URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
27. Oktober 2016 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung — Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen — Zuständigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung — Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 — Art. 15 — Verweisung der Sache an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats — Geltungsbereich — Tatbestandsmerkmale — Gericht, das den Fall besser beurteilen kann — Wohl des Kindes“
In der Rechtssache C‑428/15
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court (Oberster Gerichtshof, Irland) mit Entscheidung vom 31. Juli 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 4. August 2015, in dem Verfahren
Child and Family Agency
gegen
J. D.,
Beteiligter:
R. P. D.,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter M. Vilaras, J. Malenovský (Berichterstatter), M. Safjan und D. Šváby,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
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der Child and Family Agency, vertreten durch L. Jonker, Solicitor, T. O’Leary, SC, und D. Leahy, Barrister, |
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von Frau D., vertreten durch I. Robertson, Solicitor, und M. de Blacam, SC, sowie G. Lee, BL, |
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des Kindes R. P. D., vertreten durch G. Irwin, Solicitor, G. Durcan, SC, S. Fennell, BL, und N. McDonnell, BL, |
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von Irland, vertreten durch E. Creedon, L. Williams und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von A. Carroll, BL, |
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der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte, |
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der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte, |
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der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin als Bevollmächtigten, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Juni 2016
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. 2003, L 338, S. 1, mit Berichtigung in ABl. 2016, L 99, S. 34). |
2 |
Das Vorabentscheidungsersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Child and Family Agency (Agentur für Kinder und Familien, Irland, im Folgenden: Agentur) und Frau J. D. wegen des Schicksals ihres zweiten Kindes, des Kleinkinds R. |
Rechtlicher Rahmen
3 |
In den Erwägungsgründen 5, 12, 13 und 33 der Verordnung Nr. 2201/2003 heißt es:
…
…
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4 |
Art. 1 („Anwendungsbereich“) der Verordnung Nr. 2201/2003 bestimmt: „(1) Diese Verordnung gilt, ungeachtet der Art der Gerichtsbarkeit, für Zivilsachen mit folgendem Gegenstand: …
(2) Die in Absatz 1 Buchstabe b) genannten Zivilsachen betreffen insbesondere:
…
…“ |
5 |
Nach Art. 2 Nr. 7 der Verordnung Nr. 2201/2003 bezeichnet für die Zwecke dieser Verordnung der Ausdruck „‚elterliche Verantwortung‘ die gesamten Rechte und Pflichten, die einer natürlichen oder juristischen Person durch Entscheidung oder kraft Gesetzes oder durch eine rechtlich verbindliche Vereinbarung betreffend die Person oder das Vermögen eines Kindes übertragen wurden. Elterliche Verantwortung umfasst insbesondere das Sorge- und das Umgangsrecht“. |
6 |
Das Kapitel II („Zuständigkeit“) der Verordnung umfasst einen Abschnitt 2 („Elterliche Verantwortung“), der in den Art. 8 bis 15 verschiedene Vorschriften über die Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet enthält. |
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Art. 8 („Allgemeine Zuständigkeit“) der Verordnung Nr. 2201/2003 bestimmt in Abs. 1: „Für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.“ |
8 |
In Art. 15 („Verweisung an ein Gericht, das den Fall besser beurteilen kann“) der Verordnung Nr. 2201/2003 heißt es: „(1) In Ausnahmefällen und sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht, kann das Gericht eines Mitgliedstaats, das für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist, in dem Fall, dass seines Erachtens ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats, zu dem das Kind eine besondere Bindung hat, den Fall oder einen bestimmten Teil des Falls besser beurteilen kann,
(2) Absatz 1 findet Anwendung
Die Verweisung von Amts wegen oder auf Antrag des Gerichts eines anderen Mitgliedstaats erfolgt jedoch nur, wenn mindestens eine der Parteien ihr zustimmt. (3) Es wird davon ausgegangen, dass das Kind eine besondere Bindung im Sinne des Absatzes 1 zu dem Mitgliedstaat hat, wenn
(4) Das Gericht des Mitgliedstaats, das für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist, setzt eine Frist, innerhalb deren die Gerichte des anderen Mitgliedstaats gemäß Absatz 1 angerufen werden müssen. Werden die Gerichte innerhalb dieser Frist nicht angerufen, so ist das befasste Gericht weiterhin nach den Artikeln 8 bis 14 zuständig. (5) Diese Gerichte dieses anderen Mitgliedstaats können sich, wenn dies aufgrund der besonderen Umstände des Falls dem Wohl des Kindes entspricht, innerhalb von sechs Wochen nach ihrer Anrufung gemäß Absatz 1 Buchstabe a) oder b) für zuständig erklären. In diesem Fall erklärt sich das zuerst angerufene Gericht für unzuständig. Anderenfalls ist das zuerst angerufene Gericht weiterhin nach den Artikeln 8 bis 14 zuständig. (6) Die Gerichte arbeiten für die Zwecke dieses Artikels entweder direkt oder über die nach Artikel 53 bestimmten Zentralen Behörden zusammen.“ |
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
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Frau D. ist Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs. |
10 |
Ihr erstes Kind wurde im Vereinigten Königreich im Jahr 2010 in einem Heim untergebracht, nachdem festgestellt worden war, dass Frau D. an einer Persönlichkeitsstörung („antisoziales Verhalten“) litt und gegenüber diesem Kind körperliche Gewalt angewandt hatte. |
11 |
Als sie noch im Vereinigten Königreich wohnte, unterzog sich Frau D. einer pränatalen Untersuchung, die von den Kinderschutzbehörden ihres Wohnorts im Hinblick auf die Geburt ihres zweiten Kindes, R., aufgrund ihrer medizinischen und familiären Vorgeschichte durchgeführt wurde. Dabei wurde festgestellt, dass Frau D. ihrem ersten Kind Zuneigung entgegenbrachte, einen positiven Ausblick auf die bevorstehende Geburt von R. und Geburtsvorbereitungen getroffen hatte sowie bereit war, in diesem Zusammenhang mit Sozialarbeitern zusammenzuarbeiten. Die zuständigen Behörden waren gleichwohl der Ansicht, dass sie das zweite Kind sogleich nach der Geburt in einer Pflegefamilie unterbringen müssten, bis ein Adoptionsverfahren durch einen Dritten betrieben werde. |
12 |
Frau D. kündigte daraufhin ihren Mietvertrag und verkaufte ihre Habe im Vereinigten Königreich, um am 29. September 2014 ihren Wohnsitz in Irland zu nehmen. R. wurde am 25. Oktober 2014 in diesem Mitgliedstaat geboren. Seitdem wohnen beide dort. |
13 |
Kurz nach der Geburt von R. beantragte die Agentur beim zuständigen District Court (Bezirksgericht, Irland), die Unterbringung des Kindes anzuordnen. Der Antrag wurde jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, dass die für ihn angeführten Beweise nur auf Hörensagen im Vereinigten Königreich beruhten und deshalb unzulässig seien. |
14 |
Auf ein Rechtsmittel der Agentur hin ordnete der zuständige Circuit Court (Regionalgericht, Irland) die vorläufige Unterbringung von R. in einer Pflegefamilie an. Diese Maßnahme wurde seitdem regelmäßig erneuert. Frau D. erhielt jedoch das Recht zum regelmäßigen Besuch ihres Kindes, von dem sie auch Gebrauch machte. |
15 |
Die Agentur beantragte außerdem beim High Court (Oberstes Zivil- und Strafgericht, Irland), die Sache gemäß Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003 an den High Court of Justice (England & Wales) (Oberstes Gericht für England und Wales, Vereinigtes Königreich) zu verweisen. Dieser Antrag wurde vom Prozesspfleger des R. (im Folgenden: Prozesspfleger) unterstützt. |
16 |
Mit Urteil vom 26. März 2015 erteilte der High Court (Oberstes Zivil- und Strafgericht) der Agentur die Erlaubnis, bei dem genannten Gericht des Vereinigten Königreichs zu beantragen, dass es seine Zuständigkeit in dieser Sache ausübe. |
17 |
Frau D. beantragte, gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel direkt beim Supreme Court (Oberster Gerichtshof, Irland) einlegen zu dürfen; dieser gab ihrem Antrag nach Anhörung der Parteien statt. |
18 |
In seiner Vorlageentscheidung wirft der Supreme Court (Oberster Gerichtshof) zunächst die Frage auf, ob Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003 für einen Rechtsbehelf gelten kann, der ein öffentlich-rechtliches Unterbringungsverfahren wie das im Ausgangsverfahren fragliche betrifft, obwohl derzeit kein Verfahren im Vereinigten Königreich anhängig ist und eine Feststellung der Zuständigkeit der Gerichte dieses Mitgliedstaats daher zuvor erforderte, dass sich dessen Kinderschutzbehörden bereit erklärten, sich mit dem Fall von R. zu befassen, indem sie ein entsprechendes Verfahren aufgrund ihres innerstaatlichen Rechts einleiteten. |
19 |
Sodann fragt sich das vorlegende Gericht nach der Auslegung des Begriffs „Wohl des Kindes“ in Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003. Es meint, dass dieser Artikel dem für die Sache normalerweise zuständigen Gericht, wenn es den Fall an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats verweisen wolle, das ihn seiner Meinung nach besser beurteilen könne, keine umfassende inhaltliche Prüfung des Kindeswohls abverlange. Dem normalerweise zuständigen Gericht obliege eher eine summarische Bewertung dieser Frage im Licht des Grundsatzes, dass es dem Wohl des Kindes entspreche, dass das Gericht, das den Fall am besten beurteilen könne, diese Beurteilung vornehme, während das Gericht des anderen Mitgliedstaats eine vertiefte Prüfung durchführen müsse. |
20 |
Schließlich fragt sich das vorlegende Gericht nach den im Rahmen einer solchen summarischen Bewertung zu berücksichtigenden Kriterien. Es hebt insoweit hervor, dass Frau D. das Vereinigte Königreich völlig legal verlassen habe, um vor der Geburt von R. in Irland ansässig zu werden. Dennoch stelle sich die Frage, ob nicht gleichwohl berücksichtigt werden dürfe, dass sie wegen der Befürchtung umgezogen sei, dass ihr ihr Kind von den Kinderschutzbehörden des Vereinigten Königreichs genommen werden könnte. |
21 |
Vor diesem Hintergrund hat der Supreme Court (Oberster Gerichtshof) entschieden, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof sechs Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Verfahren vor dem Gerichtshof
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Das vorlegende Gericht hat beantragt, in dieser Rechtssache das Eilvorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 23a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 107 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs anzuwenden. |
23 |
Am 14. August 2015 hat der Gerichtshof auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts entschieden, diesem Antrag nicht stattzugeben, weil sich aus den für ihn angeführten Umständen nicht die Dringlichkeit ergibt, die die Anwendung dieses Verfahrens rechtfertigen. |
24 |
Es ist jedoch beschlossen worden, über die Sache gemäß Art. 53 Abs. 3 der Verfahrensordnung mit Vorrang zu entscheiden. |
Zu den Anträgen auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens
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Nach der Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts am 16. Juni 2016 haben die Agentur und Irland mit Schriftsätzen, die am 5. und 19. August 2016 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen sind, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt, da die Ausführungen, mit denen das vorlegende Gericht den verfahrensrechtlichen Rahmen des Ausgangsverfahrens umrissen habe, verschiedener Klarstellungen bedürften. |
26 |
Nach Art. 83 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Eröffnung oder Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält. |
27 |
Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof jedoch nach Anhörung des Generalanwalts zu dem Ergebnis gelangt, dass er hinreichend unterrichtet ist, da sich die für seine Entscheidung erforderlichen Informationen aus den Akten ergeben und die Beteiligten sich hierzu schriftlich und mündlich äußern konnten. Unter diesen Umständen ist das mündliche Verfahren nicht wiederzueröffnen. |
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
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Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen ist, dass er auf eine öffentlich-rechtliche Klage einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats im Bereich des Kinderschutzes, wie sie im Ausgangsverfahren in Frage steht, anwendbar ist, wenn die Entscheidung, mit der sich das Gericht eines anderen Mitgliedstaats für zuständig erklärt, zuvor die Einleitung eines anderen Verfahrens als des im erstgenannten Mitgliedstaat eingeleiteten Verfahrens durch eine Behörde des anderen Mitgliedstaats nach ihrem innerstaatlichen Recht und wegen eines möglicherweise anderen Sachverhalts erfordert. |
29 |
Einleitend ist zum einen hervorzuheben, dass Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003 zu Abschnitt 2 ihres Kapitels II gehört, der eine Gesamtheit von Zuständigkeitsregeln für Verfahren enthält, die die elterliche Verantwortung betreffen. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass dieser Artikel eine besondere Zuständigkeitsregel normiert, die eine Ausnahme von der allgemeinen Zuständigkeitsregel gemäß Art. 8 der Verordnung bildet, nach der die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig sind. |
30 |
In Anbetracht des Aufbaus des Abschnitts 2 in Kapitel II der Verordnung Nr. 2201/2003 und der Stellung, die Art. 15 in diesem Abschnitt einnimmt, ist davon auszugehen, dass der sachliche Anwendungsbereich dieses Artikels der gleiche ist wie der der gesamten Zuständigkeitsregelung in diesem Abschnitt und insbesondere des Art. 8 der Verordnung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. November 2015, P, C‑455/15 PPU, EU:C:2015:763, Rn. 44). |
31 |
Insoweit ist zwar dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 2201/2003 zu entnehmen, dass diese Zuständigkeitsregelung für „Zivilsachen“ gilt, die die Zuweisung, die Ausübung, die Übertragung sowie die vollständige oder teilweise Entziehung der elterlichen Verantwortung im Sinne von Art. 2 Nr. 7 der Verordnung betreffen. |
32 |
Jedoch hat der Gerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass die Zuständigkeitsvorschriften der Verordnung Nr. 2201/2003 auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung im Licht des fünften Erwägungsgrundes der Verordnung dahin auszulegen sind, dass sie in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung gelten, die den Erlass von Maßnahmen des Kinderschutzes zum Gegenstand haben, und zwar auch in den Fällen, in denen diese Verfahren in der innerstaatlichen Rechtsordnung eines Mitgliedstaats dem öffentlichen Recht zugeordnet werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. November 2007, C, C‑435/06, EU:C:2007:714, Rn. 34, 50 und 51, vom 2. April 2009, A, C‑523/07, EU:C:2009:225, Rn. 24 und 27 bis 29, und vom 26. April 2012, Health Service Executive, C‑92/12 PPU, EU:C:2012:255, Rn. 60 und 61). |
33 |
Daraus folgt, das Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003 auf eine öffentlich-rechtliche Klage der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats im Bereich des Kinderschutzes anwendbar ist, die den Erlass von Maßnahmen betreffend die elterliche Verantwortung zum Gegenstand hat. |
34 |
Was sodann die Frage angeht, ob Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003 auch dann anwendbar ist, wenn die Entscheidung, mit der sich das Gericht eines anderen Mitgliedstaats für zuständig erklärt, zuvor die Einleitung eines anderen Verfahrens als des im ersten Mitgliedstaat bereits eingeleiteten durch eine Behörde des anderen Mitgliedstaats nach ihrem innerstaatlichen Recht und wegen eines möglicherweise anderen Sachverhalts erfordert, so ist zu beachten, dass nach Abs. 1 dieses Artikels eine solche Entscheidung voraussetzt, dass das genannte Gericht entweder auf Antrag einer der Parteien oder auf Antrag des Gerichts des ersten Mitgliedstaats mit der Sache befasst worden ist. |
35 |
Hingegen lässt sich weder diesem noch einem anderen Artikel der Verordnung Nr. 2201/2003 entnehmen, dass ein solcher Antrag einer der Parteien oder des normalerweise zuständigen Gerichts eines Mitgliedstaats einer weiteren verfahrensrechtlichen Voraussetzung unterworfen wäre, die zu den in der vorherigen Randnummer genannten hinzuträte. |
36 |
Da zudem eine nationale Verfahrensvorschrift, nach der sich ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats erst dann für zuständig erklären kann, wenn zuvor eine Behörde dieses Mitgliedstaats ein anderes Verfahren eingeleitet hat als das im ersten Mitgliedstaat bereits eingeleitete, ihrem Wesen nach nur vor der Entscheidung, mit der das normalerweise zuständige Gericht des ersten Mitgliedstaats die Verweisung der Sache an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats gemäß Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 beantragt hat, und vor der Entscheidung, mit der sich dieses andere Gericht nach Abs. 5 dieses Artikels für zuständig erklärt hat, zur Anwendung gelangen kann, lässt sich diese nationale Verfahrensvorschrift nicht dahin auffassen, als stünde sie dem Erlass dieser Entscheidungen entgegen. |
37 |
Ferner läuft es Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003 nicht zuwider, dass die Einleitung eines anderen Verfahrens durch die Behörde des anderen Mitgliedstaats dessen Gericht gegebenenfalls dazu veranlasst, einen anderen Sachverhalt zu berücksichtigen als den, den das ursprünglich zuständige Gericht hätte berücksichtigen können. Vielmehr wohnt dem in diesem Artikel vorgesehenen Mechanismus der Verweisung an ein Gericht, das den Fall besser beurteilen kann, eine solche Möglichkeit gerade inne. |
38 |
Nach den vorstehenden Ausführungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen ist, dass er auf eine öffentlich-rechtliche Klage einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats im Bereich des Kinderschutzes, die den Erlass von Maßnahmen betreffend die elterliche Verantwortung zum Gegenstand hat, wie die im Ausgangsverfahren fragliche anwendbar ist, wenn die Entscheidung, mit der sich das Gericht eines anderen Mitgliedstaats für zuständig erklärt, zuvor die Einleitung eines anderen Verfahrens als des im erstgenannten Mitgliedstaat eingeleiteten Verfahrens durch eine Behörde des anderen Mitgliedstaats nach ihrem innerstaatlichen Recht und wegen eines möglicherweise anderen Sachverhalts erfordert. |
Zur dritten, zur vierten und zur sechsten Frage
39 |
Mit seiner dritten, seiner vierten und seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, wie die in Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 verwendeten Begriffe des Gerichts, das den Fall „besser beurteilen“ kann, und des „Wohles des Kindes“ auszulegen und miteinander verknüpft sind. |
40 |
Nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 kann das Gericht eines Mitgliedstaats, das für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist, um die Verweisung des Falls oder eines bestimmten Teils des Falls an das Gericht eines anderen Mitgliedstaats, zu dem das Kind eine besondere Bindung hat, ersuchen, wenn seiner Auffassung nach dieses Gericht den Fall oder Teil des Falles besser beurteilen kann und sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht. |
41 |
Da die Begriffe des Gerichts, das den Fall „besser beurteilen“ kann, und des „Wohles des Kindes“ im Sinne dieser Vorschrift in keiner anderen Bestimmung der Verordnung Nr. 2201/2003 definiert werden, sind sie unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in den sie sich einfügen, und der mit der Verordnung verfolgten Ziele auszulegen. |
42 |
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach dem 12. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2201/2003 deren Zuständigkeitsvorschriften auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung dem Wohl des Kindes entsprechend ausgestaltet wurden. |
43 |
Die Anforderung, wonach die Verweisung eines Falls an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats dem Kindeswohl entsprechen muss, ist – wie der Generalanwalt in Nr. 70 seiner Schlussanträge sinngemäß ausgeführt hat – zum einen Ausdruck des Leitprinzips, dem der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung dieser Verordnung gefolgt ist. Zum anderen muss die Anwendung der Verordnung in den ihr unterliegenden Verfahren, die die elterliche Verantwortung betreffen, maßgebend durch dieses Leitprinzip bestimmt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2008, Rinau, C‑195/08 PPU, EU:C:2008:406, Rn. 51, vom 1. Oktober 2014, E., C‑436/13, EU:C:2014:2246, Rn. 45, und vom 12. November 2014, L, C‑656/13, EU:C:2014:2364, Rn. 48). |
44 |
Es ist ferner zu beachten, dass die Berücksichtigung des Kindeswohls im Rahmen der Verordnung Nr. 2201/2003, wie aus deren 33. Erwägungsgrund hervorgeht, auf die Wahrung der Grundrechte des Kindes abzielt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. Dezember 2009, Detiček, C‑403/09 PPU, EU:C:2009:810, Rn. 53 bis 55, und vom 5. Oktober 2010, McB., C‑400/10 PPU, EU:C:2010:582, Rn. 60). |
45 |
Um die Berücksichtigung des Kindeswohls bei der Anwendung der Zuständigkeitsvorschriften der Verordnung Nr. 2201/2003 auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung zu gewährleisten, hat der Unionsgesetzgeber, wie aus dem 12. Erwägungsgrund der Verordnung hervorgeht, auf das Kriterium der räumlichen Nähe abgestellt. |
46 |
Kraft dieses Kriteriums wird die Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 im Allgemeinen durch den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes zum Zeitpunkt der Antragstellung bestimmt. |
47 |
Jedoch ermöglicht Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 die Verweisung eines gegebenen Falls an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats als dem des normalerweise zuständigen Gerichts, wobei eine solche Verweisung ausweislich des 13. Erwägungsgrundes der Verordnung zum einen bestimmten Voraussetzungen unterliegt und zum anderen nur ausnahmsweise erfolgen darf. |
48 |
Damit stellt die in Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 enthaltene Regelung der Verweisung an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats eine besondere Zuständigkeitsvorschrift dar, die gegenüber der allgemeinen Zuständigkeitsregel des Art. 8 Abs. 1 der Verordnung eine Ausnahme bildet und daher eng auszulegen ist (vgl. entsprechend Urteile vom 23. Dezember 2009, Detiček, C‑403/09 PPU, EU:C:2009:810, Rn. 38, und vom 21. Oktober 2015, Gogova, C‑215/15, EU:C:2015:710, Rn. 41). |
49 |
In diesem Zusammenhang ist – wie der Generalanwalt in Nr. 90 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen, dass das normalerweise für einen Fall zuständige Gericht, um eine Verweisung an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats beantragen zu dürfen, die starke Vermutung widerlegen können muss, die für die Beibehaltung seiner eigenen Zuständigkeit nach der Verordnung spricht. |
50 |
Erstens ist insbesondere daran zu erinnern, dass nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 die Verweisung eines Falls auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung durch ein Gericht eines Mitgliedstaats nur an ein Gericht eines solchen anderen Mitgliedstaats erfolgen darf, zu dem das Kind eine „besondere Bindung“ hat. |
51 |
Um das Vorliegen einer solchen Bindung in einem bestimmten Fall zu ermitteln, sind die in Art. 15 Abs. 3 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 2201/2003 abschließend aufgeführten Umstände heranzuziehen. Folglich sind vom Verweisungsmechanismus von vornherein die Fälle ausgeschlossen, in denen es an diesen Gesichtspunkten fehlt. |
52 |
Es ist jedoch festzustellen, dass alle diese Umstände – wenn nicht ausdrücklich, so zumindest ihrem Wesen nach – von einer Nähe des Kindes zu dem anderen Mitgliedstaat als demjenigen zeugen, dessen Gerichte für die Entscheidung normalerweise gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung zuständig sind. |
53 |
So betreffen die ersten beiden Umstände den Aufenthalt, den das betroffene Kind in dem anderen Mitgliedstaat entweder vor der Befassung des normalerweise zuständigen Gerichts genommen hatte oder danach erworben hat. Der dritte Umstand liegt in der Staatsangehörigkeit des Kindes. Der vierte Umstand lässt in den fraglichen Verfahren die Nähe des Kindes zu dem anderen Mitgliedstaat aus dem Vermögen entstehen, das es dort besitzt. Der fünfte Umstand schließlich beruht auf einer Nähebeziehung des Kindes zu einem bestimmten Mitgliedstaat, die durch seine Familienangehörigen vermittelt wird. |
54 |
Angesichts der Art dieser Umstände muss das zuständige Gericht bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 in einem gegebenen Fall das Gewicht und die Intensität der „allgemeinen“ Nähebeziehung gemäß Art. 8 Abs. 1, die das Kind mit ihm verbindet, mit dem Gewicht und der Intensität der „besonderen“ Nähebeziehung vergleichen, die durch einen oder mehrere der in Art. 15 Abs. 3 der Verordnung aufgeführten Umstände bezeugt wird und im Einzelfall zwischen dem Kind und bestimmten anderen Mitgliedstaaten besteht. |
55 |
Gleichwohl greift das Bestehen einer nach den Umständen des Falls relevanten „besonderen Bindung“ des Kindes zu dem anderen Mitgliedstaat im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 als solches nicht notwendig der Frage vor, ob überdies ein Gericht dieses anderen Mitgliedstaats den Fall im Sinne dieser Bestimmung „besser beurteilen“ kann als das zuständige Gericht, und bejahendenfalls auch nicht der Frage, ob die Verweisung des Falls an dieses Gericht dem Kindeswohl entspricht. |
56 |
Zweitens hat deshalb das zuständige Gericht weiter zu klären, ob es in dem anderen Mitgliedstaat, zu dem das Kind eine besondere Bindung hat, ein Gericht gibt, das den Fall besser beurteilen kann. |
57 |
Hierfür hat das zuständige Gericht festzustellen, ob die Verweisung des Falls an das andere Gericht geeignet ist, im Vergleich zur Beibehaltung seiner eigenen Zuständigkeit einen realen und konkreten Mehrwert für eine das Kind betreffende Entscheidung zu erbringen. In diesem Rahmen kann es neben anderen Gesichtspunkten Verfahrensvorschriften des anderen Mitgliedstaats, wie die Vorschriften über die für die Behandlung des Falls erforderlichen Beweise, berücksichtigen. Hingegen dürfte das zuständige Gericht im Rahmen einer solchen Beurteilung nicht das materielle Recht des anderen Mitgliedstaats berücksichtigen, das eventuell von dessen Gericht anzuwenden wäre, wenn der Fall an dieses verwiesen würde. Eine solche Berücksichtigung widerspräche nämlich den Grundsätzen des gegenseitigen Vertrauens zwischen Mitgliedstaaten und der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen, auf denen die Verordnung Nr. 2201/2003 beruht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. Dezember 2009, Detiček, C‑403/09 PPU, EU:C:2009:810, Rn. 45, und vom 15. Juli 2010, Purrucker, C‑256/09, EU:C:2010:437, Rn. 70 und 71). |
58 |
Drittens schließlich setzt die Anforderung, dass die Verweisung dem Kindeswohl entsprechen muss, voraus, dass sich das zuständige Gericht anhand der konkreten Umstände des Falles vergewissert, dass die von ihm erwogene Verweisung an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats nicht die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf die Lage des Kindes birgt. |
59 |
Hierfür hat das zuständige Gericht zu würdigen, welche etwaigen negativen Auswirkungen eine solche Verweisung auf die emotionalen, familiären und sozialen Beziehungen des Kindes oder auf seine materielle Lage haben könnte. |
60 |
In diesem Zusammenhang kann das zuständige Gericht gemäß Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 auch entscheiden, um die Verweisung nicht des gesamten Falls, sondern nur eines bestimmten Teils des Falls zu ersuchen, wenn dessen kennzeichnenden Umstände dies rechtfertigen. Eine solche Möglichkeit kann insbesondere dann in Betracht gezogen werden, wenn die Nähebeziehung zu einem anderen Mitgliedstaat nicht unmittelbar das Kind als solches, sondern aus dem in Art. 15 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 2201/2003 genannten Grund einen Träger der elterlichen Verantwortung betrifft. |
61 |
Demnach ist auf die dritte, die vierte und die sechste Frage zu antworten, dass Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen ist, dass das zuständige Gericht eines Mitgliedstaats,
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Zur zweiten und zur fünften Frage
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Mit seiner zweiten und seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen ist, dass das zuständige Gericht eines Mitgliedstaats bei der Anwendung dieser Bestimmung in einem gegebenen Fall, der die elterliche Verantwortung betrifft, die Auswirkungen einer möglichen Verweisung der Sache an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats auf das Recht der Beteiligten auf Freizügigkeit oder den Grund berücksichtigen muss, aus dem die Mutter des Kindes vor der Befassung dieses Gerichts von diesem Recht Gebrauch gemacht hat. |
63 |
Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Bestimmung des Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003, wie oben in Rn. 42 ausgeführt, ebenso wie die anderen Zuständigkeitsvorschriften der Verordnung auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung entsprechend dem Wohl des Kindes ausgestaltet wurde und dass die Frage, ob die Verweisung der Sache dem Kindeswohl entspricht, insbesondere, wie oben in Rn. 58 ausgeführt, die Feststellung voraussetzt, dass eine solche Verweisung nicht die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf die Lage des Kindes birgt. |
64 |
Daraus folgt, dass die Gefahr nachteiliger Auswirkungen, die die mögliche Verweisung der Sache auf das Recht des Kindes auf Freizügigkeit haben könnte, zu den Gesichtspunkten gehört, die bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 zu berücksichtigen sind. |
65 |
Hingegen erscheinen Erwägungen, die andere möglicherweise durch den Fall betroffene Personen betreffen, grundsätzlich nicht geeignet, Berücksichtigung zu finden, es sei denn, sie sind auch für die Beurteilung der genannten Gefahr für das Kind relevant. |
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Folglich können die etwaigen Auswirkungen einer solchen Verweisung auf das Recht der anderen Beteiligten, darunter der Mutter des Kindes, auf Freizügigkeit vom zuständigen Gericht nicht berücksichtigt werden, soweit sie nicht geeignet sind, sich nachteilig auf die Lage des Kindes auszuwirken. Das Gleiche gilt für den Grund, aus dem die Mutter des Kindes von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hatte, bevor das zuständige Gericht befasst wurde. |
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Demnach ist auf die zweite und die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen ist, dass das zuständige Gericht eines Mitgliedstaats bei der Anwendung dieser Bestimmung in einem gegebenen Fall, der die elterliche Verantwortung betrifft, weder die Auswirkungen einer möglichen Verweisung der Sache an ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats auf das Recht der anderen Beteiligten als des Kindes selbst auf Freizügigkeit noch den Grund berücksichtigen darf, aus dem die Mutter des Kindes vor der Befassung dieses Gerichts von diesem Recht Gebrauch gemacht hat, es sei denn, solche Gesichtspunkte sind geeignet, sich nachteilig auf die Lage des Kindes auszuwirken. |
Kosten
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Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt: |
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Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.