SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 31. Januar 2018 ( 1 )

Rechtssache C‑679/16

A

(Vorabentscheidungsersuchen des Korkein hallinto-oikeus [Oberstes Verwaltungsgericht, Finnland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 20 und 21 AEUV – Unionsbürgerschaft – Freizügigkeit – Soziale Sicherheit – Verordnung (EG) Nr. 883/2004 – Soziale Fürsorge – Leistungen bei Krankheit -Behinderten-Dienstleistungen – Pflicht einer Gemeinde eines Mitgliedstaats, einem ihrer Bewohner von den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehene persönliche Assistenz während eines Hochschulstudiums bereitzustellen, das dieser in einem anderen Mitgliedstaat absolviert“

I. Einleitung

1.

In der vorliegenden Rechtssache wird der Gerichtshof vom Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht, Finnland) im Wesentlichen um Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ( 2 ) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 ( 3 ) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 883/2004) und der Art. 20 und 21 AEUV ersucht.

2.

Es geht hauptsächlich zum einen darum, ob die einem Schwerbehinderten geleistete persönliche Assistenz als „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 einzustufen ist oder vielmehr aus deren Anwendungsbereich herausfällt. Zum anderen möchte das vorlegende Gericht in diesem zweiten Fall wissen, ob die Art. 20 und 21 AEUV die zuständige finnische Behörde daran hindern, einem in Finnland wohnhaften Schwerbehinderten die Gewährung einer solchen Assistenz für ein Hochschulstudium in einem anderen Mitgliedstaat, im vorliegenden Fall Estland, zu verweigern.

II. Rechtlicher Rahmen

A.   Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

3.

In Art. 19 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das mit dem Beschluss 2010/48/EG des Rates vom 26. November 2009 ( 4 ) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde, heißt es:

„Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens … treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass

b)

Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen sowie zu sonstigen gemeindenahen Unterstützungsdiensten haben, einschließlich der persönlichen Assistenz, die zur Unterstützung des Lebens in der Gemeinschaft und der Einbeziehung in die Gemeinschaft sowie zur Verhinderung von Isolation und Absonderung von der Gemeinschaft notwendig ist;

…“

4.

Die Republik Finnland ratifizierte das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und das Fakultativprotokoll dazu am 11. Mai 2016. Das Übereinkommen und sein Fakultativprotokoll traten in Finnland am 10. Juni 2016 in Kraft.

B.   Verordnung Nr. 883/2004

5.

Gemäß den Definitionen in Art. 1 Buchst. j, k und l der Verordnung Nr. 883/2004 bezeichnet der Ausdruck:

„j)

‚Wohnort‘ den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person;

k)

‚Aufenthalt‘ den vorübergehenden Aufenthalt;

l)

‚Rechtsvorschriften‘ für jeden Mitgliedstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Artikel 3 Absatz 1 genannten Zweige der sozialen Sicherheit.

…“

6.

Art. 3 („Sachlicher Geltungsbereich“) der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt:

„(1)   Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften, die folgende Zweige der sozialen Sicherheit betreffen:

a)

Leistungen bei Krankheit;

(2)   Sofern in Anhang XI nichts anderes bestimmt ist, gilt diese Verordnung für die allgemeinen und die besonderen, die auf Beiträgen beruhenden und die beitragsfreien Systeme der sozialen Sicherheit sowie für die Systeme betreffend die Verpflichtungen von Arbeitgebern und Reedern.

(3)   Diese Verordnung gilt auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen gemäß Artikel 70.

(5)   Die Verordnung gilt nicht für

a)

soziale und medizinische Fürsorge

…“

7.

Art. 9 („Erklärungen der Mitgliedstaaten zum Geltungsbereich dieser Verordnung“) der Verordnung Nr. 883/2004 sieht u. a. vor, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission jährlich die Rechtsvorschriften, Systeme und Regelungen im Sinne des Art. 3 der Verordnung schriftlich notifizieren.

8.

Art. 70 der Verordnung Nr. 883/2004 lautet:

„(1)   Dieser Artikel gilt für besondere beitragsunabhängige Geldleistungen, die nach Rechtsvorschriften gewährt werden, die aufgrund ihres persönlichen Geltungsbereichs, ihrer Ziele und/oder ihrer Anspruchsvoraussetzungen sowohl Merkmale der in Artikel 3 Absatz 1 genannten Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit als auch Merkmale der Sozialhilfe aufweisen.

(2)   Für die Zwecke dieses Kapitels bezeichnet der Ausdruck ‚besondere beitragsunabhängige Geldleistungen‘ die Leistungen:

a)

die dazu bestimmt sind:

i)

einen zusätzlichen, ersatzweisen oder ergänzenden Schutz gegen die Risiken zu gewähren, die von den in Artikel 3 Absatz 1 genannten Zweigen der sozialen Sicherheit gedeckt sind, und den betreffenden Personen ein Mindesteinkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts garantieren, das in Beziehung zu dem wirtschaftlichen und sozialen Umfeld in dem betreffenden Mitgliedstaat steht, oder

ii)

allein dem besonderen Schutz des Behinderten zu dienen, der eng mit dem sozialen Umfeld dieser Person in dem betreffenden Mitgliedstaat verknüpft ist,

und

b)

deren Finanzierung ausschließlich durch obligatorische Steuern zur Deckung der allgemeinen öffentlichen Ausgaben erfolgt und deren Gewährung und Berechnung nicht von Beiträgen hinsichtlich der Leistungsempfänger abhängen. Jedoch sind Leistungen, die zusätzlich zu einer beitragsabhängigen Leistung gewährt werden, nicht allein aus diesem Grund als beitragsabhängige Leistungen zu betrachten,

und

c)

die in Anhang X aufgeführt sind.

(3)   Artikel 7 und die anderen Kapitel dieses Titels gelten nicht für die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten Leistungen.

(4)   Die in Absatz 2 genannten Leistungen werden ausschließlich in dem Mitgliedstaat, in dem die betreffenden Personen wohnen, und nach dessen Rechtsvorschriften gewährt. Die Leistungen werden vom Träger des Wohnorts und zu seinen Lasten gewährt.“

C.   Finnisches Recht

1. Sozialfürsorgegesetz

9.

§ 13 Nr. 1 des Sosiaalihuoltolaki (Sozialfürsorgegesetz) (17.9.1982/710) bestimmt:

„Im Rahmen ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der sozialen Fürsorge ist die Gemeinde verpflichtet, sich unter Beachtung der Vorgaben hinsichtlich Inhalt und Umfang in den Rechtsvorschriften zu kümmern um:

1)

die Organisation der sozialen Dienste für die Einwohner;

…“

10.

§ 14 Abs. 1 des Sozialfürsorgegesetzes sieht vor:

,,Einwohner der Gemeinde im Sinne dieses Gesetzes ist, wer im Sinne des Väestökirjalaki [(Personenstandsregistergesetz)] (141/69) seinen Wohnsitz in der Gemeinde hat.

…“

2. Gesetz über Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen für behinderte Menschen

11.

§ 1, § 3, § 8 Abs. 2, § 8c und § 8d des Laki vammaisuuden perusteella järjestettävistä palveluista ja tukitoimista (Gesetz über Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen für behinderte Menschen) (3.4.1987/380, im Folgenden: Behinderten-Dienstleistungsgesetz) bestimmen:

„§ 1

Zweck des Gesetzes

Zweck dieses Gesetzes ist es, Möglichkeiten zu fördern, damit Menschen mit Behinderungen als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft mit anderen leben und aktiv sein können, sowie Unannehmlichkeiten und Hindernisse aufgrund einer Behinderung zu vermeiden und zu beseitigen.

§ 3

Zuständigkeit für die Bereitstellung der Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen

Die Gemeinde hat dafür zu sorgen, dass die Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen für Behinderte so organisiert werden, dass sie nach Inhalt und Umfang den Bedarf in der Gemeinde decken.

Bei der Organisation der Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen nach diesem Gesetz ist der individuelle Assistenzbedarf des Kunden zu berücksichtigen (19.12.2008/981).

§ 8

Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung

Es ist Aufgabe der Gemeinde, schwerbehinderten Personen angemessene Transportdienste mit Begleitung, Tagesaktivitäten, persönliche Assistenz und eine Wohnung mit Assistenz zur Verfügung zu stellen, wenn die Person wegen ihrer Behinderung oder Krankheit für die Bewältigung gewöhnlicher Lebensaktivitäten Dienstleistungen unbedingt benötigt. Die Gemeinde ist jedoch nicht eigens verpflichtet, eine Wohnung mit Assistenz oder eine persönliche Assistenz bereitzustellen, wenn die für die behinderte Person notwendige Fürsorge nicht im Rahmen von Betreuung im lokalen Umfeld gewährleistet werden kann (19.2.2010/134).

§ 8c (19.12.2008/981)

Persönliche Assistenz

‚Persönliche Assistenz‘ im Sinne dieses Gesetzes ist die unbedingt erforderliche Hilfestellung für schwerbehinderte Personen im Haus und außerhalb des Hauses:

1)

bei Verrichtungen des täglichen Lebens;

2)

in Arbeit und Studium;

3)

bei Freizeitbeschäftigungen;

4)

bei der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben oder

5)

bei der Aufrechterhaltung sozialer Interaktion.

Zweck der persönlichen Assistenz ist es, schwerbehinderten Personen dabei zu helfen, ihre eigenen Entscheidungen bei der Ausübung der in Abs. 1 genannten Tätigkeiten zu verwirklichen. Die Organisation der persönlichen Assistenz setzt voraus, dass die schwerbehinderte Person über Ressourcen verfügt, um den Inhalt und die Umsetzungsmodalitäten der Assistenz festzulegen.

Für die Organisation persönlicher Assistenz gelten Personen als schwerbehindert, die wegen langfristiger oder fortschreitender Behinderung oder Krankheit unbedingt und wiederholt die Hilfe einer anderen Person für die Bewältigung der in Abs. 1 genannten Tätigkeiten benötigen, ohne dass diese Hilfsbedürftigkeit hauptsächlich mit altersbedingten Krankheiten und Beeinträchtigungen zusammenhängt.

Persönliche Assistenz wird für Verrichtungen des täglichen Lebens sowie Arbeit und Studium in dem Umfang erbracht, in dem eine schwerbehinderte Person diese unbedingt benötigt.

Für die in Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 genannten Tätigkeiten muss die persönliche Assistenz für mindestens 30 Stunden pro Monat geleistet werden, wenn mit einer geringeren Stundenzahl die für die schwerbehinderte Person unabdingbare persönliche Assistenz nicht sichergestellt werden kann.

§ 8d (19.12.2008/981)

Modalitäten der Bereitstellung der persönlichen Assistenz

Bei der Entscheidung über die Modalitäten der Bereitstellung der persönlichen Assistenz und der Organisation der persönlichen Assistenz berücksichtigt die Gemeinde die Ansichten und Wünsche der schwerbehinderten Person sowie den in einem Dienstleistungsplan definierten individuellen Assistenzbedarf und die Lebensumstände in ihrer Gesamtheit.

Die Gemeinde kann persönliche Assistenz organisieren, indem:

1)

schwerbehinderten Personen die durch die Beschäftigung einer Assistenzperson entstandenen Kosten einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden gesetzlich vorgeschriebenen Beiträge und Leistungen sowie andere durch die Assistenzperson entstandenen angemessenen notwendigen Aufwendungen ersetzt werden;

2)

schwerbehinderten Personen Dienstleistungsgutscheine mit angemessenem Wert nach dem Sosiaali- ja terveydenhuollon palvelusetelistä annettu laki [(Gesetz über den Gutschein für Dienstleistungen der Sozial- und Gesundheitsfürsorge) (569/2009)] für den Erwerb von Assistenzdienstleistungen bereitgestellt werden; oder (30.12.2014/1309)

3)

schwerbehinderten Personen Assistenzdienstleistungen von öffentlichen oder privaten Dienstleistungsanbietern bereitgestellt werden oder Dienstleistungen entweder selbst oder durch Vereinbarung zusammen mit einer anderen Gemeinde oder anderen Gemeinden erbracht werden.

Im Fall des Abs. 2 Nr. 1 ist der schwerbehinderten Person bei der Einstellung einer Assistenzperson gegebenenfalls Hilfe zu leisten.

Die oben in Abs. 2 Nr. 1 genannte persönliche Assistenzperson darf kein Verwandter oder eine andere der schwerbehinderten Person nahestehende Person sein, es sei denn, es besteht ein besonderer Grund für die Annahme, dass dies im Interesse der behinderten Person ist.“

III. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

12.

A, der Kläger des Ausgangsverfahrens, wurde 1992 geboren und wohnt in der Gemeinde Espoo in Finnland. A leidet an einer schweren Behinderung, die sich in einer zerebralen Bewegungsstörung, erheblichen Bewegungsschwierigkeiten und Zwangsbewegungen manifestiert. A hat offensichtlich einen erheblichen Hilfebedarf selbst bei alltäglichen Verrichtungen. Ihm wurde daher von der Stadt Espoo für den Besuch der gymnasialen Oberstufe in Finnland eine Assistenzperson zur Verfügung gestellt.

13.

Im August 2013 beantragte A bei der Stadt Espoo nach dem Behinderten-Dienstleistungsgesetz eine persönliche Assistenz für etwa fünf Stunden Hausarbeit in der Woche, u. a. für das Erledigen von Einkäufen, Putzen und Wäschewaschen. Aus den Akten des Ausgangsverfahrens geht hervor, dass A zum Zeitpunkt des Antrags nach Tallinn in Estland ziehen wollte, um dort ein dreijähriges Jurastudium in Vollzeit aufzunehmen, wofür er drei oder vier Tage in der estnischen Hauptstadt verbringen musste und an den Wochenenden nach Espoo zurückkehren wollte.

14.

Mit Entscheidung vom 12. November 2013, die nach der Einlegung eines Rechtsbehelfs mit Entscheidung vom 4. Februar 2014 bestätigt wurde, wurde der Antrag von A auf persönliche Assistenz mit der Begründung abgelehnt, dass sein Aufenthalt im Ausland nicht als gelegentlicher Aufenthalt anzusehen sei, auch wenn sich seine Wohnsitzgemeinde nicht ändere. Die Stadt Espoo war der Ansicht, sie sei nicht verpflichtet, Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen im Ausland bereitzustellen, da die Art des Aufenthalts im Ausland sich dem Begriff „ständiger Aufenthalt“ annähere. Außerdem könne persönliche Assistenz im Ausland nur während Urlaubs- oder Geschäftsreisen bereitgestellt werden. Es werde jedoch keine Erstattung geleistet, wenn sich die Wohnsitzgemeinde der Person wegen eines Auslandsaufenthalts ändere oder wenn die Person sonst dauerhaft oder ständig im Ausland wohne.

15.

Mit Urteil vom 27. Juni 2014 bestätigte das Helsingin hallinto‑oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki, Finnland) im Wesentlichen diese Begründung im Rahmen einer von A erhobenen Klage.

16.

Das mit einem Rechtsmittel gegen diese Entscheidung befasste Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht) hält jedoch eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs für die Entscheidung des Rechtsstreits für erforderlich.

17.

Das vorlegende Gericht führt aus, dass die persönliche Assistenz nach dem Behinderten-Dienstleistungsgesetz eine Dienstleistung sei, die der spezifischen Pflicht der Gemeinde unterliege und auf die Schwerbehinderte ein subjektives Recht hätten. Die persönliche Assistenz sei einer Person, die schwerbehindert im Sinne dieses Gesetzes sei, zu gewähren, wenn sie im Hinblick auf den individuellen Assistenzbedarf des Betroffenen unbedingt erforderlich sei. Andererseits bemerkt das vorlegende Gericht, es stehe zwar fest, dass im Sinne des nationalen Rechts die Wohnsitzgemeinde von A weiterhin Espoo sei, auch wenn dieser in der estnischen Hauptstadt studiere. Weder der Wortlaut des Behinderten-Dienstleistungsgesetzes noch die Vorarbeiten dazu könnten aber die These stützen, dass die Gemeinde verpflichtet sei, die beantragte Assistenz im Rahmen eines Auslandsaufenthalts zu leisten.

18.

Das Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht) ist daher der Auffassung, dass nur die Auslegung des Unionsrechts zur Stattgabe des Rechtsmittels führen könne. In diesem Zusammenhang sei fraglich, ob die vom Behinderten-Dienstleistungsgesetz eingeführte persönliche Assistenz in Anbetracht ihrer Eigenschaften als Leistung bei Krankheit einzustufen sei – in diesem Fall fiele sie in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 – oder ob es sich um eine Leistung der sozialen Fürsorge handele. In diesem Fall würde sie nicht von dieser Verordnung erfasst. Da es eher der zweiten Hypothese zuneigt, fragt sich das vorlegende Gericht sodann, ob die Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Unionsbürgerschaft der Ablehnung der Zahlung der im Ausgangsverfahren beantragten persönlichen Assistenz entgegenstehen.

19.

Das Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht) hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Stellt eine Leistung wie die nach dem Behinderten‑Dienstleistungsgesetz vorgesehene persönliche Assistenz eine „Leistung bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 dar?

2.

Für den Fall, dass die erste Frage verneint wird:

Liegt eine Beschränkung des Rechts der Unionsbürger gemäß den Art. 20 und 21 AEUV, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, vor, wenn die Gewährung einer Leistung wie die der persönlichen Assistenz nach dem Behinderten-Dienstleistungsgesetz im Ausland nicht gesondert geregelt ist und die Voraussetzungen der Leistungsgewährung dahin ausgelegt werden, dass die persönliche Assistenz nicht in einem anderen Mitgliedstaat gewährt wird, in dem der Betroffene ein dreijähriges zu einem Abschluss führendes Studium absolviert?

Ist es für die Beurteilung der Rechtssache von Bedeutung, dass einer Person eine Leistung wie die der persönlichen Assistenz in Finnland in einer anderen Gemeinde als der Wohnsitzgemeinde gewährt werden kann, etwa wenn sie in einer anderen finnischen Gemeinde studiert?

Sind die sich aus Art. 19 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ergebenden Rechte für die Beurteilung der Rechtssache im Hinblick auf das Unionsrecht von Bedeutung?

3.

Für den Fall, dass der Gerichtshof in Beantwortung der zweiten Vorlagefrage feststellt, dass die Auslegung des innerstaatlichen Rechts, so wie sie in der vorliegenden Rechtssache vorgenommen wurde, eine Beschränkung der Freizügigkeit darstellt: Kann eine solche Beschränkung dennoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, die sich aus der Pflicht der Gemeinde, die Bereitstellung der persönlichen Assistenz zu überwachen, der Möglichkeit der Gemeinde, die angemessenen Modalitäten der Bereitstellung der Assistenz auszuwählen, und der Aufrechterhaltung der Kohärenz und Wirksamkeit des Systems der persönlichen Assistenz nach dem Behinderten‑Dienstleistungsgesetz ergeben?

20.

Zu diesen Fragen haben die finnische, die tschechische und die schwedische Regierung sowie die Europäische Kommission schriftliche Erklärungen abgegeben. Da sich der Gerichtshof aufgrund der abgegebenen Erklärungen für ausreichend unterrichtet hält, hat er gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

IV. Würdigung

21.

Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine persönliche Assistenz wie die vom Behinderten-Dienstleistungsgesetz vorgesehene als Leistung bei Krankheit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 einzustufen ist – in diesem Fall fiele sie in den Geltungsbereich dieser Verordnung – oder ob sie es sich vielmehr um eine Leistung der „sozialen Fürsorge“ im Sinne von Art. 3 Abs. 5 dieser Verordnung handelt, die folglich ausdrücklich vom Anwendungsbereich der von diesem Rechtsakt vorgesehenen Regelung zur Koordinierung der nationalen Rechtsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit ausgenommen wäre.

22.

In diesem zweiten Fall – den das vorlegende Gericht für vorzugswürdig erachtet – ist der Gerichtshof im Wesentlichen dazu aufgerufen, die Frage zu beantworten, ob die Art. 20 und 21 AEUV, in denen der Status als Unionsbürger und dessen Recht verankert sind, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, der Weigerung einer Gemeinde eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die von einem schwerbehinderten Einwohner dieser Gemeinde beantragte persönliche Assistenz mit der Begründung zu verweigern, dass dieser Einwohner beabsichtigt, sich vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort zu studieren.

23.

Ich werde diese Fragen nacheinander behandeln, wobei ich mir jetzt schon den Hinweis erlaube, dass ich aus den nachfolgend dargestellten Gründen der Meinung bin, dass die fragliche persönliche Assistenz, wie das vorlegende Gericht vorschlägt, nicht als „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 zu qualifizieren ist und dass die Weigerung der finnischen Gemeinde, diese einem schwerbehinderten Einwohner wie A bereitzustellen, gegen die Art. 20 und 21 AEUV verstößt.

A.   Zur Einstufung der persönlichen Assistenz gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 883/2004

24.

Das von der Verordnung Nr. 883/2004 (sowie den ihr vorausgegangenen Rechtsakten) ( 5 ) eingeführte System beruht auf der Unterscheidung zwischen den in ihrem Art. 3 Abs. 1 aufgezählten Leistungen der sozialen Sicherheit, die in ihren Geltungsbereich fallen, und u. a. den Leistungen der „sozialen Fürsorge“ im Sinne von Art. 3 Abs. 5 dieser Verordnung, die aus ihrem Geltungsbereich herausfallen.

25.

Die Demarkationslinie zwischen der sozialen Sicherheit und der sozialen Fürsorge ist nicht einfach zu ziehen. Die Verordnung Nr. 883/2004 enthält nämlich keine allgemeine Definition dieser Bereiche und verweist zu diesem Zweck auch nicht auf die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten. Außerdem hat die Tatsache, dass ein Mitgliedstaat es versäumt hat, gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 883/2004 zu erklären, dass eine bestimmte Regelung in den Geltungsbereich dieser Verordnung fällt, nicht die Wirkung, diese Regelung ipso facto aus ihrem sachlichen Geltungsbereich herausfallen zu lassen ( 6 ).

26.

Da er schon sehr früh mit dieser Problematik konfrontiert wurde, hat der Gerichtshof zwei Bedingungen herausgearbeitet, die im Allgemeinen erlauben, Leistungen, die unter die soziale Sicherheit fallen, von denen zu unterscheiden, die in den Bereich der sozialen Fürsorge fallen. So kann nach gefestigter Rechtsprechung eine Leistung dann als Leistung der sozialen Sicherheit betrachtet werden,

wenn sie ohne jede im Ermessen liegende individuelle Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit den Begünstigten aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands gewährt wird und

wenn sie sich auf eines der in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 ausdrücklich aufgezählten Risiken bezieht ( 7 ).

27.

Angesichts des kumulativen Charakters der beiden soeben aufgezählten Bedingungen hat die fehlende Erfüllung einer der beiden zur Folge, dass die fragliche Leistung nicht in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 fällt.

28.

Manchmal kommt es vor, dass ein und dieselbe Regelung von Leistungen Eigenschaften aufweisen kann, die sie in die Nähe der sozialen Sicherheit rücken und gleichzeitig unter anderen Aspekten in die Nähe der sozialen Fürsorge, was die Prüfung der beiden in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge genannten Bedingungen erschweren kann.

29.

Zum gemischten Charakter, der bestimmte nationale Rechtsvorschriften kennzeichnet, hat der Gerichtshof regelmäßig hervorgehoben, dass es vom Gesichtspunkt der Anwendung der Verordnung her wünschenswert erscheinen mag, die gesetzlichen Systeme eindeutig danach zu unterscheiden, ob sie der sozialen Sicherheit oder der Fürsorge zuzurechnen sind. Man kann aber die Möglichkeit nicht ausschließen, dass bestimmte Rechtsvorschriften ihrem persönlichen Anwendungsbereich, ihren Zielen und den Einzelheiten ihrer Anwendung nach beiden genannten Kategorien gleich nahe stehen und sich so jeder allgemeingültigen Einordnung entziehen ( 8 ).

30.

Gewiss haben Art. 4 Abs. 2a und Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71 – die in diese Verordnung mit der Verordnung Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992 ( 9 ) eingefügt wurden – und nunmehr die Art. 3 Abs. 3 und Art. 70 der Verordnung Nr. 883/2004 diese Fallgestaltungen teilweise berücksichtigt. Was die letztgenannte Verordnung betrifft, legt ihr Art. 70 nämlich eine allgemeine Vorschrift betreffend „besondere beitragsunabhängige Geldleistungen“ fest, die auf Rechtsvorschriften anwendbar ist, die aufgrund ihres persönlichen Geltungsbereichs, ihrer Ziele und/oder ihrer Anspruchsvoraussetzungen sowohl Merkmale der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit als auch Merkmale der Sozialhilfe aufweisen. In den Geltungsbereich dieser Vorschrift fallen u. a. Leistungen, die „allein [dazu bestimmt sind], dem besonderen Schutz des Behinderten zu dienen, der eng mit dem sozialen Umfeld dieser Person in dem betreffenden Mitgliedstaat verknüpft ist“, was rechtfertigt, dass sie nach Art. 70 Abs. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 ausschließlich in dem Wohnsitzmitgliedstaat des Begünstigten nach dessen Rechtsvorschriften gewährt werden.

31.

Auch wenn sich der Begriff „Leistung der sozialen Sicherheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 und der Begriff „besondere beitragsunabhängige Geldleistung“ im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und Art. 70 dieser Verordnung gegenseitig ausschließen ( 10 ), setzt die Anwendung der beiden letztgenannten Artikel gleichwohl voraus, dass die fraglichen Leistungen in den sachlichen Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, d. h., dass sie als besondere beitragsunabhängige Geldleistungen eingestuft werden, obwohl sie eigentlich in der in Anhang X dieser Verordnung vorgesehenen Liste der für jeden Mitgliedstaat aufgeführten Rechtsvorschriften aufgeführt sind. Was die Republik Finnland betrifft, wird das Behinderten‑Dienstleistungsgesetz nicht in der Liste von Anhang X der Verordnung Nr. 883/2004 genannt. Die Tatsache, dass das vorlegende Gericht offensichtlich absichtlich keine Frage zur Auslegung von Art. 3 Abs. 3 und Art. 70 dieser Verordnung stellt, und die fehlenden Erklärungen der Beteiligten zu dieser Frage lassen sich offenbar dadurch erklären ( 11 ).

32.

Allerdings ist außerhalb des Geltungsbereichs von Art. 3 Abs. 2 und Art. 70 der Verordnung Nr. 883/2004 und damit im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen den Abs. 1 und 5 von Art. 3 dieser Verordnung die Voraussetzung, der bei der vom Gerichtshof vorgenommenen Prüfung das meiste Gewicht zufällt, diejenige, die sich auf die in Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung aufgezählten Risiken bezieht. Auch wenn eine nationale Rechtsvorschrift den Begünstigten eine gesetzlich umschriebene Stellung einräumt, die ohne jede im Ermessen liegende individuelle Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit einen Anspruch auf eine bestimmte Leistung begründet, muss nämlich, da die Aufzählung in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 abschließend ist, eine Leistung, die sich nicht auf die Übernahme eines der in diesem Artikel genannten Risiken bezieht, in jedem Fall aus dem Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 herausfallen ( 12 ).

33.

Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Ermittlung der beiden in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge aufgezählten Bedingungen ist somit zwar gefestigt, die Anwendung dieser beiden Bedingungen auf die Fälle, mit denen der Gerichtshof befasst war, ist aber kontroverser.

34.

Was die erste vom Gerichtshof aufgestellte Bedingung betrifft, konnte nämlich ihre Strenge berechtigterweise vermuten lassen, dass auch nur die geringste im Ermessen liegende individuelle Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit, die der zuständigen nationalen Behörde eingeräumt wird, dazu führt, die Einstufung als Leistung der sozialen Sicherheit auszuschließen. Der Gerichtshof hat jedoch – meines Erachtens in sehr widersprüchlicher Art und Weise – diese Bedingung trotz der Tatsache, dass für die Gewährung einer Leistung ausschließlich das Vermögen und das Einkommen des Antragstellers sowie die Zahl und das Alter der ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Kinder ausschlaggebend war, als erfüllt angesehen, da diese Kriterien objektiv und rechtlich festgelegt waren, ohne dass die zuständige Behörde „sonstige persönliche Verhältnisse berücksichtigen“ durfte ( 13 ). In einer neueren Entscheidung hat der Gerichtshof hingegen in Bezug auf Leistungen, die dazu bestimmt waren, die sozialen Folgen einer schweren Behinderung auszugleichen, im Rahmen einer von der Kommission gegen die Slowakische Republik erhobenen Vertragsverletzungsklage entschieden, dass die medizinische und die soziale Begutachtung sowie das sogenannte umfassende Gutachten, in dessen Rahmen der Vorschlag hinsichtlich der Art der zu gewährenden Ausgleichsbeihilfe ausgesprochen wurde, zwar auf der Grundlage objektiver und gesetzlich umschriebener Kriterien durchgeführt wurde, die Kommission jedoch nicht nachgewiesen hatte, dass diese Kriterien einen Anspruch auf die fraglichen Leistungen eröffneten, ohne dass die zuständige Behörde über einen Ermessensspielraum hinsichtlich ihrer Gewährung verfügte ( 14 ).

35.

Hinsichtlich der Anwendung der zweiten Bedingung hat der Gerichtshof trotz des Hinweises auf den abschließenden Charakter der ausdrücklich in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 aufgeführten Risiken oder Leistungen ungeachtet des Schweigens dieser Verordnung zum Risiko der Pflegebedürftigkeit ( 15 ) eingeräumt, dass Leistungen, die dieses Risiko betreffen, „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne dieses Artikels gleichgestellt werden können und damit in den Geltungsbereich der Unionsregelung über die Koordinierung der nationalen Regelungen der sozialen Sicherheit fallen können ( 16 ). Eine solche Gleichstellung des Risikos der Pflegebedürftigkeit mit dem Risiko der Krankheit unterliegt jedoch gewissen Voraussetzungen, um den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 in Anbetracht einer fehlenden sich speziell auf dieses Risiko beziehenden Bestimmung in dieser Verordnung nicht über Gebühr auszudehnen. So hat der Gerichtshof entschieden, dass Leistungen, die dazu bestimmt sind, das Risiko der Pflegebedürftigkeit abzudecken, nicht nur die erste in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge genannte Bedingung erfüllen müssen, sondern vor allem darauf abzielen müssen, „den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der Pflegebedürftigen zu verbessern“, indem sie „im Wesentlichen eine Ergänzung der Leistungen der Krankenversicherung [bezwecken]“ ( 17 ). Die Leistungen, die sich auf das Risiko der Pflegebedürftigkeit beziehen und sich im Allgemeinen wie Letztere über einen langen Zeitraum erstrecken, haben daher allenfalls ergänzenden Charakter gegenüber „klassischen“ Leistungen bei Krankheit, die eher darauf angelegt sind, für kurze Zeit gezahlt zu werden, und die im eigentlichen Sinne unter Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 fallen ( 18 ).

36.

In Anbetracht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die beiden in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge genannten Bedingungen im Ausgangsverfahren erfüllt sind, wobei, wie das vorlegende Gericht zutreffend hervorhebt, gemäß der Rechtsprechung der Umstand, dass die Republik Finnland nicht erklärt hat, dass das Behinderten‑Dienstleistungsgesetz unter Art. 3 der Verordnung Nr. 883/2004 fällt, nicht bedeutet, dass dieses Gesetz aus dem sachlichen Geltungsbereich dieses Unionsrechtsakts herausfällt.

1. Zur Bedingung bezüglich der Gewährung einer Leistung aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands ohne jede im Ermessen liegende individuelle Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit

37.

Das vorlegende Gericht zweifelt offenbar daran, dass diese erste Bedingung erfüllt ist. Obwohl es feststellt, dass die individuellen Bedürfnisse schwerbehinderter Personen bei der Gewährung der vom Behinderten‑Dienstleistungsgesetz vorgesehenen persönlichen Assistenz berücksichtigt werden, was diese Leistung eher mit der sozialen Fürsorge in Verbindung bringen würde, verleiht dieses Gesetz den Begünstigten nämlich ungeachtet der Höhe des Einkommens des Begünstigten auf der Grundlage gesetzlich definierter Voraussetzungen ein „subjektives Recht“ auf die Gewährung der persönlichen Assistenz.

38.

Die finnische und die schwedische Regierung sind der Auffassung, dass in Anbetracht der Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des Begünstigten und des Ermessensspielraums, der der Gemeinde hinsichtlich der Modalitäten der Bereitstellung der persönlichen Assistenz sowie ihres Umfangs eingeräumt werde, die fragliche Situation mit der Situation gleichgestellt werden könne, um die es bei der Leistung gegangen sei, zu der das Urteil vom 16. September 2015, Kommission/Slowakei (C‑433/13, EU:C:2015:602), ergangen sei. Die Kommission und – in einem geringeren Maß – die tschechische Regierung sind hingegen der Ansicht, dass die erste Bedingung erfüllt sei.

39.

In Anbetracht der vom vorlegenden Gericht gemachten Angaben tendiere ich eher zu der Ansicht der beiden letztgenannten Beteiligten.

40.

Es lässt sich zwar nicht von der Hand weisen, dass die Berücksichtigung des individuellen Bedarfs des Betroffenen an mehreren Stellen des Behinderten‑Dienstleistungsgesetzes, insbesondere in seinen §§ 8c und 8d, genannt wird.

41.

Es steht jedoch fest, dass die persönliche Assistenz von der Gemeinde bereitzustellen ist, wenn die Person auf deren Gebiet wohnt und die Voraussetzung, schwerbehindert zu sein, erfüllt, ohne dass es auf das Einkommen dieser Person ankommt.

42.

Wie die tschechische Regierung im Wesentlichen ausgeführt hat, betrifft der der Wohnsitzgemeinde des Begünstigten von § 8d des Behinderten‑Dienstleistungsgesetzes eingeräumte Ermessensspielraum nicht die Eröffnung des Anspruchs auf persönliche Assistenz, sondern die Modalitäten, nach denen diese Assistenz gewährt wird, sowie ihren Umfang. Genau in dieser Hinsicht unterscheidet sich die vorliegende Rechtssache von der, in der das Urteil vom 16. September 2015, Kommission/Slowakei (C‑433/13, EU:C:2015:602, Rn. 79 und 80), ergangen ist. In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof nämlich zum einen festgestellt, dass die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass die Kriterien des slowakischen Gesetzes bezüglich der verschiedenen zu erstellenden medizinisch-sozialen Gutachten „einen Anspruch auf die fraglichen Leistungen eröffnen, ohne dass die zuständige Behörde über einen Ermessensspielraum hinsichtlich ihrer Gewährung verfügt“, und zum anderen, dass dieses Gesetz vorsah, dass „der Anspruch auf eine Ausgleichsbeihilfe und ihre Auszahlung mit einer wirksamen Entscheidung der zuständigen Behörde über die Anerkennung dieses Anspruchs entsteht“, was den Standpunkt der slowakischen Regierung stützte, wonach „die Verwaltung bei der Gewährung der fraglichen Leistungen über einen Ermessensspielraum verfügt“ ( 19 ). Angesichts der Zweifel des vorlegenden Gerichts könnte der Gerichtshof daher darauf hinweisen, dass sich die Beurteilung der individuellen Bedürfnisse des Begünstigten nach Ermessensgesichtspunkten, um die Erfüllung der ersten in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge genannten Bedingung auszuschließen, vor allem auf die Eröffnung des Anspruchs auf die fragliche Leistung beziehen muss ( 20 ).

43.

Demzufolge ist meines Erachtens davon auszugehen, dass die erste der in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge genannten Bedingungen erfüllt ist.

2. Zur Bedingung bezüglich der Gewährung einer Leistung, die sich auf eines der in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 ausdrücklich aufgeführten Risiken bezieht

44.

Bei der zweiten Bedingung geht es darum, zu bestimmen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende persönliche Assistenz eine „Leistung bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 darstellt oder ihr gleichzustellen ist.

45.

Wie ich bereits hervorgehoben habe, hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass Leistungen, die darauf abzielen, den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der Pflegebedürftigen zu verbessern, im Wesentlichen eine Ergänzung der Leistungen der Krankenversicherung bezwecken und daher „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne dieses Artikels gleichzustellen sind ( 21 ).

46.

Wie auch die finnische und die schwedische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt haben, kann die vom Behinderten‑Dienstleistungsgesetz vorgesehene persönliche Assistenz meines Erachtens nicht als Leistung angesehen werden, die darauf abzielt, den durch die Behinderung verursachten Zustand und auch nicht die Gesundheit des Begünstigten zu verbessern. So heißt es nämlich in § 1 des Behinderten-Dienstleistungsgesetzes, dass es der „Zweck dieses Gesetzes ist …, Möglichkeiten zu fördern, damit Menschen mit Behinderungen als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft mit anderen leben und aktiv sein können, sowie Unannehmlichkeiten und Hindernisse aufgrund einer Behinderung zu vermeiden und zu beseitigen“. Wie es in § 8c des Behinderten-Dienstleistungsgesetzes heißt, besteht außerdem der Zweck der persönlichen Assistenz darin, schwerbehinderten Personen dabei zu helfen, ihre eigenen Entscheidungen bei der Ausübung der in diesem Paragrafen genannten Tätigkeiten zu treffen, und zwar bei Verrichtungen des täglichen Lebens, bei der Arbeit und im Studium, bei Freizeitbeschäftigungen, bei der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und bei der Aufrechterhaltung sozialer Interaktion. Schließlich bestätigen, wie die finnische Regierung ausgeführt hat, die Vorarbeiten des Behinderten‑Dienstleistungsgesetzes, dass die Hilfsbedürftigkeit, die die Pflege, eine Behandlung oder eine Beaufsichtigung betrifft, ausdrücklich vom Anwendungsbereich der persönlichen Assistenz ausgeschlossen ist.

47.

Der Zweck der persönlichen Assistenz ist daher nicht medizinischer Natur, anders als die finnische Betreuungsbeihilfe für (behinderte) Kinder (Lapsen hoitotuesta), die Gegenstand der Rechtssache war, in der das Urteil vom 18. Oktober 2007, Kommission/Parlament und Rat (C‑299/05, EU:C:2007:608, Rn. 57 bis 59), ergangen ist, und die der Gerichtshof als Leistung bei Krankheit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 (jetzt Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004) angesehen hat. Diese Beihilfe sollte nämlich Eltern behinderter Kinder ermöglichen, deren Pflege, Betreuung und gegebenenfalls Rehabilitation sicherzustellen.

48.

Es ist daher an dieser Stelle zu überprüfen, ob eine persönliche Assistenz, die nicht darauf abzielt, den Gesundheitszustand schwerbehinderter Personen zu verbessern, sondern nur, ich gebe es zu, „die Lebensbedingungen pflegebedürftiger Personen“ im Sinne der in Nr. 45 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung, einer „Leistung bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 gleichgestellt werden kann.

49.

Wie ich bereits hervorgehoben habe, wird das Risiko der Pflegebedürftigkeit nicht ausdrücklich von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 erfasst.

50.

In seiner Rechtsprechung hat der Gerichtshof Leistungen von Pflegeversicherungen Leistungen bei Krankheit gleichgestellt, da die erstgenannten Leistungen darauf abzielten, den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der Pflegebedürftigen zu verbessern. In diesen Rechtssachen ging es unabhängig von der Art der Finanzierung dieser Regelungen um die Übernahme von durch die Pflegebedürftigkeit der Person entstandenen Kosten, die die Behandlung der Person betrafen und zumindest zeitgleich darauf abzielten, den Alltag dieser Person zu verbessern, indem ihr z. B. die Übernahme von Hilfsmitteln oder die Hilfe durch Dritte zugesichert wurden ( 22 ). Dieser Ansatz ist durch das Urteil vom 1. Februar 2017, Tolley (C‑430/15, EU:C:2017:74), nicht entkräftet worden, auf das sich die Kommission beruft, wenn sie geltend macht, dass der Gerichtshof in Rn. 53 dieses Urteils nur auf den Zweck – der darin bestehe, die Lebensbedingungen pflegebedürftiger Personen zu verbessern – der Pflegekomponente der in diesem Urteil in Rede stehenden Unterhaltsbeihilfe für Behinderte abgestellt habe. Zum einen bestand nämlich der Zweck der Pflegekomponente dieser Beihilfe darin, Mehrkosten wegen der Inanspruchnahme bestimmter Pflegearten der völlig oder fast völlig fehlenden Gehfähigkeit auszugleichen ( 23 ), was meines Erachtens ihre Zuordnung zu „Leistungen bei Krankheit“ erklärt. Zum anderen ging es bei den vom vorgelegten Gericht vorgelegten Fragen vor allem darum, ob die Pflegekomponente dieser Beihilfe eher unter „Leistungen bei Krankheit“ fällt als unter Leistungen, die dazu bestimmt sind, Risiken der Invalidität oder des Alters – die selbst von der Verordnung Nr. 883/2004 erfasst werden – abzudecken.

51.

Ich bin jedenfalls der Auffassung, dass der Gerichtshof sich davor hüten muss, Beihilfen wie die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende persönliche Assistenz, die ausschließlich darauf abzielen, den Alltag schwerbehinderter Personen zu verbessern, ohne zumindest die Übernahme von Behandlungen oder Hilfsmitteln zu umfassen, die den Gesundheitszustand dieser Personen verbessern sollen, Leistungen bei Krankheit gleichzustellen. Wenn sich der Gerichtshof dafür entscheiden sollte, diesen Weg zu beschreiten, würde dies dazu führen, das Risiko der Pflegebedürftigkeit als solches in die abschließende Liste von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 und damit in deren Geltungsbereich aufzunehmen, was der Unionsgesetzgeber trotz der zahlreichen Änderungen, die im Laufe der Jahre im Bereich der Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit erfolgt sind, abgelehnt hat. Ich kann den Gerichtshof nicht darin bestärken, einen solchen Weg zu gehen, da sonst die Gefahr besteht, den Begriff „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 zu verfälschen.

52.

Ich bin daher der Auffassung, dass eine persönliche Assistenz, die darin besteht, die Kosten einer schwerbehinderten Person, die durch alltägliche Verrichtungen wie Einkaufen, Putzen und Wäschewaschen entstehen, zu übernehmen, um dieser wirtschaftlich inaktiven Person ein Studium zu ermöglichen, einer „Leistung bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 nicht gleichgestellt werden kann.

53.

Unter diesen Umständen ist entgegen dem Vorschlag der tschechischen Regierung und der Kommission nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die vom Behinderten-Dienstleistungsgesetz vorgesehene persönliche Assistenz als „Geld- oder Sachleistung bei Krankheit“ im Sinne dieser Verordnung einzustufen ist, da sie meines Erachtens nicht in deren Geltungsbereich fällt.

54.

Es sind daher an dieser Stelle die zweite und die dritte Frage des vorlegenden Gerichts zu prüfen, die gerade für den Fall gestellt wurden, dass die persönliche Assistenz nicht in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 fällt.

B.   Zur Beschränkung der Freizügigkeit der Unionsbürger

55.

Mit seiner zweiten und seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob es mit den Art. 20 und 21 AEUV, soweit in ihnen das Recht der Unionsbürger verankert ist, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, vereinbar ist, wenn einem finnischen Gebietsansässigen wie dem Kläger des Ausgangsverfahrens von seiner Wohnsitzgemeinde eine persönliche Assistenz wie die vom Behinderten‑Dienstleistungsgesetz vorgesehene mit der Begründung verweigert wird, dass er sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, um dort zu studieren.

56.

Diese Fragen beruhen auf zwei Prämissen.

57.

Zum einen steht fest, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens seinen Wohnsitz in Finnland im Sinne des Kotikuntalaki (11.3.1994/201) (Gesetz über die Wohnsitzgemeinde vom 11. März 1994, im Folgenden: Gesetz über die Wohnsitzgemeinde) behalten hat und dass der wöchentliche Aufenthalt in Estland für das Studium nur vorübergehend ist, da das vorlegende Gericht festgestellt hat, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens jedes Wochenende in seine Wohnsitzgemeinde zurückkehren sollte.

58.

Zum anderen hat das vorlegende Gericht festgestellt, dass Studienzwecke im Gegensatz zu Geschäfts- und Urlaubsreisen nicht zu den Begründungen gehören, die den Betreffenden berechtigen, die persönliche Assistenz im Ausland in Anspruch zu nehmen. Zwar hat die finnische Regierung diese Auslegung des nationalen Rechts in ihren schriftlichen Erklärungen genauso wie vor dem vorlegenden Gericht in Abrede gestellt und argumentiert, dass das Behinderten‑Dienstleistungsgesetz es einer Gemeinde nicht verwehre, von ihrem Ermessen Gebrauch zu machen und die persönliche Assistenz in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens zu gewähren. Gleichwohl ist es unabhängig von der Stichhaltigkeit dieser Bemerkung gemäß der Verteilung der Kompetenzen, die sich aus Art. 267 AEUV ergeben, nicht Sache des Gerichtshofs, sich in die vom vorlegenden Gericht zugrunde gelegte Auslegung des innerstaatlichen Rechts einzumischen, da dieses dafür ausschließlich zuständig ist ( 24 ).

59.

Nach diesen Klarstellungen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens als finnischer Staatsangehöriger gemäß Art. 20 Abs. 1 AEUV Unionsbürger ist und sich daher auch gegenüber seinem Herkunftsmitgliedstaat auf die mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte berufen kann ( 25 ).

60.

Dieser Status ist dazu bestimmt, der grundlegende Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu sein, wenn sie sich in einer Situation befinden, die in den sachlichen Anwendungsbereich des AEU‑Vertrags fällt ( 26 ).

61.

In den Geltungsbereich des Unionsrechts fallen natürlich u. a. diejenigen Situationen, die sich auf die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten beziehen, insbesondere auch die, in denen es um das durch Art. 21 AEUV verliehene Recht geht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten ( 27 ).

62.

Aus einer ständigen Rechtsprechung geht auch hervor, dass eine nationale Regelung, die bestimmte eigene Staatsangehörige allein deswegen benachteiligt, weil sie von ihrer Freiheit, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort aufzuhalten, Gebrauch gemacht haben, eine Beschränkung der Freiheiten darstellt, die Art. 21 Abs. 1 AEUV jedem Unionsbürger zuerkennt ( 28 ).

63.

Mehrere Rechtssachen, in denen der Gerichtshof auf die soeben genannte Rechtsprechung hingewiesen hat, betrafen Ausbildungs- oder Studienbeihilfen, deren Gewährung von der Erfüllung eines Kriteriums abhängig war, das einen Mindestaufenthalt im Hoheitsgebiet des sie gewährenden Mitgliedstaats betraf und das die betroffenen Studenten nicht erfüllten ( 29 ).

64.

Im Hinblick auf diese Tendenz in der Rechtsprechung weist die vorliegende Rechtssache zwei Besonderheiten auf. Zum einen wird die persönliche Assistenz nicht ausschließlich für ein Studium gewährt, sondern für die soziale und wirtschaftliche Eingliederung schwerbehinderter Personen, damit sie ihre „eigenen Entscheidungen“ treffen können, auch für ein Studium ( 30 ). Zum anderen wurde dem Kläger des Ausgangsverfahrens die persönliche Assistenz von der Gemeinde Espoo mit der Begründung verweigert, dass er sich durch sein Studium in Tallinn gewöhnlich in Estland aufhalte. Wie ich jedoch bereits ausgeführt habe, hat das vorlegende Gericht diesen Ansatz entkräftet, indem es festgestellt hat, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens seinen Wohnsitz in der Gemeinde Espoo im Sinne des Gesetzes über die Wohnsitzgemeinde behält, was die finnische Regierung überdies in ihren schriftlichen Erklärungen eingeräumt hat.

65.

Die persönliche Assistenz wurde daher offenbar ausschließlich deshalb abgelehnt, weil der Kläger des Ausgangsverfahrens – der im Übrigen sämtliche anderen Bedingungen für den Erhalt dieser Assistenz erfüllte – sein Studium in einem anderen Mitgliedstaat als Finnland aufnehmen wollte.

66.

Wie die finnische und die schwedische Regierung anerkannt haben, stellt eine solche Weigerung eine Beschränkung des von Art. 21 Abs. 1 AEUV jedem Unionsbürger gewährleisteten Rechts dar, sich in einem anderen Mitgliedstaat frei zu bewegen und aufzuhalten. Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, könnten nämlich die vom Vertrag auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Unionsbürger gewährten Erleichterungen nicht ihre volle Wirkung entfalten, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats von ihrer Wahrnehmung durch Hindernisse abgehalten werden könnte, die seinem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat infolge einer Regelung seines Herkunftsstaats entgegenstehen, die ihn allein deshalb ungünstiger stellt, weil er von diesen Erleichterungen Gebrauch gemacht hat ( 31 ).

67.

Eine solche Beschränkung einer der vom Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten lässt sich unionsrechtlich nur rechtfertigen, wenn sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen des Allgemeininteresses beruht und in angemessenem Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Ziel steht ( 32 ).

68.

Unter Verweis auf die Rn. 89 und 90 des Urteils vom 21. Juli 2011, Stewart (C‑503/09, EU:C:2011:500), erwähnt das vorlegende Gericht in seinem Ersuchen zwei mögliche Rechtfertigungsgründe. Erstens könnte die Beschränkung wegen der der Gemeinde übertragenen Pflicht, die Organisation der persönlichen Assistenz zu überwachen, zulässig sein. Zweitens könnte die Beschränkung der Bereitstellung der persönlichen Assistenz auf finnischem Staatsgebiet die Kohärenz und die Effizienz der Regelung über die persönliche Assistenz wahren, auch was die Möglichkeiten der Gemeinde betrifft, die geeigneten Modalitäten für ihre Organisation und Gewährung zu wählen.

69.

Während weder die tschechische Regierung noch die Kommission zu dieser Frage Stellung genommen haben und die finnische Regierung der Auffassung ist, dass kein im Allgemeininteresse liegendes Ziel die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung rechtfertigen könne, ist die schwedische Regierung der Ansicht, dass die der Gemeinde obliegenden Überwachungspflichten und das finanzielle Gleichgewicht des Systems der sozialen Sicherheit es rechtfertigten, die Gewährung der persönlichen Assistenz auf das finnische Staatsgebiet zu beschränken.

70.

Ich für meinen Teil stelle zunächst ein gewisses Durcheinander bei den vom vorlegenden Gericht dargestellten Zielen des Allgemeininteresses fest. Indem es auf die Rn. 89 und 90 des Urteils vom 21. Juli 2011, Stewart (C‑503/09, EU:C:2011:500), verweist, scheint das vorlegende Gericht nämlich der Auffassung zu sein, dass diese Ziele diejenigen seien, die darin bestünden, sich einer tatsächlichen Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem zuständigen Mitgliedstaat zu vergewissern und das finanzielle Gleichgewicht des nationalen Systems der sozialen Sicherheit zu gewährleisten, wohingegen es ausdrücklich die Kohärenz und die Effizienz des Systems der persönlichen Assistenz anspricht und damit einen Rechtfertigungsgrund, der demjenigen nahekommt, der oft von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Anwendung ihrer Steuersysteme geltend gemacht wird, aber keineswegs aus dem Urteil hervorgeht, das es anführt.

71.

Dessen ungeachtet hat der Gerichtshof in den Rn. 89 und 90 des Urteils vom 21. Juli 2011, Stewart (C‑503/09, EU:C:2011:500), in der Tat anerkannt, dass die mit einer nationalen Regelung verfolgten Ziele, einen Nachweis für eine tatsächliche Verbindung zwischen demjenigen, der kurzfristiges Arbeitsunfähigkeitsgeld für junge Menschen beantragt, und dem zuständigen Mitgliedstaat zu verlangen sowie das finanzielle Gleichgewicht des nationalen Systems der sozialen Sicherheit zu wahren, grundsätzlich legitim sind und Beschränkungen der in Art. 21 Abs. 1 AEUV vorgesehenen Rechte auf Freizügigkeit und freien Aufenthalt rechtfertigen können.

72.

In dieser Rechtssache ist der Gerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen des Aufenthalts des Antragstellers im nationalen Staatsgebiet (im Vereinigten Königreich) sowohl vor seinem Antrag als auch zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags nicht durch die beiden zuvor genannten Ziele gerechtfertigt werden konnten ( 33 ). Insbesondere war der Gerichtshof nämlich der Auffassung, dass derjenige, der das Arbeitsunfähigkeitsgeld beantragte, zwar in einem anderen Mitgliedstaat als dem Vereinigten Königreich (im vorliegenden Fall Spanien) wohnte, das Bestehen einer „tatsächlichen und hinreichenden Verbundenheit“ mit dem Staatsgebiet des Vereinigten Königreichs aber durch andere Faktoren als den Aufenthalt des Antragstellers im Staatsgebiet dieses Mitgliedstaats vor dem Antrag belegt werden konnte, z. B. durch die Beziehungen zwischen diesem Antragsteller und dem System der sozialen Sicherheit dieses letztgenannten Mitgliedstaats oder die familiären Beziehungen ( 34 ). Ferner hat der Gerichtshof entschieden, dass diese Beurteilung auch im Hinblick auf das Ziel, das finanzielle Gleichgewicht des nationalen Systems der sozialen Sicherheit zu gewährleisten, gültig ist, da sich der zuständige Mitgliedstaat durch die tatsächliche und hinreichende Verbundenheit zwischen dem Antragsteller und dem zuständigen Mitgliedstaat vergewissern kann, dass die Auszahlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Leistung keine unangemessene wirtschaftliche Belastung zur Folge hat ( 35 ).

73.

Meines Erachtens ist das Ergebnis, zu dem der Gerichtshof in diesem Urteil gekommen ist, erst recht auf das Ausgangsverfahren anwendbar. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, steht nämlich fest, dass A seinen dauerhaften Wohnsitz in der Gemeinde behält, in der er den Antrag auf persönliche Assistenz gestellt hat, und dass er während seines Studiums in Estland wöchentlich dorthin zurückkehrt. Daher kann in meinen Augen nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass diese Gemeinde bei der Überwachung der Einhaltung der Voraussetzungen und der Modalitäten für die Organisation und Zuteilung dieser Assistenz auf besondere Schwierigkeiten stoßen könnte. Im Übrigen hat das vorlegende Gericht keine Angaben zur Art der Hindernisse gemacht, auf die die Gemeinde bei der Kontrolle der Bedingungen für die Inanspruchnahme der persönlichen Assistenz in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vermehrt stoßen würde im Vergleich zu der von den finnischen Rechtsvorschriften erlaubten Situation, in der eine identische persönliche Assistenz von einem finnischen Gebietsansässigen im Ausland bei einer Geschäfts- oder Urlaubsreise in Anspruch genommen wird ( 36 ).

74.

Des Weiteren stelle ich fest, dass die finnische Regierung klargestellt hat, dass derzeit nichts darauf hindeute, dass die Gewährung der persönlichen Assistenz unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens das finanzielle Gleichgewicht des Systems der sozialen Sicherheit bedrohen könnte. Ohne eine zusätzliche konkrete Angabe seitens des vorlegenden Gerichts, die das Bestehen einer solchen Bedrohung erkennen lässt, ist diese Feststellung zur Kenntnis zu nehmen.

75.

Folglich bin ich der Auffassung, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens keines der vom vorlegenden Gericht angeführten Ziele die Beschränkung der Freiheit eines Unionsbürgers wie A, sich frei zu bewegen und aufzuhalten, rechtfertigen kann.

76.

Daher ist zu der vom vorlegenden Gericht ebenfalls ersuchten Auslegung von Art. 19 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht Stellung zu nehmen, da sie die Antwort, die ich auf die zweite und die dritte Frage vorschlage, nicht ändern kann.

V. Ergebnis

77.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, das Vorabentscheidungsersuchen des Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht, Finnland) wie folgt zu beantworten:

1.

Eine Leistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende persönliche Assistenz fällt nicht unter „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.

2.

Die Art. 20 und 21 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie es einer Gemeinde eines Mitgliedstaats verwehren, die Gewährung einer persönlichen Assistenz wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden mit der Begründung zu verweigern, dass der Antragsteller, der schwerbehindert ist und im Gebiet dieser Gemeinde wohnt, für die Erlangung eines Diploms in einem anderen Mitgliedstaat studiert oder studieren möchte.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) ABl. 2004, L 166, S. 1.

( 3 ) ABl. 2009, L 284, S. 43.

( 4 ) Beschluss des Rates vom 26. November 2009 über den Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft (ABl. 2010, L 23, S. 35).

( 5 ) Und zwar sowohl die Verordnung Nr. 3 des Rates vom 3. Dezember 1958 über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer (ABl. 1958, S. 561) als auch die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung.

( 6 ) Vgl. u. a. entsprechend zu Art. 5 der Verordnung Nr. 1408/71 Urteil vom 11. Juli 1996, Otte (C‑25/95, EU:C:1996:295, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 7 ) Vgl. u. a. Urteile vom 27. März 1985, Hoeckx (249/83, EU:C:1985:139, Rn. 12 bis 14), vom 16. Juli 1992, Hughes (C‑78/91, EU:C:1992:331, Rn. 15), vom 7. November 2002, Maaheimo (C‑333/00, EU:C:2002:641, Rn. 22 und 24), vom 30. Juni 2011, da Silva Martins (C‑388/09, EU:C:2011:439, Rn. 38), vom 16. September 2015, Kommission/Slowakei (C‑433/13, EU:C:2015:602, Rn. 71), sowie vom 21. Juni 2017, Martinez Silva (C‑449/16, EU:C:2017:485, Rn. 20).

( 8 ) Vgl. in diesem Sinne zur Verordnung Nr. 3 Urteil vom 22. Juni 1972, Frilli (1/72, EU:C:1972:56, Rn. 13), sowie zur Verordnung Nr. 1408/71 Urteile vom 28. Mai 1974, Callemeyn (187/73, EU:C:1974:57, Rn. 6), vom 27. März 1985, Hoeckx (249/83, EU:C:1985:139, Rn. 12), und vom 27. März 1985, Scrivner und Cole (122/84, EU:C:1985:145, Rn. 19).

( 9 ) Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. 1992, L 136, S. 1).

( 10 ) Vgl. Urteile vom 21. Februar 2006, Hosse (C‑286/03, EU:C:2006:125, Rn. 36), und vom 16. September 2015, Kommission/Slowakei (C‑433/13, EU:C:2015:602, Rn. 45).

( 11 ) Im Allgemeinen lehnt es der Gerichtshof ab, den Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens auszuweiten oder zu ändern, wenn ihm Fragen zur Auslegung des Unionsrechts absichtlich nicht vorgelegt werden: vgl. hierzu meine Schlussanträge in der Rechtssache Fonnship und Svenska Transportarbetareförbundet (C‑83/13, EU:C:2014:201, Nrn. 19 bis 24).

( 12 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. März 1985, Hoeckx (249/83, EU:C:1985:139, Rn. 12), vom 27. März 1985, Scrivner und Cole (122/84, EU:C:1985:145, Rn. 19) vom 11. Juli 1996, Otte (C‑25/95, EU:C:1996:295, Rn. 22), vom 5. März 1998, Molenaar (C‑160/96, EU:C:1998:84, Rn. 20), sowie vom 30. Juni 2011, da Silva Martins (C‑388/09, EU:C:2011:439, Rn. 41).

( 13 ) Vgl. Urteil vom 16. Juli 1992, Hughes (C‑78/91, EU:C:1992:331, Rn. 17) (Hervorhebung nur hier). Vgl. auch Urteil vom 2. August 1993, Acciardi (C‑66/92, EU:C:1993:341, Rn. 15).

( 14 ) Vgl. Urteil vom 16. September 2015, Kommission/Slowakei (C‑433/13, EU:C:2015:602, Rn. 78 und 79).

( 15 ) Der Gerichtshof definiert das Risiko der Pflegebedürftigkeit im Wesentlichen als Situation, in der eine Person aufgrund verminderter Selbständigkeit bei elementaren Verrichtungen des täglichen Lebens auf fremde Hilfe angewiesen ist: vgl. Urteile vom 30. Juni 2011, da Silva Martins (C‑388/09, EU:C:2011:439, Rn. 39 und 40), und vom 12. Juli 2012, Kommission/Deutschland (C‑562/10, EU:C:2012:442, Rn. 44).

( 16 ) Vgl. im Rahmen von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 Urteile vom 5. März 1998, Molenaar (C‑160/96, EU:C:1998:84, Rn. 23 bis 25), vom 8. März 2001, Jauch (C‑215/99, EU:C:2001:139, Rn. 28), vom 8. Juli 2004, Gaumain-Cerri und Barth (C‑502/01 und C‑31/02, EU:C:2004:413, Rn. 19), vom 21. Februar 2006, Hosse (C‑286/03, EU:C:2006:125, Rn. 38 bis 44), vom 18. Oktober 2007, Kommission/Parlament und Rat (C‑299/05, EU:C:2007:608, Rn. 10, 61 und 70), vom 30. Juni 2011, da Silva Martins (C‑388/09, EU:C:2011:439, Rn. 40 bis 45), vom 12. Juli 2012, Kommission/Deutschland (C‑562/10, EU:C:2012:442, Rn. 45), sowie vom 1. Februar 2017, Tolley (C‑430/15, EU:C:2017:74, Rn. 46).

( 17 ) Vgl. u. a. Urteile vom 5. März 1998, Molenaar (C‑160/96, EU:C:1998:84, Rn. 24), vom 18. Oktober 2007, Kommission/Parlament und Rat (C‑299/05, EU:C:2007:608, Rn. 61), vom 30. Juni 2011, da Silva Martins (C‑388/09, EU:C:2011:439, Rn. 45), sowie vom 1. Februar 2017, Tolley (C‑430/15, EU:C:2017:74, Rn. 46).

( 18 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 2011, da Silva Martins (C‑388/09, EU:C:2011:439, Rn. 47 und 48).

( 19 ) Hervorhebung nur hier.

( 20 ) Es ist daher nicht erforderlich, dass der Gerichtshof über das zusätzliche, von der Kommission aus dem Urteil vom 5. Mai 1983, Piscitello (139/82, EU:C:1983:126), hergeleitete Argument entscheidet, wonach die Tatsache, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens in der vorliegenden Rechtssache über einen Rechtsbehelf verfügt habe, ein Indiz dafür sei, dass die persönliche Assistenz keine soziale Fürsorge, sondern eine Leistung der sozialen Sicherheit sei, die ihm eine gesetzlich definierte Position verleihe. Es trifft zwar zu, dass sich Generalanwalt Mancini in seinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache (139/82, nicht veröffentlicht, EU:C:1983:67, Nr. 5), ergänzend auf einen solchen Umstand gestützt hatte; der Gerichtshof ist darauf in seinem Urteil jedoch nicht eingegangen. Zudem führt die Ausübung eines Ermessens bei der Gewährung einer Leistung der sozialen Fürsorge nicht dazu, dass die Verwaltung keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegt, gerade auch nach dem derzeitigen Stand des Unionsrechts. Überdies wird angesichts der Durchlässigkeit zwischen sozialer Sicherheit und sozialer Fürsorge Letztere mehr und mehr zu einem Recht in den Mitgliedstaaten, wie z. B. im Königreich Belgien, das nunmehr das „Recht“ auf soziale Integration anerkennt: vgl. hierzu Paolillo, M., „Entre assurance et assistance: ‚L’articulation entre la sécurité sociale et l’aide sociale au sens large‘“, Annales de Droit de Louvain, 2012, Nr. 4, S. 438.

( 21 ) Vgl. u. a. Urteile vom 5. März 1998, Molenaar (C‑160/96, EU:C:1998:84, Rn. 24), und vom 30. Juni 2011, da Silva Martins (C‑388/09, EU:C:2011:439, Rn. 45).

( 22 ) Vgl. u. a. Urteile vom 5. März 1998, Molenaar (C‑160/96, EU:C:1998:84, Rn. 23), vom 8. Juli 2004, Gaumain-Cerri und Barth (C‑502/01 und C‑31/02, EU:C:2004:413, Rn. 3, 21 und 26), sowie vom 12. Juli 2012, Kommission/Deutschland (C‑562/10, EU:C:2012:442, Rn. 40 und 46).

( 23 ) Vgl. Urteil vom 1. Februar 2017, Tolley (C‑430/15, EU:C:2017:74, Rn. 15).

( 24 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games u. a. (C‑685/15, EU:C:2017:452, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 25 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2015, Martens (C‑359/13, EU:C:2015:118, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 26 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2015, Martens (C‑359/13, EU:C:2015:118, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 27 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2015, Martens (C‑359/13, EU:C:2015:118, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 28 ) Vgl. Urteil vom 26. Februar 2015, Martens (C‑359/13, EU:C:2015:118, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 29 ) Vgl. u. a. die Sachverhalte, die den Urteilen vom 18. Juli 2013, Prinz und Seeberger (C‑523/11 und C‑585/11, EU:C:2013:524), vom 24. Oktober 2013, Elrick (C‑275/12, EU:C:2013:684), sowie vom 26. Februar 2015, Martens (C‑359/13, EU:C:2015:118), zugrunde lagen.

( 30 ) Insofern kann es sein, dass sich dem Kläger des Ausgangsverfahrens, der Jura studieren möchte, keine Alternative zu seiner Entscheidung für ein Studium außerhalb Finnlands bietet. Es gibt nämlich gegenwärtig nur drei juristische Fakultäten in diesem Mitgliedstaat (Helsinki, Turku und Rovaniemi), und der Zugang hierzu hängt vom Bestehen eines besonders schwierigen Auswahlverfahrens ab. Außerdem liegen abgesehen von der Stadt Helsinki, die wenige Kilometer von der Gemeinde Espoo entfernt ist, Turku und Rovaniemi 150 km bzw. 830 km von Espoo entfernt, d. h. deutlich weiter weg als von der Stadt Tallinn, die täglich von zahlreichen Fährverbindungen, u. a. von Helsinki aus, angefahren wird.

( 31 ) Vgl. Urteil vom 26. Februar 2015, Martens (C‑359/13, EU:C:2015:118, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 32 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2015, Martens (C‑359/13, EU:C:2015:118, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 33 ) Vgl. Urteil vom 21. Juli 2011, Stewart (C‑503/09, EU:C:2011:500, Rn. 104 und 109).

( 34 ) Vgl. Urteil vom 21. Juli 2011, Stewart (C‑503/09, EU:C:2011:500, Rn. 97 bis 102).

( 35 ) Vgl. Urteil vom 21. Juli 2011, Stewart (C‑503/09, EU:C:2011:500, Rn. 103).

( 36 ) Ich frage mich sogar, ob angesichts der vom vorlegenden Gericht erwähnten Tatsache, dass die persönliche Assistenz weiterhin gewährt werden kann, wenn der Betroffene in anderen finnischen Gemeinden als seiner Wohnsitzgemeinde studiert, die Möglichkeiten der Gemeinde, die Inanspruchnahme der Assistenz zu kontrollieren, in dem Fall, in dem der Kläger des Ausgangsverfahrens in Tallinn studiert und dabei jedes Wochenende nach Espoo zurückkehrt, nicht einfacher sind, als wenn er an der juristischen Fakultät in Rovaniemi, das nahezu 900 km von seiner Wohnsitzgemeinde entfernt liegt, aufgenommen worden wäre.