URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

17. Dezember 2015 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Handelspolitik — Dumping — Nicht nachfüllbare Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas — Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 — Art. 11 Abs. 2 — Auslaufen — Art. 13 — Umgehung — Durchführungsverordnung (EU) Nr. 260/2013 — Gültigkeit — Ausweitung eines Antidumpingzolls zu einem Zeitpunkt, zu dem die Verordnung, mit der er eingeführt wurde, nicht mehr in Kraft ist — Veränderung des Handelsgefüges“

In der Rechtssache C‑371/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 17. Juni 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 1. August 2014, in dem Verfahren

APEX GmbH Internationale Spedition

gegen

Hauptzollamt Hamburg-Stadt

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe (Berichterstatterin),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der APEX GmbH Internationale Spedition, vertreten durch die Rechtsanwälte M. Hackert und R. Etehad,

des Rates der Europäischen Union, vertreten durch S. Boelaert als Bevollmächtigte im Beistand zunächst von D. Geradin und N. Tuominen, dann von N. Tuominen, avocats,

der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Erlbacher, T. Maxian Rusche und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Juli 2015

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 260/2013 des Rates vom 18. März 2013 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingzolls auf Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus der Sozialistischen Republik Vietnam versandte nicht nachfüllbare Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas, ob als Ursprungserzeugnis Vietnams angemeldet oder nicht (ABl. L 82, S. 10, im Folgenden: streitige Verordnung).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der APEX GmbH Internationale Spedition (im Folgenden: APEX) und dem Hauptzollamt Hamburg-Stadt (Deutschland) über einen Bescheid des Hauptzollamts, mit dem gegen APEX Antidumpingzölle festgesetzt wurden.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 1225/2009

3

Die in zeitlicher Hinsicht für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens geltenden Bestimmungen für die Anwendung von Antidumpingmaßnahmen durch die Europäische Union finden sich in der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 343, S. 51, berichtigt im ABl. 2010, L 7, S. 22, und im ABl. 2015, L 45, S. 22) in ihrer ursprünglichen Fassung sowie in ihrer durch die Verordnung (EU) Nr. 765/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2012 (ABl. L 237, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Grundverordnung).

4

Im 19. Erwägungsgrund der Grundverordnung heißt es:

„… [Es] ist … erforderlich, dass das Gemeinschaftsrecht Bestimmungen enthält, um Praktiken, einschließlich der einfachen Montage in der Gemeinschaft oder in einem Drittland, zu regeln, die in erster Linie auf die Umgehung von Antidumpingmaßnahmen abzielen.“

5

Art. 10 („Rückwirkung“) dieser Verordnung bestimmt in Abs. 1:

„Vorläufige Maßnahmen und endgültige Antidumpingzölle werden nur auf Waren angewendet, die nach dem Zeitpunkt, zu dem der gemäß Artikel 7 Absatz 1 bzw. Artikel 9 Absatz 4 gefasste Beschluss in Kraft tritt, in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden, vorbehaltlich der in dieser Verordnung genannten Ausnahmen.“

6

Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung lautet:

„Eine endgültige Antidumpingmaßnahme tritt fünf Jahre nach ihrer Einführung oder fünf Jahre nach dem Datum des Abschlusses der letzten Überprüfung außer Kraft, die sowohl das Dumping als auch die Schädigung betraf, außer wenn in einer Überprüfung festgestellt wird, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahme wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden. Eine solche Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme wird von der Kommission von Amts wegen oder auf einen von den Gemeinschaftsherstellern oder in deren Namen gestellten Antrag hin eingeleitet, und die Maßnahme bleibt bis zum Abschluss einer solchen Überprüfung in Kraft.“

7

In Art. 13 („Umgehung“) der Verordnung heißt es:

„(1)   Die gemäß dieser Verordnung eingeführten Antidumpingzölle können auf die Einfuhren der gleichartigen Ware aus Drittländern, geringfügig verändert oder nicht, auf die Einfuhren der geringfügig veränderten gleichartigen Ware aus dem von Maßnahmen betroffenen Land oder auf die Einfuhren von Teilen dieser Ware ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet. Antidumpingzölle, die den gemäß Artikel 9 Absatz 5 eingeführten residualen Antidumpingzoll nicht übersteigen, können auf die Einfuhren von Unternehmen in den von Maßnahmen betroffenen Ländern, für die ein unternehmensspezifischer Zoll gilt, ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet. Die Umgehung wird als eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft oder zwischen einzelnen Unternehmen in dem von Maßnahmen betroffenen Land und der Gemeinschaft definiert, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise für eine Schädigung oder dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wird, und wenn erforderlichenfalls im Einklang mit Artikel 2 ermittelte Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten, die für die gleichartige Ware vorher festgestellt wurden, vorliegen.

Als Praxis, Fertigungsprozess oder Arbeit im Sinne des Unterabsatzes 1 gelten unter anderem geringfügige Veränderungen der betroffenen Ware, so dass sie unter Zollcodes fällt, für die die Maßnahmen normalerweise nicht gelten, sofern die Veränderungen ihre wesentlichen Eigenschaften nicht berühren, der Versand der von Maßnahmen betroffenen Ware über Drittländer, die Neuorganisation der Vertriebsmuster und ‑kanäle durch die Ausführer in dem von Maßnahmen betroffenen Land, so dass sie ihre Waren letztlich über Hersteller in die Gemeinschaft ausführen können, für die ein niedrigerer unternehmensspezifischer Zoll gilt als für die Waren der Ausführer, und, unter den in Absatz 2 genannten Umständen, die Montage von Teilen durch einen Montagevorgang in der Gemeinschaft oder einem Drittland.

(2)   Ein Montagevorgang in der Gemeinschaft oder in einem Drittland wird als Umgehung der geltenden Maßnahmen angesehen, wenn

a)

die Montage seit oder kurz vor der Einleitung der Antidumpinguntersuchung begonnen oder erheblich ausgeweitet wurde und die verwendeten Teile ihren Ursprung in dem Land haben, für das Maßnahmen gelten,

c)

die Abhilfewirkung des Zolls durch die Preise und/oder Mengen der montierten gleichartigen Ware untergraben wird und Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten vorliegen, die für gleichartige oder ähnliche Waren früher festgestellt wurden.

(3)   Untersuchungen werden nach Maßgabe dieses Artikels auf Initiative der Kommission oder auf Antrag eines Mitgliedstaats oder jeder anderen interessierten Partei eingeleitet, wenn der Antrag ausreichende Beweise für die in Absatz 1 genannten Faktoren enthält. Die Einleitung erfolgt nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss durch eine Verordnung der Kommission, in der gleichzeitig den Zollbehörden Anweisung gegeben werden kann, die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich zu erfassen oder Sicherheitsleistungen zu verlangen. Die Untersuchungen werden von der Kommission durchgeführt, die von den Zollbehörden unterstützt werden kann, und innerhalb von neun Monaten abgeschlossen. Rechtfertigen die endgültig ermittelten Tatsachen die Ausweitung der Maßnahmen, wird diese Ausweitung vom Rat auf Vorschlag der Kommission nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss eingeführt. Der Vorschlag wird vom Rat angenommen, es sei denn, der Rat beschließt innerhalb eines Monats nach dessen Vorlage durch die Kommission mit einfacher Mehrheit, den Vorschlag abzulehnen. Die Ausweitung gilt ab dem Zeitpunkt, zu dem die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich erfasst wurden oder zu dem Sicherheiten verlangt wurden. Die einschlägigen Verfahrensbestimmungen dieser Verordnung zur Einleitung und Durchführung von Untersuchungen finden Anwendung.

…“

8

Art. 14 Abs. 5 der Grundverordnung lautet:

„Die Kommission kann nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss die Zollbehörden anweisen, geeignete Schritte zu unternehmen, um die Einfuhren zollamtlich zu erfassen, so dass in der Folge Maßnahmen gegenüber diesen Einfuhren vom Zeitpunkt dieser zollamtlichen Erfassung an eingeführt werden können. Die zollamtliche Erfassung der Einfuhren kann auf einen Antrag des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft vorgenommen werden, der ausreichende Beweise für die Rechtfertigung dieser Maßnahme enthält. Die zollamtliche Erfassung wird durch eine Verordnung eingeführt, in der der Zweck dieser Erfassung und, soweit angemessen, der geschätzte Betrag der möglichen zukünftigen Zollschuld angegeben werden. Die Einfuhren dürfen nicht länger als neun Monate zollamtlich erfasst werden.“

9

Art. 18 dieser Verordnung sieht vor:

„(1)   Verweigert eine interessierte Partei den Zugang zu den erforderlichen Informationen oder erteilt sie nicht innerhalb der durch diese Verordnung gesetzten Fristen die erforderlichen Auskünfte oder behindert sie erheblich die Untersuchung, so können vorläufige oder endgültige positive oder negative Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Fakten getroffen werden. …

(6)   Ist eine interessierte Partei nicht oder nur zum Teil zur Mitarbeit bereit und werden maßgebliche Informationen vorenthalten, so kann dies zu einem Ergebnis führen, dass für diese Partei weniger günstig ist, als wenn sie mitgearbeitet hätte.“

Antidumpingverordnungen bezüglich nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas

10

Im Anschluss an eine im Jahr 1989 vom Europäischen Verband der Feuerzeughersteller bei der Europäischen Kommission eingereichten Beschwerde wurde die Verordnung (EWG) Nr. 3433/91 des Rates vom 25. November 1991 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von nicht nachfüllbaren Taschenfeuerzeugen mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in Japan, der Volksrepublik China, der Republik Korea und Thailand und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls (ABl. L 326, S. 1) erlassen.

11

Gemäß Art. 1 dieser Verordnung wurde auf die Einfuhren von nicht nachfüllbaren Taschenfeuerzeugen mit Feuerstein für Gas mit Ursprung u. a. in der Volksrepublik China (im Folgenden: VR China) ein endgültiger Antidumpingzoll erhoben.

12

Nach einer die mögliche Umgehung des Antidumpingzolls betreffenden Untersuchung erging die Verordnung (EG) Nr. 192/1999 des Rates vom 25. Januar 1999 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EWG) Nr. 3433/91 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von nicht nachfüllbaren Taschenfeuerzeugen mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der Volksrepublik China auf die Einfuhren bestimmter nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein mit Ursprung in der Volksrepublik China oder versandt über oder mit Ursprung in Taiwan und auf die Einfuhren nicht nachfüllbarer Feuerzeuge, versandt über oder mit Ursprung in Taiwan, und zur Einstellung des Verfahrens betreffend die Einfuhren nicht nachfüllbarer Feuerzeuge, die über Hongkong und Macao versandt werden (ABl. L 22, S. 1).

13

Art. 1 dieser Verordnung sah die Ausweitung des mit der Verordnung Nr. 3433/91 eingeführten Antidumpingzolls auf die Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas, versandt über oder mit Ursprung in Taiwan, sowie auf die Einfuhren bestimmter nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der VR China oder versandt über oder mit Ursprung in Taiwan vor.

14

Der mit der Verordnung Nr. 3433/91 eingeführte und mit der Verordnung Nr. 192/1999 ausgeweitete Antidumpingzoll wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1824/2001 des Rates vom 12. September 2001 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der Volksrepublik China und versandt über oder mit Ursprung in Taiwan und auf die Einfuhren bestimmter nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein mit Ursprung in der Volksrepublik China und versandt über oder mit Ursprung in Taiwan (ABl. L 248, S. 1) sowie die Verordnung (EG) Nr. 1458/2007 des Rates vom 10. Dezember 2007 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der Volksrepublik China und versandt über bzw. mit Ursprung in Taiwan sowie auf die Einfuhren bestimmter nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein mit Ursprung in der Volksrepublik China und versandt über bzw. mit Ursprung in Taiwan (ABl. L 326, S. 1) aufrechterhalten.

15

In einer am 1. Mai 2012 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten „Bekanntmachung des bevorstehenden Außerkrafttretens bestimmter Antidumpingmaßnahmen“ (ABl. C 127, S. 3) teilte die Kommission mit, dass die Antidumpingmaßnahmen betreffend u. a. die Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der VR China und versandt über oder mit Ursprung in Taiwan am 13. Dezember 2012 außer Kraft treten würden, sofern keine Überprüfung nach dem in Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung definierten Verfahren eingeleitet werde. Da im Anschluss an die Veröffentlichung dieser Bekanntmachung kein ordnungsgemäß begründeter Antrag auf Überprüfung gestellt wurde, kündigte die Kommission in einer am 12. Dezember 2012 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten „Bekanntmachung des Außerkrafttretens bestimmter Antidumpingmaßnahmen“ (ABl. C 382, S. 12) an, dass diese Antidumpingmaßnahmen tatsächlich am 13. Dezember 2012 außer Kraft treten würden.

16

In der Zwischenzeit hatte die Kommission mit Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 548/2012 vom 25. Juni 2012 zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Verordnung (EG) Nr. 1458/2007 des Rates eingeführten Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der Volksrepublik China durch aus Vietnam versandte Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas, ob als Ursprungserzeugnisse Vietnams angemeldet oder nicht, und zur zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren (ABl. L 165, S. 37) eine Untersuchung eingeleitet, um festzustellen, ob durch Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas aus Vietnam in die Union die mit der Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingmaßnahmen umgangen werden.

17

In Art. 2 dieser Verordnung wurden die Zollbehörden der Mitgliedstaaten verpflichtet, nach Art. 13 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 5 der Grundverordnung geeignete Schritte zu unternehmen, um die in Art. 1 der Verordnung Nr. 548/2012 genannten Einfuhren zollamtlich zu erfassen.

18

Die streitige Verordnung wurde im Anschluss an die mit der Verordnung Nr. 548/2012 eingeleitete Untersuchung erlassen, die sich auf den „Berichtszeitraum“ (im Folgenden: BZ) vom 1. April 2011 bis zum 31. März 2012 erstreckte.

19

In den den Umfang der Mitarbeit der vietnamesischen ausführenden Hersteller betreffenden Erwägungsgründen 28 bis 30 und 36 der streitigen Verordnung heißt es:

„(28)

Wie in Erwägungsgrund 18 erläutert, antworteten sieben Unternehmen auf den Fragebogen. Die von diesen Unternehmen für den BZ angegebene Zahl der insgesamt in die Union verkauften Feuerzeuge liegt über 100 % der in der COMEXT‑Datenbank von Eurostat als insgesamt in die Union eingeführt erfassten Feuerzeuge. Auch wenn davon ausgegangen wurde, dass die in den Antworten angegebenen Mengen unzuverlässig waren (siehe unten, Erwägungsgrund 29), sind diese Zahlen dennoch ein Hinweis dafür, dass die Mitarbeit hoch war und die untersuchten Unternehmen repräsentativ sind.

(29)

Während der Kontrollbesuche in den Betrieben der sieben ausführenden Hersteller in Vietnam stellte sich heraus, dass die von ihnen übermittelten Informationen für die Zwecke konkreter Untersuchungsergebnisse nicht als zuverlässig erachtet werden konnten. So hatten die sieben Unternehmen falsche Angaben zu ihren Produktionsmengen, den Einfuhren einzelner Feuerzeugteile und zum Gesamtumsatz gemacht. Ferner stellte die Kommission fest, dass ein Teil der Geschäfte, die sich auf die untersuchte Ware bezogen, nicht in der offiziellen Buchführung enthalten war und dass bestimmte Montagevorgänge von nicht gemeldeten Subunternehmern ausgeführt wurden. Des Weiteren waren die aus der VR China eingeführten Teile gar nicht oder falsch angegeben und ein Teil der Verkäufe nicht in den Büchern der Unternehmen verbucht worden. Aus diesen Gründen war es insbesondere nicht möglich, sich ein verlässliches Bild von der Gesamtproduktion und vom Gesamtumsatz der betroffenen Unternehmen zu machen oder die tatsächlichen Verkaufspreise für die untersuchte Ware und die Kosten für die wichtigsten Produktionsmittel (z. B. Gas) mit den Antworten auf den Fragebogen abzugleichen.

(30)

In Anbetracht der in Erwägungsgrund 29 dargestellten Situation wurden die ausführenden Hersteller darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Kommission im Einklang mit Artikel 18 der Grundverordnung beabsichtigte, ihre Feststellungen und Schlussfolgerungen auf der Grundlage der besten verfügbaren Informationen zu treffen. …

(36)

Aus den vorstehenden Gründen mussten die Antidumpingfeststellungen in Bezug auf aus Vietnam in die Union eingeführte nicht nachfüllbare Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas nach Artikel 18 Absatz 1 der Grundverordnung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen getroffen werden. Damit die Untersuchung nicht dadurch behindert wird, dass die Parteien die erforderlichen Informationen nicht erteilt haben, hat die Kommission zur Ermittlung der insgesamt aus Vietnam in die Union eingeführten Mengen der betroffenen Ware die nicht nachprüfbaren Angaben der vietnamesischen Hersteller durch andere verfügbare Daten (z. B. Daten aus der COMEXT‑Datenbank) und zur Ermittlung des Anteils der Bauteile mit Ursprung in der VR China (siehe Erwägungsgrund 50) durch im Antrag enthaltene Kostendaten ersetzt.“

20

Der den Umfang der Mitarbeit der chinesischen ausführenden Hersteller betreffende 37. Erwägungsgrund dieser Verordnung lautet:

„Keiner der chinesischen ausführenden Hersteller hat an der Untersuchung mitgearbeitet. Aus den vorstehenden Gründen mussten deshalb die Antidumpingfeststellungen in Bezug auf die Einfuhren der betroffenen Ware in die Union und die Ausfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der VR China nach Vietnam gemäß Artikel 18 Absatz 1 der Grundverordnung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen getroffen werden. Zur Ermittlung der Gesamtausfuhren aus der VR China nach Vietnam wurden Daten der UN Comtrade Statistik verwendet.“

21

Die die Veränderung des Handelsgefüges betreffenden Erwägungsgründe 38 bis 44 dieser Verordnung besagen:

„2.4.

Veränderung des Handelsgefüges

Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas in die Union

(38)

Die Einfuhren der betroffenen Ware mit Ursprung in der VR China sind seit Einführung der Maßnahme im Jahr 1991 zurückgegangen. Die Einfuhren sind auch nach den verschiedenen Änderungen und Ausweitungen der Maßnahmen in den Jahren 1995, 1999, 2001 und 2007 auf einem geringen Niveau geblieben.

(39)

Im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2012 waren die Einfuhren von Feuerzeugen aus der VR China mit rund 50 Mio. Stück (2008 und 2009), 70 Mio. Stück (2010) bzw. 60 Mio. Stück (2011 und BZ) relativ stabil. Hierbei handelte es sich allerdings nur um nachfüllbare Modelle und elektrische Piezo-Feuerzeuge, die nicht Gegenstand der Maßnahmen sind.

(40)

Die Einfuhren der untersuchten Ware aus Vietnam sind im Laufe der Zeit gestiegen. Während es 1997 praktisch keine Einfuhren der untersuchten Waren aus Vietnam gab, sind die Einfuhren der untersuchten Waren seit 2007 drastisch gestiegen.

(41)

Im BZ stammten 84 % aller Einfuhren in die Union aus Vietnam.

Einfuhren nicht nachfüllbarer Feuerzeuge aus Vietnam in die Union (in % der Gesamteinfuhren in die EU)

 

2008

2009

2010

2011

BZ

Marktanteil

80 %

84 %

83 %

84 %

84 %

Quelle: Statistische Angaben im Antrag.

Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam

(42)

Während des [Untersuchungszeitraums] wurden Teile für Feuerzeuge mit Feuerstein aus der VR China nach Vietnam ausgeführt. Vietnam ist das wichtigste Ausfuhrland für aus der VR China stammende Bauteile für Feuerzeuge mit Feuerstein. Den im Antrag enthaltenen statistischen Angaben ist zu entnehmen, dass die Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam seit 1999 erheblich zugenommen haben. 1999 handelte es sich bei weniger als 3 % der Gesamtausfuhren aus der VR China nach Vietnam um Feuerzeugteile; 2010 war Vietnam mit 26 % der Ausfuhren das wichtigste Ausfuhrziel für Feuerzeugteile. Somit wären die Ausfuhren von weniger als 50 Mio. auf 200 Mio. fertiger Feuerzeuge gestiegen.

In Vietnam hergestellte nicht nachfüllbare Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas

(43)

Da die von den vietnamesischen Herstellern übermittelten Angaben nicht berücksichtigt werden konnten, standen keine nachprüfbaren Informationen zur etwaigen tatsächlichen Produktion nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas zur Verfügung.

2.5.

Schlussfolgerung zur Veränderung des Handelsgefüges

(44)

Der allgemeine Rückgang der Ausfuhren aus der VR China in die Union, der seit 2007 zu beobachtende Anstieg der Ausfuhren aus Vietnam in die Union sowie die erhebliche Zunahme der Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam seit 1999 stellte[n] eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen der VR China und Vietnam einerseits und der Union andererseits dar.“

22

Art. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„(1)   Der mit Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung [Nr. 1458/2007] eingeführte endgültige Antidumpingzoll auf die Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der Volksrepublik China wird auf aus der Sozialistischen Republik Vietnam versandte Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas, ob als Ursprungserzeugnis Vietnams angemeldet oder nicht, die derzeit unter dem KN-Code ex 9613 10 00 eingereiht werden, ausgeweitet.

(2)   Der mit Absatz 1 ausgeweitete Zoll wird für den Zeitraum vom 27. Juni 2012 bis zum 13. Dezember 2012 auf aus Vietnam versandte Einfuhren erhoben, ob als Ursprungserzeugnis Vietnams angemeldet oder nicht, die nach Artikel 2 der Verordnung [Nr. 548/2012] sowie Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 5 der [Grundverordnung] zollamtlich erfasst wurden.

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

23

Zwischen August und Dezember 2012 überführte APEX, eine internationale Spedition, 4024080 aus Vietnam versandte nicht nachfüllbare Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas in den freien Verkehr der Union.

24

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 26. März 2013 verlangte das Hauptzollamt Hamburg-Stadt von APEX auf der Grundlage der streitigen Verordnung für diese Überführung in den freien Verkehr die Zahlung von Antidumpingzöllen in Höhe von 261565,20 Euro.

25

Am 15. April 2013 legte APEX gegen diesen Abgabenbescheid Einspruch ein. Nach der Zurückweisung dieses Einspruchs durch Bescheid des Hauptzollamts Hamburg-Stadt vom 5. Juni 2013 erhob APEX am 5. Juli 2013 Klage beim Finanzgericht Hamburg.

26

Dieses Gericht bezweifelt zum einen, ob der Rat den mit der Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingzoll ausweiten durfte, da diese Verordnung zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verordnung nicht mehr in Kraft war. Aus dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung, insbesondere aus der Wendung „wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet“, gehe nämlich hervor, dass Antidumpingmaßnahmen nur ausgeweitet werden könnten, wenn sie in Kraft seien, nicht aber, wenn sie ausgelaufen seien. Die Systematik und der Zweck der Antidumpingmaßnahmen sprächen ebenfalls für diese Auslegung. So stelle die Verhängung von Antidumpingzöllen keine Sanktion für früheres Verhalten dar, sondern eine Verteidigungs- und Schutzmaßnahme gegen den aus Dumpingpraktiken resultierenden unlauteren Wettbewerb, die für die Zukunft gedumpte Einfuhren verhindern oder wirtschaftlich uninteressant machen solle.

27

Das Finanzgericht Hamburg räumt jedoch ein, dass die Wendung „wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet“ auch so verstanden werden könne, dass sie den Wirkungszeitraum der Ausweitung des Antidumpingzolls und nicht den Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung zur Ausweitung dieses Zolls betreffe. Art. 13 Abs. 3 Satz 6 der Grundverordnung sehe ausdrücklich die rückwirkende Ausweitung eines Antidumpingzolls ab dem Zeitpunkt vor, zu dem die Einfuhren gemäß Art. 14 Abs. 5 der Grundverordnung zollamtlich erfasst worden seien. Außerdem diene nach dem Zweck und der Systematik der Grundverordnung eine Verordnung zur Ausweitung von Antidumpingmaßnahmen allein dazu, ihre Wirksamkeit zu gewährleisten und ihre Umgehung zu verhindern. Eine solche Verordnung habe daher im Verhältnis zu den ursprünglichen Antidumpingmaßnahmen nur akzessorischen Charakter, was bedeuten könnte, dass Art. 13 der Grundverordnung keinen Zeitpunkt enthalte, bis zu dem eine Verordnung zur Ausweitung eines Antidumpingzolls erlassen werden könne.

28

Zum anderen hält es das Finanzgericht Hamburg für wenig wahrscheinlich, dass die in Art. 13 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Grundverordnung vorgesehenen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Umgehung im vorliegenden Fall erfüllt seien.

29

Erstens sei die in Art. 13 Abs. 1 Satz 3 der Grundverordnung angesprochene Veränderung des Handelsgefüges zwischen den betreffenden Drittländern – der VR China und Vietnam – und der Union nicht dargetan worden. Die Zahlenangaben zu den Einfuhren der betreffenden Ware aus der VR China seien nicht präzise genug oder, wie die Angaben im 39. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung, irrelevant. Zudem erstreckten sich die Angaben zu den Einfuhren aus Vietnam im 40. Erwägungsgrund der Verordnung weder auf das Jahr 2007 noch auf die Jahre davor und könnten nur unvollkommen zu den die Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam betreffenden Ausführungen im 42. Erwägungsgrund der Verordnung in Beziehung gesetzt werden.

30

Überdies fielen der Rückgang der Einfuhren der betreffenden Ware aus der VR China im Lauf des Jahres 1991, der Anstieg der Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam ab dem Jahr 1999 und der Anstieg der Einfuhren der betreffenden Ware aus Vietnam in die Union im Lauf des Jahres 2007 zeitlich auseinander. Das Finanzgericht Hamburg sei sich bewusst, dass Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung keine zeitlichen Anforderungen in Bezug auf die Veränderung des Handelsgefüges aufstelle. Es bedürfe jedoch einer besonderen Erklärung, wenn sich das Handelsgefüge zwischen den Drittländern und der Union erst etliche Jahre nach Einführung der Antidumpingmaßnahmen verändert habe.

31

Außerdem lasse sich der streitigen Verordnung nicht entnehmen, warum dem Anstieg der Einfuhren der betreffenden Ware aus Vietnam nicht unmittelbar ein Anstieg der Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam vorausgegangen sei und ob der Anstieg der Einfuhren von Feuerzeugen aus Vietnam seit 2007 mit einem Rückgang der Einfuhren von Feuerzeugen aus China in vergleichbarer Größenordnung korrespondiere.

32

Zweitens sei zweifelhaft, ob die Voraussetzungen von Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Grundverordnung erfüllt seien. Zum einen könnten die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Montagevorgänge nicht „seit oder kurz vor der Einleitung der Antidumpinguntersuchung begonnen oder erheblich ausgeweitet“ worden sein. Zum anderen sei es wenig wahrscheinlich, dass diese Vorgänge keine andere hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung als die Vermeidung der mit der Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingmaßnahmen gehabt hätten. Sie hätten u. a. aufgrund niedriger Lohnkosten gerechtfertigt sein können.

33

Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Hamburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist die streitige Verordnung unwirksam, weil zum Zeitpunkt ihres Erlasses der mit der Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführte Antidumpingzoll, dessen Ausweitung angeordnet werden sollte, bereits ausgelaufen war?

2.

Sofern Frage 1 verneint wird: Ist die streitige Verordnung unwirksam, weil eine Umgehung der mit der Verordnung Nr. 1458/2007 angeordneten Maßnahme im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung nicht festzustellen ist?

Zu den Vorlagefragen

34

Mit seinen Vorlagefragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die streitige Verordnung ungültig ist, weil sie erlassen wurde, obwohl die Verordnung Nr. 1458/2007 nicht mehr in Kraft war, und weil der Rat das Bestehen einer Umgehung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung nicht rechtlich hinreichend dargetan hat.

Vorbemerkungen

35

APEX hat in ihren beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen einen Grund für die Ungültigkeit der streitigen Verordnung angeführt, der vom vorlegenden Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen nicht aufgegriffen wurde. Sie hat geltend gemacht, ab Herbst 2012 sei klar gewesen, dass die mit der Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführten Maßnahmen nicht verlängert würden, da mit den Einfuhren der betreffenden Ware aus der VR China kein Dumpingrisiko mehr verbunden gewesen sei. In diesem Kontext könne die Abhilfewirkung des betreffenden Antidumpingzolls nicht mehr als untergraben im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung angesehen werden.

36

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs beruht das Verfahren nach Art. 267 AEUV auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof, so dass nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen, die es dem Gerichtshof stellt, zu beurteilen hat (Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 26).

37

Zudem eröffnet nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 267 AEUV den Parteien eines bei einem innerstaatlichen Gericht anhängigen Rechtsstreits keinen Rechtsweg, so dass der Gerichtshof nicht gehalten sein kann, die Frage der Gültigkeit von Unionsrecht zu prüfen, nur weil eine der Parteien diese Frage in ihren schriftlichen Erklärungen vor ihm aufgeworfen hat (vgl. Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38

Unter diesen Umständen ist die Prüfung der Gültigkeit der streitigen Verordnung nicht auf Gründe zu erstrecken, die das vorlegende Gericht nicht angeführt hat.

Zum Ungültigkeitsgrund, der sich darauf stützt, dass die streitige Verordnung erlassen wurde, obwohl die Verordnung Nr. 1458/2007 nicht mehr in Kraft war

39

Das vorlegende Gericht stellt die Gültigkeit der streitigen Verordnung, mit der die durch die Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingmaßnahmen am Ende der Untersuchung einer mutmaßlichen Umgehung nach Art. 13 der Grundverordnung ausgeweitet wurden, erstens deshalb in Frage, weil sie erlassen worden sei, obwohl die Verordnung Nr. 1458/2007 nicht mehr in Kraft gewesen sei, und weil sie zu einer ausschließlich rückwirkenden Erhebung des ausgeweiteten Antidumpingzolls ab dem Zeitpunkt der zollamtlichen Erfassung der Einfuhren bis zum Auslaufen dieser Maßnahmen geführt habe.

40

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Unionsorgane nach Art. 13 der Grundverordnung, wenn sie feststellen, dass Antidumpingmaßnahmen umgangen werden, diese Maßnahmen auf die Einfuhren gleichartiger Ware, geringfügig verändert oder nicht, aus anderen Drittländern als dem von Maßnahmen betroffenen Land ausweiten können.

41

Für die Zwecke der Prüfung des vom vorlegenden Gericht angeführten Unzulässigkeitsgrundes ist zu ermitteln, ob Art. 13 der Grundverordnung den Erlass eines Beschlusses zur Ausweitung von Antidumpingmaßnahmen gestattet, obwohl diese Maßnahmen ausgelaufen sind.

42

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Bestimmung der Bedeutung einer Vorschrift des Unionsrechts – hier von Art. 13 der Grundverordnung – sowohl ihr Wortlaut als auch ihr Zusammenhang und ihre Ziele zu berücksichtigen (Urteil Angerer, C‑477/13, EU:C:2015:239, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43

Zum Wortlaut von Art. 13 der Grundverordnung ist festzustellen, dass er neben der in seinem Abs. 3 aufgestellten Verpflichtung, die Untersuchung innerhalb einer Frist von neun Monaten nach ihrer Einleitung abzuschließen, keine Angaben zum Zeitpunkt des Erlasses eines etwaigen Beschlusses zur Ausweitung der Antidumpingmaßnahmen enthält.

44

Zwar heißt es in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Grundverordnung, dass Antidumpingmaßnahmen ausgeweitet werden können, „wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet“. Dieser Satz soll jedoch die Fälle umschreiben, in denen ein Beschluss zur Ausweitung von Antidumpingmaßnahmen ergehen kann. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der Bezugnahme auf die „geltenden Maßnahmen“ dazu Stellung nehmen wollte, wann ein solcher Ausweitungsbeschluss zu erlassen ist, und somit seinen Erlass verbieten wollte, wenn die von einer Umgehung betroffenen Antidumpingmaßnahmen ausgelaufen sind.

45

Die Bezugnahme auf die „geltenden Maßnahmen“ in Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung bedeutet vielmehr, dass der Anwendungszeitraum der ausgeweiteten Antidumpingmaßnahmen nicht über den Zeitraum hinausgehen darf, in dem die Antidumpingmaßnahmen in Kraft sind, auf die sich die Ausweitung bezieht.

46

Wie der Generalanwalt in Nr. 31 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, folgt daraus, dass nach der Analyse des Wortlauts von Art. 13 der Grundverordnung die Möglichkeit, eine Verordnung zur Ausweitung ausgelaufener Antidumpingmaßnahmen zu erlassen, nicht ausgeschlossen werden kann.

47

Die Analyse des Kontexts, in den sich Art. 13 der Grundverordnung einfügt, sowie der Ziele dieses Artikels und, allgemeiner, der Verordnung bestätigt, dass eine Verordnung zur Ausweitung von Antidumpingmaßnahmen auch nach dem Auslaufen dieser Maßnahmen erlassen werden kann, wobei die Maßnahmen jedoch nur für den vor dem Auslaufen liegenden Zeitraum ausgeweitet werden dürfen, so dass die ausgeweiteten Maßnahmen ausschließlich rückwirkenden Charakter haben.

48

Erstens ist insoweit darauf hinzuweisen, dass in Art. 10 Abs. 1 der Grundverordnung zwar das Rückwirkungsverbot von Antidumpingmaßnahmen – die grundsätzlich nur auf nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung in den zollrechtlich freien Verkehr überführte Waren angewendet werden dürfen – verankert ist, doch weichen mehrere Bestimmungen der Grundverordnung davon ab. Diese Bestimmungen gestatten nämlich die Anwendung von Antidumpingmaßnahmen auf vor dem Inkrafttreten der Verordnung, mit der die Maßnahmen eingeführt wurden, in den zollrechtlich freien Verkehr überführte Waren, sofern die betreffenden Einfuhren gemäß Art. 14 Abs. 5 der Grundverordnung zollrechtlich erfasst wurden.

49

Speziell in Bezug auf die Regeln über die Umgehung bestimmt Art. 13 Abs. 3 Satz 2 der Grundverordnung, dass die Untersuchung durch eine Verordnung der Kommission eingeleitet wird, in der gleichzeitig den Zollbehörden Anweisung gegeben werden kann, die Einfuhren gemäß Art. 14 Abs. 5 dieser Verordnung zollamtlich zu erfassen oder Sicherheitsleistungen zu verlangen. Art. 13 Abs. 3 Satz 6 der Verordnung sieht vor, dass die Ausweitung der Antidumpingmaßnahmen ab dem Zeitpunkt gilt, zu dem die Einfuhren gemäß Art. 14 Abs. 5 der Verordnung zollamtlich erfasst wurden. Somit gestattet die Grundverordnung die rückwirkende Erhebung von Antidumpingzöllen, die durch eine auf der Grundlage ihres Art. 13 erlassenen Ausweitungsverordnung ausgeweitet wurden.

50

Zweitens ergibt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs insbesondere aus dem 19. Erwägungsgrund und aus Art. 13 der Grundverordnung, dass eine Verordnung zur Ausweitung eines Antidumpingzolls allein bezweckt, seine Wirksamkeit zu gewährleisten und seine Umgehung zu verhindern. Außerdem zielt die Verpflichtung, die betreffenden Einfuhren zollamtlich zu erfassen, im speziellen Kontext einer solchen Umgehung auch auf die Effizienz der ausgeweiteten endgültigen Maßnahmen ab, indem sie die rückwirkende Erhebung der Zölle ermöglicht, um zu verhindern, dass die anzuwendenden endgültigen Maßnahmen ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt werden (Urteil Paltrade, C‑667/11, EU:C:2013:368, Rn. 28 und 29).

51

Wie der Generalanwalt in Nr. 36 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, würde aber das mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der Umgehung verfolgte Wirksamkeitsziel gefährdet, wenn man die Auffassung vertreten würde, dass eine Verordnung zur Ausweitung von Antidumpingmaßnahmen nicht nach dem Auslaufen dieser Maßnahmen erlassen werden darf. Dürfte eine solche Verordnung dann nicht mehr erlassen werden, könnte nämlich der Schutz der Abhilfewirkung der Antidumpingmaßnahmen mittels des in Art. 13 der Grundverordnung vorgesehenen Verfahrens durch die während des Zeitraums der Untersuchung der Umgehung getätigten Einfuhren in Frage gestellt werden. In der Praxis liefe dies darauf hinaus, dass die praktische Wirksamkeit der Antidumpingmaßnahmen nicht bis zum Ende ihres Anwendungszeitraums, der nach Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung grundsätzlich fünf Jahre beträgt, gewährleistet werden könnte.

52

Dürfte eine Verordnung zur Ausweitung von Antidumpingmaßnahmen im Sinne von Art. 13 Abs. 3 der Grundverordnung nach dem Auslaufen dieser Maßnahmen nicht mehr erlassen werden, wäre die Kommission, wie der Generalanwalt in Nr. 55 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, überdies gegebenenfalls gezwungen, ihre Untersuchung innerhalb einer kürzeren als der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist von neun Monaten abzuschließen. Desgleichen wäre der Erlass einer solchen Verordnung unmittelbar vor dem Auslaufen der durch sie ausgeweiteten Maßnahmen zulässig, unmittelbar danach aber unzulässig, ohne dass es dafür eine rechtliche oder logische Rechtfertigung gäbe.

53

Drittens hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Maßnahme zur Ausweitung eines endgültigen Antidumpingzolls im Verhältnis zu dem ursprünglichen Rechtsakt, mit dem dieser Zoll eingeführt wurde, nur akzessorischen Charakter hat (Urteil Paltrade, C‑667/11, EU:C:2013:368, Rn. 28).

54

Zwar folgt aus dieser Feststellung, dass die ausgeweiteten Maßnahmen das Auslaufen der Maßnahmen, auf die sich die Ausweitung bezieht, nicht überdauern können, doch kann aus der zwischen ihnen bestehenden Verknüpfung nicht abgeleitet werden, dass der Beschluss zur Einführung Ersterer vor dem Auslaufen Letzterer ergehen muss.

55

Aus der vorstehenden Analyse ist zu schließen, dass Art. 13 der Grundverordnung dem Erlass einer Verordnung zur Ausweitung außer Kraft getretener Antidumpingmaßnahmen nicht entgegensteht, sofern zum einen die Ausweitung ausschließlich den Zeitraum vor dem Auslaufen dieser Maßnahmen betrifft und zum anderen die zollamtliche Erfassung der betreffenden Einfuhren gemäß Art. 13 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 5 der Grundverordnung angeordnet wurde oder gegebenenfalls zu dem Zeitpunkt, zu dem die Untersuchung der Umgehung eingeleitet wurde, Sicherheiten verlangt wurden, um die rückwirkende Anwendung der ausgeweiteten Maßnahmen ab dem Zeitpunkt der zollamtlichen Erfassung zu ermöglichen.

56

Im Ausgangsverfahren liefen die mit der Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingmaßnahmen am 13. Dezember 2012 aus, während die streitige Verordnung, mit der diese Maßnahmen auf die aus Vietnam versandten Einfuhren ausgeweitet wurden, erst am 18. März 2013 erlassen wurde. Die Kommission hatte jedoch unstreitig schon am 25. Juni 2012 durch die Verordnung Nr. 548/2012 eine Untersuchung eingeleitet, um zu klären, ob mit diesen Einfuhren die genannten Maßnahmen umgangen wurden, und die Zollbehörden verpflichtet, geeignete Schritte zu unternehmen, um die Einfuhren zollamtlich zu erfassen.

57

Überdies wurde in Art. 1 Abs. 2 der streitigen Verordnung die Erhebung des ausgeweiteten Zolls auf Einfuhren beschränkt, die in der Zeit vom 27. Juni 2012, an dem die Verordnung Nr. 548/2012 in Kraft trat, bis zum 13. Dezember 2012, an dem die mit der Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingmaßnahmen ausliefen, aus Vietnam versandt wurden.

58

Unter diesen Umständen ist im Licht der Erwägungen in Rn. 55 des vorliegenden Urteils festzustellen, dass der Rat durch den Erlass der streitigen Verordnung zu einem Zeitpunkt, zu dem die mit der Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingmaßnahmen bereits ausgelaufen waren, nicht die aus Art. 13 der Grundverordnung resultierenden Erfordernisse verletzt hat, da zum einen die Ausweitung dieser Antidumpingmaßnahmen ausschließlich den Zeitraum vor ihrem Auslaufen betraf und zum anderen, als die Untersuchung der Umgehung eingeleitet wurde, die zollamtliche Erfassung der betreffenden Einfuhren gemäß Art. 13 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 5 der Grundverordnung angeordnet worden war, um die rückwirkende Anwendung der ausgeweiteten Maßnahmen zu ermöglichen.

59

Somit kann der Umstand, dass die Verordnung Nr. 1458/2007 zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verordnung nicht mehr in Kraft war, nicht zu deren Ungültigkeit führen.

Zum Ungültigkeitsgrund, der sich darauf stützt, dass das Vorliegen einer Umgehung nicht rechtlich hinreichend dargetan worden sei

60

Das vorlegende Gericht stellt die Gültigkeit der streitigen Verordnung zweitens deshalb in Frage, weil der Rat das Vorliegen einer Umgehung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung nicht rechtlich hinreichend dargetan habe. Er habe nämlich weder eine Veränderung des Handelsgefüges nachgewiesen noch das Vorliegen von Montagevorgängen, die seit oder kurz vor der Einleitung der Antidumpinguntersuchung begonnen oder erheblich ausgeweitet worden seien und keine andere wirtschaftliche Rechtfertigung als die Vermeidung der mit der Verordnung Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingmaßnahmen gehabt hätten.

61

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs verfügen die Unionsorgane im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik, insbesondere im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen, wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen. Die gerichtliche Kontrolle einer entsprechenden Beurteilung ist daher darauf zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62

Speziell in Bezug auf die Umgehung von Antidumpingmaßnahmen heißt es in Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung, dass eine solche Umgehung in einer Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Union besteht, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise für eine Schädigung oder dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wird.

63

Nach Art. 13 Abs. 3 der Grundverordnung obliegt es der Kommission, auf der Grundlage von Anscheinsbeweisen für Umgehungspraktiken eine Untersuchung einzuleiten. Lassen die im Laufe dieser Untersuchung ermittelten Tatsachen die Schlussfolgerung zu, dass eine solche Umgehung vorliegt, schlägt die Kommission dem Rat die Ausweitung der Antidumpingmaßnahmen vor (Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 31).

64

Allerdings verleiht keine Bestimmung der Grundverordnung der Kommission im Rahmen einer Untersuchung des Vorliegens einer Umgehung die Befugnis, die von einem Antidumpingantrag betroffenen Hersteller oder Ausführer zur Mitwirkung an der Untersuchung oder zur Erteilung von Auskünften zu zwingen. Die Kommission ist somit von der freiwilligen Mitarbeit der interessierten Parteien abhängig, um an die erforderlichen Informationen zu gelangen (Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 32).

65

Deshalb hat der Unionsgesetzgeber in Art. 18 Abs. 1 der Grundverordnung für den Fall, dass eine interessierte Partei den Zugang zu den erforderlichen Informationen verweigert, die erforderlichen Auskünfte nicht erteilt oder die Untersuchung erheblich behindert, vorgesehen, dass vorläufige oder endgültige positive oder negative Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Fakten getroffen werden können (Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 33).

66

Außerdem kann nach Art. 18 Abs. 6 der Grundverordnung, wenn eine interessierte Partei nicht oder nur zum Teil zur Mitarbeit bereit ist und maßgebliche Informationen vorenthalten werden, dies zu einem Ergebnis führen, das für diese Partei weniger günstig ist, als wenn sie mitgearbeitet hätte (Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 34).

67

In der Grundverordnung und insbesondere in ihrem Art. 13 Abs. 3 wird zwar der Grundsatz aufgestellt, dass die Unionsorgane die Beweislast für eine Umgehung tragen, doch zielen die Abs. 1 und 6 von Art. 18 dieser Verordnung deutlich auf eine Beweislasterleichterung ab, indem sie für den Fall mangelnder Bereitschaft interessierter Parteien zur Mitarbeit vorsehen, dass die Unionsorgane die Feststellungen einer Untersuchung des Vorliegens einer Umgehung auf der Grundlage der verfügbaren Fakten treffen können und dass die Parteien, die nicht zur Mitarbeit an der Untersuchung bereit waren, Gefahr laufen, sich in einer weniger günstigen Lage wiederzufinden (Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 35).

68

Gewiss ergibt sich aus Art. 18 der Grundverordnung, dass der Unionsgesetzgeber keine gesetzliche Vermutung aufstellen wollte, die es erlaubt, aus einer mangelnden Bereitschaft der interessierten Parteien zur Mitarbeit unmittelbar auf das Vorliegen einer Umgehung zu schließen, und die damit die Unionsorgane von jedem Beweiserfordernis befreit. Gleichwohl liegt es in Anbetracht der Möglichkeit, Feststellungen selbst endgültiger Art auf der Grundlage der verfügbaren Fakten zu treffen und eine Partei, die nicht oder nur teilweise zur Mitarbeit bereit ist, weniger günstig zu behandeln, als wenn sie mitgearbeitet hätte, ebenso klar auf der Hand, dass es den Unionsorganen gestattet ist, sich auf ein Bündel übereinstimmender Indizien zu stützen, die auf das Vorliegen einer Umgehung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung schließen lassen (Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 36).

69

Jede andere Lösung würde die Gefahr bergen, die Wirksamkeit der handelspolitischen Schutzmaßnahmen der Union immer dann zu untergraben, wenn die Unionsorgane im Rahmen einer Untersuchung zur Feststellung einer Umgehung mit mangelnder Bereitschaft zur Mitarbeit konfrontiert sind (Urteil Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 37).

70

Im Licht dieser Erwägungen ist der zweite vom vorlegenden Gericht geltend gemachte Unzulässigkeitsgrund zu prüfen.

71

Hierzu geht aus den Erwägungsgründen 28 bis 36 der streitigen Verordnung hervor, dass sieben vietnamesische ausführende Hersteller an der Untersuchung der im Ausgangsverfahren fraglichen Umgehung mitarbeiteten. Allerdings stellte die Kommission bei den Kontrollbesuchen in den Betrieben dieser ausführenden Hersteller fest, dass die ihr übermittelten Informationen nicht als zuverlässig erachtet werden konnten. Außerdem arbeiteten nach den Angaben im 37. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung die chinesischen ausführenden Hersteller nicht mit.

72

Daher mussten die Feststellungen in Bezug auf die Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in Vietnam und der VR China in die Union sowie die Feststellungen in Bezug auf die Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam gemäß Art. 18 Abs. 1 der Grundverordnung getroffen werden. Dabei stützte sich die Kommission u. a. auf die COMEXT‑Datenbank von Eurostat, auf dem Antrag, der zur Einleitung der Untersuchung der Umgehung führte, beigefügte Daten der UN Comtrade Statistik sowie auf weitere in diesem Antrag enthaltene Daten.

73

Diese Informationen ermöglichten der Kommission, die die Untersuchung, auf deren Grundlage die streitige Verordnung erging, durchführte, und dem Rat, der diese Verordnung erließ, erstens die im 38. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung getroffene Feststellung, dass die Einfuhren der betroffenen Ware mit Ursprung in der VR China im Lauf des Jahres 1991, als erstmals Antidumpingmaßnahmen eingeführt worden waren, zurückgingen und seitdem auf einem geringen Niveau blieben. Zweitens wurde in den Erwägungsgründen 40 und 41 dieser Verordnung darauf verwiesen, dass die Einfuhren der betroffenen Ware aus Vietnam in die Union seit 2007 drastisch gestiegen waren, im Jahr 2008 80 % aller Einfuhren dieser Ware in die Union ausmachten und im BZ 84 % der gesamten Einfuhren erreichten. Drittens enthält der 42. Erwägungsgrund der Verordnung die Angabe, dass die Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam seit 1999 erheblich zugenommen hatten und im Jahr 2010 26 % aller Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China ausmachten.

74

Daraus wurde im 44. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung geschlossen, dass der allgemeine Rückgang der Ausfuhren aus der VR China in die Union, der seit 2007 zu beobachtende Anstieg der Ausfuhren aus Vietnam in die Union sowie die erhebliche Zunahme der Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam seit 1999 eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen der VR China und Vietnam einerseits und der Union andererseits darstellten.

75

Zwar heißt es in der streitigen Verordnung, dass die Einfuhren der betroffenen Ware aus der VR China in die Union im Jahr 2007 auf einem geringen Niveau gelegen hätten und dass die Einfuhren dieser Ware aus Vietnam in die Union ab demselben Jahr drastisch gestiegen seien, doch geht aus ihr auch hervor, dass die Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam schon seit 1999 zunahmen.

76

Folglich kann nicht in stichhaltiger Weise festgestellt werden, dass ein Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Ausfuhren von Feuerzeugteilen aus der VR China nach Vietnam und dem Anstieg der Einfuhren der betreffenden Ware aus Vietnam in die Union besteht.

77

Somit haben sich der Rat und die Kommission nicht auf ein Bündel hinreichend übereinstimmender Indizien im Sinne der in Rn. 68 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung gestützt, die es ihnen erlaubt hätten, auf das Vorliegen einer Umgehung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung zu schließen.

78

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass die streitige Verordnung ungültig ist.

Kosten

79

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 260/2013 des Rates vom 18. März 2013 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingzolls auf Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus der Sozialistischen Republik Vietnam versandte nicht nachfüllbare Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas, ob als Ursprungserzeugnis Vietnams angemeldet oder nicht, ist ungültig.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.