SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NILS WAHL

vom 17. März 2016 ( *1 )

Rechtssache C‑493/14

Dilly’s Wellnesshotel GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzgerichts [Österreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Staatliche Beihilfen — Verordnung (EG) Nr. 800/2008 — Gruppen von Beihilfen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können — Umweltschutzbeihilfen — Beihilfemaßnahmen in Form von Umweltsteuerermäßigungen — Zwingender Charakter der Freistellungsvoraussetzungen“

1. 

Es ist allgemein anerkannt, dass die den Mitgliedstaaten nach den Verträgen obliegende Pflicht zur vorherigen Anmeldung aller Maßnahmen, mit denen eine neue Beihilfe eingeführt oder umgestaltet werden soll, ein Grundbestandteil des Kontrollsystems auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen ist ( *2 ). Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass jede Lockerung dieser Pflicht in dem Bestreben, die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden und der Europäischen Kommission in bestimmten, genau definierten Fällen durch den Erlass von Maßnahmen der Verwaltungsvereinfachung im Rahmen der Gewährung einer Gruppenfreistellung zu erleichtern, eng auszulegen ist.

2. 

Dieses Gebot steht im Mittelpunkt des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens – des ersten vom Bundesfinanzgericht (Österreich) ( *3 ) vorgelegten –, das mehrere Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 ( *4 ) aufwirft.

3. 

Die vorliegende Rechtssache bietet dem Gerichtshof insbesondere die Gelegenheit, Klarstellungen zu den formellen und materiellen Voraussetzungen vorzunehmen, die erfüllt sein müssen, damit einem Mitgliedstaat eine Ausnahme von der Pflicht zur Anmeldung von Beihilfemaßnahmen nach dieser Verordnung zugutekommen kann. Sie bietet, allgemeiner gesprochen, die Gelegenheit, zu verdeutlichen, dass alle genauen Pflichten, die den Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang obliegen, unabhängig von ihrem formellen oder materiellen Charakter, zwingend sind und dass ihre Missachtung zu einem Verlust der beanspruchten Freistellung führt.

I – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

4.

Art. 109 AEUV (früher Art. 94 des EG‑Vertrags) ermächtigt u. a. den Rat der Europäischen Union, Durchführungsmaßnahmen zu erlassen, um die Arten von Beihilfen festzulegen, die von dem in Art. 108 Abs. 3 AEUV (früher Art. 93 Abs. 3 des EG‑Vertrags) genannten Unterrichtungsverfahren ausgenommen sind.

5.

In Anwendung von Art. 94 des EG‑Vertrags wurde die Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom 7. Mai 1998 über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen ( *5 ) erlassen. Art. 3 („Transparenz und Überwachung“) Abs. 1 dieser Verordnung lautete: „Beim Erlass von Verordnungen nach Artikel 1 erlegt die Kommission den Mitgliedstaaten genaue Regeln zur Gewährleistung der Transparenz und Überwachung der gemäß diesen Verordnungen von der Anmeldungspflicht freigestellten Beihilfen auf.“

6.

Die im vorliegenden Fall anwendbare Verordnung Nr. 800/2008 ( *6 ) wurde gemäß der Verordnung Nr. 994/98 erlassen.

7.

Nach Art. 1 („Anwendungsbereich“) Abs. 1 Buchst. d in Kapitel I der Verordnung Nr. 800/2008 gilt diese u. a. für „Umweltschutzbeihilfen“.

8.

Art. 3 („Freistellungsvoraussetzungen“) Abs. 1 dieses Kapitels sah vor:

„Beihilferegelungen, die alle Voraussetzungen des Kapitels I erfüllen sowie den einschlägigen Bestimmungen des Kapitels II entsprechen, sind im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag freigestellt, wenn alle Einzelbeihilfen auf der Grundlage solcher Regelungen ebenfalls alle Voraussetzungen dieser Verordnung erfüllen und die Regelungen einen ausdrücklichen Verweis auf diese Verordnung unter Angabe des Titels sowie einen ausdrücklichen Verweis auf die Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union enthalten.“

9.

In Art. 9 („Transparenz“) dieses Kapitels hieß es:

„(1)   Binnen 20 Arbeitstagen ab Inkrafttreten einer Beihilferegelung oder Bewilligung einer Ad-hoc-Beihilfe, die nach dieser Verordnung freigestellt ist, übermittelt der betreffende Mitgliedstaat der Kommission eine Kurzbeschreibung der Beihilfemaßnahme. Diese Kurzbeschreibung wird über die von der Kommission eingerichtete IT‑Anwendung in elektronischer Form und nach dem Muster in Anhang III übermittelt.

Die Kommission bestätigt den Eingang der Kurzbeschreibung unverzüglich.

Die Kurzbeschreibung wird von der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union und auf der Website der Kommission veröffentlicht.

(2)   Bei Inkrafttreten einer Beihilferegelung oder Bewilligung einer Ad-hoc-Beihilfe, die nach dieser Verordnung freigestellt ist, veröffentlicht der betreffende Mitgliedstaat den vollständigen Wortlaut der Maßnahme im Internet. Im Falle einer Beihilferegelung enthält dieser Wortlaut die im einzelstaatlichen Recht festgelegten Voraussetzungen, durch die die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung sichergestellt wird. Der betreffende Mitgliedstaat gewährleistet während der gesamten Laufzeit der Beihilfemaßnahme den Internetzugang zu deren vollständigem Wortlaut. Die von den betreffenden Mitgliedstaaten vorgelegte Kurzbeschreibung nach Absatz 1 enthält eine Internetadresse, die direkt Zugang zum vollständigen Wortlaut der Beihilfemaßnahme gibt.

…“

10.

Art. 10 („Beihilfenkontrolle“) dieses Kapitels hatte folgenden Wortlaut:

„(1)   Die Kommission überprüft regelmäßig die Beihilfemaßnahmen, von denen sie nach Artikel 9 unterrichtet wurde.

(3)   Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission auf deren schriftliches Ersuchen hin innerhalb von 20 Arbeitstagen oder eines längeren, in dem Ersuchen angegebenen Zeitraums alle Informationen übermitteln, die nach Ansicht der Kommission nötig sind, um die Anwendung dieser Verordnung zu überprüfen.

Übermittelt der betreffende Mitgliedstaat die angeforderten Informationen nicht innerhalb der von der Kommission gesetzten oder einer einvernehmlich vereinbarten Frist oder übermittelt der Mitgliedstaat unvollständige Informationen, richtet die Kommission ein Erinnerungsschreiben mit einer neuen Frist an den betreffenden Mitgliedstaat. Werden die angeforderten Informationen trotz des Erinnerungsschreibens von dem betreffenden Mitgliedstaat nicht übermittelt, kann die Kommission, nachdem sie dem Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, eine Entscheidung erlassen, nach der alle oder einige der künftigen Beihilfemaßnahmen, die unter diese Verordnung fallen, bei der Kommission gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG‑Vertrag anzumelden sind.“

11.

In Kapitel II Abschnitt 4 („Umweltschutzbeihilfen“) der Verordnung Nr. 800/2008 sah Art. 17 („Begriffsbestimmungen“) Folgendes vor:

„Für diesen Abschnitt gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.

‚Umweltschutz‘: jede Maßnahme, die darauf abzielt, einer Beeinträchtigung der natürlichen Umwelt oder der natürlichen Ressourcen durch die Tätigkeit des Beihilfeempfängers abzuhelfen oder vorzubeugen, die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung zu vermindern oder zu einer rationelleren Nutzung dieser Ressourcen einschließlich Energiesparmaßnahmen und die Nutzung erneuerbarer Energien führen soll;

10.

‚Umweltsteuer‘: eine Steuer, deren Besteuerungsgegenstand eine eindeutig negative Auswirkung auf die Umwelt hat oder die bestimmte Tätigkeiten, Gegenstände oder Dienstleistungen belastet, damit die Umweltkosten in deren Preis einfließen und/oder damit die Hersteller und die Verbraucher zu umweltfreundlicherem Verhalten hingeführt werden;

…“

12.

In Art. 25 („Beihilfen in Form von Umweltsteuerermäßigungen“) dieses Abschnitts 4 hieß es:

„(1)   Umweltschutzbeihilferegelungen in Form von Umweltsteuerermäßigungen nach Maßgabe der [Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51)] sind im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 EG‑Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG‑Vertrag freigestellt, wenn die Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 dieses Artikels erfüllt sind.

(2)   Die von der Steuerermäßigung Begünstigte entrichtet mindestens die in der Richtlinie [2003/96] festgelegten gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträge.

(3)   Steuerermäßigungen werden für höchstens zehn Jahre bewilligt. Nach Ablauf der 10 Jahre überprüfen die Mitgliedstaaten die Angemessenheit der betreffenden Beihilfemaßnahmen.“

B – Österreichisches Recht

13.

Nach dem Budgetbegleitgesetz 2011 vom 30. Dezember 2010 ( *7 ) sollten Dienstleistungsbetriebe von Neuem von der Energieabgabenvergütung ausgeschlossen werden.

14.

§ 2 Abs. 1 des Energieabgabenvergütungsgesetzes (im Folgenden: EAVG) lautet in der durch Art. 72 des BBG 2011 geänderten Fassung:

„Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.“

15.

Der zeitliche Anwendungsbereich dieses § 2 ist in § 4 Abs. 7 EAVG geregelt. Dieser bestimmt:

„Die §§ 2 und 3 [EAVG] sind vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem 31. Dezember 2010 beziehen.“

16.

Die Materialien zur Regierungsvorlage führen zu § 4 Abs. 7 EAVG Folgendes aus:

„Voraussetzung für die Anwendung der geänderten Bestimmungen ist die Zustimmung der Europäischen Kommission. Die Änderung tritt für die Verwendung der Energie nach dem 31. Dezember 2010 in Kraft. Anträge von Dienstleistungsbetrieben für Zeiträume nach dem 31. Dezember 2010 sind daher nicht mehr zulässig. Wird die Änderung des EAVG von der Europäischen Kommission als erlaubte staatliche Beihilfe genehmigt, dann ist die gesetzlich vorgesehene Einschränkung auf Produktionsbetriebe mit 1. Januar 2011 anzuwenden, sodass ab diesem Zeitpunkt Dienstleistungsbetriebe für die Verwendung von Energie keinen Anspruch auf Energieabgabenvergütung haben. Sollte die Änderung von der Europäischen Kommission nicht genehmigt werden, so bleibt die bisherige Rechtslage unverändert und es haben sowohl Produktionsbetriebe als auch Dienstleistungsbetriebe Anspruch auf eine Energieabgabenvergütung“.

II – Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

17.

Am 29. Dezember 2011 stellte die Dilly’s Wellnesshotel GmbH (im Folgenden: Dilly’s Wellnesshotel) einen Antrag auf Energieabgabenvergütung für das Jahr 2011.

18.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 21. Februar 2012 unter Hinweis auf die im BBG 2011 enthaltene gesetzliche Neuregelung als unbegründet abgewiesen, nach der die Energieabgabenvergütung ab dem 1. Januar 2011 nur noch Produktionsbetrieben gewährt werde. Eine Berufung beim Unabhängigen Finanzsenat, an dessen Stelle das Bundesfinanzgericht getreten ist, wurde zurückgewiesen.

19.

Mit Entscheidung vom 19. März 2013 urteilte der Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an eine von ihm am 22. August 2012 erlassene Entscheidung, dass die Energieabgabenvergütung Dienstleistungsunternehmen für den Monat Januar 2011 noch zuzusprechen sei. Für diesen Monat lag nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs die Genehmigung der Kommission für die Neuregelung im Hinblick auf die erst für den Zeitraum ab dem 1. Februar 2011 erfolgte Anmeldung nach der Verordnung Nr. 800/2008 noch nicht vor.

20.

Dilly’s Wellnesshotel brachte eine Berufungsergänzung beim Unabhängigen Finanzsenat ein, mit der diese Gesellschaft im Wesentlichen beantragte, dem Antrag auf Energieabgabenvergütung für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2011 vollinhaltlich stattzugeben.

21.

Dilly’s Wellnesshotel ging davon aus, dass – falls die Anwendung von § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 7 EAVG gegen das Unionsrecht verstoße – die vom BBG 2011 eingeführte Neuregelung nicht anwendbar wäre und Dienstleistungsbetriebe für das gesamte Jahr 2011 und darüber hinaus die Energieabgabenvergütung beantragen könnten.

22.

Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass die ursprüngliche Fassung des EAVG in ihrem § 2 Abs. 1 eine Energieabgabenvergütung zugunsten von Unternehmen mit dem Schwerpunkt „Herstellung von körperlichen Wirtschaftsgütern“ vorsah. Dienstleistungen waren von der Abgabenvergütung ausgeschlossen. Das vorlegende Gericht führt aus, dass die Zielsetzung des EAVG nach den Materialien die Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen der österreichischen produzierenden Industrie mit hohem Energieverbrauch gegenüber Unternehmen anderer Länder gewesen sei, in denen es regelmäßig keine Energiebesteuerung gegeben habe.

23.

Das nationale Recht der Energieabgabenvergütung wurde in der Folge mehrmals geändert.

24.

In dieser Rechtssache hat das vorlegende Gericht Zweifel an der Vereinbarkeit der mit dem BBG 2011 eingeführten Neuregelung der Energieabgabenvergütung mit der Verordnung Nr. 800/2008. Dieses Gericht möchte wissen, ob sich die Republik Österreich für die in Rede stehende nationale Gesetzgebung auf das in Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008 vorgesehene besondere Verfahren stützen kann, obwohl mehrere Bedingungen des Kapitels I dieser Verordnung anscheinend nicht eingehalten wurden.

25.

Unter diesen Umständen hat das Bundesfinanzgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Verstößt es gegen Unionsrecht, wenn eine Beihilferegelung das besondere Verfahren der Verordnung Nr. 800/2008 nach Art. 25 in Anspruch nimmt, um damit von der Anmeldepflicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV freigestellt zu werden, aber verschiedene Verpflichtungen des Kapitels I dieser Verordnung nicht einhält und überdies auch keinen Hinweis auf diese Verordnung aufweist?

2.

Verstößt es gegen Unionsrecht, wenn eine Beihilferegelung auf das für Umweltschutzbeihilfen geltende besondere Verfahren der Verordnung Nr. 800/2008 nach Art. 25 gestützt wird, aber in Kapitel II geregelte Voraussetzungen – nämlich die Förderung von Umweltschutzmaßnahmen bzw. Energiesparmaßnahmen nach Art. 17 Abs. 1 dieser Verordnung – nicht vorliegen?

3.

Steht das Unionsrecht einer nationalen Regelung entgegen, die keine zeitliche Einschränkung und auch keinen Hinweis auf den in der Freistellungsanzeige angeführten Zeitraum enthält, so dass die in Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 800/2008 geforderte Begrenzung der Energiesteuervergütung auf zehn Jahre nur der Freistellungsanzeige zu entnehmen ist?

26.

Dilly’s Wellnesshotel, die österreichische und die estnische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

27.

Am 21. Januar 2016 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, an der Dilly’s Wellnesshotel, die österreichische Regierung und die Kommission teilgenommen haben.

III – Analyse

A – Vorbemerkungen zu der Situation im Ausgangsverfahren und zur Anmeldepflicht für Vorhaben der Gewährung neuer Beihilfen

1. Situation im Ausgangsverfahren

28.

Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen wirft mehrere Auslegungsfragen zu den formellen Voraussetzungen (erste Vorlagefrage) sowie zu den materiellen Voraussetzungen (zweite und dritte Vorlagefrage) auf, die eine nationale Beihilfemaßnahme erfüllen muss, um in den Genuss einer Freistellung von der Anmeldepflicht nach der Verordnung Nr. 800/2008 zu kommen.

29.

Wie sich aus den Angaben des vorlegenden Gerichts ergibt, hat der Ausgangsrechtsstreit seinen Ursprung in der Weigerung der österreichischen Steuerbehörde, einem von der Klägerin des Ausgangsverfahrens, dem Dienstleistungsunternehmen Dilly’s Wellnesshotel, gestellten Antrag auf Energieabgabenvergütung für das Jahr 2011 zu entsprechen. Diese Weigerung wurde mit dem Umstand begründet, dass das EAVG seit der durch das BBG 2011 eingeführten Änderung Dienstleistern eine Vergütung von Energieabgaben verwehre.

30.

Im Rahmen der beim vorlegenden Gericht erhobenen Beschwerde beruft sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens auf die vorherige Fassung dieses nationalen Gesetzes, die sich auch auf Dienstleister bezog. Sie macht geltend, dass die Neuregelung mangels Einhaltung der zwingenden Bestimmungen der Verordnung Nr. 800/2008 nicht von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht freigestellt gewesen sei und daher nicht habe umgesetzt werden dürfen.

31.

Das vorlegende Gericht hat damit dieses Vorabentscheidungsersuchen gemäß seiner Verpflichtung eingereicht, alle Folgerungen aus einer möglichen Missachtung des Unionsrechts im Bereich staatlicher Beihilfen zu ziehen, die ein Einzelner gemäß den ihm verliehenen Verfahrensrechten geltend macht ( *8 ). Nach dem Wortlaut von Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV „[darf d]er betreffende Mitgliedstaat … die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat“. Art. 3 („Durchführungsverbot“) der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 ( *9 ) stellt hierzu klar, dass „[a]nmeldungpflichtige Beihilfen … nicht eingeführt werden [dürfen], bevor die Kommission eine diesbezügliche Genehmigungsentscheidung erlassen hat oder die Beihilfe als genehmigt gilt“.

32.

Hier hat das vorlegende Gericht ausgeführt, die ursprüngliche Fassung des EAVG sei bei der Kommission 2002 als staatliche Beihilfe angemeldet worden und die Kommission habe sie als mit dem Binnenmarkt vereinbar eingestuft. Die im Ausgangsrechtsstreit maßgebliche Fassung des EAVG sei bei der Kommission hingegen nicht fristgemäß als staatliche Beihilfe angemeldet worden, da das österreichische Finanzministerium davon ausgegangen sei, dass diese Änderung nach Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008 von der Anmeldung freigestellt sei.

33.

Aus der Akte ergibt sich ferner, dass am 7. Februar 2011 eine Mitteilung an die Kommission erfolgte, die sich auf die Neufassung des EAVG bezog und mit der eine neue Laufzeit der Regelung vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 gemeldet wurde. Eine sich auf diese Laufzeit beziehende Zusammenfassung der Maßnahme wurde im Amtsblatt der Europäischen Union vom 30. September 2011 veröffentlicht. Die in dieser Veröffentlichung enthaltene Internetadresse, die Zugang zum vollständigen Wortlaut der Maßnahme gewähren sollte, stellte sich jedoch offenbar als fehlerhaft heraus.

34.

Ferner erscheint unstreitig, dass das in Rede stehende nationale Gesetz bei der Kommission nicht nach Art. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 angemeldet wurde und dass die einzige möglicherweise anwendbare Freistellung von der Anmeldepflicht die in Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008 vorgesehene ist.

2. Bedeutung der Anmeldepflicht von neuen Beihilfevorhaben und Erforderlichkeit einer strikten Auslegung der Pflichten, die den Mitgliedstaaten nach einer Gruppenfreistellungsregelung obliegen

35.

Die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen sind unbestreitbar zu einem gewissen Grad neu, da die Verordnung Nr. 800/2008 bisher noch nicht hinsichtlich der im vorliegenden Fall genannten Aspekte ausgelegt wurde ( *10 ).

36.

Bevor ich nacheinander die uns vorgelegten Fragen untersuche, erscheint es mir angebracht, auf eine Reihe von Grundregeln und ‑prinzipien hinzuweisen, die meine Prüfung insgesamt leiten werden.

37.

Erstens ist nach Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV, wie er durch Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 konkretisiert wird, die Anmeldepflicht für jedes neue Beihilfevorhaben die Regel. Es muss nämlich betont werden, dass die vorherige Anmeldepflicht der Schlussstein des gesamten vom Vertrag eingeführten Kontrollsystems ist, da sie die Kommission in die Lage versetzt, alle neuen Beihilfevorhaben oder Vorhaben zur Änderung bereits bestehender Beihilfen wirksam und systematisch einer vorbeugenden Prüfung zu unterziehen. Wie Generalanwalt Jacobs ausgeführt hat, „ist die Verpflichtung zur Notifizierung geplanter Beihilfen von solch offenkundiger Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes, dass mangels einschlägiger Verordnungen des Rates diese Verpflichtung in Bezug auf Inhalt und Form genauestens eingehalten werden muss und dass die Notifizierung insbesondere ganz deutlich machen muss, dass sie darauf gerichtet ist, die Kommission in die Lage zu versetzen, sich gemäß Artikel 93 Absatz 2 zu äußern und notfalls das in Artikel 93 Absatz 2 vorgesehene Verfahren vor Durchführung der geplanten Beihilfe einzuleiten“ ( *11 ).

38.

Der Gerichtshof hat sehr früh entschieden, dass die Verpflichtung, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen zu unterrichten, nicht nur für das ursprüngliche Vorhaben gilt, sondern sich auch auf die später an diesem Vorhaben vorgenommenen Änderungen erstreckt, wobei eine solche Unterrichtung der Kommission im Rahmen der Konsultationen erfolgen kann, zu denen die ursprüngliche Mitteilung Anlass gibt ( *12 ).

39.

Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung Nr. 659/1999 ( *13 ) umfasst der Begriff „neue Beihilfe“ insbesondere „jede Änderung, außer einer Änderung rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt haben kann“. Ferner fällt nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 794/2004 die Verschärfung der Kriterien für die Anwendung einer genehmigten Beihilferegelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die darauf abzielt, den Kreis der von der zu einem früheren Zeitpunkt angemeldeten Regelung erfassten begünstigten Unternehmen einzuschränken, unter die Änderungen, deren Mitteilung grundsätzlich verpflichtend ist.

40.

Die Verpflichtung, jede Änderung einer zu einem früheren Zeitpunkt angemeldeten Beihilferegelung mitzuteilen, gilt unabhängig von der Frage, ob die neue Regelung als solche selektive Vorteile mit sich bringt, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind. Maßstab für die Einstufung einer Beihilfe als neue oder umgestaltete Beihilfe sind nämlich allein die Bestimmungen, in denen sie vorgesehen ist, sowie die dort vorgesehenen Modalitäten und Beschränkungen ( *14 ).

41.

Die für die Mitgliedstaaten in diesem Bereich geltende Strenge gilt meines Erachtens gleichermaßen für die Feststellung, unter welchen Umständen sich die Mitgliedstaaten nach einer Freistellungsregelung als von ihrer Anmeldepflicht befreit ansehen können.

42.

Nach meiner Auffassung sollten daher im Fall des Erlasses einer Gruppenfreistellungsregelung nach Art. 108 Abs. 4 AEUV nur diejenigen Maßnahmen von der Anmeldepflicht ausgenommen werden können, die in allen Punkten den in dieser Freistellungsregelung aufgestellten Voraussetzungen genügen. Für den Fall, dass nicht alle Voraussetzungen für die Freistellung erfüllt sind, bleibt die Anmeldepflicht die Regel.

43.

Zweitens müssen – in Weiterentwicklung meiner vorangegangenen Feststellungen – die in diesem Bereich vorgesehenen Ausnahmen restriktiv ausgelegt werden, da ja die Unvereinbarkeit von staatlichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt das Grundprinzip darstellt. Dieses Prinzip beinhaltet, dass die Beweislast für das Vorliegen der formellen und materiellen Voraussetzungen, von denen die Vereinbarkeit einer Beihilfe abhängt, bei dem betroffenen Mitgliedstaat liegt. Ihm obliegt es u. a., alle maßgeblichen Angaben zu machen, die eine Feststellung erlauben, ob die Voraussetzungen für die beantragte Ausnahmeermächtigung vorliegen ( *15 ).

44.

Drittens verpflichten, wenn eine Freistellung von der Anmeldepflicht, wie im vorliegenden Fall, nach einer aufgrund der Verordnung Nr. 994/98 erlassenen allgemeinen Freistellungsregelung in Betracht kommt, die Gebote der Transparenz und der Wirksamkeit, die dem Erlass dieser Verordnung zugrunde liegen (vgl. u. a. ihren Art. 3 und die Erwägungsgründe 4, 6, 7 und 10), sowie die Erfordernisse der Rechtssicherheit für Dritte die Mitgliedstaaten dazu, sich an die in der Freistellungsregelung aufgestellten genauen Regeln zu halten.

45.

Da der Anmeldepflicht eine zentrale Rolle im Kontrollsystem für geplante staatliche Beihilfen zukommt, müssen alle genauen Regeln, die in einer Freistellungsregelung aufgestellt werden, um von dieser Pflicht möglicherweise zu entbinden, ordnungsgemäß beachtet werden. Auch wenn etwas anderes für von den Mitgliedstaaten gelieferte Informationen zur Feststellung der Vereinbarkeit einer geplanten Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt gelten mag, besteht keine Veranlassung, unter den genauen Bedingungen, die in einer Freistellungsregelung im Hinblick auf eine Ausnahme von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV genannten Anmeldepflicht für geplante Beihilfen vorgesehen sind, eine Rangfolge herzustellen.

46.

In einem solchen Zusammenhang ist nicht zwischen den verschiedenen in der Verordnung Nr. 800/2008 vorgesehenen Freistellungsvoraussetzungen – „grundlegenden“ und sonstigen – und folglich zwischen den Rechtsfolgen der Nichterfüllung einer bestimmten Voraussetzung im Verhältnis zu einer anderen zu unterscheiden. Die einzige Unterscheidung, die für diese Verordnung in Betracht kommen kann, ist die zwischen den in Kapitel I („Allgemeine Bestimmungen“) genannten „allgemeinen Freistellungsvoraussetzungen“ (Art. 1 bis 12) und den besonderen, in Kapitel II („Besondere Bestimmungen für einzelne Beihilfegruppen“) genannten Voraussetzungen (Art. 13 bis 42).

47.

Auch wenn in anderen Bereichen des Unionsrechts unbestreitbar eine Differenzierung zwischen grundlegenden und sonstigen Verfahrensmängeln vorgenommen werden konnte, kommt diese Unterscheidung meines Erachtens jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sämtlichen den Mitgliedstaaten auferlegten Bedingungen ein eindeutig verpflichtender Charakter zukommt, wie dies im Rahmen der Verfahren zur Anmeldung geplanter neuer Beihilfen und gegebenenfalls der Freistellung von diesem Verfahren der Fall ist.

48.

So hat der Gerichtshof im Urteil Heintz van Landewijck ( *16 ) zur Tragweite der Mitteilungspflicht, die den Mitgliedstaaten nach Art. 27 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ( *17 ) (im Folgenden: Sechste Richtlinie) oblag, zwar für Recht erkannt, dass die Nichteinhaltung der Frist für die Mitteilung von Maßnahmen zur Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer keinen wesentlichen Verfahrensverstoß darstellt, der zur Unanwendbarkeit der verspätet mitgeteilten abweichenden Maßnahme führen kann.

49.

Selbst wenn aber eine Analogie zu der Problematik der Erfüllung der Freistellungsvoraussetzungen zulässig sein sollte – was mir in Anbetracht des vorstehend erwähnten eindeutig verpflichtenden Charakters der in der Verordnung Nr. 800/2008 aufgestellten Freistellungsvoraussetzungen mehr als zweifelhaft erscheint –, weise ich allerdings darauf hin, dass der Gerichtshof zwar an den Grundsatz erinnert hat, dass eine von der Sechsten Richtlinie abweichende Sondermaßnahme, die unter Verstoß gegen die den Mitgliedstaaten durch Art. 27 Abs. 2 auferlegte Mitteilungspflicht erlassen wurde, einem Steuerpflichtigen nicht entgegengehalten werden kann, zugleich aber betont hat, dass dieses Ergebnis in der ihm vorliegenden Rechtssache durch den Umstand begründet war, dass „es sich … nicht um eine neue Sondermaßnahme [handelt], die dem Rat zur Erteilung der Ermächtigung vorzulegen ist, sondern um eine Sondermaßnahme, die bereits am 1. Januar 1977 bestand und die der Mitgliedstaat gemäß Artikel 27 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie trotz ihres Inkrafttretens beizubehalten wünschte“ ( *18 ).

50.

Eine solche Konstellation unterscheidet sich offenkundig von der im vorliegenden Fall, in der sehr wohl eine neue Beihilfe in Frage steht, auch wenn diese auf einer Änderung einer zu einem früheren Zeitpunkt angemeldeten nationalen gesetzlichen Maßnahme beruht.

51.

Im Bereich staatlicher Beihilfen sind jedenfalls bei Vorliegen von Bestimmungen mit eindeutigem Wortlaut, wie bei Bestimmungen über die Anmeldepflicht und damit einhergehend über die Möglichkeiten der Freistellung von dieser Pflicht, die Voraussetzungen, die solche Bestimmungen vorsehen, nicht als bloße Formalitäten anzusehen ( *19 ).

52.

Dies muss insbesondere für die von einer allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung vorgesehenen zwingenden Voraussetzungen, wie die in Kapitel I der Verordnung Nr. 800/2008 enthaltenen, gelten. Im Fall der Nichterfüllung einer oder mehrerer dieser Voraussetzungen kann es meiner Auffassung nach keine Befreiung von der Pflicht zur förmlichen Anmeldung einer beabsichtigten Beihilfemaßnahme geben. Diejenigen Maßnahmen, die nicht alle aufgestellten Voraussetzungen erfüllen, unterliegen – wie im siebten Erwägungsgrund dieser Verordnung ausgeführt – weiterhin der in Art. 88 Abs. 3 des EG-Vertrags vorgesehenen Anmeldepflicht.

B – Zur ersten Frage: Formerfordernisse nach der Verordnung Nr. 800/2008

53.

Mit seiner ersten Frage zu den Formerfordernissen möchte das vorlegende Gericht wissen, welche Auswirkungen erstens das Fehlen einer Bezugnahme auf die Verordnung Nr. 800/2008 in der in Rede stehenden Beihilfemaßnahme, zweitens die verspätete Übermittlung einer Kurzbeschreibung dieser Maßnahme an die Kommission und drittens ein Fehler in der Internetadresse, die Zugang zum vollständigen Wortlaut der Maßnahme geben sollte, haben.

1. Erfordernis einer ausdrücklichen Bezugnahme auf die Verordnung Nr. 800/2008

54.

Meines Erachtens kann der unabdingbare Charakter einer solchen Bezugnahme, die eine der zwingenden Voraussetzungen darstellt, von der die Freistellung von der in Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 800/2008 genannten Pflicht abhängt, klar aus den maßgeblichen Bestimmungen dieser Verordnung abgeleitet werden.

55.

In dieser Hinsicht sieht Art. 3 („Freistellungsvoraussetzungen“) Abs. 1 dieser Verordnung vor, dass die Beihilferegelungen, die „alle Voraussetzungen“ des Kapitels I sowie die einschlägigen Bestimmungen des Kapitels II der Verordnung erfüllen, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht freigestellt sind, wenn alle Einzelbeihilfen auf der Grundlage solcher Regelungen „alle Voraussetzungen“ der Verordnung Nr. 800/2008 erfüllen und die Regelungen „einen ausdrücklichen Verweis auf diese Verordnung unter Angabe des Titels sowie einen ausdrücklichen Verweis auf die Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union“ enthalten.

56.

Im Übrigen wurde die Verordnung Nr. 800/2008 auf der Grundlage der Verordnung Nr. 994/98 erlassen, die in ihrem Art. 3 („Transparenz und Überwachung“) Abs. 1 bestimmte, dass die Kommission „[b]eim Erlass von Verordnungen nach Artikel 1 … den Mitgliedstaaten genaue Regeln zur Gewährleistung der Transparenz und der Überwachung der gemäß diesen Verordnungen von der Anmeldungspflicht freigestellten Beihilfen [auferlegt]“.

57.

Diese Bestimmung ist im Licht des fünften Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 800/2008 zu lesen, nach dem „[d]iese Freistellungsverordnung … für alle Beihilfen gelten [sollte], die sämtliche einschlägigen Voraussetzungen dieser Verordnung erfüllen, wie auch für alle Beihilferegelungen … Im Interesse der Transparenz und einer wirksamen Beihilfenkontrolle sollten alle nach dieser Verordnung gewährten Einzelbeihilfemaßnahmen einen ausdrücklichen Verweis auf die maßgebliche Bestimmung von Kapitel II und die einzelstaatliche Rechtsgrundlage enthalten“ (Hervorhebung nur hier).

58.

Dieses Gebot ist ebenfalls nach Maßgabe des bereits angeführten Transparenzgebots zu verstehen, dass u. a. in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 994/98 niedergelegt ist. Ein Verweis auf diese Verordnung in einer Beihilfemaßnahme erlaubt – wie die Kommission vorträgt – den Empfängern und ihren Wettbewerbern, die Gründe nachzuvollziehen, aus denen diese Maßnahme durchgeführt werden kann, obwohl sie bei der Kommission weder angemeldet noch von ihr genehmigt wurde. Anders ausgedrückt ermöglicht es dieser Verweis nicht nur der Kommission, ihre Kontrolle auszuüben, sondern informiert auch die betroffenen Dritten über die geplanten Beihilfemaßnahmen, damit sie gegebenenfalls ihre Verfahrensrechte wahrnehmen können.

59.

Ich denke nicht, dass sich eine solche Auslegung, die völlig im Einklang mit dem Wortlaut der Verordnung Nr. 800/2008 steht, als übermäßig formalistisch erweist.

60.

Zunächst stellt die Einbeziehung eines ausdrücklichen Verweises auf die Verordnung Nr. 800/2008 in eine Beihilfemaßnahme die Mitgliedstaaten nicht vor besondere Schwierigkeiten. So einfach dieser Verweis zu bewerkstelligen ist, so schwierig wäre es hingegen sowohl für die Kommission als auch für Dritte, eine solche Regelung bei Fehlen eines derartigen Verweises zu identifizieren.

61.

Sodann kann meines Erachtens die Übermittlung der Kurzbeschreibung der Beihilfemaßnahme und deren in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 800/2008 genannte Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union das Fehlen eines ausdrücklichen Verweises auf diese Verordnung nur zum Teil ausgleichen. Diese Bestimmungen haben, wie mir scheint, unterschiedliche Zielsetzungen, und die Erfüllung der in einer dieser Bestimmungen genannten Bedingungen kann die Nichterfüllung der anderen nicht ausgleichen.

62.

Für den Fall, dass der Gerichtshof entsprechend meinem Vorschlag die Unentbehrlichkeit eines ausdrücklichen Verweises auf die Verordnung Nr. 800/2008 in der Beihilfemaßnahme feststellen sollte, wäre es nicht erforderlich, die übrigen Aspekte der ersten Vorlagefrage zu prüfen, ebenso wenig die zweite und die dritte Frage des vorlegenden Gerichts.

63.

Nachstehend prüfe ich für den gegenteiligen Fall die übrigen Aspekte.

2. Erfordernis der Übermittlung einer Kurzbeschreibung der Beihilfemaßnahme nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 800/2008

64.

Die Übermittlung einer Kurzbeschreibung der Beihilfemaßnahme an die Kommission gemäß den Anforderungen von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 800/2008 binnen 20 Arbeitstagen ab Inkrafttreten der Beihilferegelung ist meiner Auffassung nach von erheblicher Bedeutung, um der Kommission eine wirksame und kurzfristige Kontrolle der Beachtung der Freistellungsvoraussetzungen durch den betroffenen Mitgliedstaat zu ermöglichen.

65.

Es handelt sich unbestreitbar um eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Freistellung von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht.

66.

Da es sich um eine in Kapitel I der Verordnung Nr. 800/2008 genannte Voraussetzung handelt, führt ihre Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit der beanspruchten Freistellung. Wird dieser Unregelmäßigkeit verspätet abgeholfen, was mir im Ausgangsverfahren der Fall gewesen zu sein scheint, kann die beanspruchte Freistellung meines Erachtens nur für die Zukunft gelten, d. h. für die Zeit nach der Heilung – mithin für die Zeit von Februar bis Dezember 2011 ( *20 ) – und nicht für die Zeit davor.

3. Erfordernis der Angabe einer Internetadresse, die unmittelbaren Zugang zum vollständigen Wortlaut der Beihilfemaßnahme gibt

67.

Nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 800/2008 hat der Mitgliedstaat den vollständigen Wortlaut der in Rede stehenden Beihilfemaßnahme im Internet zu veröffentlichen. Nach Art. 9 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung Nr. 800/2008 muss der betreffende Mitgliedstaat im Übrigen den Internetzugang zum vollständigen Wortlaut dieser Maßnahme während der gesamten Laufzeit gewährleisten. Im vorliegenden Fall hat sich dem vorlegenden Gericht zufolge die Republik Österreich nicht in jeder Hinsicht an diese Verpflichtungen gehalten.

68.

Zu Art. 9 Abs. 2 Satz 4 der Verordnung Nr. 800/2008, der verlangt, dass die von dem Mitgliedstaat übermittelte Kurzbeschreibung eine Internetadresse umfasst, die „direkt Zugang zum vollständigen Wortlaut der Beihilfemaßnahme gibt“, hat das vorlegende Gericht darauf hingewiesen, dass die der Kommission übermittelte und in der Kurzbeschreibung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Internetadresse nicht zu öffnen sei.

69.

Wie ich vorstehend ausgeführt habe, verpflichtet Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 800/2008 die Mitgliedstaaten zur Beachtung aller in ihrem Kapitel I genannten Voraussetzungen. Dies gilt umso mehr, als Bestimmungen in Rede stehen, die den Wunsch des Verordnungsgebers widerspiegeln, Transparenz und Rechtssicherheit im Prüfungsprozess für Beihilfemaßnahmen sicherzustellen.

70.

Die sich aus Art. 9 der Verordnung Nr. 800/2008 ergebenden Pflichten sind meines Erachtens mit der gleichen Strenge einzuhalten, wie sie hinsichtlich des ausdrücklichen Verweises auf diese Verordnung gilt. Eine andere Entscheidung liefe darauf hinaus, eine Rangfolge unter den verschiedenen, insbesondere formellen, Voraussetzungen zu schaffen, die den Mitgliedstaaten nach der Freistellungsverordnung obliegen.

71.

Die Transparenzerfordernisse scheinen mir jedenfalls dann erfüllt zu sein, wenn es – trotz einer Fehlfunktion der Internetadresse, die in dem in Art. 9 der Verordnung Nr. 800/2008 genannten Kurzbericht angegeben wurde, wobei die Quelle dieser Fehlfunktion in einem technischen Mangel liegen kann – in Anbetracht der Informationen, die in dem der Kommission in Anwendung dieser Bestimmung übersandten Kurzbericht aufgeführt sind, offensichtlich ist, dass der vollständige Wortlaut der streitigen nationalen Regelung sowohl für die Dienststellen der Kommission als auch für beteiligte Dritte ohne Weiteres einsehbar war.

72.

Allerdings ist im Anschluss an die vorstehenden Ausführungen zu betonen, dass die Nichtbeachtung einer der von der Verordnung Nr. 800/2008 aufgestellten Voraussetzungen in keiner Weise durch die eventuelle Beachtung einer anderen dieser Voraussetzungen ausgeglichen werden kann.

C – Zur zweiten Frage: materielles Erfordernis des Bestehens einer „Umweltschutzbeihilfenregelung “ nach Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 800/2008

73.

Mit der zweiten Vorlagefrage wird der Gerichtshof ersucht, die materiellen Anforderungen zu präzisieren, die gewahrt werden müssen, um die in Art. 25 dieser Verordnung vorgesehene Freistellung von der Anmeldepflicht in Anspruch nehmen zu können. Das vorlegende Gericht möchte nämlich wissen, ob die Gewährung einer Freistellung nach Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008 neben der Einhaltung der in dieser Bestimmung genannten Bedingungen auch den Nachweis voraussetzt, dass die nationale Regelung über Umweltsteuerermäßigungen tatsächlich zum Umweltschutz beiträgt.

74.

Hierzu gibt es zwei gegensätzliche Sichtweisen.

75.

Nach Auffassung der österreichischen und der estnischen Regierung sowie der Kommission reicht es für die Gewährung einer Freistellung aus, dass eine Beihilfemaßnahme die in diesem Artikel ausdrücklich aufgezählten Voraussetzungen erfüllt, d. h. die in der Richtlinie 2003/96 genannten Voraussetzungen, die Voraussetzung, dass die von der Steuerermäßigung Begünstigten mindestens den in dieser Richtlinie vorgesehenen gemeinschaftlichen Mindeststeuerbetrag entrichten, und die Voraussetzung, dass solche Ermäßigungen für höchstens zehn Jahre gewährt werden.

76.

Dilly’s Wellnesshotel macht hingegen geltend, dass Beihilfen in Form von Umweltsteuerermäßigungen auch Beihilfen für den „Umweltschutz“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 800/2008 – der hierzu eine Definition enthalte – darstellen müssten.

77.

Wenn man sich an bestimmte Vorgaben der vor Erlass der Verordnung Nr. 800/2008 ergangenen Rechtsprechung hält ( *21 ), sind die Zweifel, die das vorlegende Gericht hinsichtlich der Frage hat, ob die streitigen Maßnahmen zur Steuerermäßigung tatsächlich auf eine Verbesserung des Umweltschutzes gerichtet sind, ohne Weiteres verständlich. Es ist auf den ersten Blick schwer zu erkennen, aus welchem Grund diese Maßnahmen zu einer Verringerung von Umweltschäden, zu einer Vorbeugung solcher Schäden oder auch einer bewussten Nutzung natürlicher Ressourcen führen sollen.

78.

Eine grammatikalische, systematische und teleologische Auslegung von Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008 führt mich jedoch dazu, der von der Mehrheit der Streithelfer geäußerten Sichtweise deutlich den Vorzug zu geben.

79.

Vom Wortlaut her ist es offensichtlich, dass Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008 lediglich drei Voraussetzungen für die Freistellung einer Beihilfemaßnahme vorsieht, nämlich die Beachtung der Anforderungen der Richtlinie 2003/96, das Erfordernis eines Mindeststeuerbetrags und die Gewährung der Steuerermäßigungen für höchstens zehn Jahre.

80.

Diese Bestimmung beschränkt sich auf eine bloße Bezugnahme auf „Umweltschutz“-Beihilfen und verweist nicht auf die in Art. 17 Abs. 1 dieser Verordnung enthaltene Definition der Beihilfen. Art. 25 dieser Verordnung ist ausdrücklich an die Erfüllung der in der Richtlinie 2003/96 genannten Voraussetzungen gebunden. Der 31. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 800/2008 führt in dieser Hinsicht aus, dass „[b]ei Umweltsteuerermäßigungen, die die Voraussetzungen der Richtlinie 2003/96/EG … erfüllen und unter diese Verordnung fallen, … davon ausgegangen werden [sollte], dass sie einen Anreizeffekt haben, da sie insofern zumindest mittelbar eine Verbesserung des Umweltschutzes bewirken, als die betreffende allgemeine Steuerregelung angenommen oder beibehalten werden kann und somit für die Unternehmen, die der Umweltsteuer unterliegen, der Anreiz besteht, die von ihnen verursachte Verschmutzung zu reduzieren“.

81.

Aus teleologischer und systematischer Sicht ergibt sich, dass Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008, der die Überschrift „Beihilfen in Form von Umweltsteuerermäßigungen“ trägt, sich auf Umweltsteuern bezieht, die durch die Richtlinie 2003/96 harmonisiert wurden ( *22 ), und sich somit von den Art. 17 bis 20 dieser Verordnung unterscheidet, die zusätzliche, den Umweltschutz betreffende Voraussetzungen vorsehen.

82.

Wie sich aus ihrer Begründung ergibt (vgl. insbesondere ihre Erwägungsgründe 6, 7 und 12), berücksichtigt diese Richtlinie nämlich die Ziele des Umweltschutzes. Da diese Richtlinie, die ihrerseits den Zielen des Umweltschutzes Rechnung trägt, die Grundlage ist, auf der die Energiesteuern harmonisiert wurden, fallen diese Steuern unter den Begriff der „Umweltsteuern“.

83.

Mit anderen Worten tragen die Beihilferegelungen, die als Art. 25 entsprechend beurteilt werden – also den Voraussetzungen hinsichtlich 1. der Anforderungen der Richtlinie 2003/96, 2. des Mindeststeuerbetrags und 3. der Begrenzung auf zehn Jahre genügen –, mittelbar den Zielen des Umweltschutzes Rechnung und sind als Umweltsteuern einzustufen.

84.

Zu Ermäßigungen von Umweltsteuern, wie sie vorliegend in Rede stehen, führt der 31. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 800/2008 genauer aus, dass sie „einen Anreizeffekt haben, da sie insofern zumindest mittelbar eine Verbesserung des Umweltschutzes bewirken, als die betreffende allgemeine Steuerregelung angenommen oder beibehalten werden kann und somit für die Unternehmen, die der Umweltsteuer unterliegen, der Anreiz besteht, die von ihnen verursachte Verschmutzung zu reduzieren“.

85.

Damit rechtfertigt sich ferner die Bezugnahme in Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008 auf die in der Richtlinie 2003/96 vorgesehenen Mindeststeuerbeträge.

86.

Aus der Systematik der Verordnung Nr. 800/2008 ergibt sich somit, dass ein Mechanismus zur Ermäßigung von Energiesteuern, der die von der Richtlinie 2003/96 festgelegten Mindeststeuerbeträge beachtet, in den Anwendungsbereich der in Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008 genannten Maßnahmen fallen kann.

D – Zur dritten Frage: Erfordernis einer Höchstdauer der streitigen Maßnahme von zehn Jahren (Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 800/2008) und Folgen eines fehlenden Verweises auf diese Dauer in der Maßnahme

87.

Im Rahmen einer eventuellen Beantwortung der dritten Frage ist zu prüfen, ob Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 800/2008 verlangt, dass die Beihilfemaßnahme selbst einen ausdrücklichen Verweis auf ihre Dauer enthält.

88.

Diese Frage ist meines Erachtens zu verneinen.

89.

Nach dieser Bestimmung werden Steuerermäßigungen „für höchstens zehn Jahre bewilligt“. Der 47. Erwägungsgrund dieser Verordnung führt aus, dass die Mitgliedstaaten die Angemessenheit der betreffenden Steuerermäßigungen nach Ablauf dieser Höchstdauer von zehn Jahren zu überprüfen haben, unbeschadet der Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, nach einer solchen Überprüfung diese oder ähnliche Maßnahmen auf der Grundlage der Verordnung Nr. 800/2008 erneut zu erlassen.

90.

Hier hat das vorlegende Gericht darauf hingewiesen, dass die streitige Änderung, d. h. Art. 4 Abs. 7 EAVG, den Anspruch auf Umweltsteuervergütung nicht zeitlich begrenze und auch keinen Verweis auf den in der Freistellungserklärung genannten Zeitraum enthalte.

91.

Gewiss ist die in der Verordnung Nr. 800/2008 vorgesehene zeitliche Begrenzung in Verbindung mit ihrem 47. Erwägungsgrund und den Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen ( *23 ) für den Zeitraum 2008–2014 von großer Bedeutung und hat zwingenden Charakter.

92.

Es steht nämlich fest, dass eine Erklärung der Vereinbarkeit – wie sie sich implizit aus einer Gruppenfreistellung ergibt – als Ausnahme vom Grundsatz des Verbots staatlicher Beihilfen zwingend zeitlich zu begrenzen ist ( *24 ). Dieses Erfordernis ermöglicht es zudem, im Einklang mit einem der Ziele, die von der Kommission bei der Ausarbeitung der genauen Regeln, die den Mitgliedstaaten nach den Gruppenfreistellungsverordnungen auferlegt werden, verfolgt werden, die Anwendung der Beihilfemaßnahmen in zeitlicher Hinsicht sowohl für die möglichen Begünstigten der Beihilferegelung als auch für ihre Wettbewerber transparent zu gestalten.

93.

Dieses Erfordernis verlangt jedoch vom betroffenen Mitgliedstaat nicht, eine solche zeitliche Begrenzung im Wortlaut einer nationalen Ermäßigungs- oder Befreiungsregelung für Umweltsteuern wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden selbst aufzuführen, da der bloße Verweis auf die Verordnung Nr. 800/2008 – der, wie ich vorstehend ausgeführt habe, zwingend ist – die Gewährung der fraglichen Beihilfen in zeitlicher Hinsicht eingrenzt. In dieser Hinsicht ist hervorzuheben, dass nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 994/98 die von der Anmeldepflicht nach einer Gruppenfreistellungsverordnung wie der Verordnung Nr. 800/2008 freigestellten Beihilfen „für die Geltungsdauer der genannten Verordnung sowie für die Dauer der in den Absätzen 2 und 3 vorgesehenen Anpassungsfrist“ freigestellt sind.

94.

Dieses Ergebnis scheint mir im Übrigen völlig mit dem Ansatz übereinzustimmen, dem der Gerichtshof im Urteil Nuova Agricast und Cofra/Kommission ( *25 ) gefolgt ist. Zur Frage der Wahrung der Grundsätze des berechtigten Vertrauens aufgrund einer zu einem früheren Zeitpunkt durch eine Entscheidung der Kommission genehmigten Beihilferegelung hat der Gerichtshof entschieden, dass „ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer“ aufgrund einer Veröffentlichung durch die Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union, die den Endzeitpunkt der Anwendung der in Rede stehenden Beihilferegelung nannte, den Zeitpunkt des Auslaufens für die Genehmigung der Beihilferegelung hätte ableiten können, „auch wenn die innerstaatlichen Bestimmungen über die Modalitäten dieser Regelung und [bestimmte hierauf bezogene] Rechtsakte nicht ausdrücklich einen Endzeitpunkt [hierfür] erkennen ließen“.

95.

Ich bin daher der Auffassung, dass allein das Fehlen der Angabe der in Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 800/2008 genannten Höchstdauer von zehn Jahren im Text der streitigen nationalen Regelung selbst diese Regelung nicht von der in dieser Verordnung vorgesehenen Freistellung ausschließt.

96.

Abgesehen davon, dass sich ein solches Erfordernis nicht dem Wortlaut von Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 800/2008 entnehmen lässt, erscheint es mir im Hinblick auf Maßnahmen steuerlicher Natur, die periodisch geändert und meiner Kenntnis nach nicht für einen so langen Zeitraum umgesetzt werden, nicht pragmatisch. Das wird auch durch die in Rede stehende Regelung bestätigt, die Gegenstand mehrerer Änderungen war und die nach den Informationen in der der Kommission am 7. Februar 2011 übermittelten Kurzbeschreibung für einen Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 geplant war.

IV – Ergebnis

97.

In Anbetracht aller vorstehenden Erwägungen wird dem Gerichtshof vorgeschlagen, auf die vom Bundesfinanzgericht gestellten Vorlagefragen wie folgt zu antworten:

Eine Beihilferegelung, die unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) keinen Verweis auf diese Verordnung unter Angabe des Titels sowie auf die Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union enthält, erfüllt nicht die Voraussetzungen, um in den Genuss einer Freistellung von der Anmeldepflicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV (früher Art. 88 Abs. 3 EG-Vertrag) zu kommen.

Eine Beihilferegelung in Form einer Ermäßigung einer Energiesteuer im Sinne der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, in deren Rahmen der Begünstigte mindestens die in dieser Richtlinie festgelegten gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträge entrichtet und deren Geltungsdauer auf zehn Jahre beschränkt ist, fällt in den Anwendungsbereich von Art. 25 der Verordnung Nr. 800/2008.

Eine Beihilferegelung, die den von Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 800/2008 geforderten Höchstzeitraum der Gewährung von zehn Jahren nicht beachtet, erfüllt nicht die Voraussetzungen für die von dieser Verordnung vorgesehene Freistellung. Dieses Erfordernis bedeutet nicht zwingend, dass dieser Höchstzeitraum im Wortlaut der in Rede stehenden Regelung selbst aufgeführt sein muss.


( *1 ) Originalsprache: Französisch.

( *2 ) Vgl. u. a. Urteil France Télécom/Kommission (C‑81/10 P, EU:C:2011:811, Rn. 38).

( *3 ) Dieses Gericht ist an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenats getreten, für dessen Vorlagefragen der Gerichtshof bereits mehrfach seine Zuständigkeit angenommen hat.

( *4 ) Verordnung der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) (ABl. L 214, S. 3).

( *5 ) ABl. L 142, S. 1. Die Verordnung Nr. 994/98 wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 733/2013 des Rates vom 22. Juli 2013 (ABl. L 204, S. 11) geändert und in der Folge durch die Verordnung (EU) Nr. 2015/1588 des Rates über die Anwendung der Artikel [107 AEUV] und [108 AEUV] auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen (ABl. L 248, S. 1) aufgehoben.

( *6 ) Die Verordnung Nr. 800/2008 wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 1224/2013 der Kommission vom 29. November 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 hinsichtlich ihrer Geltungsdauer (ABl. L 320, S. 22) geändert. Die Geltungsdauer der Verordnung Nr. 800/2008 wurde somit bis zum 30. Juni 2014 verlängert. Diese Verordnung wurde danach durch die Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel [107 AEUV] und [108 AEUV] (ABl. L 187, S. 1) aufgehoben.

( *7 ) BGBl. I, 111/2010, im Folgenden: BBG 2011.

( *8 ) Vgl. u. a. Urteile Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires und Syndicat national des négociants et transformateurs de saumon (C‑354/90, EU:C:1991:440, Rn. 16 und 17) sowie SFEI u. a. (C‑39/94, EU:C:1996:285).

( *9 ) Verordnung des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG‑Vertrags (ABl. L 83, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 (ABl. L 363, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 659/1999).

( *10 ) Soweit diese Verordnung in bestimmten, dem Gerichtshof vorgelegten Rechtssachen zur Sprache kam (Urteil Wam Industriale/Kommission, C‑560/12 P, EU:C:2013:726, und Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Kommission/Spanien, C‑184/11, EU:C:2014:33), sind die Ausführungen des Gerichtshofs für uns hier wenig hilfreich.

( *11 ) Vgl. seine Schlussanträge in der Rechtssache Frankreich/Kommission (C‑301/87, EU:C:1989:357, Nr. 19).

( *12 ) Vgl. Urteil Heineken Brouwerijen (91/83 und 127/83, EU:C:1984:307, Rn. 18).

( *13 ) ABl. L 140, S. 1.

( *14 ) Vgl. u. a. Urteil Namur-Les assurances du crédit (C‑44/93, EU:C:1994:311, Rn. 28).

( *15 ) Vgl. u. a. Urteil Italien/Kommission (C‑372/97, EU:C:2004:234, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( *16 ) C‑494/04, EU:C:2006:407, Rn. 51.

( *17 ) ABl. L 145, S. 1.

( *18 ) Urteil Heintz van Landewijck (C‑494/04, EU:C:2006:407, Rn. 49).

( *19 ) Vgl. entsprechend Beschluss Banco Privado Português und Massa Insolvente do Banco Privado Português/Kommission (C‑93/15 P, EU:C:2015:703, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( *20 ) Wenn die Kurzmitteilung, wie vom vorlegenden Gericht angegeben, am 7. Februar 2011 übermittelt wurde, kann man berechtigterweise davon ausgehen, dass der gesamte Monat Februar 2011 von der Freistellung umfasst ist, da der betroffene Mitgliedstaat nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 800/2008 über eine Frist von 20 Arbeitstagen nach Inkrafttreten der Beihilferegelung verfügt, um der Kommission eine Kurzbeschreibung der Beihilfemaßnahme zu übermitteln. Ich merke an, dass nach österreichischem Recht die Energieabgabenvergütung für einen einzigen Monat denkbar erscheint, wie sich aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. März 2013 ergibt (siehe Nr. 19 der vorliegenden Schlussanträge).

( *21 ) Vgl. Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C‑143/99, EU:C:2001:598), aus dem sich ergibt, dass die Gewährung von Vorzugskonditionen an Unternehmen, die körperliche Wirtschaftsgüter herstellen, eher darauf zielte, die Wettbewerbsfähigkeit dieser Branche zu erhalten, als dass sie durch ökologische Erwägungen begründet gewesen wäre.

( *22 ) Vgl. in dieser Hinsicht Urteil Österreich/Kommission (T‑251/11, EU:T:2014:1060, Rn. 202).

( *23 ) ABl. 2008, C 82, S. 1.

( *24 ) Vgl. entsprechend Urteil Nuova Agricast und Cofra/Kommission (C‑67/09 P, EU:C:2010:607, Rn. 80).

( *25 ) C‑67/09 P, EU:C:2010:607, Rn. 71 bis 77 und die dort angeführte Rechtsprechung.