amtsblatt veröffentlicht werden müssen – insbesondere Beschlüsse, die an einen bestimmten Adressaten gerichtet sind, denjenigen, für die sie bestimmt sind, bekannt gegeben werden müssen und durch diese Bekanntgabe wirksam werden.

36

Aus diesen beiden Bestimmungen des AEU‑Vertrags zusammengenommen geht hervor, dass bei Nichtigkeitsklagen die Klagefrist mit der Bekanntgabe beginnt, wenn diese Bekanntgabe, die Voraussetzung für das Inkrafttreten des Rechtsakts ist, im AEU‑Vertrag vorgesehen ist, und in den anderen, in Art. 297 Abs. 2 Unterabs. 3 AEUV genannten Fällen, unter denen auch die Beschlüsse sind, die an einen bestimmten Adressaten gerichtet sind, mit der Mitteilung beginnt.

37

Der Gerichtshof hat diese Auslegung des Art. 263 Abs. 6 AEUV bestätigt und festgestellt, dass bei einer Maßnahme, die an bestimmte Adressaten gerichtet ist, nur der diesen zugestellte Text maßgeblich ist, auch wenn diese Maßnahme im Amtsblatt veröffentlicht worden sein sollte (Urteil vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, EU:C:1966:41, S. 385).

38

Daraus ergibt sich, dass – entgegen dem Vorbringen der Portugiesischen Republik – die Mitteilung einer Handlung für die Bestimmung des Beginns der Klagefrist, die für den Adressaten dieses Rechtsakts gilt, nicht subsidiär zu dessen Bekanntgabe im Amtsblatt ist.

39

Das Urteil vom 10. März 1998, Deutschland/Rat (C‑122/95, EU:C:1998:94), kann nicht zu einer anderen Schlussfolgerung führen. In Rn. 35 dieses Urteils hat der Gerichtshof nämlich entschieden, dass bereits nach dem Wortlaut des Art. 263 Abs. 6 AEUV der Zeitpunkt, zu dem der Kläger von der Handlung Kenntnis erlangt hat, als Beginn der Klagefrist nur subsidiär neben dem Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw. der Mitteilung in Betracht kommt.

40

Nach alledem ist festzustellen, dass das Gericht, ohne einen Rechtsfehler gemacht zu haben, insbesondere in Rn. 36 des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, dass für die Berechnung der Klagefrist die Mitteilung des streitigen Beschlusses an die Portugiesische Republik, und nicht die Bekanntgabe dieses Beschlusses im Amtsblatt zu berücksichtigen ist.

41

Das übrige Vorbringen der Portugiesischen Republik im Rahmen des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes kann diese Feststellung nicht entkräften.

42

Das gilt für das Vorbringen der Portugiesischen Republik, dass das Gericht einer Auslegung des Art. 263 Abs. 6 AEUV den Vorzug hätte geben müssen, die nicht den Ausschluss ihres Rechtsmittels nach sich ziehe, da jedenfalls die Bedeutung dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 297 Abs. 2 Unterabs. 3 AEUV klar ist und ihre Formulierung keinen Anlass zu Zweifeln hinsichtlich ihrer Auslegung gibt.

43

Aus demselben Grund kann die Portugiesische Republik nicht geltend machen, dass die Kommission durch die Bekanntgabe der Rechnungsabschlussentscheidungen über die von den Mitgliedstaaten zulasten der Agrarfonds getätigten Ausgaben ein Verhalten an den Tag gelegt habe, das geeignet gewesen sei, „bei einem gutgläubigen Rechtsbürger … Verwirrung“ hervorzurufen, dass ihre Auslegung des Art. 263 Abs. 6 AEUV einen entschuldbaren Irrtum darstelle (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 17. Mai 2002, Deutschland/Parlament und Rat, C‑406/01, EU:C:2002:304, Rn. 21), oder dass die vom Gericht vorgenommene Auslegung dieser Bestimmung gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße.

44

Nach alledem sind der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

– Vorbringen der Parteien

45

Die Portugiesische Republik trägt vor, dass ihr der streitige Beschluss nach der Mitteilung am 23. Juni 2015, die sie als „vorläufig“ qualifiziert, am 20. Juli 2015„endgültig“ mitgeteilt worden sei. An diesem letzteren Datum beginne die Klagefrist, da – im Gegensatz zu dem, was aus Rn. 42 des angefochtenen Beschlusses hervorgehe – die Mitteilung vom 23. Juni 2015 ihr nicht erlaubt habe, von der streitigen Entscheidung vollständig Kenntnis zu nehmen, was die Kommission bestätigt habe, indem sie eingeräumt habe, dass diese Mitteilung weder vollkommen noch vollständig gewesen sei. Daher sei ihre Klage fristgerecht erhoben worden.

46

Die Kommission beantragt, den ersten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

47

Hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit der Mitteilung von Handlungen der Union ist vom Gerichtshof präzisiert worden, dass eine Entscheidung ordnungsgemäß mitgeteilt ist, wenn sie ihrem Empfänger übermittelt wurde und dieser in die Lage versetzt wurde, davon Kenntnis zu nehmen (Beschluss vom 2. Oktober 2014, Page Protective Services/EAD, C‑501/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2259, Rn. 30).

48

Hierzu ergibt sich aus den Rn. 26 und 27 des angefochtenen Beschlusses, dass der streitige Beschluss der Portugiesischen Republik am 23. Juni 2015 mitgeteilt wurde und diese in der Lage gewesen ist, von seinem Inhalt sowie den Gründen, auf denen er beruhte, Kenntnis zu nehmen. Ferner stellte das Gericht in Rn. 42 des angefochtenen Beschlusses fest, dass die spätere Mitteilung am 20. Juli 2015 ausschließlich dem Ziel gedient habe, das Druckformat der Zahlentabellen im Anhang des streitigen Beschlusses zu ändern, und dass dies die portugiesische Sprachfassung nicht betroffen habe, die selbst weder inhaltlich noch in der Darstellung verändert worden sei.

49

Zum Vorbringen der Portugiesischen Republik, das Gericht habe insoweit die Tatsachen und Beweismittel verfälscht, genügt die Feststellung, dass alle Gesichtspunkte, die in dem streitigen Beschluss enthalten sind und die Portugiesische Republik betreffen, eindeutig aus der am 23. Juni 2015 mitgeteilten Fassung dieses Beschlusses hervorgehen.

50

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der streitige Beschluss der Portugiesischen Republik am 23. Juni 2015 ordnungsgemäß mitgeteilt wurde.

51

In Bezug auf die Mitteilung vom 20. Juli 2015 ergibt sich auf jeden Fall aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass ein Beschluss, der sich, wie es in der vorliegenden Rechtssache offensichtlich der Fall ist, darauf beschränkt, einen früheren Beschluss zu bestätigen, keine neue Klagefrist in Gang setzt, da die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung, durch die eine frühere, nicht fristgerecht angefochtene Entscheidung nur bestätigt wird, unzulässig ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 21. November 1990, Infortec/Kommission, C‑12/90, EU:C:1990:415, Rn. 10).

52

Aufgrund dieser Erwägungen hat das Gericht in Rn. 27 des angefochtenen Beschlusses rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Mitteilung des streitigen Beschlusses am 23. Juni 2015 der Portugiesischen Republik erlaubte, vom Inhalt dieses Beschlusses sowie den Gründen, auf denen er beruhte, Kenntnis zu nehmen, und in Rn. 44 des angefochtenen Beschlusses, dass die Frist für die Klage gegen den streitigen Beschluss ab seiner Mitteilung an die Portugiesische Republik am 23. Juni 2015 und nicht ab der Mitteilung am 20. Juli 2015 zu laufen begann.

53

Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

54

Nach alledem ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kosten

55

Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet dieser über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

56

Nach Art. 138 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

57

Da die Portugiesische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Portugiesische Republik trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Portugiesisch.