URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

13. Dezember 2017 ( *1 )

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation - Einfrieren von Geldern - Begründungspflicht - Außervertragliche Haftung - Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht“

In der Rechtssache T‑692/15

HTTS Hanseatic Trade Trust & Shipping GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Schlingmann und M. Bever,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop und J.‑P. Hix als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch S. Bartelt und R. Tricot, dann durch R. Tricot und T. Scharf als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen einer Klage gemäß Art. 268 AEUV auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin infolge ihrer Aufnahme zum einen, durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2010 des Rates vom 26. Juli 2010 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2010, L 195, S. 25), in Anhang V der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2007, L 103, S. 1), und zum anderen, durch die Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 423/2007 (ABl. 2010, L 281, S. 1), in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 entstanden sein soll,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter I. S. Forrester und E. Perillo (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

I. Sachverhalt und Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Die HTTS Hanseatic Trade Trust & Shipping GmbH (im Folgenden: HTTS oder Klägerin) ist eine Gesellschaft deutschen Rechts, die im März 2009 von Herrn N. Bateni gegründet wurde, der ihr Alleingesellschafter und Geschäftsführer ist. HTTS ist als Schiffsagent und technischer Schiffsmanager tätig.

2

Hintergrund der vorliegenden Rechtssache ist das System restriktiver Maßnahmen, das eingeführt wurde, um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante Tätigkeiten im Nuklearbereich und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen (im Folgenden: nukleare Proliferation) einstellt. Genauer gesagt gehört sie zu den Rechtssachen, die Maßnahmen gegen eine Reederei, die Islamic Republic of Iran Shipping Lines (im Folgenden: IRISL), betreffen sowie gegen natürliche oder juristische Personen, die mit dieser Reederei verbunden sein sollen. Zu ihnen gehören nach den Angaben des Rates der Europäischen Union u. a. HTTS und zwei weitere Reedereien, die Hafize Darya Shipping Lines (im Folgenden: HDSL) und die Safiran Pyam Darya Shipping Lines (im Folgenden: SAPID).

3

HTTS wurde erstmals am 26. Juli 2010, infolge des Inkrafttretens der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2010 des Rates vom 26. Juli 2010 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2010, L 195, S. 25), in die Listen der Personen, Organisationen und Einrichtungen, die restriktiven Maßnahmen unterliegen, in Anhang V der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2007, L 103, S. 1) aufgenommen. Dagegen wurde keine Nichtigkeitsklage erhoben. Die Aufnahme von HTTS in die Listen der Personen, Organisationen und Einrichtungen, die restriktiven Maßnahmen unterliegen, in Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. 2010, L 281, S. 1), die einige Monate später durch die genannte Verordnung erfolgte, wurde hingegen von HTTS angefochten und sodann vom Gericht wegen rechtlich unzureichender Begründung für nichtig erklärt (siehe unten, Rn. 5).

4

In der Verordnung Nr. 668/2010 wurde die Aufnahme von HTTS im Wesentlichen damit begründet, dass sie „im Namen der HDSL in Europa [handelt]“. In der Verordnung Nr. 961/2010 lautete die Begründung: „[s]teht unter Kontrolle und/oder handelt im Namen der IRISL“.

5

Mit Urteil vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716), erklärte das Gericht die Verordnung Nr. 961/2010 für nichtig, soweit sie HTTS betraf. Dies geschah jedoch mit Wirkung zum 7. Februar 2012, um es dem Rat gegebenenfalls zu ermöglichen, die Begründung der Wiederaufnahme von HTTS in die Listen in der Zwischenzeit zu vervollständigen. Hierzu stellte das Gericht fest, dass die Wirksamkeit der mit der Verordnung Nr. 961/2010 gegen die Islamische Republik Iran verhängten Restriktionen schwer und irreversibel beeinträchtigt werden könnte, wenn die Verordnung mit sofortiger Wirkung für nichtig erklärt würde, da „nicht auszuschließen [ist], dass sich herausstellen könnte, dass die Verhängung der restriktiven Maßnahmen gegen die Klägerin in der Sache dennoch gerechtfertigt ist“ (Urteil vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat, T‑562/10, EU:T:2011:716, Rn. 41 und 42).

6

Im Anschluss an das Urteil vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716), wurde die Klägerin vom Rat mehrfach in die Listen aufgenommen. Ihre Aufnahme wurde von der Klägerin jeweils angefochten und vom Gericht in den Urteilen vom 12. Juni 2013, HTTS/Rat (T‑128/12 und T‑182/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:312), und vom 18. September 2015, HTTS und Bateni/Rat (T‑45/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:650), für nichtig erklärt.

7

An dieser Stelle ist zudem darauf hinzuweisen, dass das Gericht mit Urteil vom 16. September 2013, Islamic Republic of Iran Shipping Lines u. a./Rat (T‑489/10, EU:T:2013:453), auch die Aufnahme von IRISL und weiteren Reedereien, darunter HDSL und SAPID, in die sie betreffenden Listen mit der Begründung für nichtig erklärt hat, dass die vom Rat dargetanen Umstände die Aufnahme von IRISL nicht rechtfertigten und damit auch den Erlass und die Aufrechterhaltung restriktiver Maßnahmen gegen die übrigen aufgrund ihrer Verbindungen zu IRISL in die Listen aufgenommenen Reedereien nicht rechtfertigen konnten.

8

Mit Schreiben vom 23. Juli 2015 forderte die Klägerin den Rat auf, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr durch ihre erstmalige Aufnahme und die nachfolgenden Aufnahmen in die Listen der mit der Tätigkeit von IRISL verbundenen Personen enstanden sei.

9

Dabei verlangte die Klägerin nicht nur den Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden, die ihr aufgrund der durch die Verordnungen Nr. 668/2010 und Nr. 961/2010 angeordneten Aufnahmen in die Listen, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind, entstanden sein sollen, sondern auch der Schäden, die ihr aufgrund späterer Aufnahmen und Wiederaufnahmen (siehe oben, Rn. 6) entstanden sein sollen. Für die Zeit vom 26. Juli 2010 bis zum 18. September 2015 bezifferte sie den Gesamtbetrag der ihr entstandenen materiellen Schäden auf 11928939 Euro und den des immateriellen Schadens auf 250000 Euro.

10

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 wies der Rat die Schadensersatzforderung zurück.

II. Verfahren und Anträge der Parteien

11

Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 25. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

12

Mit Schriftsatz, der am 5. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. Mit Entscheidung vom 13. Mai 2016 hat der Präsident der Siebten Kammer diesem Antrag gemäß Art. 144 Abs. 4 der Verfahrensordnung des Gerichts stattgegeben.

13

Der Abschluss des schriftlichen Verfahrens ist den Parteien am 30. August 2016 bekannt gegeben worden. Die Parteien haben innerhalb der in Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung vorgesehenen Frist von drei Wochen ab dieser Bekanntgabe keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

14

Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichts vom 5. Oktober 2016 ist die vorliegende Rechtssache einem neuen Berichterstatter zugewiesen worden, der der Dritten Kammer angehört.

15

Am 30. Mai 2017 hat der Gerichtshof das Urteil Safa Nicu Sepahan/Rat (C‑45/15 P, EU:C:2017:402) verkündet, mit dem das Rechtsmittel und das Anschlussrechtsmittel gegen das Urteil vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986), zurückgewiesen wurden.

16

Mit Entscheidung vom 8. Juni 2017, die den Parteien am folgenden Tag bekannt gegeben worden ist, hat das Gericht, da es sich für durch die Aktenstücke der Rechtssache hinreichend unterrichtet hält, gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung beschlossen, mangels entsprechender Anträge der Parteien (siehe oben, Rn. 13) über die Klage ohne mündliches Verfahren zu entscheiden.

17

Mit Schriftsatz, der am 12. Juni 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin jedoch namentlich wegen der Verkündung des Urteils vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat (C‑45/15 P, EU:C:2017:402), die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Ferner hat sie beantragt, ihren Geschäftsführer und Alleingesellschafter, Herrn Bateni, im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme insbesondere zum Umfang der materiellen und immateriellen Schäden, die ihr entstanden sein sollen, als Zeugen zu hören.

18

Mit Entscheidung vom 20. Juni 2017 hat das Gericht erstens seine Entscheidung vom 8. Juni 2017 (siehe oben, Rn. 16) bestätigt. Zum Antrag der Klägerin auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat es festgestellt, dass dieser Antrag nicht fristgerecht gestellt worden war (siehe oben, Rn. 13) und dass keine neuen Gesichtspunkte vorliegen, die gegebenenfalls die Durchführung einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen könnten. Im Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat (C‑45/15 P, EU:C:2017:402), auf das sich die Klägerin zur Stützung ihres Antrags auf mündliche Verhandlung beruft, wurde nämlich lediglich das Urteil vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986), bestätigt, so dass es die Eröffnung des mündlichen Verfahrens nicht rechtfertigen kann. Zweitens hat das Gericht den Antrag auf eine die Anhörung von Herrn Bateni betreffende prozessleitende Maßnahme abgelehnt, weil es sich für durch die Aktenstücke und die einschlägige Rechtsprechung zur Bewertung der durch eine rechtswidrige restriktive Maßnahme verursachten Schäden hinreichend unterrichtet hält (siehe auch unten, Rn. 93).

19

Die Klägerin beantragt,

den Rat zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von 2513221,50 Euro für materielle und immaterielle Schäden wegen ihrer Aufnahme in die Listen der Personen, Organisationen und Einrichtungen in Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 und in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 (im Folgenden zusammen: streitige Listen) zu zahlen;

den Rat zu veurteilen, Verzugszinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für ihre wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatz ab dem 17. Oktober 2015 zu zahlen;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

20

Der Rat, unterstützt durch die Kommission, beantragt,

die Klage als teilweise unzulässig und jedenfalls als in vollem Umfang unbegründet abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A. Zum Gegenstand der Klage

21

Zum Gegenstand der Klage ist einleitend darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Wesentlichen vorträgt, sie mache „zunächst“ nur den Ersatz der Schäden geltend, die ihr ab dem 26. Juli 2010 dadurch entstanden seien, dass sie durch die Verordnung Nr. 668/2010 in die Listen der Personen, Organisationen und Einrichtungen in Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 aufgenommen worden sei, und der Schäden, die ihr ab dem 25. Oktober 2010 dadurch entstanden seien, dass sie durch die Verordnung Nr. 961/2010 in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen in Anhang VIII dieser Verordnung aufgenommen worden sei (siehe oben, Rn. 5).

22

Die durch diese beiden Aufnahmen in die Listen verursachten Schäden, deren Ersatz die Klägerin begehrt, sollen somit in der Zeit vom 26. Juli 2010, als sie erstmals in die Listen der mit IRISL verbundenen juristischen Personen aufgenommen wurde, bis zum 23. Januar 2012, an dem die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 54/2012 des Rates vom 23. Januar 2012 zur Durchführung der Verordnung Nr. 961/2010 (ABl. 2012, L 19, S. 1) erlassen wurde, entstanden sein. An diesem Tag endeten nämlich die Rechtswirkungen der durch die Verordnung Nr. 961/2010 angeordneten Aufnahme der Klägerin.

B. Zur Einrede der Verjährung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin

23

Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht Anwendung findet, sieht vor:

„Die aus außervertraglicher Haftung der Union hergeleiteten Ansprüche verjähren in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt. Die Verjährung wird durch Einreichung der Klageschrift beim Gerichtshof oder dadurch unterbrochen, dass der Geschädigte seinen Anspruch vorher gegenüber dem zuständigen Unionsorgan geltend macht. In letzterem Fall muss die Klage innerhalb der in Artikel 263 AEUV vorgesehenen Frist von zwei Monaten erhoben werden; gegebenenfalls findet Artikel 265 Absatz 2 AEUV Anwendung.

…“

24

Ohne förmlich durch gesonderten Schriftsatz eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, macht der Rat in der Gegenerwiderung geltend, die Klage sei wegen des Ablaufs der in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehenen Frist unzulässig. Er trägt hierzu vor, die am 25. November 2015 erhobene Klage beruhe auf Maßnahmen, die mehr als fünf Jahre zuvor, nämlich am 26. Juli 2010 (Verordnung Nr. 668/2010) und am 25. Oktober 2010 (Verordnung Nr. 961/2010) ergangen seien.

25

Wegen der Verjährung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin hinsichtlich der Schäden, die ihr vor dem 25. November 2010 und damit mehr als fünf Jahre vor Erhebung ihrer am 25. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klage entstanden sein sollten, sei die Klage jedenfalls teilweise unzulässig.

26

Unter den Umständen des vorliegenden Falles hält es das Gericht im Interesse der Verfahrensökonomie und einer geordneten Rechtspflege für angebracht, zunächst die durch den Rechtsstreit aufgeworfenen Sachfragen zu prüfen, ohne in diesem Stadium über die Einrede der Unzulässigkeit wegen Verjährung des Klageanspruchs zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. März 2006, Yedaş Tarim ve Otomotiv Sanayi ve Ticaret/Rat und Kommission, T‑367/03, EU:T:2006:96, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

C. Zur Begründetheit

27

Was zunächst die Rechtswidrigkeit des Verhaltens angeht, das die Klägerin der Europäischen Union zur Last legt und aus dem sich deren außervertragliche Haftung ergeben soll, macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend. Erstens rügt sie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht und zweitens eine Verletzung der materiellen Voraussetzungen für ihre Aufnahme in die streitigen Listen.

28

Vor der Prüfung dieser beiden Klagegründe ist jedoch auf die Kriterien hinzuweisen, anhand deren nach der Rechtsprechung im Rahmen einer Schadensersatzklage die Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des dem betreffenden Organ zur Last gelegten Verhaltens zu beurteilen ist.

1.   Vorbemerkungen zu den Kriterien, anhand deren nach der Rechtsprechung im Rahmen einer Schadensersatzklage die Rechtswidrigkeit zu beurteilen ist

29

Nach gefestigter Rechtsprechung reicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts der Union z. B. im Rahmen einer Nichtigkeitsklage – so bedauerlich dieser Rechtsverstoß auch sein mag – nicht aus, um automatisch die außervertragliche Haftung der Union wegen der Rechtswidrigkeit des Verhaltens eines ihrer Organe auszulösen. Damit diese Voraussetzung erfüllt ist, muss der Kläger nach der Rechtsprechung nachweisen, dass das fragliche Organ nicht nur einen einfachen Rechtsverstoß begangen hat, sondern einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll (vgl. Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ferner muss der Kläger nachweisen, dass die beiden anderen Voraussetzungen vorliegen, die erforderlich sind, um die außervertragliche Haftung der Union auszulösen, und zwar ein tatsächlicher Schaden sowie ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und dem fraglichen Rechtsverstoß.

30

Speziell zu restriktiven Maßnahmen hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat (C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 62) – im Übrigen auf der Grundlage seiner ständigen Rechtsprechung –, ausgeführt, dass es „Sache der Partei [ist], die sich auf die außervertragliche Haftung der Union beruft, Beweise für das Vorliegen und den Umfang des von ihr geltend gemachten Schadens … sowie für das Bestehen eines hinreichend unmittelbaren ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem betreffenden Verhalten der Union und dem geltend gemachten Schaden zu erbringen“.

31

Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung dient der Nachweis eines hinreichend qualifizierten Rechtsverstoßes dazu, insbesondere im Bereich der restriktiven Maßnahmen zu verhindern, dass die Aufgabe, die das betreffende Organ im allgemeinen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu erfüllen hat, durch das Risiko beeinträchtigt wird, dass dieses Organ letztlich Schäden zu tragen hat, die den von seinen Handlungen betroffenen Personen möglicherweise entstehen, wobei ihnen jedoch nicht die materiellen oder immateriellen Folgen von Pflichtverletzungen aufgebürdet werden, die das betreffende Organ in offenkundiger und unentschuldbarer Weise begangen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2007, Schneider Electric/Kommission, T‑351/03, EU:T:2007:212, Rn. 125, vom 23. November 2011, Sison/Rat, T‑341/07, EU:T:2011:687, Rn. 34, und vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat, T‑384/11, EU:T:2014:986, Rn. 51).

32

Nach diesen Vorbemerkungen erscheint es dem Gericht sachgerecht, zunächst den zweiten und dann den ersten Klagegrund zu prüfen.

2.   Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der materiellen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Listen

a)   Vorbringen der Parteien

33

Die Klägerin trägt erstens vor, der Rat habe die Aufnahme in die streitigen Listen nicht hinreichend durch konkrete Tatsachen untermauert. Außerdem habe das Gericht im Urteil vom 12. Juni 2013, HTTS/Rat (T‑128/12 und T‑182/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:312) (siehe oben, Rn. 6), entschieden, dass die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 961/2010 (ABl. 2012, L 88, S. 1) mit einem offenkundigen Ermessensfehler behaftet sei, da der Rat nicht dargetan habe, dass sie tatsächlich von IRISL kontrolliert worden sei.

34

Dabei macht die Klägerin unter Berufung u. a. auf das Urteil vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986), zunächst geltend, dass der Rat hinsichtlich seiner Pflicht, die Berechtigung der streitigen restriktiven Maßnahmen nachzuweisen, über keinen Wertungsspielraum verfügt habe, da sich diese Pflicht daraus ergebe, dass er die Grundrechte, insbesondere das Recht auf effektiven Rechtsschutz, beachten müsse.

35

Jedenfalls könnten die vom Rat im Nachhinein vorgelegten Beweise und Informationen in diesem Stadium nicht berücksichtigt werden, so dass die Verletzung der Pflicht des Rates, die Berechtigung der Aufnahme in die streitigen Listen zum Zeitpunkt ihrer Vornahme nachzuweisen, nicht rückwirkend geheilt werden könne.

36

Außerdem habe das Gericht in Rn. 55 des Urteils vom 12. Juni 2013, HTTS/Rat (T‑128/12 und T‑182/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:312) (siehe oben, Rn. 6), festgestellt, dass der Rat eingeräumt habe, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung Nr. 961/2010 weder über die später von ihm vorgelegten relevanten Informationen noch über die von der Bundesrepublik Deutschland als Streithelferin in dem Verfahren, in dem dieses Urteil ergangen sei, übermittelten Informationen verfügt habe. Die vom Rat im vorliegenden Fall angeführten Berichte von Expertenpanels der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) von 2012 und 2013 hätten beim Erlass dieser Verordnung ebenfalls noch nicht vorgelegen.

37

Vorsorglich weist die Klägerin ferner darauf hin, dass auch die vom Rat in der Rechtssache T‑182/12, HTTS/Rat (siehe oben, Rn. 6), nachträglich vorgelegten Beweise nicht geeignet seien, die Aufnahme in die streitigen Listen zu rechtfertigen. Diese Unterlagen seien jedenfalls nicht als Beleg dafür geeignet, dass die Klägerin tatsächlich „im Eigentum oder unter der Kontrolle“ von IRISL gestanden habe. Darin heiße es lediglich, dass sie als Agentin für SAPID und HDSL tätig gewesen sei.

38

Zweitens trägt die Klägerin vor, aus dem Urteil vom 16. September 2013, Islamic Republic of Iran Shipping Lines u. a./Rat (T‑489/10, EU:T:2013:453) (siehe oben, Rn. 7), ergebe sich, dass die Existenz einer Verbindung zwischen ihr und IRISL, SAPID oder HDSL die Aufnahme in die streitigen Listen nicht rechtfertigen könne. In diesem Urteil habe das Gericht nämlich gerade festgestellt, dass der Rat nicht nachgewiesen habe, dass IRISL unmittelbar an Tätigkeiten auf dem Gebiet der nuklearen Proliferation beteiligt gewesen sei.

39

Aus alledem schließt die Klägerin, dass der Rat gegen klare und präzise Rechtsvorschriften verstoßen habe, die keine Anwendungs- oder Auslegungsschwierigkeiten aufwiesen und keine besonders komplexe Situation beträfen. Der Rat sei somit den Pflichten nicht nachgekommen, die einer durchschnittlich umsichtigen und sorgfältigen Verwaltung nach den Kriterien oblägen, die sich aus einer ständigen Rechtsprechung der Unionsgerichte, etwa in den Urteilen vom 23. November 2011, Sison/Rat (T‑341/07, EU:T:2011:687, Rn. 36 und 37), vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat (T‑384/11, EU:T:2014:986, Rn. 53), und vom 18. Februar 2016, Jannatian/Rat (T‑328/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:86, Rn. 44), ergäben.

40

Der Rat macht in seiner Gegenerwiderung zunächst geltend, die Rüge des Verstoßes gegen die Pflicht, Nachweise zur Stützung der Gründe für die Aufnahme in die streitigen Listen beizubringen, sei verspätet, da es sich um neues, von der Klägerin erst in der Erwiderung geltend gemachtes Vorbringen handele.

41

In der Sache macht der Rat, unterstützt durch die Kommission, die sich seinen Ausführungen anschließt, geltend, dass er keinen hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß begangen habe, und tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

b)   Würdigung durch das Gericht

42

Bei der auf Art. 340 Abs. 2 AEUV gestützten Schadensersatzklage handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um einen eigenständigen Rechtsbehelf, der sich dadurch von der Nichtigkeitsklage unterscheidet, dass er nicht die Beseitigung eines bestimmten Rechtsakts zum Ziel hat, sondern den Ersatz des Schadens, den ein Unionsorgan einem Dritten verursacht (Urteile vom 2. Dezember 1971, Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat, 5/71, EU:C:1971:116, Rn. 3, und vom 18. September 2014, Georgias u. a./Rat und Kommission, T‑168/12, EU:T:2014:781, Rn. 32).

43

Zudem schafft Art. 215 AEUV, der im AEU-Vertrag die Rechtsgrundlage darstellt, die es dem Rat erlaubt, restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen zu erlassen, ein Bindeglied zwischen den Zielen des EU‑Vertrags im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), deren Erreichung die Union und die Mitgliedstaaten anstreben (vgl. insbesondere Art. 24 Abs. 3 EUV, wonach die Mitgliedstaaten die Außen- und Sicherheitspolitik der Union aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität unterstützen und das Handeln der Union in diesem Bereich achten), und dem mit wirtschaftlichen Sanktionen oder restriktiven Maßnahmen verbundenen Handeln der Union gemäß dem AEU-Vertrag, das zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44

In diesem Zusammenhang ist eine individuelle restriktive Maßnahme wie das Einfrieren von Geldern, die sich gegen eine nicht staatliche Einrichtung richten kann, als solche keine eigenständige Handlung des Rates, die den Charakter einer dieser Einrichtung auferlegten straf- oder verwaltungsrechtlichen Sanktion hat, sondern eine für die Umsetzung dieser spezifischen Politik erforderliche Maßnahme im Sinne von Art. 215 Abs. 2 AEUV, die es der Union ermöglichen soll, schrittweise zu dem konkreten Ergebnis zu gelangen, das sie im Rahmen der internationalen Beziehungen anstrebt, d. h. im vorliegenden Fall dazu, die Tätigkeit der Islamischen Republik Iran auf dem Gebiet der nuklearen Proliferation zu beenden.

45

Im Übrigen rechtfertigt nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung das übergeordnete Ziel der Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit im Einklang mit den in Art. 21 EUV genannten Zielen des auswärtigen Handelns der Union auch erhebliche negative Folgen, die sich für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer aus Beschlüssen zur Durchführung der von der Union zur Verwirklichung dieses grundlegenden Ziels erlassenen Rechtsakte ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 150 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46

Somit hat das Gericht, wenn es mit der Schadensersatzklage eines Wirtschaftsteilnehmers befasst ist, bei der Beurteilung des Verhaltens des betreffenden Organs, in Anbetracht u. a. von Art. 215 Abs. 2 AEUV, auch diesem grundlegenden Ziel der Außenpolitik der Union Rechnung zu tragen, es sei denn, der Wirtschaftsteilnehmer kann nachweisen, dass der Rat in offenkundiger und unentschuldbarer Weise gegen seine zwingenden Verpflichtungen verstoßen oder ein von der Union anerkanntes Grundrecht beeinträchtigt hat.

47

Unter diesen Umständen und insbesondere in Anbetracht dessen, dass in dem Zeitraum, auf den sich die vorliegende Klage bezieht, die Intensität der restriktiven Maßnahmen des Rates in Reaktion auf die Tätigkeit der Islamischen Republik Iran auf dem Gebiet der nuklearen Proliferation schrittweise zunahm, kann der Eingriff in die Geschäftstätigkeit von HTTS und die Freiheit der Verfügung über ihre eigenen finanziellen Ressourcen, der aus dem durch die betreffende restriktive Maßnahme verfügten Einfrieren ihrer Gelder resultiert, nicht automatisch als Auslöser der außervertraglichen Haftung der Union angesehen werden. Gemäß den Kriterien, die in der auf das Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission (C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung) (siehe oben, Rn. 29), zurückgehenden Rechtsprechung aufgestellt worden sind, muss der über die außervertragliche Haftung entscheidende Richter überdies im vorliegenden Fall offensichtliche und unentschuldbare Verstöße oder offenkundige Ermessensfehler des betreffenden Organs in Bezug auf die Existenz der behaupteten Verbindungen zwischen der Klägerin und den anderen betroffenen Gesellschaften, vor allem IRISL, feststellen können.

48

Außerdem stellt die etwaige Nichtigerklärung eines oder mehrerer Rechtsakte des Rates, auf die die von der Klägerin geltend gemachten Schäden zurückzuführen sein sollen, auch dann, wenn sie durch ein vor der Erhebung der Schadensersatzklage ergangenes Urteil des Gerichts für nichtig erklärt wurden, keinen unwiderlegbaren Nachweis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes dieses Organs dar, aufgrund dessen die Haftung der Union ipso iure festgestellt werden kann.

49

Im Übrigen kann eine Klage wegen außervertraglicher Haftung im Unterschied zur Nichtigkeitsklage innerhalb von fünf Jahren ab dem Eintritt des Ereignisses, das zu dem betreffenden Schaden führt, erhoben werden. Folglich ist das Organ, dessen außervertragliche Haftung geltend gemacht wird, grundsätzlich berechtigt, sich zu seiner Entlastung auf sämtliche relevanten Umstände zu berufen, die eingetreten sind, bevor innerhalb der genannten Frist die gegen dieses Organ gerichtete Schadensersatzklage erhoben wurde. Desgleichen kann der Kläger den Umfang und die Höhe seines Schadens durch Beweise dartun, die aus der Zeit nach dessen Eintritt stammen.

50

Die Möglichkeit des Organs, sich zu seiner Entlastung auf sämtliche relevanten Umstände zu berufen, die vor der Erhebung der gegen dieses Organ gerichteten Schadensersatzklage eingetreten sind, trägt dem Umstand Rechnung, dass der zuständige Richter unter Beachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens die Erheblichkeit und die Bedeutung der von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Tatsachen feststellen muss, um über die etwaige außervertragliche Haftung der Union zu entscheiden. In besonderem Maß gerechtfertigt ist diese Möglichkeit in einem Tätigkeitsbereich der Union wie dem der GASP, für die wegen des Wesens ihrer Ziele und Inhalte Bestimmungen und Verfahren gelten, die durch die Verträge besonders geregelt sind (vgl. Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV) und die u. a. dazu dienen, gegebenenfalls der zeitlichen Entwicklung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen, auf die sich das internationale Handeln der Union bezieht.

51

Würde man die von dem betreffenden Organ, das auf der Grundlage eines nach Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassenen Beschlusses gemäß Art. 215 Abs. 2 AEUV die fragliche Maßnahme des Einfrierens von Geldern erlassen hat, im Rahmen einer Schadensersatzklage vorgetragenen Umstände als unerheblich betrachten, liefe dies daher auf eine erhebliche Behinderung der wirksamen Ausübung der Befugnisse hinaus, die die Verträge den Unionsorganen im Bereich der GASP verleihen, indem sie ihnen gestatten, die zur Förderung der Umsetzung dieser Politik erforderlichen restriktiven Maßnahmen zu erlassen.

52

Hiervon ausgehend ist im vorliegenden Fall zunächst darauf hinzuweisen, dass das Gericht in den Rn. 41 und 42 des Urteils vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716), entschieden hat, dass die Wirksamkeit der durch die Verordnung Nr. 961/2010 gegen die Islamische Republik Iran verhängten Restriktionen schwer und irreversibel beeinträchtigt werden könnte, wenn diese Verordnung mit sofortiger Wirkung für nichtig erklärt würde, da „nicht auszuschließen [ist], dass sich herausstellen könnte, dass die Verhängung der restriktiven Maßnahmen gegen die Klägerin in der Sache dennoch gerechtfertigt ist“.

53

Somit kann das Gericht im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage die vom Rat zu seiner Entlastung angeführten maßgeblichen Gründe und Beweise für das Fehlen der Voraussetzung, die die außervertragliche Haftung der Union auslöst, nicht außer Acht lassen.

54

Des Weiteren ist zur ersten Rüge der Klägerin, mit der sie geltend macht, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die materiellen Voraussetzungen vorliege, die ihre Aufnahme in die streitigen Listen aufgrund einer mittelbaren Verbindung zwischen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit und der Tätigkeit von IRISL rechtfertigen könnten (siehe oben, Rn. 4), erstens darauf hinzuweisen, dass der vom Rat gegen dieses Vorbringen erhobene Einwand der Verspätung (siehe oben, Rn. 40), nicht zutrifft, da die Klägerin ihre Schadensersatzanträge schon ab der Erhebung ihrer Schadensersatzklage u. a. auf dieses Vorbringen gestützt hat, das somit eine logische Fortentwicklung des hier geprüften Klagegrundes darstellt.

55

Die Klägerin wendet sich zunächst gegen ihre Einstufung als Gesellschaft, die „im Eigentum oder unter der Kontrolle einer anderen Einrichtung steht“, da sie weder im Eigentum noch unter der Kontrolle von IRISL stehe. Insoweit genügt der Hinweis, dass dieser Begriff hier nicht die Bedeutung hat, die ihm allgemein im Gesellschaftsrecht zukommt, wenn es darum geht, die Verantwortlichkeit einer Gesellschaft im Geschäftsverkehr festzustellen, deren Entscheidungen rechtlich unter der Kontrolle eines anderen Unternehmens stehen.

56

Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer restriktiven Maßnahme bezieht sich dieser Begriff nämlich auf die Situation, in der die in die Tätigkeit des betreffenden Staates auf dem Gebiet der nuklearen Proliferation einbezogene natürliche oder juristische Person in der Lage ist, auf die geschäftlichen Entscheidungen eines anderen Unternehmens, mit dem sie Geschäftsbeziehungen unterhält, Einfluss zu nehmen, auch wenn zwischen diesen beiden Wirtschaftsteilnehmern weder in rechtlicher Hinsicht noch in Bezug auf das Eigentum oder die Kapitalbeteiligung Beziehungen bestehen.

57

Hierzu hat der Gerichtshof im Übrigen ausdrücklich entschieden, dass die Frage, ob eine Einrichtung „im Eigentum oder unter der Kontrolle steht“, vom Rat in jedem Einzelfall, insbesondere nach Maßgabe des Beherrschungsgrades oder der Intensität der Kontrolle, zu prüfen ist und dass der Rat insoweit über ein gewisses Ermessen verfügt (Urteile vom 12. Juni 2013, HTTS/Rat, T‑128/12 und T‑182/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:312, Rn. 48, und vom 6. September 2013, Bateni/Rat, T‑42/12 und T‑181/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:409, Rn. 45; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 13. März 2012, Melli Bank/Rat, C‑380/09 P, EU:C:2012:137, Rn. 40 bis 42).

58

Die im vorliegenden Fall vom Rat angeführten Informationen und Beweise stellen stichhaltige, hinreichend genaue und übereinstimmende Indizien dar, die im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage den Schluss zulassen, dass es zumindest wahrscheinlich erscheint, dass HTTS unter der Kontrolle von IRISL stand und/oder in deren Namen handelte.

59

So stellen z. B. Umstände wie die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Schiffsagentin für eng mit IRISL verbundene Unternehmen, von denen einige, und zwar HDSL und SAPID, ihnen von IRISL zur Verfügung gestellte Schiffe nutzten, die durch den Prüfbericht vom 31. Dezember 2010 belegten finanziellen Beziehungen, die die Klägerin zu HDSL und SAPID sowie zur Tochtergesellschaft von IRISL in der Union unterhielt, die vom Geschäftsführer der Klägerin, Herrn Bateni, zuvor ausgeübten Funktionen als Legal Director von IRISL und schließlich die gemeinsame Anschrift der Klägerin und von IRISL Europe, ein Bündel sachlicher, stichhaltiger und übereinstimmender Indizien – die im Übrigen von der Klägerin nicht in Abrede gestellt werden – für das Bestehen enger Verbindungen zwischen der Klägerin und IRISL dar. Außerdem hat das Gericht, wie der Rat ausführt, im Urteil vom 12. Juni 2013, HTTS/Rat (T‑128/12 und T‑182/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:312, Rn. 56), hervorgehoben, dass es die von der Bundesrepublik Deutschland vorgelegten Informationen – die sich im Übrigen teilweise mit den oben genannten Indizien deckten – zwar im Rahmen der Nichtigkeitsklage, mit der es befasst war, nicht berücksichtigen konnte, dass jedoch nicht ausgeschlossen ist, dass sie „aufgrund ihrer Ausführlichkeit und Stichhaltigkeit die Listung der Klägerin rechtfertigen könnten“.

60

Somit ergibt sich aus den vom Rat im vorliegenden Fall vorgetragenen Umständen und Indizien zusammen genommen, dass der Rat durch den Erlass der streitigen Maßnahme des Einfrierens von Geldern keine offensichtlichen und unentschuldbaren Verstöße oder offenkundigen Beurteilungsfehler hinsichtlich des Umfangs der Geschäftsbeziehungen zwischen HTTS und IRISL sowie, über diese Gesellschaft, der Beziehungen zwischen HTTS und der Tätigkeit der Islamischen Republik Iran auf dem Gebiet der nuklearen Proliferation begangen hat, die – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für die Haftung der Union – den Ersatz der HTTS dadurch entstandenen Schäden rechtfertigen könnten (siehe oben, Rn. 59). Jedenfalls hat die Klägerin keine hinreichend konkreten und stichhaltigen Beweise dafür beigebracht, dass der Rat für die Begehung derartiger schwerer und unentschuldbarer Verstöße verantwortlich sein könnte.

61

Daraus folgt, dass die erste Rüge, mit der ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die materiellen Voraussetzungen der Aufnahme in die Listen geltend gemacht wird, da der Rat nicht auf der Grundlage hinreichender Beweise nachgewiesen habe, dass die Klägerin unter der Kontrolle von IRISL gestanden habe, zurückzuweisen ist.

62

Zur zweiten Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Aufnahme von HTTS in die streitigen Listen sei infolge der Nichtigerklärung der Aufnahme von IRISL und weiterer Reedereien, darunter HDSL und SAPID, nicht gerechtfertigt, ist erneut festzustellen (siehe oben, Rn. 48), dass die Nichtigerklärung der letztgenannten Aufnahme für sich genommen nicht ausreicht, um nachzuweisen, dass die Aufnahme von HTTS in die streitigen Listen mit einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß behaftet war, der auch die Haftung der Union auslösen kann.

63

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme der Klägerin in die streitigen Listen, zunächst durch die Verordnung Nr. 668/2010 und dann durch die Verordnung Nr. 961/2010, die Aufnahme von IRISL, HDSL und SAPID noch nicht für nichtig erklärt worden war. Vor allem macht der Rat zu Recht geltend, dass im vorliegenden Fall die Aufnahme von IRISL im Wesentlichen auf einem Bericht des Sanktionsausschusses des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen beruhte, in dem drei offenkundige Verstöße dieser Gesellschaft gegen das durch die Resolution 147(2007) des Sicherheitsrats errichtete Waffenembargo festgestellt wurden. Angesichts der Ausführungen in diesem Bericht kann aber die Feststellung, dass IRISL an Tätigkeiten der Islamischen Republik Iran auf dem Gebiet der nuklearen Proliferation beteiligt war, im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage nicht als offensichtlich fehlerhaft angesehen werden, was im Übrigen auch von der Klägerin nicht substantiiert bestritten wird. Folglich lässt die spätere Nichtigerklärung der Aufnahme von IRISL, SAPID und HDSL, auf die sich die Klägerin nunmehr beruft, nicht den Schluss zu, dass der Rat einen offensichtlichen Ermessensfehler begangen hat, der so schwerwiegend und unentschuldbar war, dass er die außervertragliche Haftung der Union auslösen könnte.

64

Unter diesen Umständen kann dem Rat im Ergebnis nicht vorgeworfen werden, durch die Aufnahme der Klägerin in die streitigen Listen – beruhend auf den zwischen ihr und IRISL bestehenden Verbindungen – einen Rechtsverstoß begangen zu haben, den eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Verwaltung, der durch die Verträge besondere Befugnisse wie die zum Erlass restriktiver, im Rahmen des Handelns der Union zur Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit, die durch die Tätigkeit der Islamischen Republik Iran auf dem Gebiet der nuklearen Proliferation gefährdet sein könnten, als erforderlich angesehener Maßnahmen verliehen werden (siehe oben, Rn. 44), unter vergleichbaren Umständen nicht begangen hätte.

65

Daraus folgt, dass auch die zweite Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Aufnahme in die streitigen Listen sei infolge der rückwirkenden Nichtigerklärung der Aufnahme von IRISL, HDSL und SAPID rechtswidrig, nicht durchgreift, so dass der zweite Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen ist.

66

Somit ist nunmehr im Licht der vorstehenden Erwägungen der erste von der Klägerin zur Stützung ihrer Schadensersatzforderung angeführte Klagegrund zu prüfen.

3.   Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

a)   Vorbringen der Parteien

67

Zur Stützung dieses Klagegrundes beruft sich die Klägerin, um darzutun, dass das behauptete Fehlen einer Begründung für ihre Aufnahme in die streitigen Listen einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm darstelle, die dem Einzelnen Rechte verleihen solle, in erster Linie auf das Urteil vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716), mit dem ihre Aufnahme in die Liste in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 wegen unzureichender Begründung für nichtig erklärt wurde (siehe oben, Rn. 5). Sie trägt im Wesentlichen vor, das Gericht habe in diesem Urteil besonders hervorgehoben, dass die Begründungspflicht ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts sei, von dem Ausnahmen nur aufgrund zwingender Erwägungen möglich seien. Die Begründung für die Aufnahme in die Liste sei dem Betroffenen daher grundsätzlich zugleich mit dem beschwerenden Rechtsakt mitzuteilen.

68

In der Erwiderung macht die Klägerin zudem zur Stützung dieses Klagegrundes erstmals geltend, durch den Verstoß gegen die Begründungspflicht sowie die unterbliebene Mitteilung der spezifischen und konkreten Gründe für ihre Aufnahme in die streitigen Listen sei im vorliegenden Fall auch ihr Recht auf effektiven Rechtsschutz verletzt worden. Der Rat habe damit gegen eine Grundregel des Unionsrechts verstoßen, die dem Schutz des Einzelnen diene und deren Verletzung die Haftung der Union begründen könne.

69

Im vorliegenden Fall sei die Unzulänglichkeit der Begründung besonders gravierend und stelle damit einen schweren und unentschuldbaren Verstoß des Rates dar, weil er bis zum Erlass des Urteils vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716), nichts vorgelegt habe, was die Aufnahme von HTTS in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 hätte stützen können. Hierzu verweist die Klägerin u. a. auf ihre Schreiben vom 10. und vom 13. September 2010, mit denen sie den Rat ersucht habe, seinen Beschluss, sie in die streitigen Listen aufzunehmen, zu überdenken, und ihm hierzu bestimmte Dokumente übermittelt habe, sowie auf ihr Schreiben vom 23. November 2010, in dem sie Einsicht in ihre Akte beantragt habe.

70

Schließlich habe der Rat ihr Recht auf effektiven Rechtsschutz verletzt, da er sie nach jedem Urteil, mit dem ihre Aufnahme in die streitigen Listen für nichtig erklärt worden sei, mit einer nur leicht abgewandelten Begründung erneut in die Listen aufgenommen habe. Im Übrigen komme in diesem Verhalten des Rates die Haltung zum Ausdruck, die er ihr gegenüber stets eingenommen habe.

71

Der Rat, unterstützt durch die Kommission, tritt diesem Vorbringen entgegen.

b)   Würdigung durch das Gericht

72

Vor der inhaltlichen Würdigung der verschiedenen im Rahmen des ersten Klagegrundes geltend gemachten Rügen ist auf der Verfahrensebene die Einrede der Unzulässigkeit zu prüfen, die der Rat damit begründet, dass die Klägerin die Argumente zur Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz und zum Fehlen von Beweisen für die sachliche Richtigkeit ihrer Aufnahme in die streitigen Listen erst in der Erwiderung vorgebracht habe, so dass dieses Vorbringen verspätet sei.

1) Zur Verspätung des Vorbringens, mit dem die Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz geltend gemacht wird

73

Insoweit ist zunächst die Rüge der Klägerin, der Rat habe sie trotz der Nichtigkeitsurteile vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716), und vom 12. Juni 2013, HTTS/Rat (T‑128/12 und T‑182/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:312), automatisch in die streitigen Listen aufgenommen (siehe oben, Rn. 70), als ins Leere gehend zurückzuweisen. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist nach der von der Klägerin selbst vorgenommenen zeitlichen Eingrenzung nämlich nicht der Ersatz des Schadens, der ihr durch ihre erneute Aufnahme in die Listen im Anschluss an die genannten Urteile entstanden sein soll, sondern der Ersatz der Schäden, die ihr zwischen dem 26. Juli 2010 und dem 23. Januar 2012 entstanden sein sollen (siehe oben, Rn. 22). Das Verhalten des Rates nach dem 23. Januar 2012 ist somit im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich.

74

Was sodann die vom Rat gerügte Verspätung der beiden ergänzenden, von der Klägerin in der Erwiderung angeführten Argumente betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass HTTS in der Klageschrift einen klaren Bezug zwischen der Begründungspflicht in Bezug auf ihre Aufnahme in die Listen der mit der Tätigkeit von IRISL verbundenen Personen und der Pflicht des Rates hergestellt hat, ihr die Gründe für diese Aufnahme mitzuteilen (siehe oben, Rn. 67).

75

Nach gefestigter Rechtsprechung setzt der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes voraus, dass das Unionsorgan, das einen Rechtsakt erlässt, mit dem restriktive Maßnahmen gegen eine Person oder eine nicht staatliche Einrichtung verhängt werden, die Gründe, auf die sich der Rechtsakt stützt, möglichst zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Rechtsakts oder zumindest so bald wie möglich danach mitteilt, und zwar gerade deshalb, um dieser Person oder nicht staatlichen Einrichtung die sachgerechte Wahrnehmung ihrer Klagebefugnis zu ermöglichen (Urteile vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, C‑548/09 P, EU:C:2011:735, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 100).

76

Die Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts, die aus dem Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte folgt, dient nämlich dem Zweck, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter eine möglichst umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen (Urteile vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 49, vom 18. Februar 2016, Rat/Bank Mellat, C‑176/13 P, EU:C:2016:96, Rn. 74, und vom 11. Juli 2007, Sison/Rat, T‑47/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:207, Rn. 185).

77

Da dem Betroffenen vor dem Erlass eines gegen ihn gerichteten erstmaligen Beschlusses über das Einfrieren von Geldern kein Anhörungsrecht zusteht, kommt der Einhaltung der Begründungspflicht zudem umso größere Bedeutung zu, als sie die einzige Gewähr dafür bietet, dass der Betroffene zumindest nach dem Erlass eines solchen Beschlusses die ihm zur Überprüfung von dessen Rechtmäßigkeit zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe sachgerecht in Anspruch nehmen kann (Urteile vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 51, vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran/Rat, T‑228/02, EU:T:2006:384, Rn. 140, und vom 11. Juli 2007, Sison/Rat, T‑47/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:207, Rn. 187).

78

Somit ergibt sich u. a. aus der oben in den Rn. 75 bis 77 angeführten Rechtsprechung, dass die Begründungspflicht und das aus ihr folgende Recht des Betroffenen, die spezifischen und konkreten Gründe für seine Aufnahme in die betreffenden Listen mitgeteilt zu bekommen, die Wahrung nicht nur der Verteidigungsrechte, sondern auch des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes gewährleisten sollen.

79

Somit ist im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage die von der Klägerin erst in der Erwiderung erhobene Rüge der Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz als eine im Laufe des Verfahrens erfolgte Fortentwicklung des ersten Klagegrundes anzusehen, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht und eine Verletzung des Rechts des Betroffenen gerügt werden, die spezifischen und konkreten Gründe für seine Aufnahme in die fraglichen Listen mitgeteilt zu bekommen (siehe oben, Rn. 74). Somit kann in dieser Rüge kein neuer, von der Klägerin verspätet geltend gemachter Klagegrund gesehen werden.

2) Zur Verspätung des Vorbringens, mit dem geltend gemacht wird, der Rat habe keine Beweise mitgeteilt

80

Die Klägerin wirft dem Rat vor, keine die Gründe für ihre Aufnahme in die streitigen Listen stützenden Beweise vorgelegt zu haben. Insoweit verweist sie insbesondere auf ihr Schreiben vom 23. November 2010 (siehe oben, Rn. 69). Mit diesem Vorbringen macht die Klägerin im Wesentlichen eine Verletzung ihres Rechts auf Akteneinsicht durch den Rat geltend.

81

Zu diesem speziellen Punkt ist nämlich darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 19 des Urteils vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716), im Rahmen der Darstellung der Vorgeschichte des Rechtsstreits ausgeführt hat, dass der Rat das Schreiben der Klägerin vom 23. November 2010 vor der Klageerhebung in der Rechtssache T‑562/10 in Wirklichkeit nicht beantwortet hatte. In diesem Urteil hat das Gericht seine Prüfung sodann jedoch auf den Klagegrund einer mangelnden Begründung beschränkt und ist mithin nicht auf den anderen, die Einhaltung der Modalitäten des Rechts auf Akteneinsicht betreffenden Klagegrund eingegangen.

82

Die Klägerin hat sich in der Klageschrift aber nicht gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Akteneinsicht durch den Rat gewandt, so dass diese Rüge, auch wenn sie im Gewand einer etwaigen Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz erhoben wird, gemäß Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung zurückzuweisen ist, da sie einen neuen Klagegrund darstellt, der nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

83

Nach der Zurückweisung dieser Verfahrensrüge ist nunmehr der erste Klagegrund inhaltlich zu prüfen.

3) Zur Begründetheit des ersten Klagegrundes

84

Da das jeweilige Vorbringen der Parteien zu diesem Klagegrund oben in den Rn. 67 bis 71 zusammengefasst worden ist, genügt hier der Hinweis, dass zum einen in der Verordnung Nr. 668/2010 die Aufnahme von HTTS in Anhang V der Verordnung Nr. 432/2007 damit begründet wurde, dass die Klägerin „im Namen der HDSL in Europa [handelt]“, während HDSL mit der Begründung in die streitigen Listen aufgenommen wurde, dass sie „im Namen der IRISL [handelt, indem sie] Containerdienste mit Schiffen im Besitz der IRISL aus[führt]“. Schließlich wurde in der Verordnung Nr. 961/2010 die Aufnahme von HTTS in ihren Anhang VIII damit begründet, dass sie „unter Kontrolle [von IRISL steht] und/oder … [in deren] Namen [handelt]“ (siehe oben, Rn. 4).

85

Nach diesem Hinweis auf die Gründe für die Aufnahme in die streitigen Listen ist in Bezug auf den Verstoß gegen die Pflicht zur Begründung der erstmaligen Aufnahme der Klägerin in die Liste im Anhang der Verordnung Nr. 668/2010 zunächst festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin offensichtlich auf einem Fehlverständnis des Urteils vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716), beruht. Dieses Urteil betrifft nämlich nur die Gültigkeit der Verordnung Nr. 961/2010, mit der die Klägerin in die Liste in deren Anhang aufgenommen wurde, während das Gericht nicht über die Unzulänglichkeit der Begründung ihrer erstmaligen Aufnahme durch die Verordnung Nr. 668/2010 entschieden hat. Dies ergibt sich im Übrigen bereits aus dem Wortlaut der Gründe dieses Urteils. Dessen Rn. 39 lautet:

„Demnach ist festzustellen, dass der Rat offenbar gegen die Begründungspflicht gemäß Art. 296 Abs. 2 AEUV und Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 961/2010 verstoßen hat. Der erste Klagegrund [einer unzureichenden Begründung dieser Verordnung] erscheint mithin begründet; ihm ist daher stattzugeben.“

86

Jedenfalls trägt die Klägerin, da sie die Verordnung Nr. 668/2010 nicht mit einer Nichtigkeitsklage angefochten hat (siehe oben, Rn. 3), im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage die Beweislast für die Rechtswidrigkeit dieser restriktiven Maßnahme, bei der es sich um eine Voraussetzung dafür handelt, dass das Gericht den Rat – sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, die die Haftung der Union auslösen, was nicht feststeht – zum Ersatz der von der Klägerin geltend gemachten Schäden verurteilen kann (siehe oben, Rn. 29). Die im vorliegenden Fall erfolgte Bezugnahme der Klägerin auf das Urteil vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716) (siehe oben, Rn. 67), lässt nämlich nicht den Schluss zu, dass die Voraussetzung des Vorliegens eines hinreichend qualifizierten Rechtsverstoßes hinsichtlich der erstmaligen Aufnahme der Klägerin in die Listen durch die Verordnung Nr. 668/2010 erfüllt ist; vielmehr ist die Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts in Ermangelung einer Nichtigkeitsklage bis zum Beweis des Gegenteils zu vermuten.

87

Sodann steht fest, dass das Gericht die Verordnung Nr. 961/2010, soweit sie die Klägerin betrifft, in seinem Urteil vom 7. Dezember 2011, HTTS/Rat (T‑562/10, EU:T:2011:716), wegen unzureichender Begründung der Aufnahme der Klägerin in die dieser Verordnung beigefügte Liste für nichtig erklärt hat.

88

Zu der hier in Rede stehenden etwaigen Haftung der Union im Anschluss an die Nichtigerklärung dieser Verordnung geht jedoch aus einer ständigen Rechtsprechung hervor, dass die unzureichende Begründung eines Rechtsakts die Haftung der Union grundsätzlich nicht auslösen kann (Urteil vom 11. Juli 2007, Sison/Rat, T‑47/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:207, Rn. 238).

89

Angesichts dessen ist im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen restriktiven Maßnahme jedenfalls auch im Licht der späteren, vom Rat in seinem Beschluss 2012/35/GASP vom 23. Januar 2012 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. 2012, L 19, S. 22) angeführten Begründung zu beurteilen. Darin wurde die Aufnahme der Klägerin in die Liste im Anhang des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. 2010, L 195, S. 39) mit folgender Begründung aufrechterhalten:

„Steht unter der Kontrolle und/oder ist im Auftrag der IRISL tätig. HTTS ist unter derselben Adresse eingetragen wie die IRISL Europe GmbH in Hamburg; der Geschäftsführer [Herr] Ba[t]eni war zuvor Beschäftigter der IRISL.“

90

Diese ergänzenden Gründe ermöglichen es im Rahmen der vorliegenden Klage auf Ersatz der Schäden, die der Klägerin in der Zeit vom 26. Juli 2010 bis zum 23. Januar 2012 entstanden sein sollen, nämlich zum einen der Klägerin, die Gründe für ihre Aufnahme in die streitigen Listen während dieses Zeitraums zu erfahren, und zum anderen dem Gericht, eine Gesamtbeurteilung der Umstände vorzunehmen, auf die nach dem Vorbringen der Parteien die Schäden zurückzuführen sind, die der Klägerin in dem genannten Zeitraum entstanden sein sollen.

91

Nach alledem ist der gesamte vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

92

Die Klage ist somit in vollem Umfang abzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen die Haftung der Union ausgelöst wird, und ohne dass zur Einrede der Verjährung Stellung genommen werden muss.

93

Unter diesen Umständen ist es nicht erforderlich, dem Antrag der Klägerin auf eine die Anhörung ihres Geschäftsführers und Alleingesellschafters als Zeugen betreffende prozessleitende Maßnahme stattzugeben.

IV. Kosten

94

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

95

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

96

Da die Klägerin unterlegen ist, ist sie zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Kosten des Rates, im Einklang mit dessen Antrag, zu verurteilen. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die HTTS Hanseatic Trade Trust & Shipping GmbH trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten, die dem Rat der Europäischen Union entstanden sind.

 

3.

Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

 

Frimodt Nielsen

Forrester

Perillo

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Dezember 2017.

Der Kanzler

E. Coulon

Der Präsident

G. Berardis

Inhaltsverzeichnis

 

I. Sachverhalt und Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

II. Verfahren und Anträge der Parteien

 

III. Rechtliche Würdigung

 

A. Zum Gegenstand der Klage

 

B. Zur Einrede der Verjährung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin

 

C. Zur Begründetheit

 

1. Vorbemerkungen zu den Kriterien, anhand deren nach der Rechtsprechung im Rahmen einer Schadensersatzklage die Rechtswidrigkeit zu beurteilen ist

 

2. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der materiellen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Listen

 

a) Vorbringen der Parteien

 

b) Würdigung durch das Gericht

 

3. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

 

a) Vorbringen der Parteien

 

b) Würdigung durch das Gericht

 

1) Zur Verspätung des Vorbringens, mit dem die Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz geltend gemacht wird

 

2) Zur Verspätung des Vorbringens, mit dem geltend gemacht wird, der Rat habe keine Beweise mitgeteilt

 

3) Zur Begründetheit des ersten Klagegrundes

 

IV. Kosten


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.