24.7.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 239/13


Urteil des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 11. Mai 2017 (Vorabentscheidungsersuchen der Krajowa Izba Odwoławcza — Polen) — Archus sp. z o.o., Gama Jacek Lipik/Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo S.A.

(Rechtssache C-131/16) (1)

((Vorlage zur Vorabentscheidung - Öffentliche Aufträge - Richtlinie 2004/17/EG - Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen - Art. 10 - Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter - Verpflichtung der Auftraggeber, die Bieter zu ersuchen, ihr Angebot zu ändern oder zu ergänzen - Recht des Auftraggebers, die Kaution im Fall der Weigerung einzubehalten - Richtlinie 92/13/EWG - Art. 1 Abs. 3 - Nachprüfungsverfahren - Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags - Ausschluss eines Bieters - Antrag auf Nichtigerklärung - Rechtsschutzinteresse))

(2017/C 239/17)

Verfahrenssprache: Polnisch

Vorlegendes Gericht

Krajowa Izba Odwoławcza

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerinnen: Archus sp. z o.o., Gama Jacek Lipik

Beklagte: Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo S.A.

Beteiligte: Digital-Center sp. z o.o.

Tenor

1.

Der in Art. 10 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste zum Ausdruck gebrachte Grundsatz der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer ist dahin auszulegen, dass er im Rahmen einer Ausschreibung der Aufforderung eines öffentlichen Auftraggebers an einen Bieter entgegensteht, die Erklärungen oder Unterlagen vorzulegen, deren Übermittlung nach den Verdingungsunterlagen gefordert war und die nicht innerhalb der Frist zur Einreichung der Angebote vorgelegt worden sind. Dieser Artikel steht hingegen der Aufforderung eines öffentlichen Auftraggebers an einen Bieter, ein Angebot zu erläutern oder einen offensichtlichen sachlichen Fehler, den dieses enthalten hat, zu berichtigen, unter der Voraussetzung nicht entgegen, dass eine solche Aufforderung an alle Bieter gerichtet wird, die sich in derselben Situation befinden, dass alle Bieter gleich und fair behandelt werden und dass diese Erläuterung oder diese Berichtigung nicht der Einreichung eines neuen Angebots gleichgestellt werden kann, was das vorlegende Gericht zu überprüfen hat.

2.

Die Richtlinie 92/13/EG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor in der durch die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags zwei Angebote eingereicht worden sind und vom öffentlichen Auftraggeber zeitgleich zwei Entscheidungen erlassen worden sind, mit denen das Angebot eines Bieters abgelehnt bzw. der Auftrag dem anderen Bieter zugeteilt worden ist, der ausgeschlossene Bieter, der einen Nachprüfungsantrag gegen diese beiden Entscheidungen einreicht, den Ausschluss des Angebots des erfolgreichen Bieters beantragen können muss, so dass mit dem Begriff „bestimmter Auftrag“ im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 92/13 in der durch die Richtlinie 2007/66 geänderten Fassung gegebenenfalls die eventuelle Einleitung eines neuen Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags gemeint sein kann.


(1)  ABl. C 211 vom 13.6.2016.