URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

28. Juli 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Landwirtschaft — Verordnung (EG) Nr. 1/2005 — Schutz von Tieren beim Transport — Lange Beförderungen — Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 Buchst. d — Beförderungsdauer und Ruhezeiten während des Transports — Beförderung von Rindern — Begriff ‚ausreichende, mindestens einstündige Ruhepause‘ — Möglichkeit einer mehrfachen Unterbrechung der Beförderung — Art. 22 — Verzögerungen während der Beförderung — Verordnungen (EG) Nr. 1234/2007 und (EU) Nr. 817/2010 — Ausfuhrerstattungen — Anforderungen an das Wohlergehen lebender Rinder während ihrer Beförderung — Verordnung Nr. 817/2010 — Art. 2 Abs. 2 bis 4 — Amtlicher Tierarzt an der Ausgangsstelle — Bericht und Vermerk in dem Dokument, mit dem bescheinigt wird, dass die Tiere das Zollgebiet der Union verlassen haben, in Bezug auf die Frage, ob die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2005 eingehalten wurden — Nicht zufriedenstellendes Ergebnis der durchgeführten Kontrollen — Art. 5 Abs. 1 Buchst. c — Frage, ob dieser Vermerk die für die Zahlung von Ausfuhrerstattungen zuständige nationale Behörde bindet“

In der Rechtssache C‑469/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 29. August 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Oktober 2014, in dem Verfahren

Masterrind GmbH

gegen

Hauptzollamt Hamburg-Jonas

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter D. Šváby (Berichterstatter), J. Malenovský, M. Safjan und M. Vilaras,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Calot Escobar,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

des Hauptzollamts Hamburg-Jonas, vertreten durch S. Heise als Bevollmächtigte,

der französischen Regierung, vertreten durch S. Ghiandoni und D. Colas als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Eggers und B. Schima als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Januar 2016

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung zum einen von Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 (ABl. 2005, L 3, S. 1) und zum anderen der Verordnung (EU) Nr. 817/2010 der Kommission vom 16. September 2010 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich des Schutzes lebender Rinder beim Transport als Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen (ABl. 2010, L 245, S. 16).

2

Es ergeht im Rahmen einer Klage, mit der die Masterrind GmbH die Rechtmäßigkeit eines Bescheids des Hauptzollamts Hamburg-Jonas (Deutschland) über die Anordnung der vollständigen Wiedereinziehung der ihr für die Ausfuhr einer Sendung von sechs Zuchtrindern nach Marokko als Vorauszahlung gewährten Ausfuhrerstattung in Abrede stellt.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 1/2005

3

Die Erwägungsgründe 11 und 19 der Verordnung Nr. 1/2005 lauten:

„(11)

Zur Gewährleistung einer gemeinschaftsweit einheitlichen und wirksamen Anwendung dieser Verordnung entsprechend ihrem Grundsatz, wonach ein Transport von Tieren nicht durchgeführt werden darf, wenn den Tieren dabei Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden könnten, empfiehlt es sich, detaillierte Vorschriften im Hinblick auf die besonderen Erfordernisse festzulegen, die sich im Zusammenhang mit den verschiedenen Transportarten ergeben. Diese detaillierten Vorschriften sind gemäß dem vorstehenden Grundsatz auszulegen und anzuwenden und müssen rechtzeitig aktualisiert werden, wenn sie – insbesondere im Lichte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse – in Bezug auf bestimmte Tierarten oder Transportweisen die Einhaltung dieses Grundsatzes nicht mehr zu gewährleisten scheinen.

(19)

In der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr [(ABl. 1985, L 370, S. 1)] sind Höchstlenkzeiten und Mindestruhezeiten für Fahrer von Straßenfahrzeugen vorgesehen. Es empfiehlt sich, entsprechend auch Tierbeförderungen zu regeln. Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr [(ABl. 1985, L 370, S. 8)] müssen Aufzeichnungsgeräte installiert und verwendet werden, um sicherzustellen, dass die Sozialvorschriften im Straßenverkehr eingehalten werden. Es ist angezeigt, dass diese Aufzeichnungen zugänglich gemacht und überprüft werden, um Fahrtzeitbegrenzungen im Rahmen der Tierschutzgesetzgebung durchsetzen zu können.“

4

Art. 3 („Allgemeine Bedingungen für den Transport von Tieren“) dieser Verordnung sieht vor:

„Niemand darf eine Tierbeförderung durchführen oder veranlassen, wenn den Tieren dabei Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden könnten.

Darüber hinaus müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

a)

Vor der Beförderung wurden alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen, um die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten und den Bedürfnissen der Tiere während der Beförderung Rechnung zu tragen.

f)

Der Transport zum Bestimmungsort erfolgt ohne Verzögerungen, und das Wohlbefinden der Tiere wird regelmäßig kontrolliert und in angemessener Weise aufrechterhalten.

h)

Die Tiere werden in angemessenen Zeitabständen mit Wasser und Futter, das qualitativ und quantitativ ihrer Art und Größe angemessen ist, versorgt und können ruhen.“

5

Nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2005 befördern die Transportunternehmen Tiere nach Maßgabe der in Anhang I genannten technischen Vorschriften.

6

Anhang I Kapitel V dieser Verordnung enthält die Vorschriften über die Zeitabstände für das Füttern und Tränken sowie über die Beförderungsdauer und Ruhezeiten. Nr. 1.4 dieses Kapitels betrifft den Straßentransport von Rindern, ausgenommen Kälbern, für eine lange Beförderung, die in Art. 2 Buchst. m der Verordnung Nr. 1/2005 als eine Beförderung definiert ist, die ab dem Zeitpunkt der Bewegung des ersten Tieres der Sendung acht Stunden überschreitet. In Nr. 1 dieses Kapitels heißt es:

„1.1.

Die Anforderungen dieses Abschnitts gelten für die Verbringung von Hausequiden, außer registrierten Equiden, Hausrindern, Hausschafen, Hausziegen und Hausschweinen mit Ausnahme des Lufttransports.

1.2.

Für Tiere der unter Nummer 1.1 genannten Arten darf die Beförderungsdauer nicht mehr als acht Stunden betragen.

1.3.

Die unter Nummer 1.2 genannte maximale Beförderungsdauer kann verlängert werden, sofern die zusätzlichen Anforderungen des Kapitels VI erfüllt sind.

1.4.

Die Zeitabstände für das Tränken und Füttern sowie Beförderungsdauer und Ruhezeiten sind bei Verwendung eines unter Nummer 1.3 genannten Fahrzeugs die Folgenden:

a)

Kälber …

b)

Schweine …

c)

Hausequiden …

d)

Alle anderen unter Nummer 1.1 genannten Tiere müssen nach einer Beförderungsdauer von 14 Stunden eine ausreichende, mindestens einstündige Ruhepause erhalten, insbesondere damit sie getränkt und nötigenfalls gefüttert werden können. Nach dieser Ruhepause kann die Beförderung für weitere 14 Stunden fortgesetzt werden.

1.5.

Nach der festgesetzten Beförderungsdauer müssen die Tiere entladen, gefüttert und getränkt werden und eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden erhalten.

1.8.

Die Beförderungsdauer gemäß den Nummern 1.3, 1.4 und 1.7 Buchstabe b) darf – insbesondere unter Berücksichtigung der Nähe des Bestimmungsortes – im Interesse der Tiere um zwei Stunden verlängert werden.

…“

7

Art. 22 („Transportverzögerungen“) der Verordnung Nr. 1/2005 bestimmt:

„(1)   Die zuständige Behörde trifft alle erforderlichen Vorkehrungen, um Transportverzögerungen oder das Leiden von Tieren zu verhüten bzw. auf ein Mindestmaß zu beschränken, wenn unvorhersehbare Umstände die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung verhindern. Die zuständige Behörde trägt dafür Sorge, dass an Umladeorten sowie an Ausgangsorten und Grenzkontrollstellen besondere Vorkehrungen getroffen und Tiertransporte prioritär behandelt werden.

(2)   Tiertransporte dürfen nicht aufgehalten werden, es sei denn, dies ist im Interesse des Wohlbefindens der Tiere oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit unerlässlich. Zwischen dem Abschluss des Verladevorgangs und der Abfahrt darf es nicht zu unnötigen Verzögerungen kommen. Müssen Tiertransporte für länger als zwei Stunden aufgehalten werden, trägt die zuständige Behörde dafür Sorge, dass alle erforderlichen Vorkehrungen für die Pflege der Tiere getroffen und die Tiere erforderlichenfalls gefüttert, getränkt, entladen und untergebracht werden.“

Verordnungen (EG) Nr. 1234/2007 und Nr. 817/2010

8

Nach Art. 168 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (ABl. 2007, L 299, S. 1) wird die Gewährung und Zahlung von Ausfuhrerstattungen für lebende Rinder von der Einhaltung der Tierschutzvorschriften der Union und insbesondere der Vorschriften zum Schutz von Tieren beim Transport abhängig gemacht.

9

Diese Bestimmung wurde durch die Verordnung Nr. 817/2010 umgesetzt.

10

Im fünften Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt es, dass „[d]ie Beurteilung des Zustands und der Gesundheit von Tieren … besondere Fachkenntnisse und Erfahrung [erfordert]. Die Kontrollen sollten daher von einem Tierarzt durchgeführt werden. Außerdem sollten der Umfang dieser Kontrollen präzisiert und ein Musterbericht für genaue und einheitliche Kontrollen festgelegt werden.“

11

Im siebten Erwägungsgrund der Verordnung wird klargestellt, dass „ein Verstoß gegen diese Tierschutzvorschriften unbeschadet der in der Rechtsprechung des Gerichtshofes … anerkannten Fälle höherer Gewalt nicht eine Kürzung, sondern die Verweigerung der Ausfuhrerstattung nach Maßgabe der Zahl der Tiere, für die die Tierschutzvorschriften nicht beachtet wurden, zur Folge hat“.

12

Nach Art. 1 der Verordnung Nr. 817/2010 wird die Zahlung der Ausfuhrerstattungen davon abhängig gemacht, dass während des Transports lebender Rinder bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Art. 3 bis 9 der Verordnung Nr. 1/2005 und deren Anhänge eingehalten werden.

13

Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 817/2010 lautet:

„Der amtliche Tierarzt an der Ausgangsstelle prüft nach der Richtlinie 96/93/EG des Rates [vom 17. Dezember 1996 über Bescheinigungen für Tiere und tierische Erzeugnisse (ABl. 1997, L 13, S. 28)] für die Tiere, für die eine Ausfuhranmeldung angenommen wird,

a)

ob die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 vom Versandort im Sinne von Artikel 2 Buchstabe r der genannten Verordnung bis zur Ausgangsstelle eingehalten wurden

Der amtliche Tierarzt, der die Kontrollen durchgeführt hat, erstellt einen Bericht nach dem Muster in Anhang I der vorliegenden Verordnung und bescheinigt, ob die Ergebnisse der gemäß Unterabsatz 1 durchgeführten Kontrollen zufriedenstellend waren oder nicht.

… Eine Kopie des Berichts wird der Zahlstelle übermittelt.“

14

Stellt der Tierarzt fest, dass die Voraussetzungen von Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung erfüllt sind, bestätigt er dies nach den Abs. 3 und 4 dieses Artikels in dem Dokument, mit dem bescheinigt werden soll, dass die Tiere das Zollgebiet der Europäischen Union verlassen haben, wobei er gegebenenfalls die Tiere, bei denen die Vorschriften der Verordnung Nr. 1/2005 nicht eingehalten wurden, ausnimmt.

15

Die Art. 4 und 5 der Verordnung Nr. 817/2010 bestimmen:

Artikel 4

Zahlung der Ausfuhrerstattungen

(2)

… Anträge auf Zahlung von Ausfuhrerstattungen werden … vervollständigt durch:

a)

das ordnungsgemäß ausgefüllte Dokument nach Artikel 2 Absatz 3 der vorliegenden Verordnung

Artikel 5

Nichtzahlung der Ausfuhrerstattungen

(1)   Der gemäß Unterabsatz 2 berechnete Gesamtbetrag der Ausfuhrerstattung je Tier wird nicht gezahlt für

c)

Tiere, bei denen die zuständige Behörde aufgrund der Unterlagen gemäß Artikel 4 Absatz 2 und/oder sonstiger Informationen über die Einhaltung der vorliegenden Verordnung zu dem Schluss gelangt, dass die Artikel 3 bis 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 und die darin genannten Anhänge nicht eingehalten wurden.

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

16

Im Juni 2011 meldete Masterrind die Ausfuhr von sechs Zuchtrindern nach Marokko an und erhielt hierfür mit Bescheid des Hauptzollamts Hamburg-Jonas vom 13. Juli 2011 die Vorauszahlung der Ausfuhrerstattung.

17

Wie der Vorlageentscheidung zu entnehmen ist, verlief der Transport per Lastkraftwagen vom Verladeort der Tiere in Northeim (Deutschland) bis zum Hafen in Sète (Frankreich), wo sie für den Weitertransport auf ein Schiff verladen wurden, wie folgt:

16. Juni 2011 ab 10.30 Uhr: Verladung;

am selben Tag gegen 11.30 Uhr: Abfahrt vom Verladeort;

am selben Tag um 19.00 Uhr: Halt in Wasserbillig (Luxemburg) für eine einstündige Versorgungspause;

am selben Tag um 22 Uhr: Halt in Épinal (Frankreich) für eine zweite Versorgungspause von 10 Stunden gemäß den sich aus der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. 2006, L 102, S. 1) ergebenden Verpflichtungen hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten;

17. Juni gegen 8.00 Uhr: Fortsetzung der Fahrt;

am selben Tag um 17.00 Uhr: Ankunft in Sète.

18

Nachdem der amtliche Tierarzt an der Ausgangsstelle dort die Kontrolle durchgeführt hatte, versah er den Kontrollbericht mit dem auf alle Tiere bezogenen Vermerk „Non conforme au contrôle officiel visé à l’article 2 du règlement (CE) no 817/2010“ (Nicht mit der amtlichen Kontrolle nach Art. 2 der Verordnung [EG] Nr. 817/2010 vereinbar). Später stellte sich heraus, dass ein Transport von Rindern ohne Entladung der Tiere, dessen Dauer einschließlich der für den Fahrer vorgeschriebenen Ruhezeiten 31 Stunden überschreitet, nach der Beurteilung der französischen Veterinärbehörden nicht den Vorschriften der Verordnung Nr. 1/2005 entspricht.

19

Das Hauptzollamt Hamburg-Jonas forderte daher mit Bescheid vom 5. Juni 2012 die Masterrind als Vorauszahlung gewährte Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags von 10 % zurück.

20

Masterrind legte Einspruch gegen diesen Bescheid ein und wandte sich an die Europäische Kommission, um in Erfahrung zu bringen, wie diese die einschlägigen Bestimmungen von Anhang I Kapitel V der Verordnung Nr. 1/2005 über Beförderungsdauer und Ruhezeiten auslegt. Die Kommission teilte mit, dass nach ihrer Ansicht gemäß diesen Bestimmungen die zulässige Beförderungsdauer ohne Entladung für Rinder höchstens 29 Stunden ab der Verladung und einschließlich einer einstündigen Ruhepause im Fahrzeug betrage, dass aber diese Dauer im Interesse der Tiere insbesondere unter Berücksichtigung der Nähe des Bestimmungsorts um zwei Stunden verlängert werden könne, so dass die Beförderungsdauer 31 Stunden keinesfalls übersteigen dürfe.

21

Mit Bescheid vom 19. Juli 2013 wies das Hauptzollamt Hamburg-Jonas den Einspruch von Masterrind unter Hinweis darauf zurück, dass es an die Beurteilung des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle gebunden sei.

22

Gegen diesen Bescheid erhob Masterrind Klage beim Finanzgericht Hamburg (Deutschland), die sie damit begründete, dass, wie dem Begriff „mindestens einstündige Ruhepause“ in Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1/2005 zu entnehmen sei, die Ruhepause zwischen den beiden Beförderungsphasen länger als eine Stunde andauern dürfe.

23

Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts hängt die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zum einen davon ab, ob der Begriff „mindestens einstündige Ruhepause“ in Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1/2005 tatsächlich bedeutet, dass die Ruhepause zwischen zwei Beförderungszeiten länger als eine Stunde andauern dürfe, und zum anderen davon, ob der Vermerk des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle in Frankreich, dass der fragliche Transport nicht im Einklang mit dieser Verordnung erfolgt sei, vor der für die Zahlung von Erstattungen bei der Ausfuhr der beförderten Tiere zuständigen deutschen Behörde in Frage gestellt werden könne.

24

Was die erste Frage betrifft, hält es das vorlegende Gericht zunächst für unerheblich, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Transport nicht, wie in der erwähnten Nr. 1.4 Buchst. d angegeben, in zwei, sondern in drei Beförderungsintervallen von 8 Stunden 30 Minuten, dann 2 Stunden und dann 9 Stunden Dauer aufgeteilt gewesen sei, da weder eine dieser Phasen noch zwei aufeinanderfolgende Phasen zusammen die Höchstdauer von 14 Stunden überschritten hätten, die diese Bestimmung für jede der beiden darin vorgesehenen Beförderungszeiten vorschreibe.

25

Sodann vertritt es unter Hinweis auf die Ausführungen in Rn. 15 des Urteils vom 9. Oktober 2008, Interboves (C‑277/06, EU:C:2008:548), sowie auf Nr. 18 der Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in dieser Rechtssache Interboves (C‑277/06, EU:C:2008:162) den Standpunkt, dass diese Bestimmung eine mindestens einstündige Ruhepause verlange, die aber auch länger sein dürfe. Die allgemeine Regel in Art. 3 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2005, nach der vor der Beförderung alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden müssten, um die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten und den Bedürfnissen der Tiere während der Beförderung Rechnung zu tragen, sei vom Unionsgesetzgeber in Bezug auf den Straßentransport von Rindern in der Regelung in Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 Buchst. d dieser Verordnung konkretisiert worden, die zwischen zwei Beförderungszeiten eine mindestens einstündige Ruhezeit und nicht, wie von der Kommission gefordert, eine Ruhezeit von einer Stunde vorschreibe.

26

Was den Grund für diese Ruhepause betrifft, meint das vorlegende Gericht, dieser habe nicht ausschließlich im Tränken oder Füttern der Tiere zu bestehen, wobei es sich auf das Wort „insbesondere“ oder die in verschiedenen Sprachfassungen dieser Vorschrift verwendeten gleichwertigen Begriffe in der Wendung „eine ausreichende, mindestens einstündige Ruhepause …, insbesondere damit sie getränkt und nötigenfalls gefüttert werden können“, beruft. Die Ruhepause könne daher, wie im vorliegenden Fall, durch die Einhaltung der für die Fahrer im Straßenverkehr geltenden Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten begründet sein, soweit die Tiere gleichzeitig versorgt würden.

27

Schließlich dürften die Ruhepausen zwischen zwei Beförderungsintervallen von höchstens 14 Stunden selbst insgesamt nicht 14 Stunden, also die maximale Dauer eines Beförderungsintervalls, überschreiten. Diese Grenze, die deutlich unter der in Anhang I Kapitel V Nr. 1.5 der Verordnung Nr. 1/2005 vorgeschriebenen Ruhezeit von 24 Stunden mit Entladung nach zwei Beförderungsintervallen von je höchstens 14 Stunden liege, sei dadurch gerechtfertigt, dass eine Ruhepause ohne Entladung weniger schonend sei und dass, soweit möglich, eine Akkumulierung langer Beförderungszeiten ohne Entladung beschränkt werden solle.

28

Was die zweite Frage betrifft, ob nämlich der Vermerk des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle, dass der fragliche Transport nicht im Einklang mit der Verordnung Nr. 1/2005 erfolgt sei, die für die Zahlung von Ausfuhrerstattungen zuständige Behörde bindet, ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass die Anbringung des Vermerks durch den Tierarzt über seine Einschätzung in Bezug auf Einhaltung dieser Verordnung sowie seines Stempels eine behördliche Verfahrenshandlung darstelle, die nur gleichzeitig mit der Sachentscheidung über die Versagung der Ausfuhrerstattung durch die für deren Zahlung zuständige Behörde angefochten werden könne.

29

Es stützt diese Auffassung erstens darauf, dass das Tätigwerden des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle keine unmittelbare Regelungswirkung gegenüber dem Ausführer und Dritten habe, da die Rechtslage des Ausführers nur durch den Bescheid der für die Zahlung von Ausfuhrerstattungen zuständigen Behörde berührt werde. Dieses Tätigwerden stelle sich daher als ein Schritt in einem gestuften Verfahren dar, insbesondere in Anbetracht von Art. 4 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 817/2010, der den von dem amtlichen Tierarzt an der Ausgangsstelle angebrachten Vermerk als formelle Voraussetzung behandele, nämlich als eine solche, die unabhängig vom positiven oder negativen Inhalt dieses Vermerks erfüllt sei, da die materiell-rechtliche Beurteilung Sache der für die Zahlung von Ausfuhrerstattungen zuständigen Behörde sei.

30

Zweitens ergebe sich aus den Urteilen vom 13. März 2008, Viamex Agrar Handel (C‑96/06, EU:C:2008:158), und vom 25. November 2008, Heemskerk und Schaap (C‑455/06, EU:C:2008:650), dass die positive Beurteilung des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle keinen unwiderleglichen Beweis für die Beachtung der Vorschriften über die Beförderung von Tieren darstelle und daher für die für die Zahlung von Ausfuhrerstattungen zuständige Behörde nicht verbindlich sei, wenn Beweismittel vorlägen, die diese Beurteilung in Frage stellten.

31

Drittens enthalte der Bericht über das Ergebnis der durchgeführten Kontrollen, den der amtliche Tierarzt an der Ausgangsstelle gleichzeitig mit der Anbringung des Vermerks im Ausfuhrdokument zu erstellen und an diese Behörde zu richten habe, zwar Elemente, die besondere Fachkenntnisse des Tierarztes erforderten und denen besondere Bedeutung zukomme, doch stünden diese nicht im Zusammenhang mit der rechtlichen Prüfung der Zahlstelle, ob aufgrund der Feststellungen des Tierarztes die Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch vorlägen.

32

Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Hamburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist die Regelung der Nr. 1.4 des Kapitels V des Anhangs I der Verordnung Nr. 1/2005, wonach die Tiere nach einer Beförderungsdauer von 14 Stunden eine ausreichende, mindestens einstündige Ruhepause erhalten müssen, insbesondere damit sie getränkt und nötigenfalls gefüttert werden können, bevor die Beförderung für weitere 14 Stunden fortgesetzt werden kann, dahin auszulegen, dass die Beförderungsintervalle auch durch eine Ruhepause, die länger als eine Stunde dauert, oder mehrere Ruhepausen, von denen eine mindestens eine Stunde dauert, unterbrochen werden können?

2.

Ist die Zahlstelle des einzelnen Mitgliedstaates an den Vermerk des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 817/2010 gebunden mit der Folge, dass die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Erteilung des Vermerks allein von der Behörde zu prüfen ist, der das Handeln des Grenzveterinärs zuzurechnen ist, oder stellt der Vermerk des amtlichen Tierarztes lediglich eine bloße behördliche Verfahrenshandlung dar, die nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung der Zahlstelle zulässigen Rechtsbehelfen angegriffen werden kann?

Zu den Vorlagefragen

Erste Frage

33

Das vorlegende Gericht möchte mit dem ersten Teil seiner ersten Frage wissen, ob Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 der Verordnung Nr. 1/2005 dahin auszulegen ist, dass im Rahmen eines Straßentransports von Tieren der genannten Arten, u. a. von Rindern, die beiden Beförderungsintervalle von 14 Stunden von einer mehr als einstündigen Ruhepause unterbrochen werden dürfen.

34

Es ist festzustellen, dass sich die Antwort auf diese Frage ausdrücklich aus dem unmittelbaren Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, nach dem die Tiere der genannten Arten nach einer Beförderung von 14 Stunden eine ausreichende, „mindestens einstündige“ Ruhepause erhalten müssen. Dieser völlig eindeutige Wortlaut lässt nämlich darauf schließen, dass die Dauer der Ruhepause eine Stunde übersteigen kann.

35

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 58, 59 und 62 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, muss eine Beförderung lebender Tiere jedoch auch in Bezug auf diesen Gesichtspunkt die allgemeinen Bedingungen nach Art. 3 der Verordnung Nr. 1/2005 erfüllen. Wie es in deren elftem Erwägungsgrund heißt, sind nämlich die detaillierten Vorschriften im Hinblick auf die besonderen Erfordernisse im Zusammenhang mit den verschiedenen Transportarten, z. B. Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 dieser Verordnung, gemäß dem Grundsatz auszulegen und anzuwenden, dass ein Transport von Tieren nicht durchgeführt werden darf, wenn den Tieren dabei Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden könnten; dieser Grundsatz findet sich in Art. 3 Unterabs. 1 dieser Verordnung, und einige seiner allgemeinen Auswirkungen werden in Unterabs. 2 dieses Artikels genannt. Dazu gehört – wie es in den Buchst. a und f dieses Unterabsatzes heißt – die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten bzw. den Transport ohne Verzögerungen durchzuführen.

36

Die Funktion der „Ruhepause“ im Sinne dieser Nr. 1.4 Buchst. d, die die Tiere erhalten müssen, damit sie u. a. getränkt und nötigenfalls gefüttert werden können, besteht, wie der Wortlaut schon sagt, darin, es den beförderten Tieren zu ermöglichen, sich von der im vorangegangenen Beförderungsintervall entstandenen Ermüdung und Belastung zu erholen und das zweite Beförderungsintervall damit in gutem Zustand aufzunehmen. Solange der Halt des Fahrzeugs diesen wesentlichen Ruhebedarf erfüllt, kann er als gerechtfertigt gelten, ohne dass es eine Rolle spielt, ob seine Verlängerung nur diesem Bedürfnis oder auch anderen Notwendigkeiten im Zusammenhang mit dem Transport selbst geschuldet ist.

37

Die Dauer der Ruhepause darf daher niemals so lang sein, dass sie unter den konkreten Rahmenbedingungen dieser Ruhepause und der Beförderung als Ganzes die Gefahr birgt, dass den beförderten Tieren Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden. Es ist Sache der für die Ausfuhrerstattungen zuständigen nationalen Behörde und gegebenenfalls der nationalen Gerichte, in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, u. a. der Angemessenheit der getroffenen organisatorischen Maßnahmen, die insoweit erforderlichen Feststellungen zu treffen.

38

Gleichzeitig ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 1/2005 dem entgegensteht, dass die Summe der Beförderungs- und Ruhezeiten im Sinne von Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 dieser Verordnung 29 Stunden übersteigt, vorbehaltlich der Möglichkeit, sie gemäß Nr. 1.8 dieses Kapitels im Interesse der Tiere um zwei Stunden zu verlängern, und unbeschadet der Anwendung von Art. 22 dieser Verordnung über Transportverzögerungen, wenn unvorhersehbare Umstände die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung verhindern.

39

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 51 bis 55 seiner Schlussanträge festgestellt hat, verstieße nämlich zum einen eine Zulassung von Beförderungs- und Ruhezeiten in einer Summe von mehr als 29 Stunden gegen den in Art. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1/2005 aufgestellten und in Rn. 35 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Grundsatz, die Gefahr von Verletzungen und unnötigen Leidens der beförderten Tiere zu vermeiden, sowie gegen dessen Auswirkungen, nämlich die Verpflichtungen, die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten, und den Transport ohne Verzögerungen durchzuführen. Hierzu müssen nach Anhang I Kapitel V Nr. 1.5 dieser Verordnung die Tiere nach der in Nr. 1.4 dieses Kapitels V festgelegten Beförderungsdauer entladen, gefüttert und getränkt werden und eine Ruhepause von mindestens 24 Stunden erhalten. Zum anderen spricht für diese Auslegung, dass die in Nr. 1.4 dieses Kapitels festgelegten Beförderungszeiten gemäß Nr. 1.8 dieses Kapitels nur um zwei Stunden und nur im Interesse der Tiere, insbesondere unter Berücksichtigung der Nähe des Bestimmungsorts, verlängert werden dürfen.

40

Mit dem zweiten Teil seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht sodann wissen, ob Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 Buchst. b der Verordnung Nr. 1/2005 dahin auszulegen ist, dass im Rahmen eines Straßentransports von Tieren der genannten Arten, u. a. von Rindern, die beiden Beförderungsintervalle von höchstens 14 Stunden, die von einer mindestens einstündigen Ruhepause unterbrochen werden müssen, auch weitere Haltephasen enthalten dürfen.

41

Unabhängig davon, dass es in der Praxis nicht handhabbar wäre, die betreffenden Führer von Tierbeförderungsfahrzeugen zu zwingen, erst nach Ablauf eines Beförderungsintervalls von höchstens 14 Stunden anzuhalten, ist festzustellen, dass ein Beförderungsabschnitt, in der das Fahrzeug nicht mehr am Verkehr teilnimmt und angehalten wird, unter normalen Bedingungen für die beförderten Tiere objektiv weniger belastend ist als eine Beförderungsphase. Dies ergibt sich aus der Definition von „Ruheort“ in Art. 2 Buchst. t der Verordnung Nr. 1/2005 als „jeder Halt während der Beförderung, der kein Bestimmungsort ist“, und bestimmten Passagen der vom Wissenschaftlichen Ausschuss für Tiergesundheit und Tierschutz am 11. März 2002 erstellten Stellungnahme zum Schutz von Tieren beim Transport, in denen auf die negativen Folgen der Fahrzeugbewegungen für das Wohlergehen der beförderten Tiere hingewiesen wird. Daher muss der Umstand, dass ein Beförderungsintervall von höchstens 14 Stunden eine oder mehrere Haltephasen erfasst, grundsätzlich nicht als für das Wohlergehen der Tiere von Nachteil angesehen werden.

42

Allerdings muss bzw. müssen diese zusätzliche(n) Haltephase(n) zum einen durch Erfordernisse im Zusammenhang mit dem Transport selbst gerechtfertigt sein und zum anderen unter Beachtung von Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1/2005 bei der Berechnung des Beförderungsintervalls von höchstens 14 Stunden, zu dem sie gehören, den Beförderungsphasen hinzugerechnet werden.

43

Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1/2005 dahin auszulegen ist, dass im Rahmen eines Straßentransports von Tieren der genannten Arten, u. a. von Rindern außer Kälbern, zum einen die Dauer der Ruhepause zwischen den Beförderungsintervallen grundsätzlich eine Stunde übersteigen darf. Übersteigt diese Dauer eine Stunde, darf sie jedoch nicht so lang sein, dass sie unter den konkreten Rahmenbedingungen dieser Ruhepause und der Beförderung als Ganzes die Gefahr birgt, dass den beförderten Tieren Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden. Darüber hinaus darf die Summe der Beförderungsdauer und Ruhezeiten im Sinne von Nr. 1.4 Buchst. d dieses Kapitels, vorbehaltlich der Möglichkeit, sie gemäß Nr. 1.8 dieses Kapitels im Interesse der Tiere um zwei Stunden zu verlängern und unbeschadet der Anwendung von Art. 22 dieser Verordnung im Fall unvorhersehbarer Umstände, 29 Stunden nicht übersteigen. Zum anderen können die Beförderungsintervalle von jeweils höchstens 14 Stunden eine oder mehrere Haltephasen enthalten. Diese Haltephasen müssen bei der Berechnung der Gesamtdauer des Beförderungsintervalls von höchstens 14 Stunden, zu dem sie gehören, den Beförderungsphasen hinzurechnet werden.

Zweite Frage

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Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 817/2010 dahin auszulegen ist, dass die für die Zahlung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Rindern zuständige Behörde an den Vermerk des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle gebunden ist, der sich in der Bescheinigung befindet, dass die betreffenden Tiere das Zollgebiet der Union verlassen haben, und aus dem hervorgeht, dass bei der Beförderung dieser Tiere die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2005 für alle oder einen Teil dieser Tiere nicht eingehalten wurden.

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Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass sich das Tätigwerden des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle nach Art. 2 Abs. 2 bis 4 der Verordnung Nr. 817/2010 darauf beschränkt, zu prüfen, ob die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2005 eingehalten wurden, und für die Behörde, die für die Zahlung von Ausfuhrerstattungen zuständig ist, einen Bericht zu erstellen, in dem die Ergebnisse der durchgeführten Kontrollen bescheinigt werden, wobei diese Ergebnisse auch Gegenstand eines Vermerks in dem Dokument sind, in dem das Verlassen des Zollgebiets der Union bescheinigt wird.

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Dagegen ist es gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 817/2010 Aufgabe der für die Zahlung von Ausfuhrerstattungen zuständigen Behörde, zu beurteilen, ob bei dem betreffenden Transport die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2005 eingehalten wurden oder nicht, wobei die entsprechende Entscheidung aufgrund der Unterlagen gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 817/2010 und/oder sonstiger Informationen über die Einhaltung dieser Verordnung getroffen werden muss. Dieser Art. 4 Abs. 2 nimmt für den im Unionsgebiet durchgeführten Teil der Beförderung auf das nach Art. 2 Abs. 3 oder 4 dieser Verordnung vom amtlichen Tierarzt an der Ausgangsstelle vervollständigte Dokument Bezug, mit dem das Verlassen dieses Gebiets bescheinigt wird. Zu den sonstigen Informationen, über die diese Behörde verfügt, gehört im Übrigen der in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2 dieser Verordnung genannte Bericht des amtlichen Tierarztes. Dieser Bericht, der nach dem Muster in Anhang I dieser Verordnung erstellt wird, enthält genaue Angaben und Feststellungen, die es der für die Zahlung von Ausfuhrerstattungen zuständigen Behörde gegebenenfalls ermöglichen, im Einzelnen zu erkennen, aus welchen Gründen der amtliche Tierarzt an der Ausgangsstelle die Ergebnisse der durchgeführten Kontrollen für alle oder einen Teil der beförderten Tiere als unzureichend erachtet und diese Beurteilung, wie in Art. 2 Abs. 4 dieser Verordnung vorgesehen, in dem Dokument, mit dem das Verlassen des Zollgebiets der Union bescheinigt wird, vermerkt hat.

47

Als Zweites ist festzustellen, dass der Gerichtshof im Rahmen der zuvor geltenden Regelung in Bezug auf den umgekehrten Fall, bei dem der Vermerk des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle die positive Beurteilung enthielt, dass die einschlägigen Bestimmungen der Regelung zur Beförderung lebender Tiere eingehalten worden seien, entschieden hat, dass die so getroffene Feststellung des Tierarztes keinen unwiderlegbaren Beweis für die Einhaltung dieser Bestimmungen darstellte, so dass diese Feststellung für die Behörde, die für die Zahlung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Rindern zuständig ist und der objektive und konkrete Umstände vorlagen, die das Gegenteil belegten, nicht verbindlich war (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. März 2008, Viamex Agrar Handel, C‑96/06, EU:C:2008:158, Rn. 34, 35, 37 und 41, und vom 25. November 2008, Heemskerk und Schaap, C‑455/06, EU:C:2008:650, Rn. 25 und 30).

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Da die für diese Urteile einschlägigen Bestimmungen mit den derzeit geltenden im Wesentlichen übereinstimmen, behält diese Rechtsprechung ihre Aktualität.

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Wenn die Beurteilung des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle angezweifelt werden kann, falls dieser der Auffassung ist, dass die Tiere im Einklang mit den Bestimmungen befördert worden seien, deren Einhaltung für den Erhalt von Ausfuhrerstattungen erforderlich ist, gibt es keinen Grund dafür, dass dies anders sein sollte, wenn seine Beurteilung zum gegenteiligen Ergebnis kommt.

50

Daraus ergibt sich, dass gemäß den Bestimmungen der Verordnung Nr. 817/2010 die Entscheidung über die Einhaltung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Zahlung von Ausfuhrerstattungen, insbesondere was die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2005 betrifft, in den Zuständigkeitsbereich der für diese Zahlung zuständigen nationalen Behörde fällt, da die Angaben des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle im Rahmen der durch die Verordnung Nr. 817/2010 zwischen ihnen eingeführten Zusammenarbeit zwar einen Beweis darstellen, dieser jedoch widerlegt werden kann.

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Dies gilt erst recht, wenn sich, wie im Ausgangsverfahren, das Urteil dieses Tierarztes nicht auf die Beurteilung des Zustands und der Gesundheit von Tieren bezieht, die gemäß dem fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 817/2010 besondere Fachkenntnisse und Erfahrung erfordert, die es rechtfertigen, dass die Kontrollen von einen Tierarzt durchgeführt werden. Die Vermutung der Erheblichkeit, die naturgemäß mit den von einer Fachkraft auf ihrem Fachgebiet vorgenommenen Beurteilungen verknüpft ist, findet nämlich keine Anwendung, wenn diese Beurteilungen Fragen betreffen, die nicht in dieses Fachgebiet fallen.

52

Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass die Verordnung Nr. 817/2010 dahin auszulegen ist, dass die für die Zahlung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Rindern zuständige Behörde nicht an den Vermerk des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle gebunden ist, der sich in der Bescheinigung befindet, dass die betreffenden Tiere das Zollgebiet der Union verlassen haben, und aus dem hervorgeht, dass bei der Beförderung dieser Tiere die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2005 für alle oder einen Teil dieser Tiere nicht eingehalten wurden.

Kosten

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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Anhang I Kapitel V Nr. 1.4 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines Straßentransports von Tieren der genannten Arten, u. a. von Rindern außer Kälbern, zum einen die Ruhepause zwischen den Beförderungsintervallen grundsätzlich eine Stunde übersteigen darf. Übersteigt diese Dauer eine Stunde, darf sie jedoch nicht so lang sein, dass sie unter den konkreten Rahmenbedingungen dieser Ruhepause und der Beförderung als Ganzes die Gefahr birgt, dass den beförderten Tieren Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden. Darüber hinaus darf die Summe der Beförderungsdauer und Ruhezeiten im Sinne von Nr. 1.4 Buchst. d dieses Kapitels, vorbehaltlich der Möglichkeit, sie gemäß Nr. 1.8 dieses Kapitels im Interesse der Tiere um zwei Stunden zu verlängern und unbeschadet der Anwendung von Art. 22 dieser Verordnung im Fall unvorhersehbarer Umstände, 29 Stunden nicht übersteigen. Zum anderen können die Beförderungsintervalle von jeweils höchstens 14 Stunden eine oder mehrere Haltephasen enthalten. Diese Haltephasen müssen bei der Berechnung der Gesamtdauer des Beförderungsintervalls von höchstens 14 Stunden, zu dem sie gehören, den Beförderungsphasen hinzurechnet werden.

 

2.

Die Verordnung (EU) Nr. 817/2010 der Kommission vom 16. September 2010 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich des Schutzes lebender Rinder beim Transport als Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen ist dahin auszulegen, dass die für die Zahlung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Rindern zuständige Behörde nicht an den Vermerk des amtlichen Tierarztes an der Ausgangsstelle gebunden ist, der sich in der Bescheinigung befindet, dass die betreffenden Tiere das Zollgebiet der Union verlassen haben, und aus dem hervorgeht, dass bei der Beförderung dieser Tiere die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2005 für alle oder einen Teil dieser Tiere nicht eingehalten wurden.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.