SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 30. April 2015 ( 1 )

Rechtssache C‑231/14 P

InnoLux Corp., vormals Chimei InnoLux Corp.,

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel — Wettbewerb — Kartelle — Weltmarkt für Flüssigkristallanzeigen (LCD) — Geldbußen — Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen — Bestimmung des Wertes der Verkäufe, mit denen der Verstoß in Zusammenhang steht — Extraterritoriale Anwendung der Wettbewerbsregeln der Europäischen Union — Interne Verkäufe des betreffenden Produkts außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) — Berücksichtigung von Verkäufen von Endprodukten, in die das betreffende Produkt eingebaut ist, an Dritte im EWR“

1. 

Mit dem vorliegenden Rechtsmittel beantragt die InnoLux Corp. (im Folgenden: InnoLux), vormals Chimei InnoLux Corp., zum einen die teilweise Aufhebung des Urteils InnoLux/Kommission ( 2 ) des Gerichts der Europäischen Union, mit dem dieses den Beschluss K(2010) 8761 endg. der Kommission in der Rechtssache COMP/39.309 – LCD (Liquid Crystal Displays) ( 3 ) dahin abgeändert hat, dass es den Betrag der in Art. 2 des Beschlusses gegen sie verhängten Geldbuße auf 288 Mio. Euro festgesetzt hat, und ihre Klage auf teilweise Aufhebung dieser Entscheidung, soweit diese sie betrifft, und Herabsetzung des Betrags dieser Geldbuße im Übrigen abgewiesen hat.

2. 

Das vorliegende Rechtsmittel wirft eine wichtige wettbewerbsrechtliche Frage auf, nämlich die der extraterritorialen Anwendung der Wettbewerbsregeln der Europäischen Union (im vorliegenden Fall im Kontext der Feststellung der Verkäufe, die von der Europäischen Kommission bei der Berechnung der Geldbuße berücksichtigt werden können ( 4 ). Die extraterritoriale Anwendung dieser Regeln durch die Kommission wird auch in mehreren derzeit sowohl beim Gerichtshof als auch beim Gericht anhängigen Rechtssachen gerichtlich angefochten ( 5 ).

I – Vorgeschichte des Rechtsstreits

3.

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits und des streitigen Beschlusses, wie sie sich aus den Rn. 1 bis 27 des angefochtenen Urteils ergibt, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

4.

Die Chi Mei Optoelectronics Corp. (im Folgenden: CMO), eine Gesellschaft taiwanesischen Rechts, kontrollierte eine weltweit präsente Gruppe von in der Herstellung von Aktiv-Matrix-Flüssigkristallanzeigen (im Folgenden: LCD) tätigen Gesellschaften. Infolge eines Fusionsvertrags von CMO mit den Gesellschaften InnoLux Display Corp. und TPO Displays Corp. wurde die daraus hervorgehende rechtliche Einheit in InnoLux, ebenfalls eine Gesellschaft taiwanesischen Rechts, umbenannt, die Rechtsmittelführerin in der vorliegenden Rechtssache.

5.

Nachdem die Gesellschaft koreanischen Rechts Samsung Electronics Co. Ltd (im Folgenden: Samsung) der Kommission das Bestehen einer Absprache auf dem Markt für LCD angezeigt hatte, leitete diese das Verwaltungsverfahren ein und richtete eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an 16 Gesellschaften, darunter zwei europäische Tochtergesellschaften der Rechtsmittelführerin, an der diese 100 % der Anteile hielt. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte wurden insbesondere die Gründe erläutert, aus denen die beiden Tochtergesellschaften von CMO gesamtschuldnerisch für die von der Rechtsmittelführerin begangenen Verstöße verantwortlich gemacht werden sollten.

6.

Am 8. Dezember 2010 erließ die Kommission den streitigen Beschluss. Dieser richtete sich an sechs der 16 Gesellschaften, die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte waren, darunter die Rechtsmittelführerin, die LG Display Co. Ltd (im Folgenden: LGD) und die AU Optronics Corp. (im Folgenden: AUO). Hingegen gehörten die Tochtergesellschaften der Rechtsmittelführerin nicht mehr zu den Adressaten.

7.

Im streitigen Beschluss stellte die Kommission das Vorliegen eines Kartells zwischen sechs großen internationalen Herstellern von LCD fest, darunter die Rechtsmittelführerin, LGD und AUO, das die beiden folgenden Kategorien dieser Produkte mit einer Größe von 12 Zoll und mehr betraf: LCD für Informationstechnologien (IT), beispielsweise für den Einbau in kompakte tragbare Computer und Computer-Bildschirme, sowie LCD für Fernsehgeräte (im Folgenden zusammen: kartellbefangene LCD).

8.

Für die mit dem angefochtenen Beschluss verhängten Geldbußen zog die Kommission die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) heran. Nach ihnen bestimmte die Kommission den Wert des Umsatzes an den vom Verstoß unmittelbar oder mittelbar betroffenen kartellbefangenen LCD. Hierzu teilte sie die Verkäufe der Kartellteilnehmer in die drei folgenden Kategorien ein:

„unmittelbare Verkäufe im EWR“, d. h. Verkäufe von kartellbefangenen LCD an ein anderes Unternehmen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR);

„unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“, d. h. Verkäufe von kartellbefangenen LCD, die innerhalb des Konzerns, zu dem der Hersteller gehört, in Endprodukte eingebaut werden, die an ein anderes Unternehmen im EWR verkauft werden;

„mittelbare Verkäufe“, d. h. Verkäufe von kartellbefangenen LCD an ein anderes, außerhalb des EWR ansässiges Unternehmen, das die Bildschirme in Endprodukte einbaut, die es im EWR verkauft, wobei unter einem anderen Unternehmen ein nicht zum Konzern des Verkäufers gehörendes Unternehmen zu verstehen ist.

9.

Die Kommission war der Ansicht, sie könne sich darauf beschränken, die ersten beiden der oben genannten Kategorien zu berücksichtigen, da die Einbeziehung der dritten Kategorie nicht erforderlich sei, um eine ausreichend abschreckende Höhe der verhängten Geldbußen zu erreichen. Auf dieser Grundlage verhängte die Kommission gegen die Rechtsmittelführerin eine Geldbuße in Höhe von 300 Mio. Euro.

II – Angefochtenes Urteil

10.

Mit Klageschrift vom 21. Februar 2011 erhob die Rechtsmittelführerin Klage auf teilweise Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses und Herabsetzung der Geldbuße. Zur Stützung ihrer Klage machte sie drei Klagegründe geltend. Mit dem ersten machte sie geltend, dass die Kommission ein rechtlich falsches Konzept angewandt habe, nämlich das „unmittelbarer Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“, mit dem zweiten, dass die Kommission gegen Art. 101 AEUV verstoßen habe, indem sie für Fernsehgeräte vorgesehene LCD als von der Zuwiderhandlung betroffen angesehen habe, und mit dem dritten, dass der Wert der relevanten Verkäufe, den die Kommission in Bezug auf sie berücksichtigt habe, zu Unrecht andere Verkäufe als die kartellbefangener LCD umfasst habe.

11.

Im angefochtenen Urteil hat das Gericht dem letztgenannten Rechtsmittelgrund stattgegeben und demzufolge den Betrag der gegen die Rechtsmittelführerin zu verhängenden Geldbuße auf 288 Mio. Euro herabgesetzt ( 6 ). Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

III – Zum Rechtsmittel

A – Zum ersten Klagegrund: Berücksichtigung der „unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte

1. Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

12.

Mit dem ersten Teil des Rechtsmittelgrundes, der das Konzept von „Verkäufen, die mit dem Verstoß in Zusammenhang stehen“, betrifft, wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, zur Berechnung der Geldbuße ihre Verkäufe von Endprodukten im EWR als „unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ einbezogen zu haben, obwohl diese Verkäufe nicht im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 mit dem Verstoß in Zusammenhang gestanden hätten,

13.

Die Kommission ist der Ansicht, die Argumentation der Rechtsmittelführerin sei vom Gericht aufgrund zutreffender Erwägungen zurückgewiesen worden. Die Argumentation der Rechtsmittelführerin lasse außer Acht, dass der Preis der kartellbefangenen LCD den der Endprodukte beeinflusse und dass die kollusiven Praktiken sich sowohl auf LCD, die an Dritte verkauft werden sollten, als auch auf für Lieferungen innerhalb des Konzerns bestimmte LCD bezogen hätten. Es handele sich dabei um Tatsachenfeststellungen des Gerichts, die im Rahmen eines Rechtsmittels nicht überprüft werden könnten. Die Annahme, es gebe keinen Unterschied zwischen einem Verkauf an Dritte und einer konzerninternen Lieferung, sei unrichtig. Der tatsächliche Markteintritt – also der erste „tatsächliche Verkauf“ – sei zu dem Zeitpunkt und an dem Ort erfolgt, zu dem bzw. wo das Unternehmen das Endprodukt verkauft habe.

14.

Mit dem zweiten Teil, der das Urteil Europa Carton/Kommission (T‑304/94, EU:T:1998:89) betrifft, macht die Rechtsmittelführerin geltend, die Kommission habe dieses Urteil insoweit missverstanden als sie, statt die konzerninternen Lieferungen in gleicher Weise zu behandeln wie die Verkäufe an Dritte, in Bezug auf bestimmte Adressaten des streitigen Beschlusses ein anderes Kriterium angewandt habe, um den Ort ihrer konzerninternen Lieferungen zu bestimmen.

15.

Die Kommission ist der Ansicht, das Urteil Europa Carton/Kommission (T‑304/94, EU:T:1998:89) bestätige, dass sie den Wert eines Produkts, das Gegenstand eines Kartells sei, unabhängig davon berücksichtigen dürfe, ob ein Kartellteilnehmer das fragliche Produkt direkt auf dem Markt verkaufe oder dieses zuvor in ein anderes Endprodukt eingebaut habe. Dagegen sei sie nach diesem Urteil nicht verpflichtet, zur Beurteilung der Verbindung mit dem Gebiet des EWR den Ort der internen Lieferung als Verkaufsort des kartellbefangenen Produkts anzusehen.

16.

Mit dem dritten Teil, der das Urteil Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission (89/85, 104/85, 114/85, 116/85, 117/85 und 125/85 bis 129/85, EU:C:1988:447, im Folgenden: Urteil Zellstoff I) betrifft, macht die Rechtsmittelführerin geltend, aus diesem Urteil folge, dass die Zuständigkeit der Union sich nicht auf jeden innerhalb des EWR getätigten Verkauf erstrecke, sondern lediglich auf im EWR getätigte Verkäufe des relevanten Produkts, auf das sich das abgestimmte Vorgehen beziehe, das Gegenstand der Feststellung des Verstoßes gewesen sei.

17.

Die Kommission ist der Ansicht, das Gericht sei zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass das genannte Urteil die Kommission nicht hindere, zu Zwecken der Berechnung der Geldbuße die von InnoLux vorgenommenen „unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ zu berücksichtigen.

18.

Mit dem vierten Teil, der das Urteil Istituto Chemioterapico Italiano und Commercial Solvents/Kommission (6/73 und 7/73, EU:C:1974:18) betrifft, macht die Rechtsmittelführerin geltend, es laufe diesem Urteil zuwider, die konzerninternen Lieferungen von LCD an Produktionsanlagen im EWR wie im Fall von Samsung nicht als Verkäufe im EWR anzusehen, wenn die Endprodukte, in die die LCD eingebaut worden seien, außerhalb des EWR verkauft würden.

19.

Nach Ansicht der Kommission hat die Rechtsmittelführerin das angeführte Urteil missverstanden. Dieses Urteil untersuche nämlich den materiellen Anwendungsbereich von Art. 102 AEUV, behandele jedoch nicht die Berechnung von Geldbußen in Kartellfällen und sei deshalb in Bezug auf die Hauptthese der Rechtsmittelführerin, wonach die Kommission zur Berechnung der Geldbuße die Verkäufe von LCD außer Acht habe lassen müssen, die InnoLux im EWR durch Endprodukte getätigt habe, in keiner Hinsicht hilfreich.

20.

Mit dem fünften Teil, der sich auf die extraterritoriale Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union bezieht, macht die Rechtsmittelführerin geltend, das von der Kommission und dem Gericht zur Bestimmung des Ortes ihrer konzerninternen Lieferungen verwendete Kriterium führe zu einem Risiko konkurrierender Sanktionen und eines Zuständigkeitskonflikts mit anderen Wettbewerbsbehörden.

21.

Die Kommission hält diesen Teil des Rechtsmittelgrundes für unzulässig, da dieses Argument erstmals im Rahmen des Rechtsmittels vorgebracht worden sei. Jedenfalls sei das Argument hypothetisch und nicht stichhaltig. Logischerweise könne es nur einen einzigen ersten „tatsächlichen Verkauf“ geben.

2. Rechtliche Würdigung

22.

Alle angeführten Argumente sind meines Erachtens miteinander verbunden und überschneiden sich derart, dass ich es für unerlässlich halte, sie zusammen zu prüfen.

a) Keine unterschiedliche Berücksichtigung der Verkäufe, je nachdem, ob sie an unabhängige Dritte oder Einheiten desselben Konzerns erfolgen

23.

Nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 „verwendet die Kommission [zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße] den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren … Zusammenhang stehen“ (Hervorhebungen nur hier).

24.

Im vorliegenden Fall berücksichtigte die Kommission bei der Berechnung der gegen die Rechtsmittelführerin zu verhängenden Geldbuße im Wege des – von ihr im Übrigen erstmals verwendeten (vgl. Nr. 2 der vorliegenden Schlussanträge zu späteren Rechtssachen) – Konzepts der „unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ den Teil des Wertes der internen Verkäufe der LCD der Rechtsmittelführerin, der dem Wert der in die Endprodukte eingebauten LCD entsprach, soweit die Endprodukte von der Rechtsmittelführerin an im EWR ansässige Drittunternehmen verkauft wurden. Tatsächlich sind alle internen Verkäufe von LCD, auf die sich der Verstoß bezieht, von der Rechtsmittelführerin außerhalb des EWR an Einheiten desselben Konzerns erfolgt, die sie in Endprodukte (Computer und Fernsehgeräte) eingebaut und diese im EWR an unabhängige Drittunternehmen verkauft haben.

25.

Der Gerichtshof hat vor Kurzem im Urteil Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 57 bis 59; vgl. auch meine Schlussanträge in dieser Rechtssache, C‑580/12 P, EU:C:2014:272, Nrn. 21 ff.) zum einen bestätigt, dass „Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 … darauf [abzielt], bei der Berechnung der gegen ein Unternehmen verhängten Geldbuße einen Betrag als Ausgangspunkt festzulegen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht dieses Unternehmens daran wiedergibt“, und es sei außerdem wichtig, dass die Geldbuße „mit dem Anwendungsbereich des betreffenden Kartells in [einem] wirklichen Zusammenhang steht“ und „der Teil des Gesamtumsatzes, der aus dem Verkauf der Produkte stammt, die den Gegenstand der Zuwiderhandlung bilden, besser geeignet ist, die wirtschaftliche Bedeutung dieser Zuwiderhandlung wiederzugeben. Folglich ist keine Unterscheidung der Verkäufe danach vorzunehmen, ob sie mit unabhängigen Dritten oder mit zum selben Unternehmen gehörenden Einheiten getätigt wurden. Würde dem Wert der in diese Kategorie fallenden Verkäufe nicht Rechnung getragen, so würden zwangsläufig die vertikal integrierten Unternehmen ungerechtfertigt begünstigt, indem es ihnen ermöglicht würde, einer Sanktion zu entgehen, die ihrer Bedeutung auf dem Markt der den Gegenstand der Zuwiderhandlung bildenden Erzeugnisse angemessen wäre“ (Hervorhebungen nur hier).

26.

Insoweit ist im selben Urteil entschieden worden (Rn. 57), dass der in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 genannte Begriff „Umsatz“, wenn er auch nicht dahin verstanden werden kann, dass er sich nur auf den Umsatz bezieht, der allein mit Verkäufen erzielt worden ist, bei denen feststeht, dass sie tatsächlich von diesem Kartell betroffen waren, er doch „nicht so weit ausgedehnt werden [kann], dass er die von dem betreffenden Unternehmen getätigten Verkäufe umfasst, die nicht von dem zur Last gelegten Kartell erfasst werden“ ( 7 ).

27.

In diesem Zusammenhang füge ich hinzu, dass das Gericht in Rn. 66 des Urteils Team Relocations u. a./Kommission (T‑204/08 und T‑212/08, EU:T:2011:286) zutreffend entschieden hat, dass „nach ständiger Rechtsprechung der Teil des Umsatzes, der mit den Waren erzielt wurde, auf die sich die Zuwiderhandlung bezog, einen zutreffenden Anhaltspunkt für das Ausmaß einer Zuwiderhandlung auf dem betreffenden Markt liefern [kann] … Insbesondere stellt der Umsatz, der mit den Erzeugnissen erzielt wurde, die Gegenstand einer beschränkenden Verhaltensweise waren, ein objektives Kriterium dar, das zutreffend angibt, wie schädlich sich diese Verhaltensweise auf den normalen Wettbewerb auswirkt … Dieser Grundsatz ist in die Leitlinien von 2006 aufgenommen worden.“ Dieses Urteil ist vom Gerichtshof im Urteil Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464) bestätigt worden.

28.

Im vorliegenden Fall steht jedoch fest, dass die Verkäufe der Endprodukte, die von den zum Konzern der Rechtsmittelführerin gehörenden Einheiten an unabhängige Dritte im EWR getätigt und bei der Berechnung der gegen die Rechtsmittelführerin zu verhängenden Geldbuße berücksichtigt wurden, nicht auf dem relevanten Markt getätigt wurden, der von dem im streitigen Beschluss festgestellten Verstoß betroffen war. Wenn der Gerichtshof im Urteil Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363) ein für allemal bekräftigt hat, dass die Kommission nicht berechtigt ist, eine Unterscheidung zwischen internen und externen Verkäufen vorzunehmen, ist sie grundsätzlich ebenso wenig berechtigt, nur die externen Verkäufe als „tatsächliche Verkäufe“ zu behandeln ( 8 ).

29.

Obwohl das Gericht selbst in Rn. 74 des angefochtenen Urteils anerkennt, dass die Herangehensweise der Kommission im vorliegenden Fall nur schwer mit der Rechtsprechung in Einklang zu bringen sei, stellt sich die Frage, ob und inwieweit das Gericht, statt schlicht und einfach die Rechtsprechung zu übertragen ( 9 ), befugt war, diese – um die Worte des Gerichts zu verwenden – „den Umständen des vorliegenden Falls an[zu]passen“, die sich dadurch auszeichneten, dass die Rechtsmittelführerin ein vertikal integriertes Unternehmen ist, das außerhalb des EWR kartellbefangene LCD in Endprodukte einbaute, die im EWR verkauft wurden, „um das mit dieser Rechtsprechung verfolgte Ziel, vertikal integrierten Kartellteilnehmern keine günstigere Behandlung zukommen zu lassen, zu erreichen“ (Rn. 74 des angefochtenen Urteils).

30.

Gleichwohl läuft die im vorliegenden Fall von der Kommission angewandte Methode darauf hinaus, (interne) Verkäufe des betreffenden Produkts zu berücksichtigen, die vollständig außerhalb des EWR verwirklicht wurden. Daher ist in dieser Methode meines Erachtens eine Ausdehnung der räumlichen Zuständigkeit der Kommission im Hinblick auf ein in Drittstaaten gebildetes und durchgeführtes Kartell zu sehen, deren einziger Grund darin liegt, dass die Kommission „vermutet“, dass dieses Kartell Auswirkungen im EWR habe aufgrund des dort erfolgten Verkaufs von Endprodukten, in die das betreffende Produkt eingebaut wurde, an unabhängige Drittunternehmen ( 10 ).

31.

Da im vorliegenden Fall die (internen) Verkäufe des Produkts, das Gegenstand des von der Rechtsmittelführerin begangenen Verstoßes ist, nicht im EWR stattgefunden haben und die Endprodukte, in die dieses eingebaut wurde und die von zum Konzern der Rechtsmittelführerin gehörenden Einheiten im EWR verkauft wurden, nicht Gegenstand des Verstoßes sind, ist es nämlich schwierig, wenn nicht unmöglich, zu behaupten, das Kartell sei im EWR „durchgeführt“ worden im Sinne des Urteils „Zellstoff I“ (Rn. 13, 16 und 17 dieses Urteils).

32.

Es ist auf den zu kritisierenden Charakter der Bemühungen der Kommission im streitigen Beschluss (Erwägungsgründe 9 und 381) hinzuweisen, konzerninterne „tatsächliche“ Lieferungen – die als solche bei der Berechnung der Geldbuße berücksichtigt werden können – von denjenigen zu unterscheiden, die dies nicht sein sollen, d. h., die außer Betracht bleiben und durch an Dritte erfolgende „tatsächliche“ Verkäufe von in ein Endprodukt, das sogenannte „Verarbeitungsprodukt“, eingebauten LCD ersetzt werden können. Im vorliegenden Fall könnte InnoLux wegen genau derselben Verkäufe wie die hier in Rede stehenden von einer Wettbewerbsbehörde in Asien verfolgt werden.

33.

Im Übrigen scheint die Kommission sich nicht mehr daran zu erinnern, dass das Gericht ein entsprechendes Argument – und zwar der Klägerin im Urteil Europa Carton/Kommission (T‑304/94, EU:T:1998:89, Rn. 113 und 121 bis 123), dass nämlich die internen Lieferungen nicht berücksichtigt werden dürften, weil sie keinen „tatsächlichen Verkauf“ darstellten – bereits zutreffend zurückgewiesen hat. Wie bereits angegeben, ist diese Sichtweise vor Kurzem vom Gerichtshof im Urteil Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363) bestätigt worden.

34.

Ich meine daher, dass interne Verkäufe wie Verkäufe an Dritte zu berücksichtigen, jedoch auszuschließen sind, wenn sie außerhalb des Gebiets der Union erfolgen, was mich dazu führt, die Rechtssache unter dem Blickwinkel des räumlichen Anwendungsbereichs des Unionsrechts zu untersuchen.

b) Räumlicher Anwendungsbereich des Unionsrechts

35.

An dieser Stelle kann es von Interesse sein, eine Parallele zwischen den hier in Rede stehenden Vorschriften und den in den Vereinigten Staaten geltenden zu ziehen. Anders als Section 1 des US-amerikanischen Sherman Act, der allgemein jede Abmachung zur Beschränkung des Handels zwischen Bundesstaaten oder mit ausländischen Staaten verbietet und keine geografischen Beschränkungen vorsieht, verbietet Art. 101 AEUV ausdrücklich „alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen … und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen[, die] den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken“ (Hervorhebungen nur hier). Dasselbe ergibt sich sinngemäß aus dem Wortlaut von Art. 102 AEUV („die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt“).

36.

Aufgrund einer Analyse des Wortlauts von Art. 101 AEUV (zur damaligen Zeit Art. 85 EG) hat der Gerichtshof im Urteil „Zellstoff I“ (Rn. 11 ff.) im Wesentlichen entschieden, dass aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen nur dann den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Markts beschränken und deshalb in den räumlichen Anwendungsbereich von Art. 85 EG fallen können, wenn sie Verkäufe des relevanten Produkts direkt an in der Gemeinschaft ansässige Abnehmer betreffen und die Verkäufer in einen Preiswettbewerb miteinander treten, um Aufträge dieser Kunden zu erhalten.

37.

Der Gerichtshof ist zu diesem Ergebnis aufgrund einer Analyse des Wortlauts von Art. 85 EG gelangt, wobei er hinzufügte, dass „[u]nter diesen Umständen … die Zuständigkeit der Gemeinschaft für die Anwendung ihrer Wettbewerbsvorschriften auf derartige Verhaltensweisen durch das Territorialitätsprinzip gedeckt ist, das im Völkerrecht allgemein anerkannt ist“ (Rn. 18 dieses Urteils). Art. 101 AEUV (oder auch Art. 102 AEUV) wirft also keine Fragen der räumlichen Zuständigkeit im Hinblick auf das Völkerrecht auf, eben weil er nach seinem Wortlaut ganz einfach nicht für eine extraterritoriale Anwendung vorgesehen ist.

38.

Aus diesem Grund ist in der Union kein Gesetz erforderlich, das dem US-amerikanischen „The Foreign Trade Antitrust Improvements Act“ genannten Gesetz entspricht, das im Wege der Gesetzgebung das Kriterium der sogenannten „qualifizierten Auswirkungen“ einführte, um von Section 1 des Sherman Act im Ausland festgestellte Verhaltensweisen auszuschließen, die keine„unmittelbaren, wesentlichen und vernünftigerweise vorhersehbaren Auswirkungen auf den [US-amerikanischen] Handel“ haben. Im Gegensatz zum Sherman Act geht aus dem Wortlaut der Art. 101 AEUV und 102 AEUV eindeutig hervor, dass diese Vorschriften nur Praktiken betreffen, die den Wettbewerb innerhalb, nicht aber außerhalb der Union beschränken.

39.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Rechtssache Motorola Mobility v. AU Optronics (Nr. 14-8003), die vor Kurzem vor den United States Court of Appeals (7th Circuit) gelangte und dasselbe weltweite Kartell betrifft, das Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels ist. Diese Rechtssache wies ähnliche Fragen und Sachverhaltselemente auf wie die vorliegend in Rede stehenden, insbesondere in Bezug auf die extraterritoriale Anwendung des Wettbewerbsrechts (in jenem Fall des US-amerikanischen). In dieser Rechtssache bezichtigte Motorola, ein Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Staaten, ein internationales Kartell (dasselbe wie im vorliegenden Fall) eines Verstoßes gegen den Sherman Act wegen Absprachen über den Preis der LCD, die bestimmten Tochtergesellschaften mit Sitz außerhalb des US-amerikanischen Hoheitsgebiets verkauft wurden, die sie in Endprodukte eingebaut und sodann an ihre Muttergesellschaft in den USA geliefert hatten.

40.

In einem an den United States Court of Appeals gerichteten „amicus curiae“-Schriftsatz tritt die belgische Wettbewerbsbehörde ( 11 ) für eine enge Auslegung der räumlichen Zuständigkeit des US-amerikanischen Kartellrechts in Anwendung des Grundsatzes der völkerrechtlichen Courtoisie (comitas gentium) ein und weist darauf hin, dass eine extensive Anwendung des US-amerikanischen Rechts zur Folge hätte, die (Wirksamkeit der) Anwendung des belgischen und europäischen Wettbewerbsrechts und das anderer Staaten zu unterminieren. Ähnliche „amicus curiae“-Schriftsätze wurden in dieser Rechtssache u. a. von Taiwan und Japan eingereicht.

41.

In dem einige Monate nach dem angefochtenen Urteil erlassenen Urteil wies der United States Court of Appeals die Klage von Motorola ab und entschied, dass der Sherman Act nicht anwendbar sei, weil die Auswirkungen des Kartells auf den US-amerikanischen Markt – selbst wenn sie wesentlich und in vernünftiger Weise vorhersehbar sein sollten – „indirekt“ seien, da die Kartellteilnehmer die LCD nicht in die Vereinigten Staaten verkauft hätten, sondern diese im Ausland an Unternehmen (Tochtergesellschaften von Motorola) verkauft worden seien, die sie in Produkte eingebaut hätten, die sodann in die Vereinigten Staaten exportiert und dort verkauft worden seien. Der Court of Appeals wies außerdem auf die Gefahr hin, dem Sherman Act einen zu weiten Anwendungsbereich zu geben.

42.

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass auch in der vorliegenden Rechtssache eine weite Auslegung des räumlichen Anwendungsbereichs des Wettbewerbsrechts der Union die Gefahr von Zuständigkeitskonflikten mit ausländischen Wettbewerbsbehörden und doppelter Ahndung für die Unternehmen mit sich bringen würde.

43.

Die Gerichte der Union haben im Übrigen stets die Bedeutung einer strengen Beachtung der räumlichen Zuständigkeit ( 12 ) im Hinblick darauf anerkannt, eine Verletzung des in Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatzes ne bis in idem ( 13 ) zu vermeiden. Aus dem Urteil SGL Carbon/Kommission (C‑308/04 P, EU:C:2006:433, insbesondere Rn. 29 und 32) ergibt sich, dass der Gerichtshof davon ausging, dass, wenn eine Wettbewerbsbehörde ihre räumliche Zuständigkeit überschreitet, dies die Gefahr konkurrierender Sanktionen für die von der Untersuchung betroffenen Unternehmen zur Folge hätte. Wenn die Kommission im vorliegenden Fall für eine Transaktion, die eine in einen Nicht-Mitgliedstaat des EWR gelieferte Komponente betrifft, eine Geldbuße verhängt mit der Begründung, dass ein diese Komponente enthaltendes Endprodukt im EWR verkauft worden sei, könnte dieselbe Transaktion zweimal geahndet werden. Zunächst in dem Staat, der nicht dem EWR angehört, in den die Komponente geliefert wurde, sodann ein zweites Mal im EWR (nach dem Ansatz der Kommission, wonach die Komponente in ein Endprodukt eingebaut wurde, das schließlich im EWR verkauft wurde).

44.

Vorbehaltlich ergänzender Nachweise für qualifizierte Auswirkungen des Kartells im EWR, erscheint mir die Kommission zu weit zu gehen, wenn sie Kartelle, die sich auf Produkte beziehen, die außerhalb des EWR hergestellt und verkauft werden, allein deshalb ahndet, weil sie „weiterverarbeitet“ oder in andere Produkte integriert wurden, die (sämtlich oder zum Teil) in den EWR gelangen.

c) Auswirkungen des Kartells im EWR durch Endprodukte: die Kriterien der „qualifizierten Auswirkungen“ und der „Durchführung“

45.

Einleitend weise ich darauf hin, dass die Kommission die vorliegend in Rede stehenden Verkäufe anfänglich, zu Beginn des Verstoßverfahrens, als „mittelbare Verkäufe im EWR“ einstufte (vgl. Erwägungsgründe 391 ff. des streitigen Beschlusses). Erst später entschied sie sich, sie vielmehr als „unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ ( 14 ) zu qualifizieren. Lag dem das Bestreben der Kommission zugrunde, die Anwendung eines neuen Konzepts besser zu rechtfertigen?

46.

Jedenfalls ist es meines Erachtens nicht möglich, in den von außerhalb des EWR ansässigen Einheiten des InnoLux-Konzerns im EWR getätigten Verkäufen von Endprodukten, in die LCD eingebaut wurden, die im EWR erfolgte Durchführung des den Verkauf von LCD betreffenden Preiskartells im Sinne des Urteils „Zellstoff I“ zu sehen. Es ist nämlich nicht möglich, derartige Verkäufe Verkäufen von LCD im EWR zu Kartellpreisen gleichzustellen. Zum einen kann der Verkauf von Endprodukten als solchen nicht als im EWR erfolgende Durchführung des die LCD betreffenden Kartells qualifiziert werden, da die Verkäufe von Endprodukten, in die LCD eingebaut wurden, nicht in den Bereich des von der Kommission festgestellten Verstoßes gegen Art. 101 AEUV fallen. Zum anderen waren die eingebauten LCD als solche nicht Gegenstand eines Verkaufs zu abgestimmten Preisen im EWR. Im vorliegenden Fall erfolgte die „Durchführung“ außerhalb des EWR mit der Lieferung der LCD an die Einheiten, die sie in Endprodukte einbauten.

47.

Würden die mittelbaren Verkäufe von LCD im EWR hinsichtlich des Anwendungsbereichs von Art. 101 AEUV je nachdem unterschiedlich behandelt, ob die „Verarbeitungsprodukte“ von Drittunternehmen auf den Markt gebracht werden, die die LCD bei Kartellteilnehmern gekauft haben, oder ob sie von Tochtergesellschaften von Kartellteilnehmern auf den Markt gebracht werden, die die LCD aufgrund von Lieferungen innerhalb eines vertikal integrierten Konzerns erworben haben, hätte zur Folge, die Letztgenannten gegenüber Herstellern von LCD, die nicht in dieser Weise integriert sind, zu benachteiligen ( 15 ).

48.

Es ist daher klar, dass im vorliegenden Fall allein die Anwendung des Kriteriums der „qualifizierten Auswirkungen“ die Zuständigkeit der Kommission in Bezug auf die in Rede stehenden Verkäufe rechtfertigen kann.

i) Das Kriterium der „qualifizierten Auswirkungen“ im Allgemeinen

49.

Mehrere Generalanwälte haben sich für die Anerkennung dieses Kriteriums durch den Gerichtshof ausgesprochen, das es ermöglichen würde, das Wettbewerbsrecht der Union auf wettbewerbswidrige Verhaltensweisen oder Vereinbarungen anzuwenden, die außerhalb des EWR festgestellt werden, aber sich auf das Gebiet des EWR auswirken. Dieser Standpunkt wurde insbesondere vertreten von Generalanwalt Mayras in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Imperial Chemical Industries/Kommission (48/69, EU:C:1972:32) (in der das Kartell direkte und sofortige, wesentliche und vorhersehbare Auswirkungen in der Gemeinschaft hatte) und von Generalanwalt Darmon in seinen Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission (89/85, 104/85, 114/85, 116/85, 117/85 und 125/85 bis 129/85, EU:C:1988:258) ( 16 ).

50.

Die Kommission selbst vertritt seit Langem die Ansicht, dass das Kriterium der „qualifizierten Auswirkungen“ die äußere Grenze ihrer Zuständigkeit festlege ( 17 ).

51.

Im Urteil Gencor/Kommission (T‑102/96, EU:T:1999:65, Rn. 92) hat das Gericht ebenfalls dieses Kriterium angewandt, indem es für die in dieser Rechtssache bestrittene Zuständigkeit der Kommission zur Anwendung der Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen auf einen Zusammenschluss von außerhalb der Gemeinschaft ansässigen Einheiten ( 18 ) das Vorliegen einer „unmittelbaren, wesentlichen und vorhersehbaren Wirkung“ verlangt hat. Ich sehe im Übrigen keinen Grund, die Anwendung dieses Kriteriums auf Fusionen zu begrenzen ( 19 ).

52.

Das Gericht hat außerdem im Urteil Haladjian Frères/Kommission ( 20 ) bezüglich einer Vereinbarung über Erzeugnisse, die in den Vereinigten Staaten gekauft wurden, um in der Union verkauft zu werden, darauf hingewiesen, dass „[d]ie Möglichkeit, dass von einem Verhalten bestimmte, wie auch immer geartete Auswirkungen auf die Wirtschaft der [Union] ausgehen, … für sich genommen keinen so engen Zusammenhang her[stellt], dass die [Unions]zuständigkeit begründet werden könnte. Berücksichtigt werden können die Wirkungen nur, wenn sie wesentlich, d. h. spürbar und nicht unerheblich, sind.“

53.

Der Gerichtshof hat zwar das Kriterium der „qualifizierten Auswirkungen“ nie abgelehnt, er hat aber auch noch nie ausdrücklich darüber befunden, ob es angewandt werden kann ( 21 ). Auch wenn ich diesem Kriterium positiv gegenüberstehe, wird sich die Frage im vorliegenden Rechtsmittelverfahren nicht stellen, weil der von der Kommission erbrachte Nachweis qualifizierter Auswirkungen des Kartells auf den Wettbewerb im EWR bei Weitem unzureichend ist.

ii) Nachweis „qualifizierter Auswirkungen“ in der vorliegenden Rechtssache?

54.

Da der EWR der von den im vorliegenden Fall anwendbaren Vorschriften geschützte Markt ist, ist es a priori schwierig, eine Verbindung zwischen den fraglichen Verkäufen in Asien und den Wettbewerbsvorschriften des EWR oder der Wettbewerbsstruktur im EWR für die Produkte, auf die sich der Verstoß bezieht, herzustellen, es sei denn, eine Analyse des Marktes für das Endprodukt im EWR führte zu dem Ergebnis, dass das auf dem asiatischen Markt in Bezug auf die kartellbefangenen LCD bestehende Kartell auch zu einer Wettbewerbsverzerrung auf dem Markt der Endprodukte im EWR geführt habe. Im streitigen Beschluss geht die Kommission jedoch nicht in dieser Weise vor. Sie zeigt weder auf, noch weist sie rechtlich hinreichend nach, dass der Wettbewerb auf dem Endproduktmarkt verfälscht worden wäre oder dass sich der Verstoß auf die Festsetzung der Preise oder auf den Verkauf der Endprodukte, in die kartellbefangene LCD eingebaut wurden, erstreckt hätte.

55.

Die Kommission hat im streitigen Beschluss nur einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV ( 22 ) festgestellt, der sich ausschließlich auf die LCD bezieht (vgl. Erwägungsgründe 1 und 377 des streitigen Beschlusses), indem sie einfach feststellte, dass „[d]ie Verkäufe von LCD-Bildschirmen an konzerninterne Kunden … Gegenstand von Gesprächen des vorliegenden Kartells [waren]“ und dass „vernünftigerweise davon ausgegangen werden [konnte], dass eine Durchführung des Kartells Auswirkungen auf unmittelbare Verkäufe durch verarbeitete Produkte hat“ (394. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses; Hervorhebungen nur hier), was sicherlich keinem Nachweis qualifizierter Auswirkungen des Kartells auf den Markt des EWR gleichkommt.

56.

Zum einen ist klar, dass die (Feststellung der) Zuwiderhandlung die Endprodukte nicht unmittelbar betrifft. Zum anderen ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten, dass die Zuwiderhandlung sie auch nicht mittelbar betrifft. In den Leitlinien von 2006 heißt es nämlich eindeutig, dass das Wort „mittelbar“ in Ziff. 13 Fälle umfassen soll wie „beispielsweise … horizontal[e] Preisabsprachen, bei denen der Preis des Produkts als Referenzpreis für Produkte höherer oder geringerer Qualität genommen wird“ ( 23 ). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Aus den Akten geht nicht hervor, dass die Kartellpreise eines LCD einen Referenzpreis für LCD höherer oder geringerer Qualität darstellen. Aus den Akten ergibt sich auch nicht, dass sie als Referenz für die Preise der Endprodukte dienen, in die sie eingebaut wurden.

57.

Das Gericht ist in den Rn. 48 und 49 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen, dass die Entscheidung der Kommission, „unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ zu berücksichtigen, nach dessen Worten „im vorliegenden Fall umso mehr gerechtfertigt [ist], als der [streitige Beschluss (394. Erwägungsgrund)] Beweise dafür enthält …, dass zwischen den an dem Kartell beteiligten Unternehmen interne Verkäufe kartellbefangener LCD zu Kartellpreisen stattgefunden haben, was die Rechtsmittelführerin nicht in Frage stellt“, und dass „den Kartellteilnehmern bewusst [war], dass der Preis der kartellbefangenen LCD den Preis der Endprodukte, in die diese eingebaut waren, beeinflusste“ (vgl. Erwägungsgründe 92 und 93 des streitigen Beschlusses). Auch wenn dies durchaus der Fall sein könnte, reicht jedoch die Möglichkeit, dass Preise „beeinflusst“ sind, nicht aus für einen Nachweis „qualifizierter Auswirkungen“ im EWR. Im Übrigen scheinen die Feststellungen die Gesamtheit der Kartellteilnehmer zu betreffen, ohne zwischen „tatsächlichen“ konzerninternen Lieferungen, die als solche bei der Berechnung des Bußgelds berücksichtigt werden können, wenn sie im EWR erfolgen, und solchen zu unterscheiden, bei denen dies nicht der Fall ist und die nach Ansicht der Kommission durch „tatsächliche“ Verkäufe von in ein Endprodukt integrierten LCD ersetzt werden können ( 24 ).

58.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 70 des angefochtenen Urteils hervorgehoben, dass die Kommission die „Auswirkungen“ eines außerhalb des EWR gebildeten Kartells auf den „Wettbewerb im Binnenmarkt“ verfolgen und „eine Geldbuße verhängen können [muss], die in angemessenem Verhältnis zur Schädlichkeit dieses Kartells für den Wettbewerb auf diesem Markt steht. Sind die von der Klägerin hergestellten kartellbefangenen LCD von Gesellschaften, die zum selben Unternehmen gehören, in Endprodukte eingebaut und die Endprodukte von diesem Unternehmen im EWR verkauft worden, ist davon auszugehen, dass das Kartell die bis zu diesem Verkauf erfolgten Geschäfte, einschließlich des Verkaufs selbst, beeinträchtigt hat.“ Diese Schlussfolgerung erscheint mir zumindest vorschnell, insoweit die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass sich ein auf die Festsetzung des Preises der LCD beziehender Verstoß notwendigerweise auf die Festsetzung des Preises der Endprodukte auswirkt. Darüber hinaus waren zahlreiche Hersteller von Endprodukten an dem Verfahren, das zu dem streitigen Beschluss geführt hat, nicht beteiligt. Die Erklärung der Kommission im 394. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses (389. Erwägungsgrund in der französischen Fassung), wonach „vernünftigerweise davon ausgegangen werden konnte, dass eine Durchführung des Kartells Auswirkungen auf unmittelbare Verkäufe durch verarbeitete Produkte hatte“, ist, wie die Kommission selbst einräumt, nichts weiter als eine Hypothese, da die Kommission im streitigen Beschluss keinen Beweis dafür anführt, dass der Verkauf von Endprodukten rechtlich hinreichend beeinträchtigt gewesen wäre, damit von „qualifizierten Auswirkungen“ des in Rede stehenden Kartells im EWR die Rede sein könnte, einem Konzept, das zumindest unmittelbare, wesentliche und vorhersehbare Auswirkungen und nicht nur mögliche oder anzunehmende voraussetzt.

59.

Wenn die Kommission die betreffenden Verkäufe in die Bemessung der Geldbuße einbeziehen will, kann sie sich „nicht auf eine bloße Vermutung beschränken, sondern muss … konkrete, glaubhafte und ausreichende Indizien vorlegen, die ihr erlauben, die tatsächlichen Auswirkungen, die die Zuwiderhandlung auf den Wettbewerb auf dem genannten Markt haben konnte, zu beurteilen“ (vgl. Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, EU:C:2009:505, Rn. 82). Es reicht also nicht aus, wenn die Kommission sich auf die Vermutung stützt, dass derartige Auswirkungen bestünden, und es ließe sich sogar die Frage aufwerfen, ob die Kommission versucht hat, die Auswirkungen des Kartells auf den Markt der Endprodukte im EWR zu überprüfen und deren Ausmaß zu bestimmen.

60.

Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin stellt sich ein weiteres Problem des Konzepts der „unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ aufgrund des Umstands, dass mit diesem künstlich der Ort der fraglichen Transaktion vom Ort, an dem die LCD tatsächlich ausgeliefert und verwendet worden ist, auf denjenigen verlagert wird, an dem das Endprodukt, in das die LCD eingebaut wurde, verkauft worden ist. Der Ort des Verkaufs der LCD lag jedoch in Asien und nicht im EWR. Wenn die Kommission somit den Verkauf des Endprodukts demjenigen des in dieses eingebauten LCD gleichstellt, behandelt sie in tatsächlicher Hinsicht die internen Lieferungen von Bildschirmen, die von InnoLux in Taiwan und in China durchgeführt wurden, als seien sie im EWR erfolgt, obwohl sie angenommen hat, dass die konzerninternen Lieferungen von Bildschirmen durch Samsung von Südkorea aus an ihre im EWR gelegenen Werke allein deswegen außerhalb des EWR durchgeführt worden seien, weil Samsung die Endprodukte, in die die LCD eingebaut wurden, außerhalb des EWR verkauft ( 25 ).

61.

Zwar trifft es, wie die Kommission im 383. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses ausgeführt hat, zu, dass „der Umstand, dass das Kriterium der Lieferung zur Bestimmung des Wertes der Verkäufe herangezogen wird, eine starke Verbindung zum EWR [schafft]“. Wie aber das Gericht im Urteil Brouwerij Haacht/Kommission (T‑48/02, EU:T:2005:436, Rn. 59, gegen das kein Rechtsmittel eingelegt worden ist) entschieden hat, kann die „Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und insbesondere Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, … für die Festsetzung der für die begangenen Verstöße auferlegten Geldbuße nur in Bezug auf die Waren erfolgen, die Gegenstand des Kartells waren“.

62.

Im Übrigen müssen nach den Leitlinien von 2006, von denen die Kommission nicht ohne einen spezifischen und objektiven Rechtfertigungsgrund abweichen kann, der insbesondere mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar ist ( 26 ) (ein solcher ist im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht worden), die Geldbußen auf Verkäufen, die Gegenstand des Verstoßes sind, beruhen. Die Kommission darf folglich nicht den nachgelagerten Verkauf von Produkten berücksichtigen, d. h. von Produkten, die nicht Gegenstand des Verstoßes sind, selbst wenn vom Verstoß betroffene Produkte als Komponenten in sie eingebaut wurden.

iii) Wie verhält es sich jedenfalls mit dem Kriterium der „Durchführung“ eines Kartells?

63.

Im Urteil „Zellstoff I“ (Rn 16 und 17) hat der Gerichtshof entschieden, dass „entscheidend“ für die Zuständigkeit der Kommission bezüglich der Anwendung der im Wettbewerbsrecht der Union aufgestellten Verbote nicht der Ort der Bildung des Kartells sei, sondern derjenige, an dem das Kartell durchgeführt wird ( 27 ). In Rn. 18 dieses Urteils hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Zuständigkeit der Union „durch das Territorialitätsprinzip gedeckt [sei], das im Völkerrecht allgemein anerkannt ist“. In Rn. 12 dieses Urteils hatte er jedoch angegeben, „dass sich die Hauptbezugsquellen für Zellstoff außerhalb der Gemeinschaft [befänden] … und dass der Markt daher eine weltweite Dimension [besitze]. Wenn in diesen Ländern [außerhalb der Union] ansässige Zellstoffhersteller direkt an in der Gemeinschaft ansässige Abnehmer verkaufen und in einen Preiswettbewerb miteinander treten, um Aufträge dieser Kunden zu erhalten, findet ein Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes statt“ (Hervorhebungen nur hier). Nur wenn sich „diese Hersteller … über die Preise abstimmen, die sie ihren in der Gemeinschaft ansässigen Kunden bewilligen werden, und diese Abstimmung durchführen, indem sie zu tatsächlich koordinierten Preisen verkaufen, [sind sie] an einer Abstimmung beteiligt …, die eine Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes im Sinne des Artikels 85 EWG-Vertrag bezweckt oder bewirkt“ (Rn. 13 des Urteils „Zellstoff I“, Hervorhebungen nur hier). Der Gerichtshof ist zu der Schlussfolgerung gelangt, dass „[i]m vorliegenden Fall … die Hersteller ihr Preiskartell innerhalb des Gemeinsamen Marktes durchgeführt [hätten]“.

64.

Ausgangspunkt einer Prüfung der Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts der Union ist eine Bestimmung des Ortes, wo der Wettbewerb in Bezug auf das von einer abgestimmten Verhaltensweise betroffene Produkt stattfindet.

65.

Begründet wird die Zuständigkeit der Union nach dem im Urteil „Zellstoff I“ entwickelten Kriterium der Durchführung durch einen im EWR vorgenommenen Verkauf des relevanten Produkts, auf das sich das abgestimmte Handeln bezieht, im vorliegenden Fall der LCD ( 28 ). Im streitigen Beschluss wird jedoch kein abgestimmtes Handeln festgestellt in Bezug auf die Endprodukte, in die von den Kartellteilnehmern hergestellte LCD eingebaut wurden. Das Gericht verkennt auch das im Urteil „Zellstoff I“ genannte Kriterium, wenn es in Rn. 46 des angefochtenen Urteils ausführt, die Verkäufe von Endprodukten, in die LCD eingebaut worden seien, „[schadeten] dem freien Wettbewerb im EWR“. Hierzu genügt der Hinweis, dass die Verkäufe von Endprodukten nicht auf dem vom Verstoß betroffenen Markt des EWR, nämlich dem Markt für LCD, durchgeführt werden. Entgegen den Ausführungen des Gerichts in Rn. 47 des angefochtenen Urteils genügt es schließlich nicht, die „Verkäufe …, die [irgend]einen Zusammenhang mit dem EWR aufwiesen“, zu bestimmen, um anhand des im Urteil „Zellstoff I“ angeführten Kriteriums die räumliche Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts der Union festzustellen. Nachzuweisen ist das Vorliegen von Verkäufen des vom Verstoß betroffenen Produkts, nämlich der LCD, im EWR, und der Verkauf eines anderen Produkts, in das ein LCD, das nicht selbst Gegenstand des Verkaufs ist, als Komponente eingebaut ist, erfüllt diese Bedingung nicht.

66.

Im Zusammenhang mit der sich im vorliegenden Fall stellenden Frage der räumlichen Zuständigkeit war die Kommission schließlich meines Erachtens verpflichtet, die Leitlinien von 2006 eng auszulegen – erst recht, wenn ich darauf hinweise, dass „das Verfahren, mit dem [von der Kommission] eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG normierte Preisfestsetzungs- und Marktaufteilungsverbot [durch die Kommission] verhängt wird, unter den Begriff des ‚Strafrechtlichen‘ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 [der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten] fällt, wie ihn der EGMR in seiner Rechtsprechung entwickelt hat“ ( 29 ).

67.

Nach alledem greift der erste Rechtsmittelgrund durch.

68.

Daher ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht rechtsfehlerhaft darauf geschlossen hat, dass die konzerninternen Lieferungen von LCD an die Werke der Rechtsmittelführerin in China und Taiwan allein deswegen in den Anwendungsbereich von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens fielen, weil die Endprodukte, in die die LCD als Komponenten in den betreffenden Werken eingebaut wurden, von der Rechtsmittelführerin im EWR verkauft worden seien.

B – Zum zweiten Klagegrund: angebliche Diskriminierung im Vergleich zu anderen Kartellteilnehmern

69.

Mit dem ersten Teil, der die Heranziehung des Begriffs des „einheitlichen Unternehmens“ als Unterscheidungskriterium betrifft, macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass die vom Gericht vorgenommene Unterscheidung vertikal integrierter Unternehmen danach, ob sie mit den mit ihnen verbundenen Käufern ein einheitliches Unternehmen bilden, auf keinem relevanten Unterschied beruhe. So habe sich das Gericht im Urteil LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (T‑128/11, EU:T:2014:88), um das Argument von LGD zurückzuweisen, wonach die Verkäufe von LCD an ihre Muttergesellschaften ausgenommen werden müssten, nicht darauf gestützt, dass die in Rede stehenden Verkäufe innerhalb eines einheitlichen Unternehmens erfolgt seien. Die Rechtsmittelführerin verweist außerdem auf Rn. 140 dieses Urteils und macht geltend, es widerspreche der Logik, vertikal integrierte Gesellschaften danach zu unterscheiden, ob ihre relevanten Verkäufe an mit ihnen verbundene Tochtergesellschaften oder mit ihnen verbundene Muttergesellschaften erfolgten.

70.

Die Kommission hält die Argumentation der Rechtsmittelführerin für nicht stichhaltig.

71.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der zweite Rechtsmittelgrund, da er nicht zu einer weiter gehenden Aufhebung führen kann, normalerweise nicht zu prüfen wäre ( 30 ). Nur der Vollständigkeit halber und hilfsweise (für den Fall, dass der Gerichtshof meinen Schlussfolgerungen zum ersten Rechtsmittelgrund nicht folgen sollte), untersuche ich den zweiten Rechtsmittelgrund.

72.

Jedenfalls ist festzustellen, dass die vom Gericht vorgenommene Unterscheidung der Kartellteilnehmer nach dem Kriterium des Unternehmensbegriffs im Sinne von Art. 101 AEUV, um diejenigen zu bestimmen, die mit ihren Käufern vertikal integrierte Unternehmen bilden, und diejenigen, die gegenüber ihren Käufern selbständig bleiben, in der Rechtsprechung eine solide Grundlage findet ( 31 ).

73.

Abgesehen von Fragen insbesondere der extraterritorialen Zuständigkeit und der dazu ergangenen Rechtsprechung, die in der Analyse des ersten Rechtsmittelgrundes eingehend untersucht worden sind, haben die Kommission und das Gericht meiner Meinung nach, um Lieferungen konzerninterner Verkäufe von Verkäufen an Dritte zu unterscheiden, keine willkürliche Unterscheidung getroffen. Im vorliegenden Fall haben sie einfach die vertikal integrierten von den nicht vertikal integrierten Unternehmen unterschieden, und zur Vornahme dieser Unterscheidung stellt – im Gegensatz zum US-amerikanischen Wettbewerbsrecht – der (objektive) Begriff des „einheitlichen Unternehmens“ im Unionsrecht durchaus ein relevantes Kriterium dar. Meines Erachtens wäre dieser Teil des Rechtsmittelgrundes allein aus diesem Grund zurückzuweisen.

74.

Außerdem war im Gegensatz zum Vorbringen der Rechtsmittelführerin die Lage von LGD anders als die der vertikal integrierten Unternehmen wie InnoLux. LGD stellte nämlich ein von seinen Muttergesellschaften verschiedenes Unternehmen dar. Da keine vertikale Integration bestand, wurden sämtliche von LGD im EWR an die Muttergesellschaften getätigten Verkäufe von LCD bei der Berechnung der Geldbuße als „direkte Verkäufe im EWR“ berücksichtigt. Der Begriff des „einheitlichen Unternehmens“ erlaubte also, eine objektive Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Sachlagen einzuführen.

75.

Infolgedessen ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

76.

Im zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes, der die angeblichen Fehler bezüglich der Methode betrifft, die auf die von LGD und AUO durchgeführten konzerninternen Lieferungen von LCD angewandt wurde, vertritt die Rechtsmittelführerin die Ansicht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es sich in den Rn. 93 und 94 des angefochtenen Urteils auf das Gebot rechtmäßigen Handelns berufen habe, um ihre auf den Grundsatz der Gleichbehandlung gestützten Argumente zurückzuweisen. Aus dem Urteil Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a. (C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479) ergebe sich nämlich, dass nur dann, wenn eine Partei begehre, auf sie eine rechtswidrige Methode der Geldbußenberechnung anzuwenden, das Gebot rechtmäßigen Handelns geltend gemacht werden könne, um ihm dies zu verweigern. Im vorliegenden Fall sei der Rechtsmittelführerin jedoch eine völlig rechtmäßige Methode der Geldbußenfestsetzung vorenthalten worden. Bei der auf die von LGD und AUO durchgeführten konzerninternen Lieferungen von LCD angewandten Methode handele es sich nämlich um die vom Gericht und vom Gerichtshof in den Urteilen Europa Carton/Kommission (T‑304/94, EU:T:1998:89) und KNP BT/Kommission (C‑248/98 P, EU:C:2000:625) bestätigte Methode. Das Gericht selbst habe in dem Urteil LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (T‑128/11, EU:T:2014:88) die Rechtmäßigkeit dieser Methode bestätigt und würde sich demzufolge selbst widersprechen.

77.

Nach Ansicht der Kommission entbehrt die Argumentation der Rechtsmittelführerin jeder Grundlage.

78.

Meines Erachtens zielt dieser Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes darauf ab, nichttragende Gründe des angefochtenen Urteils anzugreifen, und ist deshalb als ins Leere gehend zurückzuweisen. Auch wenn die Kommission zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen sein sollte, dass weder LGD, LG Electronics und Philips noch AUO und BenQ ein einheitliches Unternehmen bildeten, könnte dies der Rechtsmittelführerin nämlich nur zugutekommen.

79.

Jedenfalls hat die Kommission, wie sie zutreffend dargelegt hat, im vorliegenden Fall im Gegensatz zu der Situation, um die es in der Rechtssache, in der das Urteil Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a. (C 628/10 P und C 14/11 P, EU:C:2012:479) ergangen ist, ging, auf alle Kartellteilnehmer dieselbe Methode (des einheitlichen Unternehmens) angewandt. Hierzu genügt die Feststellung, dass nichts in diesem Urteil die Aussage erlaubt, dass das Gericht im Rahmen der von InnoLux erhobenen Nichtigkeitsklage auch hätte entscheiden müssen, ob die Kommission die herangezogene Methode ordnungsgemäß auf LGD und AUO angewandt hatte.

80.

Infolgedessen ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als ins Leere gehend, jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Folglich ist dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

IV – Zu den Folgen der Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zu den Kosten

81.

Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist. Dies ist vorliegend der Fall, da der Gerichtshof über alle erforderlichen Angaben verfügt, um über die Klage zu entscheiden.

82.

Die vom Gericht festgelegte herabgesetzte Geldbuße betrug (vor Rundung) 288437850 Euro (Rn. 163 des angefochtenen Urteils; siehe hierzu Fn. 6 der vorliegenden Schlussanträge). Von diesem Betrag ist der auf die „unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ entfallende Teil der Geldbuße abzuziehen, der sich auf 114681174 Euro beläuft. Der Grundbetrag der Geldbuße beträgt also insgesamt (vor Rundung) 173756676 Euro. Dieser Betrag ist sodann auf einen Endbetrag von 173000000 Euro zu runden ( 32 ). Ich füge hinzu, dass die Kommission diese von der Rechtsmittelführerin in ihrer Rechtsmittelschrift vorgelegten Angaben nicht bestritten hat.

83.

Was die Kosten anbelangt, so ist, da dem Rechtsmittel von InnoLux teilweise stattgegeben wurde, die Kommission zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im vorliegenden Rechtsmittelverfahren und der Hälfte der InnoLux in diesen beiden Verfahren entstandenen Kosten zu verurteilen. InnoLux trägt die Hälfte ihrer beide Verfahren betreffenden Kosten.

V – Ergebnis

84.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

das Urteil des Gerichts der Europäischen Union InnoLux/Kommission (T‑91/11, EU:T:2014:92) aufzuheben, soweit es darin bestätigt hat, dass die gegen die InnoLux Corp. verhängte Geldbuße zu Recht den Wert der konzerninternen Lieferungen von Aktiv-Matrix-Flüssigkristallanzeigen an die Werke der InnoLux Corp. in China und Taiwan berücksichtigen konnte, in denen diese nachfolgend in Endprodukte eingebaut wurden, die im Europäischen Wirtschaftsraum verkauft wurden, und damit einen Rechtsfehler begangen hat;

den Beschluss K(2010) 8761 endg. der Kommission vom 8. Dezember 2010 in einem Verfahren nach Artikel [101 AEUV] und Artikel 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Sache COMP/39.309 – LCD) für nichtig zu erklären, soweit mit ihm die Geldbuße gegen die InnoLux Corp. unter Berücksichtigung des Werts der konzerninternen Lieferungen von Aktiv-Matrix-Flüssigkristallanzeigen an die Werke der InnoLux Corp. in China und Taiwan verhängt wurde, in denen sie nachfolgend in Endprodukte eingebaut wurden, die im Europäischen Wirtschaftsraum verkauft wurden;

die gegen die InnoLux Corp. verhängte Geldbuße auf 173000000 Euro festzusetzen;

das Rechtsmittel im Übrigen zurückzuweisen;

die Europäische Kommission zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Rechtsmittelverfahren und der Hälfte der Kosten, die der InnoLux Corp. in diesen beiden Verfahren entstanden sind, sowie die InnoLux Corp. zur Tragung der Hälfte ihrer mit diesen Verfahren verbundenen eigenen Kosten zu verurteilen.

85.

Für den Fall, dass der Gerichtshof meinen Anträgen zum ersten Rechtsmittelgrund nicht folgen und diesen zurückweisen sollte, schlage ich hilfsweise vor, das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen und die InnoLux Corp. zur Tragung der Kosten des vorliegenden Verfahrens zu verurteilen.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) T‑91/11, EU:T:2014:92, im Folgenden: angefochtenes Urteil. Die vorliegende Rechtssache kann parallel zur Rechtssache LG Display und LG Display Taiwan/Kommission (C‑227/14 P) gesehen werden, die dasselbe Kartell betrifft, auch wenn diese beiden Rechtssachen Fragen unterschiedlicher Art aufwerfen.

( 3 ) Beschluss vom 8. Dezember 2010 in einem Verfahren nach Artikel [101 AEUV] und Artikel 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Sache COMP/39.309 – LCD) (im Folgenden: streitiger Beschluss), von dem eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 7. Oktober 2011 (ABl. C 295, S. 8) veröffentlicht wurde.

( 4 ) Vgl. zu der von der Kommission angewandten Methode insbesondere die Nrn. 8 und 24 der vorliegenden Schlussanträge.

( 5 ) Beim Gerichtshof anhängig sind die Rechtssachen Intel/Kommission (C‑413/14 P, vgl. Fn. 10 der vorliegenden Schlussanträge). Beim Gericht anhängig sind die Rechtssachen betreffend das Kartell „Air Freight“ (u. a. die Rechtssache Japan Airlines International/Kommission, T‑36/11) sowie betreffend das Kartell „Cathode Ray Tubes“ (u. a. Rechtssache Samsung SDI/Kommission, T‑84/13).

( 6 ) Rn. 155 bis 174 des angefochtenen Urteils. Zwischen der vom Gericht aufgrund dieser Rechtsfehler festgesetzten Herabsetzung der Geldbuße und der davon verschiedenen Kategorie der „unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels ist, bestehen keine Überschneidungen.

( 7 ) Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:272, Nr. 44). Vgl. auch die Urteile Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 76) sowie Putters International/Kommission (T‑211/08, EU:T:2011:289, Rn. 59), gegen das kein Rechtsmittel eingelegt worden ist.

( 8 ) Deshalb stellt die in Rn. 74 des angefochtenen Urteils angeführte angebliche Notwendigkeit, „vertikal integrierten Kartellteilnehmern keine günstigere Behandlung zukommen zu lassen“, grundsätzlich keinen rechtsgültigen Grund dar, im vorliegenden Fall „unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ zu berücksichtigen (vgl. auch Nr. 29 der vorliegenden Schlussanträge).

( 9 ) Es ist darauf hinzuweisen, dass es zu dieser Zeit bereits eine einschlägige Rechtsprechung gab, wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:272, Nrn. 21 ff.) darlege. Dass das Urteil Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363) nach dem angefochtenen Urteil erging, spielt hier also keine Rolle.

( 10 ) Diese Frage ist im Wesentlichen Gegenstand der gegenwärtig beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache Intel/Kommission (C‑413/14 P), in der der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachte fünfte Klagegrund eben die Befugnis der Kommission betrifft, Art. 102 AEUV auf Kaufverträge, die zwischen Intel, einer Gesellschaft mit Sitz in den USA, und Lenovo, einem chinesischen Unternehmen, über Komponenten geschlossen wurden, nämlich Mikroprozessoren, die zur Lieferung nach China zum Einbau in Computer bestimmt waren, die Lenovo in China herstellte, die jedoch geeignet waren, später im EWR vermarktet zu werden. Insoweit dürfte es in der Behandlung dieser Frage grundsätzlich keinen Unterschied geben zwischen dem räumlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts im Zusammenhang mit der Berechnung der fraglichen Geldbußen im vorliegenden Fall zum einen und der Befugnis der Kommission zur Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV zum anderen.

( 11 ) Vgl. „Brief of Belgian Competition Authority in Motorola Mobility LLC v AU Optronics Corp.“ vom 10. Oktober 2014. Die Behörde führt darin das Urteil einer belgischen Cour d’appel vom 12. März 2014 in der Rechtssache 2013/MR/6 „Brabomills“ an, in dem die Cour d'appel eine gegen Brabomills verhängte Geldbuße aufgehoben hat, weil deren Berechnung nicht in Belgien erfolgte Verkäufe oder Umsätze zugrunde lagen. Die Cour d’appel sah sich nicht in der Lage, zu beurteilen, ob gegen Brabomills mit der Geldbuße nur für den in Belgien begangenen Verstoß eine Sanktion verhängt wurde oder ob die Geldbuße auch den in den Niederlanden begangenen Verstoß betraf, für den das Unternehmen bereits in diesem Land mit einer Sanktion belegt worden war (damit sollte eine Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem vermieden werden).

( 12 ) Verhängen ausländische Wettbewerbsbehörden Geldbußen, weil ein Kartell im EWR durchgeführt wird oder sich dort auswirkt, verletzt dies die territoriale Zuständigkeit der Kommission. Vgl. die Urteile Tokai Carbon u. a./Kommission (T‑236/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, EU:T:2004:118, Rn. 143) sowie Hoechst/Kommission (T‑410/03, EU:T:2008:211, Rn. 603). Ebenso würde die Kommission ihre Zuständigkeit überschreiten, wenn sie Geldbußen verhängt, die sich nicht auf die Durchführung eines Kartells oder dessen qualifizierte Auswirkungen im EWR beziehen.

( 13 ) Vgl. u. a. Urteile Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission (T‑224/00, EU:T:2003:195, Rn. 103) sowie Tokai Carbon u. a./Kommission (T‑236/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, EU:T:2004:118, Rn. 143) (das Rechtsmittel ist mit Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, EU:C:2006:328, zurückgewiesen worden). Vgl. auch Urteil Showa Denko/Kommission (C‑289/04 P, EU:C:2006:431, Rn. 50).

( 14 ) Diese Bezeichnung ist etwas widersprüchlich, da die Verkäufe zugleich unmittelbar als auch „mittelbar“ sind. Jedenfalls kommt ihnen in keiner Weise der unmittelbare Charakter der ersten Kategorie von Verkäufen („unmittelbare Verkäufe im EWR“) zu.

( 15 ) Vgl. auch die Stellungnahme von Professor Demaret, P.: „Note relative à l’arrêt du Tribunal InnoLux T‑91/11“, Anlage ECJ.A.6 zur Rechtsmittelschrift von InnoLux.

( 16 ) „Wäre die Kommission nicht wehrlos, wenn sie angesichts einer abgestimmten Verhaltensweise, die ausschließlich von außerhalb des Gemeinsamen Marktes niedergelassenen Unternehmen ausginge und für die diese die Verantwortung übernähmen, nicht die Möglichkeit hätte, irgendeine Entscheidung gegen diese Unternehmen zu treffen? Gleichzeitig wäre dies der Verzicht auf einen Schutz des Gemeinsamen Marktes, der zur Verwirklichung der wichtigsten Ziele der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft notwendig ist“ (Nr. 53).

( 17 ) Bereits in ihrer Entscheidung vom 24. Juli 1969 über ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/26 267 – Farbstoffe) (ABl. L 195, S. 11) stellte sich die Kommission auf den Standpunkt, dass „[t]he competition rules of the Treaty are … applicable to all restrictions of competition which produce within the Common Market effects set out in Article 85(1)“. In der Entscheidung der Kommission vom 19. Dezember 1984 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/29.725 – Zellstoff) (ABl. 1985, L 85, S. 1) führte die Kommission in Rn. 79 aus, dass „[t]he effect of the agreements … on prices announced and/or charged to customers and on resale of pulp with the EEC was … not only substantial but intended, and was the primary and direct result of the agreements“ (nur der englische Text ist verbindlich). Die Entscheidung der Kommission vom 19. Dezember 1984 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/26.870 – Aluminiumeinfuhren aus Osteuropa) (ABl. 1985, L 92, S. 1) wurde ebenfalls ausdrücklich auf das Kriterium der Auswirkungen gestützt. Vgl. auch „The Commission’s Eleventh Report on Competition Policy – 1981“, Brüssel, 1982, Rn. 34, sowie „The Commission’s Fourteenth Report on Competition Policy – 1984“, Brüssel, 1985, Rn. 60.

( 18 ) Vgl. auch die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:637, Nr. 148).

( 19 ) Vgl. in diesem Sinne auch Urteil Intel/Kommission (T‑286/09, EU:T:2014:547, Rn. 231). Der High Court (England and Wales) kam in der Rechtssache Adidas/The Lawn Tennis Association u. a., [2006] EWHC 1318 (Ch), Rn. 47 ff., ebenfalls zu diesem Ergebnis. Vgl. z. B. auch Broberg, M. P., „The European Commission’s Extraterritorial Powers in Merger Control“, International and Comparative Law Quarterly, 49, 2000, S. 180, sowie Albors-LLorens, A., „Collective dominance: A mechanism for the control of oligopolistic markets“?, The Cambridge Law Journal, Bd. 59, Nr. 2, Juni 2000, S. 256. Im Übrigen dürften das Kriterium der Durchführung und das der „qualifizierten Auswirkungen“ nicht immer zum selben Ergebnis führen. Vgl. insbesondere Griffin, J. P., „EC and US Extraterritoriality: Activism and Cooperation“, 17, Fordham International Law Journal, 1994, S. 353, 360 ff., Schwartz, I., und Basedow, J., „Restrictions on Competition“, III‑35 International Encyclopedia of Comparative Law 1, 1995, S. 134 bis 139, sowie Baudenbacher, C., „The CFI’s Gencor Judgment – Some remarks on its global implications“, Liber amicorum en l’honneur de B. Vesterdorf, Bruylant, 2007, S. 557.

( 20 ) T‑204/03, EU:T:2006:273, Rn. 167; gegen das Urteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt.

( 21 ) Dies war insbesondere im Urteil „Zellstoff I“ der Fall, da – anders als in der vorliegenden Rechtssache – es das Kriterium der „Durchführung“ des in Rede stehenden Kartells dem Gerichtshof ermöglichte, die Zuständigkeit der Gemeinschaft im Hinblick auf den Grundsatz der Territorialität zu rechtfertigen.

( 22 ) Außerdem gegen Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) (für die Zwecke der vorliegenden Schlussanträge beschränke ich mich auf eine Bezugnahme auf Art. 101 AEUV).

( 23 ) Leitlinien von 2006, Fußnote zu Ziff. 13. Im Übrigen könnte im vorliegenden Fall die Frage gestellt werden, ob das Konzept der „Verkäufe durch Verarbeitungsprodukte“ als solches geeignet ist, da die in Rede stehenden Endprodukte (tragbare Kompaktcomputer, Computermonitore oder LCD-Fernsehgeräte) nicht wirklich „verarbeitete“ LCD darstellen, wie z. B. ein Smartphone nicht als „verarbeiteter“ Bildschirm oder gar Mikroprozessor eingestuft werden kann. Es sind ganz andere Produkte, in die ein LCD als Komponente eingebaut ist, neben zahlreichen anderen. Die Leitlinien von 2006 beziehen sich stattdessen auf Produkte höherer oder geringerer Qualität, für die der Kartellpreis als Referenzpreis genommen wird, d. h. dieselben Produkte, aber unterschiedlicher Qualität.

( 24 ) Der 394. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses zielt zwar speziell auf die drei vertikal integrierten Adressaten des streitigen Beschlusses ab, auf die das Konzept der „unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ angewandt wurde, doch führt der 396. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses genau dieselben Beweismittel an wie in Bezug auf LGD und AUO, auf die die Kommission nur das Konzept der „unmittelbaren Verkäufe im EWR“ angewandt hat.

( 25 ) Im 238. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses wird eindeutig festgestellt, dass „die konzerninternen Lieferungen von LCD-Bildschirmen – soweit sie zu verarbeiteten Produkten führten, die im EWR verkauft wurden – … demzufolge berücksichtigt werden [müssen]“ (freie Übersetzung). Vgl. auch den 395. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses: „Zur Berechnung des Wertes der Verkäufe ist der Wert der betroffenen Bildschirme insoweit einbezogen, als das verarbeitete Produkt vom Kartellteilnehmer im EWR an ein nicht zugehöriges Unternehmen verkauft wird“.

( 26 ) Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission (C‑397/03 P, EU:C:2006:328, Rn. 91). In diesem Zusammenhang vgl. auch das Urteil Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 55).

( 27 ) Vgl. auch Urteil Atlantic Container Line u. a./Kommission (T‑395/94, EU:T:2002:49, Rn. 72), das sich auf das Urteil „Zellstoff I“ stützt.

( 28 ) Zutreffend Demaret, P., „L’application du droit communautaire de la concurrence dans une économie mondiale globalisée – La problématique de l’extraterritorialité“, in: La politique communautaire de la concurrence face à la mondialisation et à l’élargissement de l’Union européenne, Nomos Verlagsgesellschaft, 1999, S. 49: „Kriterium des Urteils ‚Zellstoff‘ waren nicht einfache Verkäufe in Form eines bestimmten Umsatzes, sondern die Ausführung einer innerhalb der Gemeinschaft ausgeübten Verhaltensweise in Form von Verkäufen zu abgestimmten Preisen.“

( 29 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache ThyssenKrupp Nirosta/Kommission (C‑352/09 P, EU:C:2010:635, Nrn. 48 bis 52 und die dort angeführte Rechtsprechung) und der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache KME Germany u. a./Kommission (C‑272/09 P, EU:C:2011:63, Nr. 64).

( 30 ) Vgl. u. a. Chronopost u. a./Ufex u. a. (C‑83/01 P, C‑93/01 P und C‑94/01 P, EU:C:2003:388, Rn. 43).

( 31 ) Vgl. insbesondere Urteile Imperial Chemical Industries/Kommission (48/69, EU:C:1972:70, Rn. 134, 135 und 140), Hydrotherm Gerätebau (170/83, EU:C:1984:271, Rn. 11) sowie Arkema/Kommission (C‑520/09 P, EU:C:2011:619, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 32 ) Nach der vom Gericht bestätigten Rundungsmethode (Rn. 160 des angefochtenen Urteils) wird, wenn eine Rundung auf die ersten beiden Stellen zu einer Herabsetzung von mehr als 2 % des nicht gerundeten Grundbetrags führt (3756676 entsprechen 2,16 % von 173756676), der herabgesetzte Betrag der Geldbuße auf die ersten drei Stellen gerundet.