Rechtssache C‑464/14

SECIL – Companhia Geral de Cal e Cimento SA

gegen

Fazenda Pública

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Tributário de Lisboa)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freier Kapitalverkehr – Art. 63 bis 65 AEUV – Assoziationsabkommen EG–Tunesien – Art. 31, 34 und 89 – Assoziationsabkommen EG–Libanon – Art. 31, 33 und 85 – Besteuerung des Einkommens juristischer Personen – Dividenden, die eine Gesellschaft von einer im selben Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft erhält – Dividenden, die eine Gesellschaft von einer Gesellschaft erhält, die in einem Drittstaat ansässig ist, der Vertragspartei des Assoziationsabkommens ist – Unterschiedliche Behandlung – Beschränkung – Rechtfertigung – Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung – Möglichkeit, sich im Zusammenhang mit den Assoziationsabkommen EG–Tunesien und EG–Libanon auf Art. 64 AEUV zu berufen“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 24. November 2016

  1. Niederlassungsfreiheit–Freier Kapitalverkehr–Geltungsbereich–Steuerrecht–Körperschaftsteuer–Besteuerung von Dividenden–Steuerliche Behandlung von Dividenden einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft–Steuerliche Behandlung gemäß einer nationalen Regelung, die nicht ausschließlich für Situationen gilt, in denen die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividenden ausschüttet–Unanwendbarkeit der Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit–Anwendbarkeit der Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr

    (Art. 49 AEUV, 63 AEUV und 65 AEUV)

  2. Freier Kapital- und Zahlungsverkehr–Beschränkungen–Steuerrecht–Körperschaftsteuer–Besteuerung von Dividenden–Nationale Regelung, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise abziehen kann–Regelung, nach der einer solcher Abzug nicht möglich ist, wenn die Dividenden von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden–Unzulässigkeit–Rechtfertigung–Wirksame steuerliche Überwachung und Bekämpfung des Steuerbetrugs–Voraussetzungen–Beurteilung durch das nationale Gericht

    (Art. 63 AEUV und 65 AEUV)

  3. Freier Kapital- und Zahlungsverkehr–Beschränkungen–Steuerrecht–Körperschaftsteuer–Besteuerung von Dividenden–Nationale Regelung, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise abziehen kann–Regelung, nach der einer solcher Abzug nicht möglich ist, wenn die Dividenden von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden–Unzulässigkeit–Rechtfertigung durch die Bekämpfung der Steuerhinterziehung–Fehlen

    (Art. 63 AEUV und 65 AEUV)

  4. Freier Kapital- und Zahlungsverkehr–Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern–Am 31. Dezember 1993 bestehende Beschränkungen des Kapitalverkehrs im Zusammenhang mit Direktinvestitionen–Begriff der Direktinvestition

    (Art. 64 AEUV)

  5. Freier Kapital- und Zahlungsverkehr–Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern–Am 31. Dezember 1993 bestehende Beschränkungen des Kapitalverkehrs im Zusammenhang mit Direktinvestitionen–Begriff der am 31. Dezember 1993 bestehenden Beschränkung–Abschluss einer internationalen Übereinkunft, mit der der Rechtsrahmen geändert, die bestehende Regelung aber nicht förmlich aufgehoben oder geändert wird–Gleichsetzung mit der Einführung einer neuen Regelung

    (Art. 64 AEUV)

  6. Völkerrechtliche Verträge–Verträge der Gemeinschaft–Unmittelbare Wirkung–Voraussetzungen–Art. 34 Abs. 1 des Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommens EG-Tunesien

    (Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommen EG–Tunesien, Art. 34 Abs. 1)

  7. Völkerrechtliche Verträge–Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommen EG–Tunesien–Freier Kapitalverkehr–Beschränkungen–Steuerrecht–Körperschaftsteuer–Besteuerung von Dividenden–Nationale Regelung, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise abziehen kann–Regelung, nach der einer solcher Abzug nicht möglich ist, wenn die Dividenden von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden–Unzulässigkeit–Rechtfertigung–Wirksame steuerliche Überwachung und Bekämpfung des Steuerbetrugs–Voraussetzungen–Beurteilung durch das nationale Gericht

    (Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommen EG–Tunesien, Art. 34 Abs. 1 und Art. 89)

  8. Völkerrechtliche Verträge–Verträge der Gemeinschaft–Unmittelbare Wirkung–Voraussetzungen–Art. 31 des Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommens EG‑Libanon

    (Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommen EG–Libanon, Art. 31)

  9. Völkerrechtliche Verträge–Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommen EG–Libanon–Freier Kapitalverkehr–Beschränkungen–Steuerrecht–Körperschaftsteuer–Besteuerung von Dividenden–Nationale Regelung, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise abziehen kann–Regelung, nach der einer solcher Abzug nicht möglich ist, wenn die Dividenden von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden–Unzulässigkeit–Rechtfertigung–Wirksame steuerliche Überwachung und Bekämpfung des Steuerbetrugs–Voraussetzungen–Beurteilung durch das nationale Gericht

    (Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommen EG–Libanon, Art. 31 und 85)

  1.  Die Art. 63 und 65 AEUV sind dahin auszulegen, dass sich eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft, die Dividenden von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Gesellschaften erhält, auf Art. 63 AEUV berufen kann, um sich gegen die steuerliche Behandlung solcher Dividenden in Portugal zu wehren, die auf der Grundlage einer Regelung erfolgt, die nicht ausschließlich auf Situationen Anwendung finden soll, in denen die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividenden ausschüttet;

    Eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, fällt nämlich in den Anwendungsbereich von Art. 49 (Niederlassungsfreiheit).

    Hingegen sind nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen.

    Eine Regelung, die für den teilweisen Abzug keine Mindestbeteiligung an der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, verlangt und den vollen Abzug erst ab einer Beteiligung von 10 % oder in Höhe von 20000000 Euro (Verkaufswert) gewährt, gilt sowohl für Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft auf der Grundlage einer Beteiligung erhält, die es ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, als auch für Dividenden, die eine solche Gesellschaft auf der Grundlage einer Beteiligung erhält, die keinen derartigen Einfluss verleiht.

    Was speziell die Voraussetzungen eines vollen Abzugs angeht, ermöglicht es eine 10%-Schwelle zwar, diejenigen Investitionen vom Geltungsbereich der Steuervergünstigung auszuschließen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll. Sie bewirkt für sich allein jedoch nicht, dass der Abzug nur auf Beteiligungen anwendbar wäre, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Eine Beteiligung derartigen Umfangs bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass der Inhaber der Beteiligung einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausübt, bei der er Anteilseigner ist.

    (vgl. Rn. 32, 33, 39, 40, 44, 72, Tenor 1)

  2.  Die Art. 63 und 65 AEUV sind dahin auszulegen, dass eine Regelung, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten darstellt, die Art. 63 AEUV grundsätzlich verbietet.

    Durch eine solche Ungleichbehandlung können in dem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften nämlich davon abgehalten werden, ihr Kapital in Gesellschaften mit Sitz in Drittstaaten zu investieren. Da nämlich Kapitaleinkünfte aus Drittstaaten in Portugal steuerlich ungünstiger behandelt werden als Dividenden von in Portugal ansässigen Gesellschaften, sind Aktien von in Drittstaaten ansässigen Gesellschaften für in dem Mitgliedstaat ansässige Anleger weniger attraktiv als Aktien von in Portugal ansässigen Gesellschaften

    Die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß einer Vorschrift der nationalen Regelung, nach der ein solcher Abzug voraussetzt, dass die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, steuerpflichtig ist, was von den Steuerbehörden überprüft werden können muss, kann durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von dem Drittstaat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist.

    Die Versagung eines teilweisen Abzugs gemäß einer Vorschrift der nationalen Regelung, nach der sich der Abzug auf 50 % mindert, wenn die Einkünfte aus Gewinnen stammen, die nicht tatsächlich besteuert worden sind, es sei denn, die Einheit, der die Gewinne zufließen, ist eine Beteiligungsgesellschaft, kann nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.

    (vgl. Rn. 50, 66, 70, 72, Tenor 1 und 5)

  3.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 59-62)

  4.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 75-80)

  5.  Der Begriff der am 31. Dezember 1993 bestehenden Beschränkung setzt voraus, dass der rechtliche Rahmen, in den sich die betreffende Beschränkung einfügt, seit diesem Datum ununterbrochen Teil der nationalen Rechtsordnung gewesen ist. Wäre dies anders, könnte ein Mitgliedstaat jederzeit Beschränkungen für Kapitalbewegungen nach oder aus Drittstaaten wieder einführen, die in der nationalen Rechtsordnung am 31. Dezember 1993 bestanden, die aber nicht aufrechterhalten worden sind.

    Im Rahmen einer 1988 erlassenen nationalen Regelung, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft ausgeschüttete hingegen nicht, ist Art. 64 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass die Einführung einer neuen Regelung über die Behandlung von Dividenden am Rechtsrahmen der Behandlung von Dividenden aus Tunesien und Libanon nichts geändert hat, und damit auch nichts an der Einstufung des Ausschlusses der von den in diesen Drittstaaten ansässigen Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden von der Möglichkeit eines vollen oder teilweisen Abzugs als bestehende Beschränkung.

    Hingegen begibt sich ein Mitgliedstaat der Möglichkeit gemäß Art. 64 Abs. 1 AEUV, wenn er, ohne die bestehende Regelung förmlich aufzuheben oder zu ändern, eine internationale Übereinkunft wie ein Assoziationsabkommen schließt, die in einer Vorschrift mit unmittelbarer Wirkung die Liberalisierung von Kapital im Sinne von Art. 64 Abs. 1 AEUV vorsieht. Eine solche Änderung des Rechtsrahmens ist daher, was ihre Wirkungen auf die Möglichkeit, sich auf Art. 64 Abs. 1 AEUV zu berufen, angeht, der Einführung einer neuen Regelung, die auf einem anderen Grundgedanken als dem der bestehenden Regelung beruht, gleichzusetzen.

    Eine durch eine internationale Übereinkunft vorgesehene Liberalisierung des Kapitalverkehrs wäre nämlich ohne praktische Wirksamkeit, wenn in Situationen, in denen die Übereinkunft einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, dieser diese Regelung nach Art. 64 Abs. 1 AEUV weiter anwenden könnte.

    (vgl. Rn. 81, 84, 89, 90, 92, Tenor 2 und 5)

  6.  Art. 34 Abs. 1 des Europa–Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits ist dahin auszulegen, dass er unmittelbare Wirkung hat und in einer Situation, in der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft aufgrund ihrer Direktinvestition in diese Gesellschaft Dividenden erhält, herangezogen werden kann, um sich gegen die steuerliche Behandlung dieser Dividenden in dem Mitgliedstaat zu wehren.

    Dieser Artikel begründet in seinem Abs. 1 klar, genau und unbedingt die Verpflichtung der Gemeinschaft und der Tunesischen Republik, hinsichtlich der Kapitalbilanztransaktionen ab Inkrafttreten des Abkommens den freien Kapitalverkehr im Zusammenhang mit Direktinvestitionen in Gesellschaften in Tunesien, die gemäß den geltenden Rechtsvorschriften gegründet wurden, sowie die Liquidation und die Repatriierung dieser Investitionen und etwaiger daraus resultierender Gewinne zu gewährleisten.

    Die Vorschrift begründet eine Verpflichtung zur Erreichung eines ganz bestimmten Ergebnisses, die ihrem Wesen nach geeignet ist, vom Einzelnen vor einem nationalen Gericht zur Stützung des Begehrens geltend gemacht zu werden, Vorschriften, die ein Hindernis für den freien Kapitalverkehr darstellen, unangewendet zu lassen oder in seinem Fall die Regelung anzuwenden, deren Nichtanwendung ein solches Hindernis des freien Kapitalverkehrs darstellt; ergänzende Durchführungsvorschriften sind hierfür nicht nötig.

    Die Feststellung, dass durch den in Art. 34 Abs. 1 des EG–Tunesien-Abkommens niedergelegten Grundsatz des freien Kapitalverkehrs im Zusammenhang mit Direktinvestitionen in Tunesien die Lage des Einzelnen unmittelbar geregelt werden kann, wird durch Art. 34 Abs. 2 des Abkommens nicht entkräftet.

    Art. 34 Abs. 2 des Abkommens, nach dem die Vertragsparteien Konsultationen aufnehmen, um den Kapitalverkehr zwischen der Gemeinschaft und der Tunesischen Republik zu erleichtern und ihn vollständig zu liberalisieren, wenn die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist nämlich dahin auszulegen, dass er sich auf eine spätere Liberalisierung von nicht von Art. 34 Abs. 1 des Abkommens erfassten Kapitalbewegungen bezieht.

    Die Feststellung, dass Art. 34 Abs. 1 des EG–Tunesien-Abkommens unmittelbare Wirkung hat, ist auch mit dem Ziel und dem Zweck des Abkommens vereinbar. Nach seinem Art. 1 Abs. 1 wird durch das Abkommen eine Assoziation zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits gegründet. Das Ziel des EG–Tunesien-Abkommens, mit dem u. a. die Bedingungen für eine schrittweise Liberalisierung des Kapitalverkehrs festgelegt werden sollen (Art. 1 Abs. 2 des Abkommens), bestätigt die Auslegung, dass für Kapitalbewegungen im Sinne von Art. 34 Abs. 1 des Abkommens ab dem Inkrafttreten des Abkommens eine Liberalisierung gilt und die übrigen Kapitalbewegungen gemäß Art. 34 Abs. 2 des Abkommens schrittweise liberalisiert werden.

    Art. 34 Abs. 1 des EG–Tunesien-Abkommens hat also unmittelbare Wirkung. Ein Einzelner kann sich vor Gericht auf diese Vorschrift berufen.

    In Art. 34 Abs. 1 des EG–Tunesien-Abkommens ist von Kapitalbilanztransaktionen die Rede, nämlich von Direktinvestitionen in Gesellschaften in Tunesien, die gemäß den geltenden Rechtsvorschriften gegründet wurden, sowie der Liquidation und der Repatriierung dieser Investitionen und etwaiger daraus resultierender Gewinne.

    Der Fall, dass eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft, an der sie zu 98,72 % beteiligt ist, aufgrund ihrer Beteiligung Dividenden erhält, fällt in den Anwendungsbereich von Art. 34 Abs. 1 des EG–Tunesien-Abkommens. Eine solche Beteiligung kann als Direktinvestition eingestuft werden, und der Erhalt der auf die Beteiligung entfallenden Dividenden fällt unter den Begriff der Repatriierung der daraus resultierenden Gewinne.

    Eine solche Situation fällt unter Art. 34 Abs. 1 des EG–Tunesien-Abkommens.

    (vgl. Rn. 99-104, 106-109, Tenor 3)

  7.  Art. 34 Abs. 1 des Europa–Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits ist dahin auszulegen, dass eine Regelung, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die, was die Direktinvestitionen und insbesondere die Repatriierung der daraus resultierende Gewinne angeht, durch Art. 34 Abs. 1 des Abkommens grundsätzlich verboten ist.

    Durch eine solche Ungleichbehandlung können in diesem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften nämlich davon abgehalten werden, unmittelbar in Gesellschaften mit Sitz in Tunesien zu investieren. Da Kapitaleinkünfte aus diesem Drittstaat steuerlich ungünstiger behandelt werden als Dividenden von in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften, sind Aktien von in Tunesien ansässigen Gesellschaften für in dem Mitgliedstaat ansässige Anleger weniger attraktiv als Aktien von in dem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften.

    Die Wirkung von Art. 34 Abs. 1 des EG–Tunesien-Abkommens wird in einer Situation, die die steuerliche Behandlung von Dividenden betrifft, die aus Direktinvestitionen in einem Mitgliedstaat ansässiger Personen in einem Drittstaat resultieren, nicht durch Art. 89 des Abkommens beschränkt.

    Bei Art. 89 erster Gedankenstrich des EG–Tunesien-Abkommens, nach dem das Abkommen nicht zur Folge hat, dass die Vorteile ausgedehnt werden, die eine Vertragspartei auf steuerlichem Gebiet im Rahmen einer für sie verbindlichen internationalen Übereinkunft gewährt, ergibt sich das Verbot der festgestellten Beschränkung aus dem EG–Tunesien-Abkommen selbst, und nicht aus der Ausdehnung der in einer internationalen Übereinkunft vorgesehenen Vorteile.

    Art. 89 zweiter Gedankenstrich des EG–Tunesien-Abkommens, nach dem das Abkommen nicht zur Folge hat, dass eine Vertragspartei daran gehindert wird, Maßnahmen zu ergreifen oder durchzusetzen, durch die Steuerhinterziehung oder ‑flucht verhindert werden soll, muss, wenn Art. 34 Abs. 1 des EG–Tunesien-Abkommens seine praktische Wirksamkeit behalten soll, dahin ausgelegt werden, dass in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift diejenigen Maßnahmen fallen, mit denen speziell Steuerhinterziehung oder ‑flucht verhindert werden soll.

    Die betreffende Steuerregelung schließt die Möglichkeit, eine Steuervergünstigung zu erhalten, mit der die wirtschaftliche Doppelbesteuerung u. a. von Dividenden, die von in Tunesien ansässigen Gesellschaften ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise verhindert werden soll, aber generell aus, ohne speziell rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen verhindern zu wollen, deren einziger Zweck ist, die Steuer zu umgehen, die normalerweise zu zahlen ist, oder eine Steuervergünstigung zu erhalten.

    Da es sich bei der betreffenden Regelung unter dem Vorbehalt der Überprüfung durch das vorlegende Gericht nicht um Maßnahmen handelt, durch die Steuerhinterziehung oder ‑flucht verhindert werden soll, fällt die betreffende Situation nicht unter Art. 89 zweiter Gedankenstrich des EG–Tunesien-Abkommens.

    Schließlich sieht Art. 89 dritter Gedankenstrich des EG–Tunesien-Abkommens vor, dass das Abkommen nicht zur Folge hat, dass eine Vertragspartei daran gehindert wird, ihre einschlägigen Steuervorschriften auf Steuerpflichtige anzuwenden, die sich hinsichtlich ihres Wohnsitzes nicht in einer gleichartigen Situation befinden. Die betreffende Regelung unterscheidet aber nicht danach, wo der Steuerpflichtige, d. h. die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, sondern danach, wo die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, ansässig ist, d. h. nach dem Ort, wo das Kapital des Steuerpflichtigen investiert ist. Die Situation, um die es im Ausgangsverfahren geht, fällt also auch nicht unter Art. 89 dritter Gedankenstrich des EG–Tunesien-Abkommens.

    Die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß einer nationalen Regelung, nach der der Abzug die Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft voraussetzt, was die Steuerbehörden überprüfen können müssen, kann aber durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von der Tunesischen Republik, dem Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist.

    Die Versagung eines solchen teilweisen Abzugs gemäß einer Bestimmung der nationalen Regelung, nach der der in der Regelung vorgesehene Abzug auf 50 % herabgesetzt wird, wenn die Einkünfte aus Gewinnen stammen, die nicht tatsächlich besteuert worden sind, es sei denn, die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ist eine Beteiligungsgesellschaft, kann jedoch nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Tunesien, dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.

    In Anbetracht des Zwecks und des Zusammenhangs des EG–Tunesien-Abkommens dürfte es nämlich ausgeschlossen sein, dass die Vertragsparteien eine uneingeschränkte Freiheit für den Kapitalverkehr zwischen der Union und Tunesien gewähren wollten, während für den Kapitalverkehr sowohl unter den Mitgliedstaaten der Union als auch zwischen diesen und Mitgliedstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum Beschränkungen vorgesehen werden können.

    (vgl. Rn. 66, 70, 113, 116-121, 127, 129, Tenor 3 und 5)

  8.  Art. 31 des Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits ist dahin auszulegen, dass er unmittelbare Wirkung hat und eine Situation, die die steuerliche Behandlung von Dividenden betrifft, die aus Direktinvestitionen in einem Mitgliedstaat ansässiger Personen in Libanon resultieren, unter Art. 33 Abs. 2 des Abkommens fällt, so dass dessen Art. 33 Abs. 1 der Anwendung von Art. 31 des Abkommens in einem solchen Fall nicht entgegensteht.

    Art. 31 des EG–Libanon-Abkommens begründet, indem er festlegt, dass im Rahmen des Abkommens vorbehaltlich der Art. 33 und 34 eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen der Gemeinschaft einerseits und Libanon andererseits oder eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes ihrer Staatsangehörigen oder des Ortes, an dem das Kapital investiert ist, unzulässig ist, eindeutig und unbedingt eine Verpflichtung zur Erreichung eines ganz bestimmten Ergebnisses, die geeignet ist, vom Einzelnen vor einem Gericht zur Stützung des Begehrens geltend gemacht zu werden, Vorschriften, die eine Beschränkung oder eine Diskriminierung begründen, unangewendet zu lassen oder in seinem Fall die Regelung anzuwenden, deren Nichtanwendung eine solche Beschränkung oder Diskriminierung begründet; ergänzende Durchführungsvorschriften sind hierfür nicht nötig.

    Die Tragweite der Verpflichtung aus Art. 31 des EG–Libanon-Abkommens wird zwar durch die Vorbehaltsklausel des Art. 33 Abs. 1 des Abkommens begrenzt. Eine solche Ausnahme kann aber dem nicht entgegenstehen, dass Art. 31 des EG–Libanon-Abkommens den Einzelnen Rechte verleiht, die sie gerichtlich geltend machen können.

    Die Feststellung, dass Art. 31 des EG–Libanon-Abkommens unmittelbare Wirkung hat, ist mit dem Ziel und dem Zweck des Abkommens vereinbar. Nach seinem Art. 1 Abs. 1 wird mit dem EG–Libanon-Abkommen zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits eine Assoziation gegründet. Das Ziel des Abkommens, mit dem u. a. die Voraussetzungen für die schrittweise Liberalisierung des Kapitalverkehrs geschaffen werden sollen (Art. 1 Abs. 2 des Abkommens), bestätigt die Auslegung, dass die Kapitalbewegungen, die nicht in den Anwendungsbereich der Vorbehaltsklausel des Art. 33 Abs. 1 des Abkommens fallen, ab dessen Inkrafttreten liberalisiert sind.

    Was die Möglichkeit angeht, sich in einer Situation wie der, um die es hier geht, auf Art. 31 des EG–Libanon-Abkommens zu berufen, ist zwar festzustellen, dass Art. 31 des Abkommens nach dessen Art. 33 Abs. 1 nicht die Anwendung von Beschränkungen berührt, die zwischen der Gemeinschaft und der Libanesischen Republik am Tag des Inkrafttretens des Abkommens hinsichtlich ihres Kapitalverkehrs bestehen und die Direktinvestitionen, u. a. in Immobilien, die Niederlassung, die Erbringung von Finanzdienstleistungen oder die Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten betreffen.

    Die Tragweite der Vorbehaltsklausel des Art. 33 Abs. 1 des EG–Libanon-Abkommens wird aber begrenzt durch dessen Art. 33 Abs. 2, nach dem der Transfer von Investitionen, die von Gebietsansässigen der Gemeinschaft in Libanon oder von Gebietsansässigen Libanons in der Gemeinschaft getätigt werden, und von daraus resultierenden Gewinnen ins Ausland unberührt bleibt.

    (vgl. Rn. 131-137, Tenor 4)

  9.  Art. 31 des Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits ist dahin auszulegen, dass eine Regelung, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Libanon ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die durch Art. 31 dieses Abkommens grundsätzlich verboten ist.

    Durch eine solche Ungleichbehandlung können in dem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften nämlich von Direktinvestitionen in Gesellschaften, die in Libanon ansässig sind, abgehalten werden. Sofern Kapitaleinkünfte aus diesem Drittstaat steuerlich ungünstiger behandelt werden als von in dem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften ausgeschüttete Dividenden, sind Aktien der in Libanon ansässigen Gesellschaften für in dem Mitgliedstaat ansässige Anleger weniger attraktiv als Aktien von in dem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften.

    Die Wirkung von Art. 31 des Abkommens wird in einer Situation, die die steuerliche Behandlung von Dividenden betrifft, die aus Direktinvestitionen in einem Mitgliedstaat ansässiger Personen in einem Drittstaat resultieren, nicht durch Art. 85 des Abkommens beschränkt.

    Bei Art. 85 Buchst. a des EG–Libanon-Abkommens, nach dem das Abkommen hinsichtlich der direkten Steuern nicht bewirkt, dass die Steuervorteile ausgedehnt werden, die eine Vertragspartei im Rahmen einer für sie verbindlichen internationalen Übereinkunft gewährt, ergibt sich das Verbot der festgestellten Beschränkung aus dem EG–Libanon-Abkommen selbst, und nicht aus der Ausdehnung der in einer internationalen Übereinkunft vorgesehenen Vorteile.

    Art. 85 Buchst. b des EG–Libanon-Abkommens, nach dem das Abkommen nicht bewirkt, dass eine Vertragspartei daran gehindert ist, Maßnahmen zu treffen oder durchzusetzen, mit denen Steuerhinterziehung oder ‑betrug verhindert werden soll, ist, wenn Art. 31 des EG–Libanon-Abkommens seine praktische Wirksamkeit behalten soll, dahin auszulegen, dass in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift diejenigen Maßnahmen fallen, mit denen speziell Steuerhinterziehung oder ‑betrug verhindert werden soll.

    Die betreffende Steuerregelung schließt die Möglichkeit, eine Steuervergünstigung zu erhalten, mit der die wirtschaftliche Doppelbesteuerung u. a. von Dividenden, die von in Libanon ansässigen Gesellschaften ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise verhindert werden soll, aber generell aus, ohne speziell rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen verhindern zu wollen, deren einziger Zweck ist, die Steuer zu umgehen, die normalerweise zu zahlen ist, oder eine Steuervergünstigung zu erhalten.

    Da es sich bei der betreffenden Regelung unter dem Vorbehalt der Überprüfung durch das vorlegende Gericht nicht um Maßnahmen handelt, mit denen Steuerhinterziehung oder ‑betrug verhindert werden soll, fällt die Situation, um die hier geht, nicht unter Art. 85 Buchst. b des EG–Libanon-Abkommens.

    Schließlich sieht Art. 85 Buchst. c des EG–Libanon-Abkommens vor, dass das Abkommen nicht bewirkt, dass eine Vertragspartei daran gehindert ist, ihre einschlägigen Steuervorschriften auf Steuerpflichtige anzuwenden, die sich insbesondere hinsichtlich ihres Wohnsitzes nicht in einer gleichartigen Lage befinden. Die betreffende Regelung unterscheidet aber zum einen nicht danach, wo der Steuerpflichtige, d. h. die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist.

    Zum anderen können unter Art. 85 Buchst. c des EG–Libanon-Abkommens wegen der Verwendung des Ausdrucks „insbesondere“ zwar auch Unterscheidungen nach anderen Faktoren, u. a. dem Ort, an dem Kapital des Steuerpflichtigen investiert wird, fallen. Die Bestimmung ist aber in Verbindung mit Art. 31 des Abkommens zu sehen, der jede Diskriminierung, u. a. aufgrund des Ortes, an dem das Kapital investiert ist, verbietet. Daher sind nach Art. 85 Buchst. c des EG–Libanon-Abkommens zulässige Ungleichbehandlungen von Diskriminierungen zu unterscheiden, die nicht unter diese Bestimmung fallen und durch Art. 31 des Abkommens verboten sind.

    Die Situation einer Gesellschaft, die als Anteilseignerin Dividenden aus einem Drittstaat erhält, ist in Bezug auf eine Steuervorschrift wie die hier in Rede stehende, die die wirtschaftliche Doppelbesteuerung ausgeschütteter Gewinne ganz oder teilweise verhindern soll, mit der einer Gesellschaft, die als Anteilseignerin Dividenden aus inländischen Quellen erhält, aber insofern vergleichbar, als es grundsätzlich in beiden Fällen zu einer mehrfachen Besteuerung der erzielten Gewinne kommen kann.

    Folglich fällt die Situation, um die es hier geht, auch nicht unter Art. 85 Buchst. c des EG–Libanon-Abkommens.

    Die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß einer Bestimmung der nationalen Regelung, nach der ein solcher Abzug die Steuerpflicht der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, voraussetzt, was die Steuerbehörden überprüfen können müssen, kann aber durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von der Libanesischen Republik, dem Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist.

    Die Versagung eines teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß einer Bestimmung der nationalen Regelung, nach der der in der Regelung vorgesehene Abzug auf 50 % herabgesetzt wird, wenn die Einkünfte aus Gewinnen stammen, die nicht tatsächlich besteuert worden sind, es sei denn, die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ist eine Beteiligungsgesellschaft, kann jedoch nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Libanon, dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.

    (vgl. Rn. 66, 70, 140, 144-152, 156, Tenor 4 und 5)