SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 6. April 2017 ( 1 )

Rechtssache C‑331/15 P

Französische Republik

gegen

Carl Schlyter

„Rechtsmittel – Zugang zu Dokumenten – Ausführliche Stellungnahme der Europäischen Kommission zu einem ihr von den französischen Behörden gemäß der Richtlinie 98/34/EG übermittelten Entwurf einer Verordnung über die jährliche Meldung von Stoffen im Nanopartikelzustand – Beschluss der Kommission, den Zugang zu verweigern – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich – Ausnahme vom Zugangsrecht – Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten“

Einleitung

1.

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Französische Republik, das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 16. April 2015, Schlyter/Kommission (T‑402/12, EU:T:2015:209, im Folgenden: angefochtenes Urteil), aufzuheben, mit dem dieses der Klage von Herrn Carl Schlyter, den Beschluss der Kommission vom 27. Juni 2012 (im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig zu erklären, stattgegeben hat.

2.

Mit dem streitigen Beschluss weigerte sich die Europäische Kommission unter Berufung auf Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission ( 2 ), Herrn Schlyter während der Stillhaltefrist ( 3 ) Zugang zu ihrer ausführlichen Stellungnahme ( 4 ) zu einem Entwurf einer Verordnung über den Inhalt und die Voraussetzungen für die jährliche Meldung von Stoffen im Nanopartikelzustand (2011/673/F) zu gewähren, der ihr von den französischen Behörden gemäß der Richtlinie 98/34 in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 geänderten Fassung ( 5 ) übermittelt worden war. Die Kommission stützte diese Rechtsauffassung auf eine Analogie zwischen dem Verfahren nach der Richtlinie 98/34 auf der einen und dem Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV sowie dem Verfahren im Bereich der staatlichen Beihilfen nach Art. 108 AEUV auf der anderen Seite ( 6 ).

3.

In dem vorliegenden Rechtsmittel geht es um die in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahmeregelung zum Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten, insbesondere darum, ob eine von der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 abgegebene ausführliche Stellungnahme einer Untersuchungstätigkeit im Sinne dieser Bestimmung zuzurechnen ist.

4.

Daher werden die Merkmale des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 geprüft werden müssen, damit festgestellt werden kann, ob dieses Verfahren eine Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 darstellt.

5.

Für den Fall, dass die von der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 abgegebene ausführliche Stellungnahme Teil einer Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 sein sollte, wird sich außerdem die Frage stellen, ob eine Freigabe dieses Dokuments im vorliegenden Fall den Zweck des in der Richtlinie 98/34 vorgesehenen Verfahrens beeinträchtigt.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 98/34

6.

Art. 8 der Richtlinie 98/34 bestimmt:

„(1)   Vorbehaltlich des Artikels 10 übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift … Sie unterrichten die Kommission gleichzeitig in einer Mitteilung über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen, es sei denn, die Gründe gehen bereits aus dem Entwurf hervor.

Die Kommission unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über den Entwurf einer technischen Vorschrift und alle ihr zugegangenen Dokumente. …

In Bezug auf die technischen Spezifikationen … können die Bemerkungen oder ausführlichen Stellungnahmen der Kommission oder der Mitgliedstaaten sich nur auf diejenigen Aspekte der Maßnahme, die möglicherweise ein Handelshemmnis oder – in Bezug auf Vorschriften betreffend Dienste – ein Hindernis für den freien Dienstleistungsverkehr oder die Niederlassungsfreiheit von Betreibern darstellen, nicht aber auf den steuerlichen oder finanziellen Aspekt der Maßnahme beziehen.

(2)   Die Kommission und die Mitgliedstaaten können bei dem Mitgliedstaat, der einen Entwurf einer technischen Vorschrift unterbreitet hat, Bemerkungen vorbringen, die dieser Mitgliedstaat bei der weiteren Ausarbeitung der technischen Vorschrift so weit wie möglich berücksichtigt.

(3)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unverzüglich den endgültigen Wortlaut einer technischen Vorschrift mit.

(4)   Die aufgrund dieses Artikels übermittelten Informationen gelten nicht als vertraulich, es sei denn, dies wird von dem notifizierenden Mitgliedstaat ausdrücklich beantragt. Ein solcher Antrag ist zu begründen. …

…“

7.

Art. 9 dieser Richtlinie sieht Folgendes vor:

„(1)   Die Mitgliedstaaten nehmen den Entwurf einer technischen Vorschrift nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung gemäß Artikel 8 Absatz 1 bei der Kommission an.

(2)   Die Mitgliedstaaten nehmen

…,

unbeschadet der Absätze 3, 4 und 5 jeden anderen Entwurf einer technischen Vorschrift (mit Ausnahme der Entwürfe betreffend Dienste) nicht vor Ablauf von sechs Monaten

nach Eingang der Mitteilung gemäß Artikel 8 Absatz 1 bei der Kommission an, wenn die Kommission oder ein anderer Mitgliedstaat innerhalb von drei Monaten nach Eingang eine ausführliche Stellungnahme abgibt, der zufolge die geplante Maßnahme Elemente enthält, die den freien Warenverkehr im Rahmen des Binnenmarktes beeinträchtigen könnten;

Der betroffene Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die Maßnahmen, die er aufgrund der ausführlichen Stellungnahme zu ergreifen beabsichtigt. Die Kommission äußert sich zu diesen Maßnahmen.

(3)   Die Mitgliedstaaten nehmen den Entwurf einer technischen Vorschrift mit Ausnahme der Vorschriften betreffend Dienste nicht vor Ablauf von zwölf Monaten nach Eingang der Mitteilung gemäß Artikel 8 Absatz 1 bei der Kommission an, wenn die Kommission innerhalb von drei Monaten nach diesem Zeitpunkt ihre Absicht bekanntgibt, für den gleichen Gegenstand eine Richtlinie, eine Verordnung oder eine Entscheidung im Sinne des Artikels [288 AEUV] vorzuschlagen oder zu erlassen.“

Verordnung Nr. 1049/2001

8.

Die Verordnung Nr. 1049/2001 legt die Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen für das in Art. 15 AEUV vorgesehene Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe der Europäischen Union fest.

9.

Art. 2 („Zugangsberechtigte und Anwendungsbereich“) dieser Verordnung bestimmt:

„(1)   Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe.

(2)   Die Organe können vorbehaltlich der gleichen Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen allen natürlichen oder juristischen Personen, die keinen Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat haben, Zugang zu Dokumenten gewähren.

(3)   Diese Verordnung gilt für alle Dokumente eines Organs, das heißt Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden.

…“

10.

Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 sieht Ausnahmeregelungen für das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Unionsorgane vor, von denen sich die uns interessierenden in dessen Abs. 2 befinden, der bestimmt:

„Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums,

der Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung,

der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten,

es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.“

11.

Art. 4 Abs. 6 dieser Verordnung lautet:

„Wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, werden die übrigen Teile des Dokuments freigegeben.“

12.

In Art. 4 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 heißt es:

„Die Ausnahmen gemäß den Absätzen 1 bis 3 gelten nur für den Zeitraum, in dem der Schutz aufgrund des Inhalts des Dokuments gerechtfertigt ist. …“

Sachverhalt

13.

Am 29. Dezember 2011 übermittelten die französischen Behörden der Kommission gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34 den Entwurf einer auf die Art. R. 523‑12 und R. 523‑13 des Code de l’environnement (Umweltgesetzbuch) gestützten Verordnung über den Inhalt und die Voraussetzungen für die jährliche Meldung von Stoffen im Nanopartikelzustand (im Folgenden: Verordnungsentwurf).

14.

Gemäß Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 98/34 begann die dreimonatige Stillhaltefrist ab Eingang der in Art. 8 Abs. 1 derselben Richtlinie vorgesehenen Mitteilung bei der Kommission am 30. Dezember 2011. Während dieser Frist erbat die Bundesrepublik Deutschland im März 2012 von den französischen Behörden zusätzliche Informationen über den Verordnungsentwurf, die sie anschließend erhielt.

15.

Am 30. März 2012 gab die Kommission eine ausführliche Stellungnahme ab, die nach Art. 9 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 98/34 bewirkte, dass sich die in Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehene ursprüngliche Stillhaltefrist um drei weitere Monate verlängerte (im Folgenden: ausführliche Stellungnahme). Am 2. April 2012 übermittelte auch das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gemäß Art. 8 Abs. 2 der genannten Richtlinie seine Bemerkungen zu dem Verordnungsentwurf. Die französischen Behörden antworteten am 6. Juni 2012 auf die Bemerkungen des Vereinigten Königreichs.

16.

Mit Schreiben vom 16. April 2012, d. h. während der Stillhaltefrist, beantragte Herr Schlyter, ihm Zugang zu der ausführlichen Stellungnahme der Kommission zu gewähren.

17.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2012 wies die Kommission diesen Antrag unter Hinweis auf die nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahmeregelung zurück, wobei ihres Erachtens auch ein teilweiser Zugang nicht in Betracht kam, da das gesamte Dokument unter die geltend gemachte Ausnahmeregelung falle. Überdies gebe es kein überwiegendes öffentliches Interesse, das die Verbreitung des Dokuments im vorliegenden Fall rechtfertigen würde.

18.

Am 29. Mai 2012 reichte Herr Schlyter bei der Kommission gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag ein, mit dem er sie um Überprüfung ihres Standpunkts ersuchte.

19.

Am 27. Juni 2012 wies die Kommission mit dem streitigen Beschluss den Zweitantrag von Herrn Schlyter aus folgenden Gründen zurück.

20.

Die Kommission stellte in Rn. 3 des streitigen Beschlusses unter der Überschrift „Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten“ fest, eine Freigabe der fraglichen ausführlichen Stellungnahme würde den Schutz des Zwecks der Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 beeinträchtigen.

21.

In Rn. 4 („Teilweiser Zugang“) des streitigen Beschlusses wies die Kommission darauf hin, dass dies für das gesamte Dokument gelte, zu dem Zugang begehrt werde, weshalb eine teilweise Freigabe gemäß Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeschlossen sei.

22.

In Rn. 5 („Überwiegendes öffentliches Interesse an der Freigabe“) des streitigen Beschlusses stellte die Kommission fest, es bestehe auch kein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001, das es rechtfertigen würde, das Dokument gleichwohl freizugeben.

23.

Die Stillhaltefrist für den Verordnungsentwurf endete am 2. Juli 2012. Die Französische Republik antwortete am 16. Juli 2012 auf die ausführliche Stellungnahme der Kommission. Dem Ersuchen der Kommission vom 26. Juli 2012, ihr den geänderten Verordnungsentwurf zu übermitteln, kamen die französischen Behörden am selben Tag nach.

24.

Am 6. August 2012 erließ die Französische Republik gestützt auf die Art. R. 523‑12 und R. 523‑13 des Code de l’environnement die Verordnung über den Inhalt und die Voraussetzungen für die jährliche Meldung von Stoffen im Nanopartikelzustand (JORF vom 10. August 2012, S. 13166). Diese Verordnung wurde der Kommission am 22. August 2012 übermittelt.

25.

Am 25. Oktober 2012 übersandte die Kommission Herrn Schlyter, nachdem sie die Prüfung der Verordnung abgeschlossen und festgestellt hatte, dass kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Französische Republik einzuleiten sei, eine Kopie der fraglichen ausführlichen Stellungnahme.

Das angefochtene Urteil

26.

Im Rahmen seiner Klage vor dem Gericht machte Herr Schlyter ( 7 ) drei Klagegründe geltend.

27.

Mit dem ersten Klagegrund rügte Herr Schlyter Rechtsfehler sowie offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 und von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft ( 8 ).

28.

Im Rahmen des ersten Klagegrundes ging es zum Ersten darum, „ob die im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 abgegebene ausführliche Stellungnahme unter Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 fällt, wonach die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern, durch dessen Verbreitung der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten beeinträchtigt würde. Zum Zweiten [stritten] die Parteien über die Frage, ob sich die Kommission während der Stillhaltefrist in Anbetracht des Wesens der genannten ausführlichen Stellungnahme in Anwendung von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 in seiner Auslegung nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 auf eine allgemeine Vermutung dahin gehend stützen konnte, dass die Offenlegung der fraglichen Stellungnahme derartige Zwecke beeinträchtigen würde.“ ( 9 )

29.

Mit dem zweiten Klagegrund wurden Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler sowie ein Begründungsmangel bei der Anwendung des Kriteriums des nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 und nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 erforderlichen überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht ( 10 ).

30.

Mit dem dritten Klagegrund wurden Rechtsfehler, ein offensichtlicher Beurteilungsfehler sowie ein Begründungsmangel bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 gerügt ( 11 ).

31.

Zum ersten Klagegrund stellte das Gericht fest, der Begriff „Untersuchung“ beziehe sich sowohl auf sämtliche Ermittlungen, die von einer zuständigen Stelle vorgenommen würden, um festzustellen, ob eine Zuwiderhandlung vorliege, als auch auf das Verfahren, in dem eine Verwaltung Informationen sammle und bestimmte Tatsachen überprüfe, bevor sie eine Entscheidung treffe ( 12 ). Die Kommission könne im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 eine ausführliche Stellungnahme abgeben, in der sie die Ansicht zum Ausdruck bringe, dass der Entwurf einer technischen Vorschrift Elemente enthalte, die den freien Warenverkehr, den freien Dienstleistungsverkehr oder die Niederlassungsfreiheit von Betreibern im Rahmen des Binnenmarkts beeinträchtigen könnten ( 13 ). Die von der Kommission im Rahmen dieses Verfahrens abgegebene ausführliche Stellungnahme ergehe jedoch nicht in einem Verfahren, in dem eine Verwaltung Informationen sammle und bestimmte Tatsachen überprüfe, bevor sie eine Entscheidung treffe ( 14 ).

32.

Das Gericht wies erstens darauf hin, im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 sei es nicht Aufgabe der Kommission, Informationen zu sammeln, bevor sie eine ausführliche Stellungnahme abgebe. Die Mitgliedstaaten müssten der Kommission nämlich von ihren Entwürfen auf dem Gebiet technischer Vorschriften Mitteilung machen ( 15 ).

33.

Das Gericht führte zweitens aus, die Kommission überprüfe zwar bestimmte Tatsachen anhand der von dem notifizierenden Mitgliedstaat übermittelten Informationen, doch erlasse sie keinen Beschluss, sondern erstelle gegebenenfalls einen unverbindlichen Zwischenbericht. Die Abgabe einer ausführlichen Stellungnahme sei nämlich nur das Ergebnis der von der Kommission durchgeführten Analyse des Entwurfs einer technischen Vorschrift, anhand deren diese zu der Auffassung gelangt sei, dass der Entwurf Elemente enthalte, die den freien Warenverkehr, den freien Dienstleistungsverkehr oder die Niederlassungsfreiheit von Betreibern im Rahmen des Binnenmarkts beeinträchtigen könnten. Außerdem stelle diese ausführliche Stellungnahme nicht unbedingt den endgültigen Standpunkt der Kommission dar, denn nach ihrer Abgabe unterrichte der betroffene Mitgliedstaat die Kommission über die Maßnahmen, die er aufgrund der ausführlichen Stellungnahme zu ergreifen beabsichtige, woraufhin die Kommission sich zu diesen Maßnahmen äußere ( 16 ).

34.

Das Gericht fügte hinzu, die ausführliche Stellungnahme der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 sei auch nicht das Ergebnis von Ermittlungen, die von einer zuständigen Stelle vorgenommen würden, um festzustellen, ob eine Zuwiderhandlung vorliege ( 17 ). Der Entwurf einer technischen Vorschrift sei nämlich seinem Wesen nach ein vorbereitender Text, der sich noch entwickeln und der noch geändert werden könne. Solange die fragliche technische Vorschrift nicht angenommen worden sei, könne sie nicht gegen die Bestimmungen über den freien Warenverkehr, den freien Dienstleistungsverkehr oder die Niederlassungsfreiheit von Betreibern im Rahmen des Binnenmarkts verstoßen ( 18 ). Demzufolge könne sich der Mitgliedstaat, an den diese Stellungnahme gerichtet sei, keines Verstoßes gegen das Unionsrecht schuldig gemacht haben, da es die nationale technische Vorschrift zum Zeitpunkt der Abgabe der ausführlichen Stellungnahme gemäß der Richtlinie 98/34 erst als Entwurf gegeben habe ( 19 ).

35.

Der Umstand, dass nach der Richtlinie 98/34 sowohl die Kommission als auch die anderen Mitgliedstaaten eine ausführliche Stellungnahme zu dem Entwurf einer technischen Vorschrift des notifizierenden Mitgliedstaats abgeben könnten, bestätige, dass die Abgabe einer ausführlichen Stellungnahme durch die Kommission nicht zu einer Ermittlungstätigkeit gehöre, die die Kommission durchführe, um festzustellen, ob eine Zuwiderhandlung vorliege. Die Mitgliedstaaten könnten nämlich nur einen von einem anderen Mitgliedstaat begangenen Verstoß gegen Unionsvorschriften anzeigen, jedoch nicht eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgeben, mit der die Kommission das Vorliegen einer bestehenden Zuwiderhandlung förmlich feststelle. Die ausführliche Stellungnahme, ob von der Kommission oder von einem Mitgliedstaat abgegeben, sei nur eine Form der Anzeige eines möglichen Konflikts zwischen dem Entwurf einer technischen Vorschrift und dem Unionsrecht betreffend den freien Warenverkehr, den freien Dienstleistungsverkehr oder die Niederlassungsfreiheit von Betreibern im Rahmen des Binnenmarkts ( 20 ).

36.

Die von der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 abgegebene ausführliche Stellungnahme sei nicht Teil einer Untersuchungstätigkeit, denn sie stelle keine Entscheidung dar, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt werde, da es sich um eine erste, vorläufige und beratende Stellungnahme der Kommission auf der Grundlage der Analyse eines übermittelten Entwurfs einer technischen Vorschrift handle, was dem notifizierenden Mitgliedstaat jede Möglichkeit lasse, den genannten Entwurf vor seiner Annahme zu ändern ( 21 ).

37.

Das Gericht sah in dem Vertragsverletzungsverfahren das klassische Beispiel einer Ex-post-Kontrolle, bei der von den Mitgliedstaaten erlassene nationale Maßnahmen kontrolliert würden und die dazu diene, die Beachtung der Rechtsordnung wiederherzustellen. Das im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens vorgesehene Vorverfahren sehe zwar auch eine Phase des Dialogs zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat vor; sein Ziel bestehe jedoch darin, eine Streitigkeit zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat gütlich zu regeln und, falls das nicht möglich sei, den Gerichtshof wegen der Unionsrechtswidrigkeit einer nationalen Maßnahme anzurufen, die in Kraft getreten sei und auf dem Binnenmarkt Rechtswirkung entfalte ( 22 ).

38.

Die ausführliche Stellungnahme der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 stelle kein Mahnschreiben dar, da es in dieser Phase des genannten Verfahrens formal gesehen zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat keine Streitigkeit gebe ( 23 ).

39.

Das Gericht stellte hilfsweise fest, selbst wenn die ausführliche Stellungnahme Teil einer Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 wäre, solle die in dieser Vorschrift vorgesehene Ausnahme nicht die Untersuchungstätigkeiten als solche, sondern deren Zweck schützen ( 24 ). Die Verbreitung einer von der Kommission während der Stillhaltefrist im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 abgegebenen ausführlichen Stellungnahme beeinträchtige aber nicht zwangsläufig den Zweck dieses Verfahrens. Die Tatsache nämlich, dass die Kommission ihre ausführliche Stellungnahme freigebe, der zufolge einzelne Elemente des Entwurfs einer technischen Vorschrift den freien Warenverkehr, den freien Dienstleistungsverkehr oder die Niederlassungsfreiheit von Betreibern im Rahmen des Binnenmarkts beeinträchtigen könnten, gefährde nicht den Zweck, dafür zu sorgen, dass eine nationale technische Vorschrift mit dem Unionsrecht im Einklang stehe. Der betroffene Mitgliedstaat würde durch eine derartige Offenlegung vielmehr erst recht veranlasst, sich dessen zu vergewissern, dass seine technische Vorschrift mit den für diese Grundfreiheiten geltenden Bestimmungen des Unionsrechts im Einklang stehe ( 25 ).

40.

Folglich hat das Gericht den streitigen Beschluss für nichtig erklärt, soweit mit ihm unter Berufung auf Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 der Zugang zu der fraglichen ausführlichen Stellungnahme verweigert wurde ( 26 ), und für Recht erkannt, dass nicht mehr darüber zu entscheiden sei, ob sich die Kommission wegen des Wesens der ausführlichen Stellungnahme während der Stillhaltefrist auf eine allgemeine Vermutung dahin gehend habe stützen können, dass eine Offenlegung dieser Stellungnahme den mit einer Untersuchungstätigkeit angestrebten Zweck beeinträchtigen würde ( 27 ). Außerdem hat das Gericht für Recht erkannt, dass über den zweiten und den dritten Klagegrund von Herrn Schlyter nicht mehr entschieden zu werden brauche ( 28 ).

Verfahren vor dem Gerichtshof

41.

Mit Entscheidung vom 29. Oktober 2015 hat der Präsident des Gerichtshofs die Tschechische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Französischen Republik zugelassen.

42.

Herr Schlyter, die Französische Republik, die Tschechische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht sowie, mit Ausnahme der Tschechischen Republik, in der Sitzung vom 8. Februar 2017 mündlich verhandelt.

Zum Rechtsmittel

43.

Die Französische Republik stützt ihr Rechtsmittel auf einen einzigen Rechtsmittelgrund. Sie macht geltend, das Gericht habe bei der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 mehrere Rechtsfehler begangen.

44.

Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Teilen.

45.

Die Französische Republik ist erstens der Auffassung, das Gericht habe rechtsirrig angenommen, dass das in der Richtlinie 98/34 vorgesehene Verfahren keine Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 darstelle.

46.

Die Französische Republik wirft dem Gericht zweitens vor, ihm sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als es hilfsweise entschieden habe, dass eine Verbreitung der von der Kommission abgegebenen ausführlichen Stellungnahme, selbst wenn dieses Dokument Teil einer Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 sein sollte, nicht zwangsläufig den Zweck des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 beeinträchtige.

Würdigung

Zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes: Vorliegen von „Untersuchungstätigkeiten“

Vorbringen der Parteien

– Französische Republik

47.

Die Französische Republik trägt erstens vor, die Definition des Begriffs „Untersuchung“ in dem angefochtenen Urteil beruhe auf keiner in der Verordnung Nr. 1049/2001, der Richtlinie 98/34 oder der Rechtsprechung enthaltenen Begriffsbestimmung. Der Gerichtshof habe bisher keine allgemeine Definition der Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 herausgearbeitet. Das Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486), lasse die Absicht des Gerichtshofs erkennen, die Anforderungen an den „Zweck“ von Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht durch formale Kriterien einzuschränken. Dieses Urteil stehe daher der extrem restriktiven Definition des Begriffs „Untersuchung“ entgegen, die das Gericht in Rn. 53 des angefochtenen Urteils vorgenommen habe.

48.

Die Französische Republik ist zweitens der Ansicht, die Definition des Begriffs „Untersuchung“ in dem angefochtenen Urteil stehe nicht mit der Lösung im Einklang, zu der das Gericht in dem Urteil vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), gelangt sei. Zwar sei in letzterem Urteil festgestellt worden, dass die Parteien das EU-Pilotverfahren übereinstimmend als Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 angesehen hätten, das Gericht habe jedoch geprüft, ob dieses Verfahren tatsächlich so zu qualifizieren sei.

49.

In dem Urteil vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), habe das Gericht anerkannt, dass ein Verfahren eine „Untersuchungstätigkeit“ beinhalten könne, wenn die Kommission an den betroffenen Mitgliedstaat Auskunfts- und Informationsersuchen richte und sodann die erhaltenen Antworten bewerte, bevor sie ihre – wenngleich nur vorläufigen – Schlussfolgerungen darlege. Im Gegensatz zu dem angefochtenen Urteil habe das Gericht in dem Urteil vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), nicht entschieden, dass das fragliche Verfahren nur dann als „Untersuchungstätigkeit“ qualifiziert werden könne, wenn es auf die Feststellung einer Zuwiderhandlung oder auf den Erlass einer endgültigen Entscheidung gerichtet sei.

50.

Das EU-Pilotverfahren weise in Bezug auf seinen Zweck und seinen Ablauf bedeutsame Ähnlichkeiten mit dem Verfahren nach der Richtlinie 98/34 auf. In dem EU-Pilotverfahren, das auf freiwilliger Basis zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten eingerichtet worden sei, solle im Vorfeld eines von der Kommission möglicherweise eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens geprüft werden, ob das Unionsrecht in den Mitgliedstaaten beachtet und ordnungsgemäß angewandt werde.

51.

Ebenso wie das EU-Pilotverfahren beruhe auch das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 auf einem Dialog zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat. In letzterem Verfahren verlange die Kommission von dem betroffenen Mitgliedstaat Auskünfte und Informationen, die sie dann bewerte, um gegebenenfalls ihren Standpunkt zur Vereinbarkeit des Entwurfs einer technischen Vorschrift mit dem Unionsrecht mittels der in Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 98/34 vorgesehenen ausführlichen Stellungnahme darzulegen. Aus dem Leitfaden zum EU-Pilotverfahren, den die Kommission im November 2014 für die Mitgliedstaaten herausgebracht habe, gehe hervor, dass dieses Verfahren nicht hinsichtlich eines Textes durchgeführt werden könne, der nach dem Abschluss eines in der Richtlinie 98/34 vorgesehenen Verfahrens angenommen worden sei.

52.

Die Französische Republik trägt drittens vor, falls der Gerichtshof sich die Definition des Begriffs „Untersuchung“ in dem angefochtenen Urteil zu eigen machen sollte, entspreche das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 in Anbetracht seines Zwecks und seines Ablaufs jedenfalls dieser Definition.

53.

Indem das Gericht die Rolle der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 auf die rein passive Entgegennahme der mitgliedstaatlichen Notifizierung beschränke, habe es die Zielsetzung, den Ablauf und die Ausgewogenheit dieses Verfahrens verkannt.

54.

Mittels des im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 vorgesehenen Dialogs könnten Standpunkte verdeutlicht, geändert oder nuanciert sowie Unstimmigkeiten zwischen der Kommission und einem Mitgliedstaat über die korrekte Anwendung des Unionsrechts gütlich beigelegt werden. Durch dieses Verfahren solle die Übereinstimmung der Entwürfe nationaler technischer Vorschriften mit dem Binnenmarktrecht sichergestellt werden, wenngleich dies nicht zur Feststellung eines Verstoßes gegen das Unionsrecht führen könne, da die betreffende nationale technische Vorschrift zum Zeitpunkt der Überprüfung noch nicht in Kraft getreten sei. Die Kommission habe in diesem Verfahren eine Ex-ante-Kontrolle zum Schutz des freien Warenverkehrs durchzuführen, wobei sie sich häufig veranlasst sehe, Fakten zusammenzutragen, Auskünfte zu überprüfen und ausführliche Fragen zu dem Entwurf einer technischen Vorschrift zu stellen, so dass sie Anhaltspunkte für die eventuelle Feststellung einer Zuwiderhandlung sammeln könne.

55.

Die Aussage in Rn. 58 des angefochtenen Urteils, wonach die Kommission nur einen unverbindlichen Zwischenbericht erstelle, sei falsch. Vielmehr sei die Abgabe einer ausführlichen Stellungnahme ein Beschluss, den die Kommission erlasse, nachdem sie den Entwurf einer nationalen technischen Vorschrift und die durch diese Vorschrift möglicherweise verursachten Handelshemmnisse zwischen den Mitgliedstaaten geprüft habe. Indem eine solche Stellungnahme die ursprüngliche Stillhaltefrist verlängere, sei sie für den Mitgliedstaat rechtsverbindlich.

56.

An Ende des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 müsse die Kommission darüber entscheiden, ob ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet werden solle.

– Herr Schlyter

57.

Nach Auffassung von Herrn Schlyter sind die drei Argumente der Französischen Republik als unzulässig und/oder unbegründet zurückzuweisen.

58.

Erstens sei es Sache des Gerichts, die streitigen Rechtsbegriffe zu verdeutlichen und darzulegen. Zweitens sei das Gericht nicht von seinem früheren Standpunkt abgewichen, da das EU-Pilotverfahren mit dem Verfahren nach der Richtlinie 98/34 nicht vergleichbar sei, so dass eine unterschiedliche Behandlung zulässig sei. Drittens stelle das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 keine Untersuchungstätigkeit dar, da die Kommission nicht befugt sei, aktiv Informationen zu sammeln.

59.

Das Gericht habe in dem angefochtenen Urteil den Begriff „Untersuchung“ zu Recht präzisiert, da die Uneinigkeit über diesen Begriff den Kern des Rechtsstreits gebildet habe. Das Gericht habe „geprüft, wie der Begriff ‚Untersuchung‘ in früheren Urteilen zu Vertragsverletzungsverfahren und zu Verfahren im Bereich der staatlichen Beihilfen angewandt worden ist, um auf der Grundlage dieser Rechtsprechung die charakteristischen Merkmale des Begriffs „Untersuchung“ herauszuarbeiten; auf diese Weise konnte es zugleich diese früheren Urteile vom vorliegenden Fall abgrenzen (d. h., die Urteile zu Vertragsverletzungsverfahren und zu Verfahren im Bereich der staatlichen Beihilfen betrafen Untersuchungen, während der vorliegende Fall, der ein Verfahren nach der Richtlinie 98/34 zum Gegenstand hat, keine Untersuchung betrifft)“ ( 29 ).

60.

Herr Schlyter hält die Bemerkung der Französischen Republik für unzulässig, wonach die Anwendung des Begriffs „Untersuchung“ in dem angefochtenen Urteil nicht im Einklang mit der Lösung stehe, zu der das Gericht in dem Urteil vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), gelangt sei, in dem es entschieden habe, das EU-Pilotverfahren stelle eine Untersuchung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 dar. Diese Bemerkung sei auf einen neuen Klagegrund gestützt, der vor dem Gericht hätte vorgebracht werden können, da das Urteil vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T-306/12, EU:T:2014:816), vor dem angefochtenen Urteil erlassen worden sei; die Parteien in der Rechtssache T‑306/12 hätten nämlich das Vorliegen einer Untersuchung nicht bestritten, und das EU-Pilotverfahren sei bereits praktiziert worden, da es seit dem Jahr 2008 anwendbar sei. Dieser Vergleich und das von der Französischen Republik geltend gemachte Argument hätten somit vor dem Gericht vorgetragen werden können.

61.

Außerdem gehe diese Bemerkung der Französischen Republik ins Leere; selbst wenn nämlich ein solcher Widerspruch zwischen dem Urteil vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), und dem angefochtenen Urteil bestehen sollte, was nicht der Fall sei, reiche dies rechtlich nicht aus. Jedenfalls sei dieses Argument auch unbegründet, da das vom Gericht in dem Urteil vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), als„Untersuchungstätigkeit“ qualifizierte EU-Pilotverfahren im Gegensatz zur Ansicht der Französischen Republik nicht mit dem Verfahren nach der Richtlinie 98/34 vergleichbar sei, das wegen dieser unterschiedlichen Merkmale nicht als „Untersuchungstätigkeit“ qualifiziert werden könne. Es bestehe folglich kein Widerspruch zwischen den beiden Urteilen des Gerichts.

62.

Anders als im Fall des EU-Pilotverfahrens sammle die Kommission in dem Verfahren nach der Richtlinie 98/34 nicht aktiv Informationen; sie nehme vielmehr eine Notifikation von einem Mitgliedstaat entgegen, die normalerweise bereits alle Informationen und Dokumente enthalten müsse, die sie für die Prüfung der Vereinbarkeit der notifizierten technischen Vorschrift mit dem Unionsrecht benötige. Die Kommission könne dem betroffenen Mitgliedstaat später Fragen stellen, sei aber nicht befugt, Auskünfte von Bürgern und Unternehmen einzuholen. Vor der Abgabe einer ausführlichen Stellungnahme halte sich der Dialog mit dem Mitgliedstaat gewöhnlich in sehr engen Grenzen.

63.

Anders als beim EU-Pilotverfahren, das auf dem Grundsatz einer mutmaßlich begangenen Zuwiderhandlung beruhe, sei es wenig wahrscheinlich, dass sich an das Verfahren nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 ein Vertragsverletzungsverfahren anschließe. Erstens sei das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 neutral und automatisch; es werde durch die Erstellung eines Entwurfs einer in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden nationalen Maßnahme ausgelöst, ohne dass vom Grundsatz einer mutmaßlich begangenen Zuwiderhandlung ausgegangen werde. Zweitens könne eine ausführliche Stellungnahme kein Vertragsverletzungsverfahren nach sich ziehen, da keine Zuwiderhandlung vorliege und es ungewiss sei, ob sich das Risiko verwirkliche, dass eine solche begangen werde.

64.

Drittens behaupte die Französische Republik zu Unrecht, dass das Gericht in dem angefochtenen Urteil die Rolle der Kommission auf die rein passive Entgegennahme von Auskünften beschränkt habe ( 30 ). Diese Beschränkung und diese passive Rolle seien in der Richtlinie selbst vorgesehen, wodurch die Bedeutung der von dem Mitgliedstaat erteilten Auskünfte hervorgehoben werde. Zurückzuweisen sei auch das Vorbringen der Französischen Republik, die Kommission sehe sich bei der Prüfung, ob ein Entwurf einer technischen Vorschrift mit dem Binnenmarktrecht vereinbar sei, „häufig veranlasst, Fakten zusammenzutragen“ ( 31 ). Damit stelle die Französische Republik eine Tatsachenfeststellung in Frage, die im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens nicht überprüft werden könne. Dieses Argument sei folglich unzulässig. Außerdem sei es unzutreffend: Nach der Richtlinie sei die Kommission nicht verpflichtet, durch Nachfragen eine wesentliche Klarstellung zu erreichen und sich ein genaues Bild vom Wesen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 zu verschaffen. Anders als im Fall des EU-Pilotverfahrens sei die Kommission nicht berechtigt, mit Dritten Kontakt aufzunehmen, um zusätzliche Auskünfte einzuholen. Im Übrigen sei die ausführliche Stellungnahme kein rechtsverbindlicher Beschluss.

65.

Dem Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486), lasse sich keineswegs entnehmen, dass der Begriff „Untersuchung“ nicht „restriktiv“ definiert werden könnte. Aus diesem Urteil gehe auch nicht hervor, dass jede Maßnahme, die die Kommission in ihrer Funktion als Hüterin der Verträge ergreife, eine Untersuchungstätigkeit wäre.

– Kommission

66.

Die Kommission ist der Ansicht, die Definition des Begriffs „Untersuchung“ in Rn. 53 des angefochtenen Urteils sei zu restriktiv und verstoße gegen Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001. Diese Definition stelle mehrere formale Anforderungen auf, die sich aus dem einfachen Wort „Untersuchungstätigkeit“ nicht herleiten ließen; nichts in dem Wort„Untersuchungstätigkeit“ lasse erkennen, dass dieser Begriff auf Verfahren beschränkt wäre, die auf die Feststellung einer „Zuwiderhandlung“ oder auf den Erlass einer „Entscheidung“ gerichtet seien. Im Gegensatz zu den Ausführungen des Gerichts handle es sich bei dem Verfahren nach der Richtlinie 98/34 nicht um ein Verfahren ohne jegliche Bindungswirkung, sondern um ein aus mehreren Phasen und Dialogen mit den Mitgliedstaaten bestehendes formelles Verfahren. Nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 98/34 müsse der betroffene Mitgliedstaat bei Abgabe einer ausführlicher Stellungnahme die Annahme des Entwurfs einer technischen Vorschrift um sechs Monate verschieben und die Kommission über die Maßnahmen unterrichten, die er aufgrund dieser Stellungnahme zu ergreifen beabsichtige. Insoweit erlege die ausführliche Stellungnahme also eine rechtsverbindliche Verpflichtung auf. Eine ausführliche Stellungnahme könne auch nicht als Zwischenbericht der Kommission angesehen werden. Nach der Richtlinie 98/34 sei sie eine amtliche Maßnahme, die die Kommission in Bezug auf einen Entwurf einer technischen Vorschrift ergreifen könne. Die ausführliche Stellungnahme verkörpere somit den rechtlichen Standpunkt, den die Kommission im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 vertrete.

67.

Es sei völlig irrelevant, dass die Kommission Informationen nicht aktiv einhole, sondern von den Mitgliedstaaten erhalte. Das Gericht räume dem Umstand eine übermäßige Bedeutung ein, dass das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 eine Ex-ante-Kontrolle der beabsichtigten technischen Vorschriften, nicht aber deren Ex-post-Kontrolle darstelle. Der Präventionscharakter des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 schließe nicht aus, dass es sich um eine Untersuchungstätigkeit handle.

68.

Soweit die Kommission nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 einen Dialog führe und Informationen einhole, sei diese Tätigkeit „zwar informeller Natur, sie findet jedoch tatsächlich statt und ist in Wirklichkeit mit dem Dialog identisch, der zwischen einem Mitgliedstaat und der Kommission während des als Untersuchung anerkannten ‚EU-Pilotverfahrens‘ bzw. Vorverfahrens eines Vertragsverletzungsverfahrens geführt wird“ ( 32 ).

– Tschechische Republik

69.

Die Tschechische Republik unterstützt die Argumente, die die Französische Republik in ihrer Rechtsmittelschrift und die Kommission in ihrer Rechtsmittelbeantwortung vortragen. Sie macht geltend, ein Ausschluss der Anwendbarkeit von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 auf ein (noch nicht abgeschlossenes) Verfahren nach der Richtlinie 98/34 würde die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Verfahren nach Art. 258 AEUV ihrer praktischen Wirksamkeit berauben ( 33 ).

– Republik Finnland

70.

Die Republik Finnland trägt vor, die Auffassung des Gerichts, das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 sei nicht als Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 anzusehen, sei nicht rechtsfehlerhaft. Diese Verordnung solle der Öffentlichkeit das größtmögliche Recht auf Zugang zu den Dokumenten der EU-Organe verschaffen; die in ihrem Art. 4 als Ausnahmen von diesem allgemeinen Grundsatz aufgeführten Tatbestände seien eng auszulegen.

71.

Die Ansicht der Französischen Republik, wonach jede Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Schutz der Grundfreiheiten und dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts eine Untersuchung im Sinne dieser Bestimmung betreffe, sei zurückzuweisen. Eine Offenlegung von Dokumenten im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 hindere die Kommission auch keineswegs daran, die ihr übertragene Rolle zu erfüllen: Ein Tätigwerden als Hüterin der Verträge hänge nicht von der Definition des Begriffs „Untersuchungstätigkeit“ im Sinne der Verordnung Nr. 1049/2001 ab ( 34 ).

72.

Das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 sei ein Instrument der Zusammenarbeit zur Beeinflussung des nationalen Rechtsetzungsverfahrens mittels einer vorbeugenden Kontrolle ( 35 ); da die von dem Mitgliedstaat letztlich erlassene Maßnahme von dem ursprünglichen Entwurf erheblich abweichen könne, müsse die Kommission neue Auskünfte über das nationale Recht erhalten, um beurteilen zu können, ob eine Vertragsverletzungsklage zu erheben sei ( 36 ). Eine Situation, die als solche zur Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens führen könne, werde daher von dem Verfahren nach der Richtlinie 98/34 nicht erfasst ( 37 ). Bei den Verfahren nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 handle es sich um eine nachträgliche Kontrolle, mit der untersucht werden solle, ob das Unionsrecht von den Mitgliedstaaten beachtet und korrekt angewandt worden sei.

73.

Das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 unterscheide sich auch insoweit von dem Vertragsverletzungsverfahren und dem EU-Pilotverfahren, als der Mitgliedstaat die in der Richtlinie 98/34 genannten Angaben der Kommission übermitteln müsse, während bei den beiden anderen Verfahren der Informationsaustausch auf Initiative der Kommission stattfinde.

74.

Die Definition des Begriffs „Untersuchung“ in Rn. 53 des angefochtenen Urteils stehe nicht im Widerspruch zu den Rn. 61 und 62 des Urteils vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486).

– Königreich Schweden

75.

Das Königreich Schweden macht geltend, das angefochtene Urteil sei zutreffend begründet, während die hiergegen vorgebrachte Kritik der Französischen Republik auf einer fehlerhaften Auslegung von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 beruhe.

76.

Der in Art. 1 EUV, Art. 15 AEUV und Art. 42 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegte Grundsatz größtmöglicher Transparenz finde auch in der Richtlinie 98/34 seinen Niederschlag. Wie aus Rn. 37 des angefochtenen Urteils sowie aus der mit der Richtlinie 98/34 bezweckten vorbeugenden Kontrolle hervorgehe, ziele diese Richtlinie gerade darauf ab, die Eröffnung einer Untersuchung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 überflüssig zu machen.

77.

Der Gerichtshof habe in dem Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486), festgestellt, die in jener Rechtssache streitigen Studien gehörten zu den Instrumenten, über die die Kommission im Rahmen ihrer Verpflichtung aus Art. 17 Abs. 1 EUV, die Anwendung des Unionsrechts zu überwachen, verfüge, um etwaige Verstöße der Mitgliedstaaten gegen ihre Verpflichtung zur Umsetzung der betreffenden Richtlinien aufzudecken. Der Gerichtshof habe daher entschieden, diese Studien fielen unter den Begriff „Untersuchungstätigkeiten“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001.

78.

Eine im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 abgegebene ausführliche Stellungnahme sei mit einer Studie, wie sie im Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486), geprüft worden sei, wegen ihrer unterschiedlichen Inhalte und Zielsetzungen nicht vergleichbar. Da dieses Urteil keine allgemeine Definition des Begriffs „Untersuchung“ enthalte, sei es für den vorliegenden Fall nicht unmittelbar relevant.

79.

Was die angebliche Analogie zwischen dem Verfahren nach der Richtlinie 98/34 und dem EU-Pilotverfahren betreffe, so gebe es zwischen ihnen zwar gewisse Ähnlichkeiten; diese bedeuteten jedoch nicht, dass beide Verfahren als Untersuchung zu qualifizieren wären, sondern, dass sich alle beide von dem Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV unterschieden.

80.

Die Französische Republik sehe zu Unrecht große Ähnlichkeiten zwischen dem Verfahren nach der Richtlinie 98/34 und dem Vertragsverletzungsverfahren. Die Entscheidung des Gerichts in Rn. 63 des angefochtenen Urteils sei wohlbegründet und werde durch das Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486), bestätigt.

81.

Die Französische Republik gehe auch zu Unrecht davon aus, dass die Definition des Begriffs „Untersuchung“ in dem angefochtenen Urteil, falls der Gerichtshof sie bestätige, auf das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 anwendbar sei. Zum einen seien die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie 98/34 nicht verpflichtet, auf Verlangen der Kommission zusätzliche Auskünfte zu erteilen; die Kommission könne aus dieser Richtlinie auch nicht die Befugnis herleiten, solche Auskünfte anzufordern. Das Gericht habe deshalb keinen Rechtsfehler begangen, als es festgestellt habe, dass es im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 nicht Aufgabe der Kommission sei, Informationen zu sammeln, bevor sie eine ausführliche Stellungnahme abgebe. Zum anderen habe der betroffene Mitgliedstaat nach Erhalt der ausführlichen Stellungnahme die Kommission über die Maßnahmen zu unterrichten, die er aufgrund dieser Stellungnahme zu ergreifen beabsichtige, woraufhin sich die Kommission zu diesen Maßnahmen äußern müsse; daher könne die Kommission in dieser ausführlichen Stellungnahme unmöglich bereits abschließend darüber entscheiden, ob das Unionsrecht verletzt worden sei.

Zur Zulässigkeit

82.

Zur ersten Unzulässigkeitseinrede von Herrn Schlyter ( 38 ) ist zu bemerken, dass die Französische Republik ausweislich der Rn. 52 des angefochtenen Urteils vor dem Gericht vorgetragen hat, dass „das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 … als eine Untersuchung anzusehen ist“ und „die Abgabe einer ausführlichen Stellungnahme im Rahmen dieses Verfahrens durch die Kommission Teil einer Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 ist“.

83.

Mit ihrer Argumentation, die im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels einen Widerspruch zwischen dem angefochtenen Urteil und dem Urteil vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), beanstandet ( 39 ), versucht die Französische Republik darzutun, dass das Gericht sich rechtsfehlerhaft geweigert habe, das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 als „Untersuchungstätigkeit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 anzusehen.

84.

In der Tat stützt sich die Französische Republik auf das Urteil des Gerichts vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), das vor dem angefochtenen Urteil vom 16. April 2015 ergangen ist, um ihr Argument zu untermauern und zu ergänzen, das Gericht habe die in Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 98/34 vorgesehene ausführliche Stellungnahme insoweit rechtsfehlerhaft beurteilt, als es festgestellt habe, dass Letztere keine Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 darstelle.

85.

Daraus folgt, dass die Französische Republik keinen neuen Klagegrund vorgebracht hat. Die erste Unzulässigkeitseinrede ist somit zurückzuweisen.

86.

Was die zweite Unzulässigkeitseinrede von Herrn Schlyter betrifft ( 40 ), so hat das Gericht in Rn. 56 des angefochtenen Urteils entschieden, „dass es im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 nicht Aufgabe der Kommission ist, Informationen zu sammeln, bevor sie eine ausführliche Stellungnahme abgibt“. Meines Erachtens knüpft diese Aussage genau an den Wortlaut der Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 an, so dass dem Gericht insoweit kein Rechtsfehler vorzuwerfen ist.

87.

Die Französische Republik behauptet freilich, die mit einer vorbeugenden Kontrolle zum Schutz des freien Warenverkehrs betraute Kommission sehe sich häufig veranlasst, „Fakten zusammenzutragen“ ( 41 ). In Nr. 31 ihrer Erwiderung weist die Französische Republik jedoch darauf hin, dass „ihr Rechtsmittelgrund nicht den Ablauf des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34, an dessen Ende der von Herrn Schlyter vor dem Gericht angefochtene Beschluss ergangen ist, sondern die Qualifikation dieses Verfahrens als Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betrifft“. Es handelt sich somit nach ihrer Ansicht um eine Rechtsfrage.

88.

Nach Ansicht von Herrn Schlyter hingegen lässt sich „weder mit der Richtlinie noch mit der Praxis, wie sie durch die Notifikation des Entwurfs der Französischen Republik veranschaulicht wird, belegen, dass die Kommission eine aktive Rolle spielt“ ( 42 ).

89.

Dazu ist zu bemerken, dass diese Meinungsverschiedenheit über die konkrete Praxis der Kommission nicht geeignet ist, die auf den Wortlaut der Richtlinie 98/34 gestützte Feststellung des Gerichts in Rn. 56 des angefochtenen Urteils in Frage zu stellen.

Zur Begründetheit

Vorbemerkungen

90.

Nach ständiger Rechtsprechung soll die Verordnung Nr. 1049/2001 der Öffentlichkeit das Recht auf größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Unionsorgane gewähren ( 43 ).

91.

Dieses Recht unterliegt gleichwohl bestimmten Grenzen aus Gründen des öffentlichen oder privaten Interesses. Insbesondere sieht die Verordnung Nr. 1049/2001 im Einklang mit ihrem elften Erwägungsgrund ( 44 ) in Art. 4 vor, dass die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern, durch dessen Verbreitung eines der mit dieser Bestimmung geschützten Interessen beeinträchtigt würde. Beschließt ein Organ, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, dessen Verbreitung bei ihm beantragt wurde, muss es daher grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine von ihm geltend gemachte Ausnahme nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Zudem sind diese Ausnahmen, da sie vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen, eng auszulegen und anzuwenden ( 45 ).

92.

Ich weise darauf hin, dass nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 die Organe zwar den Zugang zu einem Dokument verweigern, durch dessen Verbreitung u. a. der Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten beeinträchtigt würde, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 jedoch keine Definition des Begriffs „Untersuchungstätigkeiten“ im Sinne dieser Bestimmung enthält.

93.

Obwohl es an einer solchen Definition fehlt, wurde über den Begriff „Untersuchungstätigkeiten“ vor dem Gerichtshof noch nicht gestritten.

94.

In den Verfahren, in denen die Urteile vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 43), betreffend das Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV und vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob (C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 115), betreffend das Verfahren zur Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen ( 46 ) ergangen sind, war zwischen den Parteien unstreitig, dass die Dokumente, deren Einsichtnahme beantragt worden war, tatsächlich eine Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betrafen ( 47 ).

95.

Wie sich außerdem aus Nr. 21 der Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Schweden/Kommission (C‑562/14 P, EU:C:2016:885) ( 48 ) und aus Rn. 45 des Urteils des Gerichts vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), betreffend das EU-Pilotverfahren ergibt, bestreiten dort weder die Kläger noch die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als ihre Streithelfer beigetreten sind, dass die ein EU-Pilotverfahren betreffenden streitigen Dokumente einer Untersuchungstätigkeit im Sinne der Ausnahmevorschrift des Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zuzurechnen sind.

96.

Das EU-Pilotverfahren wurde von der Kommission in der Mitteilung „Ein Europa der Ergebnisse – Anwendung des [Unions]rechts“ eingeführt ( 49 ). Dieses Verfahren, das auf einer freiwilligen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten beruht, geht der eventuellen formellen Erhebung einer Vertragsverletzungsklage voraus; dadurch soll sowohl die korrekte Anwendung des Unionsrechts überprüft als auch eine frühzeitige Lösung für die bei dieser Anwendung entstandenen Probleme herbeigeführt werden. Das EU-Pilotverfahren ersetzt die frühere Praxis der Kommission, die darin bestand, Verwaltungsschreiben in dieser Angelegenheit an die Mitgliedstaaten zu richten ( 50 ).

97.

Den Begriff „Untersuchungstätigkeiten“ hat der Gerichtshof gezielt nur in der Rechtssache ClientEarth/Kommission (Urteil vom 16. Juli 2015, C‑612/13 P, EU:C:2015:486) geprüft, ohne ihn jedoch zu definieren.

98.

In den Rn. 61 bis 65 dieses Urteils hat der Gerichtshof festgestellt, Studien ( 51 ), die im Auftrag der Kommission nach Ablauf der Frist zur Umsetzung mehrerer Umweltschutzrichtlinien der Union gerade mit dem Ziel erarbeitet worden seien, den Stand des Prozesses der Umsetzung dieser verschiedenen Richtlinien in bestimmten Mitgliedstaaten zu überprüfen, seien der Untersuchungstätigkeit der Kommission im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zuzurechnen. Solche Studien gehörten zu den Instrumenten, über die die Kommission im Rahmen ihrer Verpflichtung aus Art. 17 Abs. 1 EUV, die Anwendung des Unionsrechts unter Kontrolle des Gerichtshofs zu überwachen, verfüge, um etwaige Verstöße der Mitgliedstaaten gegen ihre Pflicht zur Umsetzung der betreffenden Richtlinien aufzudecken und gegen Mitgliedstaaten, bei denen sie annehmen sollte, dass sie das Unionsrecht verletzt hätten, gegebenenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten ( 52 ).

99.

Wenn zu den „Untersuchungstätigkeiten“ nach der Verordnung Nr. 1049/2001 somit eindeutig das Vertragsverletzungsverfahren ( 53 ) sowie Nachforschungen zu zählen sind, die zur Einleitung dieses Verfahrens führen können ( 54 ), beschränkt sich dieser Begriff doch nicht darauf, sondern erfasst auch andere Verfahren, die im Unionsrecht zu dem Zweck vorgesehen sind, die für den Erlass einer endgültigen, rechtsverbindlichen Entscheidung eines Unionsorgans notwendigen Informationen zu erheben sowie systematisch und förmlich zu überprüfen ( 55 ). Anders als die Kommission ( 56 ) bin ich nicht der Ansicht, dass das Gericht den Begriff „Untersuchungstätigkeiten“ mit seiner Entscheidung in Rn. 53 des angefochtenen Urteils – wonach „sich der Begriff ‚Untersuchung‘ sowohl auf sämtliche Ermittlungen bezieht, die von einer zuständigen Stelle vorgenommen werden, um festzustellen, ob eine Zuwiderhandlung vorliegt, als auch auf das Verfahren, in dem eine Verwaltung Informationen sammelt und bestimmte Tatsachen überprüft, bevor sie eine Entscheidung trifft“ – auf diese beiden Beispielsfälle beschränkt hat (d. h. das Vertragsverletzungsverfahren und die Nachforschungen, die zu dessen Eröffnung führen können). Diese Aussagen des Gerichts sind nur beispielhafter Natur und schließen andere Fallgestaltungen nicht aus ( 57 ).

100.

Der Umstand, dass es an einer Definition des Begriffs „Untersuchungstätigkeit“ in der Verordnung Nr. 1049/2001 fehlt, macht es daher erforderlich, die gemäß Art. 9 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 98/34 im Rahmen des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 dieser Richtlinie abgegebene ausführliche Stellungnahme einer sorgfältigen und gründlichen Prüfung zu unterziehen und dabei vor allem die in Nr. 99 dieser Schlussanträge erwähnten beiden Beispielsfälle zu berücksichtigen.

101.

Außerdem ist daran zu erinnern, dass der Begriff „Untersuchungstätigkeiten“ als Bestandteil einer Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, wonach alle Dokumente zugänglich zu machen sind, eng ausgelegt und angewandt werden muss.

Zur Richtlinie 98/34

102.

Die Richtlinie 98/34 besteht aus drei Teilen. Erstens betreffen mehrere Bestimmungen der Richtlinie 98/34 die Normung ( 58 ). Zweitens soll durch die Richtlinie 98/34 die Transparenz erhöht und ein besseres Umfeld für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gewährleistet werden ( 59 ). Drittens soll durch die Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 nach ständiger Rechtsprechung im Wege einer vorbeugenden Kontrolle ( 60 ) insbesondere der freie Warenverkehr ( 61 ), einer der Grundpfeiler ( 62 ) der Union, geschützt werden.

103.

Es steht fest, dass die auf Art. 9 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 98/34 gestützte ausführliche Stellungnahme im vorliegenden Fall von der Kommission abgegeben wurde, nachdem die Französische Republik ihr einen Verordnungsentwurf gemäß Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie übermittelt hatte. Der erste Teil des mit dem Rechtsmittel vorgebrachten einzigen Rechtsmittelgrundes betrifft folglich die Rechtsnatur des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34, insbesondere die Rechtsnatur der ausführlichen Stellungnahme. Wir haben uns hier deshalb mit dem dritten Teil der Richtlinie 98/34 zu befassen, während die Teile betreffend die Normung und die Beteiligung der Wirtschaftsakteure an einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit für das vorliegende Rechtsmittel bedeutungslos sind.

– Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34

104.

Ziel des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 ist es, dem Erlass technischer Vorschriften, die Handelshemmnisse bewirken könnten, zuvorzukommen und vorzubeugen ( 63 ). Wie der Gerichtshof entschieden hat, ist die in den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 vorgesehene vorbeugende Kontrolle insofern sinnvoll, als unter die Richtlinie fallende technische Vorschriften möglicherweise Behinderungen des Warenaustauschs zwischen Mitgliedstaaten darstellen, die nur zugelassen werden können, wenn sie notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen zu genügen, die ein im allgemeinen Interesse liegendes Ziel verfolgen ( 64 ).

105.

Art. 8 der Richtlinie 98/34 sieht daher ein Informationsverfahren vor, in dessen Rahmen die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sind, der Kommission jeden in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallenden Entwurf einer technischen Vorschrift zu übermitteln ( 65 ).

106.

Damit diese vorbeugende Kontrolle durchgeführt werden kann, müssen sie gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34 die Entwürfe von Vorschriften, durch die technische Spezifikationen verbindlich werden, der Kommission vor deren Inkrafttreten übermitteln ( 66 ). Außerdem haben die Mitgliedstaaten bei der weiteren Ausarbeitung der technischen Vorschrift die etwaigen Bemerkungen der Kommission oder anderer Mitgliedstaaten so weit wie möglich zu berücksichtigen ( 67 ).

107.

Gemäß Art. 9 der Richtlinie 98/34 muss nämlich die Annahme eines nach Art. 8 der Richtlinie notifizierten Entwurfs einer technischen Vorschrift um drei Monate – gerechnet ab dem Tag des Eingangs der Mitteilung über diesen Entwurf bei der Kommission – verschoben werden. Dieser Zeitraum verlängert sich nach Art. 9 auf sechs Monate ( 68 ), wenn ( 69 )die Kommission oder ein anderer Mitgliedstaat eine ausführliche Stellungnahme abgibt, der zufolge die geplante Maßnahme Elemente enthält, die den freien Warenverkehr beeinträchtigen könnten ( 70 ).

108.

Nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 98/34 unterrichtet der betroffene Mitgliedstaat die Kommission über die Maßnahmen, die er aufgrund der ausführlichen Stellungnahme zu ergreifen beabsichtigt; die Kommission äußert sich zu diesen Maßnahmen.

109.

Die Richtlinie verfolgt somit nicht allein den Zweck, die Kommission zu informieren, sondern gerade das weiter gehende Ziel, Handelsschranken zu beseitigen oder zu verringern, die anderen Mitgliedstaaten über die von einem Staat geplanten technischen Vorschriften zu informieren, der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten die nötige Zeit zu verschaffen, um zu reagieren und eine Änderung vorzuschlagen, die es erlaubt, die Einschränkungen des freien Warenverkehrs zu vermindern, die sich aus der geplanten Maßnahme ergeben, und der Kommission die nötige Zeit zu lassen, um eine Harmonisierungsrichtlinie vorzuschlagen ( 71 ).

– Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 und die vorprozessuale Phase des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV

110.

Die in den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 vorgesehene Vorbeuge- oder Ex-ante-Maßnahme kann meines Erachtens nicht mit dem Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV, dem EU-Pilotverfahren oder dem Verfahren, um das es in der Rechtssache ClientEarth/Kommission (Urteil vom 16. Juli 2015, C‑612/13 P, EU:C:2015:486) ging, verglichen werden, die den Zweck verfolgen, von Mitgliedstaaten eventuell begangene Vertragsverletzungen aufzudecken und abzustellen; diese drei eindeutig einer Ex-post-Kontrolle der Anwendung und Beachtung des Unionsrechts zuzurechnenden Verfahren hat der Gerichtshof als „Untersuchungstätigkeiten“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 qualifiziert.

111.

Wenngleich mit dem in den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 vorgesehenen Verfahren der vorbeugenden Kontrolle ebenso wie mit diesen Verfahren der Ex-post-Kontrolle sichergestellt werden soll, dass der betroffene Mitgliedstaat seinen unionsrechtlichen Verpflichtungen nachkommt, dient Ersteres doch nicht der Untersuchung oder Feststellung, ob bzw. dass ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat ( 72 ).

112.

Da der in einer ausführlichen Stellungnahme behandelte notifizierte Entwurf einer technischen Vorschrift noch nicht angenommen wurde und folglich noch keine neue technische Vorschrift in Kraft getreten ist, könnte er zu diesem Zeitpunkt weder gegen das Unionsrecht verstoßen noch zum Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV ( 73 ) oder anderer dem letztgenannten Verfahren vorgelagerter Verfahren gemacht werden, die den Zweck verfolgen, etwaige Verstöße der Mitgliedstaaten gegen ihre Verpflichtungen aus den Verträgen aufzudecken und abzustellen ( 74 ). Das Argument der Französischen Republik, dass „das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 der Kommission erlaubt, im Hinblick auf die Feststellung einer Zuwiderhandlung Informationen zu sammeln und bestimmte Fakten zu überprüfen, bevor sie eine Entscheidung erlässt“, erscheint mir daher unzutreffend und ist zurückzuweisen.

113.

Im Übrigen ergibt sich aus Rn. 62 des Urteils vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486), keineswegs, dass jede Initiative, die die Kommission ergreift, um gemäß Art. 17 Abs. 1 EUV für die Anwendung der Verträge zu sorgen, eine Untersuchungstätigkeit wäre. Die in diesem Urteil erörterten Untersuchungstätigkeiten der Kommission dienten nämlich speziell dem Zweck, etwaige Verstöße der Mitgliedstaaten gegen ihre Verpflichtung zur Umsetzung der betreffenden Richtlinien aufzudecken und gegen Mitgliedstaaten, bei denen die Kommission annehmen sollte, dass sie einen Verstoß gegen das Unionsrecht begangen hatten, gegebenenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten ( 75 ).

114.

Überdies stellt, obwohl die Kommission ihre ausführliche Stellungnahme im Anschluss an die Übermittlung eines Verordnungsentwurfs seitens der Französischen Republik abgegeben hat und dieser Kontakt zwischen der Kommission und einem Mitgliedstaat an die Erhebung sowie die systematische und förmliche Überprüfung von Informationen denken lassen könnte, diese ausführliche Stellungnahme nur eine „erste, vorläufige und beratende Stellungnahme“ ( 76 ) dieses Organs zu einem nationalen Gesetzentwurf dar, der vor allem angesichts der in dieser Stellungnahme geäußerten Vorbehalte geändert werden kann.

115.

Die ausführliche Stellungnahme der Kommission ist folglich nur ein vorläufiger Beschluss oder ein Zwischenbericht zu einem Entwurf einer technischen Vorschrift, dessen einzige verbindliche Rechtswirkung darin besteht, die Annahme der technischen Vorschrift durch den Mitgliedstaat um sechs Monate hinauszuschieben ( 77 ), auch wenn laut Kommission „die ausführlichen Stellungnahmen vom Kollegium der Kommissionsmitglieder erlassen werden und deshalb ebenso wie ein Mahnschreiben oder eine mit Gründen versehene Stellungnahme im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens Entscheidungen der Kommission darstellen“ ( 78 ).

116.

Eine Auslegung, die jedes Verfahren als Untersuchungstätigkeit behandeln wollte, in dessen Rahmen ein Austausch von Informationen oder ein Dialog zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission über die Anwendung der Verträge stattfindet, würde diesen Begriff meines Erachtens auf eine Weise überdehnen, die nicht dem Ziel der Verordnung Nr. 1049/2001 und des Art. 42 der Grundrechtecharta entspräche, den Zugang zu den Dokumenten der Organe zu fördern ( 79 ).

117.

Daher stimme ich mit dem Königreich Schweden ( 80 ) darin überein, dass das Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV, das EU-Pilotverfahren und das Verfahren in der Rechtssache ClientEarth/Kommission (Urteil vom 16. Juli 2015, C‑612/13 P, EU:C:2015:486), mittels deren die von Mitgliedstaaten eventuell begangenen Vertragsverletzungen aufgedeckt und abgestellt werden sollen, deutlich von dem Verfahren der vorbeugenden Kontrolle nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 abzugrenzen sind, mit der Folge, dass die ausführliche Stellungnahme der Kommission nicht unter den Begriff der Untersuchungstätigkeiten fällt ( 81 ).

118.

Dieses Ergebnis bleibt durch die Tatsache unberührt, dass im Anschluss an das Verfahren nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34, insbesondere im Anschluss an die Abgabe einer ausführlichen Stellungnahme nach Art. 9 Abs. 2 dieser Richtlinie, die später angenommenen technischen Vorschriften gegebenenfalls zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Kommission führen können.

119.

Die Behauptung, das Verfahren nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 sei mit Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verbunden, kann auch nicht mit Erfolg auf den Leitfaden der Kommission vom November 2014 zum EU-Pilotverfahren gestützt werden.

120.

Zwar kann nach diesem Leitfaden der Kommission das EU-Pilotverfahren nicht durchgeführt werden, wenn ein Mitgliedstaat es pflichtwidrig unterlassen hat, auf eine nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 98/34 abgegebene ausführliche Stellungnahme zu reagieren, und/oder der Mitgliedstaat eine unionsrechtswidrige technische Vorschrift erlassen hat, was darauf hindeuten könnte, dass beide Verfahren gleicher Natur sind. Dies scheint jedoch in Wirklichkeit nicht der Fall zu sein.

121.

Wie nämlich aus Nr. 1.15 („Follow-up zum Notifizierungsverfahren“) des oben in Fn. 59 erwähnten Berichts der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss hervorgeht, führte „[i]n allen sonstigen Fällen, bei denen im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34/EG nicht abschließend geklärt werden konnte, ob ein Verstoß gegen das Binnenmarktrecht der EU vorliegt, … die Kommission weitere Untersuchungen durch, die in einigen Fällen zu EU-Pilot-Verfahren oder zu Vertragsverletzungsverfahren (Artikel 258 AEUV) führten“ ( 82 ).

122.

Aus der von der Kommission selbst erstellten kontradiktorischen Dokumentation zur Interaktion zwischen diesen beiden Verfahren ergibt sich somit, dass die angebliche Unmöglichkeit, das EU-Pilotverfahren an das Verfahren nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 anzuschließen, nicht dargetan ist.

123.

Hinzu kommt, wie die Republik Finnland ausführt ( 83 ), dass die in der Richtlinie 98/34 bezeichneten Elemente von dem Mitgliedstaat mitgeteilt werden müssen ( 84 ), während die Initiative für den Informationsaustausch beim Vertragsverletzungsverfahren und beim EU-Pilotverfahren von der Kommission ausgeht.

124.

Auf jeden Fall kann – wie die Republik Finnland darlegt – „die Etappe des EU-Pilotverfahrens als [überflüssig und] nutzlos ausgelassen werden“, wenn die Kommission durch das Verfahren der vorbeugenden Kontrolle nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 ausreichende Informationen über „den Inhalt der nationalen Gesetzgebung vor der Absendung eines Mahnschreibens“ erlangt hat ( 85 ). Anders als die Französische Republik und die Kommission behaupten, bedeutet eine solche zufallsbedingte Sachlage, die auf einem speziellen Vorgang oder Sonderfall beruhen mag, jedoch nicht, dass mit dem Verfahren nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 und mit dem EU-Pilotverfahren ähnliche Ziele verfolgt würden.

125.

Ich meine daher, dass das Gericht mit der Feststellung, das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 sei keine Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, keinen Rechtsfehler begangen hat.

126.

Der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes ist somit zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes: Vorliegen einer Beeinträchtigung des Zwecks des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34

127.

Mit dem zweiten Teil ihres einzigen Rechtsmittelgrundes macht die Französische Republik geltend, das Gericht habe in den Rn. 84 bis 88 des angefochtenen Urteils dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es hilfsweise festgestellt habe, selbst wenn die von der Kommission abgegebene ausführliche Stellungnahme Teil einer Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 wäre, würde die Verbreitung dieses Dokuments den Zweck des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 nicht zwangsläufig beeinträchtigen.

128.

Der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes beruht somit auf der Prämisse, dass das Verfahren nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 eine Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 darstellt.

129.

Ich prüfe diesen zweiten Teil deshalb nur für den Fall, dass der Gerichtshof im Gegensatz zu meinen Schlussfolgerungen bezüglich des ersten Teils entscheiden sollte, dass das fragliche Verfahren eine Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 ist.

130.

Die Französische Republik trägt erstens vor, Herr Schlyter habe sich zu keinem Zeitpunkt, weder in seiner Klageschrift noch in seiner Erwiderung, noch in seiner Stellungnahme zu den Schriftsätzen der Streithelfer, darauf berufen, dass die Verbreitung des streitigen Dokuments, falls das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 eine Untersuchungstätigkeit darstellen sollte, den Zweck dieser Untersuchungstätigkeit nicht beeinträchtige. Da der vom Gericht hilfsweise geprüfte Gesichtspunkt von Herrn Schlyter (dem Kläger vor dem Gericht) nicht als Klagegrund geltend gemacht worden sei und die materielle Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses betreffe, habe das Gericht in den Rn. 84 bis 88 des angefochtenen Urteils dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es diesen Gesichtspunkt von Amts wegen aufgegriffen habe.

131.

Dieses Vorbringen ist meines Erachtens zurückzuweisen.

132.

In Rn. 76 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass „[d]ie Französische Republik … ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung, man dürfe den destabilisierenden Effekt nicht unterschätzen, den es hätte, wenn etwaige den übermittelten Entwurf einer technischen Vorschrift betreffende Beanstandungen der Kommission der Öffentlichkeit bekannt gemacht würden, bevor sich der Mitgliedstaat zu diesen Beanstandungen habe äußern können, nicht untermauert hat“. Sodann hat das Gericht entschieden, dass „[d]ie Französische Republik … insbesondere nicht erläutert hat, welche Stelle ungerechtfertigt destabilisiert würde, wenn eine Stellungnahme der Kommission zur Vereinbarkeit eines Entwurfs einer technischen Vorschrift mit bestimmten Aspekten des Unionsrechts öffentlich bekannt gemacht würde“ ( 86 ).

133.

Entgegen den Behauptungen der Französischen Republik hat das Gericht daher nicht von Amts wegen geprüft, ob ein Zugang zu der ausführlichen Stellungnahme den Zweck des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 beeinträchtigen würde, sondern sich nur zu den Argumenten geäußert, die die Französische Republik und die Kommission vor ihm vorgetragen hatten.

134.

Die Französische Republik macht zweitens geltend, in Rn. 85 des angefochtenen Urteils habe das Gericht festgestellt, durch das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 solle verhindert werden, dass der nationale Gesetzgeber eine nationale technische Vorschrift erlasse, die den freien Warenverkehr, den freien Dienstleistungsverkehr oder die Niederlassungsfreiheit von Betreibern im Rahmen des Binnenmarkts beeinträchtigen könnte. Das Gericht habe auf diese Weise den Zweck des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 restriktiv ausgelegt.

135.

Nach Ansicht der Französischen Republik soll durch das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 der Mitgliedstaat auch – durch einen Dialog und eine gütliche Beilegung der Meinungsverschiedenheit zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat – dazu veranlasst werden, den Entwurf einer nationalen Regelung erforderlichenfalls zu ändern, um ihn mit dem Binnenmarktrecht in Einklang zu bringen. Das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 bezwecke somit nicht nur die Konformität der nationalen Vorschriften, sondern solle auch die Qualität des Dialogs zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat sicherstellen. Der Gerichtshof habe in Rn. 63 des Urteils vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738), entschieden, eine Verbreitung von Dokumenten zu einem Vertragsverletzungsverfahren während des zugehörigen Vorverfahrens könnte die Natur und den Ablauf dieses Verfahrens verändern, da es sich unter diesen Umständen als noch schwieriger erweisen könnte, einen Verhandlungsprozess in Gang zu setzen und zu einem Einvernehmen zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat zu kommen, um so zu ermöglichen, dass das Unionsrecht beachtet und eine Klage vermieden werde.

136.

Die Französische Republik trägt ergänzend vor, wie aus Nr. 109 der Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau (C‑139/07 P, EU:C:2009:520) hervorgehe, erstrecke „sich der Schutz des Zwecks von Untersuchungen auch auf einen Freiraum für ungestörte Diskussionen über den Vorwurf der Verletzung des [Unions]rechts. Ein solcher Freiraum ist sinnvoll, damit der betroffene Mitgliedstaat, aber auch die Kommission ohne übermäßigen öffentlichen Druck eine gütliche Einigung anstreben können. Wäre jeder Schritt eines kontroversen Vertragsverletzungsverfahrens öffentlich, so könnten die politischen Entscheidungsträger einmal eingenommene Positionen nur schwer wieder aufgeben. Dies würde möglicherweise bereits den Weg zu einer sinnvollen, das Recht wahrenden Lösung des Konflikts versperren.“

137.

Nach Auffassung der Französischen Republik rechtfertigt die gütliche Beilegung eines Streits zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat vor der Anrufung des Gerichtshofs, den Zugang zu den fraglichen Dokumenten zu verweigern.

138.

Herr Schlyter hält es für unzulässig, „im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens unter Berufung auf die Schlussanträge von Generalanwältin Kokott [in der Rechtssache Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau (C‑139/07 P, EU:C:2009:520)] zum ersten Mal ein auf die angebliche Beeinträchtigung des Dialogs zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten gestütztes Argument vorzutragen. Die Französische Republik hätte ihr Argument in den Anfangsphasen des Verfahrens vorbringen können. [Herr Schlyter und das Gericht] haben dazu aufgefordert, das Vorbringen zu einer angeblich beeinträchtigenden Wirkung zu untermauern, doch die Französische Republik hat darauf nicht geantwortet, sondern weiterhin die Schlussanträge von Generalanwältin Kokott zitiert, ohne zu erklären, inwiefern diese für den vorliegenden Rechtsstreit relevant sind.“

139.

Herr Schlyter ist der Ansicht, die Behauptung der Französischen Republik, wonach die Richtlinie 98/34 auch das separate und eigenständige Ziel einer Verbesserung des Dialogs zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat verfolge, lasse sich weder auf die Rechtsprechung ( 87 ) noch auf die Richtlinie 98/34 selbst stützen. Obwohl ein solcher Dialog sachdienlich sein könne, um das Ziel der Richtlinie 98/34 zu erreichen, ändere dies nichts daran, dass diese Richtlinie nur ein Endziel verfolge, nämlich die Vereinbarkeit nationaler technischer Regelungen mit dem Unionsrecht sicherzustellen, und dass die Frage, ob die Freigabe von Dokumenten den Zweck des betreffenden Verfahrens beeinträchtigen könnte, in Bezug auf diesen Zweck zu prüfen sei.

140.

Meines Erachtens ist die von Herrn Schlyter erhobene Einrede der Unzulässigkeit ( 88 ) zurückzuweisen. Aus den Nrn. 83 ff. des Streithilfeschriftsatzes, den die Französische Republik in der Rechtssache eingereicht hat, in der das angefochtene Urteil ergangen ist, geht nämlich hervor, dass dieser Mitgliedstaat die fraglichen Argumente schon vor dem Gericht vorgebracht hat ( 89 ) und sie nicht erstmals vor dem Gerichtshof im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens vorbringt.

141.

Was die Begründetheit betrifft, so denke ich nicht, dass das Gericht den Zweck des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 restriktiv ausgelegt hat und dass die gütliche Beilegung eines Streits zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat vor der Anrufung des Gerichtshofs die Verweigerung des Zugangs zu den fraglichen Dokumenten rechtfertigt. Wie ich in meinen Ausführungen zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes dargelegt habe, besteht das Ziel des Verfahrens nach diesen Artikeln der Richtlinie darin, dem Erlass technischer Vorschriften zuvorzukommen und vorzubeugen, die Handelshemmnisse bewirken würden. Entgegen der Auffassung der Französischen Republik ist die gütliche Beilegung eines Streits zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat vor der Anrufung des Gerichtshofs gerade nicht Zweck des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34. Folglich könnte eine Freigabe der ausführlichen Stellungnahme den mit diesen Artikeln verfolgten Zweck nicht beeinträchtigen.

142.

Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, auch den zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

Kosten

143.

Gemäß Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach dem erwähnten Art. 184 Abs. 1 ebenfalls im Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Gemäß Art. 184 Abs. 4 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof einer erstinstanzlichen Streithilfepartei, die am Rechtsmittelverfahren teilnimmt, ihre eigenen Kosten auferlegen.

144.

Ich bin somit der Auffassung, dass der Französischen Republik entsprechend dem Kostenantrag von Herrn Schlyter die Kosten aufzuerlegen sind. Die Republik Finnland, das Königreich Schweden, die Tschechische Republik und die Kommission tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

Ergebnis

145.

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor,

das Rechtsmittel zurückzuweisen,

die Französische Republik zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Herrn Schlyter entstandenen Kosten zu verurteilen und

die Tschechische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden und die Europäische Kommission zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) ABl. 2001, L 145, S. 43.

( 3 ) Vorgesehen in Art. 9 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. 1998, L 204, S. 37).

( 4 ) Abgegeben aufgrund von Art. 9 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 98/34.

( 5 ) ABl. 1998, L 217, S. 18. Die Richtlinie 98/34 ist durch Art. 10 der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. 2015, L 241, S. 1) aufgehoben worden. Da die Richtlinie 98/34 „mehrfach und erheblich geändert [worden war, empfahl es sich, sie aus] Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit … zu kodifizieren“ (vgl. erster Erwägungsgrund der Richtlinie 2015/1535). Ich möchte dazu bemerken, dass die Art. 5 und 6 der Richtlinie 2015/1535 (auf den vorliegenden Fall ratione temporis nicht anwendbar) im Wesentlichen den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 entsprechen.

( 6 ) Vgl. Rn. 41 des angefochtenen Urteils. In dem streitigen Beschluss hat die Kommission hervorgehoben, dass sowohl das Verfahren im Bereich der staatlichen Beihilfen als auch das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 bilateraler Natur seien und dass ihre ausführlichen Schlussfolgerungen sowie ihre Bemerkungen ausschließlich an den betroffenen Mitgliedstaat gerichtet seien.

( 7 ) Er wurde von der Republik Finnland und vom Königreich Schweden unterstützt. Die Kommission wurde von der Französischen Republik unterstützt.

( 8 ) ABl. 2006, L 264, S. 13. Vgl. Rn. 34 des angefochtenen Urteils.

( 9 ) Vgl. Rn. 35 des angefochtenen Urteils.

( 10 ) Vgl. Rn. 34 des angefochtenen Urteils.

( 11 ) Vgl. Rn. 34 des angefochtenen Urteils.

( 12 ) Vgl. Rn. 53 des angefochtenen Urteils.

( 13 ) Vgl. Rn. 54 des angefochtenen Urteils.

( 14 ) Vgl. Rn. 55 des angefochtenen Urteils.

( 15 ) Vgl. Rn. 56 und 57 des angefochtenen Urteils.

( 16 ) Vgl. Rn. 58 des angefochtenen Urteils.

( 17 ) Vgl. Rn. 59 des angefochtenen Urteils.

( 18 ) Vgl. Rn. 60 des angefochtenen Urteils.

( 19 ) Vgl. Rn. 61 des angefochtenen Urteils.

( 20 ) Vgl. Rn. 62 des angefochtenen Urteils.

( 21 ) Vgl. Rn. 63 des angefochtenen Urteils.

( 22 ) Vgl. Rn. 79 des angefochtenen Urteils.

( 23 ) Vgl. Rn. 80 des angefochtenen Urteils.

( 24 ) Vgl. Rn. 84 des angefochtenen Urteils.

( 25 ) Vgl. Rn. 87 des angefochtenen Urteils.

( 26 ) Vgl. Rn. 89 des angefochtenen Urteils.

( 27 ) Vgl. Rn. 90 des angefochtenen Urteils.

( 28 ) Vgl. Rn. 90 des angefochtenen Urteils.

( 29 ) Vgl. Rn. 8 der Rechtsmittelbeantwortung von Herrn Schlyter.

( 30 ) Siehe Nr. 53 dieser Schlussanträge.

( 31 ) Siehe Nr. 54 dieser Schlussanträge.

( 32 ) Die Kommission führt aus: „Im Rahmen der Richtlinie 98/34 ist klar, dass es während der verschiedenen Verfahrensabschnitte (Bemerkungen, ausführliche Stellungnahme, Berücksichtigungs- und Unterrichtungspflicht, weitere Bemerkungen der Kommission) häufig zu einem Dialog kommen wird, wobei die Kommission zusätzliche Auskünfte und Erklärungen wird verlangen können, die der betroffene Mitgliedstaat nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit liefern wird.“

( 33 ) Die Tschechische Republik und die Kommission verweisen auf Rn. 63 des Urteils vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738). Dort hat der Gerichtshof entschieden: „Eine Verbreitung der Dokumente zu einem Vertragsverletzungsverfahren während des zugehörigen Vorverfahrens könnte … die Natur und den Ablauf dieses Verfahrens verändern, da es sich unter diesen Umständen als noch schwieriger erweisen könnte, einen Verhandlungsprozess in Gang zu setzen und zu einem die gerügte Vertragsverletzung beendenden Einvernehmen zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat zu kommen, um so zu ermöglichen, dass das Unionsrecht beachtet und eine Klage vermieden wird.“

( 34 ) Die Republik Finnland verweist auf die Schlussanträge von Generalanwalt Cruz Villalón in der Rechtssache ClientEarth/Kommission und ClientEarth und PAN Europe/EFSA (C-612/13 P und C-615/13 P, EU:C:2015:218, Nr. 43).

( 35 ) Vgl. Urteil vom 10. Juli 2014, Ivansson u. a. (C‑307/13, EU:C:2014:2058, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 36 ) Vgl. Beschluss vom 13. September 2000, Kommission/Niederlande (C‑341/97, EU:C:2000:434, Rn. 17 bis 21), in dem der Gerichtshof darauf hingewiesen hat, dass das Verfahren zur Änderung technischer Vorschriften nicht dem Vertragsverletzungsverfahren entspreche.

( 37 ) Sie verweist dazu auf die Rn. 80 und 81 des angefochtenen Urteils.

( 38 ) Siehe Nr. 60 dieser Schlussanträge.

( 39 ) Siehe Nrn. 48 und 49 dieser Schlussanträge.

( 40 ) Siehe Nr. 64 dieser Schlussanträge.

( 41 ) Vgl. Nr. 78 der Rechtsmittelschrift und Nr. 30 der Erwiderung der Französischen Republik.

( 42 ) Hervorhebung nur hier.

( 43 ) Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 57). Vgl. auch den vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001, dem zufolge „[d]iese Verordnung … dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten größtmögliche Wirksamkeit verschaffen und gemäß Artikel [15 Abs. 3 AEUV] die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen dafür festlegen [soll]“, Art. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001, wonach es Zweck dieser Verordnung u. a. ist, „die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des in Artikel [15 AEUV] niedergelegten Rechts auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission … so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet ist“, und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001, der bestimmt, dass „[j]eder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat … vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe [hat]“. Außerdem sieht Art. 42 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vor: „Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission.“

( 44 ) Dieser Erwägungsgrund lautet: „Grundsätzlich sollten alle Dokumente der Organe für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Der Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen sollte jedoch durch Ausnahmen gewährleistet werden. Es sollte den Organen gestattet werden, ihre internen Konsultationen und Beratungen zu schützen, wo dies zur Wahrung ihrer Fähigkeit, ihre Aufgaben zu erfüllen, erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Ausnahmen sollten die Organe in allen Tätigkeitsbereichen der Union die in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft verankerten Grundsätze über den Schutz personenbezogener Daten berücksichtigen.“ (Hervorhebung nur hier)

( 45 ) Urteil vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission (C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 70 bis 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 46 ) ABl. 1989, L 395, S. 1, nach Berichtigung erneut veröffentlicht in ABl. 1990, L 257, S. 13.

( 47 ) Vgl. auch Urteil vom 14. Dezember 2006, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission (T‑237/02, EU:T:2006:395, Rn. 76), zum Verfahren im Bereich der staatlichen Beihilfen.

( 48 ) Mit seinem Rechtsmittel hat das Königreich Schweden beim Gerichtshof die Aufhebung des Urteils vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T‑306/12, EU:T:2014:816), beantragt.

( 49 ) KOM(2007) 502 endgültig.

( 50 ) Vgl. insbesondere Leitfaden der Kommission vom November 2014 zum EU-Pilotverfahren.

( 51 ) Dem Gerichtshof zufolge enthalten „die streitigen Studien, die jeweils einen Mitgliedstaat und eine Richtlinie betreffen, … allesamt eine Gegenüberstellung des geprüften nationalen Rechts und des einschlägigen Unionsrechts mit einer rechtlichen Analyse und Schlussfolgerungen zu den von dem betreffenden Mitgliedstaat getroffenen Umsetzungsmaßnahmen“ (Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 61).

( 52 ) Der Gerichtshof hat entschieden, der Umstand, dass die Kommission die streitigen Studien nicht durch ihre eigenen Stellen erarbeitet, sondern damit einen externen Dienstleister beauftragt habe und dass die Studien weder den Standpunkt der Kommission wiedergäben noch diese für sie verantwortlich sei, bedeute nicht, dass die Kommission, indem sie solche Studien in Auftrag gegeben habe, ein anderes Ziel verfolgt hätte, als sich mit diesen Untersuchungsmitteln fundierte Informationen über die Vereinbarkeit der Rechtsvorschriften bestimmter Mitgliedstaaten mit dem Umweltrecht der Union zu verschaffen, um etwaige Zuwiderhandlungen gegen dieses Recht aufspüren und gegen den säumigen Mitgliedstaat gegebenenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten zu können (vgl. Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 63). Der Gerichtshof hat weiter entschieden, der Begriff „Untersuchungstätigkeiten“ setze keinen förmlichen Beschluss der Kommission als Kollegium voraus, Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einzuleiten (Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 60).

( 53 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738).

( 54 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486), und Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Schweden/Kommission (C‑562/14 P, EU:C:2016:885) zum EU-Pilotverfahren.

( 55 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob (C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 115), in dem der Gerichtshof entschieden hat: „Was … den Schriftverkehr zwischen der Kommission und den Anmeldern oder Dritten [im Rahmen eines Verfahrens zur Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen nach der Verordnung Nr. 4064/89] betrifft, gehören die fraglichen Dokumente tatsächlich zu einer Untersuchungstätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001. Im Rahmen eines Verfahrens zur Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen erhält die Kommission in Anbetracht des Zwecks eines solchen Verfahrens, nämlich der Prüfung, ob eine Maßnahme den Anmeldern eine Marktmacht verleiht, die geeignet ist, den Wettbewerb in erheblicher Weise zu beeinträchtigen, sensible Geschäftsinformationen zu den geschäftlichen Strategien der beteiligten Unternehmen, der Höhe ihres Umsatzes, ihren Marktanteilen und ihren Geschäftsbeziehungen, so dass der Zugang zu den Dokumenten eines solchen Kontrollverfahrens den Schutz der geschäftlichen Interessen dieser Unternehmen beeinträchtigen kann. Daher sind die Ausnahmeregelungen zum Schutz der geschäftlichen Interessen und des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten im vorliegenden Fall eng miteinander verbunden.“

( 56 ) Nach Ansicht der Kommission ist „die Definition in Rn. 53 des angefochtenen Urteils … zu restriktiv und verstößt gegen Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001“.

( 57 ) Vgl. Urteil des Gerichts vom 21. Mai 2014, Catinis/Kommission (T‑447/11, EU:T:2014:267, Rn. 51), wonach die vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) erfassten Dokumente „tatsächlich eine Untersuchungstätigkeit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffen. Dabei stellen der Bericht, der nach Abschluss einer von OLAF durchgeführten Untersuchung erstellt wird, und die ihm beigefügten Empfehlungen (vgl. Art. 11 der Verordnung [EU, Euratom] Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung [OLAF] und zur Aufhebung der Verordnung [EG] Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung [Euratom] Nr. 1074/1999 des Rates, ABl. 2013, L 248, S. 1) keine Entscheidung dar, und die fragliche Untersuchung ist auch kein Vertragsverletzungsverfahren im Sinne von Art. 258 AEUV.

( 58 ) Vgl. insbesondere die Art. 2 bis 4 dieser Richtlinie. Diese Bestimmungen wurden durch Art. 26 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur europäischen Normung, zur Änderung der Richtlinien 89/686/EWG und 93/15/EWG des Rates sowie der Richtlinien 94/9/EG, 94/25/EG, 95/16/EG, 97/23/EG, 98/34/EG, 2004/22/EG, 2007/23/EG, 2009/23/EG und 2009/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung des Beschlusses 87/95/EWG des Rates und des Beschlusses Nr. 1673/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2012, L 316, S. 12) gestrichen.

( 59 ) In Rn. 82 des Urteils vom 4. Februar 2016, Ince (C‑336/14, EU:C:2016:72), hat der Gerichtshof entschieden, die Richtlinie 98/34 solle „eine bessere Nutzung der Vorteile des Binnenmarkts durch die Wirtschaftsteilnehmer ermöglichen, indem die regelmäßige Veröffentlichung der von den Mitgliedstaaten geplanten technischen Vorschriften sichergestellt wird und die Wirtschaftsteilnehmer damit in die Lage versetzt werden, zu diesen Vorschriften Stellung zu nehmen“. Dazu hat der Gerichtshof weiter ausgeführt, es sei „wichtig, dass die Wirtschaftsteilnehmer eines Mitgliedstaats von den Entwürfen technischer Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats und dem zeitlichen und räumlichen Geltungsbereich dieser Vorschriften unterrichtet werden, damit sie den Umfang der ihnen auferlegbaren Pflichten kennen und durch eine etwaige rechtzeitige Anpassung ihrer Erzeugnisse oder ihrer Dienstleistungen vorausschauend an den Erlass dieser Texte herangehen können“ (vgl. Rn. 83 dieses Urteils). Nach dem Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss – Die Funktionsweise der Richtlinie 98/34/EG von 2011 bis 2013 vom 17. Juli 2015 (COM[2015] 338 final) ermöglicht das Notifizierungsverfahren für nationale technische Vorschriften in der Tat „den Wirtschaftsakteuren, einschließlich kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), sich Gehör zu verschaffen und ihre Aktivitäten zeitgerecht an künftige technische Vorschriften anzupassen. Dieses Mitspracherecht wird von den Wirtschaftsakteuren ausgiebig genutzt, was wiederum der Kommission und den nationalen Behörden bei der Aufdeckung von Handelshemmnissen zugutekommt.“

( 60 ) Hervorhebung nur hier. Vgl. Urteil vom 4. Februar 2016, Ince (C‑336/14, EU:C:2016:72, Rn. 82).

( 61 ) Durch die Richtlinie 98/34 soll nicht nur verhindert werden, dass Hindernisse für den freien Warenverkehr, sondern auch, dass solche für die Dienstleistungs- oder die Niederlassungsfreiheit im Binnenmarkt entstehen.

( 62 ) Vgl. den zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 98/34: „Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Folglich ist das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen im Warenaustausch sowie von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie solche mengenmäßigen Beschränkungen eine der Grundlagen der [Union].“

( 63 ) Vgl. Nr. 11 der Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache UNIC und Uni.co.pel (C‑95/14, EU:C:2015:270): „Das Ziel der Richtlinie 98/34 ist es, zur Vermeidung von neuen Handelshemmnissen im Binnenmarkt beizutragen. Sie führt einen Mechanismus für Transparenz und vorbeugende Kontrolle ein, indem sie die Mitgliedstaaten verpflichtet, … vor der Annahme technischer Vorschriften die Entwürfe hierfür zu notifizieren und danach generell bis zur Annahme der betreffenden Vorschrift eine Stillhaltefrist von mindestens drei Monaten einzuhalten …, damit die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission sich zu möglichen Handelshemmnissen äußern können“ (Hervorhebung nur hier). Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht nur die Kommission, sondern auch die Mitgliedstaaten ausführliche Stellungnahmen gemäß Art. 9 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 98/34 abgeben können und dass in dieser Richtlinie kein rechtlicher Unterschied zwischen den von der Kommission und den von den Mitgliedstaaten abgegebenen ausführlichen Stellungnahmen gemacht wird. Keine der Parteien behauptet aber, dass im Rahmen des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 die Mitgliedstaaten untereinander Untersuchungen durchführen würden.

( 64 ) Vgl. Urteil vom 31. Januar 2013, Belgische Petroleum Unie u. a. (C‑26/11, EU:C:2013:44, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 65 ) Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 98/34 die aufgrund dieses Artikels übermittelten Informationen nicht als vertraulich gelten, es sei denn, dies wird von dem notifizierenden Mitgliedstaat ausdrücklich beantragt. Art. 9 der Richtlinie 98/34 enthält hingegen keinen Hinweis zur Frage der Vertraulichkeit. Daraus ergibt sich, dass die Frage des Zugangs zu der in Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 98/34 vorgesehenen ausführlichen Stellungnahme nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1049/2001 zu beurteilen ist. Die Richtlinie 98/34 ist daher hinsichtlich der Frage des Zugangs zu der ausführlichen Stellungnahme keine lex specialis gegenüber der Verordnung Nr. 1049/2001, wie dies in der mündlichen Verhandlung nahegelegt worden war.

( 66 ) Vgl. Urteil vom 15. Oktober 2015, Balázs (C‑251/14, EU:C:2015:687, Rn. 43).

( 67 ) Vgl. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 98/34.

( 68 ) Dieser Zeitraum beläuft sich auf vier Monate für Entwürfe von Vorschriften betreffend Dienste, wenn die Kommission oder ein anderer Mitgliedstaat eine ausführliche Stellungnahme abgibt, der zufolge die geplante Maßnahme Elemente enthält, die den freien Verkehr von Dienstleistungen oder die Niederlassungsfreiheit der Betreiber im Rahmen des Binnenmarktes beeinträchtigen könnten.

( 69 ) Ich bin der Ansicht, dass – wie auch die Französische Republik in der mündlichen Verhandlung bemerkt hat – die Abgabe einer ausführlichen Stellungnahme gemäß Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 98/34 kein Automatismus ist, sondern nur dann erfolgt, „wenn die geplante Maßnahme Elemente enthält, die den freien Warenverkehr im Rahmen des Binnenmarktes beeinträchtigen könnten“.

( 70 ) Die Stillhaltefrist verlängert sich auf zwölf Monate, wenn die Kommission innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung ihre Absicht bekannt gibt, für den Gegenstand des Entwurfs der technischen Vorschrift Rechtsvorschriften vorzuschlagen oder anzunehmen (vgl. Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 98/34). Außerdem kann die technische Vorschrift, wenn die Mitteilungs- und Stillhalteverpflichtungen nicht beachtet worden sind, Dritten nicht entgegengehalten werden (vgl. Urteil vom 8. November 2007, Schwibbert, C‑20/05, EU:C:2007:652, Rn. 38).

( 71 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 30. April 1996, CIA Security International (C‑194/94, EU:C:1996:172, Rn. 50). Nach dem 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 98/34 müssen die „Kommission und die Mitgliedstaaten … außerdem über die erforderliche Frist verfügen, um Änderungen der geplanten Maßnahme vorschlagen zu können“, und nach dem 16. Erwägungsgrund dieser Richtlinie ist „der betreffende Mitgliedstaat … verpflichtet, das Inkraftsetzen der geplanten Maßnahme während eines genügend langen Zeitraums auszusetzen, um die Möglichkeit zu schaffen, dass Änderungsvorschläge gemeinsam geprüft werden oder der Vorschlag eines verbindlichen Rechtsakts des Rates ausgearbeitet oder ein verbindlicher Rechtsakt der Kommission angenommen wird“.

( 72 ) Vgl. Art. 258 AEUV.

( 73 ) Vgl. in diesem Sinne Rn. 59 bis 61 des angefochtenen Urteils. In der mündlichen Verhandlung hat Herr Schlyter erklärt, im Rahmen des die Entwürfe technischer Vorschriften betreffenden Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 sei die Begehung eines Verstoßes gegen das Unionsrecht rein hypothetisch, fernliegend und spekulativ.

( 74 ) Wie die Republik Finnland bemerkt, kann „die endgültige Regelung, die ein Mitgliedstaat aufgrund des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 letztlich erlässt, von dem ursprünglichen Entwurf erheblich abweichen. Um beurteilen zu können, ob ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden sollte, muss die Kommission jedenfalls neue Informationen über das aktuelle nationale Recht erhalten; das Verfahren nach der Richtlinie 98/34 kann als solches nicht zur Erhebung einer Klage vor dem Gerichtshof benutzt werden“ (vgl. Nr. 8 der Stellungnahme der Republik Finnland zu dem Streithilfeschriftsatz der Tschechischen Republik). In der Tat sei „die Kontrolle im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 … vorbeugender Natur; durch sie soll ein etwaiger Widerspruch zum Unionsrecht verhindert werden, während durch das Vertragsverletzungsverfahren als Ex-post-Kontrolle die mutmaßlich unionsrechtswidrigen Handlungen eines Mitgliedstaats abgestellt werden sollen“ (vgl. Nr. 11 Buchst. a der Stellungnahme der Republik Finnland zu dem Streithilfeschriftsatz der Tschechischen Republik).

( 75 ) Siehe Nr. 98 dieser Schlussanträge.

( 76 ) Vgl. Rn. 63 des angefochtenen Urteils. Zwar ist das Verfahren nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 obligatorisch, die von der Kommission in der ausführlichen Stellungnahme vertretene Auffassung ist jedoch nicht rechtsverbindlich, und es steht den Mitgliedstaaten frei, ob sie ihre Entwürfe technischer Vorschriften ändern oder nicht. Wie die Kommission bemerkt, entscheidet „[a]m Ende des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 … der betroffene Mitgliedstaat, ob er die Entwürfe von Vorschriften in der notifizierten Fassung annimmt, ob er sie ändert oder ob er sie zurückzieht“ (vgl. Rn. 21 der Rechtsmittelbeantwortung der Kommission). Nach Ansicht der Republik Finnland kann „[d]ie Bestimmung, die der Mitgliedstaat unter Berücksichtigung der hierzu abgegebenen Erklärungen schließlich erlässt, … von dem ursprünglichen Entwurf erheblich abweichen. Um beurteilen zu können, ob eine Vertragsverletzungsklage erhoben werden soll, muss die Kommission daher jedenfalls neue Informationen darüber erhalten, wie es im aktuellen nationalen Recht um die Elemente bestellt ist, die der Mitgliedstaat nach der Richtlinie 98/34 mitzuteilen hatte“ (vgl. Rn. 11 der Rechtsmittelbeantwortung der Republik Finnland).

( 77 ) Vgl. Art. 9 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 98/34.

( 78 ) Vgl. Rn. 21 der Rechtsmittelbeantwortung der Kommission.

( 79 ) Vgl. entsprechend Nr. 43 der Schlussanträge von Generalanwalt Cruz Villalón in der Rechtssache ClientEarth/Kommission und ClientEarth und PAN Europe/EFSA (C-612/13 P und C-615/13 P, EU:C:2015:218), wonach „die ‚Untersuchungstätigkeit‘ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht mit der ‚Überwachungstätigkeit‘ verwechselt werden darf, die Art. 17 Abs. 1 EUV der Kommission in Bezug auf die ‚Anwendung des Unionsrechts‘ allgemein zuweist. Tatsächlich besteht ein eindeutiger gradueller Unterschied zwischen der Untersuchungstätigkeit, auf die sich jene Vorschrift der Verordnung Nr. 1049/2001 bezieht, und der Informationstätigkeit, die erforderlich ist, damit die Kommission ihre Rolle als Hüterin der Verträge erfüllen kann.“

( 80 ) Vgl. Rn. 19 der Rechtsmittelbeantwortung des Königreichs Schweden, wo es heißt, dass „die Anwendbarkeit der aus Gründen der Vertraulichkeit vorgesehenen Ausnahmeregelung zum Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 … davon [abhängt], dass ein Zusammenhang mit einem von der Kommission gerügten Verstoß gegen das Unionsrecht besteht. Dies schließt die verschiedenen vorläufigen Maßnahmen aus, die von der Kommission vorbeugend getroffen werden.“

( 81 ) Das Königreich Schweden führt aus: „Da der betroffene Mitgliedstaat nach Erhalt der ausführlichen Stellungnahme die Kommission über die Maßnahmen zu unterrichten hat, die er aufgrund dieser Stellungnahme zu ergreifen beabsichtigt, und da die Kommission sich zu diesen Maßnahmen äußern muss, ist es der Kommission völlig unmöglich, anhand dieser Stellungnahme einen endgültigen Standpunkt zu der Frage einzunehmen, ob das Unionsrecht verletzt worden ist.“

( 82 ) Hervorhebung nur hier.

( 83 ) Siehe Nr. 73 dieser Schlussanträge. Vgl. auch Nr. 3 Buchst. a des Leitfadens der Kommission vom November 2014 zum EU-Pilotverfahren, in dem die wesentlichen Etappen des EU-Pilotverfahrens erläutert werden.

( 84 ) In der mündlichen Verhandlung hat Herr Schlyter den multilateralen Charakter des Verfahrens nach den Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 hervorgehoben, während das EU-Pilotverfahren bilateraler Natur ist.

( 85 ) Vgl. Rn. 14 der Stellungnahme der Republik Finnland zum Streithilfeschriftsatz der Tschechischen Republik.

( 86 ) Vgl. auch Rn. 77 des angefochtenen Urteils: „Das Argument der Kommission …, es könne den späteren Erörterungen zwischen den Parteien abträglich sein, wenn die von ihr im Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34 abgegebene ausführliche Stellungnahme während der Stillhaltefrist verbreitet würde (Rn. 3 Abs. 9 des [streitigen] Beschlusses), weil dieses Verfahren zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen den notifizierenden Mitgliedstaat führen könne, kann ebenfalls keinen Erfolg haben.“ Es ist darauf hinzuweisen, dass Rn. 3 Abs. 9 des streitigen Beschlusses sich in dessen Teil mit der Überschrift „Protection of the purpose of Investigations“ (Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten) befindet.

( 87 ) Vgl. Urteile vom 8. September 2005, Lidl Italia (C‑303/04, EU:C:2005:528, Rn. 22), vom 15. April 2010, Sandström (C‑433/05, EU:C:2010:184, Rn. 42), und vom 9. Juni 2011, Intercommunale Intermosane und Fédération de l’industrie et du gaz (C‑361/10, EU:C:2011:382, Rn. 10).

( 88 ) Siehe Nr. 138 dieser Schlussanträge.

( 89 ) Vgl. die Nrn. 83 und 84 des Streithilfeschriftsatzes der Französischen Republik vor dem Gericht in der Rechtssache, in der das angefochtene Urteil ergangen ist: „Nach ständiger Rechtsprechung dürfen die Mitgliedstaaten somit von der Kommission erwarten, dass sie die Vertraulichkeit der Untersuchungen garantiert, die zu einer Vertragsverletzungsklage führen können … Wie Generalanwältin Kokott dazu in ihren Schlussanträgen [in der Rechtssache] Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau (C‑139/07 P, EU:C:2009:520) hervorgehoben hat, ist der Schutz eines Freiraums für ungestörte Diskussionen über den Vorwurf der Verletzung des Unionsrechts sinnvoll, damit der betroffene Mitgliedstaat und die Kommission ohne Druck eine gütliche Einigung anstreben können.“