BESCHLUSS DES VIZEPRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFS

3. Dezember 2014 ( *1 )

„Vorläufiger Rechtsschutz — Rechtsmittel — Antrag auf Aussetzung der Durchführung eines Urteils, mit dem eine Nichtigkeitsklage abgewiesen wird — Antrag, mit dem im Wesentlichen die Aussetzung des Vollzugs des mit dieser Klage angefochtenen Beschlusses begehrt wird — Fumus boni iuris — Staatliche Beihilfen — Außergewöhnliche Umstände infolge der Finanzkrise — Begriff der Beihilfe — Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt — Begründung“

In der Rechtssache C‑431/14 P-R

betreffend einen am 30. September 2014 gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach den Art. 278 AEUV und 279 AEUV,

Hellenische Republik, vertreten durch I. Chalkias und A. Vasilopoulou als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, R. Sauer und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER VIZEPRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS

nach Anhörung der Generalanwältin E. Sharpston

folgenden

Beschluss

1

Mit ihrem am 19. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangenen Rechtsmittel beantragt die Hellenische Republik die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union Griechenland/Kommission (T‑52/12, EU:T:2014:677, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/157/EU der Kommission vom 7. Dezember 2011 zu den von der griechischen Agrarversicherungsanstalt (ELGA) in den Jahren 2008 und 2009 gewährten Ausgleichszahlungen (ABl. 2012, L 78, S. 21, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

2

Mit am 30. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangener Antragsschrift hat die Hellenische Republik einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach den Art. 278 AEUV und Art. 279 AEUV gestellt und insbesondere beantragt, die Durchführung des angefochtenen Urteils bis zur Verkündung des Urteils über das Rechtsmittel auszusetzen.

Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtenes Urteil

3

Die griechische Agrarversicherungsanstalt (ELGA) ist eine gemeinnützige Einrichtung, die mit dem Gesetz 1790/1988 (FEK A’ 134/20.6.1988) geschaffen wurde. Die ELGA ist eine juristische Person des Privatrechts, die vollständig dem Staat gehört. Ihre Tätigkeit besteht u. a. in der Versicherung der pflanzlichen und tierischen Erzeugung und des Pflanzen- und Viehbestands der landwirtschaftlichen Betriebe gegen Schäden, die durch natürliche Risiken verursacht werden.

4

Nach Art. 3a des Gesetzes 1790/1988, der mit dem Gesetz Nr. 2945/2001 (FEK A’ 223/8.10.2001) eingefügt wurde, ist die Versicherung bei der ELGA zwingend vorgeschrieben und deckt natürliche Risiken ab. Nach Art. 5a des Gesetzes 1790/1988, der mit dem Gesetz 2040/1992 (FEK A’ 70/23.4.1992) eingefügt wurde, wird von den versicherten landwirtschaftlichen Erzeugern ein Sonderbeitrag zur ELGA erhoben.

5

Mit dem interministeriellen Erlass Nr. 262037 des Ministers für Wirtschaft und des Ministers für ländliche Entwicklung und Ernährung vom 30. Januar 2009 über außerordentliche Ausgleichszahlungen für Schäden im Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugung (FEK B’ 155/2.2.2009) sah die Hellenische Republik vor, dass die ELGA außerordentliche Ausgleichszahlungen in Höhe von 425 Mio. Euro für Produktionsausfälle leistet, die infolge widriger Witterungsverhältnisse im Wirtschaftsjahr 2008 bei bestimmten Pflanzenkulturen eingetreten waren. Dem interministeriellen Erlass zufolge wurden die mit seiner Durchführung verbundenen Ausgaben zulasten des Haushalts der ELGA über ein von dieser aufgenommenes Bankdarlehen finanziert, das mit einer Staatsgarantie gesichert war.

6

In Beantwortung eines Auskunftsersuchens der Europäischen Kommission teilte die Hellenische Republik mit Schreiben vom 20. März 2009 mit, dass die ELGA den Landwirten 2008 Entschädigungen in Höhe von 386986648 Euro für die von der Versicherung abgedeckten Schäden gezahlt habe. Dieser Betrag sei zum Teil durch Versicherungsbeiträge in Höhe von 88353000 Euro und zum Teil durch ein Darlehen in Höhe von 444 Mio. Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren aufgebracht worden, das von der ELGA bei einer Bank aufgenommen und durch eine Staatsbürgschaft gesichert worden sei.

7

Mit Beschluss vom 27. Januar 2010 (ABl. C 72, S.12) eröffnete die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in der Sache C 3/10 (ex NN 39/09) zu den Ausgleichszahlungen der griechischen Agrarversicherungsanstalt (ELGA) in den Jahren 2008 und 2009 (im Folgenden: fragliche Beihilfen). Am 7. Dezember 2011 erließ die Kommission den streitigen Beschluss.

8

Die Art. 1 bis 3 des verfügenden Teils des streitigen Beschlusses lauten wie folgt:

„Artikel 1

(1)   Bei den von der [ELGA] 2008 und 2009 gezahlten Entschädigungen für landwirtschaftliche Erzeuger handelt es sich um staatliche Beihilfen.

(2)   Die 2008 gewährten Ausgleichszahlungen im Rahmen der Pflichtversicherung sind mit dem Binnenmarkt vereinbar, soweit es um die Beihilfen in Höhe von 349493652,03 [Euro], die die ELGA den Landwirten für ihre Verluste im Bereich der pflanzlichen Erzeugung gewährt hat, sowie die Beihilfen für durch Bären verursachte Verluste im Bereich der pflanzlichen Erzeugung in Höhe von 91500 [Euro] und die Korrekturmaßnahmen im Zusammenhang mit den genannten Beihilfen geht. Die Ausgleichszahlungen, die dem übrigen Betrag der 2008 gezahlten Beihilfen im Rahmen der Pflichtversicherung entsprechen, sind mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar.

(3)   Die Ausgleichszahlungen in Höhe von 27614905 [Euro], die 2009 aufgrund des interministeriellen [Erlasses] gezahlt wurden, sind mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Die Ausgleichszahlungen in Höhe von 387404547 [Euro], die den Erzeugern vor dem 28. Oktober 2009 gewährt worden sind, sind mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar. Von dieser Schlussfolgerung nicht betroffen sind die Beihilfen, die zum Zeitpunkt ihrer Gewährung alle Voraussetzungen der Verordnung (EG) Nr. 1535/2007 [der Kommission vom 20. Dezember 2007 über die Anwendung der Artikel [107 und 108 AEUV] auf De-minimis-Beihilfen im Agrarerzeugnissektor (ABl. L 337, S. 35)] erfüllten.

Artikel 2

(1)   [Die Hellenische Republik] trifft alle notwendigen Maßnahmen, um die Beihilfen, die gemäß Artikel 1 mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar sind und daher unrechtmäßig gewährt worden sind, von den Empfängern zurückzufordern.

(2)   Die zurückzufordernden Beihilfen umfassen Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrigen Beihilfen den Empfängern zur Verfügung standen, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

(4)   Die Rückforderung erfolgt unverzüglich nach den Verfahren des nationalen Rechts, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung des vorliegenden Beschlusses ermöglicht wird.

Artikel 3

Die Rückforderung der in Artikel 1 Absätze 2 und 3 genannten Beihilfe erfolgt unverzüglich und tatsächlich. [Die Hellenische Republik] trägt dafür Sorge, dass der vorliegende Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.“

9

Mit Klageschrift, die am 8. Februar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Hellenische Republik Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses. Mit besonderem Schriftsatz, der am gleichen Tag bei der Kanzlei des Gerichts einging, stellte sie einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach den Art. 278 AEUV und 279 AEUV, mit dem sie die Aussetzung des Vollzugs dieses Beschlusses begehrte. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts Griechenland/Kommission (T‑52/12 R, EU:T:2012:447) wurde der Vollzug des streitigen Beschlusses ausgesetzt, soweit er die Hellenische Republik dazu verpflichtete, die gewährten Beträge von den Empfängern zurückzufordern.

10

Die Hellenische Republik stützte ihre Nichtigkeitsklage auf sieben Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund wurde gerügt, die Kommission habe Art. 107 Abs. 1 AEUV und Art. 108 AEUV in Verbindung mit den Vorschriften des Gesetzes 1790/1988 falsch ausgelegt und angewandt und den Sachverhalt in Bezug auf die 2009 vorgenommenen Ausgleichszahlungen falsch beurteilt. Mit dem zweiten Klagegrund wurde der Kommission eine fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts, ein Verstoß gegen eine wesentliche Verfahrensvorschrift und eine unzureichende Begründung vorgeworfen, als sie zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die 2009 vorgenommenen Ausgleichszahlungen rechtswidrige staatliche Beihilfen seien. Mit dem dritten Klagegrund wurden eine falsche Auslegung und Anwendung der Art. 107 und 108 AEUV sowie eine unzureichende Begründung gerügt, da die Kommission in die zurückzufordernden Beihilfen auch einen Betrag in Höhe von 186011000,60 Euro einbezogen habe, der den von den Landwirten 2008 und 2009 im Rahmen des Pflichtversicherungssystems der ELGA gezahlten Beiträgen entspreche. Mit dem hilfsweise geltend gemachten vierten Klagegrund wurde beanstandet, dass die Kommission Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV falsch ausgelegt und angewandt und das ihr im Bereich der staatlichen Beihilfen zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe, weil die 2009 geleisteten Zahlungen nach dieser Vorschrift als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen gewesen seien. Mit dem gleichfalls hilfsweise geltend gemachten fünften Klagegrund wurde gerügt, die Kommission habe gegen Art. 39 AEUV, Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV und Art. 296 AEUV sowie mehrere allgemeine Rechtsgrundsätze verstoßen, weil sie ihre am 22. Januar 2009 veröffentlichte Mitteilung über den vorübergehenden Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise (ABl. 2009, C 16, S. 1, im Folgenden: Mitteilung über den vorübergehenden Gemeinschaftsrahmen) nicht ab dem 17. Dezember 2008, dem Zeitpunkt, ab dem dieser Gemeinschaftsrahmen auf in der Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätige Unternehmen anwendbar gewesen sei, angewandt habe. Mit dem ebenfalls hilfsweise geltend gemachten sechsten Klagegrund wurden Beurteilungs- und Rechenfehler der Kommission bei der Festsetzung der zurückzufordernden Beträge beanstandet. Mit dem siebten Klagegrund wurde gerügt, die Kommission habe die Rahmenregelung für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007–2013 (ABl. 2006, C 319, S. 1) falsch ausgelegt und angewandt und ihr Ermessen in Bezug auf die 2008 geleisteten Ausgleichszahlungen für durch Bären verursachte Verluste im Bereich der pflanzlichen Erzeugung fehlerhaft angewandt.

11

Da nach Ansicht des Gerichts keiner der sieben Klagegründe durchgriff, wies es die Klage mit dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang ab.

Anträge der Parteien

12

Die Hellenische Republik beantragt,

die Durchführung des angefochtenen Urteils, mit dem der streitige Beschluss bestätigt und festgestellt wurde, dass die fraglichen Beihilfen rechtswidrig seien, bis zur Entscheidung des Gerichtshofs über ihr Rechtsmittel auszusetzen, und

hilfsweise, die Durchführung des angefochtenen Urteils auszusetzen, soweit sich der mit ihm bestätigte streitige Beschluss auf Beträge von 15000 Euro je Empfänger – die Obergrenze für De-minimis-Beihilfen nach der Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor (ABl. L 352, S. 9) – bezieht, oder, für den Fall der Abweisung dieses Antrags, soweit sich der streitige Beschluss auf Beträge von 7500 Euro je Empfänger – die Obergrenze für De-minimis-Beihilfen nach der Verordnung Nr. 1535/2007 – bezieht.

13

Die Kommission beantragt,

den Antrag auf Aussetzung der Durchführung zurückzuweisen und

der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

Zum Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz

14

Nach Art. 60 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat ein Rechtsmittel gegen ein Urteil des Gerichts grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Nach Art. 278 AEUV kann der Gerichtshof jedoch, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung des angefochtenen Urteils aussetzen (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs, Front national und Martinez/Parlament, C‑486/01 P‑R und C‑488/01 P‑R, EU:C:2002:116, Rn. 71).

15

Im vorliegenden Fall wird, wie die Kommission zutreffend bemerkt hat, mit dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz implizit, aber eindeutig nicht nur begehrt, dass der Gerichtshof die Durchführung des angefochtenen Urteils aussetzt, sondern auch und vor allem, dass er den Vollzug des streitigen Beschlusses aussetzt.

16

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist nicht deshalb unzulässig, weil er auf die Aussetzung des Vollzugs des streitigen Beschlusses gerichtet ist und somit über die Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Urteils hinausgeht.

17

Zwar dürfen im Rahmen des Art. 278 AEUV die beantragten Maßnahmen grundsätzlich den formalen Rahmen des Rechtsmittels, mit dem sie zusammenhängen, nicht überschreiten. Festzustellen ist aber auch, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs gegen eine ablehnende Entscheidung nur in Ausnahmefällen statthaft ist, weil die Anordnung einer Aussetzung keine Änderung der Lage des Antragstellers herbeiführen könnte (vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs, Front national und Martinez/Parlament, EU:C:2002:116, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da das angefochtene Urteil insofern einer ablehnenden Entscheidung gleichzusetzen ist, als das Gericht mit ihm die Klage der Hellenischen Republik in vollem Umfang abgewiesen hat, und sich die Pflicht zur Rückzahlung der fraglichen Beihilfen aus dem streitigen Beschluss ergibt, muss es der Rechtsmittelführerin aus Erwägungen zum Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz möglich sein, im vorliegenden Fall die Aussetzung des Vollzugs des streitigen Beschlusses zu beantragen (vgl. entsprechend Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs Le Pen/Parlament, C‑208/03 P‑R, EU:C:2003:424, Rn. 78 bis 88).

18

Außerdem ist der vorliegende Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz auch auf Art. 279 AEUV gestützt, wonach der Gerichtshof in den bei ihm anhängigen Sachen die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen kann.

19

Nach Art. 160 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs müssen Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz „den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt, sowie die den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung dem ersten Anschein nach rechtfertigenden Sach- und Rechtsgründe anführen“. Der für die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter kann somit die Aussetzung des Vollzugs anordnen und einstweilige Anordnungen treffen, wenn die Notwendigkeit der Anordnungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht (fumus boni iuris) und dargetan ist, dass sie dringlich in dem Sinne sind, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens für die Interessen des Antragstellers bereits vor der Entscheidung zur Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkungen entfalten müssen. Diese Voraussetzungen sind kumulativ, so dass der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen ist, sofern eine von ihnen fehlt. Der für die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter nimmt gegebenenfalls auch eine Abwägung der bestehenden Interessen vor (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, C‑404/04 P‑R, EU:C:2005:267, Rn. 10 und 11 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs, Kommission/ANKO, C‑78/14 P‑R, EU:C:2014:239, Rn. 14).

20

Die Voraussetzung des fumus boni iuris ist erfüllt, wenn im Stadium des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes eine bedeutsame rechtliche oder tatsächliche Kontroverse besteht, deren Entscheidung sich nicht sofort aufdrängt, so dass die Klage dem ersten Anschein nach nicht einer ernsthaften Grundlage entbehrt (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs Publishers Association/Kommission, C‑56/89 R, EU:C:1989:238, Rn. 31, und Kommission/Artegodan u. a., C‑39/03 P‑R, EU:C:2003:269, Rn. 40). Da nämlich der Zweck des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes darin besteht, die volle Wirksamkeit der Hauptsacheentscheidung sicherzustellen, um Lücken im durch den Gerichtshof gewährleisteten Rechtsschutz zu vermeiden, muss sich der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter darauf beschränken, die Begründetheit der im Rahmen des Hauptsacheverfahrens geltend gemachten Klagegründe „dem ersten Anschein nach“ zu beurteilen, um festzustellen, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Klage Erfolg haben wird (Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs Kommission/Deutschland, C‑426/13 P[R], EU:C:2013:848, Rn. 41).

21

Dass der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz eher auf die Aussetzung des Vollzugs des streitigen Beschlusses gerichtet ist als auf die Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Urteils, hat im vorliegenden Kontext Auswirkungen auf die Beurteilung des fumus boni iuris (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, EU:C:2005:267, Rn. 16).

22

Denn die Aussetzung des Vollzugs des streitigen Beschlusses lässt sich mit dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin gegen das angefochtene Urteil, so stichhaltig es auch sein mag, allein nicht rechtfertigen. Um nachzuweisen, dass die Voraussetzung des fumus boni iuris erfüllt ist, müsste die Hellenische Republik zudem dartun können, dass das Vorbringen, mit dem die Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses im Rahmen der Nichtigkeitsklage in Abrede gestellt wurde, geeignet ist, dem ersten Anschein nach die beantragte Aussetzung zu rechtfertigen (vgl. entsprechend Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs Le Pen/Parlament, EU:C:2003:424, Rn. 90).

23

Darüber hinaus war zwar der im ersten Rechtszug für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter zu der Auffassung gelangt, dass im Stadium des im Rahmen der Nichtigkeitsklage gestellten Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz ein fumus boni iuris vorgelegen habe (Beschluss des Präsidenten des Gerichts Griechenland/Kommission, EU:T:2012:447); das Gericht hat jedoch im angefochtenen Urteil alle von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Klagegründe als unbegründet zurückgewiesen.

24

Folglich ist im Rahmen des vorliegenden Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz bei der Beurteilung der Voraussetzung des fumus boni iuris zu berücksichtigen, dass der streitige Beschluss bereits von einem Unionsgericht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht geprüft wurde und dass dieses die Klage gegen diesen Beschluss als unbegründet angesehen hat (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, EU:C:2005:267, Rn. 19). Das Erfordernis, im Rahmen des vorliegenden Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz Rechtsgründe geltend zu machen, die dem ersten Anschein nach besonders schwerwiegend erscheinen, ergibt sich deshalb namentlich daraus, dass diese Gründe geeignet sein müssen, die vom Gericht bei seiner inhaltlichen Würdigung des Vorbringens der Hellenischen Republik im ersten Rechtszug vorgenommene Beurteilung in Zweifel zu ziehen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, EU:C:2005:267, Rn. 20).

25

Die Hellenische Republik stützt ihren Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz auf drei Gründe.

26

Mit ihrem ersten – in zwei Teile untergliederten – Rechtsmittelgrund, wie er in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt ist, wirft die Hellenische Republik dem Gericht im Wesentlichen vor, die Rechtsfolgen verkannt zu haben, die sich daraus ergäben, dass ein wesentlicher Teil der fraglichen Beihilfen, nämlich 186000000 Euro, den Pflichtversicherungsbeiträgen entsprochen habe, die die Landwirte selbst an die ELGA gezahlt hätten.

27

Erstens habe das Gericht gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen, da dieser Teil der Beihilfe nicht als aus staatlichen Mitteln gewährt angesehen werden könne, weil er dem Staat niemals zur Verfügung gestanden habe. Das Gericht hat jedoch in den Rn. 117 bis 120 des angefochtenen Urteils auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts hingewiesen, wonach Umstände, wie sie die Hellenische Republik in Bezug auf die Herkunft der zur Finanzierung der Beihilfen verwendeten Mittel angeführt hatte – namentlich deren ursprünglich private Natur als Beiträge, die von Unternehmen im Rahmen einer Subventionsregelung zugunsten eines Teils der Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweigs gezahlt wurden – der Wertung, dass die Beihilfen aus staatlichen Mitteln stammen, nicht entgegenstehen (vgl. in diesem Sinne Urteile Steinike & Weinlig, 78/76, EU:C:1977:52, Rn. 22, PreussenElektra, C‑379/98, EU:C:2001:160, Rn. 58, Frankreich/Kommission, C‑482/99, EU:C:2002:294, Rn. 23, 24 und 37, sowie Doux Élevage und Coopérative agricole UKL-ARREE, C‑677/11, EU:C:2013:348, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28

Das Gericht hat diese Rechtsprechung in den Rn. 121 bis 129 des angefochtenen Urteils auf den Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache angewandt. Nachdem das Gericht in Rn. 122 des angefochtenen Urteils insbesondere darauf hingewiesen hatte, dass der Gerichtshof bereits festgestellt hat, dass die von der ELGA erbrachten Leistungen aus staatlichen Mitteln finanziert werden und dem Staat zuzurechnen sind (Urteil Freskot, C‑355/00, EU:C:2003:298, Rn. 81), hat es auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts Art und Herkunft der von der ELGA 2008 vorgenommenen Ausgleichszahlungen untersucht und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass diese zum Teil durch Versicherungsbeiträge und zum Teil aus Darlehensmitteln aufgebracht wurden. Es hat daraus abgeleitet, dass die Ausgleichszahlungen – einschließlich des Teils, der den Versicherungsbeiträgen zuzurechnen war – aus Mitteln des Staates finanziert wurden, da diese Beiträge nach den nationalen Rechtsvorschriften als staatliche Einnahmen verbucht werden müssen. In demselben Sinne hat sich das Gericht in den Rn. 130 bis 133 des angefochtenen Urteils zu den 2009 vorgenommenen Zahlungen geäußert, die durch ein mit einer Staatsbürgschaft besichertes Darlehen finanziert wurden.

29

Zweitens habe das Gericht gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen, weil es nicht dargelegt habe, aus welchen Gründen davon auszugehen sei, dass die fraglichen Beihilfen den Begünstigten einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft hätten, der geeignet gewesen sei, den Wettbewerb innerhalb der Union zu verfälschen, obgleich diese Beihilfen zum Teil den Beiträgen entsprochen hätten, die die Begünstigten an die ELGA entrichtet hätten. Das Gericht hat jedoch in den Rn. 59 bis 64 des angefochtenen Urteils im Einzelnen ausgeführt, weshalb die fraglichen Beihilfen trotz dieser Beitragszahlung faktisch einen Vorteil für die Begünstigten darstellten. Es hat außerdem, insbesondere in den Rn. 66 bis 68 dieses Urteils, auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs hingewiesen, wonach Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen unterscheidet, so dass deren Einstufung als Beihilfen im Sinne dieser Vorschrift nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil sie Ausgleichs- oder sozialen Charakter haben (Urteile Frankreich/Kommission, C‑251/97, EU:C:1999:480, Rn. 37, Spanien/Kommission, C‑409/00, EU:C:2003:92, Rn. 48, und France Télécom/Kommission, C‑81/10 P, EU:C:2011:811, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30

Das Gericht hat darüber hinaus in den Rn. 102 ff. des angefochtenen Urteils festgestellt, dass nach ständiger Rechtsprechung der Wettbewerb verfälscht wird, wenn eine Maßnahme die Belastungen des begünstigten Unternehmens vermindert und damit seine Stellung gegenüber seinen Wettbewerbern stärkt. Es hat insoweit klargestellt, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die tatsächlichen Auswirkungen dieser Maßnahme auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten darzutun oder eine tatsächliche Wettbewerbsverzerrung nachzuweisen (vgl. Urteile Italien/Kommission, C‑372/97, EU:C:2004:234, Rn. 44, sowie Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es hat weiter ausgeführt, dass diese Auswirkungen auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel trotz des verhältnismäßig geringen Umfangs der Beihilfen und der verhältnismäßig geringen Größe der begünstigten Unternehmen gegeben sind, sofern der betroffene Wirtschaftszweig dem Wettbewerb in besonderem Maße ausgesetzt ist, was auf den Agrarsektor, namentlich im vorliegenden Fall, zutrifft (vgl. in diesem Sinne Urteile Spanien/Kommission, C‑114/00, EU:C:2002:508, Rn. 47, und Griechenland/Kommission, C‑278/00, EU:C:2004:239, Rn. 69 und 70).

31

Folglich zieht die Hellenische Republik mit ihrem Vorbringen im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes, wie er im Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt ist, in Wirklichkeit die vom Gericht vorgenommene Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs auf den vom Gericht im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt in Zweifel. Die Hellenische Republik erläutert auch nicht, inwiefern das Gericht diesen Sachverhalt verfälscht haben soll. Dieses Vorbringen lässt daher nicht den Schluss zu, dass der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes eine so hohe Erfolgswahrscheinlichkeit aufweist, dass es gerechtfertigt wäre, die Aussetzung des Vollzugs des streitigen Beschlusses anzuordnen.

32

Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund, wie er in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt ist, trägt die Hellenische Republik im Wesentlichen vor, das Gericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die 2009 geleisteten Ausgleichszahlungen für die Begünstigten einen selektiven finanziellen Vorteil dargestellt hätten, der geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, ohne dabei die außergewöhnlichen Umstände zu berücksichtigen, in denen sich die griechische Wirtschaft, insbesondere der griechische Agrarsektor, befunden habe. Das Gericht habe die in den Rn. 29 und 30 des vorliegenden Beschlusses zusammengefasste Rechtsprechung des Gerichtshofs durch ihre bloße Anwendung falsch ausgelegt, da die fraglichen Urteile finanzielle Vorteile beträfen, die unter normalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gewährt worden seien. Es habe dabei außer Acht gelassen, dass in anderen Urteilen, die zu staatlichen Beihilfen ergangen seien, wie den Urteilen Belgien/Kommission (C‑75/97, EU:C:1999:311, Rn. 66 und 67), Italien/Kommission (C‑310/99, EU:C:2002:143, Rn. 98 und 99) und Italien/Kommission (EU:C:2004:234, Rn. 104), Einschränkungen zum Ausdruck gebracht worden seien, um es zu ermöglichen, außergewöhnlichen Umständen zu begegnen.

33

Insoweit weist die Kommission zutreffend darauf hin, dass die Rechtsprechung zur Einstufung als staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen im Sinne von Art. 107 AEUV, insbesondere die in den Rn. 29 und 30 des vorliegenden Beschlusses zusammengefasste, im vorliegenden Fall heranzuziehen ist, da diese Einstufung von den Umständen, insbesondere den wirtschaftlichen Umständen, unter denen diese finanziellen Vorteile gewährt werden, und den Gründen für ihre Gewährung unabhängig sind. Die Bedingungen, die eine Beihilfe erfüllen muss, um für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt zu werden, sind in Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV festgelegt. Nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV kann die Kommission – obgleich dies keine Auswirkung auf die Einstufung eines Vorteils als staatliche Beihilfe hat – eine Beihilfe zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats gegebenenfalls für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären. Zu der von der Hellenischen Republik geltend gemachten und in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung ist lediglich festzustellen, dass sie sich nicht auf die Einstufung einer staatlichen Maßnahme als Beihilfe bezieht, sondern auf die Rückforderung von Beihilfen, wenn diese für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt worden sind.

34

Im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes, wie er im Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt ist, versucht die Hellenische Republik somit, die vom Gericht vorgenommene Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs auf den vom Gericht im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt in Zweifel zu ziehen. Sie erläutert auch nicht, inwiefern das Gericht diesen Sachverhalt verfälscht haben soll. Daher weist der zweite Rechtsmittelgrund ebenso wenig wie der erste eine so hohe Erfolgswahrscheinlichkeit auf, dass es gerechtfertigt wäre, die im vorliegenden Verfahren beantragte Aussetzung des Vollzugs des streitigen Beschlusses anzuordnen.

35

Mit dem ersten Teil ihres dritten Rechtsmittelgrundes, wie er in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt ist, wirft die Hellenische Republik dem Gericht vor, dadurch gegen Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verstoßen zu haben, dass es die fehlerhafte Auslegung dieser Vorschrift durch die Kommission nicht geahndet habe. Nach Ansicht der Hellenischen Republik hätte das Gericht entscheiden müssen, dass Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV im vorliegenden Fall wegen der außergewöhnlichen Umstände, die die griechische Wirtschaft im Jahr 2009 betroffen hätten, unmittelbar anwendbar gewesen sei, oder zumindest den Fehler ahnden müssen, den die Kommission mit der Nichtanwendung dieser Vorschrift begangen habe. Dem Gericht sei ebenso wie der Kommission ein Rechtsfehler unterlaufen, als es angenommen habe, dass die genannte Vorschrift außer in den speziellen Fällen, die in der Mitteilung über den vorübergehenden Gemeinschaftsrahmen aufgeführt seien, nicht angewandt werden dürfe.

36

Insoweit hat das Gericht in den Rn. 159 und 160 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs alle Ausnahmen von dem in Art. 107 Abs. 1 AEUV niedergelegten allgemeinen Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt eng auszulegen sind (Urteil Deutschland/Kommission, C‑277/00, EU:C:2004:238, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ferner verfügt die Kommission nach der vom Gericht in Rn. 161 des angefochtenen Urteils ebenfalls angeführten ständigen Rechtsprechung bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 AEUV über ein weites Ermessen, das sie nach Maßgabe komplexer wirtschaftlicher und sozialer Wertungen ausübt (Urteil Deutschland u. a./Kronofrance, C‑75/05 P und C‑80/05 P, EU:C:2008:482, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen hat die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt in einem geeigneten Verfahren zu erfolgen, dessen Durchführung vorbehaltlich der Kontrolle durch den Unionsrichter Sache der Kommission ist (Urteil DM Transport, C‑256/97, EU:C:1999:332, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37

Wie sich weiter aus der ständigen Rechtsprechung, u. a. aus den Urteilen Deutschland u. a./Kronofrance (EU:C:2008:482, Rn. 60 und 61 sowie die dort angeführte Rechtsprechung) und Holland Malt/Kommission (C‑464/09 P, EU:C:2010:733, Rn. 46 und 47) – vom Gericht in den Rn. 186 und 187 des angefochtenen Urteils und von der Kommission im 92. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses angeführt – und insbesondere dem Urteil Deutschland/Kommission (C‑288/96, EU:C:2000:537, Rn. 62) ergibt, beschränkt die Kommission dadurch, dass sie Verhaltensnormen erlässt und durch ihre Veröffentlichung ankündigt, dass sie diese von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, selbst die Ausübung ihres Ermessens, und sie kann nicht von diesen Normen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde. So hat der Gerichtshof speziell für den Bereich der staatlichen Beihilfen betont, dass die Kommission durch die von ihr erlassenen Rahmen und Mitteilungen gebunden ist, soweit sie nicht von den Vorschriften des Vertrags in diesem Bereich abweichen.

38

Das Gericht hat in den Rn. 146 bis 189 des angefochtenen Urteils sämtliche im Rahmen des vierten und fünften Klagegrundes zur Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV auf die fraglichen Beihilfen erhobenen Rügen zusammen geprüft. So hat es in den Rn. 148 bis 166 dieses Urteils das Vorbringen im Rahmen des fünften Klagegrundes zum Ausschluss der Beihilfen für Unternehmen des primären Agrarsektors vom vorübergehenden Gemeinschaftsrahmen und in den Rn. 168 bis 184 des Urteils das Vorbringen zur fehlenden Rückwirkung der Mitteilung der Kommission im Hinblick auf die Änderung des vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise (ABl. 2009, C 261, S. 2), mit der die Möglichkeit, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare begrenzte Beihilfen zu gewähren, ab dem 28. Oktober 2009 auf in der landwirtschaftlichen Primärproduktion tätige Unternehmen erweitert wurde, im Einzelnen geprüft und verworfen. In den Rn. 185 bis 189 des angefochtenen Urteils hat das Gericht außerdem das zum vierten Klagegrund gehörende Vorbringen verworfen, mit dem beanstandet wurde, dass die Kommission Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV außer in den Fällen, die in der zum Zeitpunkt der Gewährung der fraglichen Beihilfen geltenden Fassung der Mitteilung über den Gemeinschaftsrahmen speziell aufgeführt seien, nicht unmittelbar anwende.

39

Zu dem Vorbringen im Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, wonach das Gericht selbst Art. 107 Abs. 3 AEUV hätte unmittelbar anwenden müssen, ist festzustellen, dass die Anwendung dieser Vorschrift in erster Linie Sache der Kommission ist und diese hierbei über ein weites Ermessen verfügt. Überdies versucht die Hellenische Republik mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, wie er im Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt ist, die vom Gericht vorgenommene Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs auf den vom Gericht im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt in Zweifel zu ziehen. Sie erläutert auch nicht, inwiefern das Gericht diesen Sachverhalt verfälscht haben soll. Daher weist auch der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes keine so hohe Erfolgswahrscheinlichkeit auf, dass es gerechtfertigt wäre, die Aussetzung des Vollzugs des streitigen Beschlusses anzuordnen.

40

Schließlich wird mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, wie er im Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt ist, ein Begründungsmangel des angefochtenen Urteils beanstandet, da das Gericht nicht auf die vor ihm geltend gemachte Rüge eingegangen sei, wonach die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, weil sie die Rückforderung der fraglichen Beihilfen angeordnet habe, obgleich sich zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Beschlusses die Situation des griechischen Agrarsektors, die bereits sehr schwierig gewesen sei, seit der Gewährung dieser Beihilfen nochmals verschlechtert habe.

41

Im Rahmen des fünften Klagegrundes hatte die Hellenische Republik spezifisch einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerügt. Sie hatte nämlich geltend gemacht, dass die Kommission u. a. gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, weil sie ihrer Mitteilung zur Änderung des vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens, auf deren Grundlage die fraglichen Beihilfen – ebenso wie ähnliche Beihilfen für Landwirte, die später in anderen Mitgliedstaaten gezahlt worden seien – für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar hätten erklärt werden können, keine Rückwirkung verliehen habe. Die Rückforderung der fraglichen Beihilfen sei eine Maßnahme mit weitreichenden Folgen für die griechischen Landwirte und habe zu „unverhältnismäßigen Zuständen und Verhältnissen“ geführt. Das Gericht hat zu diesem Vorbringen in den Rn. 175 bis 179 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt, dass die Hellenische Republik nicht dargetan hat, dass mit der nicht rückwirkenden Anwendung der Änderung dieses Gemeinschaftsrahmens die Grenzen dessen überschritten wurden, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten berechtigten Ziele erforderlich war, und dass sich dieser Mitgliedstaat jedenfalls in einer anderen Lage befand als die Mitgliedstaaten, die nach dem Inkrafttreten dieser Änderung ähnliche Beihilfen gewährt hatten.

42

Soweit die Hellenische Republik mit ihrem sechsten Klagegrund gerügt hatte, der Kommission seien bei der Bestimmung des Betrags der zurückzufordernden Beihilfen Beurteilungs- und Rechenfehler unterlaufen, da sie die Beihilfen nicht in Abzug gebracht habe, die nach der geltenden Regelung als De-minimis-Beihilfen anzusehen gewesen seien, genügt die Feststellung, dass das Gericht in den Rn. 190 bis 203 des angefochtenen Urteils das Vorbringen im Rahmen dieses Klagegrundes im Einzelnen geprüft und insgesamt verworfen hat. Insbesondere hat das Gericht in Rn. 194 dieses Urteils darauf hingewiesen, dass Beihilfen, die, weil sie die Voraussetzungen der Verordnung Nr. 1535/2007 erfüllten, als De-minimis-Beihilfen anzusehen waren, im streitigen Beschluss ausdrücklich von der Einstufung als mit dem Binnenmarkt unvereinbar ausgenommen wurden. In Rn. 198 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, dass sich die Kommission gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs darauf beschränken durfte, die Verpflichtung zur Rückzahlung der fraglichen Beihilfen festzustellen, und es den nationalen Behörden überlassen konnte, die genaue Höhe der zurückzuzahlenden Beträge zu errechnen.

43

Folglich ist das Gericht auf die von der Hellenischen Republik im Rahmen des fünften und des sechsten Klagegrundes ausdrücklich vorgetragenen Argumente eingegangen, mit denen sie gerügt hatte, dass die von der Kommission im streitigen Beschluss angeordnete Rückforderung der fraglichen Beihilfen unverhältnismäßig sei. Soweit die Hellenische Republik im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes dagegen andere Argumente einbeziehen möchte, mit denen sie im ersten Rechtszug gerügt hatte, dass die Rückforderungsentscheidung in Anbetracht der schwierigen Situation des griechischen Agrarsektors unverhältnismäßig sei, genügt die Feststellung, dass sie diese in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht angemessen bezeichnet hat.

44

Der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter kann daher auf der Grundlage des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz keine vor dem Gericht ordnungsgemäß vorgetragenen spezifischen Rügen erkennen, die sich darauf bezogen, dass mit der Rückforderung der fraglichen Beihilfen in Anbetracht der schwierigen Situation des griechischen Agrarsektors gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen worden sei, und auf die das Gericht im angefochtenen Urteil nicht eingegangen wäre.

45

Jedenfalls ergibt sich – wie die Kommission vorträgt – aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Aufhebung einer rechtswidrigen Beihilfe durch Rückforderung die Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit ist, so dass die Rückforderung einer solchen Beihilfe zwecks Wiederherstellung der früheren Lage grundsätzlich nicht als eine Maßnahme angesehen werden kann, die zu den Zielen der Beihilfevorschriften der Verträge außer Verhältnis steht (Urteil Belgien/Kommission, C‑142/87, EU:C:1990:125, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ferner heißt es in Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1): „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern … Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des [Unionsrechts] verstoßen würde.“

46

Die Hellenische Republik hat sich in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz jedoch darauf beschränkt, auf die schwierige Situation des griechischen Agrarsektors hinzuweisen, und damit nicht erläutert, aus welchen Gründen sie der Ansicht ist, dass der für die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter zu dem Schluss gelangen müsse, dass die Rückforderung der fraglichen Beihilfen eine gemessen an dem rechtmäßigen Ziel, die vor der Gewährung der Beihilfen bestehende Lage wiederherzustellen, unverhältnismäßige Maßnahme sei. Der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, wie er im Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargestellt ist, weist daher keine so hohe Erfolgswahrscheinlichkeit auf, dass es gerechtfertigt wäre, die Aussetzung des Vollzugs des streitigen Beschlusses anzuordnen.

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Nach alledem ist die Voraussetzung des fumus boni iuris nicht erfüllt. Daher ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen, ohne dass im vorliegenden Fall die Voraussetzung der Dringlichkeit zu prüfen oder eine Abwägung der bestehenden Interessen vorzunehmen wäre.

 

Aus diesen Gründen hat der Vizepräsident des Gerichtshofs beschlossen:

 

1.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Griechisch.