SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 21. Dezember 2016 ( 1 )

Rechtssache C‑258/14

Eugenia Florescu u. a.

gegen

Casa Judeţeană de Pensii Sibiu,

Casa Națională de Pensii și alte Drepturi de Asigurări Sociale,

Ministerul Muncii, Familiei și Protecției Sociale,

Statul român,

Ministerul Finanțelor Publice

(Vorabentscheidungsersuchen der Curte de Apel Alba Iulia [Berufungsgericht Alba Iulia, Rumänien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Grundsätze des Unionsrechts — Sozialpolitik und Gleichbehandlung — Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vorrangs des Unionsrechts — Nationale Rechtsvorschriften, die bei einem Verstoß gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts die Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren erlauben, aber lediglich auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts (nicht bei anderen Streitigkeiten) — Nationale Rechtsvorschriften, die den gleichzeitigen Bezug eines Ruhegehalts und eines Einkommens aus unselbständiger Tätigkeit verbieten — Auslegung dieser Rechtsvorschriften durch den rumänischen Verfassungsgerichtshof, die zu einer Diskriminierung zwischen Personen, für die die Dauer des Mandats von der Verfassung festgelegt wird, und Berufsrichtern führen kann“

1. 

In der vorliegenden Rechtssache ist der Gerichtshof von der Curte de Apel Alba Iulia (Berufungsgericht Alba Iulia, Rumänien) mit mehreren Vorlagefragen befasst worden, die dahin gehen, ob eine nationale Maßnahme, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsieht, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat, mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

2. 

Dieses Gericht fragt sich u. a., ob die Bestimmungen der Richtlinie 2000/78/EG ( 2 ) und Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ( 3 ) einer solchen Maßnahme entgegenstehen.

3. 

Die Vorlagefragen werden den Gerichtshof zur Prüfung der Frage veranlassen, welcher Art die am 23. Juni 2009 in Bukarest und Brüssel geschlossene Grundsatzvereinbarung zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Rumänien ( 4 ) ist, um zu klären, ob diese Vereinbarung als eine Handlung der Organe im Sinne von Art. 267 AEUV anzusehen ist. Darüber hinaus werden die genannten Fragen dem Gerichtshof Gelegenheit geben, zu untersuchen, ob mit der im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden nationalen Maßnahme im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta das Recht der Union durchgeführt wird.

4. 

In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich erläutern, weshalb ich der Ansicht bin, dass die Grundsatzvereinbarung als eine Handlung der Organe der Europäischen Union im Sinne von Art. 267 AEUV anzusehen ist, so dass sie vom Gerichtshof ausgelegt werden kann. Ich werde darlegen, weshalb diese Vereinbarung meines Erachtens dahin auszulegen ist, dass sie den Erlass von Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat, nicht vorschreibt.

5. 

Darüber hinaus werde ich aufzeigen, weshalb Art. 17 der Charta dahin auszulegen ist, dass er solchen nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht.

6. 

Anschließend werde ich darlegen, weshalb ich der Ansicht bin, dass Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass er auf diese nationalen Rechtsvorschriften keine Anwendung findet.

7. 

Schließlich werde ich dem Gerichtshof vorschlagen, für Recht zu erkennen, dass Art. 47 der Charta sowie die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität dahin auszulegen sind, dass sie unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens dem nicht entgegenstehen, dass ein nationales Gericht keine Möglichkeit zur Wiederaufnahme bezüglich einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung hat, die im Rahmen einer Klage zivilrechtlicher Natur ergangen ist, wenn sich diese Entscheidung als unvereinbar mit einer Auslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof erweist, während bei rechtskräftigen, mit dem Unionsrecht unvereinbaren gerichtlichen Entscheidungen, die im Rahmen von Klagen verwaltungsrechtlicher Natur ergangen sind, eine solche Möglichkeit besteht.

I – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

1. Primärrecht

a) Charta

8.

Art. 17 („Eigentumsrecht“) Abs. 1 der Charta sieht vor:

„Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“

9.

Art. 51 der Charta legt deren Anwendungsbereich wie folgt fest:

„(1)   Diese Charta gilt für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter Achtung der Grenzen der Zuständigkeiten, die der Union in den Verträgen übertragen werden.

(2)   Diese Charta dehnt den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union, noch ändert sie die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.“

b) EU-Vertrag

10.

Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 EUV bestimmt:

„Die Union erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der [Charta] vom 7. Dezember 2000 in der am 12. Dezember 2007 in Straßburg angepassten Fassung niedergelegt sind; die [Charta] und die Verträge sind rechtlich gleichrangig.

Durch die Bestimmungen der Charta werden die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union in keiner Weise erweitert.“

c) AEU-Vertrag

11.

Art. 143 AEUV lautet:

„(1)   Ist ein Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, hinsichtlich seiner Zahlungsbilanz von Schwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht, die sich entweder aus einem Ungleichgewicht seiner Gesamtzahlungsbilanz oder aus der Art der ihm zur Verfügung stehenden Devisen ergeben, und sind diese Schwierigkeiten geeignet, insbesondere das Funktionieren des Binnenmarkts oder die Verwirklichung der gemeinsamen Handelspolitik zu gefährden, so prüft die Kommission unverzüglich die Lage dieses Staates sowie die Maßnahmen, die er getroffen hat oder unter Einsatz aller ihm zur Verfügung stehenden Mittel nach den Verträgen treffen kann. Die Kommission gibt die Maßnahmen an, die sie dem betreffenden Mitgliedstaat empfiehlt.

Erweisen sich die von einem Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung ergriffenen und die von der Kommission angeregten Maßnahmen als unzureichend, die aufgetretenen oder drohenden Schwierigkeiten zu beheben, so empfiehlt die Kommission dem Rat nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses einen gegenseitigen Beistand und die dafür geeigneten Methoden.

Die Kommission unterrichtet den Rat regelmäßig über die Lage und ihre Entwicklung.

(2)   Der Rat gewährt den gegenseitigen Beistand; er erlässt Richtlinien oder Beschlüsse, welche die Bedingungen und Einzelheiten hierfür festlegen. Der gegenseitige Beistand kann insbesondere erfolgen

a)

durch ein abgestimmtes Vorgehen bei anderen internationalen Organisationen, an die sich die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, wenden können;

b)

durch Maßnahmen, die notwendig sind, um Verlagerungen von Handelsströmen zu vermeiden, falls der in Schwierigkeiten befindliche Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung mengenmäßige Beschränkungen gegenüber dritten Ländern beibehält oder wieder einführt;

c)

durch Bereitstellung von Krediten in begrenzter Höhe seitens anderer Mitgliedstaaten; hierzu ist ihr Einverständnis erforderlich.

(3)   Stimmt der Rat dem von der Kommission empfohlenen gegenseitigen Beistand nicht zu oder sind der gewährte Beistand und die getroffenen Maßnahmen unzureichend, so ermächtigt die Kommission den in Schwierigkeiten befindlichen Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung, Schutzmaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.

Der Rat kann diese Ermächtigung aufheben und die Bedingungen und Einzelheiten ändern.“

2. Sekundärrecht

a) Verordnung Nr. 332/2002, Entscheidung 2009/458/EG und Entscheidung 2009/459/EG

12.

Die Verordnung Nr. 332/2002 legt die Einzelheiten fest, die für das in Art. 143 AEUV vorgesehene System des gegenseitigen Beistands gelten.

13.

So sieht Art. 1 dieser Verordnung vor:

„(1)   Es wird ein gemeinschaftliches System des mittelfristigen finanziellen Beistands eingeführt, aufgrund dessen einem oder mehreren Mitgliedstaaten, die von Leistungs- oder Kapitalbilanzschwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht sind, Darlehen gewährt werden können. Nur die Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, können diese Gemeinschaftsfazilität in Anspruch nehmen.

Der ausstehende Kapitalbetrag der Darlehen, die den Mitgliedstaaten im Rahmen dieser Fazilität gewährt werden können, ist auf 50 Mrd. [Euro] begrenzt.

(2)   Die Kommission wird zu diesem Zweck ermächtigt, auf der Grundlage einer Entscheidung des Rates gemäß Artikel 3 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses im Namen der Europäischen Gemeinschaft Anleihen auf den Kapitalmärkten oder bei Finanzinstitutionen aufzunehmen.“

14.

Art. 3 der genannten Verordnung lautet:

„(1)   Die Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands kann vom Rat angewandt werden auf Initiative

a)

der Kommission, die aufgrund von Artikel 119 des Vertrags im Einvernehmen mit dem Mitgliedstaat tätig wird, der eine Gemeinschaftsfinanzierung in Anspruch nehmen möchte;

b)

eines Mitgliedstaats, der von Leistungs- oder Kapitalbilanzschwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht ist.

(2)   Der Mitgliedstaat, der den mittelfristigen finanziellen Beistand in Anspruch nehmen möchte, erörtert mit der Kommission die Bewertung seines Finanzbedarfs und unterbreitet der Kommission und dem Wirtschafts- und Finanzausschuss einen Entwurf seines Sanierungsprogramms. Der Rat entscheidet nach Prüfung der Lage des betreffenden Mitgliedstaats und des zur Unterstützung seines Antrags unterbreiteten Sanierungsprogramms grundsätzlich auf derselben Tagung über

a)

die Gewährung eines Darlehens oder einer angemessenen Finanzierungsfazilität, ihren Betrag und ihre durchschnittliche Laufzeit;

b)

die wirtschaftspolitischen Bedingungen, an die der mittelfristige finanzielle Beistand geknüpft ist, um eine tragbare Zahlungsbilanzsituation wiederherzustellen oder zu gewährleisten;

c)

die Einzelheiten des Darlehens oder der Finanzierungsfazilität, dessen/deren Auszahlung oder Ziehung grundsätzlich in aufeinander folgenden Tranchen erfolgt, wobei die Freigabe der einzelnen Tranchen von einer Prüfung der Ergebnisse abhängt, die bei der Durchführung des Programms im Verhältnis zu den Zielvorgaben erreicht wurden.“

15.

Art. 3a der Verordnung Nr. 332/2002 lautet:

„Die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat schließen eine Absichtserklärung, in der die vom Rat gemäß Artikel 3 festgelegten Bedingungen im Einzelnen festgelegt werden. Die Kommission übermittelt diese Absichtserklärung dem Europäischen Parlament und dem Rat.“

16.

Gemäß Art. 1 der Entscheidung 2009/458/EG ( 5 ) gewährt die Gemeinschaft Rumänien einen gegenseitigen Beistand nach Art. 143 AEUV. Darüber hinaus gewährte die Gemeinschaft Rumänien mit der Entscheidung 2009/459/EG ( 6 ) ein mittelfristiges Darlehen in Höhe von maximal 5 Mrd. Euro ( 7 ).

17.

In Art. 2 Abs. 1 und 2 der Entscheidung 2009/459 heißt es:

„(1)   Der Beistand wird von der Kommission in einer Weise verwaltet, die mit den Verpflichtungen Rumäniens und den Empfehlungen des Rates, insbesondere den länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen der Umsetzung des nationalen Reformprogramms und des Konvergenzprogramms im Einklang steht.

(2)   Die Kommission vereinbart mit den rumänischen Behörden nach Anhörung des [Wirtschafts- und Finanzausschusses] die spezifischen wirtschaftspolitischen Auflagen, an die der finanzielle Beistand gemäß Artikel 3 Absatz 5 [dieser Entscheidung] geknüpft wird. Diese Auflagen werden im Einklang mit den Verpflichtungen und Empfehlungen im Sinne von Absatz 1 in einem Memorandum of Understanding niedergelegt. …“

18.

Im Anschluss an diese Entscheidungen wurde die Grundsatzvereinbarung geschlossen.

19.

Abs. 5 („Strukturreform“) Buchst. d dieser Grundsatzvereinbarung enthält Empfehlungen für Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Effektivität der öffentlichen Verwaltung sowie zur Erhöhung der Qualität der öffentlichen Verwaltung in mehreren Bereichen, insbesondere in Bezug auf Entscheidungsstrukturen, die Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den Organen, die interne Organisation der wichtigsten Ministerien, den Umfang und die Verantwortung für die Umsetzung und Angemessenheit der Personalausstattung und die Verwaltung der Personalressourcen.

b) Richtlinie 2000/78

20.

Gemäß Art. 1 der Richtlinie 2000/78 ist deren Zweck die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.

21.

In Art. 2 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie heißt es:

„(1)   Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2)   Im Sinne des Absatzes 1

a)

liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

b)

liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn:

i)

diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich …“

B – Rumänisches Recht

22.

Art. 83 der Lege no 303/2004 privind statutul judecătorilor şi al procurorilor (Gesetz Nr. 303/2004 über die Stellung der Richter und Staatsanwälte) vom 28. Juni 2004 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 826 vom 13. September 2005) gestattete neben der Richtertätigkeit lediglich die Ausübung einer Tätigkeit als Hochschullehrer. Darüber hinaus sah dieses Gesetz vor, dass Richter und Staatsanwälte, die durch Eintritt in den Ruhestand aus ihrem Amt ausgeschieden waren, neben ihrem Ruhegehalt ein Einkommen aus einer beruflichen Tätigkeit unabhängig von dessen Höhe beziehen können.

23.

Am 5. November 2009 wurde die Lege no 329/2009 privind reorganizarea unor autorităţi şi instituţii publice, raţionalizarea cheltuielilor publice, susţinerea mediului de afaceri şi respectarea acordurilor-cadru cu Comisia Europeană şi Fondul Monetar Internaţional (Gesetz Nr. 329/2009 über die Neuorganisation verschiedener Behörden und öffentlicher Einrichtungen, die Begrenzung der öffentlichen Ausgaben, die Förderung des Unternehmensumfelds und die Umsetzung der Rahmenabkommen mit der Europäischen Kommission und dem Internationalen Währungsfonds [IWF]) (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 761 vom 9. November 2009) ( 8 ) erlassen.

24.

Art. 2 dieses Gesetzes sieht vor, dass die durch das Gesetz eingeführten Maßnahmen Ausnahmecharakter haben und der Abschwächung der Folgen der Wirtschaftskrise sowie der Erfüllung der Pflichten aus der Grundsatzvereinbarung und dem Stand-By-Abkommen zwischen Rumänien und der Kommission bzw. dem IWF dienen.

25.

Das genannte Gesetz schrieb u. a. eine Herabsetzung der Höhe der Gehälter vor; diese Maßnahme wurde im Rahmen der Hochschulausbildung angewandt. Gemäß Art. 3 dieses Gesetzes zielen die im Einklang mit der Grundsatzvereinbarung erlassenen Maßnahmen darauf ab, die Finanzkrise zu überwinden. Sie bestehen in einer Verringerung der Personalkosten auf der Ebene der öffentlichen Verwaltung durch eine Senkung der Gehälter und durch die Neuorganisation oder Auflösung von Behörden oder öffentlichen Einrichtungen im Anschluss an ihre Neuordnung durch Übernahme, Verschmelzung, Teilung oder Personalabbau.

26.

Die Art. 17 bis 26 des Gesetzes Nr. 329/2009 verbieten den gleichzeitigen Bezug eines Nettoruhegehalts und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat.

27.

Konkret heißt es in Art. 17 dieses Gesetzes, dass Empfänger eines Ruhegehalts sowohl aus dem öffentlichen Rentensystem als auch aus nicht öffentlichen Systemen, die aufgrund eines Individualarbeitsvertrags, eines Dienstleistungsvertrags oder aufgrund von Ernennung rechtmäßig ein Arbeitsentgelt oder gegebenenfalls eine ähnliche rechtmäßige Vergütung aus einer Tätigkeit bei einer Behörde oder einer zentralen oder lokalen öffentlichen Einrichtung – unabhängig von der Art der Finanzierung dieser Einrichtung und ihrer Stellung im Behördenaufbau –, bei einem autonomen Regiebetrieb, einer Nationalgesellschaft, einem Staatsunternehmen oder einer Handelsgesellschaft beziehen, deren Gesellschaftskapital vollständig oder mehrheitlich dem Staat oder einer Verwaltungseinheit bzw. Gebietskörperschaft gehört, neben ihrem Nettoruhegehalt derartige Einkünfte haben können, wenn das Nettoruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat und durch das Gesetz über den staatlichen Sozialversicherungshaushalt gebilligt worden ist, nicht übersteigt.

28.

Art. 18 des genannten Gesetzes sieht vor, dass die in dessen Art. 17 genannten Ruhegehaltsempfänger, die aufgrund eines Individualarbeitsvertrags, eines Dienstleistungsvertrags oder aufgrund von Ernennung eine berufliche Tätigkeit ausüben, verpflichtet sind, innerhalb von 15 Tagen nach dem Inkrafttreten des Abschnitts, in dem sich diese Vorschrift befindet, schriftlich ihre Wahl zwischen der Aussetzung der Ruhegehaltszahlungen für die Dauer der beruflichen Tätigkeit und der Beendigung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses oder der Ernennung auszuüben, wenn das Nettoruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt.

29.

Art. 20 des Gesetzes Nr. 329/2009 bestimmt schließlich, dass die Nichterfüllung der Verpflichtung zur Ausübung der Wahl innerhalb der vorgesehenen Frist von Rechts wegen zur Beendigung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses oder der Ernennung führt.

30.

Weder die Grundsatzvereinbarung noch dieses Gesetz nehmen auf Justizbehörden oder Staatsanwaltschaften bzw. auf Richter oder Staatsanwälte im Ruhestand Bezug.

31.

Nach Art. 21 der Lege no 554/2004 contenciosului administrativ (Gesetz Nr. 554/2004 über das verwaltungsgerichtliche Verfahren) ( 9 ) vom 2. Dezember 2004 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 1154 vom 7. Dezember 2004) können endgültige und rechtskräftige Urteile, die gegen den in Art. 148 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 der neu bekannt gemachten rumänischen Verfassung niedergelegten Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts verstoßen, neben den anderen in der Zivilprozessordnung geregelten Rechtsbehelfen mit einer Wiederaufnahmeklage angefochten werden.

II – Tatsächlicher Rahmen

32.

Bei den Klägern handelt es sich um Richter, die nach ihrem Eintritt in das Richteramt jeweils auch als Hochschullehrer an einer rechtswissenschaftlichen Fakultät unterrichteten; diese Stellen hatten sie durch Ausschreibung erhalten. Sie übten daher gleichzeitig eine Richter- und eine Hochschullehrertätigkeit aus.

33.

Im Laufe des Jahres 2009 wurden die Kläger von ihrem Richteramt entbunden und in den Ruhestand versetzt, unterrichteten aber weiter an der Hochschule. Vor 2009 war der gleichzeitige Bezug eines Ruhegehalts aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst und eine Beschäftigung in diesem Dienst zulässig, unabhängig davon, wie hoch das Einkommen aus der beruflichen Tätigkeit war.

34.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 329/2009 können die Kläger nicht mehr gleichzeitig ihr Ruhegehalt als Richter und ihr Arbeitsentgelt aus der Hochschullehrertätigkeit beziehen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat. Das vorlegende Gericht stellt klar, dass es zum Zeitpunkt der Einführung dieses Verbots im ganzen Land nicht mehr als zehn Richter und Staatsanwälte gegeben habe, die neben ihrem beitragsabhängigen Ruhegehalt aus der Richtertätigkeit ein Arbeitsentgelt als Hochschullehrer bezogen hätten.

35.

Mit einem Urteil vom 4. November 2009 stellte die Curte Constituţională (Verfassungsgerichtshof, Rumänien) fest, dass das Gesetz Nr. 329/2009 verfassungskonform sei.

36.

Die Casa Judeţeană de Pensii Sibiu (Rentenkasse Sibiu, Rumänien) beschloss am 28. Dezember 2009, die Ruhegehaltszahlungen an die Kläger auszusetzen.

37.

Mit Klageschrift vom 1. März 2010 riefen die Kläger das Tribunal Sibiu (Gericht Sibiu, Rumänien) an und beantragten u. a. die Nichtigerklärung der Entscheidung vom 28. Dezember 2009. Mit Urteil vom 3. Mai 2012 wies dieses Gericht die Klage ab.

38.

Hiergegen legten die Kläger Berufung vor der Curte de Apel Alba Iulia (Berufungsgericht Alba Iulia) ein und beantragten erneut, den Gerichtshof mit einem Auslegungsersuchen zu befassen. Mit einem Urteil vom 9. November 2012 wies die Curte de Apel Alba Iulia, Secția pentru conflicte de muncă și asigurări sociale (Berufungsgericht Alba Iulia, Kammer für Arbeits- und Sozialversicherungsstreitigkeiten, Rumänien) die Berufung zurück.

39.

Vor dem vorlegenden Gericht beantragen die Kläger die Wiederaufnahme des Verfahrens und begründen dies insbesondere damit, dass in dem genannten Urteil das erkennende Gericht nicht dargelegt habe, weshalb es die Bestimmungen des AEU-Vertrags nicht mit direkter Wirkung versehen und ihnen keinen Vorrang eingeräumt habe und weshalb es sich geweigert habe, die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs anzuwenden.

III – Vorlagefragen

40.

Die Curte de Apel Alba Iulia (Berufungsgericht Alba Iulia) hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Kann die Grundsatzvereinbarung als Akt, Entscheidung, Mitteilung usw. mit Rechtskraft im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteile vom 3. Februar 1976, Manghera u. a., 59/75, EU:C:1976:14, und vom 20. März 1997, Frankreich/Kommission, C‑57/95, EU:C:1997:164) angesehen und dem Gerichtshof zur Auslegung vorgelegt werden?

2.

Wenn ja, muss die Grundsatzvereinbarung dahin ausgelegt werden, dass die Kommission zur Abschwächung der Folgen der Wirtschaftskrise durch Senkung der Personalausgaben rechtmäßig die Annahme eines nationalen Gesetzes verlangen kann, mit dem das Recht einer Person auf Bezug eines gesetzlich festgelegten Ruhegehalts, das durch mehr als 30 Jahre entrichtete Beiträge erworben und vor Annahme dieses Gesetzes bezogen wurde, widerrufen wird, weil diese Person ein Entgelt aus einem Arbeitsverhältnis erhält, das sich von dem der Pensionierung zugrunde liegenden unterscheidet?

3.

Muss die Grundsatzvereinbarung dahin ausgelegt werden, dass die Kommission zur Abschwächung der Wirtschaftskrise rechtmäßig die Annahme eines nationalen Gesetzes verlangen kann, mit dem das Recht einer Person auf Bezug eines gesetzlich festgelegten Ruhegehalts, das durch mehr als 30 Jahre entrichtete Beiträge erworben und vor Annahme dieses Gesetzes bezogen wurde, vollumfänglich und bis auf Weiteres widerrufen wird, weil diese Person ein Entgelt aus einem Arbeitsverhältnis erhält, das sich von dem der Pensionierung zugrunde liegenden unterscheidet?

4.

Muss die Grundsatzvereinbarung im Ganzen und vor allem ihr Abs. 5 Buchst. d, der sich auf die Neuordnung und die Steigerung der Effizienz der öffentlichen Verwaltung bezieht, dahin ausgelegt werden, dass die Kommission zur Abschwächung der Wirtschaftskrise rechtmäßig die Annahme eines nationalen Gesetzes verlangt hat, mit dem für pensionierte Bedienstete öffentlicher Einrichtungen ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs von Ruhegehalt und Arbeitsentgelt eingeführt worden ist?

5.

Können die Art. 17, 20, 21 und 47 der Charta, Art. 6 EUV, Art. 110 AEUV, der Grundsatz der Rechtssicherheit aus dem Unionsrecht und die Rechtsprechung des Gerichtshofs dahin ausgelegt werden, dass sie einer Regelung wie der des Art. 21 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 554/2004 entgegenstehen, welche für den Fall einer Verletzung des Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts eine Wiederaufnahmeklage allein gegen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergangene nationale Entscheidungen erlaubt und welche eine Wiederaufnahmeklage gegen nationale Entscheidungen, die in anderen Verfahren (auf dem Gebiet des Zivil-, Straf- und Handelsrechts) ergangen sind, im Fall einer Verletzung dieses Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts durch diese Entscheidungen nicht gestattet?

6.

Steht Art. 6 EUV der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die die Zahlung des Ruhegehalts eines Berufsrichters, das auf während mehr als 30 Dienstjahren entrichteten Beiträgen beruht, von der Kündigung eines Arbeitsvertrags im Bereich der juristischen Hochschulausbildung abhängig macht?

7.

Stehen Art. 6 EUV, Art. 17 Abs. 1 der Charta und die Rechtsprechung des Gerichtshofs einer Regelung entgehen, die dem Ruhegehaltsempfänger sein Recht auf Ruhegehalt entzieht, auch wenn dieses auf während mehr als 30 Jahren entrichteten Beiträgen beruht und die Richter während der Hochschullehrertätigkeit eigenständige Rentenbeiträge abgeführt haben und noch abführen?

8.

Stehen Art. 6 EUV sowie Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 über die Gleichbehandlung von Personen unabhängig von ihrer Rasse und ethnischen Zugehörigkeit und die Rechtsprechung des Gerichtshofs einem vom Verfassungsgericht eines Mitgliedstaats erlassenen Urteil entgegen, welches im Zuge der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes feststellt, dass das Recht auf gleichzeitigen Bezug von Ruhegehalt und Arbeitsentgelt nur Personen zusteht, die über ein Mandat verfügen, so dass Berufsrichter hiervon ausgenommen sind, denen der Bezug von Ruhegehalt, das auf während mehr als 30 Jahren entrichteten persönlichen Beiträgen beruht, deshalb verwehrt ist, weil sie an ihrem Lehrauftrag im Rahmen der juristischen Hochschulausbildung festhalten?

9.

Stehen Art. 6 EUV und die Rechtsprechung des Gerichtshofs einer Regelung entgehen, die die Zahlung des Ruhegehalts von Richtern, das auf während mehr als 30 Jahren entrichteten Beiträgen beruht, bis auf Weiteres von der Beendigung der Hochschullehrertätigkeit abhängig macht?

10.

Stehen Art. 6 EUV und die Rechtsprechung des Gerichtshofs einer Regelung entgegen, die das rechtliche Gleichgewicht, das zwischen dem Schutz des persönlichen Eigentums und dem öffentlichen Interesse sicherzustellen ist, zerstört, indem sie nur einer gewissen Gruppe von Personen ihre Ruhegehaltsansprüche aus Richtertätigkeit entzieht, weil sie eine Tätigkeit im Hochschulbereich ausüben?

IV – Würdigung

41.

Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen wie folgt neu zu formulieren.

42.

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Grundsatzvereinbarung als Handlung eines Unionsorgans im Sinne von Art. 267 AEUV angesehen und in diesem Fall dem Gerichtshof zur Auslegung vorgelegt werden kann.

43.

Mit seiner zweiten bis vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob bei Bejahung der ersten Frage aufgrund dieser Grundsatzvereinbarung die Annahme nationaler Rechtsvorschriften wie der im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden verlangt werden kann, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat.

44.

Mit seiner sechsten, seiner siebten, seiner neunten und seiner zehnten Frage fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen, ob Art. 6 EUV sowie die Art. 17, 20 und 21 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsrechtsstreit streitigen entgegenstehen, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt eine gewisse Schwelle überschreitet.

45.

Mit seiner achten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof nach meinem Verständnis im Wesentlichen darum, für Recht zu erkennen, ob Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden entgegensteht, die für öffentliche Bedienstete ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat, während diese Rechtsvorschriften nicht für öffentliche Bedienstete mit zwei Einkommen gelten, von denen eines ein Arbeitsentgelt aus der Ausübung eines in der rumänischen Verfassung festgelegten Mandats ist.

46.

Mit seiner fünften Frage fragt sich das vorlegende Gericht schließlich im Wesentlichen, ob Art. 47 der Charta sowie die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die bei einem Verstoß gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts die Möglichkeit zur Wiederaufnahme allein für endgültige und rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen vorsehen, die im Rahmen von Klagen verwaltungsrechtlicher Natur ergangen sind, und nicht für Entscheidungen, die in anderen Bereichen, etwa auf dem Gebiet des Zivil-, Straf- oder Handelsrechts, getroffen wurden.

A – Erste Frage: Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Auslegung der Grundsatzvereinbarung

47.

Mit der ersten Frage des vorlegenden Gerichts soll in Wirklichkeit festgestellt werden, ob eine Grundsatzvereinbarung wie die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehende zu den Handlungen der Unionsorgane im Sinne von Art. 267 Buchst. b AEUV gehört, so dass der Gerichtshof sie auslegen kann.

48.

Nach diesem Artikel entscheidet der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union. Der Gerichtshof hat entschieden, dass diese Bestimmung ihm „die Befugnis [verleiht], im Wege der Vorabentscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der [Union] ohne jede Ausnahme zu entscheiden“ ( 10 ).

49.

Daher unterliegt es meines Erachtens keinem Zweifel, dass die Grundsatzvereinbarung eine Handlung der Organe ist. Sie ist nämlich auf der Grundlage von Art. 143 AEUV angenommen worden, der der Union die Zuständigkeit für die Gewährleistung der Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber einem Mitgliedstaat verleiht. So sieht dieser Artikel vor, dass einem Mitgliedstaat, der hinsichtlich seiner Zahlungsbilanz von Schwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht ist, ein gegenseitiger Beistand gewährt werden kann, wobei die Kommission das Organ ist, das diesen gegenseitigen Beistand empfiehlt, und der Rat ihm mittels einer Entscheidung zustimmt.

50.

Die Verordnung Nr. 332/2002 legt die Einzelheiten fest, die für die im erwähnten Artikel vorgesehene Fazilität des gegenseitigen Beistands gelten. So heißt es in Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung, dass die Kommission ermächtigt wird, auf der Grundlage einer Entscheidung des Rates gemäß Art. 3 dieser Verordnung und nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses im Namen der Europäischen Gemeinschaft Anleihen auf den Kapitalmärkten oder bei Finanzinstitutionen aufzunehmen.

51.

Art. 3a Satz 1 der genannten Verordnung sieht vor, dass die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat eine Absichtserklärung schließen, in der die vom Rat gemäß Art. 3 dieser Verordnung festgelegten Bedingungen im Einzelnen festgelegt werden. Die zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Rumänien geschlossene Grundsatzvereinbarung ist genau nach diesem Verfahren angenommen worden, da der Rat nacheinander zwei Entscheidungen erlassen hat, wobei mit der einen Rumänien ein gegenseitiger Beistand nach Art. 143 AEUV ( 11 ) und mit der anderen diesem Mitgliedstaat ein mittelfristiges Darlehen in Höhe von maximal 5 Mrd. Euro gewährt worden ist ( 12 ).

52.

Die Grundsatzvereinbarung stellt daher die Konkretisierung einer Verpflichtung zwischen der Union und einem Mitgliedstaat über ein von diesen Parteien ausgehandeltes Wirtschaftsprogramm dar, mit der sich der besagte Mitgliedstaat verpflichtet, im Voraus festgelegte wirtschaftliche Ziele einzuhalten, um vorbehaltlich der Erfüllung dieser Verpflichtung die finanzielle Unterstützung der Union erhalten zu können.

53.

Zwar entfaltet die Grundsatzvereinbarung, worauf die Kommission in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, keine verbindlichen Rechtswirkungen. Im Gegensatz zu den für eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen verlangt das in Art. 267 AEUV vorgesehene Vorabentscheidungsverfahren jedoch nicht, dass die auszulegende Handlung Rechtswirkungen erzeugen soll. Es genügt, wenn die fragliche Handlung „[eine Handlung] der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union“ ist. Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Vorabentscheidungsersuchen auch unverbindliche Unionshandlungen betreffen kann ( 13 ).

54.

Daher steht der besondere Charakter der Grundsatzvereinbarung ihrer Auslegung durch den Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens nicht entgegen.

55.

Meiner Meinung nach ist die Grundsatzvereinbarung somit als eine Handlung der Unionsorgane im Sinne von Art. 267 AEUV anzusehen, für deren Auslegung der Gerichtshof zuständig ist.

B – Zweite bis vierte Frage: Auslegung der Grundsatzvereinbarung

56.

Mit diesen Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob aufgrund der Grundsatzvereinbarung die Annahme nationaler Rechtsvorschriften wie der im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden verlangt werden kann, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat.

57.

Wie ich in Nr. 52 der vorliegenden Schlussanträge erwähnt habe, macht die Grundsatzvereinbarung die Gewährung einer finanziellen Unterstützung der Gemeinschaft von der Voraussetzung abhängig, dass die von Rumänien eingegangenen wirtschaftlichen Verpflichtungen eingehalten werden. In Abs. 5 Unterabs. 1 dieser Vereinbarung heißt es insoweit, dass die Auszahlung jeder Tranche unter dem Vorbehalt der Durchführung des Wirtschaftsprogramms der rumänischen Regierung erfolgt. Für jede Tranche sind spezifische wirtschaftspolitische Kriterien festgelegt worden, die im Anhang I der genannten Vereinbarung im Einzelnen aufgeführt sind.

58.

Sodann definiert die Grundsatzvereinbarung die allgemeinen Ziele des von Rumänien aufgelegten Wirtschaftsprogramms. Auch wenn die Vereinbarung vorsieht, dass das Rentensystem reformiert werden muss, und einige konkrete Maßnahmen wie die Erhöhung des Renteneintrittsalters oder die Kopplung der Pensionen des öffentlichen Sektors an den Verbraucherpreisindex festlegt ( 14 ), ist festzustellen, dass an keiner Stelle von einem Verbot des gleichzeitigen Bezugs einer Pension des öffentlichen Sektors und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen die Rede ist.

59.

Wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen klarstellt ( 15 ), ist es Sache der rumänischen Behörden, die Maßnahmen umzusetzen, die sie für geeignet und notwendig halten, um die in der Grundsatzvereinbarung festgelegten allgemeinen Ziele zu erfüllen.

60.

Folglich ist diese Vereinbarung dahin auszulegen, dass sie den Erlass von Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat, nicht vorschreibt.

C – Sechste, siebte, neunte und zehnte Frage: Auslegung von Art. 6 EUV sowie der Art. 17, 20 und 21 der Charta

61.

Mit seiner sechsten, seiner siebten, seiner neunten und seiner zehnten Frage fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen, ob Art. 6 EUV sowie die Art. 17, 20 und 21 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsrechtsstreit streitigen entgegenstehen, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt eine gewisse Schwelle überschreitet.

62.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten die Erfordernisse des Grundrechtsschutzes immer dann zu beachten haben, wenn sie aufgerufen sind, das Unionsrecht anzuwenden ( 16 ).

63.

Die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte finden nämlich in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen, aber nicht außerhalb derselben Anwendung. Insoweit hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass er eine nationale Rechtsvorschrift nicht im Hinblick auf die Charta beurteilen kann, wenn sie nicht in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt. Sobald dagegen eine solche Vorschrift in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt, hat der im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens angerufene Gerichtshof dem vorlegenden Gericht alle Auslegungshinweise zu geben, die es benötigt, um die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung er sichert ( 17 ).

64.

Daher stellt sich die Frage, ob mit dem Gesetz Nr. 329/2009 im vorliegenden Fall die Grundsatzvereinbarung im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta und der vorerwähnten Rechtsprechung durchgeführt wird.

1. Anwendung der Charta

65.

Das Gesetz Nr. 329/2009 ist gerade erlassen worden, um den von Rumänien gegenüber der Gemeinschaft eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen, die in der Grundsatzvereinbarung aufgeführt sind, was aus dem Wortlaut dieses Gesetzes, das den Titel „Gesetz über die Neuorganisation verschiedener Behörden und öffentlicher Einrichtungen, die Begrenzung der öffentlichen Ausgaben, die Förderung des Unternehmensumfelds und die Umsetzung der Rahmenabkommen mit der [Kommission] und dem [IWF]“ trägt, ausdrücklich hervorgeht.

66.

Auch ist Art. 2 des genannten Gesetzes unmissverständlich, da es in ihm heißt, dass die durch das Gesetz eingeführten Maßnahmen Ausnahmecharakter haben und der Abschwächung der Folgen der Wirtschaftskrise sowie der Erfüllung der Pflichten aus der Grundsatzvereinbarung und dem Stand-By-Abkommen zwischen Rumänien und der Kommission bzw. dem IWF dienen.

67.

Wie wir in den Nrn. 49 bis 52 der vorliegenden Schlussanträge gesehen haben, konkretisiert die Grundsatzvereinbarung das Verfahren nach Art. 143 AEUV. Auf dieser Grundlage sind zwei Entscheidungen des Rates ergangen, darunter die Entscheidung 2009/459, die die Auszahlung jeder weiteren Tranche des finanziellen Beistands davon abhängig macht, dass die Umsetzung des neuen Wirtschaftsprogramms der rumänischen Regierung, dessen Auflagen in der erwähnten Grundsatzvereinbarung festgelegt sind, zufriedenstellend ist ( 18 ).

68.

Zu diesen Auflagen gehört Abs. 5 Buchst. a der Grundsatzvereinbarung, der eine Senkung der Ausgaben für Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor vorsieht, während es unter Buchst. b Unterabs. 4 desselben Absatzes heißt, dass zur langfristigen Verbesserung der öffentlichen Finanzen zentrale Parameter des Rentensystems reformiert werden sollen.

69.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Gesetz Nr. 329/2009 erlassen worden ist, um den Verpflichtungen nachzukommen, die Rumänien in der Grundsatzvereinbarung, die, wie wir in den Nrn. 49 bis 52 der vorliegenden Schlussanträge gesehen haben, Teil des Unionsrechts ist, eingegangen war. Daher wird die Situation der Kläger des Ausgangsverfahrens durch das Unionsrecht geregelt.

70.

In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass die Grundsatzvereinbarung Rumänien einen Handlungsspielraum belässt, um Maßnahmen zu beschließen, die am ehesten dazu führen, dass die genannten Verpflichtungen eingehalten werden, wie die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehende Maßnahme, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsieht, wenn das Ruhegehalt eine gewisse Schwelle überschreitet. Meines Erachtens sind die in Art. 3 Abs. 5 der Entscheidung 2009/459 und in der Grundsatzvereinbarung genannten Ziele im Gegensatz zu einfachen Empfehlungen, die der Rat auf der Grundlage von Art. 126 AEUV an Mitgliedstaaten richtet, deren öffentliches Defizit möglicherweise als übermäßig angesehen wird, detailliert und genau genug, um eine einschlägige unionsrechtliche Regelung darzustellen.

71.

Meiner Ansicht nach wird mit dem Gesetz Nr. 329/2009 folglich Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta durchgeführt, die daher auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar ist.

2. Verstoß gegen die Art. 17, 20 und 21 der Charta

72.

Ich möchte vorab klarstellen, dass sich meine Würdigung ausschließlich auf Art. 17 der Charta beziehen wird. Was deren Art. 20 und 21 angeht, ist nämlich festzustellen, dass das vorlegende Gericht diese Artikel in der Vorlagefrage lediglich erwähnt, ohne jedoch zu erläutern, inwiefern die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehende nationale Maßnahme gegen sie verstoßen soll.

73.

Art. 17 der Charta lautet: „Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“

74.

Zur Bestimmung des Umfangs des Grundrechts auf Achtung des Eigentums ist insbesondere Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 zu der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten heranzuziehen, in dem dieses Recht niedergelegt ist ( 19 ). In diesem Zusammenhang hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wiederholt Gelegenheit gehabt, sich zum Ruhegehaltsanspruch zu äußern.

75.

So hat er entschieden, dass „[dieser Artikel] keinen Anspruch auf den Erwerb von Vermögen [begründet]. [Er] schränkt die Entscheidungsfreiheit der Vertragsstaaten, ob sie ein System des sozialen Schutzes einführen wollen oder nicht, und die Wahl der Art oder Höhe der Leistungen, die im Rahmen eines solchen Systems gewährt werden sollen, in keiner Weise ein. Erlässt ein Vertragsstaat jedoch Rechtsvorschriften, die die automatische Auszahlung einer Sozialleistung vorsehen – unabhängig davon, ob die Gewährung dieser Leistung von einer vorherigen Beitragszahlung abhängt oder nicht –, sind diese Rechtsvorschriften so anzusehen, als begründeten sie ein Vermögensinteresse, das in Bezug auf Personen, die die Voraussetzungen von Art. 1 des Protokolls Nr. 1 erfüllen, in den Anwendungsbereich dieses Artikels fällt.“ ( 20 )

76.

Darüber hinaus wird der Ruhegehaltsanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als solcher nicht von der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantiert ( 21 ) und kann Art. 1 des Protokolls Nr. 1 nicht so ausgelegt werden, als gewähre er einen Anspruch auf ein Ruhegehalt in einer bestimmten Höhe ( 22 ).

77.

Ich sehe keinen Grund, weshalb in der vorliegenden beim Gerichtshof anhängig gemachten Rechtssache ein anderer Standpunkt eingenommen werden sollte. Fest steht, dass der Ruhegehaltsanspruch, über den die Kläger des Ausgangsverfahrens verfügen, aus Versichertenbeiträgen – hier von Richtern – erwachsen ist. Diese haben ein Eigentumsrecht an dem im Rahmen ihrer Tätigkeit aufgebauten Ruhegehalt erworben, das damit Bestandteil ihrer Vermögensrechte ist. Im Übrigen ist der besagte Anspruch bei drei Klägern auf den Erben des verstorbenen Versicherten übergegangen. Daher fällt der Ruhegehaltsanspruch in den Anwendungsbereich von Art. 17 der Charta.

78.

In dieser Vorschrift werden zwei Formen einer möglichen Beeinträchtigung der Eigentümerrechte genannt, nämlich ein einfacher Entzug dieser Rechte („[n]iemandem darf sein Eigentum entzogen werden“) oder eine Beschränkung ihrer Ausübung („[d]ie Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden“) ( 23 ).

79.

Im vorliegenden Fall kann ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Ruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen nach meinem Dafürhalten nicht als eine Handlung angesehen werden, die zu einem einfachen Entzug des Eigentums führt, da der „Eigentümer“ weiterhin frei ist, über sein Vermögen, hier das Ruhegehalt, zu verfügen. Personen in der Situation der Kläger des Ausgangsverfahrens müssen nämlich zwischen dem Bezug dieses Ruhegehalts und der Weiterführung ihres Arbeitsverhältnisses wählen. Ihnen wird das genannte Ruhegehalt in keiner Weise entzogen.

80.

Es unterliegt hingegen keinem Zweifel, dass dieses durch das Gesetz Nr. 329/2009 eingeführte Verbot die Ausübung des Eigentumsrechts beschränkt, indem es die Nutzung des Eigentums vorübergehend einschränkt. Eine solche Beschränkung ist gemäß Art. 17 der Charta nur zulässig, wenn sie „gesetzlich geregelt [und] soweit [sie] für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist“. Dieser Satz spiegelt meiner Meinung nach Art. 52 Abs. 1 der Charta wider, der vorsieht, dass „[j]ede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten … gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten [muss]. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen [der Ausübung dieser Rechte und Freiheiten] nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.“

81.

Auch wenn die Beschränkung des Eigentumsrechts durch das Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei einer öffentlichen Einrichtung durch das rumänische Recht geregelt wird, bleibt festzustellen, ob sie den Wesensgehalt des Eigentumsrechts achtet, notwendig ist und einer dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung entspricht.

82.

Was den letztgenannten Punkt angeht, ist es meines Erachtens unbestreitbar, dass die Zielsetzung, die darin besteht, die Folgen der Wirtschaftskrise abzuschwächen sowie die Pflichten aus der Grundsatzvereinbarung und dem Stand-By-Abkommen zwischen Rumänien und der Kommission bzw. dem IWF zu erfüllen, eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung darstellt.

83.

Im Übrigen stellt das Gesetz Nr. 329/2009 die Eigentumsgarantie als solche meiner Ansicht nach nicht in Frage. Wie aus dem Wortlaut von Art. 2 dieses Gesetzes hervorgeht, hat es nämlich Ausnahmecharakter. Es ist nicht auf Dauer angelegt. Außerdem stellt es das Recht auf ein Ruhegehalt nicht grundsätzlich in Frage, sondern schränkt dessen Nutzung unter genau festgelegten und geregelten Bedingungen ein, nämlich dann, wenn das Ruhegehalt neben einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen bezogen wird und eine gewisse Schwelle überschreitet.

84.

Was die Notwendigkeit der fraglichen nationalen Regelung betrifft, sind die Mitgliedstaaten und die Unionsorgane im sehr besonderen Kontext der Wirtschaftskrise, mit der Erstere konfrontiert werden, meines Erachtens zweifellos am ehesten in der Lage, zu bestimmen, welche Maßnahmen die größtmögliche Wirkung auf die Sanierung der öffentlichen Finanzen haben können. Nach meinem Dafürhalten verfügen die Mitgliedstaaten daher insoweit über ein weites Ermessen. Im Übrigen erinnere ich daran, dass die von der Maßnahme betroffenen Personen nur dann zwischen dem Weiterbezug des Ruhegehalts und der Weiterführung einer Tätigkeit bei einer öffentlichen Einrichtung wählen müssen, wenn ihr Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat. Außerdem werden die Ruhegeldzahlungen der Kläger nur vorübergehend – bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses – ausgesetzt.

85.

Die Kläger sind auch nicht ohne Einkommensquelle, da sie gerade aus der beruflichen Tätigkeit bei der öffentlichen Einrichtung ein Einkommen beziehen.

86.

Schließlich bürdet das Gesetz Nr. 329/2009 den Klägern des Ausgangsverfahrens meiner Meinung nach keine unverhältnismäßige und übermäßige Belastung auf, da sie sich jederzeit für die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses entscheiden und wieder ihr Ruhegehalt beziehen können.

87.

Vor diesem Hintergrund ist Art. 17 der Charta meiner Meinung nach dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt eine gewisse Schwelle überschreitet, nicht entgegensteht.

D – Achte Frage: Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78

88.

In der Rechtssache, die zu dem Urteil vom 21. Mai 2015, SCMD ( 24 ), geführt hat, sollte der Gerichtshof im Wesentlichen befinden, ob Art. 17 des Gesetzes Nr. 329/2009, der die Beendigung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses öffentlicher Bediensteter, die darüber hinaus ein Ruhegehalt beziehen, das über dem durchschnittlichen Bruttogehalt liegt, von Rechts wegen vorschreibt, wenn die Bediensteten nicht innerhalb einer bestimmten Frist für die Weiterführung dieses Arbeits- oder Dienstverhältnisses optiert haben, eine Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 begründet. Der Gerichtshof ist zu dem Schluss gelangt, dass die letztgenannten Bestimmungen auf die in jener Rechtssache in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften keine Anwendung finden.

89.

Da die nationalen Rechtsvorschriften, um die es in der Rechtssache ging, die zum Urteil SCMD ( 25 ) geführt hat, dieselben sind, die im Ausgangsrechtsstreit in Frage gestellt werden, sehe ich keinen Grund, weshalb ich von den Überlegungen und der Entscheidung des Gerichtshofs in jener Rechtssache abweichen sollte, zumal das vorlegende Gericht in der Rechtssache, die uns hier unterbreitet wird, nicht – im Übrigen ebenso wenig wie die Kläger des Ausgangsverfahrens – erläutert, inwiefern der Status eines Pensionärs, den die betreffenden Richter in der vorliegenden Rechtssache erworben haben, mit einem der in Art. 1 der Richtlinie 2000/78 genannten Diskriminierungsgründe zusammenhängen soll.

90.

Es ist nämlich festzustellen, dass das vorlegende Gericht lediglich ein Urteil der Curte Constituţională (Verfassungsgerichtshof) vom 4. November 2009 anführt, mit dem diese festgestellt hat, dass das Gesetz Nr. 329/2009 verfassungskonform sei, da sich die Bestimmungen seines Kapitels IV, zu dem die Art. 17 bis 26 dieses Gesetzes gehören, nicht auf Personen bezögen, für die die Dauer des Mandats von der Verfassung ausdrücklich festgelegt werde, womit die Verfassungsmäßigkeit des genannten Gesetzes in Bezug auf Berufsrichter bestätigt worden ist.

91.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der „Gleichbehandlungsgrundsatz“ gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 bedeutet, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Art. 1 dieser Richtlinie genannten Gründe geben darf, zu denen das Alter gehört ( 26 ).

92.

Wie der Gerichtshof in der Rechtssache, die zu dem Urteil SCMD geführt hat, festgestellt hat, wird die Beendigung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses im Einklang mit den betreffenden nationalen Rechtsvorschriften jedoch nur öffentlichen Bediensteten vorgeschrieben, die ein Ruhegehalt beziehen, das über dem durchschnittlichen Bruttonationaleinkommen liegt, und innerhalb einer bestimmten Frist nicht für die Weiterführung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses optiert haben ( 27 ).

93.

Die Ungleichbehandlung wird daher nicht auf das Alter gestützt, sondern auf die Eigenschaft eines öffentlichen Bediensteten sowie auf die Tatsache, dass das Ruhegehalt, das dieser Bedienstete bezieht, über dem durchschnittlichen Bruttonationaleinkommen liegt ( 28 ).

94.

Wie der Gerichtshof in Rn. 31 des Urteils SCMD entschieden hat, fällt ein Sachverhalt wie der uns aktuell vorgelegte folglich nicht in den allgemeinen Rahmen, der durch Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 im Hinblick auf die Bekämpfung bestimmter Diskriminierungen abgesteckt wird.

95.

Nach meinem Dafürhalten ist dieser Artikel daher dahin auszulegen, dass er auf nationale Rechtsvorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden keine Anwendung findet, die für öffentliche Bedienstete ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat.

E – Fünfte Frage: Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf sowie Wahrung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität

96.

Mit seiner fünften Frage fragt sich das vorlegende Gericht im Wesentlichen, ob Art. 47 der Charta sowie die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die bei einem Verstoß gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts die Möglichkeit zur Wiederaufnahme allein für endgültige und rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen vorsehen, die im Rahmen von Klagen verwaltungsrechtlicher Natur ergangen sind, und nicht für Entscheidungen, die in anderen Bereichen, etwa auf dem Gebiet des Zivil-, Straf- oder Handelsrechts, getroffen wurden.

97.

Ich erinnere daran, dass das vorlegende Gericht in der Ausgangsrechtssache mit einer Wiederaufnahmeklage gegen ein Zivilurteil der Curte de Apel Alba Iulia, Secția pentru conflicte de muncă și asigurări sociale (Berufungsgericht Alba Iulia, Kammer für Arbeits- und Sozialversicherungsstreitigkeiten) befasst ist, mit der eine Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand angefochten wird.

98.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof diese Frage bereits in der Rechtssache untersucht hat, die zum Urteil vom 6. Oktober 2015, Târșia ( 29 ), geführt hat. In jener Rechtssache wurde der Gerichtshof nämlich vom Tribunal Sibiu (Gericht Sibiu) zu der Frage befragt, ob das Unionsrecht – insbesondere die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität – dahin auszulegen ist, dass es dem entgegensteht, dass ein nationales Gericht keine Möglichkeit zur Wiederaufnahme bezüglich einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung hat, die im Rahmen einer Klage zivilrechtlicher Natur ergangen ist, wenn sich diese Entscheidung als unvereinbar mit einer Auslegung des Unionsrechts erweist, die der Gerichtshof nach dem Zeitpunkt vorgenommen hat, zu dem die genannte Entscheidung rechtskräftig geworden ist, während bei rechtskräftigen, mit dem Unionsrecht unvereinbaren gerichtlichen Entscheidungen, die im Rahmen von Klagen verwaltungsrechtlicher Natur ergangen sind, eine solche Möglichkeit besteht.

99.

In der Rechtssache Târșia handelte es sich bei der in Frage gestellten nationalen Regelung – ebenso wie in der vorliegenden Rechtssache – um Art. 21 des Gesetzes Nr. 554/2004 über das verwaltungsgerichtliche Verfahren.

100.

Der Gerichtshof hat in Rn. 34 dieses Urteils jedoch entschieden, dass „der Grundsatz der Äquivalenz die Gleichbehandlung auf einen Verstoß gegen das nationale Recht gestützter Rechtsbehelfe und entsprechender, auf einen Verstoß gegen das Unionsrecht gestützter Rechtsbehelfe verlangt, nicht aber die Gleichwertigkeit nationaler Verfahrensvorschriften, die für Streitsachen unterschiedlicher Natur gelten, z. B. – wie im Ausgangsverfahren – zivilrechtliche Streitsachen auf der einen und verwaltungsrechtliche Streitsachen auf der anderen Seite. Außerdem kommt [diesem Grundsatz] in einer Situation, die wie im Ausgangsverfahren zwei Arten von Rechtsbehelfen betrifft, die beide auf einem Verstoß gegen das Unionsrecht beruhen, keine Bedeutung zu“. Der Gerichtshof ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der genannte Grundsatz einer nationalen Regelung wie Art. 21 des Gesetzes Nr. 554/2004 nicht entgegensteht.

101.

Was den Grundsatz der Effektivität angeht, hat der Gerichtshof in Rn. 38 des erwähnten Urteils ferner darauf hingewiesen, dass „[er] mehrfach auf die Bedeutung des Grundsatzes der Rechtskraft hingewiesen [hat] … So ist entschieden worden, dass das Unionsrecht nicht verlangt, dass ein Rechtsprechungsorgan eine in Rechtskraft erwachsene Entscheidung nach einer späteren Auslegung einer einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmung durch den Gerichtshof grundsätzlich rückgängig zu machen hat, um dieser Auslegung Rechnung zu tragen“.

102.

Der Gerichtshof ist daher zu dem Schluss gelangt, dass auch der Grundsatz der Effektivität einer nationalen Regelung wie Art. 21 des Gesetzes Nr. 554/2004 nicht entgegensteht.

103.

In Rn. 40 des Urteils Târșia ( 30 ) hat der Gerichtshof schließlich festgestellt, dass „nach ständiger Rechtsprechung dem Einzelnen insbesondere aufgrund des Umstands, dass eine Verletzung aus dem Unionsrecht erwachsender Rechte durch eine [rechtskräftige gerichtliche Entscheidung] regelmäßig nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, nicht die Befugnis genommen werden darf, den Staat haftbar zu machen, um auf diesem Weg einen gerichtlichen Schutz seiner Rechte zu erlangen“.

104.

Aus den gleichen Gründen wie den vom Gerichtshof im Urteil Târșia angeführten bin ich daher der Ansicht, dass Art. 47 der Charta sowie die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität dahin auszulegen sind, dass sie dem nicht entgegenstehen, dass ein nationales Gericht keine Möglichkeit zur Wiederaufnahme bezüglich einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung hat, die im Rahmen einer Klage zivilrechtlicher Natur ergangen ist, wenn sich diese Entscheidung als unvereinbar mit einer Auslegung des Unionsrechts erweist, die der Gerichtshof nach dem Zeitpunkt vorgenommen hat, zu dem die genannte Entscheidung rechtskräftig geworden ist, während bei rechtskräftigen, mit dem Unionsrecht unvereinbaren gerichtlichen Entscheidungen, die im Rahmen von Klagen verwaltungsrechtlicher Natur ergangen sind, eine solche Möglichkeit besteht.

V – Ergebnis

105.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, der Curte de Apel Alba Iulia (Berufungsgericht Alba Iulia, Rumänien) wie folgt zu antworten:

1.

Die am 23. Juni 2009 in Bukarest und Brüssel geschlossene Grundsatzvereinbarung zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Rumänien ist als eine Handlung der Unionsorgane im Sinne von Art. 267 AEUV anzusehen; der Gerichtshof ist für ihre Auslegung zuständig.

2.

Diese Vereinbarung ist dahin auszulegen, dass sie den Erlass von Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat, nicht vorschreibt.

3.

Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden, die ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts im öffentlichen Sektor und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt eine gewisse Schwelle überschreitet, nicht entgegensteht.

4.

Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass er auf nationale Rechtsvorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden keine Anwendung findet, die für öffentliche Bedienstete ein Verbot des gleichzeitigen Bezugs eines Nettoruhegehalts und eines Einkommens aus einer Tätigkeit bei öffentlichen Einrichtungen vorsehen, wenn das Ruhegehalt das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen übersteigt, das als Grundlage für die Festlegung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts gedient hat.

5.

Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität sind dahin auszulegen, dass sie unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens dem nicht entgegenstehen, dass ein nationales Gericht keine Möglichkeit zur Wiederaufnahme bezüglich einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung hat, die im Rahmen einer Klage zivilrechtlicher Natur ergangen ist, wenn sich diese Entscheidung als unvereinbar mit einer Auslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof der Europäischen Union erweist, während bei rechtskräftigen, mit dem Unionsrecht unvereinbaren gerichtlichen Entscheidungen, die im Rahmen von Klagen verwaltungsrechtlicher Natur ergangen sind, eine solche Möglichkeit besteht.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) Richtlinie des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16).

( 3 ) Im Folgenden: Charta.

( 4 ) Im Folgenden: Grundsatzvereinbarung. Diese Grundsatzvereinbarung ist unter folgender Internetadresse verfügbar: http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/publication15409_en.pdf. Zu bemerken ist, dass die Verordnung (EG) Nr. 332/2002 des Rates vom 18. Februar 2002 zur Einführung einer Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten (ABl. 2002, L 53, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 431/2009 vom 18. Mai 2009 (ABl. 2009, L 128, S. 1) geänderten Fassung im Englischen den Begriff „memorandum of understanding“ verwendet. Da die deutsche Sprachfassung dieser Verordnung jedoch den Begriff „Absichtserklärung“ verwendet, werde ich in dem Bemühen um Kohärenz diesen bzw. den Begriff „Grundsatzvereinbarung“ heranziehen.

( 5 ) Entscheidung des Rates vom 6. Mai 2009 über einen gegenseitigen Beistand für Rumänien (ABl. 2009, L 150, S. 6).

( 6 ) Entscheidung des Rates vom 6. Mai 2009 über einen mittelfristigen finanziellen Beistand der Gemeinschaft für Rumänien (ABl. 2009, L 150, S. 8).

( 7 ) Art. 1 Abs. 1 dieser Entscheidung.

( 8 ) Im Folgenden: Gesetz Nr. 329/2009.

( 9 ) Im Folgenden: Gesetz Nr. 554/2004.

( 10 ) Vgl. Urteile vom 13. Dezember 1989, Grimaldi (C‑322/88, EU:C:1989:646, Rn. 8), und vom 11. Mai 2006, Friesland Coberco Dairy Foods (C‑11/05, EU:C:2006:312, Rn. 36). Hervorhebung nur hier.

( 11 ) Vgl. Entscheidung 2009/458.

( 12 ) Vgl. Entscheidung 2009/459.

( 13 ) Vgl. Urteile vom 13. Dezember 1989, Grimaldi (C‑322/88, EU:C:1989:646, Rn. 8), und vom 8. April 1992, Wagner (C‑94/91, EU:C:1992:181, Rn. 16 und 17).

( 14 ) Vgl. Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 4 der genannten Vereinbarung.

( 15 ) Vgl. Rn. 25 der Erklärungen.

( 16 ) Vgl. Urteil vom 11. Oktober 2007, Möllendorf und Möllendorf-Niehuus (C‑117/06, EU:C:2007:596, Rn. 78), sowie Beschluss vom 7. März 2013, Sindicato dos Bancários do Norte u. a. (C‑128/12, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:149, Rn. 10).

( 17 ) Vgl. Urteil vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson (C‑617/10, EU:C:2013:105, Rn. 19). Für eine jüngere Rechtsprechung vgl. auch Urteil vom 6. September 2016, Petruhhin (C‑182/15, EU:C:2016:630).

( 18 ) Vgl. Art. 3 Abs. 5 dieser Entscheidung.

( 19 ) Vgl. Urteil vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 356).

( 20 ) Vgl. EGMR, 7. Juli 2011, Stummer/Österreich [GK], CE:ECHR:2011:0707JUD003745202, § 82.

( 21 ) Vgl. EGMR, 2. Februar 2006, Buchheit und Meinberg/Deutschland, CE:ECHR:2006:0202DEC005146699, § 10.

( 22 ) Vgl. EGMR, 12. Oktober 2004, Kjartan Ásmundsson/Island, CE:ECHR:2004:1012JUD006066900, § 39.

( 23 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 1979, Hauer (44/79, EU:C:1979:290, Rn. 19).

( 24 ) C‑262/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:336.

( 25 ) Urteil vom 21. Mai 2015 (C‑262/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:336).

( 26 ) Vgl. Urteil vom 21. Mai 2015, SCMD (C‑262/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:336, Rn. 22).

( 27 ) Urteil vom 21. Mai 2015, SCMD (C‑262/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:336, Rn. 24).

( 28 ) Vgl. insoweit Urteil vom 21. Mai 2015, SCMD (C‑262/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:336, Rn. 30).

( 29 ) C‑69/14, EU:C:2015:662.

( 30 ) Urteil vom 6. Oktober 2015 (C-69/14, EU:C:2015:662).