URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
22. Oktober 2015 ( * )
„Vorlage zur Vorabentscheidung — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem — Richtlinie 2006/112/EG — Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 135 Abs. 1 Buchst. d bis f — Dienstleistungen gegen Entgelt — Umtausch der virtuellen Währung ‚Bitcoin‘ in konventionelle Währungen — Befreiung“
In der Rechtssache C‑264/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht, Schweden) mit Entscheidung vom 27. Mai 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Juni 2014, in dem Verfahren
Skatteverket
gegen
David Hedqvist
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. Šváby, A. Rosas (Berichterstatter), E. Juhász und C. Vajda,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
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des Skatteverk, vertreten durch M. Loeb, Rechtsreferent, |
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von Herrn Hedqvist, vertreten durch A. Erasmie, advokat, und F. Berndt, jur. kand., |
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der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und E. Karlsson als Bevollmächtigte, |
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der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte, |
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der estnischen Regierung, vertreten durch K. Kraavi‑Käerdi als Bevollmächtigte, |
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der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios, M. Owsiany‑Hornung, K. Simonsson und J. Enegren als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 16. Juli 2015
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 135 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie). |
2 |
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Skatteverk (schwedische Steuerverwaltung) und Herrn Hedqvist über einen vom Steuerrechtsausschuss (Skatterättsnämnd) erteilten Vorbescheid über die Mehrwertsteuerpflichtigkeit des Umtauschs von konventionellen Währungen in die virtuelle Währung „Bitcoin“ oder umgekehrt, den Herr Hedqvist über ein Unternehmen durchführen möchte. |
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 |
In Art. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es: „(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
…
…“ |
4 |
Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor: „Als ‚Lieferung von Gegenständen‘ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.“ |
5 |
Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet: „Als ‚Dienstleistung‘ gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.“ |
6 |
Art. 135 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt: „(1) Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer: …
…“ |
Schwedisches Recht
7 |
Nach Kapitel 1 § 1 des Gesetzes (1994:200) über die Mehrwertsteuer (Merwärdesskattelag [1994:200], im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) ist für steuerpflichtige Lieferungen von Gegenständen bzw. Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland tätigt bzw. erbringt, Mehrwertsteuer an den Staat zu entrichten. |
8 |
Kapitel 3 dieses Gesetzes enthält einen § 23 Abs. 1, nach dem Lieferungen von Banknoten und Münzen, die gesetzliche Zahlungsmittel darstellen, mit Ausnahme von Sammlerstücken, d. h. Münzen aus Gold, Silber oder anderem Metall sowie Banknoten, die normalerweise nicht als gesetzliches Zahlungsmittel verwendet werden oder die von numismatischem Interesse sind, von der Mehrwertsteuer befreit sind. |
9 |
In diesem Kapitel 3 sieht § 9 eine Steuerbefreiung von Bank- und Finanzdienstleistungen sowie von Umsätzen des Wertpapierhandels und vergleichbaren Umsätzen vor. Die Notartätigkeit, Inkassodienstleistungen sowie Verwaltungsdienstleistungen in Bezug auf Factoring oder die Vermietung von Lagerraum gehören nicht zu den Bank- und Finanzdienstleistungen. |
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
10 |
Herr Hedqvist beabsichtigt, über ein Unternehmen Dienstleistungen in Form des Umtauschs von konventionellen Währungen in die virtuelle Währung „Bitcoin“ und umgekehrt anzubieten. |
11 |
Der Vorlageentscheidung ist zu entnehmen, dass die virtuelle Währung „Bitcoin“ hauptsächlich für Zahlungen zwischen Privatpersonen über das Internet sowie in bestimmten Internetshops, die diese Währung akzeptieren, verwendet wird. Diese virtuelle Währung habe keinen einzelnen Emittenten, sondern werde über einen bestimmten Algorithmus unmittelbar im Netz geschaffen. Das System der virtuellen Währung „Bitcoin“ erlaube den anonymen Besitz und die anonyme Übertragung von „Bitcoin“-Beträgen innerhalb des Netzes unter den Benutzern, die über „Bitcoin“-Adressen verfügten. Eine „Bitcoin“-Adresse ließe sich mit der Nummer eines Bankkontos vergleichen. |
12 |
Unter Bezugnahme auf einen Bericht der Europäischen Zentralbank über virtuelle Währungen aus dem Jahr 2012 führt das vorlegende Gericht aus, dass eine virtuelle Währung als eine Art von seinen Erfindern ausgegebenes und kontrolliertes digitales Geld definiert werden könne, für das keine Regelung bestehe und das von den Mitgliedern einer bestimmten virtuellen Gemeinschaft akzeptiert werde. Die virtuelle Währung „Bitcoin“ gehöre zu den sogenannten „beidseitig handelbaren“ virtuellen Währungen, die die Nutzer auf der Grundlage eines Wechselkurses kaufen und verkaufen könnten. Solche virtuellen Währungen ähnelten in Bezug auf ihre Verwendung in der realen Welt anderen umtauschfähigen Währungen. Sie ermöglichten den Erwerb sowohl echter als auch virtueller Waren und Dienstleistungen. Virtuelle Währungen unterschieden sich von E‑Geld nach der Definition in der Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E‑Geld-Instituten, zur Änderung der Richtlinien 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2000/46/EG (ABl. L 267, S. 7), da bei virtuellen Währungen im Unterschied zu E‑Geld das Kapital nicht in konventionellen Rechnungseinheiten, z. B. in Euro, ausgedrückt werde, sondern in einer virtuellen Rechnungseinheit wie etwa „Bitcoin“. |
13 |
Das vorlegende Gericht führt aus, dass die von Herrn Hedqvist geplanten Umsätze elektronisch über die Website seines Unternehmens vorgenommen werden sollten. Dieses Unternehmen werde die Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ unmittelbar bei Privatpersonen und Unternehmen oder aber bei einem internationalen Umtauschportal kaufen. Diese Einheiten würden danach von diesem Unternehmen auf einem solchen Umtauschportal weiterverkauft oder eingelagert. Das Unternehmen von Herrn Hedqvist werde solche Einheiten ferner an Privatpersonen oder Unternehmen verkaufen, die über seine Website einen Auftrag erteilt hätten. Wenn der Kunde den vom Unternehmen von Herrn Hedqvist angebotenen, in schwedischen Kronen angegebenen Preis akzeptiert habe und eine Zahlung erfolgt sei, würden die verkauften Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ automatisch an die angegebene „Bitcoin“-Adresse geschickt. Bei den von diesem Unternehmen verkauften Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ handele es sich um entweder solche, die es bei dem Umtauschportal unmittelbar nach der Bestellung durch den Kunden gekauft habe, oder um solche, die es bereits auf Lager gehabt habe. Der von dem Unternehmen den Kunden angebotene Preis beruhe auf dem bei einem konkreten Umtauschportal geltenden Preis zuzüglich eines bestimmten Prozentsatzes. Die Differenz zwischen dem An- und dem Verkaufspreis stelle den Ertrag des Unternehmens von Herrn Hedqvist dar. Andere Gebühren stelle dieses Unternehmen nicht in Rechnung. |
14 |
Die von Herrn Hedqvist geplanten Umsätze beschränkten sich daher auf den An- und Verkauf von Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ im Umtausch gegen konventionelle Währungen wie schwedische Kronen oder umgekehrt. Der Vorlageentscheidung lässt sich nicht entnehmen, dass sie sich auf Zahlungen in „Bitcoins“ beziehen würden. |
15 |
Vor der Durchführung solcher Umsätze beantragte Herr Hedqvist beim Steuerrechtsausschuss einen Vorbescheid, um in Erfahrung zu bringen, ob für den An- und Verkauf von Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ Mehrwertsteuer zu entrichten sei. |
16 |
In einem Vorbescheid vom 14. Oktober 2013 ging dieser Ausschuss auf der Grundlage des Urteils First National Bank of Chicago (C‑172/96, EU:C:1998:354) des Gerichtshofs davon aus, dass Herr Hedqvist eine Umtauschdienstleistung gegen Entgelt anbieten werde. Er nahm allerdings den Standpunkt ein, dass diese Umtauschdienstleistung unter die nach Kapitel 3 § 9 des Mehrwertsteuergesetzes vorgesehene Steuerbefreiung falle. |
17 |
Nach Ansicht des Steuerrechtsausschusses ist die virtuelle Währung „Bitcoin“ ein Zahlungsmittel, das wie gesetzliche Zahlungsmittel verwendet werde. Im Übrigen diene der Begriff „gesetzliches Zahlungsmittel“ in Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie dazu, den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung in Bezug auf Banknoten und Münzen abzugrenzen. Daraus ergebe sich, dass dieser Begriff dahin zu verstehen sei, dass er sich nur auf Banknoten und Münzen beziehe und nicht auf Währungen. Diese Auslegung stehe auch im Einklang mit dem durch die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen verfolgten Zweck, nämlich der Vermeidung der bei der Erhebung von Mehrwertsteuer auf Finanzdienstleistungen auftretenden Schwierigkeiten. |
18 |
Das Skatteverk hat gegen den Bescheid der Steuerrechtskommission beim Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht) Klage erhoben, mit der es geltend macht, dass die im Antrag von Herrn Hedqvist bezeichnete Dienstleistung nicht unter die in Kapitel 3 § 9 des Mehrwertsteuergesetzes vorgesehene Steuerbefreiung falle. |
19 |
Herr Hedqvist trägt vor, dass die vom Skatteverk erhobene Klage abzuweisen und der Vorbescheid des Steuerrechtsausschusses zu bestätigen sei. |
20 |
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, aus dem Urteil First National Bank of Chicago (C‑172/96, EU:C:1998:354) könne hergeleitet werden, dass Umsätze, die im Umtausch einer virtuellen Währung in eine konventionelle Währung und umgekehrt bestünden und die gegen Zahlung eines Betrags vorgenommen würden, der dem Unterschied zwischen dem von dem Wirtschaftsteilnehmer bezahlten Ankaufspreis und dem von ihm verlangten Verkaufspreis entspreche, eine Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt darstellten. Bei einer solchen Annahme stelle sich die Frage, ob diese Umsätze unter eine der in Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie für Finanzdienstleistungen vorgesehenen Steuerbefreiungen fielen, insbesondere unter die in den Buchst. d bis f dieser Bestimmung aufgeführten. |
21 |
Da er Zweifel hat, ob eine dieser Steuerbefreiungen auf solche Umsätze anwendbar ist, hat der Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
22 |
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass Umsätze wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die im Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ und umgekehrt bestehen und die gegen Zahlung eines Betrags ausgeführt werden, der der Spanne entspricht, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Währungen ankauft, und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird, gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung darstellen. |
23 |
Nach Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen sowie Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt bzw. erbringt, der Mehrwertsteuer. |
24 |
Zunächst ist festzustellen, dass die virtuelle, beidseitig handelbare Währung „Bitcoin“, die im Rahmen der Umtauschgeschäfte gegen konventionelle Währungen getauscht werden wird, nicht als „Gegenstand“ im Sinne von Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie eingestuft werden kann, da der Zweck dieser virtuellen Währung, wie die Generalanwältin in Nr. 17 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ausschließlich in der Verwendung als Zahlungsmittel besteht. |
25 |
Gleiches gilt für konventionelle Währungen, da es sich um Geld handelt, das gesetzliches Zahlungsmittel ist (vgl. in diesem Sinne Urteil First National Bank of Chicago, C‑172/96, EU:C:1998:354, Rn. 25). |
26 |
Folglich fallen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Umsätze, die im Umtausch verschiedener Zahlungsmittel bestehen, nicht unter den Begriff „Lieferung von Gegenständen“, der in dem genannten Art. 14 der Richtlinie verwendet wird. Unter diesen Umständen stellen diese Umsätze Dienstleistungen im Sinne von Art. 24 der Mehrwertsteuerrichtlinie dar. |
27 |
Sodann ist zum entgeltlichen Charakter einer Dienstleistung darauf hinzuweisen, dass eine Dienstleistung nur dann „gegen Entgelt“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie erbracht wird und damit der Mehrwertsteuer unterliegt, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem von dem Steuerpflichtigen empfangenen Gegenwert besteht (Urteile Loyalty Management UK und Baxi Group, C‑53/09 und C‑55/09, EU:C:2010:590, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Serebryannay vek, C‑283/12, EU:C:2013:599, Rn. 37). Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (Urteil Le Rayon d’Or, C‑151/13, EU:C:2014:185, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
28 |
Im Ausgangsverfahren ergibt sich aus der dem Gerichtshof vorgelegten Akte, dass zwischen dem Unternehmen von Herrn Hedqvist und seinen Vertragspartnern ein synallagmatisches Rechtsverhältnis bestehen soll, in dessen Rahmen sich die an dem Umsatz Beteiligten wechselseitig verpflichten, Beträge in einer bestimmten Währung zu überlassen und den entsprechenden Gegenwert in einer beidseitig handelbaren virtuellen Währung zu erhalten oder umgekehrt. Es wird ferner ausgeführt, dass dieses Unternehmen für seine Dienstleistung durch eine Gegenleistung vergütet werden soll, die der Spanne entspricht, die das Unternehmen in die Berechnung des Wechselkurses einbezieht, zu dem es bereit ist, die jeweiligen Währungen zu verkaufen und anzukaufen. |
29 |
Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass der Umstand, dass eine solche Vergütung nicht die Form der Zahlung einer Provision oder spezieller Gebühren annimmt, für die Ermittlung des entgeltlichen Charakters einer Dienstleistung ohne Belang ist (Urteil First National Bank of Chicago, C‑172/96, EU:C:1998:354, Rn. 33). |
30 |
In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist davon auszugehen, dass Umsätze wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden eine Erbringung von Dienstleistungen gegen Entrichtung einer Gegenleistung, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Dienstleistung aufweist, darstellen, d. h. die Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie. |
31 |
Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass Umsätze wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die im Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ und umgekehrt bestehen und die gegen Zahlung eines Betrags ausgeführt werden, der der Spanne entspricht, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Währungen ankauft, und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird, gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung darstellen. |
Zur zweiten Frage
32 |
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. d bis f der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die im Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ und umgekehrt bestehen und die gegen die Zahlung eines Betrags ausgeführt werden, der der Spanne entspricht, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Währungen ankauft, und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird, von der Mehrwertsteuer befreit sind. |
33 |
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs autonome unionsrechtliche Begriffe sind, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (vgl. u. a. Urteile Skandinaviska Enskilda Banken, C‑540/09, EU:C:2011:137, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie DTZ Zadelhoff, C‑259/11, EU:C:2012:423, Rn. 19). |
34 |
Es entspricht ebenfalls ständiger Rechtsprechung, dass die zur Umschreibung der genannten Steuerbefreiungen verwendeten Begriffe eng auszulegen sind, da diese Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (Urteile Ludwig, C‑453/05, EU:C:2007:369, Rn. 21, und DTZ Zadelhoff, C‑259/11, EU:C:2012:423, Rn. 20). |
35 |
Die Auslegung dieser Begriffe muss jedoch mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den in Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Daher entspricht es nicht dem Sinn dieser Regel einer engen Auslegung, wenn die zur Umschreibung der in Art. 135 Abs. 1 genannten Befreiungen verwendeten Begriffe so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen (vgl. u. a. Urteile Don Bosco Onroerend Goed, C‑461/08, EU:C:2009:722, Rn. 25, DTZ Zadelhoff, C‑259/11, EU:C:2012:423, Rn. 21, und J. J. Komen en Zonen Beheer Heerhugowaard, C‑326/11, EU:C:2012:461, Rn. 20). |
36 |
Insoweit geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass der Zweck der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. d bis f vorgesehenen Steuerbefreiungen insbesondere darin besteht, die Schwierigkeiten, die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer verbunden sind, zu beseitigen (vgl. u. a. Urteil Velvet & Steel Immobilien, C‑455/05, EU:C:2007:232, Rn. 24, sowie Beschluss Tiercé Ladbroke, C‑231/07 und C‑232/07, EU:C:2008:275, Rn. 24). |
37 |
Im Übrigen sind die aufgrund dieser Bestimmungen von der Mehrwertsteuer befreiten Umsätze ihrer Art nach Finanzgeschäfte, auch wenn sie nicht notwendigerweise von Banken oder Finanzinstituten getätigt werden müssen (vgl. Urteile Velvet & Steel Immobilien, C‑455/05, EU:C:2007:232, Rn. 21 und 22 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Granton Advertising, C‑461/12, EU:C:2014:1745, Rn. 29). |
38 |
Was erstens die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach dem Wortlaut dieser Bestimmung Umsätze u. a. „im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren“ von der Steuer befreien. |
39 |
Die nach der genannten Bestimmung steuerbefreiten Umsätze werden somit durch die Art der erbrachten Dienstleistungen definiert. Die fraglichen Dienstleistungen werden nur dann als von der Steuer befreiter Umsatz eingestuft, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer in dieser Bestimmung beschriebenen Dienstleistung erfüllt (vgl. Urteil Axa UK, C‑175/09, EU:C:2010:646, Rn. 26 und 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
40 |
Aus dem Wortlaut von Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie geht im Licht des Urteils Granton Advertising (C‑461/12, EU:C:2014:1745, Rn. 37 und 38) hervor, dass die von dieser Bestimmung erfassten Umsätze Dienstleistungen oder Instrumente betreffen, deren Funktionsweise einen Geldtransfer beinhaltet. |
41 |
Im Übrigen zielt diese Bestimmung, wie die Generalanwältin in den Nrn. 51 und 52 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, nicht auf Umsätze ab, die sich auf eine Währung selbst beziehen, da diese Gegenstand einer Spezialvorschrift sind, nämlich von Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie. |
42 |
Da die virtuelle Währung „Bitcoin“ ein vertragliches Zahlungsmittel ist, kann sie zum einen weder als Kontokorrent noch als Einlage, Zahlung oder Überweisung angesehen werden. Zum anderen stellt sie, im Unterschied zu den in Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, ein unmittelbares Zahlungsmittel zwischen denjenigen Wirtschaftsteilnehmern dar, die sie akzeptieren. |
43 |
Daher fallen Umsätze wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht in den Anwendungsbereich der in dieser Bestimmung vorgesehenen Steuerbefreiungen. |
44 |
Was zweitens die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen betrifft, sieht diese Bestimmung vor, dass die Mitgliedstaaten Umsätze, die sich u. a. auf „Devisen, Banknoten und Münzen beziehen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind“, von der Steuer befreien. |
45 |
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die in dieser Bestimmung verwendeten Begriffe im Licht der in allen Sprachen der Union erstellten Fassungen einheitlich auszulegen und anzuwenden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile Velvet & Steel Immobilien, C‑455/05, EU:C:2007:232, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Kommission/Spanien, C‑189/11, EU:C:2013:587, Rn. 56). |
46 |
Wie die Generalanwältin in den Nrn. 31 bis 34 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, erlauben es die verschiedenen Sprachfassungen von Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht, eindeutig festzustellen, ob diese Bestimmung nur auf Umsätze anwendbar ist, die sich auf konventionelle Währungen beziehen, oder ob sie vielmehr auch Umsätze unter Einbeziehung einer anderen Währung erfasst. |
47 |
Bestehen sprachliche Unterschiede, lässt sich die Bedeutung des fraglichen Ausdrucks nicht auf der Grundlage einer ausschließlich grammatikalischen Auslegung ermitteln. Er ist in seinem Kontext und im Licht des Zwecks und der Systematik der Mehrwertsteuerrichtlinie auszulegen (vgl. Urteile Velvet & Steel Immobilien, C‑455/05, EU:C:2007:232, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Kommission/Spanien, C‑189/11, EU:C:2013:587, Rn. 56). |
48 |
Wie in den Rn. 36 und 37 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, wird mit den in Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen insbesondere bezweckt, die im Rahmen der Besteuerung von Finanzgeschäften auftretenden Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer zu beseitigen. |
49 |
Umsätze, die sich auf nicht konventionelle Währungen beziehen, d. h. auf andere Währungen als solche, die in einem oder mehreren Ländern gesetzliche Zahlungsmittel sind, stellen indessen Finanzgeschäfte dar, soweit diese Währungen von den an der Transaktion Beteiligten als alternatives Zahlungsmittel zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln akzeptiert worden sind und sie keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen. |
50 |
Ferner können die Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer, wie Herr Hedqvist in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, im besonderen Fall von solchen Umsätzen, wie sie Umtauschgeschäfte darstellen, unabhängig davon identisch sein, ob es sich um den normalerweise nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie von der Steuer befreiten Umtausch von konventionellen Währungen handelt oder den Umtausch von solchen Währungen in virtuelle, beidseitig handelbare Währungen – oder umgekehrt –, die, ohne gesetzliche Zahlungsmittel zu sein, ein von den an einer Transaktion Beteiligten akzeptiertes Zahlungsmittel sind. |
51 |
Somit ergibt sich aus dem Kontext und dem Zweck von Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie, dass eine Auslegung dieser Bestimmung, nach der sie sich lediglich auf Umsätze beziehen würde, die konventionelle Währungen zum Gegenstand haben, dazu führen würde, dass sie einen Teil ihrer Wirkungen verlöre. |
52 |
Im Ausgangsverfahren ist unstreitig, dass die virtuelle Währung „Bitcoin“ keinem anderen Zweck als dem der Verwendung als Zahlungsmittel dient und dass sie in dieser Eigenschaft von bestimmten Wirtschaftsteilnehmern akzeptiert wird. |
53 |
Daher ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass sich Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie auch auf Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bezieht, die im Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ und umgekehrt bestehen und die gegen Zahlung eines Betrags ausgeführt werden, der der Spanne entspricht, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Währungen ankauft und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird. |
54 |
Zu den in Art. 135 Abs. 1 Buchst. f der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen genügt schließlich der Hinweis, dass diese Bestimmung u. a. Umsätze erfasst, die sich auf „Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen [sowie] Schuldverschreibungen“ beziehen, d. h. auf Wertpapiere, die ein Eigentumsrecht an juristischen Personen begründen, sowie auf „sonstige Wertpapiere“, die ihrer Art nach mit den in dieser Vorschrift speziell genannten Wertpapieren vergleichbar sein müssen (Urteil Granton Advertising, C‑461/12, EU:C:2014:1745, Rn. 27). |
55 |
Es steht jedoch fest, dass die virtuelle Währung „Bitcoin“ weder ein Wertpapier darstellt, das ein Eigentumsrecht an juristischen Personen begründet, noch ein vergleichbares Wertpapier. |
56 |
Daher fallen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Umsätze nicht in den Anwendungsbereich der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. f der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen. |
57 |
Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass:
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Kosten
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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt: |
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Unterschriften |
( * ) Verfahrenssprache: Schwedisch.