URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)
26. November 2015 ( * )
„Vorlage zur Vorabentscheidung — Wettbewerb — Art. 101 Abs. 1 AEUV — Anwendung einer entsprechenden nationalen Vorschrift — Zuständigkeit des Gerichtshofs — Begriff ‚Vereinbarung, die eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt‘ — Geschäftsraummietverträge — Einkaufszentren — Recht des Referenzmieters, der Vermietung von Gewerbeflächen durch den Vermieter an Dritte zu widersprechen“
In der Rechtssache C‑345/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof, Lettland) mit Entscheidung vom 11. Juli 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Juli 2014, in dem Verfahren
SIA „Maxima Latvija“
gegen
Konkurences padome
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe (Berichterstatterin),
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
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der SIA „Maxima Latvija“, vertreten durch M. Gailis und L. Mervina, advokāti, sowie A. Šteinmanis, |
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der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kalniņš und J. Treijs-Gigulis als Bevollmächtigte, |
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der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Eberhard als Bevollmächtigten, |
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der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten, |
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der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Khan, F. Ronkes Agerbeek und I. Rubene als Bevollmächtigte, |
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
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Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 101 Abs. 1 AEUV. |
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Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der SIA „Maxima Latvija“ (im Folgenden: Maxima Latvija) und der Konkurences padome (Wettbewerbsrat) über eine Geldstrafe, die Letztere der Maxima Latvija auferlegte, da diese eine Reihe von Geschäftsraummietverträgen mit Einkaufszentren geschlossen hatte, die eine Klausel mit wettbewerbswidrigem Zweck enthielten. |
Rechtlicher Rahmen
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In Art. 11 Abs. 1 des Konkurences likums (Wettbewerbsgesetz) heißt es: „Vereinbarungen zwischen Wirtschaftsbeteiligten, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb Lettlands bezwecken oder bewirken, sind verboten und von Anfang an nichtig; dazu gehören insbesondere Vereinbarungen über …
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Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
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Maxima Latvija ist ein lettisches Unternehmen im Bereich des Einzelhandels mit Schwerpunkt Lebensmittel, das Supermärkte betreibt. Die Gesellschaft schloss mit Einkaufszentren in Lettland eine Reihe von Geschäftsraummietverträgen über die Vermietung von Gewerbeflächen in diesen Einkaufszentren. |
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Nach Prüfung von 119 dieser Verträge stellte der Wettbewerbsrat fest, dass zwölf davon eine Klausel enthielten, die Maxima Latvija in ihrer Eigenschaft als „Referenzmieterin“ das Recht auf Einwilligung in die Vermietung der nicht von ihr angemieteten Gewerbeflächen durch den Vermieter an Dritte einräumten. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass „Referenzmieter“ der Supermarkt für Waren des täglichen Bedarfs ist, der in einem Einkaufszentrum im Allgemeinen die größte oder einen wesentlichen Teil der Fläche dieses Einkaufszentrums einnimmt. |
6 |
Da der Wettbewerbsrat davon ausging, dass die Geschäftsraummietverträge mit der im Ausgangsverfahren streitigen Klausel vertikale Vereinbarungen darstellten, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckten, erließ er eine Entscheidung, in der er feststellte, dass diese Vereinbarungen gegen Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 des Wettbewerbsgesetzes verstießen, ohne dass der Nachweis erforderlich wäre, dass sie tatsächlich einzelnen Wirtschaftsbeteiligten den Marktzugang erschwerten. Der Wettbewerbsrat verhängte daher gegen Maxima Latvija eine Geldstrafe von 25000 lettischen Lats (LVL) (etwa 35770 Euro). |
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Maxima Latvija erhob gegen diese Entscheidung Nichtigkeitsklage bei der Administratīvā apgabaltiesa (regionales Verwaltungsgericht), die die Klage mit Urteil vom 28. Juni 2013 abwies. Dieses Gericht entschied, dass der Zweck der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vereinbarungen angesichts der Marktmacht von Maxima Latvija auf dem Einzelhandelsmarkt darin bestehe, den Wettbewerb zu behindern, und es daher nicht erforderlich sei, mögliche Auswirkungen auf den Wettbewerb nachzuweisen. |
8 |
Maxima Latvija legte gegen dieses Urteil beim vorlegenden Gericht Kassationsbeschwerde ein. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Administratīvā apgabaltiesa (regionales Verwaltungsgericht) habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie die Beurteilung des Wettbewerbsrats, wonach die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vereinbarungen eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckten, bestätigt habe. |
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Das vorlegende Gericht weist erstens darauf hin, dass zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens unstreitig sei, dass diese Vereinbarungen nicht geeignet seien, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Es ist jedoch der Ansicht, dass der Wortlaut von Art. 11 Abs. 1 des Wettbewerbsgesetzes im Wesentlichen dem von Art. 101 Abs. 1 AEUV entspreche und dass dieses Gesetz im Einklang mit den Anforderungen des Unionsrechts anzuwenden sei. Außerdem bestehe ein offensichtliches Interesse daran, dass die aus dem Unionsrecht übernommenen Bestimmungen oder Begriffe einheitlich ausgelegt würden. Zweitens ermögliche es die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht, mit Sicherheit zu bestimmen, ob Vereinbarungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als Vereinbarungen eingestuft werden könnten, die eine Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne dieser Bestimmung bezweckten. |
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Unter diesen Umständen hat die Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Zu den Vorlagefragen
Vorbemerkungen
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Es ist zu prüfen, ob der Gerichtshof für die Beantwortung der Vorlagefragen zuständig ist. Wie die Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof) in der Vorlageentscheidung ausgeführt hat, betreffen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vereinbarungen nämlich einen rein innerstaatlichen Sachverhalt und haben keine Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten. Daher ist Art. 101 AEUV auf den Ausgangsrechtsstreit nicht anwendbar. |
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Der Gerichtshof hat insoweit wiederholt seine Zuständigkeit für die Entscheidung über Vorabentscheidungsersuchen bejaht, die Vorschriften des Unionsrechts in Fällen betrafen, in denen der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht in den unmittelbaren Anwendungsbereich des Unionsrechts fiel, diese Vorschriften aber durch das nationale Recht, das sich zur Regelung rein innerstaatlicher Sachverhalte nach den im Unionsrecht getroffenen Regelungen richtete, für anwendbar erklärt worden waren. In solchen Fällen besteht nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nämlich ein klares Interesse der Europäischen Union daran, dass die aus dem Unionsrecht übernommenen Bestimmungen oder Begriffe unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden sollen, einheitlich ausgelegt werden, um künftige Auslegungsunterschiede zu vermeiden (vgl. u. a. Urteile Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 20, und FNV Kunsten Informatie en Media, C‑413/13, EU:C:2014:2411, Rn. 18). |
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Dies ist nach Ansicht des vorlegenden Gerichts bei Art. 11 Abs. 1 des Wettbewerbsgesetzes der Fall, da diese Bestimmung den wesentlichen Inhalt von Art. 101 Abs. 1 AEUV übernimmt. |
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Unter diesen Umständen ist der Gerichtshof für die Beantwortung der Vorlagefragen zuständig. |
Zur ersten Frage
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Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass der Umstand, dass ein Geschäftsraummietvertrag über die Vermietung einer Supermarktfläche in einem Einkaufszentrum eine Klausel enthält, die dem Mieter das Recht einräumt, der Vermietung von Gewerbeflächen in diesem Einkaufszentrum durch den Vermieter an andere Mieter zu widersprechen, für sich genommen bedeutet, dass dieser Vertrag eine Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne dieser Bestimmung bezweckt. |
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Es ist darauf hinzuweisen, dass Vereinbarungen nur dann unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen, wenn sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs seit dem Urteil LTM (56/65, EU:C:1966:38) weist der durch die Konjunktion „oder“ gekennzeichnete alternative Charakter dieser Voraussetzung darauf hin, dass zunächst der eigentliche Zweck der Vereinbarung in Betracht zu ziehen ist, wobei die wirtschaftlichen Begleitumstände ihrer Durchführung zu berücksichtigen sind (vgl. u. a. Urteile Pierre Fabre Dermo-Cosmétique, C‑439/09, EU:C:2011:649, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 33). |
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Wenn feststeht, dass eine Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, brauchen ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb dementsprechend nicht geprüft zu werden. Lässt jedoch die Prüfung des Inhalts der Vereinbarung keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, sind ihre Auswirkungen zu untersuchen, und es müssen, damit sie vom Verbot erfasst wird, Umstände vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist (Urteil Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11,EU:C:2013:160, Rn. 34, vgl. in diesem Sinne Urteile CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 52, und Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 116). |
18 |
Der Gerichtshof hat entschieden, dass der Begriff der „bezweckten“ Wettbewerbsbeschränkung eng auszulegen ist und nur auf bestimmte Arten von Koordinierung zwischen Unternehmen angewandt werden kann, die den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, damit davon ausgegangen werden kann, dass die Prüfung ihrer Auswirkungen nicht notwendig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 58). Diese Rechtsprechung liegt darin begründet, dass bestimmte Formen der Kollusion zwischen Unternehmen schon ihrem Wesen nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden können (Urteil CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Insoweit steht fest, dass bestimmte kollusive Verhaltensweisen, wie z. B. diejenigen, die zur horizontalen Festsetzung der Preise durch Kartelle führen, als ihrem Wesen nach geeignet angesehen werden können, negative Auswirkungen auf insbesondere den Preis, die Menge oder die Qualität der Waren und Dienstleistungen zu haben, so dass für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV der Nachweis, dass sie konkrete Auswirkungen auf den Markt haben, als überflüssig erachtet werden kann (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Clair, 123/83, EU:C:1985:33, Rn. 22). Die Erfahrung zeigt nämlich, dass solche Verhaltensweisen Minderungen der Produktion und Preiserhöhungen nach sich ziehen, die zu einer schlechten Verteilung der Ressourcen zulasten insbesondere der Verbraucher führen (Urteil CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 51). |
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In Anbetracht dieser Rechtsprechung liegt das wesentliche rechtliche Kriterium bei der Ermittlung, ob eine Vereinbarung eine „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung enthält, daher in der Feststellung, dass eine solche Vereinbarung in sich selbst eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt, die die Annahme rechtfertigt, dass eine Prüfung ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 57). |
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Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervor, dass Maxima Latvija mit den Einkaufszentren, mit denen sie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträge geschlossen hat, nicht im Wettbewerb steht. Zwar hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass ein Umstand dieser Art keineswegs die Möglichkeit ausschließt, dass eine Vereinbarung eine „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung enthalten kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung), jedoch ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vereinbarungen nicht zu den Vereinbarungen gehören, bezüglich deren feststeht, dass sie schon ihrem Wesen nach als schädlich für das gute Funktionieren des Wettbewerbs angesehen werden können. |
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Selbst wenn die im Ausgangsverfahren streitige Klausel möglicherweise eine Einschränkung des Zugangs der Wettbewerber von Maxima Latvija zu bestimmten Einkaufszentren zur Folge hätte, in denen diese Gesellschaft einen Supermarkt betreibt, würde dieser Umstand – sein Vorliegen unterstellt – nicht offensichtlich bedeuten, dass die Verträge, die diese Klausel enthalten, schon aufgrund des Wesens dieser Klausel den Wettbewerb auf dem relevanten Markt, d. h. dem örtlichen Markt des Lebensmitteleinzelhandels, verhindern, einschränken oder verfälschen. |
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In Anbetracht der wirtschaftlichen Begleitumstände der Durchführung von Vereinbarungen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden würde die Prüfung des Inhalts dieser Vereinbarungen es nämlich im Hinblick auf die vom vorlegenden Gericht übermittelten Akten nicht erlauben, eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs eindeutig festzustellen, die hinreichend wäre, um diese Vereinbarungen als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV ansehen zu können. |
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Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass der Umstand, dass ein Geschäftsraummietvertrag über die Vermietung einer Supermarktfläche in einem Einkaufszentrum eine Klausel enthält, die dem Mieter das Recht einräumt, der Vermietung von Gewerbeflächen in diesem Einkaufszentrum durch den Vermieter an andere Mieter zu widersprechen, für sich genommen nicht bedeutet, dass dieser Vertrag eine Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne dieser Bestimmung bezweckt. |
Zu den Fragen 2 bis 4
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Mit den Fragen 2 bis 4, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, unter welchen Voraussetzungen Geschäftsraummietverträge wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als Vereinbarungen angesehen werden können, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV „bewirken“. |
26 |
Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass bei der Beurteilung der Wirkungen einer Wettbewerbsvereinbarung der wirtschaftliche und rechtliche Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen ist, in dem die Vereinbarung steht und zusammen mit anderen zu einer kumulativen Auswirkung auf den Wettbewerb führen kann (Urteil Delimitis, C‑234/89, EU:C:1991:91, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss Unilever Bestfoods/Kommission, C‑552/03 P, EU:C:2006:607, Rn. 84). |
27 |
Im vorliegenden Fall bedeutet die Beurteilung der Auswirkungen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträge auf den Wettbewerb erstens, dass sämtliche Umstände zu berücksichtigen sind, die für den Zugang zum relevanten Markt bestimmend sind, um zu beurteilen, ob ein Mitbewerber in den Einzugsgebieten, in denen die von diesen Verträgen erfassten Einkaufszentren liegen, wirkliche und konkrete Möglichkeiten besitzt, dort u. a. durch die Belegung von Gewerbeflächen, die sich in anderen Einkaufszentren in diesen Gebieten befinden, oder durch die Belegung anderer Gewerbeflächen außerhalb dieser Einkaufszentren Fuß zu fassen. Hierbei sind u. a. die Verfügbarkeit und die Zugänglichkeit des Gewerbegrundes in den betreffenden Einzugsgebieten sowie das Bestehen wirtschaftlicher, administrativer oder rechtlicher Hindernisse zu berücksichtigen, die dem Zugang neuer Mitbewerber zu diesen Gebieten entgegenstehen (vgl. entsprechend Urteil Delimitis, C‑234/89, EU:C:1991:91, Rn. 20 und 21). |
28 |
Zweitens sind die Bedingungen zu beurteilen, unter denen der Wettbewerb auf dem relevanten Markt stattfindet. Hierbei geht es nicht nur um die Zahl und die Größe der auf diesem Markt tätigen Wirtschaftsteilnehmer, sondern auch um den Grad der Konzentration dieses Marktes, die Treue der Verbraucher zu bestehenden Geschäften und die Konsumgewohnheiten (vgl. entsprechend Urteil Delimitis, C‑234/89, EU:C:1991:91, Rn. 22). |
29 |
Nur wenn nach einer vertieften Prüfung des wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtzusammenhangs, in dem die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträge stehen, sowie der Besonderheiten des relevanten Marktes festgestellt wird, dass der Zugang zu diesem Markt durch die Gesamtheit aller auf diesem Markt festgestellten gleichartigen Verträge erschwert wird, ist danach zu prüfen, inwieweit diese zu einer möglichen Abschottung dieses Marktes beitragen, wobei nur solche Vereinbarungen verboten sind, die erheblich zu dieser Abschottung beitragen (vgl. entsprechend Urteil Delimitis, C‑234/89, EU:C:1991:91, Rn. 23 und 24). Die Bedeutung des Beitrags jedes dieser im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträge zu dieser kumulativen Abschottungswirkung hängt von der Stellung der Vertragspartner auf dem betreffenden Markt und der Laufzeit der Verträge ab (vgl. entsprechend Urteil Delimitis, C‑234/89, EU:C:1991:91, Rn. 25). |
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Darüber hinaus ist klarzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 101 Abs. 1 AEUV diese Beurteilung nicht auf tatsächliche Auswirkungen der betreffenden Vereinbarung oder Verhaltensweise auf den Wettbewerb beschränkt, sondern auch zur Berücksichtigung ihrer potenziellen Auswirkungen verpflichtet (vgl. in diesem Sinne Urteil Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Nach alledem ist auf die Fragen 2 bis 4 zu antworten, dass Geschäftsraummietverträge wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, bezüglich deren sich nach einer vertieften Prüfung des wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtzusammenhangs, in dem sie stehen, sowie der Besonderheiten des betreffenden relevanten Marktes erweist, dass sie erheblich zu einer möglichen Abschottung dieses Marktes beitragen, als Vereinbarungen angesehen werden können, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV „bewirken“. Die Bedeutung des Beitrags des einzelnen Vertrags zu dieser Abschottung hängt u. a. von der Stellung der Vertragspartner auf diesem Markt und der Laufzeit dieses Vertrags ab. |
Kosten
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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt: |
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Unterschriften |
( * ) Verfahrenssprache: Lettisch.