Rechtssache C‑528/14
X
gegen
Staatssecretaris van Financiën
(Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden)
„Vorlage zur Vorabentscheidung — Gemeinsamer Zolltarif — Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 — Art. 3 — Befreiung von den Einfuhrabgaben — Übersiedlungsgut — Verlegung des Wohnsitzes von einem Drittland in einen Mitgliedstaat — Begriff ‚gewöhnlicher Wohnsitz‘ — Unmöglichkeit, einen gewöhnlichen Wohnsitz gleichzeitig in einem Mitgliedstaat und in einem Drittland zu haben — Kriterien zur Bestimmung des Ortes des gewöhnlichen Wohnsitzes“
Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 27. April 2016
Recht der Europäischen Union – Auslegung – Methoden – Grammatische, systematische und teleologische Auslegung
Zollunion – Gemeinsamer Zolltarif – Befreiung von den Einfuhrabgaben – Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Union verlegen – Unmöglichkeit, einen gewöhnlichen Wohnsitz gleichzeitig in einem Mitgliedstaat und in einem Drittland zu haben
(Verordnung Nr. 1186/2009 des Rates, Art. 3)
Zollunion – Gemeinsamer Zolltarif – Befreiung von den Einfuhrabgaben – Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Union verlegen – Natürliche Person, die sowohl in einem Mitgliedstaat als auch in einem Drittstaat Bindungen hat – Kriterien zur Bestimmung des Ortes des gewöhnlichen Wohnsitzes
(Verordnung Nr. 1186/2009 des Rates, Art. 3 und Art. 5 Abs. 1)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Rn. 22)
Art. 3 der Verordnung Nr. 1186/2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen ist dahin auszulegen, dass eine natürliche Person für die Zwecke der Anwendung dieser Bestimmung ihren gewöhnlichen Wohnsitz nicht gleichzeitig in einem Mitgliedstaat und in einem Drittland haben kann.
Eine Auslegung, nach der eine natürliche Person zwei gewöhnliche Wohnsitze im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 1186/2009 – einen in einem Drittland und einen weiteren in einem Mitgliedstaat – haben kann, läuft dem Ziel zuwider, die Übersiedlung in einen Mitgliedstaat zu erleichtern.
(vgl. Rn. 28, 29, Tenor 1)
In einem Fall, in dem jemand in einem Drittland sowohl berufliche als auch persönliche Bindungen und in einem Mitgliedstaat persönliche Bindungen hat, kommt bei der Gesamtbewertung der erheblichen Tatsachen zur Bestimmung, ob sich sein gewöhnlicher Wohnsitz im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 1186/2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen im Drittland befindet, der Dauer seines Aufenthalts in diesem Drittland besondere Bedeutung zu.
Der Begriff „gewöhnlicher Wohnsitz“ im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 1186/2009 ist als der Ort zu verstehen, den der Betroffene als ständigen Mittelpunkt seiner Interessen gewählt hat. Um zu bestimmen, ob sich dieser gewöhnliche Wohnsitz im Hinblick auf die Gewährung der in diesem Art. 3 vorgesehenen Zollbefreiung in einem Drittland befindet, sind alle erheblichen Tatsachen zu berücksichtigen. Im Rahmen dieser Prüfung ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 1186/2009 der Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im fraglichen Drittland besondere Bedeutung zumisst. So kann die in Art. 3 der Verordnung vorgesehene Zollbefreiung nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung nur Personen gewährt werden, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz mindestens zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des Zollgebiets der Union gehabt haben.
(vgl. Rn. 39-41, Tenor 2)