URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

20. Dezember 2017 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 2008/95/EG – Art. 7 Abs. 1 – Erschöpfung des Rechts aus der Marke – Parallelmarken – Übertragung von Marken in einem Teil des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) – Geschäftsstrategie, die nach der Übertragung bewusst ein einheitliches Gesamterscheinungsbild der Marke fördert – Voneinander unabhängige Inhaber, die aber enge geschäftliche und wirtschaftliche Beziehungen haben“

In der Rechtssache C‑291/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Mercantil no 8 de Barcelona (Handelsgericht Nr. 8 von Barcelona, Spanien) mit Entscheidung vom 17. Mai 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Mai 2016, in dem Verfahren

Schweppes SA

gegen

Red Paralela SL,

Red Paralela BCN SL, vormals Carbòniques Montaner SL,

Beteiligte:

Orangina Schweppes Holding BV,

Schweppes International Ltd,

Exclusivas Ramírez SL

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Schweppes SA, vertreten durch I. López Chocarro, procurador, und D. Gómez Sánchez, abogado,

der Red Paralela SL und der Red Paralela BCN SL, vertreten durch D. Pellisé Urquiza und J. C. Quero Navarro, abogados,

der Orangina Schweppes Holding BV, vertreten durch Á. Joaniquet Tamburini, procurador, und B. González Navarro, abogado,

der Schweppes International Ltd, vertreten durch Á. Quemada Cuatrecasas, procurador, und J. M. Otero Lastres, abogado,

der hellenischen Regierung, vertreten durch G. Alexaki als Bevollmächtigte,

der niederländischen Regierung, vertreten durch M. L. Noort und M. K. Bulterman als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier, T. Scharf, F. Castillo de la Torre und J. Samnadda als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. September 2017

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2008, L 299, S. 25) und von Art. 36 AEUV.

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, den die Schweppes SA, eine Gesellschaft spanischen Rechts, gegen die Red Paralela SL und die Red Paralela BCN SL, vormals Carbòniques Montaner SL (im Folgenden zusammen: Red Paralela), wegen der Einfuhr aus dem Vereinigten Königreich stammender Flaschen Tonic Water der Marke Schweppes durch Red Paralela nach Spanien führt.

Rechtlicher Rahmen

3

Art. 7 („Erschöpfung des Rechts aus der Marke“) der Richtlinie 2008/95 bestimmt:

„(1)   Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind.

(2)   Absatz l findet keine Anwendung, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.“

4

Die Richtlinie 2008/95 wird mit Wirkung vom 15. Januar 2019 durch die am 12. Januar 2016 in Kraft getretene Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2015, L 336, S. 1) aufgehoben, deren Art. 15 im Wesentlichen mit Art. 7 der Richtlinie 2008/95 übereinstimmt.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

5

Das Zeichen „Schweppes“ ist weltweit bekannt, u. a. für das Getränk „Tonic Water“, das es in mehreren Varianten gibt. Das Zeichen ist zwar als solches keine eingetragene Unionsmarke, ist aber seit Langem in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) als nationale Wort- und Bildmarke eingetragen. Diese nationalen Marken sind im Wesentlichen identisch.

6

Ursprünglich war Cadbury Schweppes Inhaberin aller im EWR eingetragenen Schweppes-Marken (im Folgenden: Parallelmarken).

7

Im Lauf des Jahres 1999 übertrug Cadbury Schweppes einen Teil dieser Parallelmarken, darunter die im Vereinigten Königreich eingetragenen Marken, an die Coca-Cola/Atlantic Industries (im Folgenden: Coca-Cola). Cadbury Schweppes blieb Inhaberin der übrigen Marken, darunter die in Spanien eingetragenen Marken.

8

Auf der nachfolgend wiedergegebenen Karte sind die Mitgliedstaaten des EWR und ihre Nachbarstaaten, in denen Coca-Cola Inhaberin der Schweppes-Marken ist, in dunkler Farbe gekennzeichnet:

Image

9

Nach mehreren Übernahmen und Umstrukturierungen werden die von Cadbury Schweppes nicht übertragenen Parallelmarken nun von der Schweppes International Ltd, einer Gesellschaft des Rechts des Vereinigten Königreichs, gehalten.

10

Diese erteilte Schweppes eine ausschließliche Lizenz für die im Ausgangsverfahren streitigen spanischen Parallelmarken.

11

Schweppes und Schweppes International sind Tochtergesellschaften der niederländischen Gesellschaft Orangina Schweppes Holding BV, die an der Spitze des Orangina-Schweppes-Konzerns steht.

12

Am 29. Mai 2014 erhob Schweppes Klage gegen Red Paralela wegen Verletzung der Parallelmarken, weil die Beklagten des Ausgangsverfahrens aus dem Vereinigten Königreich stammende Flaschen Tonic Water der Marke Schweppes nach Spanien eingeführt und dort vermarktet haben sollen. Schweppes macht geltend, dieses Inverkehrbringen sei rechtswidrig, da die betreffenden Flaschen nicht von ihr selbst oder mit ihrer Zustimmung hergestellt und vermarktet worden seien, sondern von Coca-Cola, die weder wirtschaftliche noch rechtliche Beziehungen zum Orangina-Schweppes-Konzern habe. Da die fraglichen Zeichen und Waren identisch seien, sei der Verbraucher nicht in der Lage, die betriebliche Herkunft dieser Flaschen zu erkennen.

13

Red Paralela beruft sich zu ihrer Verteidigung auf die Erschöpfung des Markenrechts, die sich in Bezug auf Schweppes-Waren, die aus den Mitgliedstaaten der Union stammten, in denen Coca-Cola die Inhaberin der Parallelmarken sei, aus einer stillschweigenden Zustimmung ergebe. Außerdem gebe es unbestreitbar rechtliche und wirtschaftliche Beziehungen zwischen Coca-Cola und Schweppes International bei der gemeinsamen Nutzung des Zeichens „Schweppes“ als universelle Marke.

14

Das vorlegende Gericht stellte folgende für die vorliegende Rechtssache relevante Tatsachen fest:

Obwohl Schweppes International nur in einem Teil der Mitgliedstaaten des EWR Inhaberin der Parallelmarken gewesen sei, habe sie ein Gesamterscheinungsbild der Marke Schweppes gefördert.

Coca-Cola habe als Inhaberin der in den übrigen Mitgliedstaaten des EWR eingetragenen Parallelmarken zur Aufrechterhaltung des Gesamterscheinungsbilds der Marke beigetragen.

Dieses Gesamterscheinungsbild führe bei den maßgeblichen spanischen Verkehrskreisen zu Verwirrung über die betriebliche Herkunft der „Schweppes“-Waren.

Schweppes International sei für die speziell der Marke Schweppes gewidmete europäische Website (www.schweppes.eu) verantwortlich, die nicht nur allgemeine Informationen zu den Waren dieser Marke enthalte, sondern auch Links zu mehreren nationalen Websites, insbesondere zu der von Coca-Cola verwalteten britischen Website.

Schweppes International, die im Vereinigten Königreich (wo Coca-Cola Markeninhaberin sei) kein Recht an der Marke Schweppes innehabe, berufe sich auf ihrer Website auf die britische Herkunft der Marke.

Schweppes und Schweppes International nutzten das Erscheinungsbild der „Schweppes“-Waren britischer Herkunft in ihrer Werbung.

Schweppes International betreibe im Vereinigten Königreich Verkaufsförderung und Kundeninformation für „Schweppes“-Waren in den sozialen Netzwerken.

Die Gestaltung der von Schweppes International vertriebenen „Schweppes“-Waren sei der Gestaltung der „Schweppes“-Waren britischer Herkunft sehr ähnlich und in manchen Mitgliedstaaten, etwa in Dänemark und in den Niederlanden, sogar mit ihr identisch.

Schweppes International, die ihren Sitz im Vereinigten Königreich habe, und Coca-Cola koexistierten friedlich im Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs.

Nachdem im Lauf des Jahres 1999 ein Teil der Parallelmarken an Coca-Cola übertragen worden sei, hätten die beiden Inhaberinnen der Parallelmarken im EWR in ihren jeweiligen Gebieten neue, identische oder ähnliche Schweppes-Marken für dieselben Waren angemeldet (z. B. die Marke SCHWEPPES ZERO).

Obwohl Schweppes International die Inhaberin der Parallelmarken in den Niederlanden sei, erfolge die Nutzung der Marke in diesem Land (d. h. die Herstellung, Abfüllung und Vermarktung der Ware) durch Coca-Cola als Lizenznehmerin.

Schweppes International gehe nicht dagegen vor, dass in mehreren Mitgliedstaaten des EWR, in denen sie die Inhaberin der Parallelmarken sei – etwa in Deutschland und Frankreich –, „Schweppes“-Waren britischer Herkunft online vertrieben würden; „Schweppes“-Waren würden außerdem, ohne Unterscheidung der Herkunft, im gesamten EWR über Webportale verkauft.

Coca-Cola sei mit ihren Rechten an den Parallelmarken nicht gegen die Anmeldung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters mit dem Wortbestandteil „Schweppes“ durch Schweppes International vorgegangen.

15

Das vorlegende Gericht führt aus, die Umstände des Ausgangsverfahrens unterschieden sich deutlich von denen der Rechtssachen, die der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Erschöpfung des Markenrechts zugrunde lägen; daher könne es geboten sein, das Gleichgewicht zwischen dem Schutz dieses Rechts und dem freien Warenverkehr innerhalb der Union zu überdenken.

16

Unter diesen Umständen hat der Juzgado de lo Mercantil no 8 de Barcelona (Handelsgericht Nr. 8 von Barcelona, Spanien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist es mit Art. 36 AEUV sowie mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 und Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2015/2436 vereinbar, dass der Inhaber einer Marke in einem oder mehreren Mitgliedstaaten die Paralleleinfuhr oder das Inverkehrbringen von Waren mit einer identischen oder nahezu identischen Marke, deren Inhaber ein Dritter ist, aus einem anderen Mitgliedstaat verhindert, wenn dieser Markeninhaber ein Gesamterscheinungsbild der Marke beworben hat, das mit dem Mitgliedstaat in Verbindung steht, aus dem die Waren stammen, deren Einfuhr er verbieten will?

2.

Ist es mit Art. 36 AEUV sowie mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 und Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2015/2436 vereinbar, dass eine Ware unter einer in der Union bekannten Marke verkauft wird, wenn die eingetragenen Inhaber im gesamten EWR an einem Gesamterscheinungsbild der Marke festhalten, das beim Durchschnittsverbraucher zu Verwirrung über die betriebliche Herkunft der Ware führt?

3.

Ist es mit Art. 36 AEUV sowie mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 und Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2015/2436 vereinbar, dass sich der Inhaber nationaler, in verschiedenen Mitgliedstaaten identischer oder ähnlicher Marken der Einfuhr in einen Mitgliedstaat, in dem er der Markeninhaber ist, von Waren widersetzt, die mit einer mit seiner Marke identischen oder ihr ähnlichen Marke versehen sind und aus einem Mitgliedstaat stammen, in dem er nicht der Markeninhaber ist, wenn er in mindestens einem anderen Mitgliedstaat, in dem er der Markeninhaber ist, der Einfuhr derselben Waren ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat?

4.

Ist es mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95, Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2015/2436 und Art. 36 AEUV vereinbar, dass sich der Inhaber A einer Marke X eines Mitgliedstaats der Einfuhr von Waren widersetzt, die mit dieser Marke versehen sind, wenn die Waren aus einem anderen Mitgliedstaat stammen, in dem eine mit der Marke X identische Marke Y für einen anderen Inhaber B eingetragen ist, der sie in Verkehr bringt, und

zwischen den beiden Inhabern A und B intensive geschäftliche und wirtschaftliche Beziehungen bestehen, aber keine strikte Abhängigkeit bei der gemeinsamen Nutzung der Marke X,

die beiden Inhaber A und B eine koordinierte Markenstrategie verfolgen, die darin besteht, bei den einschlägigen Verkehrskreisen einen einheitlichen Gesamtauftritt oder ein einheitliches Gesamterscheinungsbild der Marke zu bewerben, oder

zwischen den beiden Inhabern A und B intensive geschäftliche und wirtschaftliche Beziehungen bestehen, aber keine strikte Abhängigkeit bei der gemeinsamen Nutzung der Marke X, und sie zudem eine koordinierte Markenstrategie verfolgen, die darin besteht, bei den einschlägigen Verkehrskreisen einen einheitlichen Gesamtauftritt oder ein einheitliches Gesamterscheinungsbild der Marke zu bewerben?

Zu den Vorlagefragen

Zur Zulässigkeit

17

Schweppes, Schweppes International und Orangina Schweppes Holding machen in erster Linie geltend, das Vorabentscheidungsersuchen sei unzulässig.

18

Sie tragen hierzu zunächst vor, das Vorabentscheidungsersuchen entbehre der Grundlage. Die in der Vorlageentscheidung enthaltenen und in Rn. 14 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Tatsachenfeststellungen, auf denen die Vorlage beruhe, seien offensichtlich fehlerhaft. Die Vorlageentscheidung sei außerdem unvollständig, da insbesondere der Standpunkt, mit dem sich Schweppes und Schweppes International gegen die genannten Tatsachenfeststellungen wendeten, bewusst nicht dargestellt werde, und verletze damit ihre Verteidigungsrechte.

19

Ferner seien die gestellten Vorlagefragen abstrakt und beruhten auf allgemeinen und hypothetischen Behauptungen. Der Gerichtshof sei daher nicht in der Lage, ihre Erforderlichkeit und Erheblichkeit zu bewerten.

20

Schließlich bezögen sich die Zweifel des vorlegenden Gerichts nicht auf die Auslegung des Unionsrechts, sondern allein darauf, ob bestimmte Sachverhalte, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Erschöpfung des Markenrechts noch nicht behandelt worden seien, darunter fallen könnten. Diese Rechtsprechung sei jedoch eindeutig definiert und gefestigt, so dass an der vom vorlegenden Gericht erbetenen Auslegung des Unionsrechts keine Zweifel mehr bestünden und die Anrufung des Gerichtshofs nicht erforderlich gewesen wäre.

21

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in einem Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, allein das nationale Gericht für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits zuständig ist. In diesem Rahmen beschränkt sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs darauf, sich anhand der Sach- und Rechtslage, wie sie das vorlegende Gericht dargestellt hat, zur Auslegung oder zur Gültigkeit des Unionsrechts zu äußern, um dem vorlegenden Gericht sachdienliche Hinweise für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zu geben (Urteile vom 28. Juli 2016, Kratzer, C‑423/15, EU:C:2016:604, Rn. 27, und vom 27. April 2017, A‑Rosa Flussschiff, C‑620/15, EU:C:2017:309, Rn. 35).

22

Es ist daher nicht Sache des Gerichtshofs, die dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen in Zweifel zu ziehen.

23

Überdies hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen hat. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteile vom 26. Januar 2017, Banco Primus, C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 29, und vom 20. September 2017, Andriciuc u. a., C‑186/16, EU:C:2017:703, Rn. 19).

24

Ein Vorabentscheidungsersuchen eines nationalen Gerichts kann demnach vom Gerichtshof nur dann zurückgewiesen werden, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteile vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 26, und vom 26. Januar 2017, Banco Primus, C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 30).

25

Dies ist hier aber nicht der Fall. Aus der Vorlageentscheidung geht nämlich hervor, dass die gestellten Fragen mit dem Ausgangsrechtsstreit unmittelbar zusammenhängen und für die vom vorlegenden Gericht zu treffende Entscheidung erheblich sind. Im Übrigen enthält das Ersuchen genügend Angaben, um die Tragweite der Fragen zu ermitteln und sie in zweckdienlicher Weise zu beantworten.

26

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es den innerstaatlichen Gerichten unbenommen bleibt, den Gerichtshof zu befassen, wenn sie es für angebracht halten; dass die Bestimmungen, um deren Auslegung ersucht wird, bereits vom Gerichtshof ausgelegt worden sind, steht einer neuerlichen Entscheidung des Gerichtshofs nicht entgegen (Urteile vom 17. Juli 2014, Torresi, C‑58/13 und C‑59/13, EU:C:2014:2088, Rn. 32, und vom 20. September 2017, Andriciuc u. a., C‑186/16, EU:C:2017:703, Rn. 21).

27

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass das Vorabentscheidungsersuchen zulässig ist.

Zur Beantwortung der Fragen

28

Einleitend ist festzustellen, dass die Vorlagefragen sowohl das Sekundärrecht der Union, und zwar Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 und Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2015/2436, der ihn ersetzt, betreffen als auch das Primärrecht, nämlich Art. 36 AEUV.

29

Hierzu ist zum einen festzustellen, dass angesichts des streitgegenständlichen Zeitraums die erstgenannte dieser beiden Bestimmungen des Sekundärrechts für den Ausgangsrechtsstreit maßgebend ist. Im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens hat sich der Gerichtshof demnach nur mit ihr zu befassen.

30

Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass der allgemein gefasste Art. 7 der Richtlinie 2008/95 die Frage der Erschöpfung des Markenrechts für die in der Union in den Verkehr gebrachten Waren abschließend regelt. Wenn die zum Schutz der in Art. 36 AEUV angeführten Belange notwendigen Maßnahmen durch Unionsrichtlinien harmonisiert wurden, sind alle sie betreffenden nationalen Maßnahmen anhand der Bestimmungen dieser Richtlinie und nicht anhand der Art. 34 bis 36 AEUV zu beurteilen. Dabei ist die Richtlinie allerdings, wie jede sekundärrechtliche Regelung der Union, im Licht der Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Warenverkehr und insbesondere von Art. 36 AEUV auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a., C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, EU:C:1996:282, Rn. 25 bis 27 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 20. März 1997, Phytheron International, C‑352/95, EU:C:1997:170, Rn. 17 und 18).

31

Mit seinen vier Fragen, die gemeinsam zu behandeln sind, möchte das vorlegende Gericht somit wissen, ob Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 im Licht von Art. 36 AEUV dahin auszulegen ist, dass er den Inhaber einer nationalen Marke daran hindert, sich der Einfuhr identischer, mit der gleichen Marke versehener Waren aus einem anderen Mitgliedstaat zu widersetzen, in dem diese Marke, die ursprünglich demselben Inhaber gehörte, nunmehr einem Dritten gehört, der sie durch Übertragung erworben hat, sofern eines oder mehrere der folgenden Merkmale vorliegen:

Der Inhaber hat ein Gesamterscheinungsbild der Marke gefördert, das mit dem Mitgliedstaat in Verbindung gebracht wird, aus dem die Waren stammen, deren Einfuhr er verbieten lassen will.

Der Inhaber und der Dritte koordinieren ihre Markenstrategie, um im gesamten EWR bewusst einen einheitlichen Gesamtauftritt oder ein einheitliches Gesamterscheinungsbild der Marke zu fördern.

Das so geschaffene einheitliche Gesamterscheinungsbild der Marke führt beim Durchschnittsverbraucher zu Verwirrung über die betriebliche Herkunft der mit dieser Marke versehenen Waren.

Zwischen dem Inhaber und dem Dritten bestehen enge geschäftliche und wirtschaftliche Beziehungen, aber keine strikte Abhängigkeit bei der gemeinsamen Nutzung der Marke.

Der Inhaber hat ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt, dass die gleichen Waren wie die, deren Einfuhr er verbieten lassen will, in einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten eingeführt werden, in denen er noch Inhaber der Markenrechte ist.

32

Red Paralela, die griechische und die niederländische Regierung sowie die Europäische Kommission schlagen mit verschiedenen Nuancen vor, diese Frage zu bejahen, während Schweppes, Schweppes International und Orangina Schweppes Holding der Ansicht sind, die Frage sei zu verneinen.

33

Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 gewährt die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Union in den Verkehr gebracht worden sind.

34

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 lehnt sich in seinem Wortlaut an die Urteile des Gerichtshofs an, in denen bei der Auslegung der Art. 30 und 36 des EG-Vertrags (später Art. 28 und 30 EG, jetzt Art. 34 und 36 AEUV) im Unionsrecht der Grundsatz der Erschöpfung des Markenrechts anerkannt wurde. Diese Bestimmung übernimmt somit die Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach sich der Inhaber einer nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats geschützten Marke nicht unter Berufung auf diese Vorschriften der Einfuhr oder dem Vertrieb einer Ware widersetzen kann, die in einem anderen Mitgliedstaat von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a., C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, EU:C:1996:282, Rn. 31, und vom 20. März 1997, Phytheron International, C‑352/95, EU:C:1997:170, Rn. 20).

35

Diese auf Art. 36 AEUV beruhende Rechtsprechung zum Grundsatz der Erschöpfung des Markenrechts soll ebenso wie Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 die grundlegenden Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs im Binnenmarkt in Einklang bringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a., C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, EU:C:1996:282, Rn. 40).

36

Der Gerichtshof hat wiederholt festgestellt, dass das Markenrecht ein wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs ist, das das Unionsrecht schaffen und aufrechterhalten will. In einem solchen System müssen die Unternehmen die Kunden durch die Qualität ihrer Waren oder ihrer Dienstleistungen an sich binden können, was nur dann möglich ist, wenn es Kennzeichen gibt, mit denen sich die Waren und Dienstleistungen identifizieren lassen. Damit die Marke diese Aufgabe erfüllen kann, muss sie gewährleisten, dass alle mit ihr versehenen Waren unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt wurden, dem sich die Verantwortung für ihre Qualität zuordnen lässt (Urteile vom 17. Oktober 1990, HAG GF, C‑10/89, EU:C:1990:359, Rn. 13, und vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a., C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, EU:C:1996:282, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37

Infolgedessen besteht, wie der Gerichtshof schon häufig anerkannt hat, der spezifische Gegenstand des Markenrechts insbesondere darin, dem Inhaber das Recht zu verleihen, die Marke beim erstmaligen Inverkehrbringen einer Ware zu benutzen, und ihn dadurch vor Konkurrenten zu schützen, die die Stellung und den Ruf der Marke durch den Vertrieb widerrechtlich mit ihr versehener Waren missbrauchen wollen. Um die genaue Reichweite dieses ausschließlichen Rechts des Markeninhabers zu bestimmen, ist die Hauptfunktion der Marke zu berücksichtigen, die darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Ware ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer Herkunft zu unterscheiden (Urteile vom 17. Oktober 1990, HAG GF, C‑10/89, EU:C:1990:359, Rn. 14, und vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a., C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, EU:C:1996:282, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38

Die Hauptfunktion der Marke würde jedoch gefährdet, wenn der Inhaber sich einer ohne seine Zustimmung erfolgten Einfuhr einer identischen oder ähnlichen, mit einer identischen oder verwechslungsfähigen Marke versehenen und in einem anderen Mitgliedstaat durch einen Dritten, der keine wirtschaftliche Beziehung zum Markeninhaber hat, hergestellten und vertriebenen Ware nicht widersetzen dürfte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Oktober 1990, HAG GF, C‑10/89, EU:C:1990:359, Rn. 15 und 16, und vom 22. Juni 1994, IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger, C‑9/93, EU:C:1994:261, Rn. 33 bis 37).

39

Daran ändert auch die bloße Tatsache nichts, dass die Marke des Inhabers und die auf der Ware, deren Einfuhr der Inhaber verbieten lassen will, angebrachte Marke ursprünglich demselben Inhaber gehörten, unabhängig davon, ob die Aufspaltung der Marken auf einer Enteignung, also einer hoheitlichen Maßnahme, oder einer freiwilligen vertraglichen Übertragung beruht; jede dieser Marken muss aber, trotz ihres gemeinsamen Ursprungs, ab der Enteignung oder der Übertragung in ihrem jeweiligen räumlichen Rahmen unabhängig ihre Funktion erfüllt haben, die Herkunft der gekennzeichneten Waren aus nur einer Quelle zu garantieren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Oktober 1990, HAG GF, C‑10/89, EU:C:1990:359, Rn. 17 und 18, und vom 22. Juni 1994, IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger, C‑9/93, EU:C:1994:261, Rn. 46 bis 48).

40

An der letztgenannten Voraussetzung fehlt es offensichtlich, wenn nach der Übertragung eines Teils der nationalen Parallelmarken an einen Dritten der Inhaber, allein oder durch Koordinierung seiner Markenstrategie mit diesem Dritten, weiterhin aktiv und bewusst einen einheitlichen Gesamtauftritt oder ein einheitliches Gesamterscheinungsbild der Marke gefördert hat und damit bei den maßgeblichen Verkehrskreisen Verwirrung über die betriebliche Herkunft der mit dieser Marke versehenen Waren geschaffen oder sie verstärkt hat. Mit einem solchen Verhalten, das dazu führt, dass die Marke des Inhabers in ihrem jeweiligen räumlichen Rahmen ihre Hauptfunktion nicht mehr unabhängig erfüllt, hat der Inhaber selbst diese Funktion beeinträchtigt oder sogar verfälscht. Deshalb kann er sich nicht unter Berufung auf das Erfordernis, diese Funktion aufrechtzuerhalten, der Einfuhr identischer, mit derselben Marke versehener Waren widersetzen, die aus einem anderen Mitgliedstaat stammen, in dem die Marke nunmehr dem Dritten gehört.

41

Es ist Sache der nationalen Gerichte, unter Berücksichtigung aller den konkreten Sachverhalt kennzeichnenden Umstände zu prüfen, ob dies der Fall war.

42

In diesem Kontext ist allerdings festzustellen, dass insoweit der bloße Umstand nicht ausreichen kann, dass der Inhaber nach der Übertragung weiterhin auf die ursprüngliche geografische Herkunft der nationalen Parallelmarken verweist, auch wenn er die Rechte für das betreffende Gebiet nicht mehr besitzt und die Einfuhr von Waren, die mit diesen Marken versehen sind, von dort verbieten lassen will.

43

Für den Fall, dass die nationalen Gerichte feststellen, dass die in Rn. 39 des vorliegenden Urteils genannte Voraussetzung erfüllt ist, ist noch darauf hinzuweisen, dass die Hauptfunktion der Marke durch die Freiheit der Einfuhren nicht beeinträchtigt wird, wenn es sich bei dem Markeninhaber im Einfuhrstaat und dem Markeninhaber im Ausfuhrstaat um dieselbe Person handelt oder wenn sie zwar verschiedene, aber wirtschaftlich miteinander verbundene Personen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 1994, IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger, C‑9/93, EU:C:1994:261, Rn. 34 und 37).

44

Dazu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine solche wirtschaftliche Beziehung u. a. dann vorliegt, wenn die betreffenden Waren von einem Lizenznehmer, einer Mutter- oder Tochtergesellschaft desselben Konzerns oder einem Alleinvertriebshändler in den Verkehr gebracht wurden. Diesen Sachverhalten ist nämlich gemeinsam, dass der Inhaber oder die Einrichtung, zu der er gehört, die Qualität der mit der Marke versehenen Waren kontrollieren kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 1994, IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger, C‑9/93, EU:C:1994:261, Rn. 34 und 37).

45

Der Gerichtshof hat überdies hervorgehoben, dass der entscheidende Gesichtspunkt die Möglichkeit einer Kontrolle der Warenqualität ist und nicht die tatsächliche Ausübung dieser Kontrolle. In diesem Kontext hat er als Beispiel angeführt, dass der Lizenzgeber, wenn er die Herstellung minderwertiger Erzeugnisse durch den Lizenznehmer duldet, obwohl er die vertraglichen Mittel hat, um dies zu verhindern, die Verantwortung dafür übernehmen muss. Desgleichen können, wenn die Herstellung der Waren innerhalb einer Unternehmensgruppe dezentralisiert ist und die Tochterunternehmen in den einzelnen Mitgliedstaaten Waren herstellen, deren Qualität den Besonderheiten des jeweiligen nationalen Marktes angepasst ist, diese Qualitätsunterschiede nicht herangezogen werden, um sich der Einfuhr von Waren, die von einer Schwestergesellschaft hergestellt wurden, zu widersetzen; die Gruppe muss die Folgen ihrer Entscheidung tragen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 1994, IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger, C‑9/93, EU:C:1994:261, Rn. 38).

46

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 72 bis 82 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, geht aus dieser Rechtsprechung hervor, dass es sich bei dem Kriterium der „wirtschaftlichen Beziehung“ im Sinne dieser Rechtsprechung nicht um ein formales, sondern um ein substanzielles Kriterium handelt, das sich nicht auf die in Rn. 44 des vorliegenden Urteils aufgezählten Fälle beschränkt, sondern auch dann erfüllt ist, wenn nach der Aufspaltung der nationalen Parallelmarken durch eine räumlich begrenzte Übertragung die Inhaber dieser Marken ihre Geschäftspolitik koordinieren oder sich absprechen, um die gemeinsame Nutzung der Marken zu kontrollieren, so dass sie unmittelbar oder mittelbar bestimmen können, auf welchen Waren die Marke angebracht wird, und ihre Qualität kontrollieren können.

47

Würde man solchen Markeninhabern gestatten, ihre jeweiligen Gebiete vor der Paralleleinfuhr dieser Waren zu schützen, würde dies zu einer vom Gegenstand des Markenrechts nicht gedeckten und insbesondere für die Wahrung der Hauptfunktion der betroffenen Marken nicht erforderlichen Abschottung der nationalen Märkte führen.

48

Unter den in Rn. 46 des vorliegenden Urteils beschriebenen Umständen ist daher davon auszugehen, dass die Ware im Ausfuhrmitgliedstaat mit der Zustimmung des Inhabers des im Einfuhrmitgliedstaat geschützten Markenrechts im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95, ausgelegt im Licht von Art. 36 AEUV, in den Verkehr gebracht worden ist.

49

Hinzuzufügen ist insoweit, dass es für die Feststellung, ob nach der Aufspaltung nationaler Parallelmarken durch eine räumlich begrenzte Übertragung wirtschaftliche Beziehungen zwischen den Inhabern dieser Marken bestehen, weder darauf ankommt, ob die Markeninhaber bei der gemeinsamen Nutzung der Marken formal voneinander abhängig sind, noch darauf, ob sie von der Möglichkeit, die Qualität der betreffenden Waren zu kontrollieren, tatsächlich Gebrauch machen.

50

Im Übrigen hat der Gerichtshof zwar bereits festgestellt, dass der Übertragungsvertrag allein – d. h. ohne jede wirtschaftliche Beziehung – den Übertragenden nicht befähigt, die Qualität der vom Erwerber mit der Marke versehenen und vertriebenen Waren zu kontrollieren, doch ergibt sich gerade aus dieser Feststellung, dass es sich anders verhält, wenn zwischen dem Übertragenden und dem Erwerber wirtschaftliche Beziehungen bestehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 1994, IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger, C‑9/93, EU:C:1994:261, Rn. 41 und 43).

51

Es ist Sache der nationalen Gerichte, unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu prüfen, ob solche wirtschaftlichen Beziehungen vorliegen.

52

In diesem Kontext ist zu beachten, dass die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 zwar grundsätzlich den Wirtschaftsteilnehmer trifft, der sich auf die Erschöpfung beruft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. November 2001, Zino Davidoff und Levi Strauss, C‑414/99 bis C‑416/99, EU:C:2001:617, Rn. 54). Diese Regel ist jedoch anzupassen, wenn sie es dem Inhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit den Fortbestand von Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. April 2003, Van Doren + Q, C‑244/00, EU:C:2003:204, Rn. 37 und 38).

53

Eine solche Anpassung der Beweislast ist bei einer bewussten Aufspaltung nationaler Parallelmarken geboten, weil dann für den Wirtschaftsteilnehmer der Nachweis wirtschaftlicher Beziehungen zwischen den Markeninhabern schwierig oder sogar unmöglich ist, denn diese Beziehungen beruhen üblicherweise auf Handelsübereinkommen oder informellen Abreden zwischen den Inhabern, zu denen der Wirtschaftsteilnehmer keinen Zugang hat.

54

Wie auch der Generalanwalt in Nr. 94 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, obliegt es dem Wirtschaftsteilnehmer allerdings, ein Bündel präziser und übereinstimmender Indizien vorzulegen, die den Schluss auf die Existenz wirtschaftlicher Beziehungen zulassen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob der in Rn. 14 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Sachverhalt solche Indizien enthält.

55

Nach alledem ist auf die gestellten Fragen zu antworten, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 im Licht von Art. 36 AEUV dahin auszulegen ist, dass er den Inhaber einer nationalen Marke daran hindert, sich der Einfuhr identischer, mit der gleichen Marke versehener Waren aus einem anderen Mitgliedstaat zu widersetzen, in dem diese Marke, die ursprünglich demselben Inhaber gehörte, nunmehr einem Dritten gehört, der sie durch Übertragung erworben hat, sofern nach dieser Übertragung

der Inhaber, allein oder durch Koordinierung seiner Markenstrategie mit dem Dritten, weiterhin aktiv und bewusst einen einheitlichen Gesamtauftritt oder ein einheitliches Gesamterscheinungsbild der Marke gefördert und damit bei den maßgeblichen Verkehrskreisen Verwirrung über die betriebliche Herkunft der mit dieser Marke versehenen Waren geschaffen oder sie verstärkt hat

oder

zwischen dem Inhaber und dem Dritten in dem Sinne wirtschaftliche Beziehungen bestehen, dass sie ihre Geschäftspolitiken koordinieren oder sich absprechen, um die Nutzung der Marke gemeinsam zu kontrollieren, so dass sie unmittelbar oder mittelbar bestimmen können, auf welchen Waren die Marke angebracht wird, und ihre Qualität kontrollieren können.

Kosten

56

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist im Licht von Art. 36 AEUV dahin auszulegen, dass er den Inhaber einer nationalen Marke daran hindert, sich der Einfuhr identischer, mit der gleichen Marke versehener Waren aus einem anderen Mitgliedstaat zu widersetzen, in dem diese Marke, die ursprünglich demselben Inhaber gehörte, nunmehr einem Dritten gehört, der sie durch Übertragung erworben hat, sofern nach dieser Übertragung

 

der Inhaber, allein oder durch Koordinierung seiner Markenstrategie mit dem Dritten, weiterhin aktiv und bewusst einen einheitlichen Gesamtauftritt oder ein einheitliches Gesamterscheinungsbild der Marke gefördert und damit bei den maßgeblichen Verkehrskreisen Verwirrung über die betriebliche Herkunft der mit dieser Marke versehenen Waren geschaffen oder sie verstärkt hat

oder

 

zwischen dem Inhaber und dem Dritten in dem Sinne wirtschaftliche Beziehungen bestehen, dass sie ihre Geschäftspolitiken koordinieren oder sich absprechen, um die Nutzung der Marke gemeinsam zu kontrollieren, so dass sie unmittelbar oder mittelbar bestimmen können, auf welchen Waren die Marke angebracht wird, und ihre Qualität kontrollieren können.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.